L 11 KR 1029/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3199/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1029/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19.11.2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung aus einem in Raten gezahlten Vorsorgekapital wegen Alters im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung.

Der 1943 geborene Kläger ist als Rentner in der Krankenversicherung pflichtversichert und Mitglied der beklagten Krankenkasse. 1999 schloss der Kläger eine von seiner Arbeitgeberin, der B.-S. Hausgeräte GmbH (BSH GmbH) angebotene betriebliche Altersversorgung zum Aufbau von Vorsorgekapital mit Rechtsanspruch auf Leistungen wegen Alters, Invalidität und Todesfall ab. Dabei wurde der erforderliche Finanzierungsaufwand vom Unternehmen als Teil der Gesamtvergütung des Mitarbeiters erbracht; bei Eintritt des Versorgungsfalls errechnete sich die Höhe des Vorsorgekapitals durch Multiplikation des jeweils aufgewandten Teils der Gesamtvergütung mit einem für das jeweilige Lebensjahr geltenden Kapitalfaktor. Die zwischen dem Kläger und der BSG GmbH getroffene Vereinbarung lautete wie folgt: "Für den Fall, dass ich für das Geschäftsjahr 1999 einen ertrags- und leistungsabhängigen Teil meiner Gesamtvergütung als Jahreszahlung/Erfolgsbeteiligung erhalte, wähle ich unwiderruflich in Abänderung bzw Ergänzung meines Arbeitsvertrages bis zur Höhe der gesamten Jahreszahlung eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß den mir bekannten Regelungen zum Aufbau von Vorsorgekapital." Auch in den Folgejahren entschied sich der Kläger für das genannte Modell. Nachdem der Kläger aus dem Unternehmen ausgeschieden war, wurde eine kapitalisierte Versorgungsleistung iHv insgesamt 28.036,71 EUR wie folgt in Raten ausgezahlt: 1. Rate 4.973,52 EUR April 2006, 2. Rate 5.271,94 EUR April 2007, 3. Rate 5.588,24 EUR April 2008, 4. Rate 5.923,54 EUR April 2009 und 5. Rate 6.278,94 EUR April 2010.

Die Arbeitgeberin teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 04.04.2006 mit. Bis 29.02.2008 hatte der Kläger beitragspflichtige Einnahmen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze.

Mit Bescheid vom 23.04.2008 setzte die Beklagte ab 01.03.2008 hieraus zu zahlende Beiträge zur Krankenversicherung iHv 34,58 EUR und zur Pflegeversicherung iHv von 3,97 EUR fest. Zur Begründung verwies sie darauf, dass seit 01.01.2004 alle Kapitalleistungen, die der Alters- oder Hinterbliebenenversorgung oder der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienten, der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterlägen. Für Versorgungsbezüge, die als Kapitalleistung gewährt werden, gelte ein 120stel der Kapitalleistung als monatlicher Zahlbetrag, dh der Betrag werde auf 10 Jahre verteilt. Die 10-Jahres-Frist beginne am 01.05.2006 und ende am 30.04.2016. Ab dem 01.03.2008 beziehe der Kläger eine Rente und überschreite nicht mehr die Beitragsbemessungsgrenze, weshalb ab diesem Zeitpunkt Beiträge abzuführen seien. Aus der Abfindung von 28.036,17 EUR errechne sich bei 120 Monaten ein monatlicher Zahlbetrag von 233,63 EUR, woraus sich die Beiträge errechneten (damaliger Beitragssatz zur Krankenversicherung 14,8 vH, Beitragssatz zur Pflegeversicherung 1,7 vH).

Hiergegen erhob der Kläger am 14.05.2008 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2008 zurückwies. Zur Begründung verwies die Beklagte im Wesentlichen darauf, dass die an den Erhalt von Versorgungsbezügen geknüpfte Beitragspflicht kraft Gesetzes entstehe und von der Kenntnis des Versicherten unabhängig sei. Als Versorgungsbezüge würden nach § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung gelten, die unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zuflössen. Hierzu zählten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch solche Bezüge, zu denen allein der Arbeitnehmer beigetragen habe. Weitere Beitragsbescheide sind hinsichtlich dieser Versorgungsbezüge in der Folgezeit nach Auskunft der Beklagten nicht ergangen.

Hiergegen richtet sich die am 10.09.2008 zum Sozialgericht Ulm (SG) erhobene Klage. Der Kläger ist der Auffassung, das streitgegenständliche Aufbauvorsorgekapital sei nicht mit einer Direktlebensversicherung zu vergleichen, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, SozR 4-2500 § 229 Nr 5) gewesen sei, sodass diese Entscheidung nicht ohne Weiteres übertragen werden könne. Außerdem weist er darauf hin, dass er bei Auszahlung der Leistung als Dividende damals keinen Beitrag gezahlt hätte, da er über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen sei.

Mit Urteil vom 19.11.2010 hat das SG die Klage zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 21.02.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.03.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist nochmals darauf, dass er bei Auszahlung der Sonderzahlungen damals keine weiteren Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hätte entrichten müssen. Allein durch die gesonderte Auszahlung sollten die Sonderzahlungen nun der vollen Beitragslast unterliegen. Zudem enthielten die Sonderzahlungen, die vom Arbeitgeber ausbezahlt worden seien, Zinsen iHv insgesamt 9.571,13 EUR. Für den Kläger sei nicht nachvollziehbar, dass Beiträge auch aus diesem Zinsanteil berechnet würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 23.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2008 in der Gestalt der Teilaufhebung vom 12.03.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass es sich vorliegend um Pensionsrückstellungen für die betriebliche Altersversorgung handele, welche durch den ehemaligen Arbeitgeber durch so genanntes Ansammeln (Nichtauszahlung von Sonderzahlungen und Dividenden) angespart worden sei. Bei Pensionsrückstellungen sei es nicht Voraussetzung, dass eine lebenslange Rente gezahlt werde. Diese werde auch als Zusage auf einmalige Kapitalzahlungen oder Mischformen gebildet. Vorliegend handele es sich um eine Direktzusage (unmittelbare Versorgungszusage), weshalb die in jährlichen Raten zur Auszahlung gelangte Kapitalabfindung der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 229 SGB V unterliege.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte den Bescheid vom 23.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2008 aufgehoben, soweit Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt worden waren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der angefochtene Beitragsbescheid keine zeitliche Begrenzung enthält und somit Leistungen für die Dauer von mehr als einem Jahr streitig sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist in der Sache jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 23.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2008 ist - soweit er von der Beklagten nicht aufgehoben worden ist - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht ab 01.03.2008 aus monatlichen Versorgungsbezügen iHv 233,63 EUR Beiträge zur Krankenversicherung festgesetzt.

Streitgegenstand sind allein noch die geforderten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.03.2013 den Bescheid vom 23.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2008 insoweit aufgehoben hat, als hierin Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt worden sind.

Die Beklagte hat zu Recht von dem in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Kläger Beiträge aus der in Jahresraten bereits ausgezahlten bzw damals noch auszuzahlenden Leistungen seiner betrieblichen Altersversorgung in Anwendung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V verlangt. Der Kläger ist als Rentner nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Er unterliegt damit nach § 223 SGB V der Beitragspflicht in der Krankenversicherung. Nach § 237 Satz 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde gelegt: (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. § 226 Abs 2 SGB V und §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten nach § 237 Satz 2 SGB V entsprechend. Damit unterliegen auch die dort genannten Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht selbst dann, wenn diese neben einer Rente iSv § 237 Satz 1 SGB V geleistet werden. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) im Sinne von § 237 Satz 1 Nr 2 SGB V gehören nach Maßgabe von § 229 Abs 1 Satz 1 SGB V zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers auch Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung (Art 1 Nr 143 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003, BGBl I 2190) ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Die Frist von 10 Jahren beginnt mit dem ersten des auf die Auszahlung der Kapitalleistung folgenden Kalendermonats (vgl Seywald-Rewitz in Krauskopf, SozKV, Stand Juni 2012, § 229 RdNr 25).

Bei dem hier streitigen Vorsorgekapital handelt es sich unzweifelhaft um Versorgungsbezüge der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen lediglich Einnahmen unberücksichtigt bleiben, die nicht (unmittelbar) auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder eine frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, zB Einnahmen aufgrund betriebsfremder privater Eigenvorsorge oder Einnahmen aus ererbtem Vermögen (BSG 25.05.2011, B 12 P 1/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 14 unter Hinweis auf BT-Drucks 9/458 S 34). Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn - wie hier gemäß der Vereinbarung Betriebliche Altersversorgung (Bl 14 SG-Akte) - künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung; § 1 Abs 2 Nr 3 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG)). Unerheblich für das Vorliegen beitragspflichtiger Versorgungsbezüge ist die Finanzierung durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, sofern der institutionelle Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nicht verlassen wird (BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 1). Ebenso spielt es keine Rolle, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt (BSG 12.08.2008, B 12 KR 9/08 R, juris). Der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus dem Vorsorgekapital und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart - wie hier der in § 1 Abs 2 Nr 3 BetrAVG geregelten Entgeltumwandlung - gegeben.

Auch die hier vorliegende Auszahlungsmodalität des Vorsorgekapitals in fünf Jahresraten steht der Anwendung des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht entgegen. Die Voraussetzung, dass an die Stelle der Versorgungsbezüge eine "nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung" tritt, ist nach der Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung von Wortsinn, Gesetzessystematik und Gesetzeszweck so zu verstehen, dass hiervon als kapitalisierte Versorgungsleistungen alle vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarten oder zugesagten Leistungen (Kapitalleistungen) und alle einen ursprünglich als laufend vorgesehenen Versorgungsbezug ersetzenden Leistungen (Kapitalabfindungen) erfasst werden, ohne dass es für deren Zuordnung zu den Leistungen des § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V auf die Modalitäten ihrer Auszahlung ankommt (BSG 17.03.2010, B 12 KR 5/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 9). Dabei hat das BSG ausdrücklich in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass auch die ihrem Wesen nach kapitalisierten Versorgungsbezüge wie einmalige Kapitalleistungen oder -abfindungen und wie laufende Versorgungsleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten erhöhen, und zwar nicht nur im Monat ihrer Auszahlung, sondern auch darüber hinaus. Sie verlieren ihren Charakter als dem Lebensunterhalt nach der Beendigung der beruflichen Tätigkeit dienenden Leistung nicht dadurch, ob und wofür der Versicherte sie verbrauchen will oder verbraucht, auch die Beitragspflicht hängt hiervon nicht ab (BSG 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 7).

Soweit der Kläger geltend macht, aus einem "Zinsanteil" iHv 9.571,13 EUR seien jedenfalls keine Beiträge zu entrichten, verkennt er das Wesen der betrieblichen Altersvorsorge. Zutreffend ist, dass die tatsächlich erfolgte Kapitalauszahlung die vom Kläger durch Ansparen angesammelten Jahressonderzahlungen erheblich übersteigt. Insoweit liegt indes keine von der Vereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung abgelöste private Kapitalverzinsung vor, sondern in den Richtlinien "Aufgeschobene Vergütung - Aufbau von Vorsorgekapital" (Bl 12f der SG-Akte) ist zur Höhe des Vorsorgekapitals unter Ziffer 3 geregelt, dass sich die Höhe des Vorsorgekapitals durch Multiplikation des jeweils aufgewandten Teils der Gesamtvergütung mit dem für das jeweilige Lebensjahr geltenden Kapitalfaktor ergibt, der sich aus der in der Anlage 3 beigefügten Tabelle ergibt. Dieser Kapitalfaktor, der versicherungsmathematisch einem Zins von 6 % pa entspricht, war damit untrennbarer Bestandteil der vom Kläger mit seiner Arbeitgeberin getroffenen Vereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung. Insoweit ist selbstverständlich die gesamte Kapitalleistung beitragspflichtig und nicht nur der vom Kläger durch Ansparen selbst finanzierte Betrag.

Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl zuletzt Beschluss vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; Urteile vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10 und vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11). Der Senat schließt sich insofern nach eigener Prüfung der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, juris) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris) an. Ein Verstoß gegen Grundrechte ergibt sich auch dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, juris) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstößt. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf einen Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, juris). Eine vergleichbare Konstellation liegt hier nicht vor.

Der Verbeitragung steht nicht entgegen, dass der Kläger – wie vorgetragen – während seines Beschäftigungsverhältnisses Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze hatte und deshalb den Höchstbeitrag abführte. Das BSG hat bereits entschieden, dass es für die Beitragspflicht nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer, zu dessen Gunsten die Altersversorgung begründet wurde, während des Anspruchserwerbs gesetzlich krankenversichert war (BSG 30.3.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63; BSG 25.04.2012, B 12 KR 19/10 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 15). Somit ist es für die Beitragspflicht auch nicht entscheidend, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtige Einkünfte während des Anspruchserwerbs hatte bzw die Versicherungsbeiträge aus zur Sozialversicherung herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert werden. § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V (iVm § 237 S 1 Nr 2, S 2 SGB V) knüpft bereits seinem Wortlaut nach die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Rente der betrieblichen Altersversorgung vorliegt. Ein Zusammenhang mit einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit bzw sozialversicherungspflichtigen Einkünften fordert der Gesetzeswortlaut nicht, sondern stellt nur darauf ab, dass der Rentner, von dem die Beiträge erhoben werden sollen, versicherungspflichtig (in der gesetzlichen Krankenversicherung) ist. Dieses Ergebnis wird gestützt durch den Regelungszusammenhang und die Gesetzgebungsgeschichte und verstößt nicht gegen Art 3 GG (dazu im Einzelnen: BSG 25.04.2012, B 12 KR 19/10 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 15).

Einwände gegen die Berechnung der Beiträge werden nicht erhoben. Die Beklagte hat die von der BSH GmbH mitgeteilten Kapitalzahlungen in Höhe von insgesamt 28.036,17 EUR zugrundegelegt. Ein Hundertzwanzigstel dieser Kapitalleistungen sind 233,63 EUR. Unter Ansatz des jeweiligen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) errechnen sich die vom Kläger zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Erfolg des Klägers hinsichtlich der ursprünglich geforderten Pflegeversicherungsbeiträge.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved