Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3213/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 545/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.12.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die weitere Feststellung von DDR-Arbeitsentgelt ("Jahresendprämie") nach den Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) streitig.
Der 1942 im heutigen Beitrittsgebiet geborene Kläger war von 1965 bis zum 30.06.1990 in der damaligen DDR in volkseigenen Betrieben – am 30.06.1990 beim VEB M. Matratzenwerk W. als Ingenieur und Leiter TKO - beschäftigt; er war in das System der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen.
Mit Feststellungsbescheid vom 31.07.2003 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger erstmals die zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus der DDR-Zusatzversorgung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Entgelte fest.
Der Kläger begehrte am 17.12.2007 die Überprüfung der Feststellungen. Die Beklagte habe bei ihren Feststellungen unberücksichtigt gelassen, dass er in der Zeit seiner Beschäftigung vom 09.08.1965 bis zum 31.08.1983 beim VEB Kombinat E. sowie vom 01.09.1983 bis zum 30.06.1990 beim VEB M. Matratzenwerk W. Bergmannstreuegeld und/bzw Jahresendprämien bezogen habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.05.2009 die Rücknahme/Änderung der getroffenen Feststellungen ab. Auf den Widerspruch des Klägers vom 10.06.2009 hin zog die Beklagte Erkundigungen ein. Die mit der Verwaltung von Archivgut betraute R. Logistics teilte der Beklagten mit, im Archivgut befänden sich keinerlei Unterlagen hinsichtlich der Auszahlung von Jahresendprämien. Diese seien weder in den Lohnunterlagen dokumentiert noch im Sozialversicherungsausweis vermerkt worden. Der Empfänger habe den Empfang des Geldes, das regelmäßig in bar gezahlt worden sei, mit der Übergabe der entsprechenden Lohnmarke bestätigt. Eine Aufbewahrungspflicht für derartige Prämiennachweise habe es nach 1989 nicht gegeben. Ohne Vorliegen solcher Unterlagen könnten die begehrten Beträge nicht bescheinigt werden. Die Fa Ma. M. Matratzenwerk GmbH teilte der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des VEB M. Matratzenwerk W. den Bruttoverdienst des Klägers mit; Zulagen und Zuschläge waren im Bruttoverdienst nicht enthalten.
Mit Bescheid vom 27.10.2010 stellte die Beklagte dann das Arbeitsentgelt des Klägers wie folgt neu fest und hob den Bescheid vom 31.07.2003, soweit er den neuen Feststellungen widersprach, auf: Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz Zeitraum von bis erzieltes Arb.-EG zu berück-sichtigen maßg Anl. davon: Soz.-Pfl. FZR Versorg. 09.08.-31.12.65 2.868,87 2.868,87 2.862,00 6,87 01.01.-31.12.66 8.962,07 8.962,07 7.200,00 1.762,07 01.01.-31.12.67 10.080,40 10.080,40 7.200,00 2.880,40 01.01.-31.12.68 8.481,10 8.481,10 5.559,50 2.921,60 01.01.-31.12.69 10.865,24 10.865,24 7.200,00 3.665,24 01.01.-31.12.70 11.546,54 11.546,54 7.200,00 4.346,54 01.01.-31.12.71 12.790,94 12.790,94 7.200,00 5.590,94 01.01.-31.12.72 14.113,42 14.113,42 7.200,00 6.913,42 01.01.-31.12.73 15.737,68 15.737,68 7.200,00 8.537,68 01.01.-31.12.74 16.669,22 16.669,22 7.200,00 9.469,22 01.01.-31.12.75 16.749,74 16.749,74 7.200,00 9.549,74 01.01.-31.12.76 16.749,74 16.749,74 7.200,00 9.549,74 01.01.-31.12.77 17.133,44 17.133,44 7.200,00 9.933,44 01.01.-31.12.78 18.603,11 18.603,11 7.200,00 11.403,11 01.01.-31.12.79 18.732,69 18.732,69 7.200,00 11.532,69 01.01.-31.12.80 17.816,99 17.816,99 6.834,80 10.982,10 01.01.-31.12.81 13.091,72 13.091,72 4.864,90 8.226,82 01.01.-31.12.82 15.249,09 15.249,09 5.948,00 9.301,09 01.01.-16.08.83 12.426,39 12.426,39 4.513,20 7.913,19 01.09.-27.11.83 3.300,00 3.300,00 1.715,00 1.585,00 13.02.-31.12.84 11.807,73 11.807,73 6.372,00 5.435,73 01.01.-31.12.85 14.062,90 14.062,90 7.200,00 6.862,90 01.01.-31.12.86 15.259,42 15.259,42 7.200,00 8.059,42 01.01.-31.12.87 15.681,70 15.681,70 7.200,00 8.481,70 01.01.-31.05.88 6.575,00 6.575,00 3.000,00 3.575,00 22.06.-31.12.88 8.041,52 8.041,52 3.710,00 4.331,52 01.01.-31.12.89 15.696,87 15.696,87 6.992,00 8.704,87 01.01.-30.06.90 9.853,01 9.853,01 3.600,00 6.253,01
Bei ihren Feststellungen berücksichtigte die Beklagte nunmehr das Bergmannsgeld, nicht jedoch Jahresendprämien.
Mit seinem Widerspruch vom 30.11.2010 machte der Kläger geltend, ein konkreter Nachweis der Höhe der Jahresendprämien sei im Regelfall nicht mehr möglich. Es sei daher unzulässig, ihm die Nachweispflicht aufzuerlegen. Die Höhe der jeweiligen Jahresendprämie ließe sich durch Auswertung zugänglicher Statistiken unter Anwendung analytischer Methoden feststellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die geltend gemachten Jahresendprämien könnten nicht als Arbeitsentgelt anerkannt werden, weil deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht sei. Eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien könne nicht erfolgen, da die Zahlung der Jahresendprämien von vielen, heute nicht mehr nachvollziehbaren Faktoren abhängig gewesen sei.
Am 22.05.2011 hat der Kläger bei der Beklagten (Eingang beim Sozialgericht Freiburg (SG) am 16.06.2011) Klage erhoben. Unter Vorlage verschiedener Berechnungen macht der Kläger geltend, die von ihm bezogenen Jahresendprämien ausreichend glaubhaft gemacht zu haben. Er habe in den Jahren 1965, 1983, 1984, 1988 und 1990 wegen einer jeweils nicht einjährigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Jahresendprämien gehabt.
Mit Urteil vom 07.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Feststellung der Jahresentgelte unter Einschluss von Jahresendprämien in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 schon deshalb ablehnen müssen, weil dem Kläger weder ein Nachweis noch die Glaubhaftmachung dafür gelungen sei, dass er die Jahresendprämie in jedem dieser Jahre tatsächlich erhalten habe. Das Gericht habe auch unter den erleichterten Beweisanforderungen der Glaubhaftmachung nicht mit notwendiger Sicherheit sagen können, ob dem Kläger eine Jahresendprämie jeweils gezahlt worden sei. Im Übrigen habe auch die Höhe der Jahresendprämie schwanken können, sodass es selbst für eine Schätzung nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 ZPO an einer belastbaren Anknüpfungstatsache fehle. Der Kläger trage die objektive Beweislast für den Erhalt der jeweiligen Arbeitsentgelte in Form einer Jahresendprämie.
Gegen das ihm am 07.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die grundsätzlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Jahresendprämie, eine mindestens einjährige Betriebszugehörigkeit, habe er erfüllt. Auch seien die individuellen jährlichen Bruttoverdienste als Bezugsbasis für die Berechnung von Mindestbeträgen der Jahresendprämie über entsprechende jahresbezogene Prozentsätze konkret benannt. Er sei aber auch der Auffassung, die Jahresendprämie könne als nicht mehr nachweisbarer Verdienst analog § 6 Abs 5 AAÜG berücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.12.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2009 in der Fassung des Bescheids vom 27.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 31.07.2003 abzuändern und in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung der bezogenen Jahresendprämie festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger sei beweisbelastet dafür, in welchem konkreten Kalenderjahr ihm in welcher tatsächlichen Höhe Jahresendprämien gezahlt worden seien. Eine pauschalierende Bewertung verbiete sich angesichts des personen- und leitungsgebundenen Charakters der Jahresendprämie.
Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten in einem Termin am 20.04.2012 erörtert. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 24 bis 27 der Senatsakte) Bezug genommen. Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG seien auch Prämien, die aus einer Beschäftigung resultierten und Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung seien, Bestandteil des Arbeitsentgelts bzw des Verdienstes. § 6 Abs 5 AAÜG sei vorliegend nicht anwendbar. Dass sich viele Kläger in Beweisnot hinsichtlich der Jahresendprämie befänden, weil die entsprechenden Listen jeweils nach zwei Jahren vernichtet worden seien und ein Nachweis in den Lohnunterlagen nicht geführt worden sei, rechtfertige es nicht, neben der Glaubhaftmachung weitere Beweiserleichterungen annehmen zu können.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 22.05.2012 ua ausgeführt, der für die Jahresendprämien zutreffende Sachverhalt sei nicht mehr nachweisbar. Für die Entgeltpunktberechnung aus der Jahresendprämie sei es letztlich notwendig, globale Durchschnittswerte zwecks Bestimmung fiktiver Beträge zu finden, um praktikable, dh anwendbare erleichterte Bedingungen für die Glaubhaftmachung zuzulassen. Da aber die Glaubhaftmachung derzeit durch unrealistische Nachweisbedingungen für die Jahresendprämie im Regelfall ausgeschlossen sei, könne sich der Fokus nur auf die Anwendung des § 256c Abs 1 und 3 SGB VI im Rahmen des § 6 Abs 6 AAÜG richten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2009 in der Fassung des Bescheids vom 27.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2011, mit dem die Beklagte eine (teilweise) Rücknahme des Bescheids vom 31.07.2003 und die Feststellung höherer Arbeitsentgelte für die Jahre 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 abgelehnt hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 31.07.2003 und auf Berücksichtigung von Jahresendprämien in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 als Arbeitsentgelt iSd § 6 AAÜG.
Gemäß § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid vom 31.07.2003 nicht, denn er ist nicht rechtswidrig.
Der Kläger war in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen; er hat auch am 30.06.1990 in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet und damit die sachlichen, persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen der Einbeziehung erfüllt. Auf ihn sind die Regelungen des AAÜG anzuwenden.
Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 und 2 AAÜG hat der zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Rentenversicherungsträger die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, wozu insbesondere das "tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, gehört. Denn den fiktiven Pflichtbeitragszeiten nach AAÜG – d h Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde (§ 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG) – ist gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs 2 SGB VI) das "erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 3 des AAÜG zugrunde zu legen. Dieses vom Versorgungsträger festgestellte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen muss vom Rentenversicherungsträger gemäß § 259b Abs 1 SGB VI bei der Ermittlung der Entgeltpunkte im Rahmen der Rentenfeststellung zugrunde gelegt werden. Jahresendprämien sind von der Beklagten also nur in einem Feststellungsbescheid nach § 8 AAÜG zu berücksichtigen, wenn es sich um Arbeitsentgelte im Sinne des § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG handelt.
In diesem Zusammenhang hat das BSG (23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, SozR 4-8570 § 6 Nr 4 = juris RdNr 18 ff) ausgeführt, dass § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG den Begriff des "Arbeitsentgelts" (ebenso wie den des "Arbeitseinkommens") nicht ausdrücklich definiert und die Begriffe insoweit denjenigen in §§ 14, 15 SGB IV entsprechen. Mit der Rechtsprechung des BSG (aaO) gehören zu dem so verstandenen Arbeitsentgelt grds auch Jahresendprämien (aA in jüngerer Zeit die Instanzgerichte im Beitrittsgebiet dazu vgl zB LSG Berlin-Brandenburg 28.06.2011, L 31 R 986/10; SG Frankfurt/Oder 02.11.2011, S 29 R 643/10; SG Schwerin 28.11.2011, S 7 R 177/07; alle veröffentlich bei juris). Jedoch ist auch nach der Rechtsprechung des BSG die Jahresendprämie nur dann als tatsächliches Einkommen des Versicherten durch die Beklagte festzustellen, wenn sie dem Berechtigten im Sinne des AAÜG während seiner Zugehörigkeit zum Versorgungssystem aufgrund seiner Beschäftigung zugeflossen also tatsächlich gezahlt worden ist (BSG aaO, RdNr 19). Hierbei trifft den Berechtigten sowohl für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Belohnung erfüllt waren, als auch ob diese dem konkreten Berechtigten tatsächlich zugeflossen ist, im Falle der Unaufklärbarkeit die objektive Beweislast (BSG aaO juris RdNr 42). Hierzu hat das BSG davon abgesehen, irgendwelche Beweiserleichterungen vorzusehen. Somit trägt der Kläger die objektive Beweislast dafür, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB DDR und der einschlägigen Verordnungen zur Gewährung der Jahresendprämie in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter berücksichtigungsfähiger Betrag auch tatsächlich zugeflossen ist (SG Frankfurt/Oder4 02.11.2011, S 29 R 643/10, juris RdNr 31; SG Cottbus 17.12.2010, S 13 R 459/09, juris RdNr 17). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das AAÜG die Möglichkeit der Feststellung eines (jedenfalls erhaltenen) Mindestbetrages nicht vorsieht, da aus § 6 Abs 1 Satz 1 und Abs 6 AAÜG ersichtlich wird, dass nur der Verdienst berücksichtigt werden kann, der tatsächlich erzielt wurde, also in konkreter Höhe feststellbar ist (SG Frankfurt/Oder aaO; SG Berlin 18.05.2010, S 6 R 1724/09, juris).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die vom Kläger behaupteten Jahresendprämien tatsächlich an ihn gezahlt worden waren. Der Senat konnte weder eine solche Zahlung an den Kläger noch entsprechende, die Zahlung einer Jahresendprämie dokumentierende Unterlagen feststellen. Auch der Kläger konnte solche Unterlagen nicht vorlegen, noch ließe sich mittels Zeugenvernehmung - der Kläger hat hierzu im Erörterungstermin angegeben, es gebe keine Zeugen - solches feststellen. Damit konnte der Nachweis der Zahlung der Jahresendprämie nicht geführt werden.
Jedoch genügt - sofern die Zahlung der Jahresendprämie als Verdienst nicht schon nachgewiesen werden kann - grds auch die Glaubhaftmachung als Mittel der Beweisführung um tatsächlich erzielte Verdienste iSd § 6 AAÜG feststellen zu können. Aber auch dies konnte der Senat nicht annehmen. Nach § 23 Abs 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache "dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist". Das BSG hat dazu ausgeführt (BSG 08.08.2001, B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 = juris), dass Glaubhaftmachung das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, dh der guten Möglichkeit, bedeutet, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen (BSG aaO).
Zwar hat der Kläger selbst angegeben, die Jahresendprämie in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 jeweils erhalten zu haben. Unterlagen, die dies stützen oder Zeugenauskünfte, die dies bestätigen könnten, liegen jedoch nicht vor. Alleine der Umstand, dass es in der DDR gesetzliche Regelungen zu den Jahresendprämien gegeben hatte (so zB §§ 117, 118 AGB DDR; zum Text vgl zB im Internet: http://www.verfassungen.de/de/ddr/arbeitsgesetzbuch77.htm) bedeutet noch nicht, dass der Vortrag des Klägers als überwiegend wahrscheinlich iS einer Glaubhaftmachung anzusehen ist. Denn die gesetzlichen Regelungen weisen dem Betriebsleiter nach Beratungen mit dem betrieblichen Arbeitskollektiv und Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung die Bestimmung des Ob und des Wie einer Jahresendprämienzahlung zu (§ 116 Abs 3 iVm § 118 Abs 2 AGB DDR). Dort hing aber die Zahlung der Jahresendprämie von vielerlei, heute nicht mehr nachvollziehbaren Faktoren ab; so musste die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehört, im Betriebskollektivvertrag vereinbart sein, der Werktätige und das Arbeitskollektiv, dem er angehört, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben und der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes gewesen sein (§ 117 Abs 1 AGB DDR) Auch konnten ua die die Leistung des Kollektivs, die Leistung des Einzelnen (dazu vgl § 116 Abs 1 AGB DDR), die Einschätzung des Vorgesetzten, aber auch politische Umstände (vgl § 117 Abs 2 Satz 2 ARGB DDR) oder Krankheit (vgl § 117 Abs 3 AGB DDR), eine Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder der staatsbürgerlichen Pflichten (vgl § 117 Abs 4 AGB DDR) eine Rolle spielen. Diese Umstände lassen sich heute - wie der Kläger zutreffend ausführt - jedenfalls allgemein - aber auch im konkreten Einzelfall - kaum noch aufklären. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Beweismaßstab der Glaubhaftmachung abzusenken wäre. Dies hat schon das BSG (23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, aaO) nicht angenommen, wird aber auch in der sonstigen Rechtsprechung verneint (zB SG Frankfurt/Oder aaO, juris RdNr 30 ff). Insbesondere kann auch nicht mittels allgemeiner, vom einzelnen Betrieb bzw Kollektiv und der individuellen Bezogenheit der Jahresendprämie losgelöster Erhebungen ein Prozentsatz, der sich aus dem Verhältnis einer nachgewiesenen Jahresendprämie eines Arbeitskollegen oder eines Betriebes zu dessen Bruttogehalt ergibt, vom Bruttogehalt des Klägers angesetzt werden. Denn es handelt sich bei der Jahresendprämie nach den Vorschriften der Prämienordnung der DDR um eine für jeden einzelnen individuell festzustellende Leistungsprämie, die damit auch innerhalb des Betriebs/Kollektivs individuell unterschiedlich ausfallen konnte. Auch kann die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien gezahlt worden seien nicht genügen, den Nachweis oder die Glaubhaftmachung auch für die Zahlung von Jahresendprämien im konkreten Einzelfall zu erbringen (Sächsisches LSG 13.11.2012, L 5 RS 192/12, juris RdNr 29). Daher ist es zur Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form behaupteter Jahresendprämienzahlungen erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des geltend gemachten Gesamtzeitraums der Zufluss einer konkreten Jahresendprämie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraums, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern und der tatsächlichen Höhe (LSG aaO). Dies ist vorliegend aber nicht erfolgt.
Konnte der Senat damit die tatsächliche Zahlung der Jahresendprämien an den Kläger auch nicht zumindest als glaubhaft gemacht ansehen, musste auch nicht entschieden werden, mit welchem Betrag glaubhaft gemachte Jahresendprämien festzustellen sind. Insoweit kommt es nicht mehr darauf an, ob vorliegend § 6 Abs 5 oder § 6 Abs 6 AAÜG einschlägig ist. Denn beide Vorschriften setzen voraus, dass die tatsächliche Zahlung von Arbeitsentgelt in jedem einzelnen Jahr - in vollem Umfang (Abs 5) bzw in teilweisem Umfang (Abs 6) - zumindest glaubhaft gemacht ist. Dies konnte der Senat aber vorliegend nicht feststellen.
Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2003 war daher nicht zu beanstanden und damit nicht nach § 44 SGB X (teilweise) zurückzunehmen (abzuändern).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die weitere Feststellung von DDR-Arbeitsentgelt ("Jahresendprämie") nach den Regelungen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) streitig.
Der 1942 im heutigen Beitrittsgebiet geborene Kläger war von 1965 bis zum 30.06.1990 in der damaligen DDR in volkseigenen Betrieben – am 30.06.1990 beim VEB M. Matratzenwerk W. als Ingenieur und Leiter TKO - beschäftigt; er war in das System der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen.
Mit Feststellungsbescheid vom 31.07.2003 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger erstmals die zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus der DDR-Zusatzversorgung in die Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Entgelte fest.
Der Kläger begehrte am 17.12.2007 die Überprüfung der Feststellungen. Die Beklagte habe bei ihren Feststellungen unberücksichtigt gelassen, dass er in der Zeit seiner Beschäftigung vom 09.08.1965 bis zum 31.08.1983 beim VEB Kombinat E. sowie vom 01.09.1983 bis zum 30.06.1990 beim VEB M. Matratzenwerk W. Bergmannstreuegeld und/bzw Jahresendprämien bezogen habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.05.2009 die Rücknahme/Änderung der getroffenen Feststellungen ab. Auf den Widerspruch des Klägers vom 10.06.2009 hin zog die Beklagte Erkundigungen ein. Die mit der Verwaltung von Archivgut betraute R. Logistics teilte der Beklagten mit, im Archivgut befänden sich keinerlei Unterlagen hinsichtlich der Auszahlung von Jahresendprämien. Diese seien weder in den Lohnunterlagen dokumentiert noch im Sozialversicherungsausweis vermerkt worden. Der Empfänger habe den Empfang des Geldes, das regelmäßig in bar gezahlt worden sei, mit der Übergabe der entsprechenden Lohnmarke bestätigt. Eine Aufbewahrungspflicht für derartige Prämiennachweise habe es nach 1989 nicht gegeben. Ohne Vorliegen solcher Unterlagen könnten die begehrten Beträge nicht bescheinigt werden. Die Fa Ma. M. Matratzenwerk GmbH teilte der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des VEB M. Matratzenwerk W. den Bruttoverdienst des Klägers mit; Zulagen und Zuschläge waren im Bruttoverdienst nicht enthalten.
Mit Bescheid vom 27.10.2010 stellte die Beklagte dann das Arbeitsentgelt des Klägers wie folgt neu fest und hob den Bescheid vom 31.07.2003, soweit er den neuen Feststellungen widersprach, auf: Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz Zeitraum von bis erzieltes Arb.-EG zu berück-sichtigen maßg Anl. davon: Soz.-Pfl. FZR Versorg. 09.08.-31.12.65 2.868,87 2.868,87 2.862,00 6,87 01.01.-31.12.66 8.962,07 8.962,07 7.200,00 1.762,07 01.01.-31.12.67 10.080,40 10.080,40 7.200,00 2.880,40 01.01.-31.12.68 8.481,10 8.481,10 5.559,50 2.921,60 01.01.-31.12.69 10.865,24 10.865,24 7.200,00 3.665,24 01.01.-31.12.70 11.546,54 11.546,54 7.200,00 4.346,54 01.01.-31.12.71 12.790,94 12.790,94 7.200,00 5.590,94 01.01.-31.12.72 14.113,42 14.113,42 7.200,00 6.913,42 01.01.-31.12.73 15.737,68 15.737,68 7.200,00 8.537,68 01.01.-31.12.74 16.669,22 16.669,22 7.200,00 9.469,22 01.01.-31.12.75 16.749,74 16.749,74 7.200,00 9.549,74 01.01.-31.12.76 16.749,74 16.749,74 7.200,00 9.549,74 01.01.-31.12.77 17.133,44 17.133,44 7.200,00 9.933,44 01.01.-31.12.78 18.603,11 18.603,11 7.200,00 11.403,11 01.01.-31.12.79 18.732,69 18.732,69 7.200,00 11.532,69 01.01.-31.12.80 17.816,99 17.816,99 6.834,80 10.982,10 01.01.-31.12.81 13.091,72 13.091,72 4.864,90 8.226,82 01.01.-31.12.82 15.249,09 15.249,09 5.948,00 9.301,09 01.01.-16.08.83 12.426,39 12.426,39 4.513,20 7.913,19 01.09.-27.11.83 3.300,00 3.300,00 1.715,00 1.585,00 13.02.-31.12.84 11.807,73 11.807,73 6.372,00 5.435,73 01.01.-31.12.85 14.062,90 14.062,90 7.200,00 6.862,90 01.01.-31.12.86 15.259,42 15.259,42 7.200,00 8.059,42 01.01.-31.12.87 15.681,70 15.681,70 7.200,00 8.481,70 01.01.-31.05.88 6.575,00 6.575,00 3.000,00 3.575,00 22.06.-31.12.88 8.041,52 8.041,52 3.710,00 4.331,52 01.01.-31.12.89 15.696,87 15.696,87 6.992,00 8.704,87 01.01.-30.06.90 9.853,01 9.853,01 3.600,00 6.253,01
Bei ihren Feststellungen berücksichtigte die Beklagte nunmehr das Bergmannsgeld, nicht jedoch Jahresendprämien.
Mit seinem Widerspruch vom 30.11.2010 machte der Kläger geltend, ein konkreter Nachweis der Höhe der Jahresendprämien sei im Regelfall nicht mehr möglich. Es sei daher unzulässig, ihm die Nachweispflicht aufzuerlegen. Die Höhe der jeweiligen Jahresendprämie ließe sich durch Auswertung zugänglicher Statistiken unter Anwendung analytischer Methoden feststellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die geltend gemachten Jahresendprämien könnten nicht als Arbeitsentgelt anerkannt werden, weil deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht sei. Eine pauschale Berücksichtigung von Jahresendprämien könne nicht erfolgen, da die Zahlung der Jahresendprämien von vielen, heute nicht mehr nachvollziehbaren Faktoren abhängig gewesen sei.
Am 22.05.2011 hat der Kläger bei der Beklagten (Eingang beim Sozialgericht Freiburg (SG) am 16.06.2011) Klage erhoben. Unter Vorlage verschiedener Berechnungen macht der Kläger geltend, die von ihm bezogenen Jahresendprämien ausreichend glaubhaft gemacht zu haben. Er habe in den Jahren 1965, 1983, 1984, 1988 und 1990 wegen einer jeweils nicht einjährigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Jahresendprämien gehabt.
Mit Urteil vom 07.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Feststellung der Jahresentgelte unter Einschluss von Jahresendprämien in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 schon deshalb ablehnen müssen, weil dem Kläger weder ein Nachweis noch die Glaubhaftmachung dafür gelungen sei, dass er die Jahresendprämie in jedem dieser Jahre tatsächlich erhalten habe. Das Gericht habe auch unter den erleichterten Beweisanforderungen der Glaubhaftmachung nicht mit notwendiger Sicherheit sagen können, ob dem Kläger eine Jahresendprämie jeweils gezahlt worden sei. Im Übrigen habe auch die Höhe der Jahresendprämie schwanken können, sodass es selbst für eine Schätzung nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 ZPO an einer belastbaren Anknüpfungstatsache fehle. Der Kläger trage die objektive Beweislast für den Erhalt der jeweiligen Arbeitsentgelte in Form einer Jahresendprämie.
Gegen das ihm am 07.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die grundsätzlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Jahresendprämie, eine mindestens einjährige Betriebszugehörigkeit, habe er erfüllt. Auch seien die individuellen jährlichen Bruttoverdienste als Bezugsbasis für die Berechnung von Mindestbeträgen der Jahresendprämie über entsprechende jahresbezogene Prozentsätze konkret benannt. Er sei aber auch der Auffassung, die Jahresendprämie könne als nicht mehr nachweisbarer Verdienst analog § 6 Abs 5 AAÜG berücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 07.12.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2009 in der Fassung des Bescheids vom 27.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 31.07.2003 abzuändern und in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 höhere Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung der bezogenen Jahresendprämie festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger sei beweisbelastet dafür, in welchem konkreten Kalenderjahr ihm in welcher tatsächlichen Höhe Jahresendprämien gezahlt worden seien. Eine pauschalierende Bewertung verbiete sich angesichts des personen- und leitungsgebundenen Charakters der Jahresendprämie.
Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten in einem Termin am 20.04.2012 erörtert. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 24 bis 27 der Senatsakte) Bezug genommen. Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG seien auch Prämien, die aus einer Beschäftigung resultierten und Gegenleistung für eine erbrachte Arbeitsleistung seien, Bestandteil des Arbeitsentgelts bzw des Verdienstes. § 6 Abs 5 AAÜG sei vorliegend nicht anwendbar. Dass sich viele Kläger in Beweisnot hinsichtlich der Jahresendprämie befänden, weil die entsprechenden Listen jeweils nach zwei Jahren vernichtet worden seien und ein Nachweis in den Lohnunterlagen nicht geführt worden sei, rechtfertige es nicht, neben der Glaubhaftmachung weitere Beweiserleichterungen annehmen zu können.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 22.05.2012 ua ausgeführt, der für die Jahresendprämien zutreffende Sachverhalt sei nicht mehr nachweisbar. Für die Entgeltpunktberechnung aus der Jahresendprämie sei es letztlich notwendig, globale Durchschnittswerte zwecks Bestimmung fiktiver Beträge zu finden, um praktikable, dh anwendbare erleichterte Bedingungen für die Glaubhaftmachung zuzulassen. Da aber die Glaubhaftmachung derzeit durch unrealistische Nachweisbedingungen für die Jahresendprämie im Regelfall ausgeschlossen sei, könne sich der Fokus nur auf die Anwendung des § 256c Abs 1 und 3 SGB VI im Rahmen des § 6 Abs 6 AAÜG richten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2009 in der Fassung des Bescheids vom 27.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.05.2011, mit dem die Beklagte eine (teilweise) Rücknahme des Bescheids vom 31.07.2003 und die Feststellung höherer Arbeitsentgelte für die Jahre 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 abgelehnt hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 31.07.2003 und auf Berücksichtigung von Jahresendprämien in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 als Arbeitsentgelt iSd § 6 AAÜG.
Gemäß § 44 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt im Übrigen auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bescheid vom 31.07.2003 nicht, denn er ist nicht rechtswidrig.
Der Kläger war in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz einbezogen; er hat auch am 30.06.1990 in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet und damit die sachlichen, persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen der Einbeziehung erfüllt. Auf ihn sind die Regelungen des AAÜG anzuwenden.
Gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 und 2 AAÜG hat der zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Rentenversicherungsträger die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind, wozu insbesondere das "tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, gehört. Denn den fiktiven Pflichtbeitragszeiten nach AAÜG – d h Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde (§ 5 Abs 1 Satz 1 AAÜG) – ist gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs 2 SGB VI) das "erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" höchstens bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 3 des AAÜG zugrunde zu legen. Dieses vom Versorgungsträger festgestellte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen muss vom Rentenversicherungsträger gemäß § 259b Abs 1 SGB VI bei der Ermittlung der Entgeltpunkte im Rahmen der Rentenfeststellung zugrunde gelegt werden. Jahresendprämien sind von der Beklagten also nur in einem Feststellungsbescheid nach § 8 AAÜG zu berücksichtigen, wenn es sich um Arbeitsentgelte im Sinne des § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG handelt.
In diesem Zusammenhang hat das BSG (23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, SozR 4-8570 § 6 Nr 4 = juris RdNr 18 ff) ausgeführt, dass § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG den Begriff des "Arbeitsentgelts" (ebenso wie den des "Arbeitseinkommens") nicht ausdrücklich definiert und die Begriffe insoweit denjenigen in §§ 14, 15 SGB IV entsprechen. Mit der Rechtsprechung des BSG (aaO) gehören zu dem so verstandenen Arbeitsentgelt grds auch Jahresendprämien (aA in jüngerer Zeit die Instanzgerichte im Beitrittsgebiet dazu vgl zB LSG Berlin-Brandenburg 28.06.2011, L 31 R 986/10; SG Frankfurt/Oder 02.11.2011, S 29 R 643/10; SG Schwerin 28.11.2011, S 7 R 177/07; alle veröffentlich bei juris). Jedoch ist auch nach der Rechtsprechung des BSG die Jahresendprämie nur dann als tatsächliches Einkommen des Versicherten durch die Beklagte festzustellen, wenn sie dem Berechtigten im Sinne des AAÜG während seiner Zugehörigkeit zum Versorgungssystem aufgrund seiner Beschäftigung zugeflossen also tatsächlich gezahlt worden ist (BSG aaO, RdNr 19). Hierbei trifft den Berechtigten sowohl für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Belohnung erfüllt waren, als auch ob diese dem konkreten Berechtigten tatsächlich zugeflossen ist, im Falle der Unaufklärbarkeit die objektive Beweislast (BSG aaO juris RdNr 42). Hierzu hat das BSG davon abgesehen, irgendwelche Beweiserleichterungen vorzusehen. Somit trägt der Kläger die objektive Beweislast dafür, dass sämtliche Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB DDR und der einschlägigen Verordnungen zur Gewährung der Jahresendprämie in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter berücksichtigungsfähiger Betrag auch tatsächlich zugeflossen ist (SG Frankfurt/Oder4 02.11.2011, S 29 R 643/10, juris RdNr 31; SG Cottbus 17.12.2010, S 13 R 459/09, juris RdNr 17). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das AAÜG die Möglichkeit der Feststellung eines (jedenfalls erhaltenen) Mindestbetrages nicht vorsieht, da aus § 6 Abs 1 Satz 1 und Abs 6 AAÜG ersichtlich wird, dass nur der Verdienst berücksichtigt werden kann, der tatsächlich erzielt wurde, also in konkreter Höhe feststellbar ist (SG Frankfurt/Oder aaO; SG Berlin 18.05.2010, S 6 R 1724/09, juris).
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die vom Kläger behaupteten Jahresendprämien tatsächlich an ihn gezahlt worden waren. Der Senat konnte weder eine solche Zahlung an den Kläger noch entsprechende, die Zahlung einer Jahresendprämie dokumentierende Unterlagen feststellen. Auch der Kläger konnte solche Unterlagen nicht vorlegen, noch ließe sich mittels Zeugenvernehmung - der Kläger hat hierzu im Erörterungstermin angegeben, es gebe keine Zeugen - solches feststellen. Damit konnte der Nachweis der Zahlung der Jahresendprämie nicht geführt werden.
Jedoch genügt - sofern die Zahlung der Jahresendprämie als Verdienst nicht schon nachgewiesen werden kann - grds auch die Glaubhaftmachung als Mittel der Beweisführung um tatsächlich erzielte Verdienste iSd § 6 AAÜG feststellen zu können. Aber auch dies konnte der Senat nicht annehmen. Nach § 23 Abs 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache "dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist". Das BSG hat dazu ausgeführt (BSG 08.08.2001, B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr 4 = juris), dass Glaubhaftmachung das Dartun überwiegender Wahrscheinlichkeit, dh der guten Möglichkeit, bedeutet, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen (BSG aaO).
Zwar hat der Kläger selbst angegeben, die Jahresendprämie in den Jahren 1966 bis 1982, 1985 bis 1987 und 1989 jeweils erhalten zu haben. Unterlagen, die dies stützen oder Zeugenauskünfte, die dies bestätigen könnten, liegen jedoch nicht vor. Alleine der Umstand, dass es in der DDR gesetzliche Regelungen zu den Jahresendprämien gegeben hatte (so zB §§ 117, 118 AGB DDR; zum Text vgl zB im Internet: http://www.verfassungen.de/de/ddr/arbeitsgesetzbuch77.htm) bedeutet noch nicht, dass der Vortrag des Klägers als überwiegend wahrscheinlich iS einer Glaubhaftmachung anzusehen ist. Denn die gesetzlichen Regelungen weisen dem Betriebsleiter nach Beratungen mit dem betrieblichen Arbeitskollektiv und Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung die Bestimmung des Ob und des Wie einer Jahresendprämienzahlung zu (§ 116 Abs 3 iVm § 118 Abs 2 AGB DDR). Dort hing aber die Zahlung der Jahresendprämie von vielerlei, heute nicht mehr nachvollziehbaren Faktoren ab; so musste die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehört, im Betriebskollektivvertrag vereinbart sein, der Werktätige und das Arbeitskollektiv, dem er angehört, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt haben und der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes gewesen sein (§ 117 Abs 1 AGB DDR) Auch konnten ua die die Leistung des Kollektivs, die Leistung des Einzelnen (dazu vgl § 116 Abs 1 AGB DDR), die Einschätzung des Vorgesetzten, aber auch politische Umstände (vgl § 117 Abs 2 Satz 2 ARGB DDR) oder Krankheit (vgl § 117 Abs 3 AGB DDR), eine Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin oder der staatsbürgerlichen Pflichten (vgl § 117 Abs 4 AGB DDR) eine Rolle spielen. Diese Umstände lassen sich heute - wie der Kläger zutreffend ausführt - jedenfalls allgemein - aber auch im konkreten Einzelfall - kaum noch aufklären. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Beweismaßstab der Glaubhaftmachung abzusenken wäre. Dies hat schon das BSG (23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, aaO) nicht angenommen, wird aber auch in der sonstigen Rechtsprechung verneint (zB SG Frankfurt/Oder aaO, juris RdNr 30 ff). Insbesondere kann auch nicht mittels allgemeiner, vom einzelnen Betrieb bzw Kollektiv und der individuellen Bezogenheit der Jahresendprämie losgelöster Erhebungen ein Prozentsatz, der sich aus dem Verhältnis einer nachgewiesenen Jahresendprämie eines Arbeitskollegen oder eines Betriebes zu dessen Bruttogehalt ergibt, vom Bruttogehalt des Klägers angesetzt werden. Denn es handelt sich bei der Jahresendprämie nach den Vorschriften der Prämienordnung der DDR um eine für jeden einzelnen individuell festzustellende Leistungsprämie, die damit auch innerhalb des Betriebs/Kollektivs individuell unterschiedlich ausfallen konnte. Auch kann die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien gezahlt worden seien nicht genügen, den Nachweis oder die Glaubhaftmachung auch für die Zahlung von Jahresendprämien im konkreten Einzelfall zu erbringen (Sächsisches LSG 13.11.2012, L 5 RS 192/12, juris RdNr 29). Daher ist es zur Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form behaupteter Jahresendprämienzahlungen erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des geltend gemachten Gesamtzeitraums der Zufluss einer konkreten Jahresendprämie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraums, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern und der tatsächlichen Höhe (LSG aaO). Dies ist vorliegend aber nicht erfolgt.
Konnte der Senat damit die tatsächliche Zahlung der Jahresendprämien an den Kläger auch nicht zumindest als glaubhaft gemacht ansehen, musste auch nicht entschieden werden, mit welchem Betrag glaubhaft gemachte Jahresendprämien festzustellen sind. Insoweit kommt es nicht mehr darauf an, ob vorliegend § 6 Abs 5 oder § 6 Abs 6 AAÜG einschlägig ist. Denn beide Vorschriften setzen voraus, dass die tatsächliche Zahlung von Arbeitsentgelt in jedem einzelnen Jahr - in vollem Umfang (Abs 5) bzw in teilweisem Umfang (Abs 6) - zumindest glaubhaft gemacht ist. Dies konnte der Senat aber vorliegend nicht feststellen.
Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2003 war daher nicht zu beanstanden und damit nicht nach § 44 SGB X (teilweise) zurückzunehmen (abzuändern).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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