L 5 KR 5755/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 316/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5755/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer (weiteren) stationären Rehabilitationsbehandlung.

Der 1927 geborene (seit 1979 pensionierte) Kläger, GdB 100, dem in der Vergangenheit offenbar bereits 12 stationäre Rehabilitationsbehandlungen gewährt worden waren, ist Mitglied der Beklagten. Am 4.7.2008 verordnete ihm Dr. G. (erneut) eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Der Kläger leide (als rehabilitationsrelevante Schädigungen) an einem Wirbelsäulensyndrom, Gangstörung, Hypertonie, Osteochondrose, AVK. Diagnostiziert wurden (u.a.): Psoriasis capitis, COPD mit Dispnoe, mediale Gonarthrose, Osteochondrose, Hyperuricämie, Fettstoffwechselstörung, arterielle Hypertonie, Polyneuropathie, Karpaltunnelsyndrom bds. Es bestünden (u.a.) Schwierigkeiten bei der Mobilität und im häuslichen Leben; die Kommunikation und die Selbstversorgung seien nicht beeinträchtigt. Die Rehabilitationsleistung (vorzugsweise in Bayern oder an der Nordsee) sei vor Ablauf der Wartefrist von 4 Jahren dringend medizinisch notwendig; eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben. Das Rehabilitationsziel bestehe (u.a.) in einer Verbesserung der Mobilität, der Gehstrecke und der Belastbarkeit sowie einer Stabilisierung.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK). In der MDK-Stellungnahme nach Aktenlage vom 21.7.2008 führte Dr. W. aus, Haus- und Facharztbehandlungen sowie Heilmittelanwendungen am Wohnort seien zweckmäßig und ausreichend. Dass die ambulanten Therapiemöglichkeiten am Wohnort ausgeschöpft oder ungeeignet sein sollten, sei nicht nachvollziehbar. Es würden keine Angaben gemacht, in welcher Häufigkeit Bewegungstherapie, Elektrotherapie bzw. Wärme- und Kältetherapie in den letzten 12 Monaten verordnet worden seien. In der weiteren MDK-Stellungnahme vom 29.7.2008 führte Dr. R. ergänzend aus, es sei gutachterlich nicht erkennbar, ob die ambulante fachorthopädische Mitbehandlung nach erfolgter Kernspindiagnostik (13.5.2008) fortgesetzt und welches medizinische Vorgehen angedacht worden sei. Die ambulanten Therapiemöglichkeiten am Wohnort seien nicht ausgeschöpft. Ausreichende physische und psychische Belastbarkeit sowie die erforderliche Mobilität und Motivation hierfür seien vorhanden. Das gewünschte Gehtraining, die Gewichtsreduktion, Inhalationen und anderes könnten primär am Wohnort erfolgen. Ferner seien ggf. HMK-Maßnahmen, Muskelaufbautraining, Funktionstraining oder eine erneute Ernährungsberatung in Erwägung zu ziehen.

Mit Bescheid vom 7.8.2008 lehnte die Beklagte die Gewährung einer (weiteren) stationären Rehabilitationsbehandlung unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen des MDK ab.

Zur Begründung des dagegen unter dem 18.8.2008 erhobenen Widerspruchs legte der Kläger (u.a.) eine (nicht mit einer Begründung versehene) amtsärztliche Bescheinigung des Landratsamts - Gesundheitsamt - R. vom 22.8.2008 über die Notwendigkeit einer stationären Heilkur (in C.-D.) vor; der MDK habe ihn nicht persönlich untersucht.

Vom 30.8. bis 13.9.2008 führte der Kläger eine Kurmaßnahme in den Fachkliniken B. durch.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme nach Aktenlage vom 19.12.2008 führte Dr. R. aus, der Bericht über die amtsärztliche Untersuchung des Klägers beim Landratsamt (Gesundheitsamt) R. liege mangels Einverständnisses des Klägers nicht vor. Neue medizinische Erkenntnisse gebe es nicht. Es bleibe bei der Stellungnahme vom 29.7.2008. Vielmehr seien ambulante Vertragsarztbehandlungen am Wohnort auszuschöpfen. Eine körperliche Begutachtung des Klägers sei nicht notwendig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.1.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 27.1.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhob (zuvor Untätigkeitsklage Verfahren S 2 KR 5398/08, Rücknahme am 23.1.2009). Zur Begründung wiederholte er sein bisheriges Vorbringen; wirkliche Linderung verschaffe ihm hauptsächlich eine Klimaveränderung, während die vom MDK empfohlenen Behandlungen nicht den gewünschten Erfolg brächten.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob das orthopädische Gutachten des Dr. C. vom 10.11.2009 sowie das internistisch-pneumologische Gutachten des Dr. P. vom 8.3.2010 (mit ergänzender Stellungnahme vom 17.5.2010).

Der Neurologe und Psychiater Dr. S. gab im Bericht vom 9.3.2009 an, er habe den Kläger einmal am 26.2.2007 behandelt; die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme könne er nicht beurteilen. Der Hautarzt Dr. L. gab im Bericht vom 9.3.2009 eine Empfehlung für eine stationäre Rehabilitationsbehandlung ebenfalls nicht ab. Der Orthopäde Dr. H. teilte unter dem 11.3.2009 mit, er habe den Kläger zuletzt am 16.9.2008 behandelt und könne über dessen derzeitigen Gesundheitszustand daher keine Angaben machen. Der Internist Dr. G. (Hausarzt des Klägers) listete im Bericht vom 27.3.2009 (ergänzt durch Bericht vom 30.6.2009) Diagnosen auf und vertrat die Auffassung, zur Optimierung der pulmonalen Situation sei eine Reiztherapie im Hochgebirge oder an der See empfehlenswert. Der Kläger bekomme eine breite internistische Basismedikation; eine Optimierung der Behandlung erscheine dadurch nicht erreichbar, weshalb eine (zeitnahe) stationäre Rehabilitation empfohlen werde.

Der Orthopäde Dr. C. untersuchte den Kläger und führte in seinem Gutachten aus, der Kläger habe angegeben, hinsichtlich seiner Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet sei eine wohnortnahe Therapie ausreichend. Er begehre die stationäre Rehabilitationsbehandlung vorrangig nicht wegen der Wirbelsäulenbeschwerden, sondern wegen seines Bronchialasthmas, der Psoriasis und anderer internistischer Erkrankungen, wofür ein Klimawechsel im Hochgebirge oder am Meer notwendig sei. Dabei sollten die orthopädischen Erkrankungen mitbehandelt werden. Der Gutachter erachtete hinsichtlich der orthopädischen Erkrankungen ambulante Maßnahmen für ausreichend und zweckmäßig; eine stationäre Rehabilitationsbehandlung sei nicht notwendig.

Dr. P. untersuchte den Kläger ebenfalls und diagnostizierte (auf internistischem Fachgebiet) ein intrinisches Asthma bronchiale, unter der aktuellen Therapie lungenfunktionell leichtgradige Obstruktion, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Becken- und Oberschenkeltyp, medikamentös therapierten Bluthochdruck, eine Fettstoffwechselstörung sowie deutliches Übergewicht. Sinnvoll seien Maßnahmen zur Verbesserung der kardiovaskulären Risikofaktoren; diese bestünden im Wesentlichen aus einer Anpassung der Medikation und könnten ambulant vom Hausarzt durchgeführt werden. Eine ambulante oder stationäre Rehabilitationsbehandlung sei nicht erforderlich.

Nachdem der Kläger Einwendungen erhoben hatte, hielt Dr. P. in der ergänzenden Stellungnahme vom 17.5.2010 an seiner Einschätzung fest; neue Aspekte gebe es nicht. Eine stationäre Rehabilitationsbehandlung sei (im Anschluss an die Auffassung des behandelnden Hautarztes Dr. L. und des Neurologen Dr. S.) auch wegen dermatologischer oder neurologischer Erkrankungen nicht notwendig.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger könne eine stationäre Rehabilitationsbehandlung nicht beanspruchen. Gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB) V erbringe die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, wenn eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreiche, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu lindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Reichten ambulante Rehabilitationsleistungen nicht aus, erbringe die Krankenkasse stationäre Rehabilitationsleistungen mit Unterkunft und Verpflegung in Rehabilitationseinrichtungen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Hier sei eine stationäre Rehabilitationsbehandlung nicht erforderlich. Das hätten die Gutachter Dres C. und P. festgestellt. Die orthopädischen und internistischen Erkrankungen des Klägers sowie dessen übrige Beschwerden (etwa hinsichtlich des Nachtschlafs, einer Prostatavergrößerung oder der Haut) könnten ambulant (insbesondere medikamentös) ausreichend behandelt werden. Daran änderten die vom Kläger vorgelegten, nicht mit einer Begründung versehenen amtsärztlichen Bescheinigungen und die abweichende Auffassung des Hausarztes des Klägers nichts.

Auf den ihm am 3.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.12.2010 Berufung eingelegt. Er bekräftigt (unter Vorlage von Arztberichten, u.a. Entlassungsbericht des Fachklinikum B. vom 10.5.2011 über eine auf eigene Kosten durchgeführte stationäre Rehabilitationsbehandlung vom 5.4. bis 3.5.2011) sein bisheriges Vorbringen. Die Gutachten der Dres. C. und P. seien für ihn nicht nachvollziehbar; deren Auffassung werde nicht geteilt. Außerdem müsse man fragen, wie es um seine Gesundheit bestellt wäre, würde er nicht auf eigene Kosten Kuren absolvieren. Die Psoriasis-Erkrankung, für die ihm auch ein Teil-GdB zuerkannt sei, sei nicht ausreichend berücksichtigt worden; das folge auch aus einem Bericht der N.klinik N. vom 13.9.2007 über eine Kur vom 4.8. bis 6.9.2007 (u.a. deutlich gebesserter Hautzustand, Hautveränderungen am Kopf fast vollständig abgeheilt). Seine Atemwegserkrankung könne nur durch das Reizklima an einem Kurort gebessert werden. Hinzu kämen weitere Erkrankungen wie (u.a.) Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen im Beckenbereich und der Ausfall der sexuellen Potenz. Man möge weitere Gutachten auf orthopädischem, neurologischem, angiologischem und allgemeinmedizinischem Fachgebiet erheben.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.11.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.1.2009 zu verurteilen, ihm eine (weitere) stationäre Rehabilitationsbehandlung zu gewähren, hilfsweise, zum Beweis der Tatsache, dass er zur Milderung seiner bestehenden gesundheitlichen Beschwerden einer stationären Rehabilitationsbehandlung bedarf, wird beantragt, die Einholung von Sachverständigengutachten nach § 103 SGG, höchst hilfsweise nach § 109 SGG wie folgt: 1.) dermatologisch durch Dr. M. G. 2. lungenfachärztlich durch Dr. U. G.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat den Bericht des Hautarztes Dr. H. vom 5.8.2011 eingeholt. Darin ist angegeben, der Kläger werde seit 25.8.2010 (zuletzt am 1.8.2011) behandelt. Sein Gesundheitszustand habe sich nicht wesentlich verändert. Beim Kläger seien keine medizinischen Leistungen notwendig bzw. notwendig gewesen, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern.

Am 25.1.2012 hat eine erste mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Einen dort widerruflich abgeschlossenen Vergleich hat der Kläger (fristgerecht) widerrufen.

Der Senat hat sodann auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden und (u.a) Facharztes für rehabilitative Medizin Dr. U. (Chefarzt Orthopädie, Klinik Dr. D., B.-B.) vom 24.5.2012 erhoben. Der Gutachter hielt auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen fest: schmerzhafte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit der Wirbelsäule, insbesondere aber der Hals- und Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, Einschränkung der Gehstrecke als Folge einer möglichen Einengung des Rückenmarkkanals im Bereich der LWS sowie einer begleitenden Durchblutungsstörung bei Z. n. Implantation einer Bifurkationsprothese der Bauchschlagader im Jahr 1999, schmerzhafte Minderbeweglichkeit und Minderbelastbarkeit beider Arme im Schultergelenk bei Impingementsyndrom beider Arme im Schultergelenk rechts ) links, schmerzhafte Minderbelastbarkeit und Minderbeweglichkeit beider Kniegelenke links ) rechts bei Gonarthrose beidseits links ) rechts und schmerzhafte Missempfindungen beider Füße als Folge einer Polyneuropathie; fachfremde Diagnosen (nach Aktenlage): chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (Asthma bronchiale), periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Becken-Oberschenkel-Typ, Impingement Stadium 2a nach Fontaine, medikamentös therapierter Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung mit stark erhöhtem LDL-Cholesterin und erhöhten Triglyzeriden sowie Psoriasis capitis. Zur Behandlung dieser Erkrankungen seien umfangreiche therapeutische Maßnahmen erforderlich. Eine ausschließlich ambulante Therapie erscheine hierzu nicht ausreichend. Grundsätzlich stünden für alle beim Kläger vorliegenden orthopädischen Erkrankungen ambulante Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung. Aufgrund der Vielzahl der orthopädischen Erkrankungen (Schulter, Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Kniegelenke, Nervenschädigung, Schwindel) sei es indessen nicht realistisch anzunehmen, dass es unter den ambulant zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu einer relevanten Verbesserung der Leiden kommen könne. Die Vielzahl allein der orthopädischen Erkrankungen erfordere eine erhebliche Therapiedichte, die sich durch ambulante Maßnahmen nicht mehr abbilden lasse. Aufgrund der Vielzahl der erforderlichen therapeutischen Maßnahmen und den insbesondere im Alter des Klägers notwendigen Reizerholungsphasen nach den jeweiligen Anwendungen sei eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu befürworten, um in der üblicherweise zur Verfügung stehenden 3- bis max. 4-wöchigen Behandlungsdauer ein optimales Behandlungsergebnis erreichen zu können. Mittlerweile sei es zu einer Progredienz der orthopädischen Erkrankungen gekommen.

Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, ambulante Behandlungsmaßnahmen seien ausreichend. Dem Kläger seien in den zurückliegenden Quartalen (seit 14.6.2011) nur einmal im Quartal Krankengymnastik von höchstens 6 Einheiten, teils sogar von nur 3 Einheiten, und nie mehr als 5 Einheiten Massagen und Traktionsbehandlungen verschrieben worden. Ambulante Behandlungen am Wohnort hätten daher nicht umfangreich und intensiv stattgefunden. Die zweimal jährlich auf eigene Kosten absolvierten Kuren von 3 oder 4 Wochen Dauer könnten die scheinbar kurzfristige Besserung der Symptomatik nicht auffangen, wenn am Wohnort fast keine ambulanten Maßnahmen durchgeführt würden. Die vom Gutachter verlangten Reizerholungsphasen nach Anwendungen bei gleichzeitig erheblicher Therapiedichte lasse es zweifelhaft erscheinen, ob eine entsprechende stationäre Maßnahme überhaupt durchführbar wäre.

Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats die MDK Stellungnahme des Dr. F. vom 16.11.2012 (zum Gutachten des Dr. U.) vorgelegt. Darin ist ausgeführt, auch unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren (gemäß § 109 SGG) erhobenen Gutachtens des Dr. U. ergäben sich keine neuen sozialmedizinischen Aspekte. Bei Verordnung der stationären Rehabilitationsbehandlung seien die ambulanten wohnortnahen Therapiemöglichkeiten im Rahmen des Heilmittelkatalogs (Physiotherapie, wie Krankengymnastik, Atemgymnastik, manuelle Therapie; physikalische Therapie, wie Elektrotherapie, Wärmetherapie/Kältetherapie; Funktionstraining, Reha-Sport, Ernährungsberatung, spezielle Schmerztherapie u.a.) sowie die Behandlungsmöglichkeiten der vertragsärztlichen Versorgung zum Erreichen der im Verordnungszeitpunkt genannten Rehabilitationsziele ausreichend und zweckmäßig und seinerzeit nicht ausgeschöpft gewesen. Bei zum Zeitpunkt der Verordnung hinreichend gegebener Mobilität und unter der Berücksichtigung der vorliegenden Fähigkeitsstörungen sei die Notwendigkeit einer über die kurative Versorgung hinausgehenden stationären medizinischen Rehabilitation mit interdisziplinärem und multidimensionalem Therapieansatz sowie der dauerhaften pflegerischen/ärztlichen Präsenz aus sozialmedizinischer Sicht nicht nachvollziehbar. Ebensowenig sei aus sozialmedizinischer Sicht die Notwendigkeit eines Klimawechsels bzw. einer Distanzierung zum häuslichen Umfeld nachzuvollziehen. Neue sozialmedizinische Aspekte hätten sich insgesamt nicht ergeben. Zum Erreichen der Rehabilitationsziele seien weiterhin ambulante Therapiemöglichkeiten am Wohnort ausreichend und zweckmäßig.

Der Kläger hat sich abschließend auf die Einschätzung des Dr. U. berufen, der als Facharzt für rehabilitative Medizin beurteilen könne, wann eine Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll sei und wann nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Gewährung einer (weiteren) stationären Rehabilitationsmaßnahme zu Recht abgelehnt; der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 40 SGB V) das Leistungsbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach eine stationäre Rehabilitationsbehandlung nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ist ergänzend anzumerken:

Die Gewährung einer (weiteren) stationären Rehabilitationsbehandlung scheitert (vor allem) daran, dass die vorrangig wahrzunehmende ambulante Krankenbehandlung und Heilmittelanwendung (bzw. eine ebenfalls vorrangige ambulante Rehabilitationsbehandlung am Wohnort des Klägers) nicht ausgeschöpft sind. Das geht aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen des MDK und den vom Sozialgericht erhobenen Gutachten der Dres. C. und P. überzeugend hervor. Hiergegen ist Stichhaltiges nicht eingewandt. Dass der Kläger die Erkenntnisse der Gerichtsgutachter, die ihn auch untersucht haben, nicht akzeptieren will, ist rechtlich nicht von Belang. Aus den vom Kläger für sein Leistungsbegehren angeführten Arztunterlagen sind Befunde, die die Einschätzung der MDK- und Gerichtsgutachter in Zweifel ziehen könnten, nicht ersichtlich. Das gilt auch für die vom Kläger beigebrachten Bescheinigungen des Landratsamts - Gesundheitsamts - R. über die Notwendigkeit einer stationären Heilkur. Eine Begründung enthalten diese Bescheinigungen nicht. Auch aus dem im Berufungsverfahren erhobenen Bericht des Hautarztes Dr. H. vom 5.8.2011 ist für die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsbehandlung (wegen des Hautleidens) ebenfalls nichts zu entnehmen, zumal der Gesundheitszustand des Klägers sich nach Auffassung des Dr. H. nicht wesentlich verändert hat.

Das auf Antrags des Klägers gem. § 109 SGG erhobene Gutachten des Dr. U. vom 24.5.2012 kann dem Leistungsbegehren des Klägers ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der Gutachter hat die (auch den Vorgutachtern bekannten) Erkrankungen des Klägers aufgelistet, eine (altersbedingt zu erwartende) Progredienz bestimmter (orthopädischer) Leiden konstatiert und - was unstreitig ist - das Erfordernis umfangreicher therapeutischer Maßnahmen festgestellt. Weshalb diese nicht im Rahmen ambulanter vertragsärztlicher Behandlungen und der ambulanten Heilmittelanwendung, ggf. auch im Zuge einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme, sollen erbracht werden können, hat der Gutachter indessen nicht schlüssig dargelegt. Dabei fällt ins Gewicht, dass der Kläger, wie die Beklagte zu Recht geltend gemacht hat, ambulante Behandlungsmaßnahmen, wie Krankengymnastik, Massagen oder Traktionsbehandlungen, in der Vergangenheit nur in sehr geringem Maß (Krankengymnastik zwischen 3 und 6 Einheiten, Massagen/Traktionsbehandlungen höchstens 5 Einheiten im Quartal) in Anspruch genommen hat und deswegen die ambulanten Therapiereserven nicht ausgeschöpft worden sind. Dr. F. hat darauf in der MDK-Stellungnahme vom 16.11.2012 zutreffend hingewiesen. Nicht nachvollziehbar ist auch die Behauptung des Dr. U., die aus seiner Sicht erforderliche Therapiedichte könne ambulant nicht verwirklicht werden, zumal die von ihm gleichzeitig geforderten Reizerholungsphasen und die damit einhergehende Verlängerung der Behandlungsmaßnahmen eher für eine ambulante und gegen eine - zeitlich auf 3 bis 4 Wochen begrenzte - stationäre Leistungserbringung sprechen. Insgesamt ist auch für den Senat nicht ersichtlich, dass der Kläger die indizierte Therapie am Wohnort nicht erhalten könnte und deswegen eine (weitere) stationäre Rehabilitationsbehandlung auf Kosten der Beklagten stattzufinden hätte.

Weitere Ermittlungen, insbesondere zusätzliche Begutachtungen, drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztunterlagen und MDK- bzw. Gerichtsgutachten nicht auf. Speziell auf dermatologischem Fachgebiet haben weder der früher den Kläger behandelnde Hautarzt Dr. L. in seiner Aussage als sachverständige Zeuge vom 9.3.2009 noch der derzeit behandelnde Hautarzt Dr. H. (Auskunft vom 5.8.2011) stationäre Behandlungsmaßnahmen für erforderlich gehalten. Auf lungenärztlichem Gebiet ist bereits das SG der Empfehlung von Dr. G. im Bericht vom 27.3.2009 nachgegangen und hat eine Begutachtung durch den Internisten Dr. P. veranlasst, die allerdings die Notwendigkeit stationärer Heilbehandlung nicht bewiesen hat. Da im Berufungsverfahren weder hinsichtlich der bekannten chronischen Bronchitis noch auf hautärztlichem Gebiet neuen Befunde bekannt geworden sind, waren weitere Ermittlungen auf diesen Fachgebieten nicht veranlasst.

Auch den hilfsweise gestellten Anträgen auf Einholung weiterer Gutachten gemäß § 109 SGG auf lungenärztlichem und hautärztlichem Fachgebiet brauchte nicht entsprochen zu werden. Nachdem im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das orthopädisch -rehabilitationsmedizinische Gutachten von Dr. U. eingeholt worden war, ist, obwohl dem Gutachten von Dr. U. vom MDK mit eingehender Begründung widersprochen worden war, die Einholung weiterer Gutachten vom Kläger nicht verfolgt worden. Vielmehr hat der Kläger, wie in den Schriftsätzen vom 4.10.2012 und 17.12.2012 zum Ausdruck kommt, auf einer baldigen Entscheidung des Senats bestanden, um möglichst bald wieder in Kur fahren zu können. Die erst in der mündlichen Verhandlung des Senats wieder aufgegriffenen Anträge des Klägers waren daher gemäß § 109 Abs. 2 2.Alt. SGG abzulehnen.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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