Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3573/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4189/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. August 2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klage betrifft ein Überprüfungsverfahren im Bereich des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Kläger bezog ab dem 21.08.2006 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten, wobei er von der Agentur für Arbeit R. betreut wurde. Nachdem Poststücke an den Kläger mehrfach als nicht zustellbar zurückgekehrt waren, kam es am 28.09.2006 zu einem Kontakt des Klägers mit seinem Ansprechpartner in R ... Dabei erklärte der Kläger, er wolle ab dem 13.09.2006 seine minderjährige, am 28.04.2005 geborene Tochter (die jetzige Klägerin) betreuen, und stehe daher den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung. Den Aktenvermerk über dieses Gespräch unterzeichnete er persönlich. Die Beklagte stellte sodann mit Bescheid vom 16.10.2006 die Leistungsgewährung ab dem 13.09.2006 ein. Gegen diesen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2006 richtete sich die Klage S 12 AS 343/06 vor dem Sozialgericht R., mit der Kläger Alg auch vom 13. bis 27.09.2006 verlangte. Das Sozialgericht R. wies die Klage mit Urteil vom 30.04.2008 ab, das Bayerischen Landessozialgericht die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers (L 9 AL 143/08 NZB) mit Beschluss vom 30.11.2009 zurück. Der Kläger meldete sich am 14.07.2008 bei der Agentur für Arbeit R. erneut arbeitslos. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.07.2008 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da der Kläger wegen der Betreuung der Klägerin zu 2 nicht verfügbar sei. Der Kläger meldete sich am 09.07.2010 bei der Agentur für Arbeit R. erneut arbeitslos. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.07.2010 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da der Kläger wegen der Betreuung der Klägerin zu 2 nicht verfügbar sei. Anscheinend fragte der Kläger mit Schreiben vom 13.09.2010 wegen seines Restanspruchs auf Alg aus dem Leistungsbezug bis 2006 nach. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 23.09.2008 – ohne Rechtsbehelfsbelehrung – mit, sein restlicher Anspruch von noch 157 Tagen sei am 22.08.2010, vier Jahre nach seinem Entstehen, erloschen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 als unzulässig verwarf, weil das Schreiben vom 23.09.2008 keinen Verwaltungsakt dargestellt habe. Hiergegen erhob der Kläger für sich und auch im Namen seiner Tochter Klage zum Sozialgericht R. (S 12 AL 247/10), die mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2012 abgewiesen worden ist. Über die hiergegen eingelegte Berufung hat das Bayerische Landessozialgericht (L 9 AL 280/12) nach Aktenlage noch nicht entschieden. Der Kläger war zwischenzeitlich nach Baden-Württemberg verzogen und bezieht dort mit seiner Tochter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem beigeladenen Jobcenter. Er meldete sich am 08.09.2011 arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.09.2011 ab. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da er in der zweijährigen Rahmenfrist vor der Arbeitslosmeldung nicht wenigstens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Den Widerspruch, den der Kläger auch im Namen seiner minderjährigen Tochter erhoben hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011 zurück. Einen neuen Anspruch auf Alg habe der Kläger nicht erworben, da er nicht versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Der Rest seines Anspruchs auf Alg ab dem 21.08.2006 sei nach vier Jahren erloschen. Dieser Komplex ist Gegenstand des parallel verlaufenden Klageverfahrens S 2 AL 3260/11 vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) und Berufungsverfahrens L 3 AL 4156/12 vor dem erkennenden Senat. Der Kläger erinnerte mit Schreiben vom 04.10.2011 an einen Antrag, den er angeblich unter dem 14.09.2011 bei der Beklagten gestellt hatte, der aber dort nicht eingegangen war. In diesem Antrag hatte er die Überprüfung aller bereits bestandskräftigen Bescheide der Beklagten begehrt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Regelleistungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verfassungswidrig niedrig seien, er verwies hierzu auf das damals noch beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren 1 BvL 1/09 u. a. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.10.2011 ab. Die Bescheide über Alg seien zu Recht ergangen. Die Ausführungen des Klägers beträfen das SGB II. Der Kläger erhob Widerspruch und führte u. a. aus, die Beklagte (und das für das SGB II zuständige Jobcenter) seien "ja sowieso eine gemeinsame Einrichtung und Organisation". Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011. Darin führte sie auch aus, sie habe den Antrag nunmehr auch an das zuständige Jobcenter weitergeleitet. Der Kläger und ausdrücklich auch die Klägerin haben am 19.12.2011 Klage zum SG erhoben. Nachdem dieses darauf hingewiesen hatte, dass die Klage offensichtlich Ansprüche nach dem SGB II betreffe, für die die Beklagte nicht zuständig sei, hat der Kläger unter dem 14.05.2012 erwidert, das Jobcenter habe mit dieser Sache nichts zu tun, es gehe hauptsächlich um den "Bewilligungsbescheid" der Beklagten vom 23.08.2006. Mit weiterem Schriftsatz vom 27.07.2012 hat er zahlreiche Anträge auf Verurteilung der Beklagten zu Schadensersatz von mindestens EUR 6.000.000,00 sowie zu Schmerzensgeld von mindestens EUR 250.000,00, Beiordnung eines Rechtsanwalts, Akteneinsicht und strafrechtliche Überprüfungen gestellt. Die Nachkommen der Braunen seien überall in den bayerischen Behörden und der bayerischen Justiz ansässig. Man könne keinem Deutschen in Behörden oder Justiz mehr vertrauen, weil man von ihnen nur in die Irre geführt, getäuscht und betrogen werde. Man solle zu Fall gebracht werden. Mit Gerichtsbescheid vom 30.08.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld begehre, sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet. Die Klage der Klägerin sei unzulässig, da sie durch die Ablehnung des Überprüfungsantrags ihres Vaters nicht beschwert sei und ersichtlich als minderjähriges Kind auch keine Ansprüche auf Alg haben könne. Die Klage des Klägers sei unzulässig, soweit sie auch das Schreiben vom 13.09.2010 umfassen solle, denn insoweit sei beim SG R. (bzw. nunmehr dem Bayerischen LSG) noch ein Gerichtsverfahren anhängig. Im Übrigen sei seine Klage unbegründet. Der Überprüfungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden. Die Bescheide der Beklagten über die Aufhebung der Alg-Bewilligung vom 16.10.2006, die Ablehnungen der Alg-Anträge vom 23.07.2008 und 12.07.2010 seien rechtmäßig, da der Kläger damals mangels Verfügbarkeit keine Ansprüche auf Alg gehabt habe. Im Übrigen habe der Kläger nur zum SGB II vorgetragen. Gegen diesen, ihm am 04.09.2012 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 04.10.2012 per Telefax Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er werde seit vielen Jahren systematisch schikaniert, tyrannisiert, zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, er sei aus R. und Bayern vertrieben worden. Mit Beschluss vom 22.10.2012 hat der Senat das zuständige Jobcenter im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zum SGB II zum Verfahren beigeladen. Ein ausdrücklicher oder auch nur sinngemäßer Antrag kann dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren nicht entnommen werden. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt, aber die Leistungsakten der Kläger aus dem SGB II vorgelegt. Zu einem Erörterungstermin am 08.11.2012, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet war, ist der Kläger nicht erschienen, ohne dies zu entschuldigen oder auch nur Gründe dafür anzugeben. Der Kläger hat die Akten der Beklagten und des Beigeladenen sowie alle Gerichtsakten am 11.12.2012 bei dem Amtsgericht Radolfzell eingesehen. Am 02.02.2013 hat der Kläger ausgeführt, der auf den 06.02.2013 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung sei hinfällig, weil ihm - dem Kläger - nicht mitgeteilt worden sei, ob dieser Termin öffentlich oder nichtöffentlich sei. Es werde darauf bestanden, einen neuen Termin anzukündigen. Er - der Kläger - werde ein ärztliches Attest einreichen, wonach er am Verhandlungstag nicht verhandlungsfähig sei. Ein Attest ist nicht eingegangen. Einen zur Terminsstunde am 06.02.2013 telefonisch gestellten, nicht begründeten Befangenheitsantrag des Klägers gegen Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht S. hat der Senat ohne Beteiligung der abgelehnten Richterin in der Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufungen der Kläger in regulärer Besetzung einschließlich seiner Vorsitzenden, nachdem das gegen sie gerichtete Befangenheitsgesuch durch Beschluss zurückgewiesen worden ist. Der Senat konnte trotz des Schriftsatzes des Klägers vom 02.02.2013 entscheiden. Zwar kann in jenem Schriftsatz noch ein Verlegungsantrag im Sinne von §§ 110 Abs. 1, 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gesehen werden, denn der Kläger hat dort gebeten, ihm einen "neuen Termin anzukündigen". Einem Verlegungsantrag muss jedoch nach § 227 Abs. 1 ZPO nur stattgegeben werden, wenn ein erheblicher Grund vorliegt. Dieser muss vorgetragen sein oder für das Gericht erkennbar vorliegen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 227 Rn. 4). Eine Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) ist nach § 227 Abs. 2 ZPO dagegen nur auf Verlangen des Vorsitzenden nötig. Der Kläger hat schon keinen Verlegungsgrund genannt, sodass eine Glaubhaftmachung nicht zu fordern war. Eine dauerhafte krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit ist nicht erkennbar und wurde vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Und dass der Kläger bei Einreichung seines Schriftsatzes vom 02.02.2013 schon wusste, dass er am 06.02.2013 akut erkrankt sein würde, ist nicht anzunehmen. Er hat auch keinen Grund für seine künftige Verhandlungsunfähigkeit genannt, auch nicht in seinem Anruf zur Terminsstunde am Verhandlungstag. Es fehlt damit an einem schlüssigen Vortrag des Klägers, weshalb er am Verhandlungstag nicht erscheinen kann. Nachdem die Kläger weder vor dem SG noch im Berufungsverfahren nachvollziehbare Anträge (§ 92 Abs. 1 SGG) gestellt haben, war der Gegenstand des Verfahrens durch Auslegung zu ermitteln. Hiernach ist davon auszugehen, dass sich die Kläger allein gegen die Ablehnung des Überprüfungsantrags nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch den Bescheid vom 21.10.2011 wenden. Inhaltlich betrafen die damaligen Ausführungen zwar das SGB II, aber mit dem Schriftsatz vom 14.05.2012 haben die Kläger klargestellt, dass es ihnen allein um die Behandlung der Alg-Ansprüche des Klägers durch die Agentur für Arbeit Regensburg ging. Die weiteren Anträge aus dem Schriftsatz vom 27.07.2012 waren, auch hinsichtlich der geltend gemachten Schadens- und Schmerzensgeldansprüche in utopischen Höhen, ersichtlich nicht ernst gemeint. Anderenfalls hätte das SG insoweit das Verfahren nach § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das zuständige Landgericht Nürnberg verweisen müssen, wobei der erkennende Senat als Berufungsgericht diesen Punkt nach § 17a Abs. 5 GVG ohnehin nicht überprüfen könnte. In diesem Rahmen sind die Berufungen beider Kläger zulässig (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143, § 151 SGG), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und ggfs. Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Die Klage der Klägerin ist unzulässig, denn da weder der Ablehnungsbescheid vom 21.10.2011 noch der Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011 an sie adressiert waren, fehlt es im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten an einem anfechtbaren Bescheid als auch an dem nach § 78 Abs. 1 SGG ebenfalls notwendigen Vorverfahren. Hinzu kommt, worauf auch das SG zu Recht hingewiesen hat, dass die Klägerin auch nicht Adressatin der früheren Bescheide der Agentur für Arbeit R. war, sodass ihr offensichtlich keine Ansprüche auf Rücknahme jener Bescheide nach § 44 Abs. 1 SGB X zustehen können, sodass es ihr auch an der nach § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG notwendigen Klagebefugnis mangelt. Die Klage des Klägers ist in dem beschriebenen Umfang unbegründet. Die Beklagte hat die Rücknahme der früheren Bescheide im Überprüfungswege zu Recht abgelehnt. Der Kläger stand damals in Regensburg nach seinen eigenen Erklärungen wegen der Betreuung der Klägerin und dann auch wegen der unentgeltlichen Pflege seiner Mutter den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung, sodass ihm keine Ansprüche auf Alg zustanden (§§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III a.F.). Wegen der Begründung im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen des SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klage betrifft ein Überprüfungsverfahren im Bereich des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III). Der Kläger bezog ab dem 21.08.2006 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten, wobei er von der Agentur für Arbeit R. betreut wurde. Nachdem Poststücke an den Kläger mehrfach als nicht zustellbar zurückgekehrt waren, kam es am 28.09.2006 zu einem Kontakt des Klägers mit seinem Ansprechpartner in R ... Dabei erklärte der Kläger, er wolle ab dem 13.09.2006 seine minderjährige, am 28.04.2005 geborene Tochter (die jetzige Klägerin) betreuen, und stehe daher den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung. Den Aktenvermerk über dieses Gespräch unterzeichnete er persönlich. Die Beklagte stellte sodann mit Bescheid vom 16.10.2006 die Leistungsgewährung ab dem 13.09.2006 ein. Gegen diesen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2006 richtete sich die Klage S 12 AS 343/06 vor dem Sozialgericht R., mit der Kläger Alg auch vom 13. bis 27.09.2006 verlangte. Das Sozialgericht R. wies die Klage mit Urteil vom 30.04.2008 ab, das Bayerischen Landessozialgericht die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers (L 9 AL 143/08 NZB) mit Beschluss vom 30.11.2009 zurück. Der Kläger meldete sich am 14.07.2008 bei der Agentur für Arbeit R. erneut arbeitslos. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.07.2008 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da der Kläger wegen der Betreuung der Klägerin zu 2 nicht verfügbar sei. Der Kläger meldete sich am 09.07.2010 bei der Agentur für Arbeit R. erneut arbeitslos. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.07.2010 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da der Kläger wegen der Betreuung der Klägerin zu 2 nicht verfügbar sei. Anscheinend fragte der Kläger mit Schreiben vom 13.09.2010 wegen seines Restanspruchs auf Alg aus dem Leistungsbezug bis 2006 nach. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom 23.09.2008 – ohne Rechtsbehelfsbelehrung – mit, sein restlicher Anspruch von noch 157 Tagen sei am 22.08.2010, vier Jahre nach seinem Entstehen, erloschen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 als unzulässig verwarf, weil das Schreiben vom 23.09.2008 keinen Verwaltungsakt dargestellt habe. Hiergegen erhob der Kläger für sich und auch im Namen seiner Tochter Klage zum Sozialgericht R. (S 12 AL 247/10), die mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2012 abgewiesen worden ist. Über die hiergegen eingelegte Berufung hat das Bayerische Landessozialgericht (L 9 AL 280/12) nach Aktenlage noch nicht entschieden. Der Kläger war zwischenzeitlich nach Baden-Württemberg verzogen und bezieht dort mit seiner Tochter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem beigeladenen Jobcenter. Er meldete sich am 08.09.2011 arbeitslos und beantragte Alg. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.09.2011 ab. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da er in der zweijährigen Rahmenfrist vor der Arbeitslosmeldung nicht wenigstens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Den Widerspruch, den der Kläger auch im Namen seiner minderjährigen Tochter erhoben hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011 zurück. Einen neuen Anspruch auf Alg habe der Kläger nicht erworben, da er nicht versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Der Rest seines Anspruchs auf Alg ab dem 21.08.2006 sei nach vier Jahren erloschen. Dieser Komplex ist Gegenstand des parallel verlaufenden Klageverfahrens S 2 AL 3260/11 vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) und Berufungsverfahrens L 3 AL 4156/12 vor dem erkennenden Senat. Der Kläger erinnerte mit Schreiben vom 04.10.2011 an einen Antrag, den er angeblich unter dem 14.09.2011 bei der Beklagten gestellt hatte, der aber dort nicht eingegangen war. In diesem Antrag hatte er die Überprüfung aller bereits bestandskräftigen Bescheide der Beklagten begehrt und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Regelleistungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verfassungswidrig niedrig seien, er verwies hierzu auf das damals noch beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren 1 BvL 1/09 u. a. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.10.2011 ab. Die Bescheide über Alg seien zu Recht ergangen. Die Ausführungen des Klägers beträfen das SGB II. Der Kläger erhob Widerspruch und führte u. a. aus, die Beklagte (und das für das SGB II zuständige Jobcenter) seien "ja sowieso eine gemeinsame Einrichtung und Organisation". Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011. Darin führte sie auch aus, sie habe den Antrag nunmehr auch an das zuständige Jobcenter weitergeleitet. Der Kläger und ausdrücklich auch die Klägerin haben am 19.12.2011 Klage zum SG erhoben. Nachdem dieses darauf hingewiesen hatte, dass die Klage offensichtlich Ansprüche nach dem SGB II betreffe, für die die Beklagte nicht zuständig sei, hat der Kläger unter dem 14.05.2012 erwidert, das Jobcenter habe mit dieser Sache nichts zu tun, es gehe hauptsächlich um den "Bewilligungsbescheid" der Beklagten vom 23.08.2006. Mit weiterem Schriftsatz vom 27.07.2012 hat er zahlreiche Anträge auf Verurteilung der Beklagten zu Schadensersatz von mindestens EUR 6.000.000,00 sowie zu Schmerzensgeld von mindestens EUR 250.000,00, Beiordnung eines Rechtsanwalts, Akteneinsicht und strafrechtliche Überprüfungen gestellt. Die Nachkommen der Braunen seien überall in den bayerischen Behörden und der bayerischen Justiz ansässig. Man könne keinem Deutschen in Behörden oder Justiz mehr vertrauen, weil man von ihnen nur in die Irre geführt, getäuscht und betrogen werde. Man solle zu Fall gebracht werden. Mit Gerichtsbescheid vom 30.08.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger Schadensersatz und Schmerzensgeld begehre, sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet. Die Klage der Klägerin sei unzulässig, da sie durch die Ablehnung des Überprüfungsantrags ihres Vaters nicht beschwert sei und ersichtlich als minderjähriges Kind auch keine Ansprüche auf Alg haben könne. Die Klage des Klägers sei unzulässig, soweit sie auch das Schreiben vom 13.09.2010 umfassen solle, denn insoweit sei beim SG R. (bzw. nunmehr dem Bayerischen LSG) noch ein Gerichtsverfahren anhängig. Im Übrigen sei seine Klage unbegründet. Der Überprüfungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden. Die Bescheide der Beklagten über die Aufhebung der Alg-Bewilligung vom 16.10.2006, die Ablehnungen der Alg-Anträge vom 23.07.2008 und 12.07.2010 seien rechtmäßig, da der Kläger damals mangels Verfügbarkeit keine Ansprüche auf Alg gehabt habe. Im Übrigen habe der Kläger nur zum SGB II vorgetragen. Gegen diesen, ihm am 04.09.2012 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 04.10.2012 per Telefax Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er werde seit vielen Jahren systematisch schikaniert, tyrannisiert, zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, er sei aus R. und Bayern vertrieben worden. Mit Beschluss vom 22.10.2012 hat der Senat das zuständige Jobcenter im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zum SGB II zum Verfahren beigeladen. Ein ausdrücklicher oder auch nur sinngemäßer Antrag kann dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren nicht entnommen werden. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt, aber die Leistungsakten der Kläger aus dem SGB II vorgelegt. Zu einem Erörterungstermin am 08.11.2012, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet war, ist der Kläger nicht erschienen, ohne dies zu entschuldigen oder auch nur Gründe dafür anzugeben. Der Kläger hat die Akten der Beklagten und des Beigeladenen sowie alle Gerichtsakten am 11.12.2012 bei dem Amtsgericht Radolfzell eingesehen. Am 02.02.2013 hat der Kläger ausgeführt, der auf den 06.02.2013 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung sei hinfällig, weil ihm - dem Kläger - nicht mitgeteilt worden sei, ob dieser Termin öffentlich oder nichtöffentlich sei. Es werde darauf bestanden, einen neuen Termin anzukündigen. Er - der Kläger - werde ein ärztliches Attest einreichen, wonach er am Verhandlungstag nicht verhandlungsfähig sei. Ein Attest ist nicht eingegangen. Einen zur Terminsstunde am 06.02.2013 telefonisch gestellten, nicht begründeten Befangenheitsantrag des Klägers gegen Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht S. hat der Senat ohne Beteiligung der abgelehnten Richterin in der Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufungen der Kläger in regulärer Besetzung einschließlich seiner Vorsitzenden, nachdem das gegen sie gerichtete Befangenheitsgesuch durch Beschluss zurückgewiesen worden ist. Der Senat konnte trotz des Schriftsatzes des Klägers vom 02.02.2013 entscheiden. Zwar kann in jenem Schriftsatz noch ein Verlegungsantrag im Sinne von §§ 110 Abs. 1, 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gesehen werden, denn der Kläger hat dort gebeten, ihm einen "neuen Termin anzukündigen". Einem Verlegungsantrag muss jedoch nach § 227 Abs. 1 ZPO nur stattgegeben werden, wenn ein erheblicher Grund vorliegt. Dieser muss vorgetragen sein oder für das Gericht erkennbar vorliegen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 227 Rn. 4). Eine Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) ist nach § 227 Abs. 2 ZPO dagegen nur auf Verlangen des Vorsitzenden nötig. Der Kläger hat schon keinen Verlegungsgrund genannt, sodass eine Glaubhaftmachung nicht zu fordern war. Eine dauerhafte krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit ist nicht erkennbar und wurde vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Und dass der Kläger bei Einreichung seines Schriftsatzes vom 02.02.2013 schon wusste, dass er am 06.02.2013 akut erkrankt sein würde, ist nicht anzunehmen. Er hat auch keinen Grund für seine künftige Verhandlungsunfähigkeit genannt, auch nicht in seinem Anruf zur Terminsstunde am Verhandlungstag. Es fehlt damit an einem schlüssigen Vortrag des Klägers, weshalb er am Verhandlungstag nicht erscheinen kann. Nachdem die Kläger weder vor dem SG noch im Berufungsverfahren nachvollziehbare Anträge (§ 92 Abs. 1 SGG) gestellt haben, war der Gegenstand des Verfahrens durch Auslegung zu ermitteln. Hiernach ist davon auszugehen, dass sich die Kläger allein gegen die Ablehnung des Überprüfungsantrags nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch den Bescheid vom 21.10.2011 wenden. Inhaltlich betrafen die damaligen Ausführungen zwar das SGB II, aber mit dem Schriftsatz vom 14.05.2012 haben die Kläger klargestellt, dass es ihnen allein um die Behandlung der Alg-Ansprüche des Klägers durch die Agentur für Arbeit Regensburg ging. Die weiteren Anträge aus dem Schriftsatz vom 27.07.2012 waren, auch hinsichtlich der geltend gemachten Schadens- und Schmerzensgeldansprüche in utopischen Höhen, ersichtlich nicht ernst gemeint. Anderenfalls hätte das SG insoweit das Verfahren nach § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das zuständige Landgericht Nürnberg verweisen müssen, wobei der erkennende Senat als Berufungsgericht diesen Punkt nach § 17a Abs. 5 GVG ohnehin nicht überprüfen könnte. In diesem Rahmen sind die Berufungen beider Kläger zulässig (§ 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143, § 151 SGG), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und ggfs. Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 SGG) abgewiesen. Die Klage der Klägerin ist unzulässig, denn da weder der Ablehnungsbescheid vom 21.10.2011 noch der Widerspruchsbescheid vom 29.11.2011 an sie adressiert waren, fehlt es im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten an einem anfechtbaren Bescheid als auch an dem nach § 78 Abs. 1 SGG ebenfalls notwendigen Vorverfahren. Hinzu kommt, worauf auch das SG zu Recht hingewiesen hat, dass die Klägerin auch nicht Adressatin der früheren Bescheide der Agentur für Arbeit R. war, sodass ihr offensichtlich keine Ansprüche auf Rücknahme jener Bescheide nach § 44 Abs. 1 SGB X zustehen können, sodass es ihr auch an der nach § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG notwendigen Klagebefugnis mangelt. Die Klage des Klägers ist in dem beschriebenen Umfang unbegründet. Die Beklagte hat die Rücknahme der früheren Bescheide im Überprüfungswege zu Recht abgelehnt. Der Kläger stand damals in Regensburg nach seinen eigenen Erklärungen wegen der Betreuung der Klägerin und dann auch wegen der unentgeltlichen Pflege seiner Mutter den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung, sodass ihm keine Ansprüche auf Alg zustanden (§§ 118 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III a.F.). Wegen der Begründung im Übrigen verweist der Senat auf die Ausführungen des SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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