Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 59/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2504/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1968 in I. geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert. Sie war von 1997 bis 2000 als Fachverkäuferin in einem Bettenhaus erwerbstätig. Von 2000 bis 2002 war sie als Metallarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt; anschließend war sie arbeitssuchend bis 2005. Ab April 2005 übte sie eine selbstständige Tätigkeit als Gastwirtin aus. Zum 31. Oktober 2007 schloss die Klägerin ihr Lokal bzw. gab es an einen anderen Pächter ab. Ab dem 22. November 2007 war die Klägerin über eine Zeitarbeitsfirma als Montagearbeiterin tätig. Sie war vom 5. bis zum 8. Februar und vom 10. bis zum 12. März 2008 arbeitsunfähig; seit dem 8. Mai 2008 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig. Seit dem 1. Januar 2002 sind in dem Versicherungskonto der Klägerin folgende Zeiten erfasst: 01.01.02-05.07.02 Pflichtbeitragszeit 06.07.02-31.12.02 Pflichtbeitragszeit 01.01.03-07.01.03 Pflichtbeitragszeit 05.02.03-31.12.03 Pflichtbeitragszeit 01.01.04-30.01.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 01.01.04-30.01.04 Pflichtbeitragszeit 31.01.04-31.10.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 31.01.04-31.10.04 Pflichtbeitragszeit 01.11.04-02.11.04 Pflichtbeitragszeit 03.11.04-31.12.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 03.11.04-31.12.04 Pflichtbeitragszeit 01.01.05-28.02.05 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 01.01.05-28.02.05 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 01.03.05-31.03.05 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 04.10.07-21.11.07 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 22.11.07-31.12.07 Pflichtbeitragszeit 01.01.08-30.05.08 Pflichtbeitragszeit 31.05.08-31.12.08 Pflichtbeitragszeit 01.01.09-11.02.09 Pflichtbeitragszeit 12.02.09-12.03.09 Pflichtbeitragszeit 13.03.09-11.11.09 Pflichtbeitragszeit 12.11.09-31.12.09 Pflichtbeitragszeit 01.01.10-11.11.10 Pflichtbeitragszeit
Vom 27. August 2006 bis zum 31. August 2006 war die Klägerin in dem Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. GmbH - Klinik für Innere Medizin IV - in stationärer Behandlung aufgrund einer mäßig ausgeprägten Astrumgastritis, Asthma Bronchiale, einer schweren depressiven Anpassungsstörung und einer früheren Persönlichkeitsstörung. Vom 4. September 2006 bis zum 9. November 2006 wurde sie wiederum stationär in dem Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. GmbH aufgenommen. Als Diagnosen wurden in dem Bericht vom 20. März 2007 eine schwere depressive Anpassungsstörung im Rahmen eines Partnertrennungskonfliktes, eine früh-depressive Persönlichkeitsstörung mit ich-strukturellen Störungsanteilen bei komplex-traumatischer Kindheitsbiographie sowie der Zustand nach dissoziativem Stupor mitgeteilt. Insgesamt sei es auf der Symptomebene zu einer Remission der dissoziativen Zustände, einer leichten Stimmungsverbesserung und ersten Ansätzen einer aktiven Krisenbewältigungsstrategie gekommen. Am 24. März 2007 wurde die Klägerin aufgrund einer Mittelfußprellung rechts wiederum im Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. aufgenommen. Am 10. Mai 2007 stellte der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. W. der Klägerin eine Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V aus und teilte hier als Dauerdiagnose eine depressive Anpassungsstörung mit. Am 7. Juli 2008 nahm sie eine psychotherapeutische Behandlung bei dem Arzt für Psychosomatische Medizin/Psychotherapie und für Psychiatrie/Psychotherapie W. auf.
Am 7. Juli 2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sei angab, sich wegen folgender Gesundheitsstörungen für erwerbsgemindert zu halten: Hundebandwurm/Fuchsbandwurm in der Leber, Immunschwäche, seit dem siebten Lebensjahr Traumatisierung, psychische Erkrankung.
Die Beklagte holte von dem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie W. einen Befundbericht ein und veranlasste eine Stellungnahme durch die Beratungsärztin für Neurologie und Psychiatrie St. vom 12. November 2008, welche eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme anregte. Hierauf gewährte die Beklagte der Klägerin vom 12. Februar bis zum 12. März 2009 in der Schlossklinik B. B. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 16. März 2009 werden folgende Diagnosen mitgeteilt: 1. Posttraumatische Belastungsstörung, 2. Angst und Depression gemischt, 3. emotional instabile Persönlichkeitsstörung, 4. Zustand nach Operation einer Rezidivstruma 01/2009 mit Hypocalzemie, 5. Zustand nach Hüftoperation links 12/2008. Das aktuelle Leistungsvermögen der Klägerin liege selbst unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens bei unter drei Stunden auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. In ihrer Stellungnahme vom 1. April 2009 gelangte die Beratungsärztin der Beklagten St. zu der Einschätzung, die Klägerin sei seit der Arbeitsunfähigkeit ab 5. Mai 2008 in ihrem quantitativen Leistungsvermögen auf unter drei Stunden arbeitstäglich reduziert. Eine Besserung des Leistungsvermögens sei nicht unwahrscheinlich, vielmehr bis Mai 2011 zu erwarten.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der zeitlich begrenzten vollen Erwerbsminderung am 5. Mai 2008 (bis voraussichtlich 31. Mai 2011) keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden seien. Im maßgeblichen Zeitraum vom 5. Mai 2003 bis 4. Mai 2008 seien nur zwei Jahre und sieben Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt.
Der hiergegen am 13. Mai 2009 eingelegte Widerspruch, den die Klägerin nicht näher begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2009 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Januar 2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach dem Bericht des Sch.-B.-Klinikums V.-Sch. GmbH vom 31. August 2006 über den dortigen stationären Aufenthalt vom 27. August bis 31. August 2006 habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine schwere depressive Anpassungsstörung vorgelegen. Außerdem sei sie im Januar 2007 überfallen und vergewaltigt worden; der Täter sei nie von der Polizei gefasst worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei die seinerzeitige selbstständige Tätigkeit in der Gastronomie auf Kosten der Gesundheit ausgeübt worden und habe deshalb schließlich im Oktober 2007 ganz aufgegeben werden müssen. Spätestens seit Januar 2007 sei sie voll erwerbsgemindert. Ausgehend von diesem Leistungsfall seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Nach Aufgabe der Tätigkeit als selbstständige Gastwirtin habe die Klägerin zwar versucht, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, weshalb es zu dem vom 12. November 2007 bis 31. Mai 2008 befristeten Arbeitsverhältnis bei einer Zeitarbeitsfirma gekommen sei. Die tatsächlich als Produktionshelferin ausgeübte Tätigkeit sei aber auf Kosten der Gesundheit erfolgt. Bereits Anfang 2008 sei es zu Arbeitsunfähigkeitszeiten gekommen. Die Klägerin sei nur deswegen in der Lage gewesen, den Arbeitsanforderungen einigermaßen zu entsprechen, weil sie regelmäßig die vom behandelnden Arzt W. verschriebenen Medikamente (Psychopharmaka) eingenommen habe. Besonders belastend sei im Hinblick auf die durchgemachte Gewalttat im Januar 2007 gewesen, dass die Beschäftigung in einer von Männern geprägten Arbeitsumgebung habe durchgeführt werden müssen (auch in Nachtschicht). Durch die Klägerin ist neben einem Entlassungsbericht der Klinik für Innere Medizin IV, Allgemeine Innere Medizin, D. vom 31. August 2006, ein Arztbrief der M.-B.-Klinik vom 15. Januar 2010 über einen dortigen stationären Aufenthalt vom 27. Oktober 2009 bis zum 12. Januar 2010, ein Mitarbeitervertrag zwischen der Firma xxxxx Personaldienstleistungen GmbH und der Klägerin vom 21. November 2007 sowie eine Änderungsvereinbarung vom 4. Dezember 2007 und eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitszeitkonto vom 21. November 2007 und eine Mitglieds- und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Sch. BKK vom 28. April 2010 vorgelegt worden. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich erst ab Juli 2008 bei dem Arzt W. in Behandlung befunden. Zuvor sei sie bei Dr. W. in therapeutischer Behandlung gewesen. Dieser habe die Medikation mit Psychopharmaka verordnet.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 31. März 2010 vorgelegt. Diese führt aus, es sei zwar nachvollziehbar, dass die Klägerin nach dem Überfall im Januar 2007 die angstbesetzte Tätigkeit als selbstständige Gastwirtin nicht mehr habe ausüben können. Allerdings habe sie von November 2007 bis Mai 2008 als Metallhilfsarbeiterin gearbeitet. Die Arbeitsunfähigkeit ab Mai 2008 sei laut Bericht von dem Arzt W. vom 10. Juli 2008 primär durch Schmerzen im rechten Arm ausgelöst worden, nicht durch psychische Probleme. Da die Klägerin somit noch ca. ein halbes Jahr eine Erwerbstätigkeit habe ausüben können, könne von einem aufgehobenen beruflichen Leistungsvermögen in diesem Zeitraum nicht ausgegangen werden. Damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung erfüllt seien, müsse der Leistungsfall bis spätestens 30. April 2007 eingetreten sein. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26. Mai 2010 verweist Dr. J. darauf, dass die Tätigkeit von November 2007 bis Mai 2008 nur durch kurze Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Bagatellerkrankungen unterbrochen worden sei. Es könne daher nicht angenommen werden, dass diese Tätigkeit auf Kosten der Gesundheit erfolgt sei. Im Übrigen weise sie darauf hin, dass Dr. W. in D. Allgemeinmediziner sei, sodass sich die Klägerin im genannten Zeitraum auch nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung befunden habe.
Das SG hat von der Krankenkasse der Klägerin, der Sch. BKK, einen Ausdruck aus der Leistungskartei für die Klägerin beigezogen und den Arzt für Psychosomatische Medizin/Psychotherapie, Psychiatrie W. sowie den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. auf schriftlichem Weg als sachverständige Zeugen angehört. Herr W. gibt in seiner Auskunft vom 20. Juni 2010 an, die Klägerin befinde sich seit dem 7. Juli 2008 in seiner psychotherapeutischen Behandlung; sie könne leichte Tätigkeiten nur unter zwei Stunden täglich verrichten. Der Hausarzt der Klägerin Dr. W. hat in seiner Auskunft vom 29. Oktober 2010 mitgeteilt, die gerichtliche Anfrage nicht beantworten zu können, da die Klägerin am 1. Juni 2007 zum letzten Mal in seiner Praxis gewesen sei und er ihr sämtliche Patientenunterlagen mitgegeben habe. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Sch. hat als sachverständiger Zeuge in seiner Auskunft vom 8. Dezember 2010 angegeben, die Klägerin befinde sich seit dem 8. Juni 2007 in seiner Behandlung.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH Dr. D ... Dieser hat die Klägerin am 28. Januar 2011 untersucht und in seinem Gutachten vom 15. Mai 2011 folgende Diagnosen auf psychiatrischem/nervenärztlichem Fachgebiet mitgeteilt: 1. Depressive Entwicklung mit Regressionsneigung im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10: F 32.1, DD: anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F 45.4). 2. Dissoziative Zustände (F 44). 3. Posttraumatische Belastungsstörung (F 41.1) bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp (Hauptdiagnose: F 60.31). 4. Verdacht auf gewöhnliche Migräne (G 43.0). Hinsichtlich der Erkrankungen auf nicht-psychiatrischem Fachgebiet sei nach den vorliegenden Befunden und Vorgutachten insbesondere eine Hypocalzemie bei Unterfunktion/fehlender Funktion der Nebenschilddrüse (Hypoparathyreoidismus), ein Bronchialasthma und die Operation wegen eines Hundebandwurm-/Fuchsbandwurmbefalls der Leber (1994) zu erwähnen. Die psychische Belastbarkeit der Klägerin sei inzwischen erheblich reduziert. Auch seien bei ihr eindeutig Regressionstendenzen und eine zunehmend schlechtere psychotherapeutische Behandelbarkeit festzustellen. Die Klägerin sei gegenwärtig nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig, auch unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen. Er schätze, dass eine Leistungseinschränkung frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2008 vorgelegen habe, vom Schweregrad her eher noch später. Der Arzt W. habe die Klägerin erstmals im Juli 2008 gesehen und damals eine - weniger gravierende - psychische Störung diagnostiziert, nämlich "Angst und depressive Störung, gemischt". Die Ärzte des Sch.-B.-Klinikums, St. G., Klinik Innere Medizin V, würden bezüglich eines stationären Aufenthalts von September bis November 2008 von einer (schweren) depressiven Anpassungsstörung, aber eben nicht von einer schweren depressiven Episode berichten. Außerdem werde im Bericht über den stationären Aufenthalt von Juli bis September 2008 ausgeführt, dass es der Klägerin im Anschluss an den ersten Aufenthalt gut gegangen sei und sie in der Bewirtschaftung der von ihr gepachteten Gaststätte rund um die Uhr gearbeitet habe. Diese Arbeit habe die Klägerin im Oktober 2007 beendet. Die Tendenz, zunehmend höhergradige psychische Erkrankungen zu diagnostizieren, lasse sich auch an den Berichten der M.-B.-Klinik erkennen: beim ersten Aufenthalt 2009/2010 sei eine mittelgradige depressive Störung diagnostiziert worden, beim zweiten Aufenthalt im Jahr 2011 eine schwere depressive Episode. Ferner lasse sich aus den Mitteilungen der Krankenkasse der Klägerin nicht erschließen, dass bereits im Jahr 2007 psychische Krankheiten mit relevanten negativen Auswirkungen auf die Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit vorgelegen hätten. Zusammenfassend hätten Erkrankungen von entsprechender Schwere, die die Erwerbsfähigkeit entscheidend gemindert hätten, eindeutig erst weit nach April 2007 vorgelegen.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie - Physikalische Therapie -, Chefarzt der Neurologischen Abteilung V.v.-P.-Hospital gGmbH R. Dr. N. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16. Januar 2012 aufgrund der Untersuchung vom 13. Januar 2012 folgende Diagnosen mitgeteilt: 1. Mittelgradige depressive Episode, 2. Generalisierte Angststörung, 3. Komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Die Klägerin leide unter einer schweren psychischen Störung und sei derzeit weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig. Sie sei wohl schon zeitlebens psychisch labil gewesen. Im Jahr 2006 sei es aufgrund der Trennung von der damaligen Partnerin zu einer psychischen Dekompensation gekommen, in der weiteren Folge zum ersten stationären Aufenthalt in der Klinik für Psychosomatik des Sch.-B.-Klinikums. Im Bericht der Klinik sei von einer schweren depressiven Anpassungsstörung und darüber hinaus von einer depressiven Persönlichkeitsstörung mit Ich-strukturellen Störungsanteilen bei komplex-traumatischer Kindheitsbiographie die Rede. Zum endgültigen psychischen Zusammenbruch sei es im Januar 2007 gekommen, als die Klägerin auf dem Heimweg von ihrer Gaststätte vergewaltigt worden sei. Davon habe sie sich nicht erholt. Die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe bereits seit dem Zeitpunkt der Vergewaltigung am 21. Januar 2007. Die Klägerin habe zwar im Anschluss versucht, so weiterzuleben wie bisher, das Erlebte also zu verdrängen, was aber zum Scheitern verurteilt gewesen sei. Sowohl die Äußerungen der Klägerin bei der Untersuchung als auch die ihres Lebenspartners würden darauf hinweisen, dass dies nicht mehr möglich gewesen sei, was zur Schließung der Gaststätte im Oktober 2007 geführt habe. In der Zeit danach habe die Klägerin unter Aufbietung aller Kräfte bei ihrer Beschäftigung in einem metallverarbeitenden Betrieb versucht, dort durchzuhalten, was ihr auf Kosten ihrer Restgesundheit auch einige Monate lang gelungen sei bis zur endgültigen Dekompensation im Mai 2008. Von diesem Zeitpunkt an sei sie, wie die Auskunft der Sch. BKK vom 26. April 2010 zeige, wegen einer Vielzahl organischer und psychischer Leiden fortlaufend krankgeschrieben gewesen.
Die Beratungsärztin der Beklagten Dr. Lorch, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, hat in ihrer Stellungnahme vom 15. Februar 2012 als frühesten Termin des Eintritts der vollen Erwerbsminderung den Beginn der traumaspezifischen Psychotherapie im Juli 2008 angesehen. Die Klägerin sei aus der letzten Tätigkeit im Mai 2008 ohne relevante vorherige Ausfallzeiten aufgrund orthopädischer Beschwerden ausgeschieden und nicht erkennbar aufgrund einer psychischen Dekompensation mit beruflicher Tätigkeit auf Kosten der Restgesundheit.
In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 7. April 2012 hat Dr. D. an seiner Beurteilung festgehalten, wonach im April 2007 bei der Klägerin noch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Klägerin noch im ersten Halbjahr 2008 über längere Zeit in Vollzeit erwerbstätig gewesen sei, sich keine Hinweise für eine Erwerbs- und Leistungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt ergeben hätten und die Klägerin sogar angegeben habe, damals zusätzliche Überstunden gemacht zu haben.
Mit Urteil vom 9. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen unter Zugrundelegung eines frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2008 eingetretenen Versicherungsfalles nicht vor. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGBVI für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da nach dem von der Beklagten für die Klägerin geführten Versicherungskonto nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des Abs. 2 Nr. 1 SGB VI belegt sei. Zum anderen habe die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt eines unterstellten Versicherungsfalles (frühestens am 1. August 2008) nicht die erforderlichen (36) Pflichtbeiträge im Sinne des § 43 Abs.1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, vielmehr lägen bei Zugrundelegung eines Versicherungsfalls zum 1. August 2010 im Fünf-Jahres-Zeitraum nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Die medizinischen Feststellungen des SG beruhten auf dem psychiatrischen Gutachten von Dr. D. vom 15. Mai 2011 nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 7. April 2012. Der gutachterlichen Beurteilung hinsichtlich des Eintritts des Leistungsfalls im Gutachten von Dr. N. vermochte sich das SG jedoch nicht anzuschließen. Insgesamt werde es zwar für möglich gehalten, dass - entsprechend der Beurteilung von Dr. N. - bereits ab Januar 2007 eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin bestanden habe. In der Zusammenschau aller Umstände folge das SG jedoch der Beurteilung von Dr. D. und sehe den Nachweis eines bis spätestens April 2007 eingetretenen Leistungsfalls nicht als erbracht an. Nach dem im Sozialgerichtsverfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast gehe es zu Lasten der Klägerin, dass es an einem solchen Nachweis (im Sinne eines Vollbeweises) mangle.
Gegen das ihm am 21. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 12. Juni 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung den erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 1. August 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Im Rahmen eines am 24. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der SG-Akte sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 7. Juli 2008 ablehnende Bescheid vom 4. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die durch die Klägerin begehrte Rente nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass bei der Klägerin die für einen Rentenanspruch erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass das Gutachten des Dr. D. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ist. Für den Senat steht aufgrund dieses Gutachtens fest, dass das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aufgrund der depressiven Entwicklung mit Regressionsneigung, der dissoziativen Störung sowie der posttraumatischen Belastungsstörung bei emotional instabiler Persönlichkeit vom Borderline-Typ nicht mehr im Umfang von drei Stunden täglich gegeben und die Klägerin damit zumindest derzeit voll erwerbsgemindert ist. Diese Leistungseinschätzung leitet der Gutachter für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus den von ihm erhobenen Befunden ab. Dass die Klägerin jedenfalls derzeit voll erwerbsgemindert ist, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Einschätzung deckt sich auch mit den Angaben der behandelnden Ärzte sowie des Gutachters Dr. N ... Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente besteht aber nicht, da die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Voraussetzung für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI ist neben dem Vorliegen von Erwerbsminderung, dass der Versicherte vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt hat. Diese Voraussetzung gilt auch für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine der vorgenannten Zeiten liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu 7 Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Nach § 241 Abs. 1 SGB VI verlängert sich der Zeitraum außerdem um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 1. Januar 1992. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist nach § 43 Abs. 5 SGB VI dann nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung sind wiederum in § 53 SGB VI geregelt. Darüber hinaus sind gemäß § 241 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992. (Anwartschaft und Erhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 53 SGB VI bzw. § 241 Abs. 2 SGB VI unstreitig nicht erfüllt, insbesondere ist die verminderte Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Wie aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 27. November 2012, gegen den Einwände nicht vorgebracht wurden, hervorgeht, sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt im April 2007 und dann wieder im September 2010 erfüllt. In dem dann jeweils maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum von April 2002 bis April 2007 bzw. von September 2005 bis September 2010 sind 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Senat konnte sich unter Würdigung der vorliegenden Sachverständigengutachten sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte nicht davon überzeugen, dass eine Leistungsminderung bis zum 31. April 2007 bzw. erst im September 2010 in rentenbegründendem Maße eingetreten ist. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts der vollen Erwerbsminderung schließt sich der Senat wie auch das SG dem überzeugenden Gutachten von Dr. D. vom 15. Mai 2011 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. April 2012 an, wonach der Leistungsfall frühestens im Laufe des Jahres 2008 eingetreten ist. Nicht zu überzeugen vermochte sich auch der Senat hingegen von den Ausführungen des Dr. N., der eine rentenbegründende Leistungseinschränkung bereits im Januar 2007 (Zeitpunkt der Vergewaltigung) annimmt. Zwischen der Entlassung aus dem Sch.-B.-Klinikum und der Aufnahme der Behandlung durch Herrn W. am 7. Juli 2008 ist eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung der Klägerin nicht belegt. Zwar stellte der Hausarzt Dr. W. am 10. Mai 2007 für die Krankenkasse eine Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V aus, in der er als Dauerdiagnosen eine depressive Anpassungsstörung in der Folge eines Partnertrennungskonfliktes, eine früh-depressive Persönlichkeitsstörung mit Ich-strukturellen Störungsanteilen und eine komplex-traumatische Kindheitsbiographie sowie allergisches Asthma bronchiale angab, gegenüber dem SG teilte er allerdings unter dem 29. Oktober 2010 mit, die Klägerin habe sich zuletzt am 1. Juni 2007 in seiner Praxis vorgestellt. Die psychotherapeutische Behandlung durch Herrn W. wurde ausweislich dessen Aussage gegenüber dem SG vom 20. Juni 2010 erst am 7. Juli 2008 aufgenommen. Zwischen der Entlassung aus dem Sch.-B.-Klinikum im November 2006 und der Aufnahme der Behandlung durch Herrn W. im Juli 2008 ist eine psychiatrische Behandlung in den vorliegenden Unterlagen nicht dokumentiert. Am 24. März 2007 ist lediglich eine Behandlung im Sch.-B.-Klinikum aufgrund einer Mittelfußprellung rechts erfolgt. Die ambulante Behandlung beschränkte sich allein auf Diagnose und Therapie der Mittelfußprellung; eine psychiatrische Diagnose wird nicht mitgeteilt. Vor April 2007 sind damit aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine Befunde und Diagnosen zu entnehmen, die eine rentenbegründende Erwerbsminderung, wie sie Dr. N. annimmt, bestätigen würden. Das SG weist in Übereinstimmung mit Dr. D. zutreffend darauf hin, dass insbesondere die Erwerbstätigkeit der Klägerin als Arbeiterin in der Produktion von November 2007 bis Mai 2008 gegen die Annahme einer durchgehenden vollen Erwerbsminderung seit Januar 2007 spricht. Der klägerische Vortrag, die Tätigkeit dort habe nur auf Kosten der Gesundheit erfolgen können, wird durch Dr. D. nicht bestätigt. Dagegen sprechen insbesondere die nur kurzen Krankheitszeiten, die auch nicht aufgrund psychiatrischer Erkrankungen eingetreten sind. Aus der durch die Sch. BKK vorgelegten Übersicht über die Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 26. April 2010 geht hervor, dass die Klägerin während der Beschäftigung für die Zeitarbeitsfirma vom 5. bis zum 8. Februar 2008 wegen Hypotonie und vom 10. bis zum 12. März 2008 wegen einer Krankheit der Zähne und des Zahnhalteapparates und vom 8. bis zum 23. Mai 2008 wegen einer Enthesiopathie arbeitsunfähig erkrankt war. Erst ab dem 23. Mai 2008 erfolgte eine Krankschreibung (auch) aufgrund nervenärztlicher Erkrankungen (u. a. depressive Episode, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, generalisierte Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung, Angst und depressive Störung, gemischt, Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet). Ab dem 23. Mai 2008 war die Klägerin jedenfalls bis zum 11. November 2009 durchgehend arbeitsunfähig. Für den Senat spricht daher vieles dafür, dass die Erwerbsminderung ab dem Beginn der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit im Mai 2008 eingetreten ist; zu diesem Zeitpunkt waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen aber bereits nicht mehr erfüllt. Dass die rentenrelevante Erwerbsminderung bei der Klägerin nicht erst im September 2010 bei erneutem Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eingetreten ist, steht für den Senat aufgrund der in diesem Punkt übereinstimmenden Gutachten von Dr. D. und Dr. N., den vorliegenden Entlassungsberichten aus der Schlossklinik B. B. vom 16. März 2009 sowie aus der M.-B.-Klinik vom 15. Januar 2010 und aus dem Sch.-B.-Klinikum vom 4. November 2008. Das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung im Juli 2008 ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat konnte sich im Ergebnis nicht vom Eintritt der vollen Erwerbsminderung vor April 2007 überzeugen. Nicht verkannt wird hierbei, dass die Klägerin aus dem Sch.-B.-Klinikum ausweislich des Berichts vom 20. März 2007 im November 2006 lediglich mit einer leichten Stimmungsverbesserung und ersten Ansätzen einer aktiven Krisenbewältigung entlassen wurde, wobei es zu einer Remission der dissoziativen Zustände gekommen war. Auch ist der klägerische Vortrag, wonach es durch die vorgetragene Vergewaltigung im Januar 2007 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen ist zwar durchaus nachvollziehbar. Eine dauernde Erwerbsminderung kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Für die Anerkennung einer rentenbegründenden Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI genügt aber nicht die bloße Möglichkeit oder auch Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsminderung; erforderlich ist vielmehr die hier aus den genannten Gründen nicht gegebene positive Feststellung. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens einer Erwerbsminderung geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 26. Juli 2011 - L 13 R 5554/10 und vom 28. Juni 2012 - L 13 R 1793/12 - jeweils abrufbar unter www.Sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im Ergebnis erfolglos geblieben ist und die Beklagte zur Klage keinen berechtigten Anlass gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1968 in I. geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert. Sie war von 1997 bis 2000 als Fachverkäuferin in einem Bettenhaus erwerbstätig. Von 2000 bis 2002 war sie als Metallarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt; anschließend war sie arbeitssuchend bis 2005. Ab April 2005 übte sie eine selbstständige Tätigkeit als Gastwirtin aus. Zum 31. Oktober 2007 schloss die Klägerin ihr Lokal bzw. gab es an einen anderen Pächter ab. Ab dem 22. November 2007 war die Klägerin über eine Zeitarbeitsfirma als Montagearbeiterin tätig. Sie war vom 5. bis zum 8. Februar und vom 10. bis zum 12. März 2008 arbeitsunfähig; seit dem 8. Mai 2008 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig. Seit dem 1. Januar 2002 sind in dem Versicherungskonto der Klägerin folgende Zeiten erfasst: 01.01.02-05.07.02 Pflichtbeitragszeit 06.07.02-31.12.02 Pflichtbeitragszeit 01.01.03-07.01.03 Pflichtbeitragszeit 05.02.03-31.12.03 Pflichtbeitragszeit 01.01.04-30.01.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 01.01.04-30.01.04 Pflichtbeitragszeit 31.01.04-31.10.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 31.01.04-31.10.04 Pflichtbeitragszeit 01.11.04-02.11.04 Pflichtbeitragszeit 03.11.04-31.12.04 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 03.11.04-31.12.04 Pflichtbeitragszeit 01.01.05-28.02.05 geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung 01.01.05-28.02.05 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 01.03.05-31.03.05 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 04.10.07-21.11.07 Pflichtbeitragszeit Arbeitslosengeld II mit Arbeitslosigkeit 22.11.07-31.12.07 Pflichtbeitragszeit 01.01.08-30.05.08 Pflichtbeitragszeit 31.05.08-31.12.08 Pflichtbeitragszeit 01.01.09-11.02.09 Pflichtbeitragszeit 12.02.09-12.03.09 Pflichtbeitragszeit 13.03.09-11.11.09 Pflichtbeitragszeit 12.11.09-31.12.09 Pflichtbeitragszeit 01.01.10-11.11.10 Pflichtbeitragszeit
Vom 27. August 2006 bis zum 31. August 2006 war die Klägerin in dem Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. GmbH - Klinik für Innere Medizin IV - in stationärer Behandlung aufgrund einer mäßig ausgeprägten Astrumgastritis, Asthma Bronchiale, einer schweren depressiven Anpassungsstörung und einer früheren Persönlichkeitsstörung. Vom 4. September 2006 bis zum 9. November 2006 wurde sie wiederum stationär in dem Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. GmbH aufgenommen. Als Diagnosen wurden in dem Bericht vom 20. März 2007 eine schwere depressive Anpassungsstörung im Rahmen eines Partnertrennungskonfliktes, eine früh-depressive Persönlichkeitsstörung mit ich-strukturellen Störungsanteilen bei komplex-traumatischer Kindheitsbiographie sowie der Zustand nach dissoziativem Stupor mitgeteilt. Insgesamt sei es auf der Symptomebene zu einer Remission der dissoziativen Zustände, einer leichten Stimmungsverbesserung und ersten Ansätzen einer aktiven Krisenbewältigungsstrategie gekommen. Am 24. März 2007 wurde die Klägerin aufgrund einer Mittelfußprellung rechts wiederum im Sch.-B.-Klinikum V.-Sch. aufgenommen. Am 10. Mai 2007 stellte der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. W. der Klägerin eine Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V aus und teilte hier als Dauerdiagnose eine depressive Anpassungsstörung mit. Am 7. Juli 2008 nahm sie eine psychotherapeutische Behandlung bei dem Arzt für Psychosomatische Medizin/Psychotherapie und für Psychiatrie/Psychotherapie W. auf.
Am 7. Juli 2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, wobei sei angab, sich wegen folgender Gesundheitsstörungen für erwerbsgemindert zu halten: Hundebandwurm/Fuchsbandwurm in der Leber, Immunschwäche, seit dem siebten Lebensjahr Traumatisierung, psychische Erkrankung.
Die Beklagte holte von dem Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie W. einen Befundbericht ein und veranlasste eine Stellungnahme durch die Beratungsärztin für Neurologie und Psychiatrie St. vom 12. November 2008, welche eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme anregte. Hierauf gewährte die Beklagte der Klägerin vom 12. Februar bis zum 12. März 2009 in der Schlossklinik B. B. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Im Entlassungsbericht vom 16. März 2009 werden folgende Diagnosen mitgeteilt: 1. Posttraumatische Belastungsstörung, 2. Angst und Depression gemischt, 3. emotional instabile Persönlichkeitsstörung, 4. Zustand nach Operation einer Rezidivstruma 01/2009 mit Hypocalzemie, 5. Zustand nach Hüftoperation links 12/2008. Das aktuelle Leistungsvermögen der Klägerin liege selbst unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens bei unter drei Stunden auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. In ihrer Stellungnahme vom 1. April 2009 gelangte die Beratungsärztin der Beklagten St. zu der Einschätzung, die Klägerin sei seit der Arbeitsunfähigkeit ab 5. Mai 2008 in ihrem quantitativen Leistungsvermögen auf unter drei Stunden arbeitstäglich reduziert. Eine Besserung des Leistungsvermögens sei nicht unwahrscheinlich, vielmehr bis Mai 2011 zu erwarten.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, weil in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der zeitlich begrenzten vollen Erwerbsminderung am 5. Mai 2008 (bis voraussichtlich 31. Mai 2011) keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden seien. Im maßgeblichen Zeitraum vom 5. Mai 2003 bis 4. Mai 2008 seien nur zwei Jahre und sieben Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt.
Der hiergegen am 13. Mai 2009 eingelegte Widerspruch, den die Klägerin nicht näher begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2009 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Januar 2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach dem Bericht des Sch.-B.-Klinikums V.-Sch. GmbH vom 31. August 2006 über den dortigen stationären Aufenthalt vom 27. August bis 31. August 2006 habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine schwere depressive Anpassungsstörung vorgelegen. Außerdem sei sie im Januar 2007 überfallen und vergewaltigt worden; der Täter sei nie von der Polizei gefasst worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei die seinerzeitige selbstständige Tätigkeit in der Gastronomie auf Kosten der Gesundheit ausgeübt worden und habe deshalb schließlich im Oktober 2007 ganz aufgegeben werden müssen. Spätestens seit Januar 2007 sei sie voll erwerbsgemindert. Ausgehend von diesem Leistungsfall seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Nach Aufgabe der Tätigkeit als selbstständige Gastwirtin habe die Klägerin zwar versucht, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, weshalb es zu dem vom 12. November 2007 bis 31. Mai 2008 befristeten Arbeitsverhältnis bei einer Zeitarbeitsfirma gekommen sei. Die tatsächlich als Produktionshelferin ausgeübte Tätigkeit sei aber auf Kosten der Gesundheit erfolgt. Bereits Anfang 2008 sei es zu Arbeitsunfähigkeitszeiten gekommen. Die Klägerin sei nur deswegen in der Lage gewesen, den Arbeitsanforderungen einigermaßen zu entsprechen, weil sie regelmäßig die vom behandelnden Arzt W. verschriebenen Medikamente (Psychopharmaka) eingenommen habe. Besonders belastend sei im Hinblick auf die durchgemachte Gewalttat im Januar 2007 gewesen, dass die Beschäftigung in einer von Männern geprägten Arbeitsumgebung habe durchgeführt werden müssen (auch in Nachtschicht). Durch die Klägerin ist neben einem Entlassungsbericht der Klinik für Innere Medizin IV, Allgemeine Innere Medizin, D. vom 31. August 2006, ein Arztbrief der M.-B.-Klinik vom 15. Januar 2010 über einen dortigen stationären Aufenthalt vom 27. Oktober 2009 bis zum 12. Januar 2010, ein Mitarbeitervertrag zwischen der Firma xxxxx Personaldienstleistungen GmbH und der Klägerin vom 21. November 2007 sowie eine Änderungsvereinbarung vom 4. Dezember 2007 und eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitszeitkonto vom 21. November 2007 und eine Mitglieds- und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Sch. BKK vom 28. April 2010 vorgelegt worden. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich erst ab Juli 2008 bei dem Arzt W. in Behandlung befunden. Zuvor sei sie bei Dr. W. in therapeutischer Behandlung gewesen. Dieser habe die Medikation mit Psychopharmaka verordnet.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 31. März 2010 vorgelegt. Diese führt aus, es sei zwar nachvollziehbar, dass die Klägerin nach dem Überfall im Januar 2007 die angstbesetzte Tätigkeit als selbstständige Gastwirtin nicht mehr habe ausüben können. Allerdings habe sie von November 2007 bis Mai 2008 als Metallhilfsarbeiterin gearbeitet. Die Arbeitsunfähigkeit ab Mai 2008 sei laut Bericht von dem Arzt W. vom 10. Juli 2008 primär durch Schmerzen im rechten Arm ausgelöst worden, nicht durch psychische Probleme. Da die Klägerin somit noch ca. ein halbes Jahr eine Erwerbstätigkeit habe ausüben können, könne von einem aufgehobenen beruflichen Leistungsvermögen in diesem Zeitraum nicht ausgegangen werden. Damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung erfüllt seien, müsse der Leistungsfall bis spätestens 30. April 2007 eingetreten sein. In einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 26. Mai 2010 verweist Dr. J. darauf, dass die Tätigkeit von November 2007 bis Mai 2008 nur durch kurze Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Bagatellerkrankungen unterbrochen worden sei. Es könne daher nicht angenommen werden, dass diese Tätigkeit auf Kosten der Gesundheit erfolgt sei. Im Übrigen weise sie darauf hin, dass Dr. W. in D. Allgemeinmediziner sei, sodass sich die Klägerin im genannten Zeitraum auch nicht in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung befunden habe.
Das SG hat von der Krankenkasse der Klägerin, der Sch. BKK, einen Ausdruck aus der Leistungskartei für die Klägerin beigezogen und den Arzt für Psychosomatische Medizin/Psychotherapie, Psychiatrie W. sowie den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. W. auf schriftlichem Weg als sachverständige Zeugen angehört. Herr W. gibt in seiner Auskunft vom 20. Juni 2010 an, die Klägerin befinde sich seit dem 7. Juli 2008 in seiner psychotherapeutischen Behandlung; sie könne leichte Tätigkeiten nur unter zwei Stunden täglich verrichten. Der Hausarzt der Klägerin Dr. W. hat in seiner Auskunft vom 29. Oktober 2010 mitgeteilt, die gerichtliche Anfrage nicht beantworten zu können, da die Klägerin am 1. Juni 2007 zum letzten Mal in seiner Praxis gewesen sei und er ihr sämtliche Patientenunterlagen mitgegeben habe. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Sch. hat als sachverständiger Zeuge in seiner Auskunft vom 8. Dezember 2010 angegeben, die Klägerin befinde sich seit dem 8. Juni 2007 in seiner Behandlung.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Krankenhäuser Landkreis F. gGmbH Dr. D ... Dieser hat die Klägerin am 28. Januar 2011 untersucht und in seinem Gutachten vom 15. Mai 2011 folgende Diagnosen auf psychiatrischem/nervenärztlichem Fachgebiet mitgeteilt: 1. Depressive Entwicklung mit Regressionsneigung im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10: F 32.1, DD: anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F 45.4). 2. Dissoziative Zustände (F 44). 3. Posttraumatische Belastungsstörung (F 41.1) bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp (Hauptdiagnose: F 60.31). 4. Verdacht auf gewöhnliche Migräne (G 43.0). Hinsichtlich der Erkrankungen auf nicht-psychiatrischem Fachgebiet sei nach den vorliegenden Befunden und Vorgutachten insbesondere eine Hypocalzemie bei Unterfunktion/fehlender Funktion der Nebenschilddrüse (Hypoparathyreoidismus), ein Bronchialasthma und die Operation wegen eines Hundebandwurm-/Fuchsbandwurmbefalls der Leber (1994) zu erwähnen. Die psychische Belastbarkeit der Klägerin sei inzwischen erheblich reduziert. Auch seien bei ihr eindeutig Regressionstendenzen und eine zunehmend schlechtere psychotherapeutische Behandelbarkeit festzustellen. Die Klägerin sei gegenwärtig nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig, auch unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen. Er schätze, dass eine Leistungseinschränkung frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2008 vorgelegen habe, vom Schweregrad her eher noch später. Der Arzt W. habe die Klägerin erstmals im Juli 2008 gesehen und damals eine - weniger gravierende - psychische Störung diagnostiziert, nämlich "Angst und depressive Störung, gemischt". Die Ärzte des Sch.-B.-Klinikums, St. G., Klinik Innere Medizin V, würden bezüglich eines stationären Aufenthalts von September bis November 2008 von einer (schweren) depressiven Anpassungsstörung, aber eben nicht von einer schweren depressiven Episode berichten. Außerdem werde im Bericht über den stationären Aufenthalt von Juli bis September 2008 ausgeführt, dass es der Klägerin im Anschluss an den ersten Aufenthalt gut gegangen sei und sie in der Bewirtschaftung der von ihr gepachteten Gaststätte rund um die Uhr gearbeitet habe. Diese Arbeit habe die Klägerin im Oktober 2007 beendet. Die Tendenz, zunehmend höhergradige psychische Erkrankungen zu diagnostizieren, lasse sich auch an den Berichten der M.-B.-Klinik erkennen: beim ersten Aufenthalt 2009/2010 sei eine mittelgradige depressive Störung diagnostiziert worden, beim zweiten Aufenthalt im Jahr 2011 eine schwere depressive Episode. Ferner lasse sich aus den Mitteilungen der Krankenkasse der Klägerin nicht erschließen, dass bereits im Jahr 2007 psychische Krankheiten mit relevanten negativen Auswirkungen auf die Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit vorgelegen hätten. Zusammenfassend hätten Erkrankungen von entsprechender Schwere, die die Erwerbsfähigkeit entscheidend gemindert hätten, eindeutig erst weit nach April 2007 vorgelegen.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie - Physikalische Therapie -, Chefarzt der Neurologischen Abteilung V.v.-P.-Hospital gGmbH R. Dr. N. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16. Januar 2012 aufgrund der Untersuchung vom 13. Januar 2012 folgende Diagnosen mitgeteilt: 1. Mittelgradige depressive Episode, 2. Generalisierte Angststörung, 3. Komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Die Klägerin leide unter einer schweren psychischen Störung und sei derzeit weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig. Sie sei wohl schon zeitlebens psychisch labil gewesen. Im Jahr 2006 sei es aufgrund der Trennung von der damaligen Partnerin zu einer psychischen Dekompensation gekommen, in der weiteren Folge zum ersten stationären Aufenthalt in der Klinik für Psychosomatik des Sch.-B.-Klinikums. Im Bericht der Klinik sei von einer schweren depressiven Anpassungsstörung und darüber hinaus von einer depressiven Persönlichkeitsstörung mit Ich-strukturellen Störungsanteilen bei komplex-traumatischer Kindheitsbiographie die Rede. Zum endgültigen psychischen Zusammenbruch sei es im Januar 2007 gekommen, als die Klägerin auf dem Heimweg von ihrer Gaststätte vergewaltigt worden sei. Davon habe sie sich nicht erholt. Die festgestellte Leistungseinschränkung bestehe bereits seit dem Zeitpunkt der Vergewaltigung am 21. Januar 2007. Die Klägerin habe zwar im Anschluss versucht, so weiterzuleben wie bisher, das Erlebte also zu verdrängen, was aber zum Scheitern verurteilt gewesen sei. Sowohl die Äußerungen der Klägerin bei der Untersuchung als auch die ihres Lebenspartners würden darauf hinweisen, dass dies nicht mehr möglich gewesen sei, was zur Schließung der Gaststätte im Oktober 2007 geführt habe. In der Zeit danach habe die Klägerin unter Aufbietung aller Kräfte bei ihrer Beschäftigung in einem metallverarbeitenden Betrieb versucht, dort durchzuhalten, was ihr auf Kosten ihrer Restgesundheit auch einige Monate lang gelungen sei bis zur endgültigen Dekompensation im Mai 2008. Von diesem Zeitpunkt an sei sie, wie die Auskunft der Sch. BKK vom 26. April 2010 zeige, wegen einer Vielzahl organischer und psychischer Leiden fortlaufend krankgeschrieben gewesen.
Die Beratungsärztin der Beklagten Dr. Lorch, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, hat in ihrer Stellungnahme vom 15. Februar 2012 als frühesten Termin des Eintritts der vollen Erwerbsminderung den Beginn der traumaspezifischen Psychotherapie im Juli 2008 angesehen. Die Klägerin sei aus der letzten Tätigkeit im Mai 2008 ohne relevante vorherige Ausfallzeiten aufgrund orthopädischer Beschwerden ausgeschieden und nicht erkennbar aufgrund einer psychischen Dekompensation mit beruflicher Tätigkeit auf Kosten der Restgesundheit.
In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 7. April 2012 hat Dr. D. an seiner Beurteilung festgehalten, wonach im April 2007 bei der Klägerin noch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorgelegen habe. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Klägerin noch im ersten Halbjahr 2008 über längere Zeit in Vollzeit erwerbstätig gewesen sei, sich keine Hinweise für eine Erwerbs- und Leistungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt ergeben hätten und die Klägerin sogar angegeben habe, damals zusätzliche Überstunden gemacht zu haben.
Mit Urteil vom 9. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen unter Zugrundelegung eines frühestens ab der zweiten Jahreshälfte 2008 eingetretenen Versicherungsfalles nicht vor. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGBVI für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da nach dem von der Beklagten für die Klägerin geführten Versicherungskonto nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des Abs. 2 Nr. 1 SGB VI belegt sei. Zum anderen habe die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt eines unterstellten Versicherungsfalles (frühestens am 1. August 2008) nicht die erforderlichen (36) Pflichtbeiträge im Sinne des § 43 Abs.1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, vielmehr lägen bei Zugrundelegung eines Versicherungsfalls zum 1. August 2010 im Fünf-Jahres-Zeitraum nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Die medizinischen Feststellungen des SG beruhten auf dem psychiatrischen Gutachten von Dr. D. vom 15. Mai 2011 nebst ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 7. April 2012. Der gutachterlichen Beurteilung hinsichtlich des Eintritts des Leistungsfalls im Gutachten von Dr. N. vermochte sich das SG jedoch nicht anzuschließen. Insgesamt werde es zwar für möglich gehalten, dass - entsprechend der Beurteilung von Dr. N. - bereits ab Januar 2007 eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens der Klägerin bestanden habe. In der Zusammenschau aller Umstände folge das SG jedoch der Beurteilung von Dr. D. und sehe den Nachweis eines bis spätestens April 2007 eingetretenen Leistungsfalls nicht als erbracht an. Nach dem im Sozialgerichtsverfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast gehe es zu Lasten der Klägerin, dass es an einem solchen Nachweis (im Sinne eines Vollbeweises) mangle.
Gegen das ihm am 21. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 12. Juni 2012 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung den erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, ab dem 1. August 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Im Rahmen eines am 24. Januar 2013 durchgeführten Erörterungstermins haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der SG-Akte sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 7. Juli 2008 ablehnende Bescheid vom 4. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die durch die Klägerin begehrte Rente nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass bei der Klägerin die für einen Rentenanspruch erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass das Gutachten des Dr. D. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ist. Für den Senat steht aufgrund dieses Gutachtens fest, dass das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aufgrund der depressiven Entwicklung mit Regressionsneigung, der dissoziativen Störung sowie der posttraumatischen Belastungsstörung bei emotional instabiler Persönlichkeit vom Borderline-Typ nicht mehr im Umfang von drei Stunden täglich gegeben und die Klägerin damit zumindest derzeit voll erwerbsgemindert ist. Diese Leistungseinschätzung leitet der Gutachter für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus den von ihm erhobenen Befunden ab. Dass die Klägerin jedenfalls derzeit voll erwerbsgemindert ist, ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Einschätzung deckt sich auch mit den Angaben der behandelnden Ärzte sowie des Gutachters Dr. N ... Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente besteht aber nicht, da die (besonderen) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Voraussetzung für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI ist neben dem Vorliegen von Erwerbsminderung, dass der Versicherte vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt hat. Diese Voraussetzung gilt auch für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine der vorgenannten Zeiten liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu 7 Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Nach § 241 Abs. 1 SGB VI verlängert sich der Zeitraum außerdem um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 1. Januar 1992. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist nach § 43 Abs. 5 SGB VI dann nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung sind wiederum in § 53 SGB VI geregelt. Darüber hinaus sind gemäß § 241 Abs. 2 SGB VI Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit oder Berufsunfähigkeit (§ 240) mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 1. Januar 1992. (Anwartschaft und Erhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 53 SGB VI bzw. § 241 Abs. 2 SGB VI unstreitig nicht erfüllt, insbesondere ist die verminderte Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Wie aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 27. November 2012, gegen den Einwände nicht vorgebracht wurden, hervorgeht, sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung zuletzt im April 2007 und dann wieder im September 2010 erfüllt. In dem dann jeweils maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum von April 2002 bis April 2007 bzw. von September 2005 bis September 2010 sind 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Der Senat konnte sich unter Würdigung der vorliegenden Sachverständigengutachten sowie der Aussagen der behandelnden Ärzte nicht davon überzeugen, dass eine Leistungsminderung bis zum 31. April 2007 bzw. erst im September 2010 in rentenbegründendem Maße eingetreten ist. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts der vollen Erwerbsminderung schließt sich der Senat wie auch das SG dem überzeugenden Gutachten von Dr. D. vom 15. Mai 2011 sowie seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. April 2012 an, wonach der Leistungsfall frühestens im Laufe des Jahres 2008 eingetreten ist. Nicht zu überzeugen vermochte sich auch der Senat hingegen von den Ausführungen des Dr. N., der eine rentenbegründende Leistungseinschränkung bereits im Januar 2007 (Zeitpunkt der Vergewaltigung) annimmt. Zwischen der Entlassung aus dem Sch.-B.-Klinikum und der Aufnahme der Behandlung durch Herrn W. am 7. Juli 2008 ist eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung der Klägerin nicht belegt. Zwar stellte der Hausarzt Dr. W. am 10. Mai 2007 für die Krankenkasse eine Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V aus, in der er als Dauerdiagnosen eine depressive Anpassungsstörung in der Folge eines Partnertrennungskonfliktes, eine früh-depressive Persönlichkeitsstörung mit Ich-strukturellen Störungsanteilen und eine komplex-traumatische Kindheitsbiographie sowie allergisches Asthma bronchiale angab, gegenüber dem SG teilte er allerdings unter dem 29. Oktober 2010 mit, die Klägerin habe sich zuletzt am 1. Juni 2007 in seiner Praxis vorgestellt. Die psychotherapeutische Behandlung durch Herrn W. wurde ausweislich dessen Aussage gegenüber dem SG vom 20. Juni 2010 erst am 7. Juli 2008 aufgenommen. Zwischen der Entlassung aus dem Sch.-B.-Klinikum im November 2006 und der Aufnahme der Behandlung durch Herrn W. im Juli 2008 ist eine psychiatrische Behandlung in den vorliegenden Unterlagen nicht dokumentiert. Am 24. März 2007 ist lediglich eine Behandlung im Sch.-B.-Klinikum aufgrund einer Mittelfußprellung rechts erfolgt. Die ambulante Behandlung beschränkte sich allein auf Diagnose und Therapie der Mittelfußprellung; eine psychiatrische Diagnose wird nicht mitgeteilt. Vor April 2007 sind damit aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine Befunde und Diagnosen zu entnehmen, die eine rentenbegründende Erwerbsminderung, wie sie Dr. N. annimmt, bestätigen würden. Das SG weist in Übereinstimmung mit Dr. D. zutreffend darauf hin, dass insbesondere die Erwerbstätigkeit der Klägerin als Arbeiterin in der Produktion von November 2007 bis Mai 2008 gegen die Annahme einer durchgehenden vollen Erwerbsminderung seit Januar 2007 spricht. Der klägerische Vortrag, die Tätigkeit dort habe nur auf Kosten der Gesundheit erfolgen können, wird durch Dr. D. nicht bestätigt. Dagegen sprechen insbesondere die nur kurzen Krankheitszeiten, die auch nicht aufgrund psychiatrischer Erkrankungen eingetreten sind. Aus der durch die Sch. BKK vorgelegten Übersicht über die Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 26. April 2010 geht hervor, dass die Klägerin während der Beschäftigung für die Zeitarbeitsfirma vom 5. bis zum 8. Februar 2008 wegen Hypotonie und vom 10. bis zum 12. März 2008 wegen einer Krankheit der Zähne und des Zahnhalteapparates und vom 8. bis zum 23. Mai 2008 wegen einer Enthesiopathie arbeitsunfähig erkrankt war. Erst ab dem 23. Mai 2008 erfolgte eine Krankschreibung (auch) aufgrund nervenärztlicher Erkrankungen (u. a. depressive Episode, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, generalisierte Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung, Angst und depressive Störung, gemischt, Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet). Ab dem 23. Mai 2008 war die Klägerin jedenfalls bis zum 11. November 2009 durchgehend arbeitsunfähig. Für den Senat spricht daher vieles dafür, dass die Erwerbsminderung ab dem Beginn der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit im Mai 2008 eingetreten ist; zu diesem Zeitpunkt waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen aber bereits nicht mehr erfüllt. Dass die rentenrelevante Erwerbsminderung bei der Klägerin nicht erst im September 2010 bei erneutem Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eingetreten ist, steht für den Senat aufgrund der in diesem Punkt übereinstimmenden Gutachten von Dr. D. und Dr. N., den vorliegenden Entlassungsberichten aus der Schlossklinik B. B. vom 16. März 2009 sowie aus der M.-B.-Klinik vom 15. Januar 2010 und aus dem Sch.-B.-Klinikum vom 4. November 2008. Das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung im Juli 2008 ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat konnte sich im Ergebnis nicht vom Eintritt der vollen Erwerbsminderung vor April 2007 überzeugen. Nicht verkannt wird hierbei, dass die Klägerin aus dem Sch.-B.-Klinikum ausweislich des Berichts vom 20. März 2007 im November 2006 lediglich mit einer leichten Stimmungsverbesserung und ersten Ansätzen einer aktiven Krisenbewältigung entlassen wurde, wobei es zu einer Remission der dissoziativen Zustände gekommen war. Auch ist der klägerische Vortrag, wonach es durch die vorgetragene Vergewaltigung im Januar 2007 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen ist zwar durchaus nachvollziehbar. Eine dauernde Erwerbsminderung kann daraus aber nicht abgeleitet werden. Für die Anerkennung einer rentenbegründenden Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI genügt aber nicht die bloße Möglichkeit oder auch Wahrscheinlichkeit einer Erwerbsminderung; erforderlich ist vielmehr die hier aus den genannten Gründen nicht gegebene positive Feststellung. Die Nichterweislichkeit des Vorliegens einer Erwerbsminderung geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 26. Juli 2011 - L 13 R 5554/10 und vom 28. Juni 2012 - L 13 R 1793/12 - jeweils abrufbar unter www.Sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin im Ergebnis erfolglos geblieben ist und die Beklagte zur Klage keinen berechtigten Anlass gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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