Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 EG 3418/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 272/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.06.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bezugsdauer des der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zustehenden Elterngeldes.
Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern der 2009 geborenen A. St. (im Folgenden A). Sie leben mit dem am 13.12.2006 geborenen Kind F. in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreuen und erziehen A selbst. Die Klägerin, die seit 2004 bei der Stiftung Katholische Freie Schule R. beschäftigt ist, erhielt während der Zeit des Beschäftigungsverbots vom 11.02. bis 25.05.2009 ihre Dienstbezüge fortgezahlt. Nach der Geburt von A war sie nicht erwerbstätig. Der Ehemann der Klägerin reduzierte seine berufliche Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt für die Zeit vom 30.03. bis 29.05.2009 auf 18 Wochenstunden.
Am 22.05.2009 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewährung von Elterngeld, wobei dieses dem Ehemann der Klägerin für den 1. und 2. Lebensmonat von A und der Klägerin für den 3. bis 14. Lebensmonat gewährt werden sollte. Mit Schreiben vom 08.06.2009 wies die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin im 1. und 2. Lebensmonat Mutterschaftsgeld erhalten habe, welches auf den Bezugszeitraum des Elterngelds anzurechnen sei. Diese Monate gälten als verbrauchte Elterngeldmonate, was nicht durch die Wahl anderer Bezugsmonate umgangen werden könne. Damit stünden der Klägerin neben dem 1. und 2. Lebensmonat noch für zehn weitere Lebensmonate Elterngeld zu. Es wurde darum gebeten, den Bezugszeitraum so abzuändern, dass bei der Klägerin die ersten beiden Monate enthalten seien. Die Klägerin hielt daraufhin an ihrem ursprünglichen Antrag fest.
Mit Bescheid vom 23.07.2009 bewilligte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den 1. und 2. Lebensmonat von A in Höhe von 375,00 EUR. Mit Bescheid vom 24.07.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den 3. bis 9. Lebensmonat jeweils Elterngeld in Höhe von monatlich 1.284,87 EUR, für den 10. bis 12. Lebensmonat in Höhe von monatlich 1.177,15 EUR und für den 13. und 14. Lebensmonat in Höhe von 0,00 EUR.
Mit ihrem Widerspruch vom 20.08.2009, mit dem sich die Klägerin ausdrücklich allein gegen die Versagung des Elterngeldes für den 13. und 14. Lebensmonat wandte, machte sie geltend, nach allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen könne eine Anrechnung von Einkommen auf Sozialleistungen nur dann stattfinden, wenn das Einkommen in den Bezugszeitraum falle. Sie habe den Bezugszeitraum bewusst auf den 3. bis 14. Lebensmonat gelegt. Das Einkommen, das angerechnet werde, sei aber im 1. und 2. Lebensmonat des Kindes erzielt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 23.09.2009 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht weiter geltend, dass sie ihren Bezugszeitraum bewusst auf den 3. bis 14. Lebensmonat gelegt habe. Während dieses Zeitraums habe sie unstreitig keine Leistungen bezogen, die ihr nach dem Gesetz anzurechnen wären. Eine Anrechnung von Einkommen außerhalb des Bezugszeitraumes finde im Gesetz keine Stütze und widerspreche sozialrechtlichen Grundsätzen.
Mit Urteil vom 14.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat ihrer Tochter. Zwar erfülle die Klägerin im 3. bis 14. Lebensmonat die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch auf Elterngeld und könne auch gemäß § 4 Abs 3 BEEG grundsätzlich für bis zu 12 Monate Elterngeld beziehen. Jedoch gälten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs 1 oder Abs 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustünden, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe. Diese Monate gälten damit als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht. Die Klägerin habe im 1. und 2. Lebensmonat ihrer Tochter Mutterschaftsgeld bezogen; dabei handele es sich um eine gemäß § 3 Abs 1 BEEG auf das Elterngeld anzurechnende Leistung. Folglich habe die Klägerin durch den Bezug von Mutterschaftsgeld zwei Monate des möglichen Bezugszeitraums des Elterngelds verbraucht, so dass ihr nur noch ein Anspruch auf zehn Monate Elterngeld verbleibe, aufgrund des von ihr beantragten Beginns also vom 3. bis 12. Lebensmonat. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Klägerin bewusst kein Elterngeld für die ersten beiden Lebensmonate von A beantragt habe. Denn bei der Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG handele es sich um eine gesetzliche Fiktion gerade für den Fall, dass ein Elternteil mit Leistungsbezug im Sinne des § 3 Abs 1 oder Abs 3 BEEG für den Bezugszeitraum der danach anzurechnenden Leistungen tatsächlich keine Inanspruchnahme von Elterngeld gewählt habe. Hierdurch werde eine Umgehung der Anrechnungsvorschrift verhindert. Durch diese Regelung sollten Doppelleistungen gleicher Zweckrichtung vermieden werden, denn sowohl das Elterngeld als auch das Mutterschaftsgeld hätten den Zweck, Einkommenseinbußen nach der Geburt des Kindes auszugleichen. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, sei im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 19.07.2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.07.2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Das zunächst unter dem Aktenzeichen L 11 EG 3568/10 anhängige Verfahren ist mit Beschluss vom 27.10.2010 im Hinblick auf ausstehende Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zum Ruhen gebracht worden. Am 17.01.2012 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen. Die Klägerin führt nunmehr aus, sie halte ihre Berufung auch nach den Entscheidungen des BSG vom 26.05.2011 aufrecht. Den dortigen Entscheidungen habe jeweils ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Das BSG habe in den Entscheidungen B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R nicht zu dem Problem Stellung genommen, ob auch der 13. und 14. Lebensmonat eines Kindes von der "Fiktion des Anspruchsverbrauchs" erfasst würden. Die Beklagte zitiere korrekt aus den Entscheidungsgründen (RdNr 27) " ... eine durch die Anrechnung zu vermeidende Gewährung von Doppelleistungen (zB Mutterschaftsgeld und Elterngeld) kann nur insoweit eintreten, als derselben Person für einen zeitlich konkludenten Zeitraum dem Grunde nach sowohl ein Anspruch auf Mutterschaftsleistungen als auch ein Anspruch auf Elterngeld zusteht". Die Beklagte wende diesen Rechtssatz jedoch nicht auf den vorliegenden Fall an, denn der Klägerin stehe eben für den 3. bis 14. Lebensmonat ihrer Tochter kein Anspruch auf Mutterschaftsleistungen zu. Es bestehe keine zeitliche Kongruenz. Die Argumentation des BSG vermöge auch in der Sache nicht zu überzeugen. Das BSG räume selbst ein, dass der Begriff "anzurechnende Leistung" so aufgefasst werden könne, dass eine anrechenbare Leistung nur dann vorliege, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werde. Insoweit liege auch eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften nicht vor, da die Eltern nach § 5 Abs 1 BEEG den Berechtigten bestimmten und erst mit dieser Bestimmung sich der Anspruch auf die einzelne Person konkretisiere. Es sei nicht Sinn des Gesetzes gewesen, die Leistungen an Elterngeld in jedem Fall um das Mutterschaftsgeld zu kürzen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass beide Eltern zusammen nicht auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer von 14 Kalendermonaten Elterngeldbezug kommen könnten, die Erweiterung des Elterngeldes um die sogenannten Vätermonate liefe ins Leere. Das Zusammenspiel zwischen § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG und § 4 Abs 3 Sätze 1 und 2 BEEG ergebe nur dann Sinn, wenn sich die Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf den Elterngeldanspruch der Mutter beziehe. Soweit das BSG zu Unrecht davon ausgehe, dass der Gesetzgeber mit den Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG eine Umgehung durch die entsprechende Bestimmung des Anspruchsberechtigten durch die Eltern habe vermeiden wollen, hätte dies einer klaren Wortlautfassung bedurft, um diese restriktive Gesetzesauslegung zu erreichen. Im Übrigen käme es auch zu grundrechtswidrigen Ungleichbehandlungen. Es würde nicht nur Artikel 3 Abs 1 und Abs 3 Grundgesetz (GG) und das Sozialstaatsprinzip, sondern auch der Schutz der Familie in Artikel 6 Abs 1 und Abs 2 GG verletzt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege auch insofern vor, als eine Mutter, die in der Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz erkranke und ihr Kind nicht betreue oder erziehe mangels Elterngeldberechtigung kein Elterngeld beziehen könne, wohl aber Mutterschaftsgeld, und für den 3. bis 14. Lebensmonat des Kindes nach Auffassung der Beklagten elterngeldberechtigt wäre oder eine Mutter, die in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes ohne ihr Kind zu ihren Eltern ziehe und dadurch mangels Betreuung und Erziehung § 1 Abs 1 Nr 3 BEEG nicht erfülle, aber Mutterschaftsgeld berechtigt bleibe, nach Aufnahme ihres Kindes für den 3. bis 14. Lebensmonat Elterngeld berechtigt wäre. Diejenige Mutter, die dagegen während der Mutterschaftsleistungen für ihr Kind da sei, es betreue und erziehe, verliere nach Auffassung der Beklagten für zwei Monate Anspruch auf Elterngeld. Es wäre ein Unding, würde die Rechtsprechung diese Ungleichbehandlung zementieren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.06.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2009 zu verurteilen, der Klägerin auch für den 13. und 14. Lebensmonat von A Elterngeld in Höhe von 1.177,15 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf die Rechtsprechung des BSG. Dieses habe in den Urteilen vom 26.05.2011 (B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R) entschieden, dass die Fiktion des Anspruchsverbrauchs des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG dann greifen könne, wenn die anspruchsberechtigte Person in diesen Monaten die Anspruchsvoraussetzungen für Elterngeld theoretisch erfülle. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen, sie sei grundsätzlich Elterngeld berechtigt gewesen. Damit sei nach der Rechtsprechung des BSG die Fiktion des Anspruchsverbrauchs in den beiden ersten Lebensmonaten erfüllt, die Beklagte habe zu Recht diese Monate bei der Berechnung des Elterngeldes als verbraucht gewertet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sacherhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg. Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte auch im hier streitigen Bezugszeitraum vom 30.03. bis 29.05.2010 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit der am 30.03.2009 geborenen A in einem Haushalt, betreute und erzog sie und übte während dieses Zeitraums keine Erwerbstätigkeit aus.
Regelungen zum Bezugszeitraum von Elterngeld enthält § 4 BEEG. Nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate gezahlt (zum sog Lebensmonatsprinzip vgl BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2). Nach § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 BEEG). Waren beide Elternteile - wie hier - vor der Geburt erwerbstätig und unterbricht mindestens ein Elternteil nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit oder schränkt sie in relevantem Umfang ein, haben die Eltern demnach insgesamt für die Dauer von 14 Lebensmonaten des Kindes Anspruch auf Elterngeld. Diesen Gesamtanspruch können die Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung untereinander aufteilen. Nach § 4 Abs 2 Satz 4 BEEG können die Eltern dabei die (12 oder 14) Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen, bestimmen sie nach § 5 Abs 1 BEEG grundsätzlich, wer von ihnen welche Monatsbeträge in Anspruch nimmt. Diese Bestimmung ist im Antrag vorzunehmen (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 BEEG). Nach § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen. Dabei gelten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG die Lebensmonate des Kindes, in denen ua nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnende Leistungen - wie Mutterschaftsgeld und die diesem gleichstehende Fortzahlung der Dienstbezüge für die Zeit des Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs 1 Satz 3 BEEG) - zustehen, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. Durch diese gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG anzurechnende Mutterschaftsgeld, kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat, vorliegend also die Mutter.
Mit seinen Entscheidungen vom 26.05.2011 hat das BSG klargestellt, wie der auslegungsbedürftige Tatbestand des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG mit dem Begriff der "anzurechnenden Leistungen" zu verstehen ist. Dabei hat das BSG grundsätzlich drei Auslegungsmöglichkeiten gesehen: (1.) Für den Eintritt der Fiktion von Bezugsmonaten genügt es, dass der berechtigten Person (hier Mutter) in dem betreffenden Monat ihrer Art nach "anzurechnende Leistungen" (hier Mutterschaftsgeld) zustehen, unabhängig davon, ob im konkreten Fall überhaupt ein Elterngeldanspruch bestehen kann; (2.) enge Auslegung dahin, dass "anzurechnende Leistungen" nur dann vorliegen, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werden; (3.) in dem betreffenden Lebensmonat muss die Person, der die anzurechnende Leistung zusteht, aufgrund objektiver Gegebenheiten auch zum elterngeldberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 BEEG gehören. Das BSG hat sich unter Bezugnahme auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG für die zuletzt genannte Auffassung entschieden (BSG 26.05.2011, B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R, juris). Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser Auffassung an.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die unter anzurechnenden Leistungen nur tatsächlich angerechnete Leistungen versteht, wird hingegen dem Ziel der Vermeidung von Doppelleistungen nicht gerecht. Denn nach ihrer Auffassung könnte die gesetzlich vorgesehene Fiktion von Bezugsmonaten schon dadurch umgangen werden, dass - wie im vorliegenden Fall - für eine Zeit des (nachgeburtlichen) Bezugs von Mutterschaftsgeld nicht die Mutter, sondern der Vater Elterngeld beansprucht.
Einen Verstoß gegen Artikel 3 Abs 1 GG oder Artikel 6 Abs 1 GG durch die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG in der hier vertretenen Auslegung vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen Darlegungen des BSG im Urteil vom 26.05.2011 (B 10 EG 12/10 R, juris) an. Insbesondere ist hierbei zu berücksichtigen, dass der normative Gehalt des Gleichheitssatzes seine Präzisierung im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs erfährt und je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ein unterschiedlich strenger Prüfungsmaßstab anzulegen ist (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176). Dabei ergibt sich aus der Schutzpflicht des Artikel 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern, so dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung der Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (BVerfG 10.11.1998, 2 BvR 1057/91 ua, BVerfGE 99, 216). Die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG, wonach ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld an mindestens einem Tag des Lebensmonats ausreicht, der Mutter zwingend diesen Lebensmonat als Bezugsmonat des Elterngelds zuzuordnen, berührt die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise. Die damit verbundene Beschränkung des sich aus § 5 Abs 1 BEEG ergebenden Bestimmungsrechts der Eltern, wer von ihnen welche Bezugsmonate in Anspruch nimmt, ist nicht so intensiv, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidung der Eltern hat, teilweise oder zeitweise auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung des Kindes zu verzichten (zum Ganzen: BSG 26.05.2011, B 10 EG 12/10 R, juris RdNr 34 bis 36).
Die Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin eine Ungleichbehandlung darin sieht, dass Mütter ohne Elterngeldanspruch dem Grunde nach während des Bezugs von Mutterschaftsgeld bei Eintritt der Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld noch 12 Monate Elterngeld beziehen können, während ansonsten wegen der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nur zehn Monate tatsächlich geleistet werden, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs 1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (BVerfG 10.12.1985, 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255, 271; BVerfG 09.04.2003, 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01, BVerfG 108, 52 ff). Es ist dabei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 436). Dabei kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Verwaltung ein weitreichender Beurteilungsspielraum zu (BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176 ff). Gemessen daran ist für den Senat nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen Regelungsspielraum überschritten hat. Insbesondere erscheint ausgeschlossen, dass die Regelung in § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG einen derart starken Anreiz bietet, während des Bezugs von Mutterschaftsleistungen zur Vermeidung der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem BEEG beispielsweise die Haushaltsgemeinschaft mit dem Kind aufzugeben, dass insoweit durch den Gesetzgeber geradezu eine Gefährdung des Kindeswohls befördert würde. Abgesehen davon ist nach der aktuellen Gesetzeslage einer derartigen Gestaltung inzwischen ohnehin der Boden entzogen, denn in § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG (idF des Gesetzes vom 10.09.2012, BGBl I 1878) wurden die Worte "berechtigte Person" durch "Elternteil" ersetzt. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass entgegen der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG Lebensmonate des Kindes auch dann als Bezugsmonate gelten, wenn die Elterngeld beantragende Person in diesen Monaten nicht "berechtigt" ist, weil sie die Voraussetzungen des § 1 BEEG nicht erfüllt (vgl BT-Drucks 17/1221).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bezugsdauer des der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) zustehenden Elterngeldes.
Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern der 2009 geborenen A. St. (im Folgenden A). Sie leben mit dem am 13.12.2006 geborenen Kind F. in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreuen und erziehen A selbst. Die Klägerin, die seit 2004 bei der Stiftung Katholische Freie Schule R. beschäftigt ist, erhielt während der Zeit des Beschäftigungsverbots vom 11.02. bis 25.05.2009 ihre Dienstbezüge fortgezahlt. Nach der Geburt von A war sie nicht erwerbstätig. Der Ehemann der Klägerin reduzierte seine berufliche Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt für die Zeit vom 30.03. bis 29.05.2009 auf 18 Wochenstunden.
Am 22.05.2009 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewährung von Elterngeld, wobei dieses dem Ehemann der Klägerin für den 1. und 2. Lebensmonat von A und der Klägerin für den 3. bis 14. Lebensmonat gewährt werden sollte. Mit Schreiben vom 08.06.2009 wies die Beklagte darauf hin, dass die Klägerin im 1. und 2. Lebensmonat Mutterschaftsgeld erhalten habe, welches auf den Bezugszeitraum des Elterngelds anzurechnen sei. Diese Monate gälten als verbrauchte Elterngeldmonate, was nicht durch die Wahl anderer Bezugsmonate umgangen werden könne. Damit stünden der Klägerin neben dem 1. und 2. Lebensmonat noch für zehn weitere Lebensmonate Elterngeld zu. Es wurde darum gebeten, den Bezugszeitraum so abzuändern, dass bei der Klägerin die ersten beiden Monate enthalten seien. Die Klägerin hielt daraufhin an ihrem ursprünglichen Antrag fest.
Mit Bescheid vom 23.07.2009 bewilligte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den 1. und 2. Lebensmonat von A in Höhe von 375,00 EUR. Mit Bescheid vom 24.07.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin für den 3. bis 9. Lebensmonat jeweils Elterngeld in Höhe von monatlich 1.284,87 EUR, für den 10. bis 12. Lebensmonat in Höhe von monatlich 1.177,15 EUR und für den 13. und 14. Lebensmonat in Höhe von 0,00 EUR.
Mit ihrem Widerspruch vom 20.08.2009, mit dem sich die Klägerin ausdrücklich allein gegen die Versagung des Elterngeldes für den 13. und 14. Lebensmonat wandte, machte sie geltend, nach allgemeinen sozialrechtlichen Grundsätzen könne eine Anrechnung von Einkommen auf Sozialleistungen nur dann stattfinden, wenn das Einkommen in den Bezugszeitraum falle. Sie habe den Bezugszeitraum bewusst auf den 3. bis 14. Lebensmonat gelegt. Das Einkommen, das angerechnet werde, sei aber im 1. und 2. Lebensmonat des Kindes erzielt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 23.09.2009 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht weiter geltend, dass sie ihren Bezugszeitraum bewusst auf den 3. bis 14. Lebensmonat gelegt habe. Während dieses Zeitraums habe sie unstreitig keine Leistungen bezogen, die ihr nach dem Gesetz anzurechnen wären. Eine Anrechnung von Einkommen außerhalb des Bezugszeitraumes finde im Gesetz keine Stütze und widerspreche sozialrechtlichen Grundsätzen.
Mit Urteil vom 14.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat ihrer Tochter. Zwar erfülle die Klägerin im 3. bis 14. Lebensmonat die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG für einen Anspruch auf Elterngeld und könne auch gemäß § 4 Abs 3 BEEG grundsätzlich für bis zu 12 Monate Elterngeld beziehen. Jedoch gälten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs 1 oder Abs 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustünden, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe. Diese Monate gälten damit als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht. Die Klägerin habe im 1. und 2. Lebensmonat ihrer Tochter Mutterschaftsgeld bezogen; dabei handele es sich um eine gemäß § 3 Abs 1 BEEG auf das Elterngeld anzurechnende Leistung. Folglich habe die Klägerin durch den Bezug von Mutterschaftsgeld zwei Monate des möglichen Bezugszeitraums des Elterngelds verbraucht, so dass ihr nur noch ein Anspruch auf zehn Monate Elterngeld verbleibe, aufgrund des von ihr beantragten Beginns also vom 3. bis 12. Lebensmonat. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Klägerin bewusst kein Elterngeld für die ersten beiden Lebensmonate von A beantragt habe. Denn bei der Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG handele es sich um eine gesetzliche Fiktion gerade für den Fall, dass ein Elternteil mit Leistungsbezug im Sinne des § 3 Abs 1 oder Abs 3 BEEG für den Bezugszeitraum der danach anzurechnenden Leistungen tatsächlich keine Inanspruchnahme von Elterngeld gewählt habe. Hierdurch werde eine Umgehung der Anrechnungsvorschrift verhindert. Durch diese Regelung sollten Doppelleistungen gleicher Zweckrichtung vermieden werden, denn sowohl das Elterngeld als auch das Mutterschaftsgeld hätten den Zweck, Einkommenseinbußen nach der Geburt des Kindes auszugleichen. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, sei im Falle gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 19.07.2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 30.07.2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Das zunächst unter dem Aktenzeichen L 11 EG 3568/10 anhängige Verfahren ist mit Beschluss vom 27.10.2010 im Hinblick auf ausstehende Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zum Ruhen gebracht worden. Am 17.01.2012 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen. Die Klägerin führt nunmehr aus, sie halte ihre Berufung auch nach den Entscheidungen des BSG vom 26.05.2011 aufrecht. Den dortigen Entscheidungen habe jeweils ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Das BSG habe in den Entscheidungen B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R nicht zu dem Problem Stellung genommen, ob auch der 13. und 14. Lebensmonat eines Kindes von der "Fiktion des Anspruchsverbrauchs" erfasst würden. Die Beklagte zitiere korrekt aus den Entscheidungsgründen (RdNr 27) " ... eine durch die Anrechnung zu vermeidende Gewährung von Doppelleistungen (zB Mutterschaftsgeld und Elterngeld) kann nur insoweit eintreten, als derselben Person für einen zeitlich konkludenten Zeitraum dem Grunde nach sowohl ein Anspruch auf Mutterschaftsleistungen als auch ein Anspruch auf Elterngeld zusteht". Die Beklagte wende diesen Rechtssatz jedoch nicht auf den vorliegenden Fall an, denn der Klägerin stehe eben für den 3. bis 14. Lebensmonat ihrer Tochter kein Anspruch auf Mutterschaftsleistungen zu. Es bestehe keine zeitliche Kongruenz. Die Argumentation des BSG vermöge auch in der Sache nicht zu überzeugen. Das BSG räume selbst ein, dass der Begriff "anzurechnende Leistung" so aufgefasst werden könne, dass eine anrechenbare Leistung nur dann vorliege, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werde. Insoweit liege auch eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften nicht vor, da die Eltern nach § 5 Abs 1 BEEG den Berechtigten bestimmten und erst mit dieser Bestimmung sich der Anspruch auf die einzelne Person konkretisiere. Es sei nicht Sinn des Gesetzes gewesen, die Leistungen an Elterngeld in jedem Fall um das Mutterschaftsgeld zu kürzen. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass beide Eltern zusammen nicht auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer von 14 Kalendermonaten Elterngeldbezug kommen könnten, die Erweiterung des Elterngeldes um die sogenannten Vätermonate liefe ins Leere. Das Zusammenspiel zwischen § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG und § 4 Abs 3 Sätze 1 und 2 BEEG ergebe nur dann Sinn, wenn sich die Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf den Elterngeldanspruch der Mutter beziehe. Soweit das BSG zu Unrecht davon ausgehe, dass der Gesetzgeber mit den Anrechnungsregelungen des § 3 Abs 1 und 3 BEEG eine Umgehung durch die entsprechende Bestimmung des Anspruchsberechtigten durch die Eltern habe vermeiden wollen, hätte dies einer klaren Wortlautfassung bedurft, um diese restriktive Gesetzesauslegung zu erreichen. Im Übrigen käme es auch zu grundrechtswidrigen Ungleichbehandlungen. Es würde nicht nur Artikel 3 Abs 1 und Abs 3 Grundgesetz (GG) und das Sozialstaatsprinzip, sondern auch der Schutz der Familie in Artikel 6 Abs 1 und Abs 2 GG verletzt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege auch insofern vor, als eine Mutter, die in der Schutzfrist nach dem Mutterschutzgesetz erkranke und ihr Kind nicht betreue oder erziehe mangels Elterngeldberechtigung kein Elterngeld beziehen könne, wohl aber Mutterschaftsgeld, und für den 3. bis 14. Lebensmonat des Kindes nach Auffassung der Beklagten elterngeldberechtigt wäre oder eine Mutter, die in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes ohne ihr Kind zu ihren Eltern ziehe und dadurch mangels Betreuung und Erziehung § 1 Abs 1 Nr 3 BEEG nicht erfülle, aber Mutterschaftsgeld berechtigt bleibe, nach Aufnahme ihres Kindes für den 3. bis 14. Lebensmonat Elterngeld berechtigt wäre. Diejenige Mutter, die dagegen während der Mutterschaftsleistungen für ihr Kind da sei, es betreue und erziehe, verliere nach Auffassung der Beklagten für zwei Monate Anspruch auf Elterngeld. Es wäre ein Unding, würde die Rechtsprechung diese Ungleichbehandlung zementieren.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.06.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2009 zu verurteilen, der Klägerin auch für den 13. und 14. Lebensmonat von A Elterngeld in Höhe von 1.177,15 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf die Rechtsprechung des BSG. Dieses habe in den Urteilen vom 26.05.2011 (B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R) entschieden, dass die Fiktion des Anspruchsverbrauchs des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG dann greifen könne, wenn die anspruchsberechtigte Person in diesen Monaten die Anspruchsvoraussetzungen für Elterngeld theoretisch erfülle. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen, sie sei grundsätzlich Elterngeld berechtigt gewesen. Damit sei nach der Rechtsprechung des BSG die Fiktion des Anspruchsverbrauchs in den beiden ersten Lebensmonaten erfüllt, die Beklagte habe zu Recht diese Monate bei der Berechnung des Elterngeldes als verbraucht gewertet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sacherhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg. Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte auch im hier streitigen Bezugszeitraum vom 30.03. bis 29.05.2010 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit der am 30.03.2009 geborenen A in einem Haushalt, betreute und erzog sie und übte während dieses Zeitraums keine Erwerbstätigkeit aus.
Regelungen zum Bezugszeitraum von Elterngeld enthält § 4 BEEG. Nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate gezahlt (zum sog Lebensmonatsprinzip vgl BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2). Nach § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 BEEG). Waren beide Elternteile - wie hier - vor der Geburt erwerbstätig und unterbricht mindestens ein Elternteil nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit oder schränkt sie in relevantem Umfang ein, haben die Eltern demnach insgesamt für die Dauer von 14 Lebensmonaten des Kindes Anspruch auf Elterngeld. Diesen Gesamtanspruch können die Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung untereinander aufteilen. Nach § 4 Abs 2 Satz 4 BEEG können die Eltern dabei die (12 oder 14) Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen, bestimmen sie nach § 5 Abs 1 BEEG grundsätzlich, wer von ihnen welche Monatsbeträge in Anspruch nimmt. Diese Bestimmung ist im Antrag vorzunehmen (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 BEEG). Nach § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen. Dabei gelten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG die Lebensmonate des Kindes, in denen ua nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnende Leistungen - wie Mutterschaftsgeld und die diesem gleichstehende Fortzahlung der Dienstbezüge für die Zeit des Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs 1 Satz 3 BEEG) - zustehen, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. Durch diese gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG anzurechnende Mutterschaftsgeld, kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat, vorliegend also die Mutter.
Mit seinen Entscheidungen vom 26.05.2011 hat das BSG klargestellt, wie der auslegungsbedürftige Tatbestand des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG mit dem Begriff der "anzurechnenden Leistungen" zu verstehen ist. Dabei hat das BSG grundsätzlich drei Auslegungsmöglichkeiten gesehen: (1.) Für den Eintritt der Fiktion von Bezugsmonaten genügt es, dass der berechtigten Person (hier Mutter) in dem betreffenden Monat ihrer Art nach "anzurechnende Leistungen" (hier Mutterschaftsgeld) zustehen, unabhängig davon, ob im konkreten Fall überhaupt ein Elterngeldanspruch bestehen kann; (2.) enge Auslegung dahin, dass "anzurechnende Leistungen" nur dann vorliegen, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werden; (3.) in dem betreffenden Lebensmonat muss die Person, der die anzurechnende Leistung zusteht, aufgrund objektiver Gegebenheiten auch zum elterngeldberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 BEEG gehören. Das BSG hat sich unter Bezugnahme auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG für die zuletzt genannte Auffassung entschieden (BSG 26.05.2011, B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R, juris). Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser Auffassung an.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die unter anzurechnenden Leistungen nur tatsächlich angerechnete Leistungen versteht, wird hingegen dem Ziel der Vermeidung von Doppelleistungen nicht gerecht. Denn nach ihrer Auffassung könnte die gesetzlich vorgesehene Fiktion von Bezugsmonaten schon dadurch umgangen werden, dass - wie im vorliegenden Fall - für eine Zeit des (nachgeburtlichen) Bezugs von Mutterschaftsgeld nicht die Mutter, sondern der Vater Elterngeld beansprucht.
Einen Verstoß gegen Artikel 3 Abs 1 GG oder Artikel 6 Abs 1 GG durch die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG in der hier vertretenen Auslegung vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen Darlegungen des BSG im Urteil vom 26.05.2011 (B 10 EG 12/10 R, juris) an. Insbesondere ist hierbei zu berücksichtigen, dass der normative Gehalt des Gleichheitssatzes seine Präzisierung im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs erfährt und je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ein unterschiedlich strenger Prüfungsmaßstab anzulegen ist (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176). Dabei ergibt sich aus der Schutzpflicht des Artikel 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern, so dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung der Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (BVerfG 10.11.1998, 2 BvR 1057/91 ua, BVerfGE 99, 216). Die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG, wonach ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld an mindestens einem Tag des Lebensmonats ausreicht, der Mutter zwingend diesen Lebensmonat als Bezugsmonat des Elterngelds zuzuordnen, berührt die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise. Die damit verbundene Beschränkung des sich aus § 5 Abs 1 BEEG ergebenden Bestimmungsrechts der Eltern, wer von ihnen welche Bezugsmonate in Anspruch nimmt, ist nicht so intensiv, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidung der Eltern hat, teilweise oder zeitweise auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung des Kindes zu verzichten (zum Ganzen: BSG 26.05.2011, B 10 EG 12/10 R, juris RdNr 34 bis 36).
Die Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin eine Ungleichbehandlung darin sieht, dass Mütter ohne Elterngeldanspruch dem Grunde nach während des Bezugs von Mutterschaftsgeld bei Eintritt der Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld noch 12 Monate Elterngeld beziehen können, während ansonsten wegen der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nur zehn Monate tatsächlich geleistet werden, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs 1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (BVerfG 10.12.1985, 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255, 271; BVerfG 09.04.2003, 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01, BVerfG 108, 52 ff). Es ist dabei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 436). Dabei kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Verwaltung ein weitreichender Beurteilungsspielraum zu (BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176 ff). Gemessen daran ist für den Senat nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen Regelungsspielraum überschritten hat. Insbesondere erscheint ausgeschlossen, dass die Regelung in § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG einen derart starken Anreiz bietet, während des Bezugs von Mutterschaftsleistungen zur Vermeidung der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem BEEG beispielsweise die Haushaltsgemeinschaft mit dem Kind aufzugeben, dass insoweit durch den Gesetzgeber geradezu eine Gefährdung des Kindeswohls befördert würde. Abgesehen davon ist nach der aktuellen Gesetzeslage einer derartigen Gestaltung inzwischen ohnehin der Boden entzogen, denn in § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG (idF des Gesetzes vom 10.09.2012, BGBl I 1878) wurden die Worte "berechtigte Person" durch "Elternteil" ersetzt. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass entgegen der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG Lebensmonate des Kindes auch dann als Bezugsmonate gelten, wenn die Elterngeld beantragende Person in diesen Monaten nicht "berechtigt" ist, weil sie die Voraussetzungen des § 1 BEEG nicht erfüllt (vgl BT-Drucks 17/1221).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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