L 11 R 3048/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 7736/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3048/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.04.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Versicherten bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Hinblick auf die Anrechnung und Bewertung der in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten.

Die Klägerin ist die Ehefrau des in Kasachstan geborenen A. H. (-10.08.1939 - 23.04.2006; im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte siedelte im März 1990 aus Kasachstan in die Bundesrepublik Deutschland über, er war als Spätaussiedler gemäß § 4 Bundesvertriebenengesetz anerkannt. In Kasachstan arbeitete er von 1955 bis 1961 bei der Kolchose "K.", ab März 1961 bis 22.02.1990 war er in der Sowchose "40 J. K." als Motorist, Dreher, Fräser und Schleifer tätig. Mit Zeugnis vom 01.03.1961 wurde dem Versicherten nach einem 12-monatigen Lehrgang die Qualifikation als Dreher und mit weiterem Zeugnis vom 11.04.1963 nach 6-monatigem Kurs die Qualifikation als Landwirtschaftsmaschinenschlosser zuerkannt.

Mit Bescheid vom 15.02.1999 bewilligte die Beklagte dem Versicherten im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 20.05.1998. Dabei wurden nach dem Fremdrentengesetz (FRG) Zeiten vom 10.08.1956 bis 22.02.1990 berücksichtigt unter Anrechnung zu 5/6 und Einstufung in Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Zusätzlich wurden die insoweit maßgeblichen Entgeltpunkte um 40 vH gekürzt gemäß § 22 Abs 4 FRG durch Multiplikation mit dem Faktor 0,6.

Mit seinem Widerspruch vom 16.03.1999 machte der Versicherte geltend, er habe als Deutscher von 1941 bis September 1956 der Kommandantur-Aufsicht unterstanden, weshalb ab dem 14. Lebensjahr eine Ersatzzeit anzuerkennen sei. Zudem sei eine 6/6 Anrechnung möglich bei Auflistung der jährlichen Arbeitstage. Hierzu hat er eine Archivbescheinigung des staatlichen Archivs R. Z. der Republik K. vom 15.04.1998 vorgelegt. Ab April 1963 sei die Qualifikationsgruppe 4 berechtigt.

Mit Bescheid vom 14.05.1999 stellte die Beklagte die Rente des Versicherten ab Beginn neu fest und berücksichtigte hierbei zusätzlich eine Ersatzzeit vom 10.08.1953 bis 09.08.1956 wegen Internierung, Verschleppung. Sodann wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.1999 zurück. Die Beitragszeiten vom 10.08.1956 bis 22.02.1990 seien weiterhin nur glaubhaft gemacht. Aufgrund der rechtlichen Gegebenheiten in den GUS-Staaten könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei den russischen Arbeitgebern Aufzeichnungen lückenlos und vollständig vorlägen. Ferner könne die Zeit von April 1963 bis Februar 1990 keiner höheren Qualifikationsgruppe zugeordnet werden, da nicht aktenkundig sei, dass der Versicherte tatsächlich zehn Jahre vollwertig als Facharbeiter tätig gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die am 26.07.1999 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Im Hinblick auf ein beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängiges Verfahren hat das SG mit Beschluss vom 27.08.1999 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Entscheidung des BVerfG (13.06.2006, 1 BvL 9/00 ua) hat der Bevollmächtigte des Versicherten das Verfahren wieder angerufen. Mit Bescheid vom 26.02.2008 hat die Beklagte daraufhin die Rente des Versicherten neu berechnet und für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2000 den nach gesetzlicher Neuregelung dem Versicherten zustehenden Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten ermittelt. Daraus ergab sich eine Nachzahlung für die Zeit vom 20.05.1998 bis 31.08.2004 in Höhe von 1.369,87 EUR. Die Klägerin, die zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten mit diesem in einem Haushalt lebte und seine Alleinerbin geworden ist, hat die Klage wegen der Anrechnung nur zu 5/6 und der Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 fortgeführt.

Mit Urteil vom 26.04.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei nach § 22 Abs 3 FRG berechtigt gewesen, die Entgeltpunkte für die nach §§ 15, 16 FRG zu berücksichtigenden Beitragszeiten des Versicherten in der UdSSR um ein Sechstel zu kürzen. Für die ungekürzte Anrechnung als Beschäftigungszeit sei der Nachweis erforderlich, dass für die Beschäftigungszeit eine Versicherungspflicht bestanden hätte, wäre sie im Bereich der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt worden. Die vorgelegte Archivbescheinigung enthalte über krankheitsbedingte Unterbrechungen keinerlei Angaben. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Bescheinigung Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit umfasse, weshalb die Zeiten nur als glaubhaft gemacht angesehen werden könnten. Für die Zeit ab April 1963 könne keine Ermittlung von Entgeltpunkten unter Heranziehung der Qualifikationsgruppe 4 beansprucht werden. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Versicherte im streitigen Zeitraum als Facharbeiter tätig gewesen sei. Aus der Archivbescheinigung sei lediglich zu entnehmen, dass der Versicherte ab März 1961 als Motorist, Dreher, Fräser und Schleifer gearbeitet habe, aber nicht, in welchem Zeitraum welche Tätigkeit und auf welchem Niveau ausgeübt worden sei.

Hiergegen richtet sich die am 20.07.2011 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiter der Auffassung, die Archivbescheinigung reiche für einen Nachweis der Beschäftigungszeiten aus. Ferner sei eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 jedenfalls nach sechs Jahren möglich, da insoweit die Vermutung gelte, dass die Fähigkeiten zur vollwertigen Ausübung eines höherwertigen Berufs "aufgrund langjähriger Berufserfahren erworben" worden seien.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.04.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 26.02.2008 zu verurteilen, der Klägerin aus der Versicherung des A. H. höhere Erwerbsunfähigkeitsrente zu gewähren ohne Kürzung der Entgeltpunkte für die Zeit vom 10.08.1956 bis 22.02.1990 auf 5/6 und unter Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 für den Zeitraum 01.04.1963 bis 22.02.1990.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin, über das der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft und damit zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da der Bescheid vom 26.02.2008 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin ist als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten iSv § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Verfahrensbeteiligte nach § 69 Nr 1 SGG.

Gegenstand der hier statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist ausschließlich der während des Klageverfahrens ergangene Bescheid vom 26.02.2008, mit dem die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente ab Rentenbeginn neu festgestellt hat. Dieser Bescheid ersetzt den mit der Klage angefochtenen Rentenbescheid vom 15.02.1999, ersetzt durch den Bescheid vom 14.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.1999, weshalb er gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen bei Personen, die wie der Versicherte dem Anwendungsbereich des FRG unterfallen, Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Für solche Zeiten werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt (§ 22 Abs 1 Satz 1 FRG). Hierzu werden für Zeiten nach dem 31.12.1949 die in Anlage 14 des SGB VI genannten oder nach § 256b Abs 1 Satz 2 des SGB VI festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht (§ 22 Abs 1 Satz 2 FRG). Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte (§ 22 Abs 1 Satz 3 FRG). Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt (§ 22 Abs 3 FRG).

Zur Ermittlung von Entgeltpunkten als Beitragsbemessungsgrundlage für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung werden die Durchschnittsverdienste berücksichtigt, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche für dieses Kalenderjahr ergeben, höchstens jedoch 5/6 der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (§ 22 Abs 1 Satz 1 FRG iVm § 256b Abs 1 erster Halbsatz SGB VI). In die Qualifikationsgruppe 4 sind nach der Anlage 13 Facharbeiter einzustufen. Dies sind Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind. Versicherte sind in eine Qualifikationsgruppe einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Versicherte in der früheren Sowjetunion mit der Qualifikation zum Dreher keine Ausbildung als Facharbeiter absolviert hat. In der Sowjetunion wurde das Niveau der Berufsbildung in drei Hauptebenen eingeteilt: Hochschulbildung, mittlere Berufsbildung, untere Berufsbildung (berufliche Grundbildung). Dabei war die Berufsausbildung stark arbeitsplatzbezogen. Während der Zeit vom Beginn der 40er Jahre bis Anfang der 60er Jahre überwogen Kurzausbildungen, um den kriegsbedingten Verlust von Arbeitskräften möglichst schnell auszugleichen. Im Rahmen der unteren Berufsbildung war die betriebliche Ausbildung besonders wichtig, sie wurde meist in Form von Lehrgängen durchgeführt. Unterschieden wurde zwischen betrieblicher Erstausbildung und Weiterbildung. Mit der Erstausbildung konnte nur das unterste Niveau der "wenig qualifizierten Arbeiter" erreicht werden (zum Ganzen: Müller, Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 1995, 354, 360 ff). Der Bevollmächtigte der Klägerin hat selbst vorgetragen, dass die Kursdauer für den Abschluss als Dreher 12 Monate betrug und die weitere Ausbildung zum Landwirtschaftsmaschinenschlosser lediglich sechs Monate dauerte. Jedenfalls der Lehrgang als Dreher ist im Sinne einer Erstausbildung nicht als Facharbeiterausbildung zu verstehen. Ob die Weiterbildung als Landwirtschaftsmaschinenschlosser zu einer höheren Qualifikation geführt hat, kann letztlich dahin stehen, weil der Versicherte nach der vorliegenden Archivbescheinigung nicht als Schlosser gearbeitet hat.

Die vom Versicherten ausgeübten Tätigkeiten können auch nicht unter dem Gesichtspunkt als Facharbeitertätigkeit angesehen werden, dass der Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von Versicherten mit der Berufsausbildung entsprechen (Anlage 13 zu § 256b SGB VI, Qualifikationsgruppe 4 Satz 1 2. Alt). Unabhängig davon, wie der Begriff der langjährigen Berufsausübung definiert wird, ist hier schon völlig unklar, welche Tätigkeiten der Versicherte in welchen Zeiträumen überhaupt ausgeübt hat (Motorist, Dreher, Fräser, Schleifer) und ob insoweit eine vollwertige Tätigkeit entsprechend auf Facharbeiterniveau ausgeführt worden ist. Wie der Bevollmächtigte der Klägerin bereits in der ersten Instanz ausgeführt hat, kann auch die Klägerin hierzu keine Angaben machen. Eine höhere Einstufung der Tätigkeiten von April 1963 bis 22.02.1990 als in Qualifikationsgruppe 5 (angelernte und ungelernte Tätigkeiten) kommt daher nicht in Betracht.

Die Bescheide sind auch insoweit rechtmäßig, als die Beklagte die in der ehemaligen UdSSR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten nur als glaubhaft gemacht angesehen hat. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind. Demgegenüber sind nachgewiesen nur solche Tatsachen, von deren Vorliegen das Gericht überzeugt ist. Dies ist dann der Fall, wenn das Vorliegen der Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann. Ernsthafte Zweifel dürfen nicht bestehen. Die Regelung des § 22 Abs 3 FRG berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen können Beschäftigungs- und Beitragszeiten daher sein, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischenliegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen und letztere nicht ein Sechstel erreichen (stRspr, vgl BSG 09.11.1982, 11 RA 64/81, SozR 5050 § 15 Nr 23; Senatsurteil vom 20.07.2010, L 11 R 3478/09). Diese Rechtsauffassung beruht auf dem Gedanken, dass es in den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechungen an einem Beitragsaufkommen gefehlt hat (BSG 21.04.1982, 4 RJ 33/81, juris; BSG 21.08.2008, B 13/4 R 25/07 R, SozR 4-5050 § 26 Nr 1).

Bis März 1961 war der Versicherte bei der K. K. tätig. Insoweit sind in der Archivbescheinigung nur Arbeitseinheiten ausgewiesen, Angaben über Arbeitstage oder Unterbrechungen der Beschäftigung sind nicht enthalten. Das BSG geht bei in sowjetischen Kolchosen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten davon aus, dass nach den Verhältnissen in den Kolchosen jedes Mitglied voll ausgelastet wurde und auch an arbeitsfreien Tagen der Weisung der Kolchoseverwaltung unterlag. Daher ist auch dann eine Vollzeitbeschäftigung und nicht nur eine Teilzeitbeschäftigung anzunehmen, wenn an einzelnen Monaten im Jahr nicht gearbeitet wurde (BSG 31.03.1993, 13 RJ 17/92, juris; BSG 30.10.1997, 13 RJ 19/97, juris). Allerdings kommt dann insoweit nur eine Anerkennung als glaubhaft gemacht in Betracht. Diese Vorgehensweise hat das BSG gebilligt, wenn Zeiten der Arbeitsunterbrechung jedenfalls - wie hier - nicht ausgeschlossen werden können (21.08.2008, B 13/4 R 25/07 R, SozR 5050 § 26 Nr 1).

Für die Zeit ab März 1961 sind in der vorliegenden Archivbescheinigung Tage ausgewiesen, wobei allerdings unklar ist, ob es sich tatsächlich um Arbeitstage iSv Kalendertagen handelt, oder um sog Arbeitsvolumentage. Die Zahl der bescheinigten Tage weist eine erhebliche Schwankungsbreite auf zwischen 1 Tag (Juli 1971) und 45 Tage (Juni 1977 und Juni 1981). Soweit mehr Tage bescheinigt werden, als ein Monat kalendarisch hat, ergibt sich aus der Archivbescheinigung hierfür keine Erklärung. Für die Ausführung des Bevollmächtigten der Klägerin, es handele sich um einen Vortrag von Urlaubstagen, gibt es keinen Beleg. Nach alledem ist die Archivbescheinigung vom 15.04.1998 nicht geeignet zum Nachweis der in der UdSSR zurückgelegten Zeiten, denn sie enthält eben keine schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben über Arbeitsunterbrechungen. Eine Gleichsetzung der bescheinigten Arbeitstage mit Kalendertagen kommt aus den oben genannten Gründen nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Verfahren ist für die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenfrei (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 183 RdNr 8).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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