L 2 SF 3790/12 PKH

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SF 3790/12 PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer.

Der 1963 geborene Antragsteller steht schon seit längerem im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGBII). Der Antragsteller hatte bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten, seit dem 1. Januar 2005 war ihm Arbeitslosengeld II bewilligt worden, wobei die Zahlung der Regelleistung durch die Bundesagentur für Arbeit, die Zahlung der Kosten der Unterkunft durch das Sozialamt des Landratsamtes Rhein-Neckar-Kreis erfolgte.

Im Juli/September 2001 beantragte der Antragsteller beim damaligen Sozialamt Hilfe in besonderen Lebenslagen (HbL) bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU). Nach einer zwischenzeitlich von ihm erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde sowie Erlass eines entsprechenden ablehnenden Bescheides, Widerspruch und Widerspruchsbescheid erhob der Antragsteller im Februar 2002 Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe. Dieses Verfahren endete letztlich, soweit das seiner Antragsschrift zu entnehmen ist, nach Urteil des VG vom 22. April 2004 und wohl einer abschlägigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) zur beantragten Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Nichtzulassungsbeschwerde im Dezember 2004.

Dem folgte nach seinem Vortrag im Dezember 2004 ein Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) beim Sozialamt und eine Untätigkeits-Verpflichtungsklage am 5/6. Juni 2004 vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim (S 8/12 SO 1594/05), die ebenso erfolglos blieb (Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2006) wie auch die Berufung (Urteil vom 1. Februar 2007 - L 7 SO 1676/06-), und vor dem Bundessozialgericht (BSG) durch Vergleich am 31. März 2009 (B 8 SO 1/08 R) endete (in dem sich das Sozialamt verpflichtet hatte, über entsprechende Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X nochmals zu entscheiden).

Am 18. Mai 2009 erhob der Antragsteller eine Untätigkeitsklage vor dem SG Mannheim (S 2 SO 1636/09), weil das Sozialamt den Vergleich nicht erfülle. Der Sozialleistungsträger hatte sodann mit Bescheiden vom 17. Juni 2009 zum einen die Rücknahme gemäß § 44 SGB X einer ablehnenden Entscheidung hinsichtlich der beantragten Übernahme von Kosten einer zahnärztlichen Behandlung (51,77 EUR), zum weiteren die Rücknahme eines Ablehnungsbescheides und Nachzahlung von Sozialhilfe für die Zeit Juli 2001 bis Februar 2002 und schließlich die Rücknahme einer Leistungskürzung des Regelsatzes für den Monat August 2002 um 25 % (bei einem Regelsatz im Jahr 2002 in Höhe von 294,- EUR ergibt sich hieraus ein Betrag von 73,50 EUR) jeweils abgelehnt und die dagegen erhobenen Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 24. November, 25. November und 26. November 2009 zurückgewiesen. Der Antragsteller führte die zuvor erhobene Untätigkeitsklage daraufhin als Anfechtungs- und Leistungsklage fort. Diese wurde mit Urteil vom 29. März 2010 abgewiesen, wogegen der Antragsteller bereits am 30. April 2010, vor Erhalt des schriftlichen Urteils, Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 SO 2065/10) erhob. Das schriftliche Urteil ging am 26. August 2010 beim LSG ein. Erstmals am 9. September 2010 stellte der Antragsteller einen Befangenheitsantrag gegen sämtliche Mitglieder des 7. Senates unter anderem wegen eines in einem Parallelverfahren (L 7 AS 3595/07) bereits im August 2009 an das Amtsgericht (AG) Heidelberg gestellten Antrages auf Anordnung der Betreuung für den Antragsteller, insbesondere hinsichtlich vermögensrechtlicher Angelegenheiten sowie Angelegenheiten nach dem SGB II sowie sozialhilferechtliche Angelegenheiten (Bl. 69 LSG-Akte L 7 SO 2065/10). Am 10. Oktober 2010 beantragte der Antragsteller PKH für die Durchführung der Berufung. In der Folgezeit beantragte der Antragsteller Akteneinsicht sowie die Möglichkeit zur Fertigung von Kopien und führte unter anderem noch weitere Gründe für sein Ablehnungsgesuch an (Schreiben vom 13. Dezember 2010 – Bl. 102 LSG-Akte). Parallel dazu erhob der der Antragsteller verschiedenste Beschwerden beim Bundessozialgericht (BSG), weshalb von dort mehrfach auch Akten angefordert und vom LSG wieder zur weiteren Bearbeitung um Rücksendung gebeten werden musste (B 8 SO 2/09 C; B 10 SF 3/11 BH; B 8 SO 6/12 BH; B 8 SO 80/12 B). Nach weiterem Schriftwechsel auch im Zusammenhang mit vom Antragsteller beim Amtsgericht wiederum beantragter Beratungshilfe, wies das LSG mit Beschluss vom 18. März 2011 das Ablehnungsgesuch vom 9. September 2010 (Bl. 143 LSG-Akte) schließlich zurück. Hiergegen erhob der Antragsteller am 5. April 2011 Gegenvorstellung, die der Senat mit Beschluss vom 5. Mai 2011 als unzulässig verwarf (Bl. 170 LSG-Akte). Im Folgenden wurde der Antragsteller aufgefordert, noch im Zusammenhang mit seinem PKH-Antrag einen Anwalt namentlich zu benennen, was der Antragsteller allerdings ablehnte und vielmehr begehrte zunächst generell über den PKH-Antrag zu entscheiden. Am 16. Juni 2011 stellte der Antragsteller einen weiteren Ablehnungsantrag gegen die zuständige Berichterstatterin (Bl. 211 LSG-Akte), den der Senat mit Beschluss vom 4. Juli 2011 zurückwies (Bl. 226 LSG-Akte). Am 5. Februar 2012 erhob der Antragsteller, nachdem er am 25. Januar 2012 die Verzögerungsrüge erhoben hatte, ein drittes Ablehnungsgesuch gegen die zuständige Berichterstatterin (Bl. 253 LSG-Akte), dass der Senat mit Beschluss vom 8. März 2012 zurückwies (Bl. 263 LSG-Akte). Mit Beschluss vom 11. April 2012 lehnte der Senat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ab, da im Sozialgerichtsverfahren, soweit dieses – wie im Falle des Antragstellers – gerichtskostenfrei sei, PKH entgegen der Auffassung des Antragstellers nur unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes, welche im übrigen die Erteilung einer Prozessvollmacht durch den vertretenen nicht ersetze, bewilligt werden. Da es der Antragsteller bislang abgelehnt habe, einen Anwalt zu benennen, könne keine PKH bewilligt werden. Sofern er einen Anwalt benenne, könne ihm bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen PKH bewilligt werden. Ob die dagegen am 12. Mai 2012/14. Mai 2012 erhobene Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1046/12) noch anhängig ist, ist nicht bekannt. Im weiteren wurde nach Zustimmung des Antragstellers noch eine Auskunft seines behandelnden Zahnarztes Dr. H. vom 14. Mai 2012 eingeholt. Mit Beschluss des Vorsitzenden vom 25. September 2012 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 25. Oktober 2012 um 14:00 Uhr bestimmt. Mit weiterem Beschluss vom 17. Oktober 2012 gewährte der Senat dem Antragsteller für das Berufungsverfahren ab 17. Oktober 2012 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung einer Rechtsanwältin. Am 17./18. Oktober 2012 beantragte der Antragsteller die Verlegung des Termins auf möglichst nach 15:00 Uhr und wenn möglich an einem Dienstag oder Montag, da mittwochs bis freitags morgens ein Stockwerk unter ihm häufiger Lärm sei, und er zum Termin ausgeschlafen erscheinen wolle. Mit Fax vom 18. Oktober 2012 wurde der Bevollmächtigten des Antragstellers mitgeteilt, dass es bei dem Termin zur mündlichen Verhandlung um 14:00 Uhr verbleibe. Hiergegen erhob der Antragsteller am 21. Oktober 2012 Gegenvorstellung und stellte erneut einen Ablehnungsantrag gegen die zuständige Berichterstatterin wegen Ablehnung des Terminsverlegungsantrages. Nach Antrag der Bevollmächtigten vom 20. Oktober 2012, den Termin vom 25. Oktober 2012 auf den 22. November 2012 zu verschieben, da sie sich noch einarbeiten müsse, wurde der Termin vom 25. Oktober 2012 aufgehoben. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 wurde das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen die Berichterstatterin zurückgewiesen (Bl. 357 LSG-Akte). Hiergegen erhob der Antragsteller am 1. November 2012 Gehörsrüge. Im weiteren Verlauf beantragte er erneut am 14. November 2012 Terminsverlegung wegen Mandatsniederlegung der Bevollmächtigten. Ebenfalls am 14. November 2012 stellte der Antragsteller erneut ein Ablehnungsgesuch gegen die zuständige Berichterstatterin und einen weiteren Richter des Senates "wegen Falschbeurkundung im Amt und Prozessrechtsbeugung" (Bl. 384 LSG-Akte). Am 16. November 2012 teilte die Bevollmächtigte mit, dass sie das Mandat niedergelegt habe. Am 19. November 2012 stellte der Antragsteller ein weiteres (insgesamt das sechste) Befangenheitsgesuch gegen die Berichterstatterin und einen weiteren Richter des Senats, über die der Senat jedoch, da als offensichtlich missbräuchlich angesehen, nicht mehr gesondert entschied, sondern in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2012, zu der der Kläger nicht erschien, die Berufung zurück- und die Klage abwies. Über den beim BSG gestellten Antrag auf Gewährung von PKH für die Nichtzulassungsbeschwerde ist noch nicht entschieden (B 8 SO 27/12 BH).

Am 4. Juni 2012 hat der Antragsteller vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine beabsichtigte Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer (insgesamt acht Sachverhalte, teilweise die Sozialgerichtsbarkeit, teilweise die ordentliche Gerichtsbarkeit betreffend) gestellt, den das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 24. August 2012 bezüglich der die Sozialgerichtsbarkeit betreffenden Tatbestände (Antragsziffern 1-3) an das LSG als zuständiges Gericht verwiesen hat. Zur Begründung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und die beabsichtigte Klage macht der Antragsteller geltend, dass ihn u.a. eine "rechtsbeugende PKH-Prozessentscheidung" des VG vom 15. November 2004 die gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahrensdauer samt Vorverfahren gekostet habe, die Nötigung der Richterin am BSG seines dortigen Vertreters zum Vergleich im März 2009 ihn zwei Jahre gekostet habe und schließlich die Verweigerung des Richters beim SG zu einer Entscheidung über seine Klagebegründung (er habe nur den Widerspruchsbescheid abgeschrieben) das anschließende Berufungsverfahren völlig sinnfrei gemacht habe. In jedem Fall sei die fast eindreivierteljährige Verfahrensdauer über seine Untätigkeits-Verpflichtungsklage vom 5/6. Juni 2004 (S 8 SO 1594/05) ebenso wie die dreieindrittelmonatige Urteilsabsetzdauer aus dem Verfahren S 2 SO 1636/09 und letztlich die Dauer der Entscheidung über seinen PKH-Antrag für das Berufungsverfahren L 7 SO 2065/10 entschädigungspflichtig.

Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und verweist u.a. darauf, dass der Antragsteller es schon versäumt habe, in seinem Antrag das Streitverhältnis in einer Weise darzustellen, dass nachvollzogen werden könne, auf konkret welche Gerichtsverfahren sich das Entschädigungsbegehren beziehe, das er mit der angekündigten Klage durchsetzen wolle. Zum Streitgegenstand habe er in seiner Antragsschrift lediglich ausgeführt, dass es um "die Dauer des Verfahrens wegen ausstehender Sozialhilfe für den Zeitraum 01.07.2001 - 05.03.2002" gehen solle. In der Begründung seines Antrages komme er jedoch auf eine ganze Reihe von gerichtlichen Verfahren mit unterschiedlichen Streitgegenständen zu sprechen, die jeweils Bezüge zu einem vom Antragsteller für den oben genannten Zeitraum geltend gemachten Sozialhilfeanspruch aufweisen würden. Unabhängig hiervon sei allerdings noch auf folgendes hinzuweisen: So setze die Bewilligung von PKH u.a. voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Lege man die Antragsschrift vom 4. Juni 2012 zugrunde, so deuteten die Umstände bereits darauf hin, dass der Antragsteller auf mutwillige Art und Weise gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen gedenke. Mutwilligkeit sei anzunehmen, wenn ein verständiger und vernünftiger anderer Beteiligter, der für Kosten selbst aufkommen müsse, diesen Prozess nicht führen würde (mit Hinweis auf Beschluss des BVerfG vom 26. November 2008 - 1 BvR 1813/08, NZS 2009, 322). Der Antragsgegner weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass allein die Verfahrensstatistik des LSG für die Jahre 2003 bis 2010 nicht weniger als 137 Verfahren des Antragstellers ausweise. Beim prozessualen Verhalten des Antragstellers sei auch charakteristisch, dass er, sobald der Rechtsweg erschöpft sei, die durch § 44 SGB X eröffneten Möglichkeiten nutze, das Verfahren wieder von vorne zu beginnen. Schließlich habe die beabsichtigte Klage auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Misserfolg zeichne sich schon deshalb ab, weil in der Antragsschrift kein Gerichtsverfahren benannt werde, dessen Dauer noch zum Gegenstand einer Entschädigungsklage gemacht werden könne. So folge aus Art. 23 Satz 5 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer, dass die Entschädigungsklage in Bezug auf bereits abgeschlossene Verfahren, spätestens am 3. Juni 2012 erhoben werden müsse. Angesichts der bewussten Terminierung des Fristendes auf einen Sonntag durch den Gesetzgeber spreche einiges dafür, dass es sich hierbei um eine materielle Ausschlussfrist handele, auf die § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Anwendung finde. Die das vorliegende Verfahren betreffende Antragsschrift sei erst am 4. Juni 2012 erstellt und dazu auch noch bei einem sachlich unzuständigen Gericht eingereicht worden. Darüber hinaus werde hiermit noch keine Klage erhoben, vielmehr diene sie lediglich der Vorbereitung einer solchen Klage. Das Prozessrecht eröffne zwar die Möglichkeit, zunächst - innerhalb der Klagefrist - einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag zu stellen und später, nach der Entscheidung über diesen Antrag, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die dann nachgereichte Klage zu erlangen. Diese Möglichkeit sei aber nur bei "gesetzlichen Verfahrensfristen" (§ 67 Abs. 1 SGG), nicht aber bei materiellen Ausschlussfristen eröffnet. Hinzu komme, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nur dann in Betracht käme, wenn der Antrag auf PKH innerhalb der Rechtsmittelfrist ordnungsgemäß eingereicht worden sei und der Antragsteller alles aus seiner Sphäre Erforderliche getan habe, um eine rasche Entscheidung über den Antrag herbeizuführen. Hier aber habe der Antragsteller seinen Antrag bei einem unzuständigen Gericht eingereicht. Im Übrigen habe zwischenzeitlich der EGMR in seinem Urteil vom 29. Juni 2012 (Nr. 27396/06, NJW 2012, 2943) entschieden, dass die sechsmonatige Frist für Individualbeschwerden (Art. 35 Abs.1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)) ungeachtet der Regelungen des nationalen Rechts auch dann ablaufe, wenn das Fristende auf einen Sonn- oder Feiertag falle. Diese Rechtsprechung sei nach Auffassung des Antragsgegnern auch bei der Auslegung der Fristenregelung in Art. 23 Satz 6 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren zugrunde zu legen. Denn der Gesetzgeber habe die Fristenregelung in Art. 23 Satz 6 des genannten Gesetzes bewusst der Beschwerdefrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK nachgebildet. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass die auf bereits abgeschlossene Verfahren bezogene Übergangsregelung in Art. 23 des Gesetzes aus Sicht des Antragsgegnern restriktiv auszulegen sei. So sollten ausweislich der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 540/10 S. 46) nur solche abgeschlossene Verfahren erfasst werden, wenn sie nach dem innerstaatlichen Abschluss vor dem EGMR zu einer Beschwerde wegen der Verfahrensdauer geführt hätten oder noch führen könnten. Es spreche hier sehr viel dafür, dass im Zeitpunkt der Erhebung der Entschädigungsklage die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Individualbeschwerde vor dem EGMR noch vorgelegen haben müssten. Ausgehend hiervon und den Ausführungen in der Antragsschrift des Antragstellers, sei die von ihm angestrebte Entschädigungsklage aller Voraussicht nach unstatthaft. Denn der Prozesskostenhilfeantrag sei erst am 4. Juni 2012 bei Gericht eingereicht worden. Es seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass er in Bezug auf die Dauer der von ihm angesprochenen Verfahren Individualbeschwerde beim EGMR eingelegt habe oder dass er hierzu unter Beachtung der Beschwerdefrist des Art. 35 Abs. 1 EMRGK noch befugt gewesen wäre. Der Antragsteller ist dem entgegengetreten und hat u.a. noch geltend gemacht, dass hier keineswegs von unterschiedlichen Streitgegenständen gesprochen werden könne, es sich vielmehr stets um dasselbe Verfahren wegen der ausstehenden HLU für den Zeitraum Juli 2001 bis Februar 2002 sowie Zahnarztkosten für eine Notfallzahnbehandlung am 10. Januar 2002 und die 25%ige Kürzung der HLU im August 2002 handele. Das letzte Verfahren sei nach dem zurückweisenden Berufungsurteil L 7 SO 2065/10 auch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, da er nunmehr PKH für eine NZB vor dem BSG beantragen werde. Außerdem habe er hinsichtlich des Verfahrens L 7 SO 2065/10 am 25. Januar 2012 Verzögerungsrüge erhoben und auch die Verfahrensdauer vorangegangener Instanzen gerügt. Soweit der Antragsgegner von einer bewussten Terminierung auf einen Sonntag spreche, sei dies Blödsinn, das Datum 3. Juni sei einfach ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, weil das Gesetz eine Halbjahresfrist bestimme. Selbstverständlich finde § 64 Abs. 3 SGG Anwendung. So habe auch der 23. Zivilsenat beim OLG in den anderen fünf Verfahren die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO bzw. gemäß § 193 als gewahrt angesehen. Soweit der Antragsgegner bemängele, dass noch keine Klage eingereicht sei, stünde dies nur bei gerichtskostenfreien Verfahren einer Fristwahrung entgegen. Soweit hier auf die Entscheidung des EGMR vom 29. Juni 2012 verwiesen werde, wonach die Individualbeschwerdefrist vor dem EGMR auch dann nach sechs Monaten ablaufe, wenn sie auf einen Sonntag falle, liege dies daran, dass in der EGMR-Verfahrensordnung keine Norm existiere, die § 64 Abs. 3 SGG entspreche. Außerdem reiche für die Fristwahrung eine Individualbeschwerde die Postaufgabe am letzten Fristtag aus. Weiter ergänzend macht der Antragsteller noch geltend, bereits am 15. November 2010 eine Untätigkeits-Aufsichtsbeschwerde bei der LSG-Präsidentin eingelegt zu haben und mit Fax vom 29. November 2010 auch den Senat des LSG darauf hingewiesen zu haben. Des Weiteren habe er auch am 5. Mai 2011 eine Untätigkeits-Aufsichtsbeschwerde wegen Nichtentscheidung über eine Gegenvorstellung vom 5. April 2011 erhoben und Dienstaufsichtsbeschwerde wegen der Dauer des PKH-Verfahrens. Auch habe er schon mit Untätigkeits-Aufsichtsbeschwerde u.a. die Nichtabsetzung der SG-Urteile sowie auch mit einer weiteren Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Entscheidung des SG-Direktors gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte und die Vorakten (L 7 SO 2065/07 - 3 Bde.) Bezug genommen. II. 1. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wäre für die hier beabsichtigte Klage zuständig (§ 51 Abs. 1 Nr. 10, § 202 Satz 2 SGG i.V. den §§ 198 ff. GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit jedenfalls bezüglich der Verfahren aus 2005 bzw. 2009 handelt. Soweit das aus den Jahren 2002 bis 2004 vom Antragsteller angeführte Verwaltungsgerichtsverfahren noch Gegenstand sein sollte, wäre insoweit schon das Landessozialgericht Baden-Württemberg gar nicht zuständig. Da allerdings der Antragsschrift des Antragstellers nicht zu entnehmen ist, dass insoweit auch ein Entschädigungsanspruch geltend gemacht wird (der Kläger macht nur hinsichtlich des zuletzt vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Verfahrens einen konkreten Entschädigungsanspruch geltend), war auch nicht die Frage einer Weiterverweisung zu prüfen. Das LSG ist damit für die vorab beantragte Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage hinsichtlich der die Sozialgerichtsbarkeit betreffenden Verfahren auch zuständig.

2. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände der mit der Klage vertretene Standpunkt in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht vertretbar erscheint oder anders formuliert, bei summarischer tatsächlicher und rechtlicher Prüfung eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit des Rechtsmittels besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl.; § 73a Rdnr. 7, 7a mwN); im tatsächlichen Bereich müssen Tatsachen erweisbar sein; ein günstiges Beweisergebnis darf nicht unwahrscheinlich sein. Prozesskostenhilfe ist zu verweigern, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber eine nur entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88- BVerfGE 81, 347 und Beschluss vom 29. Oktober 2009 - 1 BvR 2237/09-; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr. 19; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 BvR 1263/11- und vom 20. März 2012 - 1 BvR 3069/11-).

Nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung besteht für die beabsichtigte Entschädigungsklage keine hinreichende Erfolgsaussicht.

3. Die beabsichtigte Klage, die sich ausweislich des weiteren Schriftsatzes des Antragstellers vom 9. Dezember 2012 auf die zwei vor den Sozialgerichten des Landes Baden-Württemberg durchgeführten Verfahren (S 8/12 SO 1594/05 und L 7 SO 1676/06 sowie S 2 SO 1636/09 und L 7 SO 2065/10) beschränkt, ist bereits unzulässig.

Es handelt sich sowohl bei dem mit Urteil des LSG vom 29. November 2012 (hinsichtlich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Baden-Württemberg) abgeschlossenen Verfahren (S 2 SO 1636/09 und L 7 SO 2065/10) als auch bei dem bereits am 21. März 2009 beim BSG mit Vergleich beendeten Verfahren (S 8/12 1594/05 und L 7 SO 1676/06) jeweils um sogenannte "Altverfahren" im Sinne von Art. 23 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

Das Gerichtsverfahren im Sinne der §§ 198 ff. GVG beginnt mit der Einleitung, also der Klageerhebung, Antragstellung oder einem von Amts wegen veranlassten Tätigwerden (BT-Drs. 17/3802, Seite 22 zu § 198 Abs. 6 Nr. 1), wobei Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz und die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit erfasst werden (§ 198 Abs. 6 Nr. 1). Abgeschlossen ist das Gerichtsverfahren mit der (formellen) Rechtskraft, also wenn kein weiterer Rechtsbehelf mehr zur Verfügung steht. Maßgeblich ist daher nicht die einzelne Instanz (Roller DRiZ 2012 Heft Nr. 6 Beilage Seite 7 mit Hinweis auf BSG Urteil vom 2. Oktober 2008 – B 9 VH 1/07 RSozR 4-3100 § 60 Nr. 4; EGMR Beschluss vom 10. Februar 2009 Nr. 30209/05, juris).

Gemäß § 198 Abs. 3 GVG erhält eine Entschädigung ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge ist damit zwingende Voraussetzung für eine Entschädigungsklage und einen Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 GVG. Für den Verfahrensbeteiligten, der eine Verzögerungsrüge unterlässt oder verfrüht erhebt, tritt eine Ausschlusswirkung ein: Er ist mit Ansprüchen auf Entschädigung in Geld für materielle und immaterielle Nachteile ausgeschlossen (Marx in Marx/Roderfeld Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, Handkommentar, 2012 § 198 GVG Rdnr. 121; BT-Drs. 17/3802, S. 2 und S. 20). Umgekehrt beschränkt sich der Ausgleich der materiellen Nachteile nicht auf diejenigen Nachteile, die dem Geschädigten erst nach Anbringung der Verzögerungsrüge erwachsen sind (Marx a.a.O. § 198 GVG Rdnr. 96 mit Hinweis auf Althammer/Scheuble NJW 2012, 1, 3).

Gemäß Art. 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I Seite 2302), in Kraft seit 3. Dezember 2011, gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist oder noch werden kann. Nach Art. 23 Satz 2 gilt § 198 Abs. 3 GVG für anhängige Verfahren, die beim Inkrafttreten des Gesetzes zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum (Satz 3). Ist bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, bedarf es keiner Verzögerungsrüge (Satz 4). In der Gesetzesbegründung (Bundesrats-Drucksache 540/10 Seite 46 bzw. BT-Drs. 17/3802 Seite 31 zu Art. 22) ist hierzu ausgeführt: "Nach Satz 1 werden als Altfälle auch Verfahren erfasst, die bei Inkrafttreten bereits anhängig oder abgeschlossen waren. Abgeschlossene Verfahren werden nur erfasst, wenn sie nach dem innerstaatlichen Abschluss vor dem EGMR zu einer Beschwerde wegen der Verfahrensdauer geführt haben oder noch führen können. Dadurch sollen weitere Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland verhindert und der EGMR entlastet werden. Da die Beschwerdefrist des Artikels 35 Abs. 1 EMRK sechs Monate beträgt, darf der Verfahrensabschluss nicht länger als sechs Monate zurückliegen."

Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senates, dass nur solche abgeschlossenen Altverfahren (noch) zum Gegenstand einer statthaften Entschädigungsklage (hier) vor dem Landessozialgericht gemacht werden können, deren Dauer bereits in zulässiger Weise mit einer Beschwerde vor dem EGMR beanstandet worden sind oder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren noch beanstandet werden könnten. Die Übergangsregelung greift hingegen nicht ein, wenn ein Verfahren vor dem EGMR wegen offensichtlicher Verfristung nach Art. 35 Abs. 1 EMRK nicht mehr erhoben werden könnte. Zweck der Übergangsregelung ist es, weitere Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden und andererseits den EGMR zu entlasten. Dem würde es aber zuwiderlaufen, wenn bereits die Einlegung offensichtlich unzulässiger Beschwerden beim EGMR die Erhebung von Entschädigungsklagen vor den nationalen Gerichten ermöglichen würde. Dies wäre gerade dann der Fall, wenn bereits vor Jahren rechtskräftig abgeschlossene Verfahren vor nationalen Gerichten bei offensichtlicher Missachtung der Beschwerdefrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK zum Gegenstand einer Individualbeschwerde vor dem EGMR gemacht werden könnten. Einerseits würde durch solche Beschwerden, die zu sachwidrigen Zwecken erhoben würden, die Geschäftsbelastung des EGMR noch zusätzlich erhöht. Andererseits würde auch der Zweck, weiteren Erfolg versprechenden Individualbeschwerden gegen die Bundesrepublik Deutschland die Grundlage zu entziehen, verfehlt werden.

a.) Da der Antragsteller ausweislich seines eigenen Vortrages hinsichtlich des damals am 31. März 2009 mit Vergleich vor dem BSG beendeten Verfahrens (S 8/12 1594/05 und L 7 SO 1676/06) nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des Art. 35 Abs. 1 EMRK eine Individualbeschwerde vor dem EGMR erhoben hat, ist die jetzt diesbezüglich erhobene Entschädigungsklage schon aus diesen Gründen unzulässig. Denn die Beschwerdefrist des Art. 35 Abs.1 EMRK wäre nach Abschluss des Verfahrens am 31. März 2009 spätestens im Oktober 2009 abgelaufen, sodass auch eine Entschädigungsklage jetzt nicht mehr zulässig und möglich ist.

b.) Die das Sozialgerichtsverfahren S 2 SO 1636/09 und das anschließende Berufungsverfahren L 7 SO 2065/10 betreffende Entschädigungsklage ist unzulässig, da der Antragsteller nicht unverzüglich die Verzögerungsrüge nach Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 erhoben hat. Der Antragsteller hat diese erst am 25. Januar 2012 erhoben.

Gemäß Art. 23 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I Seite 2302), in Kraft seit 3. Dezember 2011, gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist oder noch werden kann. Nach Art. 23 Satz 2 gilt § 198 Abs. 3 GVG für anhängige Verfahren, die beim Inkrafttreten des Gesetzes zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren schon verzögert sind, mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum (Satz 3). Ist bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, bedarf es keiner Verzögerungsrüge (Satz 4). In der Gesetzesbegründung (Bundesrats-Drucksache 540/10 Seite 46 bzw. BT-Drs. 17/3802 Seite 31 zu Art. 22) ist hierzu ausgeführt: "Die Sätze 2 bis 3 passen die Verzögerungsrüge an die Konstellation der schon anhängigen Verfahren an. Bei solchen Verfahren, bei denen eine rügepflichtige Situation bereits eingetreten ist, muss die Rüge grundsätzlich unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Inkrafttreten der Regelung erhoben werden. Geschieht dies, so wahrt die Rüge den Anspruch aus § 198 GVG in vollem Umfang, d.h. so, als ob bereits zu dem in § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG festgelegten Zeitpunkt gerügt worden wäre."

D.h. für anhängige Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten schon verzögert sind, gilt § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt gemäß Satz 3 die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum. Ist bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, bedarf es keiner Verzögerungsrüge (Satz 4). Hieraus folgt, dass jedenfalls hinsichtlich des zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch anhängigen Berufungsverfahrens und vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller zur Begründung seines Entschädigungsanspruches Zeiträume und Verzögerungen vor Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren am 3. Dezember 2011 geltend macht, die Verzögerungsrüge unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach dem Inkrafttreten des Gesetzes hätte erfolgen müssen. Unverzüglich heißt, dass die Rüge ohne schuldhaftes Zögern (Legaldefinition siehe § 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), nach dem 3. Dezember 2011 zu erheben war (siehe Marx a.a.O. Art.23 Rdnr. 4), zwar nicht sofort, aber innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist (BGH NJW 2005, 1869; Ellenberger in Palandt BGB Kommentar, 69. Auflage 2010, § 121 Rdnr. 3). Hier liegen zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 und der vom Antragsteller erhobenen Rüge am 25. Januar 2012 betreffend das damals noch anhängige Berufungsverfahren mehr als sieben Wochen. Ein Zeitraum von sieben Wochen stellt jedoch unter keinem Aspekt mehr ein unverzügliches, ohne schuldhaftes Zögern erfolgtes Handeln dar. Obergrenze ist in der Regel vielmehr eine Frist von zwei Wochen (OLG Hamm NJW-RR 90, 523; Ellenberger in Palandt a.a.O.).

4. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet.

Nach § 198 Abs. 1 GVG in der seit 3. Dezember 2011 geltenden Fassung gem. Art. 23 des Gesetzes vom 24. November 2011 (BGBl. I , 2302) wird wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Gem. § 198 Abs. 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gem. § 198 Abs. 3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge. Nach § 198 Abs. 4 GVG ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind. Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar (§ 198 Abs. 5 GVG). Gem. § 198 Abs. 6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift 1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; 2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Eine allgemein gültige Zeitvorgabe, wie lange ein (sozialgerichtliches) Verfahren höchstens dauern darf, um nicht als unangemessen lang zu gelten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch sonst ist die generelle Festlegung, ab wann ein Verfahren unangemessen lange dauert – insbesondere als feste Jahresgrenze – angesichts der Unterschiedlichkeit der Verfahren nicht möglich (BVerfG stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Juli 2000 – 1 BvR 352/00, NJW 2001,214; Scholz Sozialgerichtsbarkeit 2012 Seite 19, 21; Roller DRiZ 2012 Heft 6 Beilage Seite 7). Die vom Antragsteller behauptete maximal zulässige Bearbeitungsdauer von zwei Jahren in Verfahren nach dem SGB II findet daher gerade auch in der Rechtsprechung keine Grundlage.

Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verletzt wurde, ist – wie in allen übrigen Verfahren - auch bei Gerichtsverfahren, die Ansprüche aus dem SGB II betreffen, vielmehr im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG zu beurteilen (vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 1, 15). Als Maßstab nennt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. insoweit auch EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 21423/07, Rdnr. 32; EGMR Urteil vom 8. Juni 2006 Nr. 75529/01 Rdnr. 128; EGMR Urteil vom 21. April 2011 Nr. 41599/09 Rdnr. 42; BVerfG Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 - Rdnr. 16 in juris; Roller aaO S. 9; Scholz aaO S.22).

a.) Zunächst ist vorauszuschicken, dass bei der Prüfung der Dauer des Verfahrens nur das Verfahren vor dem SG und dem LSG Gegenstand des Verfahrens hier ist, nicht aber das Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren. Denn in die Berechnung des maßgeblichen Zeitraumes ist - im Unterschied zur Verfahrensweise des EGMR (siehe Urteil EGMR vom 30. Juni 2011 - Nr. 11811/10 Rdnr. 21) - das Widerspruchsverfahren nicht miteinzubeziehen (siehe BT-Drs.17/3802, S. 17; Marx a.a.O. § 202 SGG Rdnr. 8). Wird über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden, eröffnet bereits § 88 SGG die Möglichkeit, ohne Vorverfahren unmittelbar Klage zu erheben. Auf eine Verzögerung im Vorverfahren ist deshalb mit dieser Untätigkeitsklage zu reagieren, sodass es einer Entschädigungsregelung nicht bedarf (BT-Drs. 17/3802, S. 17, Marx a.a.O. § 202 SGG Rdnr.8). Die Die Untätigkeitsklage bietet bereits einen innerstaatlichen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 13 EMRK, mit dem sich ein Betroffener gegen Gefährdungen und Verletzungen seines Rechts auf angemessene Verfahrensdauer wehren kann. Sie unterliegt ihrerseits den Anforderungen von Art.6 Abs.1 Satz1 EMRK, sodass konventionsrechtlich kein Rechtsschutzbedürfnis besteht (Marx a.a.O. § 202 SGG Rdnr. 8 mit Hinweis auf OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 27. März 2012 - OVG 3 A 1.12 Rdnr. 25). Folgerichtig stellt § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 GVG auch nur auf das Gerichtsverfahren ab. b.) Im Einzelnen ist unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze hinsichtlich der Schwierigkeit des Verfahrens Folgendes auszuführen: Ganz erhebliche rechtliche wie auch tatsächliche Schwierigkeiten ergaben sich in diesem Verfahren schon vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller seit Jahren eine Vielzahl von Verfahren betreibt, die allerdings in der Sache fast durchweg keinen Erfolg haben. So weist die Verfahrensstatistik des LSG Baden-Württemberg für die Jahre 2003 bis 2010 nicht weniger als 137 Verfahren aus, die auf Veranlassung des Antragstellers zurückgehen. Es ist in dem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller offenkundig jede behördliche und gerichtliche Entscheidung, die seinen Vorstellungen nicht vollständig entspricht, angreift. Dies zeigt sich insbesondere in der Art und Weise, wie der Antragsteller seine Verfahren führt, anschaulich auch im hier streitigen Verfahren zu sehen, nämlich mit wiederholten (insgesamt sechs) Befangenheitsanträgen gegen die zuständige Berichterstatterin bzw. den Senat insgesamt, sobald die Berichterstatterin oder der Senat eine bestimmte Auffassung vertritt oder in einer bestimmten Weise handelt, die nicht den Vorstellungen des Antragstellers entspricht. Wird etwa ein Ablehnungsgesuch des Antragstellers als unzulässig verworfen oder zurückgewiesen, folgt postwendend die auch als unzulässig zurückzuweisende Gegenvorstellung bzw. Gehörsrüge. Weiter in dem Zusammenhang zu berücksichtigen ist, dass im Ausgangsverfahren zum einem die Übernahme von zahnärztlichen Behandlungskosten, des Weiteren die Frage der Bedürftigkeit für die Zeit 2001/2002 (wegen vorhandenem Vermögen) sowie eine Leistungskürzung des Regelsatzes um 25 % für den Monat August 2002 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X im Streit standen. Hierbei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass die Anwendung der Regelungen nach §§ 44 ff. SGB X auf das Sozialhilferecht seinerzeit durchaus nicht unumstritten war. Sodass insgesamt das Verfahren sowohl tatsächlich als auch rechtlich als durchaus schwierig zu beurteilen ist, wie auch den Entscheidungsgründen des Urteils des LSG vom 22. November 2012 entnommen werden kann.

c.) Hinsichtlich der Bedeutung des Verfahrens ist hier vor allem auf das Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer baldigen Entscheidung abzustellen (siehe hierzu u.a. EGMR Urteil vom 8. Juni 2006 Nr. 75529/01 Rdnr. 133; Roller aaO S.9 unter Hinweis u.a., wenn die wirtschaftliche Existenz betroffen ist, auf BVerfG Beschluss vom 2. September 2009 – 1 BvR 3171/08, EuGRZ 2009; 695; BVerfG Beschluss vom 20. Juli 2000 – 1 BvR 352/00, NJW 2001, 214, 215; EGMR Urteil vom 21. Oktober 2010 Nr. 43155/08, juris und Urteil vom 13. Januar 2011, Nr. 34236/06, juris; wenn um den Lebensunterhalt sichernde sozialrechtliche Ansprüche gestritten wird siehe BVerfG Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11, info also 2012, 28 (Grundsicherung für Arbeitsuchende); EGMR Beschluss vom 25. März 2010 Nr. 901/05, juris (Rente nach dem OEG); anders EGMR Beschluss vom10. Februar 2009 Nr. 30209/05, juris (Erziehungsgeld für abgelaufenen Zeitraum); s.a. Roderfeld in Marx/Roderfeld Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, Handkommentar 2012, § 198 GVG Rdnr. 11 mwN). Von einem solchen Interesse ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich bei einer Verzögerung der Entscheidung für einen Beteiligten schwere und nicht oder nur begrenzt reparable Nachteile ergeben. Bezogen auf das Verfahren hier ist festzustellen, dass Gegenstand einerseits zahnärztliche Behandlungskosten in Höhe von 51,77 EUR, des Weiteren eine Kürzung des Regelsatzes im August 2002 um 25 % (bei einem Regelsatz von 294,- EUR im Jahr 2002 ergibt sich ein Betrag von 73,50 EUR) und im Übrigen wegen vorhandenem und zu berücksichtigendem Vermögen versagter Leistungen in 2001/2002 sind. Jedenfalls ist nicht im Ansatz erkennbar, dass dem Antragsteller damit durch die Verzögerung (in einem schon wiederholten Verfahren nach § 44 SGB X) bei der Entscheidung schwere und nicht oder nur begrenzt reparable Nachteile entstanden sein könnten.

Zumal es bei der Größenordnung der streitigen Behandlungskosten sowie der Leistungskürzung dem Antragsteller eigentlich hätte möglich sein müssen, diesen aus dem Regelsatz (wie dies nach der gesetzlichen Entscheidung bei Gesundheitskosten vorgesehen ist; so in der Gesetzbegründung im Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch BT-Drs. 17/3404 Seite 58 zur Abteilung 06 - Gesundheitspflege - der EVS 2008) bzw. seinem vorhandenem Vermögen vorzufinanzieren. Hinsichtlich der aus 2001/2002 streitigen Leistungen bleibt festzuhalten, dass der Kläger offenkundig in der Lage war, seinen Unterhalt anderweitig sicherzustellen. Ganz abgesehen davon, dass das Sozialamt für diese Zeit die darlehensweise Gewährung von Leistungen gegen Hinterlegung des Kraftfahrzeugbriefes seines Kfz (Wert damals ca. 8.000,- DM) angeboten hatte, was der Antragsteller jedoch abgelehnt hatte.

d.) Des Weiteren ist Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch, dass die unangemessene Verfahrensdauer durch staatliches Fehlverhalten verursacht wurde, etwa organisatorisches Verschulden bei der ausreichenden personellen Ausstattung der Gerichte. D.h. auf der anderen Seite, Entschädigungsansprüche scheiden schon dann grundsätzlich aus, wenn und soweit die Verzögerung des Verfahrens ausschließlich durch die Verfahrensbeteiligten selbst oder durch Dritte verursacht worden ist und das Gericht keine Möglichkeit hatte, dem wirksam entgegen zu steuern (siehe Roller aaO S. 10/11 mit verschiedenen Beispielen und Fundstellen; Roderfeld aaO Rdnr. 12). Konkret auf die hier zugrunde liegenden Ausgangsverfahren ist Folgendes festzustellen: Hinsichtlich des Klageverfahrens vor dem SG (S 2 SO 1636/09) - auf das hier wie oben bereits ausgeführt, nur abzustellen ist, während das Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren außen vor bleibt - ist festzustellen, dass dieses gerechnet ab Erhebung der "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" am 18. Mai 2009 mit Urteil vom 29. März 2010 (schriftliche Gründe abgefasst im August 2010) ca. 10 bzw. 15 Monate dauerte. In dem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass zunächst die Untätigkeitsklage gem. § 88 Abs. 1 SGG unzulässig war, da zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Mai 2009 die Sechsmonatsfrist – gerechnet ab dem Vergleich vor dem BSG vom 31. März 2009, in dem sich das Sozialamt zur erneuten Überprüfung gem. § 44 SGB X verpflichtet hatte – noch nicht abgelaufen war. Diese Frist lief frühestens im Oktober 2009 ab. Zuvor waren im Juni die Überprüfungsbescheide und bereits im November die jeweiligen Widerspruchsbescheide ergangen, sodass die die Zeit bis dahin außen vor bleibt und die hier zu berücksichtigende Zeit allenfalls noch bis zur mündlichen Verhandlung 6 Monate bzw. 11 Monate (gerechnet bis zur Vorlage der schriftlichen Gründe des Urteils des SG) beträgt. Diese Zeit hält sich aber, auch wenn man die vergleichsweise lange Zeit zur Absetzung der schriftlichen Gründe mit einbezieht (daneben hatte das SG am 29. März 2010 noch über fünf weitere Verfahren des Antragstellers entschieden und die Urteile abzusetzen - siehe Bl. 6 Rs. und Bl. 8 LSG-Akte), in einem angemessenem Rahmen und ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich des Berufungsverfahrens vor dem LSG sind folgende Umstände zu berücksichtigen: Der Antragsteller hat im hier im Streit stehenden Berufungsverfahren (L 7 SO 2065/10), aber auch in den Parallelverfahren vor demselben Senat (z.B. L 7 SO 4202/07), mehrfach (hier insgesamt sechsmal) die Mitglieder des Senates als befangen abgelehnt. Die dazu vorgetragenen Begründungen waren durch die Bank weg abwegig, sodass das gesamte Verhalten als rechtsmissbräuchlich einzustufen war, getragen von dem Ziel, die dem Antragsteller nicht genehme Berichterstatterin bzw. auch den gesamten Senat, soweit dieser nicht uneingeschränkt in seinem Sinne entschied, aus der Bearbeitung des Verfahrens auszuschließen. Insoweit sei auf die Beschlüsse des Senats vom 18. März 2011 (Bl. 143 der LSG-Akte), vom 4. Juli 2011 (Bl. 226), vom 8. März 2012 (Bl.263) sowie vom 25. Oktober 2012 (Bl. 357) verwiesen. Dasselbe gilt für Verzögerungen durch eine unzulässige Gegenvorstellungen (Beschluss des Senats vom 5. Mai 2011, Bl. 170 und vom 25.Oktober 2012 Bl. 357) sowie unzulässige Gehörsrügen. Die durch diese Art der Prozessführung, nämlich wiederholte unbegründete bzw. bereits unzulässige Befangenheitsanträge, unzulässige Gegenvorstellungen und Gehörsrügen wie auch unbegründete Terminsverlegungsanträge (auf nachmittags und nur bestimmte Wochentage) verursachten Verzögerungen sind bei der Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer damit nicht zu Lasten des Antragsgegners einzubeziehen. Denn dass ein Verfahrensbeteiligter, der durch eigenes prozessuales Verhalten die überlange Verfahrensdauer (mit-)verursacht hat, keinen Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer hat, leuchtet ein. Die bisherige Rechtsprechung berücksichtigt daher Verzögerungen aufgrund des Prozessverhaltens des EntschädigungsAntragstellers. Typische Fälle sind hierbei die Klageerhebung beim unzuständigen Gericht, die zu späte Bestellung oder der Wechsel des Prozessvertreters, Fristverlängerungs-, Terminverlegungsanträge (BVerfG Beschluss vom 30. Juli 2009 – 1 BvR 2662/06, NJW-RR 2010, 207, 208; EGMR Urteil vom 8. Oktober 2009, Nr. 37820/06 in juris; siehe Roller a.a.O. S. 10/11), fehlende oder verspätete Klage- oder Berufungsbegründung, verspätete Vorlage einer Vollmacht, Klageänderungen oder -erweiterungen, verspäteter Vortrag, verspätete Vorlage von Unterlagen, fehlende Mitwirkung bei der Beweisaufnahme, Ablehnungsanträge gegen Richter und Sachverständige (siehe hierzu EGMR Urteil vom 16. Juli 2009, Nr. 1126/05; EGMR Urteil vom 22. Dezember 2009, Nr. 10053/08; EGMR Urteil vom 7. Januar 2010, Nr. 40009/04; EGMR Urteil vom 4. Februar 2010, Nr. 13791/06; EGMR Urteil vom 16. Dezember 2010, Nr. 39778/07 jeweils in juris sowie auch OLG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 1. März 2010 - 10 W 15/10 in juris; Roller a.a.O. S. 10/11), Anhörungsrügen (EGMR Urteil vom 16.Dezember 2010, Nr. 39778/07 in juris) und Gegenvorstellungen (EGMR Urteil vom 4. Februar 2010, Nr. 13791/06 in juris; EGMR Urteil vom 22. September 2011, Nr. 17019/08 in juris; siehe insgesamt hierzu Roller a.a.O. S. 10/11 m.w.N.).

In der Gesamtbetrachtung ist damit auch die Dauer des Verfahrens in der Berufung vor dem LSG nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat hier maßgeblich durch die bereits angesprochene Vielzahl der von ihm im Verfahren erhobenen Befangenheitsanträge gegen die Berichterstatterin bzw. den gesamten Senat sowie Gegenvorstellungen und Anhörungsrügen, die allesamt als unzulässig verworfen wurden, zwar grundsätzlich zustehende Rechtsbehelfe genutzt, dadurch aber Verzögerungen verursacht, die er sich zurechnen lassen muss, ebenso wie die durch die von ihm parallel immer wieder erhobenen Beschwerden zum BSG, wodurch die Akten dem LSG nicht zur Verfügung standen, wie auch die verschiedentlich geforderten Akteneinsichten und Kopien sowie die Nachholung von auf richterlicher Anordnung ergangener Anschreiben durch mit Unterschrift des Richters bzw. der Richterin versehenen Schreiben verursachten Verzögerungen. Damit können letztlich die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nicht bejaht werden.

5. Schließlich handelt es sich hier auch nicht um schwierige Rechtsfragen im Zusammenhang mit §§ 198 ff. GVG. Die gesetzliche Regelung in § 198 GVG nimmt gerade die schon langjährige ständige Rechtsprechung des EGMR wie auch des BVerfG und BSG zu den Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch und den Prüfkriterien zur Frage, wann ein Verfahren unangemessen lange gedauert hat, auf. D.h. mit anderen Worten, bei der Prüfung zur Frage der Angemessenheit der Verfahrensdauer sind gerade keine neuen schwierigen Rechtsfragen zu lösen, sondern vielmehr eine ständige und gefestigte Rechtsprechung anzuwenden, wie dies der Senat in der obigen summarischen Prüfung auch getan hat. Da folglich die Entscheidung in der Hauptsache nicht von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängig ist, war hier auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG vom 4. Februar 2004 (1 BvR 596/03) bei Beachtung des Gebotes der Rechtsschutzgleichheit Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Aus diesen Gründen ist der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Entschädigungsklage abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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