L 9 R 2320/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3723/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2320/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. April 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Altersrente.

Der 1941 geborene griechische Kläger war vom 22.10.1964 bis 17.10.1975 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Auf seinen Antrag vom 10.12.1975 erstattete die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Landesversicherungsanstalt (LVA) Württemberg, dem Kläger mit Bescheid vom 30.4.1976 die Hälfte der für diesen Zeitraum entrichteten Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von DM 14.351,30 in Anwendung der damals geltenden Vorschriften (§ 1303 Reichsversicherungsordnung – RVO –). Der bindend gewordene Bescheid enthält den Hinweis, dass die Erstattung weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Versicherung ausschließe, auch wenn die für diese Zeiten entrichteten Beiträge nicht erstattet worden seien.

Am 29.11.2002 wandte sich der Kläger an die Beklagte, fragte an, ob und gegebenenfalls bis wann er die erstatteten Beiträge wieder einzahlen könne, wie hoch der Einzahlungsbetrag sein würde und ab wann er eine Rente beziehen könne.

Mit Bescheid vom 14.1.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Alters ab. Zur Begründung führte sie aus, mit der Erstattung sei das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst worden. Auf die Wartezeit anrechenbare deutsche Zeiten seien somit nicht vorhanden. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden. Eine nachträgliche Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge in die deutsche Rentenversicherung sei nicht möglich. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.5.2003 zurück.

Gegen den am 20.5.2003 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 14.7.2003 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart (S 5 RJ 3723/03) erhoben und die Gewährung einer Altersrente begehrt. Eine Begründung der Klage hat er trotz Aufforderung durch das SG nicht vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom 7.4.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Regelaltersrente, Altersrente für langjährig Versicherte, für schwerbehinderte Menschen und auch keinen Anspruch auf Altersrente bei Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Zu Recht habe die Beklagte auch die Nachzahlung der erstatteten Beiträge versagt, denn die hierfür maßgebenden Voraussetzungen der §§ 204 bis 209 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen nicht vor.

Gegen den am 23.4.2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.6.2004 Berufung eingelegt, die Zulassung zur Wiedereinzahlung der erstatteten Beiträge und die Gewährung von Altersrente ab 1.11.2002 begehrt.

Auf Antrag des Klägers, der behauptet hat, es seien Verfahren beim Europäischen Gerichtshof anhängig, in dem es um die Frage gehe, ob es europarechtlich zulässig sei, dass jemand, der in einem Mitgliedstaat sich seine Rentenansprüche habe auszahlen lassen, ohne die Arbeitgeberanteile zu erhalten, keine Rente erhalte, hat der Senat mit Einverständnis der Beklagten mit Beschluss vom 9.11.2004 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schreiben vom 22.5.2012 hat die Beklagte das ruhende Verfahren wieder angerufen und mitgeteilt, ein beim Europäischen Gerichtshof anhängiges oder zwischenzeitlich abgeschlossenes Verfahren über den behaupteten Streitgegenstand habe sie nicht feststellen können.

Der Kläger, der zwischenzeitlich nicht mehr anwaltlich vertreten ist, hat sich nicht mehr geäußert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Wiedereinzahlung der durch Bescheid vom 30. April 1976 erstatteten Beiträge für die Zeit vom 22. Oktober 1964 bis zum 17. Oktober 1975 zu gestatten und ihm ab 01. November 2002 Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Zwar hat der Kläger nicht innerhalb eines Monats nach der am 23.4.2004 erfolgten Zustellung des Gerichtsbescheids Berufung eingelegt, sondern erst am 18.6.2004. Dies ist jedoch unschädlich, da die Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid des SG unrichtig war. Denn obwohl die Zustellung des Gerichtsbescheids an den bevollmächtigten Rechtsanwalt in Deutschland erfolgte, und damit die Monatsfrist auch für den Kläger maßgebend war (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 151 Rn. 6 m.w.N.), hat das SG in der Rechtsmittelbelehrung eine Berufungsfrist von drei Monaten genannt. Wegen dieser unrichtigen Rechtsmittelbelehrung war die Einlegung der Berufung deshalb innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig (§ 66 Abs. 2, 1. Halbsatz SGG).

Die zulässige Berufung ist jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid im Einzelnen die Voraussetzungen für die Altersrenten dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen hierfür aufgrund der in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Zeiten nicht gegeben sind. Hierauf nimmt der Senat Bezug.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass der Kläger, der inzwischen die Altersgrenze für die Regelaltersrente (65 Jahre) erreicht hat, auch keinen Anspruch auf die Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung hat. Denn er hat die dafür erforderliche Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI) mit den in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten nicht erfüllt. Vorliegend kann auch dahinstehen, ob der Kläger unter Mitberücksichtigung griechischer Versicherungszeiten die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat. Denn nach Art. 48 Abs. 1 der Verordnung 1408/71 EWG bzw. nunmehr Art. 57 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vom 29.4.2004 ist ein Träger eines Mitgliedstaates nicht verpflichtet, Leistungen aus Zeiten zu gewähren, die nach den von ihm angewendeten Rechtsvorschriften zurückgelegt wurden und im Zeitpunkt des Versicherungsfalles zu berücksichtigen sind, wenn die Dauer dieser Zeit weniger als ein Jahr beträgt und aufgrund allein dieser Zeit kein Leistungsanspruch nach den Rechtsvorschriften erworben ist. Dies ist vorliegend der Fall, denn der Kläger weist – nach der durchgeführten Beitragserstattung – keinerlei Beitragszeiten, und insbesondere keine zwölf Monate an Beitragszeiten, in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auf. Damit erreicht er – wie oben dargelegt – auch nicht die Wartezeit von fünf Jahren (§§ 50, 51 SGB VI) für eine Regelaltersrente.

Der Umstand, dass lediglich die Arbeitnehmerbeiträge erstattet werden, stellt auch keinen Verstoß gegen Grundrechte dar, wie das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wiederholt entschieden haben (BVerfG, Beschlüsse vom 24.11.1986 – 1 BvR 772/85 – SozR 2200 § 1303 Nr. 34 und vom 16.6.1981 – 1 BvR 445/81 – SozR 2200 § 1303 Nr. 19). Einen Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften hat der Kläger nicht einmal ansatzweise dargetan. Anhaltspunkte dafür, dass entsprechende Rechtsfragen beim Europäischen Gerichtshof anhängig waren oder sind, sind nicht vorhanden.

Eine Rechtsgrundlage, für die Rückabwicklung der Beitragserstattung bzw. eine Nachentrichtungsmöglichkeit sieht das Gesetz nicht vor.

Nach alledem waren der angefochtene Gerichtsbescheid und die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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