Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 387/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 915/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 30.04.2009 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Der 1973 in Kroatien geborene Kläger siedelte schon kurz nach seiner Geburt in die Bundesrepublik Deutschland über. Er absolvierte nach eigenen Angaben eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker. Nach der Ausbildung war der Kläger bei verschiedenen Firmen versicherungspflichtig beschäftigt, regelmäßig mit befristeten Arbeitsverträgen, zuletzt als Arbeiter in der Produktion. Seit ca 1997 ist der Kläger überwiegend arbeitslos, unterbrochen von kurzen Beschäftigungen, so ca 2002 als für vier Monate befristet eingestellter Montagearbeiter am Band bzw zuletzt (ca 2006) als stundenweiser Taxifahrer (auf 400,00 EUR-Basis). Zuletzt lebte der Kläger vom Alg II-Bezug. Mit Bescheid vom 21.04.2009 anerkannte das Landratsamt einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 04.02.2009.
Vom 05.07.2007 bis zum 02.08.2007 befand sich der Kläger auf Kosten der Beklagten in einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B ... Der Entlassbericht vom 10.09.2007 gibt an, es bestehe ein Morbus Bechterew mit klinisch fortgeschrittenem Stadium, eine Adipositas, BMI 28,6, ein Nikotinabusus sowie eine Dupuytren-Kontraktur am rechten Ringfinger Stadium III. Der Kläger wurde für in der Lage gehalten, Tätigkeiten als Fahrer sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht und Nachtschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungs-apparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben.
Am 30.04.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu diesem Antrag gab er an, sich seit 2000 für erwerbsgemindert zu halten. Dazu verwies er auf die Bechterew-Erkrankung, eine entzündlich-rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule und "Osteopenie und Lungenfunktionseinschränkung".
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, die in der Zeit vom 21.01. bis 25.02.2010 in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B. durchgeführt wurde. Der Entlassbericht vom 01.03.2010 führt aus, es bestehe eine HLAB27 positive Spondylitis ankylosans, eine Koxarthrose beidseits, eine Anpassungsstörung/Schmerzsyndrom (FD) sowie der Verdacht auf asthenische Persönlichkeitsstörung (FD). Der Kläger wurde für leistungsfähig gehalten für eine Tätigkeit als Maschinenbediener/Personenbeförderer nur noch im Umfang von unter drei Stunden, für leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen bzw Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht und Nachtschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates sowie hinsichtlich von Gefährdungs- und Belastungsfaktoren für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich.
Mit Bescheid vom 29.03.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente ab. Die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten und Behinderungen ergäben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, denn der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Mit seinem Widerspruch vom 13.04.2010 legte der Kläger ein Attest von Dr. A. vom 11.11.2010 vor, der angibt, dass der Kläger an einem total eingesteiften Morbus Bechterew leide. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn er könne Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben. Auch bestehe für den nach dem 01.01.1961 geborenen Kläger kein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Sein Begehren hat der Kläger mit seiner am 10.02.2011 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage weiter verfolgt. Er hat vor allem auf den Morbus Bechterew mit ausgeprägter Funktionseinschränkung der gesamten Wirbelsäule, auf psychische Beeinträchtigungen sowie einen Zustand nach Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma hingewiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 28 bis 35, 36 bis 48 sowie 49 bis 51 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Dr. A., O., hat dem SG mit Schreiben vom 21.04.2011 mitgeteilt, der Kläger erscheine zwei bis drei Mal im Jahr auf Überweisung des Hausarztes. Die Wirbelsäulenfunktion sei von Anfang an schwerwiegend gewesen, eine wirkliche Verbesserung des Zustandes könne bei einer Erkrankung in diesem Stadium nicht mehr eintreten. Es bestehe kein sinnvolles Tätigkeitsprofil mehr. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. teilte dem SG unter dem Datum des 02.05.2011 mit, es bestünden beim Kläger ein Morbus Bechterew, eine endogene Depression mit Anpassungsstörung, ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma. Im Vordergrund stehe jedoch eindeutig die Bechterew-Erkrankung mit chronischem Schmerzsyndrom. Aufgrund der psychischen Verfassung und der chronischen Schmerzen werde es dem Kläger schwer fallen bzw unmöglich sein, leichtere Tätigkeiten zu verrichten. Es solle ein Gutachten durch einen Rheumatologen bzw Psychiater eingeholt werden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Prof. Dr. K. hat dem SG am 06.05.2011 geschrieben, er habe den Kläger am 12.03.2007 und dann nochmals am 28.02.2011 untersucht. Es bestehe eine reaktive Depression von Krankheitswert. Die sekundäre Schmerzsymptomatik und die damit verbundene Störung seien zwar einschränkend, jedoch könnten leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Das SG hat darüber hinaus noch Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. He ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 59 bis 74 SG-Akte Bezug genommen. Dr. He. hat in seinem Gutachten vom 22.07.2011 angegeben, beim Kläger bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinsteifung des Rumpfes bei Morbus Bechterew sowie eine Osteoporose - bislang ohne Fraktur. Aus orthopädischer Sicht bestehe keine hinreichende Begründung dafür, weshalb der Kläger nicht mehr in der Lage sein sollte, Erwerbstätigkeiten vollschichtig auszuüben. Dr. A. übersehe bei seiner Einschätzung, dass der Kläger in der Lage sei, seinen Ein-Personen-Haushalt ohne fremde Hilfe zu versorgen und gelegentlich in der Lage sei, 10-12stündige Autofahrten in seine alte Heimat zu unternehmen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.02.2011 abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Er sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten. Da der Kläger noch Auto fahren könne und auch Zugfahrten unternehme, seien keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 23.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.03.2012 beim Landessozialgericht B.-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mittlerweile sei der GdB auf 60 erhöht worden. Auch sei es ihm am Untersuchungstag bei Dr. He. relativ gut gegangen. Ansonsten bestünden weitaus stärkere Schmerzen und er könne sich schlechter bewegen. Seine Mutter unterstütze ihn bei sämtlichen Haushaltstätigkeiten. Unrichtig im Gutachten von Dr. He. sei auch, dass er in der Lage sei, in sein Heimatland zu fahren. Vielmehr sei er bei einem Bekannten im Auto mitgefahren. Er habe seine Arbeitsstellen aufgrund einer Vielzahl von Fehlzeiten aufgrund der schmerzbedingten Erkrankungen verloren. Er sei auch psychisch eingeschränkt, ihm fehle es an der Kommunikationsfähigkeit und am sprachlichen Ausdrucksvermögen. Letztlich sei die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit zu klären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2009 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger sei nicht vor dem 01.01.1961 geboren, weshalb er keinen Anspruch auf Rente bei Berufsunfähigkeit habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung nervenärztlichen Gutachtens beim Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse, M ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 29 bis 63 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. M. hat in seinem Gutachten vom 16.09.2012 ausgeführt, beim Kläger lasse sich auf nervenärztlichem Fachgebiet keine sichere Diagnose einer psychischer Störung stellen. Es bestehe auch kein Anhalt für eine neurologische Erkrankung. Die Beurteilbarkeit sei kooperationsbedingt eingeschränkt. Es habe sich jedoch kein Hinweis ergeben, dass die Kooperationsmängel krankheitsbedingt gewesen seien, vielmehr seien diese der willentlichen Steuerung zugänglich gewesen. Soweit es da nervenärztliche Fachgebiet betreffe, sei der Kläger weiterhin in der Lage, acht Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten auszuüben.
Mit den Beteiligten zugestelltem Hinweis vom 19.09.2012 hat der Senat auf die beabsichtigte Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die beigezogene Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2011. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Senat konnte sich davon überzeugen, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung entschieden. Insoweit nimmt der Senat zur Begründung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs 2 SGG) und sieht von einer weiteren Begründung ab.
Darüber hinaus hat auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen ergeben. Der Gutachter M. konnte für den Senat einerseits darstellen, dass der Kläger sich zielgerichtet einer Kooperation bzw Mitarbeit zu nervenärztlichen Erhebungen widersetzt bzw hier nicht mitgewirkt hat, andererseits aber zu seinen orthopädischen Beschwerden und Schmerzen detaillierte und umfassende Angaben machen konnte. Weder aus dem Ergebnis der Untersuchungssituation noch aus den sich auf Grundlage der Akten (dort insbesondere die Ausführungen von Prof. Dr. K.) ergebenden Umstände konnte der Gutachter M. eine nervenärztliche Erkrankung feststellen (dazu vgl Blatt 58 der Senatsakte). Darüber hinaus konnte er - bei neurologisch übereinstimmend unauffälligem Befund - darlegen, weshalb er sich der Auffassung von Prof. Dr. K., es liege eine Anpassungsstörung vor, nicht folgen kann. Auch Prof. Dr. K. hatte in seinen dem SG übersandten Berichten keinen dies stützenden psychiatrischen Befund vorlegen können. Damit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Erkrankungen oder Gesundheitsstörungen vorliegen, die das Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlichem wie in qualitativem Umfang einschränken. Dies hat auch schon Prof. Dr. K. unter Berücksichtigung der von ihm angenommenen Erkrankungen so bestätigt. Auch aus den Unfallereignissen von 1993 und 2000, jeweils mit angegebenen Schädel-Hirn-Traumata, konnten keine noch bestehenden, relevanten Leistungseinschränkungen abgeleitet werden.
Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen die von Dr. He. beschriebenen Erkrankungen (schmerzhafte Bewegungseinsteifung des Rumpfes bei Morbus Bechterew sowie Osteoporose - bislang ohne Fraktur). Diesbezüglich konnte aber auch Dr. He. keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit darlegen. Er hat vielmehr für den Senat schlüssig und zur Überzeugung führend darlegen können, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen dem Kläger noch leichte Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen, überwiegend in geschützten Räumen ermöglichten. Das Heben und Tragen von Lasten solle auf 5 kg reduziert werden. Die Rumpfbeweglichkeit sei massiv eingeschränkt. Arbeiten im Bücken seien ausgeschlossen, gleiches gelte für Arbeiten, die den vollen Bewegungsumfang der Halswirbelsäule erforderlich machten (viele Handwerks- und Montagearbeiten). Längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule sei ungünstig. Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen seien aufgrund der Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und der ständigen schmerzen, die bei Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule über einen längeren Zeitraum noch zunähmen, ausgeschlossen Arbeiten im Schichtdienst und Arbeiten im Freien, so Dr. He., seien möglich, Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft seien dagegen nicht mehr zuzumuten. Mit diesen Einschränkungen ist der Kläger nach Überzeugung des Senats aber noch in der Lage leichte Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.
Eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung folgt auch nicht aus der vom Kläger angegebenen Lungenfunktionsstörung. Diese wurde zB von Dr. S. im Bericht vom 24.08.2009 (Blatt 33 der SG-Akten) mit "Atemnot, v. a. bei Belastung" beschrieben. Zugleich hat Dr. S. jedoch mitgeteilt, es bestehe kein pathologischer Befund. Es bestehe funktionell eine leichte Restriktion, ohne Hinweise auf eine Obstruktion oder bronchiale Hyperreagibilität. Dagegen hatte das Rheumazentrum B.-B. im Bericht vom 16.05.2008 noch eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung angegeben. Wegen eines leicht positiven Tuberkulose-EliSpot war damals eine INH-Tuberkulostatika-Therapie eingeleitet worden. Am 10.10.2008 hat Dr. A. (Blatt 61 der Verwaltungsakte) von einem möglichen Zustand nach Tuberkulose-Kontakt und einer restriktiven Ventilationsstörung im Rahmen weitgehender thorakaler Einsteifung berichtet. Diese Gesundheitsstörungen hat er aber gegenüber dem SG in seiner Zeugenauskunft nicht mehr benannt. Daher ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass - sofern diese Störungen überhaupt noch bestehen - diese jedenfalls keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers mehr haben.
Ebensowenig konnte der Senat aus den vom Kläger angegebenen Krankheitszeiten auf eine Leistungsminderung schließen. Zwar hat der Kläger in der Berufungsbegründung behauptet, seine Arbeitsstellen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten verloren zu haben. Doch konnte der Senat dem nicht folgen. Vielmehr hat der Kläger gegenüber dem Gutachter M. angegeben, die Beschäftigungen seien befristet gewesen, lediglich in seiner letzten Tätigkeit als Taxifahrer war der Kläger gekündigt worden. Aus der aber gegenüber dem Gutachter beschriebenen Situation (Blatt 41 der Senatsakte) lässt sich aber weder eine überwiegende, überdauernde Arbeitsunfähigkeit noch eine Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinne ableiten.
Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die von den Gutachtern Dr. He. und M. genannten Gesundheitsstörungen (dazu s o) vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf den in den Gutachten von Herrn M. und Dr. He. mitgeteilten Tagesablauf, der trotz des Hinweises auf die Mithilfe der Mutter im Haushalt keinerlei Umstände dahingehend zu erkennen gibt, dass weitere, gravierende und über die von Dr. He. (dazu s o) genannten qualitativen Einschränkungen hinausgehenden Leistungseinschränkungen vorlägen. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies konnten die Gutachter bestätigen; im Übrigen verfügt der Kläger über einen Führerschein und ein Kfz.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Rentenantragstellung und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Der nach dem 01.01.1961 geborene Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI), denn Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI) u a, dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 30.04.2009 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zusteht.
Der 1973 in Kroatien geborene Kläger siedelte schon kurz nach seiner Geburt in die Bundesrepublik Deutschland über. Er absolvierte nach eigenen Angaben eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker. Nach der Ausbildung war der Kläger bei verschiedenen Firmen versicherungspflichtig beschäftigt, regelmäßig mit befristeten Arbeitsverträgen, zuletzt als Arbeiter in der Produktion. Seit ca 1997 ist der Kläger überwiegend arbeitslos, unterbrochen von kurzen Beschäftigungen, so ca 2002 als für vier Monate befristet eingestellter Montagearbeiter am Band bzw zuletzt (ca 2006) als stundenweiser Taxifahrer (auf 400,00 EUR-Basis). Zuletzt lebte der Kläger vom Alg II-Bezug. Mit Bescheid vom 21.04.2009 anerkannte das Landratsamt einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 04.02.2009.
Vom 05.07.2007 bis zum 02.08.2007 befand sich der Kläger auf Kosten der Beklagten in einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B ... Der Entlassbericht vom 10.09.2007 gibt an, es bestehe ein Morbus Bechterew mit klinisch fortgeschrittenem Stadium, eine Adipositas, BMI 28,6, ein Nikotinabusus sowie eine Dupuytren-Kontraktur am rechten Ringfinger Stadium III. Der Kläger wurde für in der Lage gehalten, Tätigkeiten als Fahrer sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht und Nachtschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungs-apparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben.
Am 30.04.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zu diesem Antrag gab er an, sich seit 2000 für erwerbsgemindert zu halten. Dazu verwies er auf die Bechterew-Erkrankung, eine entzündlich-rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule und "Osteopenie und Lungenfunktionseinschränkung".
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, die in der Zeit vom 21.01. bis 25.02.2010 in der Rehabilitationsklinik H. in B.-B. durchgeführt wurde. Der Entlassbericht vom 01.03.2010 führt aus, es bestehe eine HLAB27 positive Spondylitis ankylosans, eine Koxarthrose beidseits, eine Anpassungsstörung/Schmerzsyndrom (FD) sowie der Verdacht auf asthenische Persönlichkeitsstörung (FD). Der Kläger wurde für leistungsfähig gehalten für eine Tätigkeit als Maschinenbediener/Personenbeförderer nur noch im Umfang von unter drei Stunden, für leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen bzw Sitzen, in Tagesschicht, Früh-/Spätschicht und Nachtschicht sowie unter Beachtung qualitativer Einschränkungen hinsichtlich des Bewegungs-/Haltungsapparates sowie hinsichtlich von Gefährdungs- und Belastungsfaktoren für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich.
Mit Bescheid vom 29.03.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente ab. Die Einschränkungen, die sich aus den Krankheiten und Behinderungen ergäben, führten nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, denn der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Mit seinem Widerspruch vom 13.04.2010 legte der Kläger ein Attest von Dr. A. vom 11.11.2010 vor, der angibt, dass der Kläger an einem total eingesteiften Morbus Bechterew leide. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn er könne Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben. Auch bestehe für den nach dem 01.01.1961 geborenen Kläger kein Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Sein Begehren hat der Kläger mit seiner am 10.02.2011 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage weiter verfolgt. Er hat vor allem auf den Morbus Bechterew mit ausgeprägter Funktionseinschränkung der gesamten Wirbelsäule, auf psychische Beeinträchtigungen sowie einen Zustand nach Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma hingewiesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 28 bis 35, 36 bis 48 sowie 49 bis 51 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Dr. A., O., hat dem SG mit Schreiben vom 21.04.2011 mitgeteilt, der Kläger erscheine zwei bis drei Mal im Jahr auf Überweisung des Hausarztes. Die Wirbelsäulenfunktion sei von Anfang an schwerwiegend gewesen, eine wirkliche Verbesserung des Zustandes könne bei einer Erkrankung in diesem Stadium nicht mehr eintreten. Es bestehe kein sinnvolles Tätigkeitsprofil mehr. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. teilte dem SG unter dem Datum des 02.05.2011 mit, es bestünden beim Kläger ein Morbus Bechterew, eine endogene Depression mit Anpassungsstörung, ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma. Im Vordergrund stehe jedoch eindeutig die Bechterew-Erkrankung mit chronischem Schmerzsyndrom. Aufgrund der psychischen Verfassung und der chronischen Schmerzen werde es dem Kläger schwer fallen bzw unmöglich sein, leichtere Tätigkeiten zu verrichten. Es solle ein Gutachten durch einen Rheumatologen bzw Psychiater eingeholt werden. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Prof. Dr. K. hat dem SG am 06.05.2011 geschrieben, er habe den Kläger am 12.03.2007 und dann nochmals am 28.02.2011 untersucht. Es bestehe eine reaktive Depression von Krankheitswert. Die sekundäre Schmerzsymptomatik und die damit verbundene Störung seien zwar einschränkend, jedoch könnten leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichtet werden.
Das SG hat darüber hinaus noch Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. He ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 59 bis 74 SG-Akte Bezug genommen. Dr. He. hat in seinem Gutachten vom 22.07.2011 angegeben, beim Kläger bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinsteifung des Rumpfes bei Morbus Bechterew sowie eine Osteoporose - bislang ohne Fraktur. Aus orthopädischer Sicht bestehe keine hinreichende Begründung dafür, weshalb der Kläger nicht mehr in der Lage sein sollte, Erwerbstätigkeiten vollschichtig auszuüben. Dr. A. übersehe bei seiner Einschätzung, dass der Kläger in der Lage sei, seinen Ein-Personen-Haushalt ohne fremde Hilfe zu versorgen und gelegentlich in der Lage sei, 10-12stündige Autofahrten in seine alte Heimat zu unternehmen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.02.2011 abgewiesen. Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Er sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich zu verrichten. Da der Kläger noch Auto fahren könne und auch Zugfahrten unternehme, seien keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 23.02.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.03.2012 beim Landessozialgericht B.-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mittlerweile sei der GdB auf 60 erhöht worden. Auch sei es ihm am Untersuchungstag bei Dr. He. relativ gut gegangen. Ansonsten bestünden weitaus stärkere Schmerzen und er könne sich schlechter bewegen. Seine Mutter unterstütze ihn bei sämtlichen Haushaltstätigkeiten. Unrichtig im Gutachten von Dr. He. sei auch, dass er in der Lage sei, in sein Heimatland zu fahren. Vielmehr sei er bei einem Bekannten im Auto mitgefahren. Er habe seine Arbeitsstellen aufgrund einer Vielzahl von Fehlzeiten aufgrund der schmerzbedingten Erkrankungen verloren. Er sei auch psychisch eingeschränkt, ihm fehle es an der Kommunikationsfähigkeit und am sprachlichen Ausdrucksvermögen. Letztlich sei die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit zu klären.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.02.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.04.2009 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der Kläger sei nicht vor dem 01.01.1961 geboren, weshalb er keinen Anspruch auf Rente bei Berufsunfähigkeit habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung nervenärztlichen Gutachtens beim Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse, M ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 29 bis 63 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. M. hat in seinem Gutachten vom 16.09.2012 ausgeführt, beim Kläger lasse sich auf nervenärztlichem Fachgebiet keine sichere Diagnose einer psychischer Störung stellen. Es bestehe auch kein Anhalt für eine neurologische Erkrankung. Die Beurteilbarkeit sei kooperationsbedingt eingeschränkt. Es habe sich jedoch kein Hinweis ergeben, dass die Kooperationsmängel krankheitsbedingt gewesen seien, vielmehr seien diese der willentlichen Steuerung zugänglich gewesen. Soweit es da nervenärztliche Fachgebiet betreffe, sei der Kläger weiterhin in der Lage, acht Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche leichte Tätigkeiten auszuüben.
Mit den Beteiligten zugestelltem Hinweis vom 19.09.2012 hat der Senat auf die beabsichtigte Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG hingewiesen und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die beigezogene Akte des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 29.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2011. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Senat konnte sich davon überzeugen, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung entschieden. Insoweit nimmt der Senat zur Begründung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs 2 SGG) und sieht von einer weiteren Begründung ab.
Darüber hinaus hat auch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen ergeben. Der Gutachter M. konnte für den Senat einerseits darstellen, dass der Kläger sich zielgerichtet einer Kooperation bzw Mitarbeit zu nervenärztlichen Erhebungen widersetzt bzw hier nicht mitgewirkt hat, andererseits aber zu seinen orthopädischen Beschwerden und Schmerzen detaillierte und umfassende Angaben machen konnte. Weder aus dem Ergebnis der Untersuchungssituation noch aus den sich auf Grundlage der Akten (dort insbesondere die Ausführungen von Prof. Dr. K.) ergebenden Umstände konnte der Gutachter M. eine nervenärztliche Erkrankung feststellen (dazu vgl Blatt 58 der Senatsakte). Darüber hinaus konnte er - bei neurologisch übereinstimmend unauffälligem Befund - darlegen, weshalb er sich der Auffassung von Prof. Dr. K., es liege eine Anpassungsstörung vor, nicht folgen kann. Auch Prof. Dr. K. hatte in seinen dem SG übersandten Berichten keinen dies stützenden psychiatrischen Befund vorlegen können. Damit ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Erkrankungen oder Gesundheitsstörungen vorliegen, die das Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlichem wie in qualitativem Umfang einschränken. Dies hat auch schon Prof. Dr. K. unter Berücksichtigung der von ihm angenommenen Erkrankungen so bestätigt. Auch aus den Unfallereignissen von 1993 und 2000, jeweils mit angegebenen Schädel-Hirn-Traumata, konnten keine noch bestehenden, relevanten Leistungseinschränkungen abgeleitet werden.
Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen die von Dr. He. beschriebenen Erkrankungen (schmerzhafte Bewegungseinsteifung des Rumpfes bei Morbus Bechterew sowie Osteoporose - bislang ohne Fraktur). Diesbezüglich konnte aber auch Dr. He. keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit darlegen. Er hat vielmehr für den Senat schlüssig und zur Überzeugung führend darlegen können, dass die bestehenden Gesundheitsstörungen dem Kläger noch leichte Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen, überwiegend in geschützten Räumen ermöglichten. Das Heben und Tragen von Lasten solle auf 5 kg reduziert werden. Die Rumpfbeweglichkeit sei massiv eingeschränkt. Arbeiten im Bücken seien ausgeschlossen, gleiches gelte für Arbeiten, die den vollen Bewegungsumfang der Halswirbelsäule erforderlich machten (viele Handwerks- und Montagearbeiten). Längeres Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule sei ungünstig. Arbeiten unter Akkord- und Fließbandbedingungen seien aufgrund der Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und der ständigen schmerzen, die bei Verharren in Zwangshaltungen der Wirbelsäule über einen längeren Zeitraum noch zunähmen, ausgeschlossen Arbeiten im Schichtdienst und Arbeiten im Freien, so Dr. He., seien möglich, Arbeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft seien dagegen nicht mehr zuzumuten. Mit diesen Einschränkungen ist der Kläger nach Überzeugung des Senats aber noch in der Lage leichte Tätigkeiten wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.
Eine rentenrechtlich relevante Leistungseinschränkung folgt auch nicht aus der vom Kläger angegebenen Lungenfunktionsstörung. Diese wurde zB von Dr. S. im Bericht vom 24.08.2009 (Blatt 33 der SG-Akten) mit "Atemnot, v. a. bei Belastung" beschrieben. Zugleich hat Dr. S. jedoch mitgeteilt, es bestehe kein pathologischer Befund. Es bestehe funktionell eine leichte Restriktion, ohne Hinweise auf eine Obstruktion oder bronchiale Hyperreagibilität. Dagegen hatte das Rheumazentrum B.-B. im Bericht vom 16.05.2008 noch eine mittelgradige restriktive Ventilationsstörung angegeben. Wegen eines leicht positiven Tuberkulose-EliSpot war damals eine INH-Tuberkulostatika-Therapie eingeleitet worden. Am 10.10.2008 hat Dr. A. (Blatt 61 der Verwaltungsakte) von einem möglichen Zustand nach Tuberkulose-Kontakt und einer restriktiven Ventilationsstörung im Rahmen weitgehender thorakaler Einsteifung berichtet. Diese Gesundheitsstörungen hat er aber gegenüber dem SG in seiner Zeugenauskunft nicht mehr benannt. Daher ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass - sofern diese Störungen überhaupt noch bestehen - diese jedenfalls keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers mehr haben.
Ebensowenig konnte der Senat aus den vom Kläger angegebenen Krankheitszeiten auf eine Leistungsminderung schließen. Zwar hat der Kläger in der Berufungsbegründung behauptet, seine Arbeitsstellen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten verloren zu haben. Doch konnte der Senat dem nicht folgen. Vielmehr hat der Kläger gegenüber dem Gutachter M. angegeben, die Beschäftigungen seien befristet gewesen, lediglich in seiner letzten Tätigkeit als Taxifahrer war der Kläger gekündigt worden. Aus der aber gegenüber dem Gutachter beschriebenen Situation (Blatt 41 der Senatsakte) lässt sich aber weder eine überwiegende, überdauernde Arbeitsunfähigkeit noch eine Erwerbsminderung im rentenrechtlichen Sinne ableiten.
Damit konnte sich der Senat davon überzeugen, dass die von den Gutachtern Dr. He. und M. genannten Gesundheitsstörungen (dazu s o) vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf den in den Gutachten von Herrn M. und Dr. He. mitgeteilten Tagesablauf, der trotz des Hinweises auf die Mithilfe der Mutter im Haushalt keinerlei Umstände dahingehend zu erkennen gibt, dass weitere, gravierende und über die von Dr. He. (dazu s o) genannten qualitativen Einschränkungen hinausgehenden Leistungseinschränkungen vorlägen. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies konnten die Gutachter bestätigen; im Übrigen verfügt der Kläger über einen Führerschein und ein Kfz.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Rentenantragstellung und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Der nach dem 01.01.1961 geborene Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI), denn Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI) u a, dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
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