Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 2883/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3720/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beigeladenen Nr. 1 wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.7.2012 aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Verfahren S 11 KA 4783/11) gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17.3.2010 erteilte Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion gem. § 121a SGB V wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen Nr. 1. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte und von der Antragsgegnerin für sofort vollziehbar erklärte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (In-vitro-Fertilisation, IVF) nach § 121a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Der Antragsteller, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, ist mit Vertragsarztsitz in St. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er betreibt das Kinderwunschzentrum St., Praxis V. H ... Die Antragsgegnerin hat ihm hierzu eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Abs. 2 SGB V erteilt.
Der 1947 geborene Beigeladenen Nr. 1, (ebenfalls) Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, und seit 1.1.2008 mit Vertragsarztsitz in St. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, betreibt das Kinderwunschzentrum St., F. 45. Die Bezirksärztekammer N. hatte ihm bereits mit Bescheid vom 16.7.1992 eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGB V erteilt; auf der Grundlage dieser Genehmigung war der Beigeladene Nr. 1 bis 2005 im Rahmen einer IVF-Arbeitsgruppe beim Klinikum Sch.-G. tätig. Unter dem 5.8.2008 beantragte der Beigeladene Nr. 1 bei der Antragsgegnerin die (Wieder-)Erteilung einer Genehmigung gem. § 121a SGB V. Mit Schreiben vom 8.9.2008 nahm die Beigeladene Nr. 2 (K. V.) zu dem Antrag Stellung. Sie führte aus, im Einzugsgebiet der Stadt St. gebe es weit mehr Praxen mit einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen als für eine ausreichende Versorgung notwendig. Eine Bedarfsprüfung im klassischen Sinne stehe ihr jedoch nicht zu. Man könne sowohl für den Antragsteller wie für die vorhandenen Praxen bestätigen, dass aus ihrer Sicht keine Zweifel an der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bestünden. Der Beigeladene Nr. 1 hat den Antrag vom 5.8.2008 zunächst nicht weiter verfolgt.
Unter dem 10.1.2009 beantragte der Beigeladene Nr. 1 (nach Überarbeitung des Antrags vom 5.8.2008) bei der Antragsgegnerin (erneut) die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Abs. 2 SGB V für Maßnahmen der assistierten Reproduktion.
Mit Schreiben vom 19.10.2009 nahm die Beigeladene Nr. 2 (K. V.) zum Antrag des Beigeladenen Nr. 1 Stellung. Sie trug vor, nach wie vor gebe es im Einzugsgebiet der Stadt St. weit mehr Praxen mit der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen als zur ausreichenden Versorgung notwendig. Die Erteilung der (dann fünften) Genehmigung für den Beigeladenen Nr. 1 würde die Grenze zur Überversorgung eindeutig überschreiten. Man weise deshalb vorsorglich darauf hin, dass ein sechstes IVF- Zentrum solange nicht als bedarfsgerecht angesehen werden könne, wie in anderen Regionen Baden-Württembergs noch (gar) kein Versorgungsangebot bestehe. Das gelte vorrangig für die Region H.-F., aber auch für die Regionen Sch.-B.-H., H.-B. und B.-O.; dort gebe es bislang kein IVF-Zentrum.
Mit Bescheid vom 28.10.2009 teilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen Nr. 1 mit, ihr Vorstand habe beschlossen, die Genehmigung unter - im Folgenden festgelegten - Bedingungen zu erteilen, und erteilte - nach Erfüllung der Bedingungen - mit Bescheid vom 17.3.2010 dem Beigeladenen Nr. 1 die nunmehr uneingeschränkte Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion gemäß § 121a SGB V. Sowohl der Bescheid vom 28.10.2009 als auch der Bescheid vom 17.3.2010 enthielten keine Rechtsmittelbelehrung und wurden dem Antragsteller nicht bekannt gegeben.
Am 17.3.2011 legte der Antragsteller Widerspruch (u.a.) gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte Genehmigung ein. Zur Begründung trug er vor, in Baden-Württemberg und insbesondere im Großraum St. gebe es viel zu viele Praxen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (Baden-Württemberg 21 Praxen; Großraum St. 10 Praxen in St., L., A., Pf., T., E.). Damit bestünden keine Zweifel an der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft; die Praxis des Beigeladenen Nr. 1 sei hierfür nicht notwendig. Ohne ein gewisses Leistungsaufkommen könne er seine (hinsichtlich der personellen und sächlichen Mittel hauptsächlich auf künstliche Befruchtungen als Haupttätigkeitsbereich ausgerichtete) Praxis nicht wirtschaftlich und mit hoher Qualität betreiben. Auch die Ausbildungsmöglichkeiten für den Facharztnachwuchs seien nur bei ausreichenden Fallzahlen möglich; diese könnten die Universitäten regelmäßig nicht mehr vorweisen, weshalb die Ausbildung an den IVF-Zentren stattfinde. Deswegen müsse der Bedarf gerade für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung in einer Region gesondert eruiert werden, die Niederlassung als Gynäkologe könne nicht genügen. Zweifelhaft sei außerdem, ob der Beigeladene Nr. 1 IVF-Leistungen fachgerecht erbringen könne, da er zusätzlich eine Privatpraxis in Sch. G. unterhalte und in den Kinderwunschzentren T. und H. als Mitarbeiter geführt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.7.2011 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet. Rechte des Antragstellers seien mit der dem Beigeladenen Nr. 1 erteilten Genehmigung nicht verletzt. § 121a SGB V diene nicht dem Schutz vor Konkurrenz, da die nach dieser Vorschrift erteilte Genehmigung den Status des (bereits zugelassenen) Vertragsarztes nicht verändere, als Statusentscheidung sei nur die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung einzustufen. Die Genehmigung nach § 121a SGB V setze den Status als Vertragsarzt voraus und begründe nur die Befugnis des (zugelassenen) Vertragsarztes zur Erbringung bestimmter Leistungen, hier der künstlichen Befruchtung. Außerdem fehle es an einem Rangverhältnis unter den Inhabern von IVF-Genehmigungen, auch wenn die Genehmigung nur erteilt werden dürfe, wenn eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung der Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung gewährleistet sei. Der Gesetzgeber habe diese Anforderungen nicht näher bestimmt. Mangels gesetzlicher Grundlage dürfe die Verwaltungsbehörde Bedarfskriterien nicht selbst festlegen; man habe daher hiervon bislang abgesehen. Der Antragsteller, der die Genehmigungsvoraussetzungen des §§ 121a SGB V erfülle, habe Anspruch auf Erteilung der Genehmigung; das treffe auf den Beigeladenen Nr. 1 zu. Dieser dürfe auch berufsrechtlich an bis zu drei weiteren Standorten tätig sein (§ 17 Abs. 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg). Der Widerspruchsbescheid wurde dem Antragsteller am 29.7.2011 zugestellt.
Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Verfahren S 11 KA 4783/11), über die noch nicht entschieden ist. Neben dem Antragsteller hatte auch Professor Dr. U.F. Widerspruch (am 15.3.2011) gegen die dem Beigeladene Nr. 1 erteilte IVF-Genehmigung eingelegt, der ebenfalls mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 27.7.2011 zurückgewiesen wurde. Professor Dr. U.F. hat am 25.8.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Verfahren S 10 KA 4965/11). Auch über diese Klage ist noch nicht entschieden; mit Beschluss vom 21.8.2012 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 22.2.2012 suchte der Beigeladene Nr. 1 beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 10 KA 1062/12 ER). Er begehrte die Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihm von der Antragsgegnerin erteilten IVF-Genehmigung vom 17.3.2010, und trug zur Begründung vor, § 121a SGB V sei nicht drittschützend (offen lassend LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.3.2010, - L 5 KA 3725/09 ER-B -). Die IVF-Genehmigung stelle keine Zulassungsentscheidung dar, auch wenn der Antragsteller sich auf künstliche Befruchtungen spezialisiert habe (Umsatzanteil etwa 70-80 %). Ein Rangverhältnis zwischen Genehmigungsinhabern und Genehmigungsbewerbern bestehe ebenfalls nicht. Ihm drohten erhebliche wirtschaftliche Schäden; die Existenz seiner Praxis sei gefährdet, da er Verluste (2010: 382.347,61 EUR; 2011: 480.914,41 EUR) nicht mehr durch Kredite überbrücken könne. Er habe erhebliche Investitionen getätigt (ca. 950.000 EUR für Baumaßnahmen, Geräte und Praxiseinrichtung; Instandhaltungskosten pro Jahr ca. 40.000 EUR). Die Patienten seien zu 2/3 gesetzlich krankenversichert. Auf den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 15.8.2011 (- L 5 KA 1887/11 ER-B) werde hingewiesen.
Der Antragsteller wandte ein, eine Kinderwunschpraxis sei vollständig auf Kinderwunschbehandlungen ausgerichtet, weshalb die IVF-Genehmigung seinen vertragsärztlichen Status erweitere; es handele sich verglichen mit der gynäkologischen Praxistätigkeit um einen gänzlich neuen Tätigkeitsbereich. Die Merkmale der Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 121a Abs. 2 Nr. 2 SGB V) erforderten eine Bedarfsprüfung. Der Markt könne sich nicht selbst regulieren. Daraus folge der Vorrang der Genehmigungsinhaber vor (neuen) Genehmigungsbewerbern. Der Antragsteller arbeite im Übrigen mit dem Kinderwunschzentrum Ulm (Dr. G.) zusammen, sei womöglich bei Dr. G. angestellt; Verluste des Kinderwunschzentrums St. könnten im Kinderwunschzentrum U. ausgeglichen werden. Offenbar werde in großem Stil ein so genanntes "Kick-back-Verfahren" praktiziert. Er habe erhebliche Umsatzeinbußen von bis zu 45 % (2008-2011), teilweise Gewinneinbußen bis zu 70 % zu verzeichnen. Seine wirtschaftliche Existenz sei gefährdet.
Mit Schriftsatz vom 5.3.2012 gab die Antragsgegnerin ein Anerkenntnis ab, das der Beigeladene Nr. 1 nicht annahm; begehrt werde eine Vollziehungsanordnung durch das Sozialgericht.
Mit Beschluss vom 26.3.2012 (- S 10 KA 1062/12 ER -) wies das Sozialgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag des Beigeladenen Nr. 1 zurück; mit dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin sei dessen Rechtsschutzbedürfnis weggefallen.
Mit Bescheid vom 26.4.2012 (dem Antragsteller mit Schreiben vom 26.4.2012 bekannt gegeben) ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der IVF-Genehmigung des Beigeladenen Nr. 1 vom 17.3.2010 an. Zur Begründung führte sie aus, die Klage des Antragstellers habe keine Aussicht auf Erfolg, da drittschützende Vorschriften nicht verletzt seien; außerdem sei die Genehmigung rechtmäßig. Davon unabhängig falle die Interessen- und Folgenabwägung zu Gunsten des Beigeladenen Nr. 1 aus. Dieser habe bereits Investitionen getätigt. Ohne die sofortige Vollziehbarkeit der IVF- Genehmigung drohten ihm irreparable wirtschaftliche Schäden. Die Interessen des Beigeladenen Nr. 1 gingen den Interessen des Antragstellers vor.
Am 21.5.2012 suchte (nunmehr) der Antragsteller beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 11 KA 2883/12 ER); er begehrte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen die IVF-Genehmigung für den Beigeladenen Nr. 1 vom 17.3.2010. Zur Begründung wurde vorgetragen, § 121a SGB V habe drittschützenden Charakter. Er, der Antragsteller, und der Beigeladene Nr. 1 böten im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen an, wobei seine Praxis sich vollständig auf die Erbringung von IVF- Leistungen spezialisiert habe. Die Genehmigung gem. § 121a SGB V eröffne nicht nur weitere Abrechnungsmöglichkeiten, sondern lege die grundsätzliche Ausrichtung der vertragsärztlichen Tätigkeit fest. In Kinderwunschpraxen entfielen regelmäßig 90 % auf die künstliche Befruchtung und nicht auf allgemeine gynäkologische Behandlungen. Das beruhe darauf, dass für IVF-Leistungen ein immenser organisatorischer und finanzieller Aufwand erforderlich sei. § 121a SGB V setze schließlich eine Bedarfsprüfung voraus. Nach der einschlägigen Gesetzesbegründung solle das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit (in § 121a SGB V) einer Entwicklung vorbeugen, die durch immer mehr Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstlicher Befruchtungen führe. Freilich seien die Leistungen für Versicherte mit Kinderwunsch seit Einführung des § 121a SGB V erheblich eingeschränkt worden, weshalb die Zahl der IVF- Behandlungen deutlich gesunken sei. Da die finanziell und organisatorisch aufwändigen Kinderwunschpraxen auf hinreichende Auslastung angewiesen seien, würde das Leistungsniveau bei einer Zunahme der Leistungserbringer und der Umverteilung des Leistungsaufkommens gefährdet. Letztendlich müsse die Genehmigung nach § 121a SGB V einer Sonderbedarfszulassung gleichgesetzt werden (vergleiche auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.03.2010 - L 5 KA 3725/09 ER-B -). Die Antragsgegnerin habe § 121a SGB V fehlerhaft angewendet und zu Unrecht eine Bedarfsprüfung unterlassen. In anderen Bundesländern, etwa in B., würden entsprechende Bedarfsprüfungen durchgeführt. Außerdem bestünden Bedenken, ob der Beigeladene Nr. 1 den Anforderungen des §§ 121a SGB V genüge. Er sei als Privatarzt in Schwäbisch Gmünd und auch in Trier und in Hannover tätig. Offenbar werde die Arbeit in seinem Kinderwunschzentrum hauptsächlich von Assistenzärzten erledigt. Das LSG Baden-Württemberg habe im Beschluss vom 15.8.2011 (- L 5 KA 1887/11 ER-B -) offen gelassen, ob § 121a SGB V drittschützenden Charakter habe. Bei der danach maßgeblichen (freien) Interessenabwägung komme dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen Nr. 1 nicht der Vorrang zu. Dessen Praxis sei in ihrer Existenz nicht gefährdet. Bei den geltend gemachten Verlusten sei nicht ersichtlich, ob diese gerade auf der Versagung einer Genehmigung nach § 121a SGB V oder nicht auf anderen Ursachen beruhten. Möglicherweise würden zu viele Ärzte beschäftigt. Unklar sei auch, ob der Beigeladene Nr. 1 etwaige Verluste zu tragen habe, nachdem das Kinderwunschzentrum St. mit dem Kinderwunschzentrum U. unter Leitung des Dr. G. kooperiere. Dieser sei offenbar auch alleiniger Inhaber des Kinderwunschzentrums St., wie ein Nutzungsvertrag zwischen dem Beigeladenen Nr. 1 und Dr. G. vom 1.12.2008 zeige; das Kinderwunschzentrum St. sei gleichsam als Außenstelle des Kinderwunschzentrums U. (des Dr. G.) einzustufen, mit dem ein "Kick-back-Verfahren" praktiziert werde. Dort könnten Patienten des Kinderwunschzentrums St. ohne weiteres behandelt und Verluste am Standort St. so aufgefangen werden. Es gehe wohl allein um den Aufbau des Standorts St. und die Vorbereitung der Nachfolge des Beigeladenen Nr. 1. Demgegenüber sei er Alleininhaber seiner Praxis und trage alle wirtschaftlichen Risiken. Wegen Umsatzrückgängen bis zu 45 % (2008-2011) bzw. Gewinneinbußen um bis zu 70 % könne er seinen finanziellen Verpflichtungen nur noch bedingt nachkommen; seine wirtschaftliche Existenz sei erheblich gefährdet.
Die Antragsgegnerin trug vor, § 121a SGB V sei nicht drittschützend, betreffe insbesondere nicht den Zulassungsstatus des Vertragsarztes. Der Zulassungsstatus des Beigeladenen Nr. 1 als Gynäkologe sei nicht im Streit. Die mit einer Sonderbedarfszulassung nicht vergleichbare IVF-Genehmigung betreffe allein ein Segment der (vom Beigeladenen Nr. 1 als zugelassenem Vertragsarzt) zu erbringenden Behandlungsleistungen; welchen Anteil dieses Leistungssegment am Leistungsspektrum der Praxis habe, sei unerheblich. Man prüfe durchaus, ob die IVF-Versorgung bedarfsgerecht durchgeführt werden könne. Nur wenn eine zu große Massierung von IVF-Praxen das Patientenwohl beeinträchtige, werde man die Erteilung einer IVF-Genehmigung versagen.
Der Beigeladene Nr. 1 bekräftigte sein Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren S 10 KA 1062/12 ER, insbesondere hinsichtlich des seiner Ansicht nach nicht drittschützenden Charakters des § 121a SGB V. Der Nutzungsvertrag mit Dr. G. vom 1.12.2008 sei nicht mehr gültig. Man habe eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (Partnerschaftsgesellschaft) gegründet (Vertrag vom 17.6.2010, Beschluss des zuständigen Zulassungsausschusses vom 18.5.2010).
Mit Beschluss vom 23.7.2012 stellte das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte IVF-Genehmigung vom 17.3.2010 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2011) wieder her. Zur Begründung führte es aus, ob § 121a SGB V Drittschutz vermittele, müsse mangels einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Zwar böten der Antragsteller und der Beigeladene Nr. 1 im gleichen räumlichen Bereich die gleichen Leistungen an. Fraglich sei aber, ob mit der Genehmigung nach § 121a SGB V die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erweitert oder nur ein weiterer Leistungs- und Abrechnungsbereich eröffnet werde (vergleiche auch LSG Hessen, Urt. v. 8.6.2011, - L 4 KA 102/08 -) und ob ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Genehmigungsinhaber und Genehmigungsbewerber bestehe, insbesondere die IVF-Genehmigung einer Sonderbedarfszulassung vergleichbar sei. Die Antragsgegnerin habe eine Bedarfsprüfung bislang nicht vorgenommen, obgleich die Beigeladene Nr. 2 in ihren Stellungnahmen vom 08.09.2008 und 19.10.2009 darauf hingewiesen habe, ein Bedarf nach weiteren IVF-Praxen bestehe nicht und die Grenze zur Überversorgung werde überschritten. Ob sich die Bedarfslage durch den Wegfall einer IVF-Praxis mittlerweile geändert habe, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Insgesamt seien die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage offen. Bei der Interessen- und Folgenabwägung komme dem Aufschubinteresse des Antragstellers Vorrang zu. Auf noch vor Bestandskraft der IVF-Genehmigung getätigte Investitionen könne sich der Beigeladene Nr. 1 nicht berufen. Demgegenüber drohten dem Antragsteller irreversible wirtschaftliche Nachteile durch den Verlust von Patienten.
Auf den ihm am 26.7.2012 zugestellten Beschluss hat der Beigeladene Nr. 1 am (Montag, dem) 27.8.2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, seit 1.6.2010 sei er in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit Dr. G. tätig; Hauptstandort sei U ... Die Klage des Antragstellers werde offensichtlich erfolglos bleiben, weil § 121a SGB V keinen drittschützenden Charakter habe. Die IVF-Genehmigung erweitere nicht den Zulassungsstatus des Vertragsarztes, sondern eröffne nur weitere Abrechnungs- und Leistungsbereiche. Sein Status als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Gynäkologe bleibe davon unberührt. Auch wenn die IVF-Genehmigung den Zugang zu einem Teilmarkt eröffnen würde, erwüchse dem Antragsteller daraus kein Drittschutz. Die Erteilung der IVF-Genehmigung hänge von qualitativen Voraussetzungen ab, die Konkurrentenschutz nicht bezweckten (vgl. SG Stuttgart, Urt. v. 25.4.2012, - S 20 KA 3270/11 -; Beschl. v. 21.7.2009, - S 10 KA 3390/09 ER -). Das Gesetz wolle lediglich die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes sicherstellen. Zwar sei auch eine Bedarfsteuerung beabsichtigt, nach der Gesetzesbegründung jedoch nur im Hinblick auf ein ansonsten drohendes inflationäres Absinken der Indikationsschwelle (BT-Drs. 11/6760, S. 16) und nicht wegen der Interessen von Konkurrenten. Auf deren Belange müsse nicht Rücksicht genommen werden. Das gelte auch dann, wenn diese den Schwerpunkt ihrer Behandlungstätigkeit auf IVF-Leistungen gelegt hätten. Schwerpunktbildungen in dieser Art seien unternehmerische Entscheidungen des Vertragsarztes und könnten ihm keine Abwehrrechte gegen Konkurrenten eröffnen. Ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Genehmigungsinhabern und Genehmigungsbewerbern sei im Gesetzeswortlaut des § 121a SGB V (anders als in § 116 S. 2 SGB V oder § 119 Absatz 1 S. 2 SGB V) nicht verankert. Auf grundrechtsunmittelbaren Drittschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG könne sich der Antragsteller nicht berufen. Davon abgesehen sei die ihm erteilte IVF-Genehmigung rechtmäßig. Bei offenen Erfolgsaussichten müsse seinem Vollziehungsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers eingeräumt werden. Dieser habe eine existenzielle Betroffenheit nicht glaubhaft gemacht, sondern nur behauptet. Unklar sei, ob der Antragsteller den Schwerpunkt seiner Leistungen zur Existenzsicherung oder (nur) zur Gewinnsteigerung auf IVF-Leistungen gelegt habe. Angeschaffte Geräte würden außerdem nicht nutzlos, wenn ein anderer Arzt ebenfalls IVF Behandlungen durchführe. Demgegenüber habe er 2010 und 2011 bereits enorme wirtschaftliche Verluste in sechsstelliger Höhe erlitten; auch am Standort U. würden Verluste erwirtschaftet. Praxiseinrichtung und Geräte habe er notwendigerweise vor Erteilung der IVF-Genehmigung anschaffen müssen. Wenn er IVF-Leistungen nicht erbringen könne, werde sei Gewinn entsprechend geschmälert und außerdem der Wert der altershalber in den kommenden Jahren zu übergebenden Praxis sowie seine vertraglich vereinbarte Abfindung gemindert. Zu Kick-Back-Leistungen zwischen ihm und Dr. G. komme es nicht. An jedem Standort würden nur die Leistungen abgerechnet, die an diesen Standorten erbracht worden sind. Die diesbezüglichen Vorwürfe des Antragstellers seien unbegründet und zudem rechtlich nicht erheblich. Er sei außerdem weiterhin in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht, solange er keine gesetzlich versicherten Patientinnen im Rahmen von § 121a SGB V behandeln dürfe; allein am Standort St. entstehe monatlich ein Defizit von ca. 30.000 EUR.
Der Beigeladene Nr. 1 beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.7.2012 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die ihm (dem Beigeladenen Nr. 1 ) erteilte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen erhobenen Klage abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
§ 121a SGB V sehe vor, dass der Bedarf gesteuert werde. Selbst wenn ein Drittschutz in der Gesetzesbegründung nicht enthalten sei, liege es in der Natur der Sache, dass mit einer Bedarfsprüfung auch immer ein Drittschutz einhergehe. Seit der Beigeladene Nr. 1 seine Praxis betreibe, habe er einen permanenten Umsatzrückgang von 40% zu verzeichnen, weswegen ein wirtschaftlicher Betrieb seiner Praxis kaum aufrecht erhalten werden könne.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen Nr. 1 ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere ist der Beigeladene Nr. 1 durch den angefochtenen Beschluss (materiell) beschwert. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückweisen müssen. Der (weitere) Aufschub der IVF-Genehmigung verletzt den Beigeladenen Nr. 1 in seinen Rechten.
1.) Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich vorliegend nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift gilt nicht nur für Fallgestaltungen, in denen (wie bei der gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG sofort vollziehbaren Anforderung von Beiträgen) außer Antragsteller und Antragsgegner Dritte nicht beteiligt sind. Sie ist auch dann anzuwenden, wenn (bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung) ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten und diesen begünstigenden und sofort vollziehbaren Verwaltungsakt einlegt. In Zulassungssachen des Vertragsarztrechts kann es dazu kommen, wenn der Berufungsausschuss eine Zulassungsentscheidung trifft und diese gem. § 97 Abs. 4 SGB V für sofort vollziehbar erklärt. Dann kann ggf. ein unterlegener Mitbewerber um einen Vertragsarztsitz oder ein bereits zugelassener Vertragsarzt Anfechtungsklage (als Mitbewerberklage oder als defensive Konkurrentenklage) gegen die Zulassungsentscheidung erheben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen. Dies gilt entsprechend für die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gem. § 121a SGB V durch die hierfür zuständige Landesärztekammer.
Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist in solchen Fällen zunächst, ob ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Zulassung oder der Genehmigung besteht, das den Ausschlag geben und nach Lage der Dinge gegenläufigen privaten, auch grundrechtlich geschützten Interessen von Beteiligten vorgehen muss. Ist ein vorrangiges öffentliches Interesse dieser Art nicht festzustellen, kommt es auf eine Abwägung der widerstreitenden (privaten) Interessen der Beteiligten am Aufschub bzw. an der Vollziehung der Zulassung oder Genehmigung an. Zu diesen Interessen kann auch das aus der Gesamtverantwortung für eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende vertragsärztliche Versorgung folgende Interesse der Kassenärztlichen Vereinigung gehören (§ 75 Abs. 1 SGB V; vgl. etwa BSG, Urt. v. 30.11.1994, - 6 RKa 32/93 -); der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 SGB V (§ 75 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 73 Abs. 2 Nr. 10 SGB V).
Da der vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für die Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs grundsätzlich, wenngleich nicht stets in jedem Fall ausschlaggebend; je nach Fallgestaltung wird das Gericht auch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Zu bedenken ist insbesondere, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung und in ähnlicher Weise auch eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V (als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung) gleichrangige (Grund-)Rechtspositionen der konkurrierenden Vertragsärzte betreffen und außerdem sowohl der durch den Verwaltungsakt Begünstigte wie der den Verwaltungsakt anfechtende Dritte (ggf. auch eine Behörde wie die K. V., näher Sodan, GG Art. 19 Rdnr. 32) gleichermaßen effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beanspruchen können. Das Gericht muss deshalb u.U. in einer Art "schiedsrichterlichen Entscheidung" darüber befinden, welche Seite bis zur Hauptsacheentscheidung das mit der sofortigen Vollziehung oder der Aussetzung der Vollziehung verbundene Risiko des Zeitablaufs und einer eventuell abweichenden Hauptsacheentscheidung zu tragen hat. Ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten ist daher nicht anzunehmen, wenn sein Rechtsbehelf mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss (vgl. dazu etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.2012, - 1 B 1036/12 - unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 1.10.2008, - 1 BvR 2466/08 -; auch Puttler, in: NK-VwGO § 80a Rdnr. 25).
Im Hinblick darauf, dass die aufschiebende Wirkung gem. § 86a Abs. 1 SGG (in vertragsärztlichen Zulassungssachen gem. 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V) den gesetzlichen Regelfall darstellt, verlangt § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG (bzw. § 97 Abs. 4 SGB V) ein besonderes öffentliches bzw. ein überwiegendes privates Interesse eines Beteiligten gerade an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, das über das allgemeine Interesse an seinem Erlass und an der Ausnutzung des Verwaltungsakts durch den Begünstigten hinausgeht. Die voraussichtliche Erfolglosigkeit des gegen den Verwaltungsakt eingelegten Drittrechtsbehelfs kann dieses Interesse nicht ersetzen (vgl. dazu etwa BVerfG, NVwZ 1996, 58, 59). In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss die Behörde bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts das besondere Interesse hieran gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG schriftlich begründen. Die Begründung (zu deren Eigenart und Zielsetzung näher Puttler, in: NK-VwGO § 80 Rdnr. 96) muss auf den konkreten Einzelfall bezogen in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Formelhafte und pauschale Wendungen genügen nicht. Da sich das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig vom allgemeinen Interesse an seinem Erlass unterscheidet, müssen zur Begründung des Sofortvollzugs andere Gründe angeführt werden als zur Begründung des Verwaltungsakts selbst (Puttler, a. a. O. Rdnr. 97 f. m. Nachw. zur Rspr.). Überzogene Anforderungen sind allerdings nicht zu stellen, namentlich dann, wenn die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und dessen Sofortvollzug (weitgehend) deckungsgleich oder die Gründe für den Sofortvollzug (etwa) wegen der Eigenart des Regelungsgegenstandes offenkundig bzw. für die Beteiligten klar erkennbar sind. Fehlt die in § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG vorgeschriebene Begründung oder ist sie unzulänglich, ist der Sofortvollzug rechtswidrig. Die (ordnungsgemäße) Begründung kann nicht nachgeholt oder ersetzt werden (LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13.4.2010, - 5 AS 69/10 B ER – unter Hinweis auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a Rdnr. 20, 21c; anders für das Verwaltungsprozessrecht etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.2012, - 1 B 1036/12 – m. w. N., zu alledem auch Senatsbeschluss vom 5.9.2012, - L 5 KR 2837/12 ER-B -).
2.) Davon ausgehend kann der Beschluss des Sozialgerichts keinen Bestand haben. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der IVF-Genehmigung des Beigeladenen Nr. 1 im Bescheid vom 26.4.2012 ausreichend begründet, hierfür insbesondere nicht allein auf die Erfolgsaussichten der (Konkurrenten-)Klage des Antragstellers, sondern auf die besonderen wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen Nr. 1 und die diesem bei weiterem Aufschub der IVF-Genehmigung drohenden Schäden abgestellt.
In der Sache gibt der Senat dem Vollziehungsinteresse des Beigeladenen Nr. 1 Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers. Hierfür ist maßgeblich, dass die (Konkurrenten-)Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 mit Bescheid vom 17.3.2010 erteilte IVF-Genehmigung nach derzeitigem Kenntnisstand erfolglos bleiben wird. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren L 5 KA 2791/12 entschieden hat, können die Inhaber von IVF-Genehmigungen die Erteilung weiterer IVF-Genehmigungen an Genehmigungsbewerber nicht (erfolgreich) mit der defensiven Konkurrentenklage anfechten. Konkurrentenklagen der Genehmigungsinhaber sind zwar - auch in Ansehung der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG) - grds. zulässig, jedoch schon deshalb unbegründet, weil durch die Erteilung weiterer IVF-Genehmigungen subjektiv-öffentliche Rechte der Genehmigungsinhaber (aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) oder § 121a SGB V) auch dann nicht verletzt werden, wenn sich die (weiteren) IVF-Genehmigungen als objektiv rechtswidrig erweisen sollten; insbesondere enthält § 121a SGB V allein objektives Recht und weist anderen Inhabern von IVF-Genehmigungen keine subjektiv-öffentlichen (Abwehr-)Rechte zu. Der Senat hat dazu in dem genannten Urteil Folgendes (zusammenfassend dargestellt) ausgeführt:
"Die Genehmigung nach § 121a SGB V eröffnet auf der Grundlage einer bereits erfolgten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung lediglich einen zusätzlichen Leistungsbereich (vgl. BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -, veröffentlicht in Juris – zur Dialysegenehmigung nach altem Recht). Die Genehmigung bestimmt zwar mittelbar den Kreis der für die Behandlung der Versicherten bei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung stehenden Ärzte und betrifft insoweit die Eingliederung von Ärzten in das System der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 72 Abs. 1 SGB V gemeinsam von Ärzten und Krankenkassen sicher zu stellen ist (BSG, Beschluss vom 16.08.2000 - B 6 SF 1/00 R -, veröffentlicht in Juris). Damit stellt die Genehmigung aber aus der Sicht der Leistungserbringer weder unmittelbar noch mittelbar eine Zulassung zur Versorgung mit Leistungen zur assistierten Reproduktion dar. Gegen ein solches Verständnis spricht zum einen, dass der Gesetzgeber die Genehmigung nicht den Zulassungsgremien zugeordnet hat (zur Genehmigung einer Zweigpraxis durch die K. V. vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2011 - B 6 KA 3/10 R -) und zum anderen, dass die Spezialisierung auf die Erbringung genehmigungspflichtiger Maßnahmen in Kinderwunschzentren – anders als die Spezialisierung von Dialysepraxen – für die Zulassung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe keine Berücksichtigung findet. Die gesetzliche Regelung des § 121a SGB V lässt vielmehr keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis von Zulassung (bzw. Ermächtigung) und Genehmigung gemäß § 121a SGB V in der Weise gestaltet ist, dass die Erteilung der Genehmigung nach § 121a SGB V für genehmigungspflichtige Maßnahmen der künstlichen Befruchtung immer eine bereits vorhandene Zulassung als Vertragsarzt (hier: Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe) voraussetzt. Die Genehmigung berührt damit nur die Berufsausübungsfreiheit. Die Erbringung der Leistungen nach § 27a SGB V durch zugelassene Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung entspricht dem ärztlichen Berufsrecht, das die Reproduktionsmedizin als Schwerpunkt d.h. als eine Spezialisierung innerhalb des Fachgebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe und nicht als eigenständige Facharztausbildung gestaltet. Die Genehmigung betrifft damit nur die Erweiterung des durch die Facharztqualifikation und die bereits erfolgte Zulassung eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden "Basis-Status" (vgl. BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -, veröffentlicht in Juris – zur Dialysegenehmigung nach altem Recht).
Auch ein rechtlicher Vorrang der Vertragsärzte, die bereits eine Genehmigung nach § 121a SGB V innehaben und sich entsprechend spezialisiert haben, ist nicht gegeben. Das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit sollte zwar einer Entwicklung vorbeugen, die durch immer mehr Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstliche Befruchtungen führt (BT-Drucks. 11/6760 Zu Nummer 6 (§ 121a SGB V), S. 16). Die Genehmigung dient aber nicht der Sicherstellung der bedarfsgerechten vertragsärztlichen Versorgung (vgl. § 35 BedarfsplRL; §§ 70 Abs. 1, 73 Abs. 1a Satz 3, 99 Abs. 1 Satz 3, 104 Abs. 1, 111 Abs. 2 Nr. 2, 111c Abs. 1 Nr. 2, 132b-d SGB V; vgl. auch § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB V: bedarfsgerechte räumliche Verteilung und § 101 SGB V: bedarfsgerechter Versorgungsgrad) mit genehmigungspflichtigen Leistungen, sondern der Gewähr der bedarfsgerechten Durchführung solcher Leistungen. Diese Genehmigungsvoraussetzung steht im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht nach § 121a SGB V als solcher. Diese ist darin begründet, dass alle genehmigungspflichtigen Maßnahmen nach hormoneller Stimulation erfolgen, bei der die Gefahr des Heranreifens vieler befruchtungsfähiger Eizellen (Polyovulation) gegeben ist, weshalb nicht nur das Risiko für höhergradige Mehrlingsschwangerschaften besteht, sondern auch die Gefahr eines Überstimulationssyndroms mit u.a. großen Eierstockzysten und z.T. schwerwiegenden Belastungen des Kreislaufsystems BT-Drucks. 11/6760 Zu Nummer 2 (§ 27a SGB V), S. 15).
Mit der Formulierung "Gewähr für die bedarfsgerechte Durchführung" macht der Gesetzgeber die Genehmigung nicht davon abhängig, dass ein von den Genehmigungsinhabern nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht. Im Gesetz kommt es durch besondere Formulierungen zum Ausdruck, wenn der konkurrierende Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt wird: bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach § 116 Satz 2 SGB V durch die Formulierung "soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten "ohne diese" "nicht sichergestellt" ist, und für die Zulassung Sozialpädiatrischer Zentren durch die Wendung "soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen". Bei Sonderbedarfszulassungen heißt es, dass diese "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind" (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Entsprechendes gilt für Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Buchst a Ärzte-ZV, die nur erteilt werden dürfen, sofern sie notwendig sind, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden. (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R – m.w.N.; BSG, Urteil vom 17.08.2011 - B 6 KA 27/10 R -, veröffentlicht in Juris m.N.).
Eine entsprechende Anknüpfung an einen bestehenden Versorgungsbedarf enthält § 121a Abs. 1 SGB V nicht. Eine solche lässt sich auch nicht aus § 121a Abs. 3 SGB V herleiten. Jedenfalls nach den zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Änderungen des § 27a SGB V kann ausgeschlossen werden, dass die Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V rechtlich geschützte Interessen von Genehmigungsinhabern berührt. Denn selbst wenn bereits aus der tatsächlichen Gefahr, dass Überkapazitäten sich bei dem herkömmlichen Vergütungssystem negativ auswirken, ein Konkurrentenschutz hergeleitet werden könnte, scheidet ein solcher hier aus, weil der ändernde Gesetzgeber dieser Gefahr - nicht durch Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer - auf andere Weise begegnet ist. Die Leistungen im Sinne des § 121a SGB V stehen nun unter Genehmigungsvorbehalt und die Kosten hierfür werden nur noch zur Hälfte von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Hinzukommt, dass die Leistungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung, soweit sie seit dem 01.01.2004 noch von der Krankenversicherung zu tragen sind, außerhalb der Gesamtvergütung vergütet werden."
Der Senat legt diese Rechtsauffassung auch seiner Interessenabwägung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zugrunde. Dass er im Urteil vom 05.12.2012 (a.a.O.) der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deswegen die Revision zugelassen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), ändert nichts daran, dass er von der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung überzeugt ist.
Die (objektive) Rechtmäßigkeit der dem Beigeladenen Nr. 1 erteilten Genehmigung muss der Senat nicht prüfen, da subjektiv-öffentliche Rechte des Antragstellers auch dann nicht verletzt wären, wenn die Antragsgegnerin bei Erteilung der Genehmigung die Rechtsvorschrift des § 121a SGB V unrichtig angewendet hätte.
Wird die Konkurrentenklage des Antragstellers nach Einschätzung des Senats erfolglos bleiben, wäre es dem Beigeladenen Nr. 1 gegenüber unbillig, die ihm erteilte Genehmigung gemäß § 121a SGB V dennoch weiter aufzuschieben. Er könnte dann in dem bereits unter Einsatz erheblicher Mittel errichteten Kinderwunschzentrum Leistungen für gesetzlich Versicherte bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erbringen und abrechnen und würde deswegen erhebliche wirtschaftliche Verluste erleiden. Dies kann ihm nicht mehr zugemutet werden, wenn die vom Antragsteller angefochtene Genehmigung im Hauptsacheverfahren nach derzeitigem Kenntnisstand Bestand behalten wird.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 7 aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt haben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat setzt für die Hauptsache einen Streitwert von 60.000 EUR an (Auffangstreitwert von 5.000 EUR/Quartal (§ 52 Abs. 1 GKG) für 3 Jahre); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist die Hälfte dieses Betrags angemessen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen Nr. 1. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte und von der Antragsgegnerin für sofort vollziehbar erklärte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (In-vitro-Fertilisation, IVF) nach § 121a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Der Antragsteller, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, ist mit Vertragsarztsitz in St. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er betreibt das Kinderwunschzentrum St., Praxis V. H ... Die Antragsgegnerin hat ihm hierzu eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Abs. 2 SGB V erteilt.
Der 1947 geborene Beigeladenen Nr. 1, (ebenfalls) Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, und seit 1.1.2008 mit Vertragsarztsitz in St. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, betreibt das Kinderwunschzentrum St., F. 45. Die Bezirksärztekammer N. hatte ihm bereits mit Bescheid vom 16.7.1992 eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a SGB V erteilt; auf der Grundlage dieser Genehmigung war der Beigeladene Nr. 1 bis 2005 im Rahmen einer IVF-Arbeitsgruppe beim Klinikum Sch.-G. tätig. Unter dem 5.8.2008 beantragte der Beigeladene Nr. 1 bei der Antragsgegnerin die (Wieder-)Erteilung einer Genehmigung gem. § 121a SGB V. Mit Schreiben vom 8.9.2008 nahm die Beigeladene Nr. 2 (K. V.) zu dem Antrag Stellung. Sie führte aus, im Einzugsgebiet der Stadt St. gebe es weit mehr Praxen mit einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen als für eine ausreichende Versorgung notwendig. Eine Bedarfsprüfung im klassischen Sinne stehe ihr jedoch nicht zu. Man könne sowohl für den Antragsteller wie für die vorhandenen Praxen bestätigen, dass aus ihrer Sicht keine Zweifel an der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bestünden. Der Beigeladene Nr. 1 hat den Antrag vom 5.8.2008 zunächst nicht weiter verfolgt.
Unter dem 10.1.2009 beantragte der Beigeladene Nr. 1 (nach Überarbeitung des Antrags vom 5.8.2008) bei der Antragsgegnerin (erneut) die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß § 121a Abs. 2 SGB V für Maßnahmen der assistierten Reproduktion.
Mit Schreiben vom 19.10.2009 nahm die Beigeladene Nr. 2 (K. V.) zum Antrag des Beigeladenen Nr. 1 Stellung. Sie trug vor, nach wie vor gebe es im Einzugsgebiet der Stadt St. weit mehr Praxen mit der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen als zur ausreichenden Versorgung notwendig. Die Erteilung der (dann fünften) Genehmigung für den Beigeladenen Nr. 1 würde die Grenze zur Überversorgung eindeutig überschreiten. Man weise deshalb vorsorglich darauf hin, dass ein sechstes IVF- Zentrum solange nicht als bedarfsgerecht angesehen werden könne, wie in anderen Regionen Baden-Württembergs noch (gar) kein Versorgungsangebot bestehe. Das gelte vorrangig für die Region H.-F., aber auch für die Regionen Sch.-B.-H., H.-B. und B.-O.; dort gebe es bislang kein IVF-Zentrum.
Mit Bescheid vom 28.10.2009 teilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen Nr. 1 mit, ihr Vorstand habe beschlossen, die Genehmigung unter - im Folgenden festgelegten - Bedingungen zu erteilen, und erteilte - nach Erfüllung der Bedingungen - mit Bescheid vom 17.3.2010 dem Beigeladenen Nr. 1 die nunmehr uneingeschränkte Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion gemäß § 121a SGB V. Sowohl der Bescheid vom 28.10.2009 als auch der Bescheid vom 17.3.2010 enthielten keine Rechtsmittelbelehrung und wurden dem Antragsteller nicht bekannt gegeben.
Am 17.3.2011 legte der Antragsteller Widerspruch (u.a.) gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte Genehmigung ein. Zur Begründung trug er vor, in Baden-Württemberg und insbesondere im Großraum St. gebe es viel zu viele Praxen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen (Baden-Württemberg 21 Praxen; Großraum St. 10 Praxen in St., L., A., Pf., T., E.). Damit bestünden keine Zweifel an der Gewährleistung einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft; die Praxis des Beigeladenen Nr. 1 sei hierfür nicht notwendig. Ohne ein gewisses Leistungsaufkommen könne er seine (hinsichtlich der personellen und sächlichen Mittel hauptsächlich auf künstliche Befruchtungen als Haupttätigkeitsbereich ausgerichtete) Praxis nicht wirtschaftlich und mit hoher Qualität betreiben. Auch die Ausbildungsmöglichkeiten für den Facharztnachwuchs seien nur bei ausreichenden Fallzahlen möglich; diese könnten die Universitäten regelmäßig nicht mehr vorweisen, weshalb die Ausbildung an den IVF-Zentren stattfinde. Deswegen müsse der Bedarf gerade für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung in einer Region gesondert eruiert werden, die Niederlassung als Gynäkologe könne nicht genügen. Zweifelhaft sei außerdem, ob der Beigeladene Nr. 1 IVF-Leistungen fachgerecht erbringen könne, da er zusätzlich eine Privatpraxis in Sch. G. unterhalte und in den Kinderwunschzentren T. und H. als Mitarbeiter geführt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.7.2011 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet. Rechte des Antragstellers seien mit der dem Beigeladenen Nr. 1 erteilten Genehmigung nicht verletzt. § 121a SGB V diene nicht dem Schutz vor Konkurrenz, da die nach dieser Vorschrift erteilte Genehmigung den Status des (bereits zugelassenen) Vertragsarztes nicht verändere, als Statusentscheidung sei nur die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung einzustufen. Die Genehmigung nach § 121a SGB V setze den Status als Vertragsarzt voraus und begründe nur die Befugnis des (zugelassenen) Vertragsarztes zur Erbringung bestimmter Leistungen, hier der künstlichen Befruchtung. Außerdem fehle es an einem Rangverhältnis unter den Inhabern von IVF-Genehmigungen, auch wenn die Genehmigung nur erteilt werden dürfe, wenn eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung der Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung gewährleistet sei. Der Gesetzgeber habe diese Anforderungen nicht näher bestimmt. Mangels gesetzlicher Grundlage dürfe die Verwaltungsbehörde Bedarfskriterien nicht selbst festlegen; man habe daher hiervon bislang abgesehen. Der Antragsteller, der die Genehmigungsvoraussetzungen des §§ 121a SGB V erfülle, habe Anspruch auf Erteilung der Genehmigung; das treffe auf den Beigeladenen Nr. 1 zu. Dieser dürfe auch berufsrechtlich an bis zu drei weiteren Standorten tätig sein (§ 17 Abs. 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg). Der Widerspruchsbescheid wurde dem Antragsteller am 29.7.2011 zugestellt.
Hiergegen hat der Antragsteller rechtzeitig Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Verfahren S 11 KA 4783/11), über die noch nicht entschieden ist. Neben dem Antragsteller hatte auch Professor Dr. U.F. Widerspruch (am 15.3.2011) gegen die dem Beigeladene Nr. 1 erteilte IVF-Genehmigung eingelegt, der ebenfalls mit Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom 27.7.2011 zurückgewiesen wurde. Professor Dr. U.F. hat am 25.8.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Verfahren S 10 KA 4965/11). Auch über diese Klage ist noch nicht entschieden; mit Beschluss vom 21.8.2012 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 22.2.2012 suchte der Beigeladene Nr. 1 beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 10 KA 1062/12 ER). Er begehrte die Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihm von der Antragsgegnerin erteilten IVF-Genehmigung vom 17.3.2010, und trug zur Begründung vor, § 121a SGB V sei nicht drittschützend (offen lassend LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.3.2010, - L 5 KA 3725/09 ER-B -). Die IVF-Genehmigung stelle keine Zulassungsentscheidung dar, auch wenn der Antragsteller sich auf künstliche Befruchtungen spezialisiert habe (Umsatzanteil etwa 70-80 %). Ein Rangverhältnis zwischen Genehmigungsinhabern und Genehmigungsbewerbern bestehe ebenfalls nicht. Ihm drohten erhebliche wirtschaftliche Schäden; die Existenz seiner Praxis sei gefährdet, da er Verluste (2010: 382.347,61 EUR; 2011: 480.914,41 EUR) nicht mehr durch Kredite überbrücken könne. Er habe erhebliche Investitionen getätigt (ca. 950.000 EUR für Baumaßnahmen, Geräte und Praxiseinrichtung; Instandhaltungskosten pro Jahr ca. 40.000 EUR). Die Patienten seien zu 2/3 gesetzlich krankenversichert. Auf den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 15.8.2011 (- L 5 KA 1887/11 ER-B) werde hingewiesen.
Der Antragsteller wandte ein, eine Kinderwunschpraxis sei vollständig auf Kinderwunschbehandlungen ausgerichtet, weshalb die IVF-Genehmigung seinen vertragsärztlichen Status erweitere; es handele sich verglichen mit der gynäkologischen Praxistätigkeit um einen gänzlich neuen Tätigkeitsbereich. Die Merkmale der Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 121a Abs. 2 Nr. 2 SGB V) erforderten eine Bedarfsprüfung. Der Markt könne sich nicht selbst regulieren. Daraus folge der Vorrang der Genehmigungsinhaber vor (neuen) Genehmigungsbewerbern. Der Antragsteller arbeite im Übrigen mit dem Kinderwunschzentrum Ulm (Dr. G.) zusammen, sei womöglich bei Dr. G. angestellt; Verluste des Kinderwunschzentrums St. könnten im Kinderwunschzentrum U. ausgeglichen werden. Offenbar werde in großem Stil ein so genanntes "Kick-back-Verfahren" praktiziert. Er habe erhebliche Umsatzeinbußen von bis zu 45 % (2008-2011), teilweise Gewinneinbußen bis zu 70 % zu verzeichnen. Seine wirtschaftliche Existenz sei gefährdet.
Mit Schriftsatz vom 5.3.2012 gab die Antragsgegnerin ein Anerkenntnis ab, das der Beigeladene Nr. 1 nicht annahm; begehrt werde eine Vollziehungsanordnung durch das Sozialgericht.
Mit Beschluss vom 26.3.2012 (- S 10 KA 1062/12 ER -) wies das Sozialgericht den vorläufigen Rechtsschutzantrag des Beigeladenen Nr. 1 zurück; mit dem Anerkenntnis der Antragsgegnerin sei dessen Rechtsschutzbedürfnis weggefallen.
Mit Bescheid vom 26.4.2012 (dem Antragsteller mit Schreiben vom 26.4.2012 bekannt gegeben) ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der IVF-Genehmigung des Beigeladenen Nr. 1 vom 17.3.2010 an. Zur Begründung führte sie aus, die Klage des Antragstellers habe keine Aussicht auf Erfolg, da drittschützende Vorschriften nicht verletzt seien; außerdem sei die Genehmigung rechtmäßig. Davon unabhängig falle die Interessen- und Folgenabwägung zu Gunsten des Beigeladenen Nr. 1 aus. Dieser habe bereits Investitionen getätigt. Ohne die sofortige Vollziehbarkeit der IVF- Genehmigung drohten ihm irreparable wirtschaftliche Schäden. Die Interessen des Beigeladenen Nr. 1 gingen den Interessen des Antragstellers vor.
Am 21.5.2012 suchte (nunmehr) der Antragsteller beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach (Verfahren S 11 KA 2883/12 ER); er begehrte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen die IVF-Genehmigung für den Beigeladenen Nr. 1 vom 17.3.2010. Zur Begründung wurde vorgetragen, § 121a SGB V habe drittschützenden Charakter. Er, der Antragsteller, und der Beigeladene Nr. 1 böten im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen an, wobei seine Praxis sich vollständig auf die Erbringung von IVF- Leistungen spezialisiert habe. Die Genehmigung gem. § 121a SGB V eröffne nicht nur weitere Abrechnungsmöglichkeiten, sondern lege die grundsätzliche Ausrichtung der vertragsärztlichen Tätigkeit fest. In Kinderwunschpraxen entfielen regelmäßig 90 % auf die künstliche Befruchtung und nicht auf allgemeine gynäkologische Behandlungen. Das beruhe darauf, dass für IVF-Leistungen ein immenser organisatorischer und finanzieller Aufwand erforderlich sei. § 121a SGB V setze schließlich eine Bedarfsprüfung voraus. Nach der einschlägigen Gesetzesbegründung solle das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit (in § 121a SGB V) einer Entwicklung vorbeugen, die durch immer mehr Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstlicher Befruchtungen führe. Freilich seien die Leistungen für Versicherte mit Kinderwunsch seit Einführung des § 121a SGB V erheblich eingeschränkt worden, weshalb die Zahl der IVF- Behandlungen deutlich gesunken sei. Da die finanziell und organisatorisch aufwändigen Kinderwunschpraxen auf hinreichende Auslastung angewiesen seien, würde das Leistungsniveau bei einer Zunahme der Leistungserbringer und der Umverteilung des Leistungsaufkommens gefährdet. Letztendlich müsse die Genehmigung nach § 121a SGB V einer Sonderbedarfszulassung gleichgesetzt werden (vergleiche auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.03.2010 - L 5 KA 3725/09 ER-B -). Die Antragsgegnerin habe § 121a SGB V fehlerhaft angewendet und zu Unrecht eine Bedarfsprüfung unterlassen. In anderen Bundesländern, etwa in B., würden entsprechende Bedarfsprüfungen durchgeführt. Außerdem bestünden Bedenken, ob der Beigeladene Nr. 1 den Anforderungen des §§ 121a SGB V genüge. Er sei als Privatarzt in Schwäbisch Gmünd und auch in Trier und in Hannover tätig. Offenbar werde die Arbeit in seinem Kinderwunschzentrum hauptsächlich von Assistenzärzten erledigt. Das LSG Baden-Württemberg habe im Beschluss vom 15.8.2011 (- L 5 KA 1887/11 ER-B -) offen gelassen, ob § 121a SGB V drittschützenden Charakter habe. Bei der danach maßgeblichen (freien) Interessenabwägung komme dem Vollzugsinteresse des Beigeladenen Nr. 1 nicht der Vorrang zu. Dessen Praxis sei in ihrer Existenz nicht gefährdet. Bei den geltend gemachten Verlusten sei nicht ersichtlich, ob diese gerade auf der Versagung einer Genehmigung nach § 121a SGB V oder nicht auf anderen Ursachen beruhten. Möglicherweise würden zu viele Ärzte beschäftigt. Unklar sei auch, ob der Beigeladene Nr. 1 etwaige Verluste zu tragen habe, nachdem das Kinderwunschzentrum St. mit dem Kinderwunschzentrum U. unter Leitung des Dr. G. kooperiere. Dieser sei offenbar auch alleiniger Inhaber des Kinderwunschzentrums St., wie ein Nutzungsvertrag zwischen dem Beigeladenen Nr. 1 und Dr. G. vom 1.12.2008 zeige; das Kinderwunschzentrum St. sei gleichsam als Außenstelle des Kinderwunschzentrums U. (des Dr. G.) einzustufen, mit dem ein "Kick-back-Verfahren" praktiziert werde. Dort könnten Patienten des Kinderwunschzentrums St. ohne weiteres behandelt und Verluste am Standort St. so aufgefangen werden. Es gehe wohl allein um den Aufbau des Standorts St. und die Vorbereitung der Nachfolge des Beigeladenen Nr. 1. Demgegenüber sei er Alleininhaber seiner Praxis und trage alle wirtschaftlichen Risiken. Wegen Umsatzrückgängen bis zu 45 % (2008-2011) bzw. Gewinneinbußen um bis zu 70 % könne er seinen finanziellen Verpflichtungen nur noch bedingt nachkommen; seine wirtschaftliche Existenz sei erheblich gefährdet.
Die Antragsgegnerin trug vor, § 121a SGB V sei nicht drittschützend, betreffe insbesondere nicht den Zulassungsstatus des Vertragsarztes. Der Zulassungsstatus des Beigeladenen Nr. 1 als Gynäkologe sei nicht im Streit. Die mit einer Sonderbedarfszulassung nicht vergleichbare IVF-Genehmigung betreffe allein ein Segment der (vom Beigeladenen Nr. 1 als zugelassenem Vertragsarzt) zu erbringenden Behandlungsleistungen; welchen Anteil dieses Leistungssegment am Leistungsspektrum der Praxis habe, sei unerheblich. Man prüfe durchaus, ob die IVF-Versorgung bedarfsgerecht durchgeführt werden könne. Nur wenn eine zu große Massierung von IVF-Praxen das Patientenwohl beeinträchtige, werde man die Erteilung einer IVF-Genehmigung versagen.
Der Beigeladene Nr. 1 bekräftigte sein Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren S 10 KA 1062/12 ER, insbesondere hinsichtlich des seiner Ansicht nach nicht drittschützenden Charakters des § 121a SGB V. Der Nutzungsvertrag mit Dr. G. vom 1.12.2008 sei nicht mehr gültig. Man habe eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (Partnerschaftsgesellschaft) gegründet (Vertrag vom 17.6.2010, Beschluss des zuständigen Zulassungsausschusses vom 18.5.2010).
Mit Beschluss vom 23.7.2012 stellte das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 erteilte IVF-Genehmigung vom 17.3.2010 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.7.2011) wieder her. Zur Begründung führte es aus, ob § 121a SGB V Drittschutz vermittele, müsse mangels einschlägiger obergerichtlicher Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Zwar böten der Antragsteller und der Beigeladene Nr. 1 im gleichen räumlichen Bereich die gleichen Leistungen an. Fraglich sei aber, ob mit der Genehmigung nach § 121a SGB V die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erweitert oder nur ein weiterer Leistungs- und Abrechnungsbereich eröffnet werde (vergleiche auch LSG Hessen, Urt. v. 8.6.2011, - L 4 KA 102/08 -) und ob ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Genehmigungsinhaber und Genehmigungsbewerber bestehe, insbesondere die IVF-Genehmigung einer Sonderbedarfszulassung vergleichbar sei. Die Antragsgegnerin habe eine Bedarfsprüfung bislang nicht vorgenommen, obgleich die Beigeladene Nr. 2 in ihren Stellungnahmen vom 08.09.2008 und 19.10.2009 darauf hingewiesen habe, ein Bedarf nach weiteren IVF-Praxen bestehe nicht und die Grenze zur Überversorgung werde überschritten. Ob sich die Bedarfslage durch den Wegfall einer IVF-Praxis mittlerweile geändert habe, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Insgesamt seien die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage offen. Bei der Interessen- und Folgenabwägung komme dem Aufschubinteresse des Antragstellers Vorrang zu. Auf noch vor Bestandskraft der IVF-Genehmigung getätigte Investitionen könne sich der Beigeladene Nr. 1 nicht berufen. Demgegenüber drohten dem Antragsteller irreversible wirtschaftliche Nachteile durch den Verlust von Patienten.
Auf den ihm am 26.7.2012 zugestellten Beschluss hat der Beigeladene Nr. 1 am (Montag, dem) 27.8.2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, seit 1.6.2010 sei er in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit Dr. G. tätig; Hauptstandort sei U ... Die Klage des Antragstellers werde offensichtlich erfolglos bleiben, weil § 121a SGB V keinen drittschützenden Charakter habe. Die IVF-Genehmigung erweitere nicht den Zulassungsstatus des Vertragsarztes, sondern eröffne nur weitere Abrechnungs- und Leistungsbereiche. Sein Status als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Gynäkologe bleibe davon unberührt. Auch wenn die IVF-Genehmigung den Zugang zu einem Teilmarkt eröffnen würde, erwüchse dem Antragsteller daraus kein Drittschutz. Die Erteilung der IVF-Genehmigung hänge von qualitativen Voraussetzungen ab, die Konkurrentenschutz nicht bezweckten (vgl. SG Stuttgart, Urt. v. 25.4.2012, - S 20 KA 3270/11 -; Beschl. v. 21.7.2009, - S 10 KA 3390/09 ER -). Das Gesetz wolle lediglich die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes sicherstellen. Zwar sei auch eine Bedarfsteuerung beabsichtigt, nach der Gesetzesbegründung jedoch nur im Hinblick auf ein ansonsten drohendes inflationäres Absinken der Indikationsschwelle (BT-Drs. 11/6760, S. 16) und nicht wegen der Interessen von Konkurrenten. Auf deren Belange müsse nicht Rücksicht genommen werden. Das gelte auch dann, wenn diese den Schwerpunkt ihrer Behandlungstätigkeit auf IVF-Leistungen gelegt hätten. Schwerpunktbildungen in dieser Art seien unternehmerische Entscheidungen des Vertragsarztes und könnten ihm keine Abwehrrechte gegen Konkurrenten eröffnen. Ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Genehmigungsinhabern und Genehmigungsbewerbern sei im Gesetzeswortlaut des § 121a SGB V (anders als in § 116 S. 2 SGB V oder § 119 Absatz 1 S. 2 SGB V) nicht verankert. Auf grundrechtsunmittelbaren Drittschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG könne sich der Antragsteller nicht berufen. Davon abgesehen sei die ihm erteilte IVF-Genehmigung rechtmäßig. Bei offenen Erfolgsaussichten müsse seinem Vollziehungsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers eingeräumt werden. Dieser habe eine existenzielle Betroffenheit nicht glaubhaft gemacht, sondern nur behauptet. Unklar sei, ob der Antragsteller den Schwerpunkt seiner Leistungen zur Existenzsicherung oder (nur) zur Gewinnsteigerung auf IVF-Leistungen gelegt habe. Angeschaffte Geräte würden außerdem nicht nutzlos, wenn ein anderer Arzt ebenfalls IVF Behandlungen durchführe. Demgegenüber habe er 2010 und 2011 bereits enorme wirtschaftliche Verluste in sechsstelliger Höhe erlitten; auch am Standort U. würden Verluste erwirtschaftet. Praxiseinrichtung und Geräte habe er notwendigerweise vor Erteilung der IVF-Genehmigung anschaffen müssen. Wenn er IVF-Leistungen nicht erbringen könne, werde sei Gewinn entsprechend geschmälert und außerdem der Wert der altershalber in den kommenden Jahren zu übergebenden Praxis sowie seine vertraglich vereinbarte Abfindung gemindert. Zu Kick-Back-Leistungen zwischen ihm und Dr. G. komme es nicht. An jedem Standort würden nur die Leistungen abgerechnet, die an diesen Standorten erbracht worden sind. Die diesbezüglichen Vorwürfe des Antragstellers seien unbegründet und zudem rechtlich nicht erheblich. Er sei außerdem weiterhin in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht, solange er keine gesetzlich versicherten Patientinnen im Rahmen von § 121a SGB V behandeln dürfe; allein am Standort St. entstehe monatlich ein Defizit von ca. 30.000 EUR.
Der Beigeladene Nr. 1 beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 23.7.2012 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die ihm (dem Beigeladenen Nr. 1 ) erteilte Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen erhobenen Klage abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
§ 121a SGB V sehe vor, dass der Bedarf gesteuert werde. Selbst wenn ein Drittschutz in der Gesetzesbegründung nicht enthalten sei, liege es in der Natur der Sache, dass mit einer Bedarfsprüfung auch immer ein Drittschutz einhergehe. Seit der Beigeladene Nr. 1 seine Praxis betreibe, habe er einen permanenten Umsatzrückgang von 40% zu verzeichnen, weswegen ein wirtschaftlicher Betrieb seiner Praxis kaum aufrecht erhalten werden könne.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen Nr. 1 ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere ist der Beigeladene Nr. 1 durch den angefochtenen Beschluss (materiell) beschwert. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückweisen müssen. Der (weitere) Aufschub der IVF-Genehmigung verletzt den Beigeladenen Nr. 1 in seinen Rechten.
1.) Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich vorliegend nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift gilt nicht nur für Fallgestaltungen, in denen (wie bei der gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG sofort vollziehbaren Anforderung von Beiträgen) außer Antragsteller und Antragsgegner Dritte nicht beteiligt sind. Sie ist auch dann anzuwenden, wenn (bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung) ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten und diesen begünstigenden und sofort vollziehbaren Verwaltungsakt einlegt. In Zulassungssachen des Vertragsarztrechts kann es dazu kommen, wenn der Berufungsausschuss eine Zulassungsentscheidung trifft und diese gem. § 97 Abs. 4 SGB V für sofort vollziehbar erklärt. Dann kann ggf. ein unterlegener Mitbewerber um einen Vertragsarztsitz oder ein bereits zugelassener Vertragsarzt Anfechtungsklage (als Mitbewerberklage oder als defensive Konkurrentenklage) gegen die Zulassungsentscheidung erheben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen. Dies gilt entsprechend für die Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gem. § 121a SGB V durch die hierfür zuständige Landesärztekammer.
Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist in solchen Fällen zunächst, ob ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Zulassung oder der Genehmigung besteht, das den Ausschlag geben und nach Lage der Dinge gegenläufigen privaten, auch grundrechtlich geschützten Interessen von Beteiligten vorgehen muss. Ist ein vorrangiges öffentliches Interesse dieser Art nicht festzustellen, kommt es auf eine Abwägung der widerstreitenden (privaten) Interessen der Beteiligten am Aufschub bzw. an der Vollziehung der Zulassung oder Genehmigung an. Zu diesen Interessen kann auch das aus der Gesamtverantwortung für eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende vertragsärztliche Versorgung folgende Interesse der Kassenärztlichen Vereinigung gehören (§ 75 Abs. 1 SGB V; vgl. etwa BSG, Urt. v. 30.11.1994, - 6 RKa 32/93 -); der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 SGB V (§ 75 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 73 Abs. 2 Nr. 10 SGB V).
Da der vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für die Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs grundsätzlich, wenngleich nicht stets in jedem Fall ausschlaggebend; je nach Fallgestaltung wird das Gericht auch andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Zu bedenken ist insbesondere, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung und in ähnlicher Weise auch eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V (als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung) gleichrangige (Grund-)Rechtspositionen der konkurrierenden Vertragsärzte betreffen und außerdem sowohl der durch den Verwaltungsakt Begünstigte wie der den Verwaltungsakt anfechtende Dritte (ggf. auch eine Behörde wie die K. V., näher Sodan, GG Art. 19 Rdnr. 32) gleichermaßen effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beanspruchen können. Das Gericht muss deshalb u.U. in einer Art "schiedsrichterlichen Entscheidung" darüber befinden, welche Seite bis zur Hauptsacheentscheidung das mit der sofortigen Vollziehung oder der Aussetzung der Vollziehung verbundene Risiko des Zeitablaufs und einer eventuell abweichenden Hauptsacheentscheidung zu tragen hat. Ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten ist daher nicht anzunehmen, wenn sein Rechtsbehelf mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und zudem die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung dem anderen, begünstigten Beteiligten gegenüber unbillig erscheinen muss (vgl. dazu etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.2012, - 1 B 1036/12 - unter Hinweis auf BVerfG, Beschl. v. 1.10.2008, - 1 BvR 2466/08 -; auch Puttler, in: NK-VwGO § 80a Rdnr. 25).
Im Hinblick darauf, dass die aufschiebende Wirkung gem. § 86a Abs. 1 SGG (in vertragsärztlichen Zulassungssachen gem. 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V) den gesetzlichen Regelfall darstellt, verlangt § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG (bzw. § 97 Abs. 4 SGB V) ein besonderes öffentliches bzw. ein überwiegendes privates Interesse eines Beteiligten gerade an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, das über das allgemeine Interesse an seinem Erlass und an der Ausnutzung des Verwaltungsakts durch den Begünstigten hinausgeht. Die voraussichtliche Erfolglosigkeit des gegen den Verwaltungsakt eingelegten Drittrechtsbehelfs kann dieses Interesse nicht ersetzen (vgl. dazu etwa BVerfG, NVwZ 1996, 58, 59). In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss die Behörde bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts das besondere Interesse hieran gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG schriftlich begründen. Die Begründung (zu deren Eigenart und Zielsetzung näher Puttler, in: NK-VwGO § 80 Rdnr. 96) muss auf den konkreten Einzelfall bezogen in nachvollziehbarer Weise die Erwägungen erkennen lassen, die die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben. Formelhafte und pauschale Wendungen genügen nicht. Da sich das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig vom allgemeinen Interesse an seinem Erlass unterscheidet, müssen zur Begründung des Sofortvollzugs andere Gründe angeführt werden als zur Begründung des Verwaltungsakts selbst (Puttler, a. a. O. Rdnr. 97 f. m. Nachw. zur Rspr.). Überzogene Anforderungen sind allerdings nicht zu stellen, namentlich dann, wenn die Gründe für den Erlass des Verwaltungsakts und dessen Sofortvollzug (weitgehend) deckungsgleich oder die Gründe für den Sofortvollzug (etwa) wegen der Eigenart des Regelungsgegenstandes offenkundig bzw. für die Beteiligten klar erkennbar sind. Fehlt die in § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG vorgeschriebene Begründung oder ist sie unzulänglich, ist der Sofortvollzug rechtswidrig. Die (ordnungsgemäße) Begründung kann nicht nachgeholt oder ersetzt werden (LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13.4.2010, - 5 AS 69/10 B ER – unter Hinweis auf Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86a Rdnr. 20, 21c; anders für das Verwaltungsprozessrecht etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 3.4.2012, - 1 B 1036/12 – m. w. N., zu alledem auch Senatsbeschluss vom 5.9.2012, - L 5 KR 2837/12 ER-B -).
2.) Davon ausgehend kann der Beschluss des Sozialgerichts keinen Bestand haben. Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung der IVF-Genehmigung des Beigeladenen Nr. 1 im Bescheid vom 26.4.2012 ausreichend begründet, hierfür insbesondere nicht allein auf die Erfolgsaussichten der (Konkurrenten-)Klage des Antragstellers, sondern auf die besonderen wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen Nr. 1 und die diesem bei weiterem Aufschub der IVF-Genehmigung drohenden Schäden abgestellt.
In der Sache gibt der Senat dem Vollziehungsinteresse des Beigeladenen Nr. 1 Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers. Hierfür ist maßgeblich, dass die (Konkurrenten-)Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen Nr. 1 mit Bescheid vom 17.3.2010 erteilte IVF-Genehmigung nach derzeitigem Kenntnisstand erfolglos bleiben wird. Wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren L 5 KA 2791/12 entschieden hat, können die Inhaber von IVF-Genehmigungen die Erteilung weiterer IVF-Genehmigungen an Genehmigungsbewerber nicht (erfolgreich) mit der defensiven Konkurrentenklage anfechten. Konkurrentenklagen der Genehmigungsinhaber sind zwar - auch in Ansehung der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG) - grds. zulässig, jedoch schon deshalb unbegründet, weil durch die Erteilung weiterer IVF-Genehmigungen subjektiv-öffentliche Rechte der Genehmigungsinhaber (aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) oder § 121a SGB V) auch dann nicht verletzt werden, wenn sich die (weiteren) IVF-Genehmigungen als objektiv rechtswidrig erweisen sollten; insbesondere enthält § 121a SGB V allein objektives Recht und weist anderen Inhabern von IVF-Genehmigungen keine subjektiv-öffentlichen (Abwehr-)Rechte zu. Der Senat hat dazu in dem genannten Urteil Folgendes (zusammenfassend dargestellt) ausgeführt:
"Die Genehmigung nach § 121a SGB V eröffnet auf der Grundlage einer bereits erfolgten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung lediglich einen zusätzlichen Leistungsbereich (vgl. BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -, veröffentlicht in Juris – zur Dialysegenehmigung nach altem Recht). Die Genehmigung bestimmt zwar mittelbar den Kreis der für die Behandlung der Versicherten bei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung stehenden Ärzte und betrifft insoweit die Eingliederung von Ärzten in das System der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 72 Abs. 1 SGB V gemeinsam von Ärzten und Krankenkassen sicher zu stellen ist (BSG, Beschluss vom 16.08.2000 - B 6 SF 1/00 R -, veröffentlicht in Juris). Damit stellt die Genehmigung aber aus der Sicht der Leistungserbringer weder unmittelbar noch mittelbar eine Zulassung zur Versorgung mit Leistungen zur assistierten Reproduktion dar. Gegen ein solches Verständnis spricht zum einen, dass der Gesetzgeber die Genehmigung nicht den Zulassungsgremien zugeordnet hat (zur Genehmigung einer Zweigpraxis durch die K. V. vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2011 - B 6 KA 3/10 R -) und zum anderen, dass die Spezialisierung auf die Erbringung genehmigungspflichtiger Maßnahmen in Kinderwunschzentren – anders als die Spezialisierung von Dialysepraxen – für die Zulassung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe keine Berücksichtigung findet. Die gesetzliche Regelung des § 121a SGB V lässt vielmehr keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis von Zulassung (bzw. Ermächtigung) und Genehmigung gemäß § 121a SGB V in der Weise gestaltet ist, dass die Erteilung der Genehmigung nach § 121a SGB V für genehmigungspflichtige Maßnahmen der künstlichen Befruchtung immer eine bereits vorhandene Zulassung als Vertragsarzt (hier: Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe) voraussetzt. Die Genehmigung berührt damit nur die Berufsausübungsfreiheit. Die Erbringung der Leistungen nach § 27a SGB V durch zugelassene Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung entspricht dem ärztlichen Berufsrecht, das die Reproduktionsmedizin als Schwerpunkt d.h. als eine Spezialisierung innerhalb des Fachgebiets Frauenheilkunde und Geburtshilfe und nicht als eigenständige Facharztausbildung gestaltet. Die Genehmigung betrifft damit nur die Erweiterung des durch die Facharztqualifikation und die bereits erfolgte Zulassung eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden "Basis-Status" (vgl. BSG, Urteil vom 07.02.2007 - B 6 KA 8/06 R -, veröffentlicht in Juris – zur Dialysegenehmigung nach altem Recht).
Auch ein rechtlicher Vorrang der Vertragsärzte, die bereits eine Genehmigung nach § 121a SGB V innehaben und sich entsprechend spezialisiert haben, ist nicht gegeben. Das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit sollte zwar einer Entwicklung vorbeugen, die durch immer mehr Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstliche Befruchtungen führt (BT-Drucks. 11/6760 Zu Nummer 6 (§ 121a SGB V), S. 16). Die Genehmigung dient aber nicht der Sicherstellung der bedarfsgerechten vertragsärztlichen Versorgung (vgl. § 35 BedarfsplRL; §§ 70 Abs. 1, 73 Abs. 1a Satz 3, 99 Abs. 1 Satz 3, 104 Abs. 1, 111 Abs. 2 Nr. 2, 111c Abs. 1 Nr. 2, 132b-d SGB V; vgl. auch § 25 Abs. 5 Satz 2 SGB V: bedarfsgerechte räumliche Verteilung und § 101 SGB V: bedarfsgerechter Versorgungsgrad) mit genehmigungspflichtigen Leistungen, sondern der Gewähr der bedarfsgerechten Durchführung solcher Leistungen. Diese Genehmigungsvoraussetzung steht im Zusammenhang mit dem Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht nach § 121a SGB V als solcher. Diese ist darin begründet, dass alle genehmigungspflichtigen Maßnahmen nach hormoneller Stimulation erfolgen, bei der die Gefahr des Heranreifens vieler befruchtungsfähiger Eizellen (Polyovulation) gegeben ist, weshalb nicht nur das Risiko für höhergradige Mehrlingsschwangerschaften besteht, sondern auch die Gefahr eines Überstimulationssyndroms mit u.a. großen Eierstockzysten und z.T. schwerwiegenden Belastungen des Kreislaufsystems BT-Drucks. 11/6760 Zu Nummer 2 (§ 27a SGB V), S. 15).
Mit der Formulierung "Gewähr für die bedarfsgerechte Durchführung" macht der Gesetzgeber die Genehmigung nicht davon abhängig, dass ein von den Genehmigungsinhabern nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht. Im Gesetz kommt es durch besondere Formulierungen zum Ausdruck, wenn der konkurrierende Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt wird: bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach § 116 Satz 2 SGB V durch die Formulierung "soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten "ohne diese" "nicht sichergestellt" ist, und für die Zulassung Sozialpädiatrischer Zentren durch die Wendung "soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen". Bei Sonderbedarfszulassungen heißt es, dass diese "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind" (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Entsprechendes gilt für Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Buchst a Ärzte-ZV, die nur erteilt werden dürfen, sofern sie notwendig sind, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden. (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R – m.w.N.; BSG, Urteil vom 17.08.2011 - B 6 KA 27/10 R -, veröffentlicht in Juris m.N.).
Eine entsprechende Anknüpfung an einen bestehenden Versorgungsbedarf enthält § 121a Abs. 1 SGB V nicht. Eine solche lässt sich auch nicht aus § 121a Abs. 3 SGB V herleiten. Jedenfalls nach den zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Änderungen des § 27a SGB V kann ausgeschlossen werden, dass die Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V rechtlich geschützte Interessen von Genehmigungsinhabern berührt. Denn selbst wenn bereits aus der tatsächlichen Gefahr, dass Überkapazitäten sich bei dem herkömmlichen Vergütungssystem negativ auswirken, ein Konkurrentenschutz hergeleitet werden könnte, scheidet ein solcher hier aus, weil der ändernde Gesetzgeber dieser Gefahr - nicht durch Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer - auf andere Weise begegnet ist. Die Leistungen im Sinne des § 121a SGB V stehen nun unter Genehmigungsvorbehalt und die Kosten hierfür werden nur noch zur Hälfte von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Hinzukommt, dass die Leistungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung, soweit sie seit dem 01.01.2004 noch von der Krankenversicherung zu tragen sind, außerhalb der Gesamtvergütung vergütet werden."
Der Senat legt diese Rechtsauffassung auch seiner Interessenabwägung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zugrunde. Dass er im Urteil vom 05.12.2012 (a.a.O.) der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deswegen die Revision zugelassen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), ändert nichts daran, dass er von der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung überzeugt ist.
Die (objektive) Rechtmäßigkeit der dem Beigeladenen Nr. 1 erteilten Genehmigung muss der Senat nicht prüfen, da subjektiv-öffentliche Rechte des Antragstellers auch dann nicht verletzt wären, wenn die Antragsgegnerin bei Erteilung der Genehmigung die Rechtsvorschrift des § 121a SGB V unrichtig angewendet hätte.
Wird die Konkurrentenklage des Antragstellers nach Einschätzung des Senats erfolglos bleiben, wäre es dem Beigeladenen Nr. 1 gegenüber unbillig, die ihm erteilte Genehmigung gemäß § 121a SGB V dennoch weiter aufzuschieben. Er könnte dann in dem bereits unter Einsatz erheblicher Mittel errichteten Kinderwunschzentrum Leistungen für gesetzlich Versicherte bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erbringen und abrechnen und würde deswegen erhebliche wirtschaftliche Verluste erleiden. Dies kann ihm nicht mehr zugemutet werden, wenn die vom Antragsteller angefochtene Genehmigung im Hauptsacheverfahren nach derzeitigem Kenntnisstand Bestand behalten wird.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 7 aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt haben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat setzt für die Hauptsache einen Streitwert von 60.000 EUR an (Auffangstreitwert von 5.000 EUR/Quartal (§ 52 Abs. 1 GKG) für 3 Jahre); für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist die Hälfte dieses Betrags angemessen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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Aus
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