Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 3870/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3336/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1. Januar 1958 in der Türkei geborene Klägerin hat weder einen Beruf erlernt, noch eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. In der Türkei hat sie - vor ihrem Zuzug nach Deutschland im Jahr 1994 - ihren Angaben zufolge zehn Kinder geboren, A. (1. Januar 1973), B. (1. September 1979), C. (1. April 1981), D. (15. Februar 1982), E. (1. Januar 1984), F. (3. August 1986), G. (11. Oktober 1988), H. (1. November 1990), I. (1. Juli 1992) und J. (9. Dezember 1993). Ihren weiteren Angaben zufolge war sie von 1994 bis 2004 arbeitslos, danach hat sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 3. April 2008 mit Bescheid vom 30. Juni 2008 und Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und damit weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert sei.
Grundlagen der Entscheidung waren u.a. ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 23. März 2008 (Diagnosen [D]: arterielle Hypertonie, statisch-strukturelle WS-Insuffizienz, Gonarthrose, Z.n. Lungentuberkulose) und ein Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 9. Juni 2008 (D: rezidivierendes HWS-Syndrom mit Brachialgie links, rezidivierendes Lumbal-Syndrom mit rezidivierender Ischialgie links, Adipositas, Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperthyreose; aus orthopädischer Sicht könnten leichte Tätigkeiten im Sitzen - ohne Zwangshaltungen, regelmäßiges Heben und Tragen, Tätigkeiten mit Konzentration und mit vermehrter Geschicklichkeit der Hände und Finger - sechs Stunden und mehr verrichtet werden). Weitere Grundlagen waren Befundberichte des Dr. K. vom 23. August und 26. Oktober 2008 sowie 24. Januar 2009, der auch Berichte über stationäre Behandlungen in der medizinischen Universitätsklinik Freiburg vom 16. und 23. September 2008 (D: V.a. Tako-Tsubo Kardiomyopathie, COPD) und über eine stationäre Heilbehandlung in der Klinik Baden, Bad Krozingen vom 1. bis 22. Oktober 2008 (Belastungs-EKG bis 75 Watt unauffällig, arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten) vorgelegt hatte. Die internistische Begutachtung in der Gemeinschaftspraxis Kern/Dr. Kraft hatte nach einer Untersuchung vom 20. November 2008 die Diagnosen geringe chronisch obstruktive Bronchitis, arterielle Hypertonie, aktuell hypochrome mikrozytäre Anämie unklarer Genese, Z.n. Lungentuberkulose ohne Aktivitätszeichen, Adipositas, Hyperlipidämie, Hypertriglyzeridämie, Steatosis hepatis und Pankreaslipomatose ergeben. Ferner war ein V.a. auf WS-Syndrom, depressives Syndrom und Kardiomyopathie geäußert worden. Eine koronare Herzkrankheit (KHK) war coronarangiographisch ausgeschlossen worden). Bei der Ergometrie war die Klägerin bis zu einer Minute mit 100 Watt belastbar gewesen. Es waren kardiale und pulmoniale Funktionseinschränkungen festgestellt worden. Nach dem Ergebnis der Begutachtung waren aber leichte körperliche Arbeiten für vollschichtig zumutbar angesehen worden. Abschließend war Beratungsärztin Dr. Kalhlen am 10. Februar 2009 unter Mitberücksichtigung des Befundberichtes des Dr. K. vom 24. Januar 2009 zum Ergebnis gelangt, das quantitative Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt.
Die Beklagte hat die wegen der Ablehnung der Gewährung von Rente bei ihr am 7. April 2009 sinngemäß erhobene Klage dem Sozialgericht Freiburg (SG) vorgelegt. Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei wegen vielen Krankheiten ("wie Herzinfarkt, Tuberkulose, Blutzucker, Blutdruck, Kniegelenk [-scheibe] und viele andere Krankheiten") nicht in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Da SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Internist, Pneumologe und Kardiologe Dr. Lorz am 29. April 2011 (einmalige Vorstellung im Januar 2008 wegen seit einem Monat zunehmendem Husten), Dr. K. am 13. Mai 2011 (Schwerpunkt der Erkrankungen auf kardiologischem, orthopädischem und pulmologischem Gebiet; eine sechsstündige Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes sei nicht möglich) und der Orthopäde Dr. Veith am 6. Juni 2011 (leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich) berichtet.
Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Internisten Dr. M. vom 17. Februar 2012 eingeholt. Bei ihm hat die Klägerin angegeben, sie leide unter Kopfschmerzen sowie Schmerzen in den Knien und im Kreuz, manchmal Stichen in der Herzgegend, Atemnot nach Steigen eines Treppenabsatzes, häufigem Husten und gelegentlich Beschwerden im Bauchraum. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestünden ein erhebliches Übergewicht, ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, eine arterielle Hypertonie, eine chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) ohne erhebliche Funktionsbeeinträchtigung der Lunge, eine "Tako-Tsubo"-Kardiomyopathie ohne nachweisbare Schädigung des Herzmuskels und eine gehäufte supraventrikuläre Extrasystolie. Aus der Vorgeschichte sei eine Refluxösophagitis bekannt, die weiter medikamentös behandelt werde. Die chronisch obstruktive Bronchitis führe zu einer geringen Minderung der körperlichen Belastbarkeit. Wegen der durchgemachten Kardiomyopathie sollte keine Stressbelastung erfolgen. Vorwiegend sei die körperliche Belastbarkeit aber durch das erhebliche Übergewicht verursacht sowie durch Gelenk- und WS-Beschwerden. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit geringer Intensität sei zumutbar. Die Klägerin könne leichte Arbeiten im Sitzen mit gelegentlichem Stehen verrichten, wobei Lasten von mehr als 5 kg zu vermeiden seien. Nicht zumutbar seien häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Einwirkungen von Kälte, Nässe, Wärme, Staub, Gasen und Dämpfen sowie Tätigkeiten mit starker Beanspruchung des Gehörs und des Sehvermögens. Unter Berücksichtigung der Einschränkungen sei eine Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden zumutbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 28. Juli 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. August 2012 Berufung eingelegt.
Im Rahmen einer stationären Behandlung vom 14. bis 22. September 2012 ist eine Hysterektomie durchgeführt worden.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Internisten Dr. N. vom 13. November 2012 eingeholt, der die Klägerin am 9. Oktober 2012 untersucht und eine Zusatzuntersuchung des Facharztes für Bronchialheilkunde von Bodegom vom 10. Oktober 2012 veranlasst hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden eine Hypertonie, eine KHK ohne relevante Herzminderleistung, eine Eisenmangelanämie, ein Z.n. operativer Entfernung der Gebärmutter am 14. September 2012, eine mäßige Adipositas, ein metabolisches Syndrom und ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Schwere körperliche Arbeiten und Wechselschichten seien auszuschließen. Die Klägerin könne aber leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Benutzung entsprechender Kleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die aktuelle Eisenmangelanämie sei einer kurzfristigen Behandlung gut zugänglich und führe zu keiner rentenrelevanten Leistungseinschränkung. Dr. M. könne er teilweise nicht folgen. Dem Sachverständigen haben der Bericht des Facharztes für Bronchialheilkunde von Bodegom vom 10. Oktober 2012 auf die von ihm bei diesem veranlasste Bodyplethysmographie und Ergospirometrie mit dem Laufband (Belastung bis 150 Watt) sowie der Bericht der Dr. O. vom 14. September 2012 über die Hysterektomie vorgelegen.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung von Dr. N. könne sie auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht verrichten. Sie leide unter mehreren Krankheiten, die sie im Alltag sehr belasteten. Auch im Haushalt sei sie eingeschränkt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2009 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2008 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf die telefonische Mitteilung des Sohnes der Klägerin am 18. Februar 2013, diese könne zum Termin am 19. Februar 2013 nicht erscheinen, da sie im Krankenhaus liege, und er behalte sich vor, eventuell einen Verlegungsantrag zu stellen, ist ein Antrag auf Terminverlegung nicht gestellt worden.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesend oder vertreten war, entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der Terminmitteilung hingewiesen worden ist und auch ein Verlegungsantrag nicht gestellt worden ist.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Diese hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder auch Berufsunfähigkeit.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie keinen besonderen Berufsschutz genießt, keine schwere spezifische Leistungsminderung oder auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen und sie ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und damit auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie des Ergebnisses seiner weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass sich auch unter Berücksichtigung des noch vom Senat eingeholten Sachverständigengutachtens des Dr. N. eine weitergehende und rentenberechtigende Leistungsminderung der Klägerin nicht ergibt. Die zwischenzeitlich noch erfolgte Hysterektomie hat nur zu einer vorübergehenden Zeit der Arbeitsunfähigkeit geführt, nicht jedoch zu einer andauernden qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkung. Das Sachverständigengutachten des Dr. N., der eigens eine Bodyplethysmographie und eine Ergospirometrie mit dem Laufband bei Dr. van Bodegom veranlasst hat, hat eine relevante Leistungsminderung, die einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung begründen könnte, nicht nachzuweisen vermocht. Bei ihr bestehen im Wesentlichen eine Hypertonie, eine KHK ohne relevante Herzminderleistung, eine Eisenmangelanämie, ein Z.n. operativer Entfernung der Gebärmutter am 14. November 2012, eine Adipositas, ein metabolisches Syndrom und ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Schwere körperliche Arbeiten und Wechselschichten sind auszuschließen. Die Klägerin kann jedoch nach den schlüssigen und auf Grund der vorliegenden Befunde nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. N., die im Wesentlichen auch in Übereinstimmung stehen mit denen von Dr. M. (gegenüber dem er jedoch auf Grund der Belastbarkeitsprüfung bei Dr. van Bodegom von einer noch weitergehenden Belastbarkeit auch für mittelschwere Arbeiten ausgeht) leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Benutzung entsprechender Kleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen.
Ferner stehen die orthopädischen Leiden, wie auch Dr. L. ausgeführt und der behandelnde Orthopäde Dr. Veith bestätigt hat, jedenfalls leichten beruflichen Tätigkeiten nicht entgegen.
Soweit Dr. K. von einer auch quantitativen Leistungsminderung ausgeht, fehlt es hierfür an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung. Wie er ausgeführt hat, liegt der Schwerpunkt der Erkrankungen auf kardiologischem, orthopädischem und pulmologischem Gebiet. Für diese Fachgebiete liegen indes die o.g. schlüssigen Gutachten vor, die eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsminderung nicht erbracht haben.
Im Übrigen bestand auch auf die Mitteilung vom 18. Februar 2013, die die Klägerin befinde sich seit 15. Februar 2013 in stationärer Behandlung (ohne weitere sonstige Angaben), kein Anlass für weitere Ermittlungen oder eine Vertagung. Zum einen hat sich die Klägerin auch schon in der Vergangenheit in stationären Behandlungen befunden, zum anderen ist weder dargetan worden, noch ersichtlich, dass die Behandlung wegen dauerhafter Leiden, die von Bedeutung für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung sein könnten, veranlasst worden ist. Ein Verlegungsantrag ist gleichfalls nicht gestellt worden. Des weiteren steht es der Klägerin frei, bei Eintritt einer wesentlichen und dauerhaften Verschlechterung des Leistungsvermögens bei der Beklagten einen neuen Rentenantrag zu stellen.
Schließlich führen etwaige Sprachschwierigkeiten oder ein etwa bestehender Analphabetismus (der von ihr bei der Begutachtung angegeben wurde, aber nicht gesichert ist) nicht dazu, dass eine schwere spezifische Leistungsminderung, die zur Benennung einer Verweisungstätigkeit verpflichten würde, anzunehmen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R, in Juris).
Da die Klägerin somit ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, ist sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1. Januar 1958 in der Türkei geborene Klägerin hat weder einen Beruf erlernt, noch eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. In der Türkei hat sie - vor ihrem Zuzug nach Deutschland im Jahr 1994 - ihren Angaben zufolge zehn Kinder geboren, A. (1. Januar 1973), B. (1. September 1979), C. (1. April 1981), D. (15. Februar 1982), E. (1. Januar 1984), F. (3. August 1986), G. (11. Oktober 1988), H. (1. November 1990), I. (1. Juli 1992) und J. (9. Dezember 1993). Ihren weiteren Angaben zufolge war sie von 1994 bis 2004 arbeitslos, danach hat sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 3. April 2008 mit Bescheid vom 30. Juni 2008 und Widerspruchsbescheid vom 18. März 2009 ab, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne und damit weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert sei.
Grundlagen der Entscheidung waren u.a. ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 23. März 2008 (Diagnosen [D]: arterielle Hypertonie, statisch-strukturelle WS-Insuffizienz, Gonarthrose, Z.n. Lungentuberkulose) und ein Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 9. Juni 2008 (D: rezidivierendes HWS-Syndrom mit Brachialgie links, rezidivierendes Lumbal-Syndrom mit rezidivierender Ischialgie links, Adipositas, Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperthyreose; aus orthopädischer Sicht könnten leichte Tätigkeiten im Sitzen - ohne Zwangshaltungen, regelmäßiges Heben und Tragen, Tätigkeiten mit Konzentration und mit vermehrter Geschicklichkeit der Hände und Finger - sechs Stunden und mehr verrichtet werden). Weitere Grundlagen waren Befundberichte des Dr. K. vom 23. August und 26. Oktober 2008 sowie 24. Januar 2009, der auch Berichte über stationäre Behandlungen in der medizinischen Universitätsklinik Freiburg vom 16. und 23. September 2008 (D: V.a. Tako-Tsubo Kardiomyopathie, COPD) und über eine stationäre Heilbehandlung in der Klinik Baden, Bad Krozingen vom 1. bis 22. Oktober 2008 (Belastungs-EKG bis 75 Watt unauffällig, arbeitsfähig für leichte Tätigkeiten) vorgelegt hatte. Die internistische Begutachtung in der Gemeinschaftspraxis Kern/Dr. Kraft hatte nach einer Untersuchung vom 20. November 2008 die Diagnosen geringe chronisch obstruktive Bronchitis, arterielle Hypertonie, aktuell hypochrome mikrozytäre Anämie unklarer Genese, Z.n. Lungentuberkulose ohne Aktivitätszeichen, Adipositas, Hyperlipidämie, Hypertriglyzeridämie, Steatosis hepatis und Pankreaslipomatose ergeben. Ferner war ein V.a. auf WS-Syndrom, depressives Syndrom und Kardiomyopathie geäußert worden. Eine koronare Herzkrankheit (KHK) war coronarangiographisch ausgeschlossen worden). Bei der Ergometrie war die Klägerin bis zu einer Minute mit 100 Watt belastbar gewesen. Es waren kardiale und pulmoniale Funktionseinschränkungen festgestellt worden. Nach dem Ergebnis der Begutachtung waren aber leichte körperliche Arbeiten für vollschichtig zumutbar angesehen worden. Abschließend war Beratungsärztin Dr. Kalhlen am 10. Februar 2009 unter Mitberücksichtigung des Befundberichtes des Dr. K. vom 24. Januar 2009 zum Ergebnis gelangt, das quantitative Leistungsvermögen sei nicht eingeschränkt.
Die Beklagte hat die wegen der Ablehnung der Gewährung von Rente bei ihr am 7. April 2009 sinngemäß erhobene Klage dem Sozialgericht Freiburg (SG) vorgelegt. Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei wegen vielen Krankheiten ("wie Herzinfarkt, Tuberkulose, Blutzucker, Blutdruck, Kniegelenk [-scheibe] und viele andere Krankheiten") nicht in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Da SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben der Internist, Pneumologe und Kardiologe Dr. Lorz am 29. April 2011 (einmalige Vorstellung im Januar 2008 wegen seit einem Monat zunehmendem Husten), Dr. K. am 13. Mai 2011 (Schwerpunkt der Erkrankungen auf kardiologischem, orthopädischem und pulmologischem Gebiet; eine sechsstündige Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes sei nicht möglich) und der Orthopäde Dr. Veith am 6. Juni 2011 (leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich) berichtet.
Ferner hat das SG ein Sachverständigengutachten des Internisten Dr. M. vom 17. Februar 2012 eingeholt. Bei ihm hat die Klägerin angegeben, sie leide unter Kopfschmerzen sowie Schmerzen in den Knien und im Kreuz, manchmal Stichen in der Herzgegend, Atemnot nach Steigen eines Treppenabsatzes, häufigem Husten und gelegentlich Beschwerden im Bauchraum. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es bestünden ein erhebliches Übergewicht, ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, eine arterielle Hypertonie, eine chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) ohne erhebliche Funktionsbeeinträchtigung der Lunge, eine "Tako-Tsubo"-Kardiomyopathie ohne nachweisbare Schädigung des Herzmuskels und eine gehäufte supraventrikuläre Extrasystolie. Aus der Vorgeschichte sei eine Refluxösophagitis bekannt, die weiter medikamentös behandelt werde. Die chronisch obstruktive Bronchitis führe zu einer geringen Minderung der körperlichen Belastbarkeit. Wegen der durchgemachten Kardiomyopathie sollte keine Stressbelastung erfolgen. Vorwiegend sei die körperliche Belastbarkeit aber durch das erhebliche Übergewicht verursacht sowie durch Gelenk- und WS-Beschwerden. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit geringer Intensität sei zumutbar. Die Klägerin könne leichte Arbeiten im Sitzen mit gelegentlichem Stehen verrichten, wobei Lasten von mehr als 5 kg zu vermeiden seien. Nicht zumutbar seien häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an laufenden Maschinen sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Einwirkungen von Kälte, Nässe, Wärme, Staub, Gasen und Dämpfen sowie Tätigkeiten mit starker Beanspruchung des Gehörs und des Sehvermögens. Unter Berücksichtigung der Einschränkungen sei eine Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden zumutbar.
Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juli 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 28. Juli 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. August 2012 Berufung eingelegt.
Im Rahmen einer stationären Behandlung vom 14. bis 22. September 2012 ist eine Hysterektomie durchgeführt worden.
Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Internisten Dr. N. vom 13. November 2012 eingeholt, der die Klägerin am 9. Oktober 2012 untersucht und eine Zusatzuntersuchung des Facharztes für Bronchialheilkunde von Bodegom vom 10. Oktober 2012 veranlasst hat. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden eine Hypertonie, eine KHK ohne relevante Herzminderleistung, eine Eisenmangelanämie, ein Z.n. operativer Entfernung der Gebärmutter am 14. September 2012, eine mäßige Adipositas, ein metabolisches Syndrom und ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Schwere körperliche Arbeiten und Wechselschichten seien auszuschließen. Die Klägerin könne aber leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Benutzung entsprechender Kleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Die aktuelle Eisenmangelanämie sei einer kurzfristigen Behandlung gut zugänglich und führe zu keiner rentenrelevanten Leistungseinschränkung. Dr. M. könne er teilweise nicht folgen. Dem Sachverständigen haben der Bericht des Facharztes für Bronchialheilkunde von Bodegom vom 10. Oktober 2012 auf die von ihm bei diesem veranlasste Bodyplethysmographie und Ergospirometrie mit dem Laufband (Belastung bis 150 Watt) sowie der Bericht der Dr. O. vom 14. September 2012 über die Hysterektomie vorgelegen.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung von Dr. N. könne sie auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht verrichten. Sie leide unter mehreren Krankheiten, die sie im Alltag sehr belasteten. Auch im Haushalt sei sie eingeschränkt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2009 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2008 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Auf die telefonische Mitteilung des Sohnes der Klägerin am 18. Februar 2013, diese könne zum Termin am 19. Februar 2013 nicht erscheinen, da sie im Krankenhaus liege, und er behalte sich vor, eventuell einen Verlegungsantrag zu stellen, ist ein Antrag auf Terminverlegung nicht gestellt worden.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesend oder vertreten war, entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der Terminmitteilung hingewiesen worden ist und auch ein Verlegungsantrag nicht gestellt worden ist.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Diese hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder auch Berufsunfähigkeit.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie keinen besonderen Berufsschutz genießt, keine schwere spezifische Leistungsminderung oder auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen und sie ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und damit auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert oder berufsunfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie des Ergebnisses seiner weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass sich auch unter Berücksichtigung des noch vom Senat eingeholten Sachverständigengutachtens des Dr. N. eine weitergehende und rentenberechtigende Leistungsminderung der Klägerin nicht ergibt. Die zwischenzeitlich noch erfolgte Hysterektomie hat nur zu einer vorübergehenden Zeit der Arbeitsunfähigkeit geführt, nicht jedoch zu einer andauernden qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkung. Das Sachverständigengutachten des Dr. N., der eigens eine Bodyplethysmographie und eine Ergospirometrie mit dem Laufband bei Dr. van Bodegom veranlasst hat, hat eine relevante Leistungsminderung, die einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung begründen könnte, nicht nachzuweisen vermocht. Bei ihr bestehen im Wesentlichen eine Hypertonie, eine KHK ohne relevante Herzminderleistung, eine Eisenmangelanämie, ein Z.n. operativer Entfernung der Gebärmutter am 14. November 2012, eine Adipositas, ein metabolisches Syndrom und ein nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II. Schwere körperliche Arbeiten und Wechselschichten sind auszuschließen. Die Klägerin kann jedoch nach den schlüssigen und auf Grund der vorliegenden Befunde nachvollziehbaren Ausführungen des Dr. N., die im Wesentlichen auch in Übereinstimmung stehen mit denen von Dr. M. (gegenüber dem er jedoch auf Grund der Belastbarkeitsprüfung bei Dr. van Bodegom von einer noch weitergehenden Belastbarkeit auch für mittelschwere Arbeiten ausgeht) leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Benutzung entsprechender Kleidung auch im Freien, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche verrichten. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen.
Ferner stehen die orthopädischen Leiden, wie auch Dr. L. ausgeführt und der behandelnde Orthopäde Dr. Veith bestätigt hat, jedenfalls leichten beruflichen Tätigkeiten nicht entgegen.
Soweit Dr. K. von einer auch quantitativen Leistungsminderung ausgeht, fehlt es hierfür an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung. Wie er ausgeführt hat, liegt der Schwerpunkt der Erkrankungen auf kardiologischem, orthopädischem und pulmologischem Gebiet. Für diese Fachgebiete liegen indes die o.g. schlüssigen Gutachten vor, die eine rentenrechtlich bedeutsame Leistungsminderung nicht erbracht haben.
Im Übrigen bestand auch auf die Mitteilung vom 18. Februar 2013, die die Klägerin befinde sich seit 15. Februar 2013 in stationärer Behandlung (ohne weitere sonstige Angaben), kein Anlass für weitere Ermittlungen oder eine Vertagung. Zum einen hat sich die Klägerin auch schon in der Vergangenheit in stationären Behandlungen befunden, zum anderen ist weder dargetan worden, noch ersichtlich, dass die Behandlung wegen dauerhafter Leiden, die von Bedeutung für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung sein könnten, veranlasst worden ist. Ein Verlegungsantrag ist gleichfalls nicht gestellt worden. Des weiteren steht es der Klägerin frei, bei Eintritt einer wesentlichen und dauerhaften Verschlechterung des Leistungsvermögens bei der Beklagten einen neuen Rentenantrag zu stellen.
Schließlich führen etwaige Sprachschwierigkeiten oder ein etwa bestehender Analphabetismus (der von ihr bei der Begutachtung angegeben wurde, aber nicht gesichert ist) nicht dazu, dass eine schwere spezifische Leistungsminderung, die zur Benennung einer Verweisungstätigkeit verpflichten würde, anzunehmen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R, in Juris).
Da die Klägerin somit ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann, ist sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.
Da das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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