L 3 AS 2431/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 3033/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2431/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1982 geborene Kläger lebt zusammen mit seinen Eltern (D. und P. B., beide geboren 1957) in deren Eigenheim, mit einer Gesamtgröße von 86 qm (Baujahr 1987, 4 Zimmer, Küche, Bad, Ölheizung). Die Eltern, beide Bezieher einer Rente wegen Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung, beantragten für die Zeit ab 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Während die Bundesagentur für Arbeit Leistungen mangels Hilfebedürftigkeit ablehnte, bewilligte der damals für die Kosten der Unterkunft und Heizung zuständige Landkreis K. - Sozialamt - monatliche Leistungen in Höhe von 294,84 EUR. Wegen der Einstellung dieser Leistungen ab April 2007 strengte der Vater des Klägers eine Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) an. Nachdem das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14.06.2005 - S 5 AS 1021/05) und das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Berufung zurückgewiesen hatte (Urteil vom 20.01.2006 - L 8 AS 3073/05), lehnte das Bundessozialgericht (BSG) den daraufhin gestellten Antrag des Vaters des Klägers, ihm für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe zu gewähren, ab (Beschluss vom 03.04.2007 - B 11b AS 7/06 B; Bl. 959ff). In dem Beschluss vom 03.04.2007 führte das BSG aus, der Vater des Klägers sowie seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau seien nicht hilfebedürftig. Bei dem Bedarf für Unterkunft ging der Senat davon aus, dass die Angaben zu den Kosten der Unterkunft in Höhe von 404,92 EUR (exklusive Heizkosten) vom Vater des Klägers zutreffend seien. Dies ergebe entsprechend der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (2) und der Zahl der Hausbewohner (mit dem Kläger 3) einen Betrag für die Eltern des Klägers in Höhe von 269,95 EUR (= 404,92 EUR x 2: 3). Der daraus errechnete Gesamtbedarf in Höhe von 891,95 EUR sei auch unter Berücksichtigung der Angaben zu den Heizkosten durch das Einkommen gedeckt.

Der Kläger beantragte erstmals im April 2006 SGB II-Leistungen. Dieser Antrag wurde zunächst mangels Hilfebedürftigkeit - der Kläger bezog damals noch Arbeitslosengeld - abgelehnt. Ab April 2007 wurden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in getrennter Trägerschaft von der Bundesagentur für Arbeit sowie vom Landkreis K. - Sozialamt - erbracht. Grundlage bei der Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung waren die Angaben des Klägers im "Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung" vom 26.04.2006, die er in den Folgeanträgen wiederholte. Darin bezifferte er Heizkosten, Nebenkosten und sonstige Wohnkosten ohne nähere Aufschlüsselung oder Vorlage von Belegen mit 150,00 EUR für das von ihm im elterlichen Haus bewohnte, 20 qm große Zimmer. Nach Abzug des in der Regelleistung enthaltenen Anteils für Warmwasser (6,79 EUR) und Haushaltsenergie (15,83 EUR) bewilligte der Landkreis K. - Sozialamt - Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 127,89 EUR (Bescheid vom 16.01.2009, Leistungszeitraum 01.04.2007 bis 31.01.2009; Bescheid vom 13.02.2009, Leistungszeitraum vom 01.02.2009 bis 31.07.2009).

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 09.07.2009, mit dem der Landkreis K. - Sozialamt - für die Zeit vom 01.08.2009 bis 31.01.2010 unverändert Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 127,38 EUR erbrachte, hat der Kläger am 13.07.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und ebenfalls am 13.07.2009 Widerspruch beim Landkreis K. - Sozialamt - eingelegt.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2009 zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger unter Hinweis auf ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16.05.2006 (5 O 74/04) geltend gemacht, ihm stünden die seit April 2007 vom Landkreis K. - Sozialamt - aus übergeleitetem Recht einbehaltenen Zahlungen der Haftpflichtversicherung - M. Versicherung - im Zusammenhang mit einem im Jahr 1999 erlittenen Verkehrsunfall in Höhe von mindestens 102.000,00 EUR zu. Ferner hat er geltend gemacht, ihm stünden nach dem Beschluss des BSG vom 03.04.2007 - B 11b AS 7/06 B Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 269,33 EUR zu.

Mit Urteil vom 27.04.2010 hat das SG den Landkreis K. - Sozialamt - entsprechend dem im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebenen Anerkenntnis - unter Abänderung des streitbefangenen Bescheides vom 09.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2009 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.08.2009 - 31.01.2010 monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von 128,42 EUR unter Anrechnung der bereits bewilligten Leistungen zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien vom Kläger mit 150,00 EUR monatlich beziffert worden. Hiervon seien die Kosten für Haushaltsenergie und Warmwasser gemäß der Berechnung des BSG im Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R in Höhe von 21,58 EUR abzusetzen. Ein Anspruch auf höhere Leistungen ergebe sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten Beschluss des BSG vom 03.04.2007. Das BSG habe die damals vom Landkreis K. - Sozialamt - errechneten Unterkunftskosten von insgesamt 404,92 EUR für den aus dem Kläger und seinen Eltern bestehenden Drei-Personen-Haushalt nicht beanstandet. Entsprechend einer Aufteilung nach "Kopfzahl" entfielen auf die Eltern des Klägers anteilige Kosten von 269,95 EUR und auf den Kläger selbst anteilige Kosten in Höhe von 134,97 EUR. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nachzahlungen aus übergeleiteten Schadensersatzansprüchen. Unabhängig davon, dass für eine Überleitung von Ansprüchen des Klägers gegen die M. Versicherung auf den Landkreis K. - Sozialamt - nichts ersichtlich sei, existiere hierfür auch keine Rechtsgrundlage.

Gegen das am 22.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.05.2010 Berufung eingelegt und im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt. Darüber hinaus hat er vorgetragen, es sei nicht richtig, dass er 150,00 EUR monatliche Unterkunftskosten geltend gemacht habe; das BSG habe Unterkunftskosten von insgesamt 404,92 EUR nicht beanstandet. Im Übrigen habe er die Herausgabe der "übergeleiteten" Rechtsansprüche geltend gemacht. Ferner beliefen sich die Nachzahlungen aus den übergeleiteten Rechtsansprüchen zwischenzeitlich auf 130.000,00 EUR.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 09. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2009 zu verurteilen, ihm höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sowie Nachzahlungen aus einer Überleitung seiner Rechtsansprüche gegen die M. Versicherung im Zusammenhang mit einem im Jahr 1999 erlittenen Verkehrsunfall zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Aktenkundig ist ein Schreiben des Klägers an das Jobcenter Landkreis K. vom 22.02.2012 (Bl. 12 LSG-Akte L 3 AS 568/13). Darin erklärt er: Mietzahlungen an meine Eltern liegen unstreitig nicht vor ... finden sich in keinem Antrag."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Berufung ist zulässig und statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), jedoch nicht begründet.

Auf Beklagtenseite ist nach dem Ende der getrennten Aufgabenwahrnehmung ab 01.01.2012 das Jobcenter Landkreis K. (gemeinsame Einrichtung gemäß § 44 b SGB II in der seit 01.01.2011 gültigen Fassung) als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen in getrennter Trägerschaft geführten Behörden getreten. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Berufungsverfahren unzulässige Klageänderung im Sinne von §§ 99, 153 Abs. 1 SGG dar (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R, in juris). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen der Unterkunft und Heizung.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Beklagte legte seiner Entscheidung über die Leistungen für Unterkunft und Heizung die Angaben des Klägers im "Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung" vom 26.04.2006 zugrunde, wonach er seinen Eltern monatlich insgesamt 150,00 EUR bezahlt. Auf diese Erklärung nahm der Kläger in den Folgeanträgen voll inhaltlich Bezug bzw. legte sie in Kopie nochmals bei. Der Aufforderung des Beklagten, etwaige höhere Kosten für Unterkunft und Heizung nachzuweisen, kam der Kläger nicht nach. Bislang ist nicht einmal nachgewiesen, dass der Kläger überhaupt Miete an seine Eltern zahlt bzw. gezahlt hat. Zahlungsbelege, Kontoauszüge, Mietvertrag o.ä. liegen nicht vor. Offensichtlich besteht auch keine Verpflichtung zur Mietzahlung. Dies wird bestätigt durch das Schreiben des Klägers vom 22.02.2012, wonach er zu keinem Zeitpunkt Miete an seine Eltern gezahlt hat, obwohl ihm der Beklagte aufgrund seiner Angaben Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt hatte. Sind dem Kläger keine Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, kann er schon deshalb keinen höheren Anspruch auf Leistungen haben.

Soweit der Kläger die Auszahlung übergeleiteter Schadensersatzansprüche begehrt, lässt der Senat offen, welches die hierfür statthafte Klageart wäre und ob diese ggf. zulässig wäre. Denn der Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt einen Forderungsübergang geltend gemacht. Auch fehlt es an der Voraussetzung, dass der Beklagte dem Kläger wegen der Schädigung Sozialleistungen gewährt hätte (vgl. § 116 SGB X).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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