Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1932/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3371/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.05.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der am 1952 geborene, aus I. stammende Kläger erlernte keinen Beruf. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1981 war er als Hilfsarbeiter beschäftigt, zuletzt bis September 1991. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Nachdem ein erster im Dezember 1996 gestellter Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit erfolglos geblieben war, beantragte der Kläger am 06.06.2006 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Seinen Antrag begründete er mit Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule, den Hüftgelenken und dem rechten Kniegelenk, Diabetes mellitus, Polyneuropathie und Karpaltunnelsyndrom rechts. Nach gutachterlicher Untersuchung des Klägers am 01.08.2006 durch die Ärztin Dr. K.-K. , die weder Konzentrations- noch Merkfähigkeitsstörungen feststellte und einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit beginnender Polyneuropathie, eine Osteochondrosis dissecans rechts und eine Chondromalazie 2. Grades am rechten Knie diagnostizierte und den Kläger für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit ohne Bücken, Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere Belastung der Kniegelenke und ohne Klettern und Steigen vollschichtig für leistungsfähig erachtete, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18.09.2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne häufiges Klettern und Steigen, Bücken und Knien und ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel verrichten und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.03.2007).
Am 03.04.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Im Vordergrund stehe die Diabetes-mellitus-Erkrankung mit einem schlecht eingestellten Blutzuckerspiegel, was Ursache verstärkter Schmerzen in Beinen und Füßen sei. Eine Verschlimmerung sei auch hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden eingetreten.
Das SG hat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. , den Internisten/Diabetologie Dr. J. , den Facharzt für Orthopädie Dr. M. und den Neurologen und Psychiater Dr. A. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. D. hat von Behandlungen wegen des Diabetes mellitus und von im Vordergrund des Beschwerdebildes stehenden Schmerzen in beiden Beinen im Sinne einer diabetischen Polyneuropathie berichtet, die durch eine medikamentöse Behandlung nicht hätten gebessert werden können. Die Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit mit näher dargelegten qualitativen Einschränkungen hat er zwischen drei und sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Mit einer regelmäßig ausgeübten sechsstündigen Tätigkeit sei der Kläger überfordert. Dr. J. hat von einer deutlichen Zuckerwerterhöhung als Zeichen einer schlechten Stoffwechseleinstellung berichtet und leichte körperliche Arbeiten mit im Einzelnen näher aufgeführten qualitativen Einschränkungen weniger als drei Stunden täglich für zumutbar erachtet. Dr. M. hat von Vorstellungen wegen Kniebeschwerden bei ausgedehnter Osteochondrosis dissecans am rechten Condylus und einer rezidivierenden Lumbalgie berichtet und im Hinblick auf die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Kniegelenks körperliche Tätigkeiten nicht mehr für zumutbar gehalten. Nach den Ausführungen des Dr. A. liege beim Kläger eine diabetische Polyneuropathie vor, wobei der Kläger über zunehmende Schmerzen und brennende Missempfindungen in beiden Füßen berichtet habe. Trotz des Versuchs einer optimalen Zuckereinstellung und der Gabe schmerzdämpfender Mittel habe sich eine langsame Verschlechterung des klinischen Befundes eingestellt, während im Bereich der Beinnerven die gemessene Nervenleitgeschwindigkeit in etwa konstant geblieben sei. Mögliche Tätigkeiten seien durch die Polyneuropathie nicht eingeschränkt.
Das SG hat darüber hinaus das Gutachten des Dr. P. , Chefarzt in der Orthopädischen Abteilung der S. Bad K. , eingeholt, der beim Kläger auf Grund der im März 2008 erfolgten Untersuchung im Bereich der Wirbelsäule ein Verschleißleiden der lumbalen Bandscheiben mit mediolateralem Bandscheibenvorfall im Segment L3/4 links mit relativer Spinalkanalstenose, mäßiggradiger Osteochondrose im Segment L3/4 und Skoliose der Lendenwirbelsäule (ohne Instabilitätszeichen), eine funktionell altersentsprechend frei bewegliche Brust- und Lendenwirbelsäule mit Schmerzprovokation in Reklinationshaltung der Lendenwirbelsäule (Arthrosezeichen der Zwischenwirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule) ohne relevante Zeichen einer Spinalkanaleinengung, ohne Reizzeichen der spinalen Nervenwurzel sowie ohne bandscheibenbedingte neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten beschrieben hat. Im Bereich des rechten Kniegelenks hat er ferner eine Osteochondrosis dissecans an der innenseitigen Oberschenkelrolle mit Refixation des osteochondralen Knochenfragments am innenseitigen Oberschenkelcondylus bei beginnender bis mäßiggradiger innenseitiger Kniegelenksarthrose mit belastungsabhängiger Schmerzsymptomatik und Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur um 2 bis 3 cm beschrieben. Hierdurch könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung (ohne überwiegendes Gehen und Stehen) auszuübende Tätigkeiten mit Hebe- und Tragebelastungen von 10 bis maximal 15 kg, ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenks, ohne häufiges Bücken, Besteigen von Treppen und Leitern zumindest sechs Stunden täglich verrichten. Darüber hinaus seien angesichts der diabetischen Polyneuropathie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar.
Ferner hat das SG das Gutachten der Dr. K. , Chefärztin in der Neurologischen Abteilung der S. Bad K. , eingeholt, die auf Grund ihrer im Juni 2008 durchgeführten Untersuchung eine gemischt axonal-demyelinisierende sensomotorische Polyneuropathie und ein beiderseitiges Engpasssyndrom des N. medianus im Bereich des Carpaltunnels diagnostiziert und als Folge der Störung der afferenten Bahnen eine leichte Beeinträchtigung der Stand- und Gangsicherheit beschrieben hat. Sie hat den Kläger wach, bewusstseinsklar und in ausgeglichener Stimmungslage geschildert. Leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen leichter Lasten bis 10 kg seien zumindest sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden seien dauerndes oder überwiegendes Stehen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Kälte, Nässe und unter großem Wärmeeinfluss, ferner eine besondere nervliche Anspannung.
Das SG hat schließlich das Gutachten des Prof. Dr. M.-E. , Chefarzt im Zentrum für Innere Medizin des Klinikums K. , auf Grund Untersuchung des Klägers im März 2009 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet einen Diabetes mellitus Typ 2 (sekundäre Insulintherapie seit März 2006), aktuell unzureichend eingestellt, mit diabetischer Polyneuropathie sowie eine Adipositas diagnostiziert und leichte körperliche Arbeiten (Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg) ohne dauerndes oder überwiegendes Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord-, Fließband-, Nacht- oder Schichtarbeiten, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe und unter großem Wärmeeinfluss, mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art mit Publikumsverkehr und Arbeiten mit besonderer nervlicher Beanspruchung in einem Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Bei den täglichen symptomatischen Blutzuckerschwankungen sei von einer schlechten Stoffwechsellage auszugehen. Auf Grund der schlechten deutschen Sprachkenntnisse habe eine adäquate Diabetikerschulung bisher nicht stattfinden können. Nach dem bestehenden Eindruck sei der Kläger im Umgang mit der Erkrankung überfordert. Die nächtliche Ruhe sei erheblich durch die symptomatischen Hypoglykämien gestört, woraus Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen folgten.
Die Beklagte hat daraufhin die sozialmedizinische Stellungnahme des Prof. Dr. L. vorgelegt, der wegen einer erheblichen Gefährdung des Leistungsvermögens zur Optimierung der Stoffwechselsituation die Durchführung eines stationären Heilverfahrens vorschlug, dass der Kläger vom 24.09. bis 15.10.2009 in der Klinik L.-R. , Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie durchführte. Dabei konnte nach Änderung der Medikation eine deutliche Stoffwechseloptimierung mit nunmehr akzeptablen Blutzuckerwerten erzielt werden. Die Teilnahme an der Diabetikerschulung mit umfassender Ernährungsberatung scheiterte jedoch an den mangelnden Deutschkenntnissen des Klägers. Der Kläger wurde für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen, sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten in Zwangshaltungen, häufig gebückte Tätigkeiten, kniebelastende Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 bis 15 kg, häufiges Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüste sowie Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit (vgl. Entlassungsbericht vom 26.10.2009).
Mit Urteil vom 20.05.2010 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. P. und des Dr. K. sowie den Entlassungsbericht der Klinik L.-R. mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Soweit der Sachverständige Dr. M.-E. ein weniger als sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen habe, sei dem nicht zu folgen. Die Diabetes-Erkrankung als solche führe nicht zu einer Erwerbsminderung, sondern lediglich die daraus resultierenden Folgen. Aus den insoweit von dem Sachverständigen aufgeführten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen wegen nächtlicher Durchschlafstörungen auf Grund von nächtlichen Hypoglykämien sowie Gang- und Standunsicherheiten auf Grund der diabetischen Polyneuropathie resultiere jedoch keine rentenberechtigende Leistungsminderung. Der auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse problematische Umgang des Klägers mit der Diabetes-Erkrankung sei keine krankheits- oder behinderungsbedingte Beeinträchtigung durch die eine Erwerbsminderung begründet werden könne.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Stoffwechsellage habe sich im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme nicht verbessert, diese sei trotz sorgfältigster Therapie weiterhin unbefriedigend und nicht in den Griff zu bekommen. Hierdurch sei seine Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden herabgesunken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.05.2010 aufzuheben und Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2007 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung seit 01.06.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu den Ermittlungen des Senats hat sie weitere Stellungnahmen des Prof. Dr. L. vorgelegt.
Der Senat hat Dr. J. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von monatlichen Vorstellungen des Klägers wegen der Diabetes-mellitus-Erkrankung und einer gebesserten Blutzuckereinstellung berichtet, ferner von einer erheblichen Polyneuropathie, die die Arbeitsfähigkeit des Klägers erheblich beeinflusse. Der Senat hat darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. S. , Schwerpunktleiter Endokrinologie/Diabetologie in der Medizinische Universitätsklinik F. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 07.09.2011 eingeholt. Dieser hat einen Diabetes mellitus (unklarer Subtyp) und eine diabetische Polyneuropathie mit unzureichender mittelfristiger Blutzuckereinstellung (HbA1c 7,8 %) beschrieben und wegen der Möglichkeit von stark schwankenden Blutzuckerwerten mit der Gefahr von Hyperglykämien körperlich belastende Arbeiten sowie Wechsel- und Nachtschichten nicht mehr für möglich erachtet. Zu vermeiden seien ferner überwiegendes Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie das verantwortliche Führen von Maschinen. Tätigkeiten unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Gründe für die zeitliche Einschränkung seien das notwendige Therapiemanagement des Diabetes mellitus, insoweit führend die Kontrolle der labilen Blutzuckereinstellung mit der Vermeidung von Hyper- und Hypoglykämien, sowie die diabetische Polyneuropathie, die auf Grund der Unverträglichkeit auf viele gängige Medikamente nicht ausreichend therapiert werden könne, und zusätzlich zu einer Einschränkung der Gang- und Standfähigkeit führe und einen ständigen Positionswechsel (Stehen, Sitzen, Laufen) erforderlich mache. Auch trage die Rückenproblematik mit chronischen Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich dazu bei, dass zeitlich länger dauernde Belastungen von über sechs Stunden für den Kläger nicht zu bewältigen seien. Dieser zeitlichen Leistungseinschränkung hat Prof. Dr. L. für die Beklagte widersprochen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung. Denn der Kläger ist trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruches auf Erwerbsminderungsrente (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er leichte berufliche Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann und im Sinne der maßgeblichen Regelungen daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist. Der Senat schließt sich der Auffassung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
Ebenso wie das SG sieht auch der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in seinem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingeschränkt ist. Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Diabetes-mellitus-Erkrankung und die dadurch bedingte Polyneuropathie der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich entgegen stehen. Über die vom SG beschriebenen qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, kein dauerndes oder überwiegendes Stehen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten in Kälte, Nässe oder unter großem Wärmeeinfluss, sinngemäß auch ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenkes) hinaus sind dem Kläger nach Überzeugung des Senats auch Tätigkeiten mit Wechsel- und Nachtschicht sowie Akkord- und Fließbandarbeiten nicht mehr zumutbar, da solche Arbeiten zu stark schwankenden Blutzuckerwerten mit der Gefahr von Hyperglykämien führen können. Ferner sind im Hinblick auf die durch die Polyneuropathie bedingte Gang- und Standunsicherheit überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten und ist wegen der orthopädischen Störungen häufiges Bücken nicht mehr leidensgerecht. Gründe für die Annahme, dass der Kläger Tätigkeiten, die diesen Einschränkungen Rechnung tragen, nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich gewachsen ist, sieht der Senat hingegen nicht. Soweit der vom SG hinzugezogene Sachverständige Dr. M.-E. eine quantitative Leistungsminderung angenommen hat, hat das SG bereits dargelegt, aus welchen Gründen dieser Einschätzung nicht gefolgt werden kann. Ergänzend hierzu weist der Senat darauf hin, dass sich für die von dem Sachverständigen angenommene erhebliche Störung der Nachtruhe wegen symptomatischer Hypoglykämien, mit daraus resultierenden Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben. Von häufigen Ereignissen dieser Art hat der behandelnde Diabetologe Dr. J. weder in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge berichtet noch gegenüber dem Senat. Auch in den vom Kläger vorgelegten Attesten hat Dr. J. nur ganz allgemein eine unbefriedigende Blutzuckereinstellung bestätigt und keine häufigen nächtlichen Hypoglykämien. Schließlich hat der Kläger ausweislich des Entlassungsberichts der im September/Oktober 2009 in der Klinik L.-R. durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme dort auch lediglich über gelegentliche nächtliche Unterzuckerungen berichtet. Solche Unterzuckerungen konnten nach der dort erfolgten Umstellung auf ein lang wirksames Insulin im Übrigen dann auch vermieden werden. Darüber hinaus sind die vom Sachverständigen Prof. Dr. M.-E. zur Begründung der angenommenen zeitlichen Leistungseinschränkung behaupteten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen zu keinen Zeitpunkt nachgewiesen worden. Sowohl Dr. K.-K. als auch Dr. K. haben Gegenteiliges dokumentiert. Auch Prof. Dr. M.-E. selbst hat in seinem Gutachten insoweit keine Auffälligkeiten beschrieben.
Soweit der vom Senat mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S. seine Leistungsbeurteilung (drei bis weniger als sechs Stunden täglich) mit dem notwendigen Therapiemanagement des Diabetes mellitus und der diabetischen Polyneuropathie begründet hat, überzeugt dies gleichermaßen nicht. Denn nach Ausführungen des Sachverständigen führt der Kläger morgens nüchtern, mittags vor dem Essen und abends vor dem Schlafen Blutzuckeraufzeichnungen durch, so dass im Rahmen einer sechsstündigen beruflichen Tätigkeit nur eine Blutzuckerkontrolle notwendig wäre. Diese könnte der Kläger in der Mittagspause vornehmen, in der er dann auch entsprechend des ermittelten Messwertes Nahrung zu sich nehmen könnte. Eine quantitative Leistungseinschränkung ist mit einem solchen Vorgehen nicht verbunden. Auch bedarf es hierfür keiner betriebsunüblichen Pause. Soweit Prof. Dr. S. seine Leistungsbeurteilung darüber hinaus mit der wegen Medikamentenunverträglichkeit nicht ausreichend therapiebaren diabetischen Polyneuropathie mit Einschränkung der Gang- und Standfähigkeit begründet hat, was einen ständigen Positionswechsel erforderlich mache, erschließt sich dem Senat nicht, weshalb diesem Erfordernis nicht im Rahmen qualitativer Einschränkungen, nämlich durch die Möglichkeit die Körperhaltung nach Bedarf wechseln zu können, Rechnung getragen werden kann und statt dessen eine zeitliche Leistungseinschränkung notwendig sein soll. Was die von der diabetischen Polyneuropathie ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anbelangt, hat im Übrigen auch die vom SG hinzugezogene Sachverständige Dr. K. , die das insoweit maßgebliche Fachgebiet der Neurologie vertritt, keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers gesehen. Die dadurch bedingte Einschränkung der Stand- und Gangfunktion hat sie als lediglich leichtgradig gesehen, allerdings die vom Kläger geklagten Beschwerden (Missempfindungen in Form von Kribbeln, Kältegefühl und Schmerzen) als subjektiv deutlich beeinträchtigend beurteilt und es dementsprechend für notwendig erachtet, dass der Kläger im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit keinen besonderen nervlichen Beanspruchungen ausgesetzt wird. Dies überzeugt den Senat.
Der Senat folgt nach alledem der von Prof. Dr. L. für die Beklagte abgegebenen Einschätzung, wonach die Diabetes-mellitus-Erkrankung des Klägers trotz ihrer suboptimalen Blutzuckereinstellung und den bereits aufgetretenen Folgeerscheinungen derzeit keine zeitliche Leistungseinschränkung bedingt. Inwieweit die von Prof. Dr. S. für erforderlich erachtete intensivierte Insulintherapie mit viermal täglich notwendigen Blutzuckermessungen und ggf. Nahrungsaufnahmen - wie von ihm angenommen - betriebsunübliche Pausen erforderlich machen würden, kann der Senat offen lassen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger eine solche Therapie bereits durchführt. Möglicherweise in der Zukunft eintretende Änderungen sind in dem anhängigen Rechtsstreit jedoch ohne Belang.
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.
Der am 1952 geborene, aus I. stammende Kläger erlernte keinen Beruf. Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1981 war er als Hilfsarbeiter beschäftigt, zuletzt bis September 1991. Seither ist der Kläger arbeitslos.
Nachdem ein erster im Dezember 1996 gestellter Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit erfolglos geblieben war, beantragte der Kläger am 06.06.2006 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Seinen Antrag begründete er mit Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule, den Hüftgelenken und dem rechten Kniegelenk, Diabetes mellitus, Polyneuropathie und Karpaltunnelsyndrom rechts. Nach gutachterlicher Untersuchung des Klägers am 01.08.2006 durch die Ärztin Dr. K.-K. , die weder Konzentrations- noch Merkfähigkeitsstörungen feststellte und einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit beginnender Polyneuropathie, eine Osteochondrosis dissecans rechts und eine Chondromalazie 2. Grades am rechten Knie diagnostizierte und den Kläger für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit ohne Bücken, Heben und Tragen von Lasten, ohne besondere Belastung der Kniegelenke und ohne Klettern und Steigen vollschichtig für leistungsfähig erachtete, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 18.09.2006 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne häufiges Klettern und Steigen, Bücken und Knien und ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel verrichten und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.03.2007).
Am 03.04.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Im Vordergrund stehe die Diabetes-mellitus-Erkrankung mit einem schlecht eingestellten Blutzuckerspiegel, was Ursache verstärkter Schmerzen in Beinen und Füßen sei. Eine Verschlimmerung sei auch hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden eingetreten.
Das SG hat den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. , den Internisten/Diabetologie Dr. J. , den Facharzt für Orthopädie Dr. M. und den Neurologen und Psychiater Dr. A. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. D. hat von Behandlungen wegen des Diabetes mellitus und von im Vordergrund des Beschwerdebildes stehenden Schmerzen in beiden Beinen im Sinne einer diabetischen Polyneuropathie berichtet, die durch eine medikamentöse Behandlung nicht hätten gebessert werden können. Die Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit mit näher dargelegten qualitativen Einschränkungen hat er zwischen drei und sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Mit einer regelmäßig ausgeübten sechsstündigen Tätigkeit sei der Kläger überfordert. Dr. J. hat von einer deutlichen Zuckerwerterhöhung als Zeichen einer schlechten Stoffwechseleinstellung berichtet und leichte körperliche Arbeiten mit im Einzelnen näher aufgeführten qualitativen Einschränkungen weniger als drei Stunden täglich für zumutbar erachtet. Dr. M. hat von Vorstellungen wegen Kniebeschwerden bei ausgedehnter Osteochondrosis dissecans am rechten Condylus und einer rezidivierenden Lumbalgie berichtet und im Hinblick auf die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Kniegelenks körperliche Tätigkeiten nicht mehr für zumutbar gehalten. Nach den Ausführungen des Dr. A. liege beim Kläger eine diabetische Polyneuropathie vor, wobei der Kläger über zunehmende Schmerzen und brennende Missempfindungen in beiden Füßen berichtet habe. Trotz des Versuchs einer optimalen Zuckereinstellung und der Gabe schmerzdämpfender Mittel habe sich eine langsame Verschlechterung des klinischen Befundes eingestellt, während im Bereich der Beinnerven die gemessene Nervenleitgeschwindigkeit in etwa konstant geblieben sei. Mögliche Tätigkeiten seien durch die Polyneuropathie nicht eingeschränkt.
Das SG hat darüber hinaus das Gutachten des Dr. P. , Chefarzt in der Orthopädischen Abteilung der S. Bad K. , eingeholt, der beim Kläger auf Grund der im März 2008 erfolgten Untersuchung im Bereich der Wirbelsäule ein Verschleißleiden der lumbalen Bandscheiben mit mediolateralem Bandscheibenvorfall im Segment L3/4 links mit relativer Spinalkanalstenose, mäßiggradiger Osteochondrose im Segment L3/4 und Skoliose der Lendenwirbelsäule (ohne Instabilitätszeichen), eine funktionell altersentsprechend frei bewegliche Brust- und Lendenwirbelsäule mit Schmerzprovokation in Reklinationshaltung der Lendenwirbelsäule (Arthrosezeichen der Zwischenwirbelgelenke der unteren Lendenwirbelsäule) ohne relevante Zeichen einer Spinalkanaleinengung, ohne Reizzeichen der spinalen Nervenwurzel sowie ohne bandscheibenbedingte neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten beschrieben hat. Im Bereich des rechten Kniegelenks hat er ferner eine Osteochondrosis dissecans an der innenseitigen Oberschenkelrolle mit Refixation des osteochondralen Knochenfragments am innenseitigen Oberschenkelcondylus bei beginnender bis mäßiggradiger innenseitiger Kniegelenksarthrose mit belastungsabhängiger Schmerzsymptomatik und Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur um 2 bis 3 cm beschrieben. Hierdurch könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung (ohne überwiegendes Gehen und Stehen) auszuübende Tätigkeiten mit Hebe- und Tragebelastungen von 10 bis maximal 15 kg, ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenks, ohne häufiges Bücken, Besteigen von Treppen und Leitern zumindest sechs Stunden täglich verrichten. Darüber hinaus seien angesichts der diabetischen Polyneuropathie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar.
Ferner hat das SG das Gutachten der Dr. K. , Chefärztin in der Neurologischen Abteilung der S. Bad K. , eingeholt, die auf Grund ihrer im Juni 2008 durchgeführten Untersuchung eine gemischt axonal-demyelinisierende sensomotorische Polyneuropathie und ein beiderseitiges Engpasssyndrom des N. medianus im Bereich des Carpaltunnels diagnostiziert und als Folge der Störung der afferenten Bahnen eine leichte Beeinträchtigung der Stand- und Gangsicherheit beschrieben hat. Sie hat den Kläger wach, bewusstseinsklar und in ausgeglichener Stimmungslage geschildert. Leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen leichter Lasten bis 10 kg seien zumindest sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden seien dauerndes oder überwiegendes Stehen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in Kälte, Nässe und unter großem Wärmeeinfluss, ferner eine besondere nervliche Anspannung.
Das SG hat schließlich das Gutachten des Prof. Dr. M.-E. , Chefarzt im Zentrum für Innere Medizin des Klinikums K. , auf Grund Untersuchung des Klägers im März 2009 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet einen Diabetes mellitus Typ 2 (sekundäre Insulintherapie seit März 2006), aktuell unzureichend eingestellt, mit diabetischer Polyneuropathie sowie eine Adipositas diagnostiziert und leichte körperliche Arbeiten (Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg) ohne dauerndes oder überwiegendes Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord-, Fließband-, Nacht- oder Schichtarbeiten, ohne Arbeiten in Kälte, Nässe und unter großem Wärmeeinfluss, mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art mit Publikumsverkehr und Arbeiten mit besonderer nervlicher Beanspruchung in einem Umfang von drei bis weniger als sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Bei den täglichen symptomatischen Blutzuckerschwankungen sei von einer schlechten Stoffwechsellage auszugehen. Auf Grund der schlechten deutschen Sprachkenntnisse habe eine adäquate Diabetikerschulung bisher nicht stattfinden können. Nach dem bestehenden Eindruck sei der Kläger im Umgang mit der Erkrankung überfordert. Die nächtliche Ruhe sei erheblich durch die symptomatischen Hypoglykämien gestört, woraus Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen folgten.
Die Beklagte hat daraufhin die sozialmedizinische Stellungnahme des Prof. Dr. L. vorgelegt, der wegen einer erheblichen Gefährdung des Leistungsvermögens zur Optimierung der Stoffwechselsituation die Durchführung eines stationären Heilverfahrens vorschlug, dass der Kläger vom 24.09. bis 15.10.2009 in der Klinik L.-R. , Fachklinik für Innere Medizin und Orthopädie durchführte. Dabei konnte nach Änderung der Medikation eine deutliche Stoffwechseloptimierung mit nunmehr akzeptablen Blutzuckerwerten erzielt werden. Die Teilnahme an der Diabetikerschulung mit umfassender Ernährungsberatung scheiterte jedoch an den mangelnden Deutschkenntnissen des Klägers. Der Kläger wurde für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen, sechs Stunden und mehr zu verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten in Zwangshaltungen, häufig gebückte Tätigkeiten, kniebelastende Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 bis 15 kg, häufiges Treppensteigen, Steigen auf Leitern und Gerüste sowie Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit (vgl. Entlassungsbericht vom 26.10.2009).
Mit Urteil vom 20.05.2010 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. P. und des Dr. K. sowie den Entlassungsbericht der Klinik L.-R. mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Soweit der Sachverständige Dr. M.-E. ein weniger als sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen habe, sei dem nicht zu folgen. Die Diabetes-Erkrankung als solche führe nicht zu einer Erwerbsminderung, sondern lediglich die daraus resultierenden Folgen. Aus den insoweit von dem Sachverständigen aufgeführten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen wegen nächtlicher Durchschlafstörungen auf Grund von nächtlichen Hypoglykämien sowie Gang- und Standunsicherheiten auf Grund der diabetischen Polyneuropathie resultiere jedoch keine rentenberechtigende Leistungsminderung. Der auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse problematische Umgang des Klägers mit der Diabetes-Erkrankung sei keine krankheits- oder behinderungsbedingte Beeinträchtigung durch die eine Erwerbsminderung begründet werden könne.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 28.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.07.2010 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Stoffwechsellage habe sich im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme nicht verbessert, diese sei trotz sorgfältigster Therapie weiterhin unbefriedigend und nicht in den Griff zu bekommen. Hierdurch sei seine Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden herabgesunken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.05.2010 aufzuheben und Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.02.2007 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung seit 01.06.2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Zu den Ermittlungen des Senats hat sie weitere Stellungnahmen des Prof. Dr. L. vorgelegt.
Der Senat hat Dr. J. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von monatlichen Vorstellungen des Klägers wegen der Diabetes-mellitus-Erkrankung und einer gebesserten Blutzuckereinstellung berichtet, ferner von einer erheblichen Polyneuropathie, die die Arbeitsfähigkeit des Klägers erheblich beeinflusse. Der Senat hat darüber hinaus das Gutachten des Prof. Dr. S. , Schwerpunktleiter Endokrinologie/Diabetologie in der Medizinische Universitätsklinik F. , auf Grund Untersuchung des Klägers vom 07.09.2011 eingeholt. Dieser hat einen Diabetes mellitus (unklarer Subtyp) und eine diabetische Polyneuropathie mit unzureichender mittelfristiger Blutzuckereinstellung (HbA1c 7,8 %) beschrieben und wegen der Möglichkeit von stark schwankenden Blutzuckerwerten mit der Gefahr von Hyperglykämien körperlich belastende Arbeiten sowie Wechsel- und Nachtschichten nicht mehr für möglich erachtet. Zu vermeiden seien ferner überwiegendes Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie das verantwortliche Führen von Maschinen. Tätigkeiten unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Gründe für die zeitliche Einschränkung seien das notwendige Therapiemanagement des Diabetes mellitus, insoweit führend die Kontrolle der labilen Blutzuckereinstellung mit der Vermeidung von Hyper- und Hypoglykämien, sowie die diabetische Polyneuropathie, die auf Grund der Unverträglichkeit auf viele gängige Medikamente nicht ausreichend therapiert werden könne, und zusätzlich zu einer Einschränkung der Gang- und Standfähigkeit führe und einen ständigen Positionswechsel (Stehen, Sitzen, Laufen) erforderlich mache. Auch trage die Rückenproblematik mit chronischen Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich dazu bei, dass zeitlich länger dauernde Belastungen von über sechs Stunden für den Kläger nicht zu bewältigen seien. Dieser zeitlichen Leistungseinschränkung hat Prof. Dr. L. für die Beklagte widersprochen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 18.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung. Denn der Kläger ist trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruches auf Erwerbsminderungsrente (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er leichte berufliche Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann und im Sinne der maßgeblichen Regelungen daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist. Der Senat schließt sich der Auffassung des SG an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
Ebenso wie das SG sieht auch der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in seinem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingeschränkt ist. Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Diabetes-mellitus-Erkrankung und die dadurch bedingte Polyneuropathie der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich entgegen stehen. Über die vom SG beschriebenen qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, kein dauerndes oder überwiegendes Stehen, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine Arbeiten in Kälte, Nässe oder unter großem Wärmeeinfluss, sinngemäß auch ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenkes) hinaus sind dem Kläger nach Überzeugung des Senats auch Tätigkeiten mit Wechsel- und Nachtschicht sowie Akkord- und Fließbandarbeiten nicht mehr zumutbar, da solche Arbeiten zu stark schwankenden Blutzuckerwerten mit der Gefahr von Hyperglykämien führen können. Ferner sind im Hinblick auf die durch die Polyneuropathie bedingte Gang- und Standunsicherheit überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten und ist wegen der orthopädischen Störungen häufiges Bücken nicht mehr leidensgerecht. Gründe für die Annahme, dass der Kläger Tätigkeiten, die diesen Einschränkungen Rechnung tragen, nicht mehr wenigstens sechs Stunden täglich gewachsen ist, sieht der Senat hingegen nicht. Soweit der vom SG hinzugezogene Sachverständige Dr. M.-E. eine quantitative Leistungsminderung angenommen hat, hat das SG bereits dargelegt, aus welchen Gründen dieser Einschätzung nicht gefolgt werden kann. Ergänzend hierzu weist der Senat darauf hin, dass sich für die von dem Sachverständigen angenommene erhebliche Störung der Nachtruhe wegen symptomatischer Hypoglykämien, mit daraus resultierenden Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben. Von häufigen Ereignissen dieser Art hat der behandelnde Diabetologe Dr. J. weder in seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge berichtet noch gegenüber dem Senat. Auch in den vom Kläger vorgelegten Attesten hat Dr. J. nur ganz allgemein eine unbefriedigende Blutzuckereinstellung bestätigt und keine häufigen nächtlichen Hypoglykämien. Schließlich hat der Kläger ausweislich des Entlassungsberichts der im September/Oktober 2009 in der Klinik L.-R. durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme dort auch lediglich über gelegentliche nächtliche Unterzuckerungen berichtet. Solche Unterzuckerungen konnten nach der dort erfolgten Umstellung auf ein lang wirksames Insulin im Übrigen dann auch vermieden werden. Darüber hinaus sind die vom Sachverständigen Prof. Dr. M.-E. zur Begründung der angenommenen zeitlichen Leistungseinschränkung behaupteten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen zu keinen Zeitpunkt nachgewiesen worden. Sowohl Dr. K.-K. als auch Dr. K. haben Gegenteiliges dokumentiert. Auch Prof. Dr. M.-E. selbst hat in seinem Gutachten insoweit keine Auffälligkeiten beschrieben.
Soweit der vom Senat mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S. seine Leistungsbeurteilung (drei bis weniger als sechs Stunden täglich) mit dem notwendigen Therapiemanagement des Diabetes mellitus und der diabetischen Polyneuropathie begründet hat, überzeugt dies gleichermaßen nicht. Denn nach Ausführungen des Sachverständigen führt der Kläger morgens nüchtern, mittags vor dem Essen und abends vor dem Schlafen Blutzuckeraufzeichnungen durch, so dass im Rahmen einer sechsstündigen beruflichen Tätigkeit nur eine Blutzuckerkontrolle notwendig wäre. Diese könnte der Kläger in der Mittagspause vornehmen, in der er dann auch entsprechend des ermittelten Messwertes Nahrung zu sich nehmen könnte. Eine quantitative Leistungseinschränkung ist mit einem solchen Vorgehen nicht verbunden. Auch bedarf es hierfür keiner betriebsunüblichen Pause. Soweit Prof. Dr. S. seine Leistungsbeurteilung darüber hinaus mit der wegen Medikamentenunverträglichkeit nicht ausreichend therapiebaren diabetischen Polyneuropathie mit Einschränkung der Gang- und Standfähigkeit begründet hat, was einen ständigen Positionswechsel erforderlich mache, erschließt sich dem Senat nicht, weshalb diesem Erfordernis nicht im Rahmen qualitativer Einschränkungen, nämlich durch die Möglichkeit die Körperhaltung nach Bedarf wechseln zu können, Rechnung getragen werden kann und statt dessen eine zeitliche Leistungseinschränkung notwendig sein soll. Was die von der diabetischen Polyneuropathie ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen anbelangt, hat im Übrigen auch die vom SG hinzugezogene Sachverständige Dr. K. , die das insoweit maßgebliche Fachgebiet der Neurologie vertritt, keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers gesehen. Die dadurch bedingte Einschränkung der Stand- und Gangfunktion hat sie als lediglich leichtgradig gesehen, allerdings die vom Kläger geklagten Beschwerden (Missempfindungen in Form von Kribbeln, Kältegefühl und Schmerzen) als subjektiv deutlich beeinträchtigend beurteilt und es dementsprechend für notwendig erachtet, dass der Kläger im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit keinen besonderen nervlichen Beanspruchungen ausgesetzt wird. Dies überzeugt den Senat.
Der Senat folgt nach alledem der von Prof. Dr. L. für die Beklagte abgegebenen Einschätzung, wonach die Diabetes-mellitus-Erkrankung des Klägers trotz ihrer suboptimalen Blutzuckereinstellung und den bereits aufgetretenen Folgeerscheinungen derzeit keine zeitliche Leistungseinschränkung bedingt. Inwieweit die von Prof. Dr. S. für erforderlich erachtete intensivierte Insulintherapie mit viermal täglich notwendigen Blutzuckermessungen und ggf. Nahrungsaufnahmen - wie von ihm angenommen - betriebsunübliche Pausen erforderlich machen würden, kann der Senat offen lassen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger eine solche Therapie bereits durchführt. Möglicherweise in der Zukunft eintretende Änderungen sind in dem anhängigen Rechtsstreit jedoch ohne Belang.
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved