Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3360/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 388/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.12.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbs-minderung streitig.
Der am 1970 geborene Kläger, gelernter Fachgehilfe im Gaststättengewerbe, war zunächst in seinem Ausbildungsberuf und hiernach als Bauhelfer und Hilfsarbeiter beschäftigt, zuletzt seit 2001 in einer Marzipanfabrik. Seit August 2006 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Wegen chronischer Lumboischialgien wurde der Kläger im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zunächst vom 23.08. bis 27.09.2006 in der P.-Klinik in Bad N. behandelt (Diagnosen: chronisch anamnestisches Rückenschmerzsyndrom im Lumbalbereich mit Bewegungseinschränkung und Schmerzausstrahlung, im CT nachgewiesener eher auf der Gegenseite liegender Bandscheibenvorfall L4/5, zervikale Schmerzen mit uncharakteristischen Ausstrahlungen Richtung Schulter, Adipositas, Fettstoffwechselstörung). Aufgrund fortbestehender Beschwerden wurde am 25.10.2006 eine mikrochirurgische Recessutonie S1 und Foraninotomie S1 rechts durchgeführt. Nach der im November/Dezember 2006 erfolgten Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik Hausbaden in Badenweiler, wurde am 16.02.2007 ein erneuter mikrochirurgischer Eingriff (Partielle Arthrektomie L5/6 links, Laminektomie L5 links, Flavektomie bei Recessusstenose L5/6 links) durchgeführt, an den sich im März/April 2007 eine erneute Anschlussheilbehandlung, nunmehr in den R. Kliniken in W. anschloss. Aus dieser Maßnahme wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen, wobei die letzte berufliche Tätigkeit als Bandarbeiter auf Dauer nicht mehr für leidensgerecht erachtet wurde. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus unter Vermeidung von wirbelsäulenungünstigen Zwangshaltungen mit Rotationsbelastung der Wirbelsäule, häufigem Bücken und ohne Nachtschicht hielten die behandelnden Ärzte jedoch für zumindest sechs Stunden täglich möglich.
Wegen des schädlichen Gebrauchs von Opiumiden fand im Rahmen eines stationären Aufent-halts in der neurochirurgischen Abteilung des St. J. F. im März/April 2008 eine Entzugsbehand-lung statt. Dabei sahen die behandelnden Ärzte keine sichere organische Ursache für die vom Kläger nach den zwei Bandscheibenoperationen geklagte Lumbalgie bzw. den lumboischialgie-formen Restbeschwerden sowie der geklagten Cervicobrachialgie. Wegen den im Übrigen diag-nostizierten mittel- bis schwergradigen Depressionen und den Angststörungen erachteten sie ein psychosomatisches Heilverfahren für erforderlich, das sodann vom 06.08.2008 bis 16.09.2008 in der M. -Klinik in K. (Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Postnukleotomie-Syndrom mit Lumboischialgie und Peronaeusschwäche rechts, Cervicobrachialsyndrom, Adipositas II) durchgeführt wurde. Ausweislich des entsprechenden Abschlussberichtes wurde der Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten ohne Nacht- und Wechselschicht sechs Stunden und mehr auszuüben.
Während dieser stationären Behandlung beantragte der Kläger am 02.09.2008 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2008 gestützt auf den Entlassungsbericht der M. -Klinik ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. und der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. aufgrund Untersuchungen vom 25.03.2009 ein. Die Chirurgin Z. beschrieb ein LWS-Syndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation mit allenfalls leichter Wurzelirritation rechts als Restzustand und leichten Funktionsstörungen bei leichten degenerativen Veränderung (keine Instabilität, kein Bandscheibenvorfall), ein HWS-Syndrom ohne Wurzelreizung und ohne wesentliche Funktionseinschränkung bei altersentsprechenden Veränderungen, ein BWS-Syndrom ohne Wurzelreizung bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen, Schulterschmerzen links mit klinisch leichter Einklemmsymptomatik unter dem Schulterdach ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie Knieschmerzen rechts ohne funktionelle Einschränkung. Die Gutachterin erachtete leichte berufliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen im Umfang von sechs Stunden täglich für zumutbar. Zu vermeiden seien Wirbelsäulenzwangshaltungen, vermehrtes Bücken, länger dauerndes Hocken, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten, längeres Stehen auf unebenen Böden, Arbeiten über der Horizontalen für den linken Arm sowie Überkopfarbeiten. Dr. H. diagnostizierte beim Kläger eine Anpassungsstörung bzw. längere depressive Reaktion und äußerte den Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörungen mit psychischen und somatischen Faktoren und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit vermeidenden und asthenischen Zügen. Aus psychiatrischer Sicht erachtete die Gutachterin den Kläger für in der Lage, leichte Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne besondere geistige Anspannung und ohne hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen vollschichtig zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 31.07.2009 hat der Kläger dagegen bei Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, wegen seinen Erkrankungen, insbesondere aber wegen der somatoformen Schmerzstörung und den psychischen Beeinträchtigungen, lediglich noch über ein weniger als dreistündiges Leistungsvermögen zu verfügen.
Das SG hat den Orthopäden Dr. B. , den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. und den Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. B. hat von Vorstellungen im Juli und November 2008 berichtet, bei denen der Kläger über Schmerzen im HWS- und BWS Bereich geklagt habe. Zu einer Einschätzung der Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in der Lage gesehen. Dr. P. hat von den bekannten Gesund-heitsstörungen berichtet und insbesondere eine Überlagerung der chronischen LWS-Beschwerden durch eine Depression, Angststörung und Persönlichkeitsstörungen gesehen. Die Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeit hat er zum Befragungszeitpunkt wegen der massiven Psychopharmokatherapie mit entsprechender Einschränkung von Vigilanz und Kon-zentration nicht für möglich erachtet. Den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen hat er auf psy-chiatrischem Fachgebiet gesehen. Dr. F. , bei dem der Kläger von April bis Dezember 2008 insgesamt 13 Therapiestunden absolviert hat, hat über eine innerliche Angespanntheit, Niedergeschlagenheit und Schmerzen berichtet; diagnostisch ist er von einer anhaltenden somatoformen Scherzstörung und einer länger anhaltenden depressiven Reaktion auf eine Belastungssituation ausgegangen. Aufgrund der erhobenen Befunde hat er es für durchaus vorstellbar erachtet, dass der Kläger leichte berufliche Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Das SG hat das für die Bundesagentur für Arbeit erstellte Gutachten nach Aktenlage vom 19.11.2008 (vollschichtige Leistungsfähigkeit) und die Entlassungsberichte über die stationären Aufenthalte des Klägers in der Klinik G. , Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 08.01. bis 06.03.2009 sowie 16.06. bis 13.10.2009 beigezogen. Darüber hinaus hat das SG das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. aufgrund Untersuchung des Klägers vom 31.05.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat ein chronisches Schmerzsyndrom bei Postnukleotomie-Syndrom nach Bandscheibenoperationen, eine Dysthymia, eine rezidivierende depressive Störung (derzeit remittiert), eine Persönlichkeitsakzentuierung, eine Peronaeusparese rechts sowie einen Schmerzmittelübergebrauch mit Verdacht auf medikamentös induzierten Kopfschmerz diagnostiziert und die Ausübung leichter körperlicher Arbeiten in abwechs-lungsreicher Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Zu vermei-den seien das Heben und Tragen von Lasten über sieben Kilogramm, Tätigkeiten mit überwie-gendem Stehen und Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen im HWS- und LWS-Bereich, häufi-ges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten und an laufenden Maschinen, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien, Arbeiten mit besonderer Beanspruchung des Gehörs, Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung sowie Arbeiten mit nervlicher Belastung. Mit Urteil vom 14.12.2010 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Dr. N. abgewiesen.
Gegen das seinen damaligen Bevollmächtigten am 28.12.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.01.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Er leide an einer schweren Depression, sei auch von orthopädischer Seite massiv eingeschränkt und in keinster Weise belastbar. Im Übrigen sei es zwischenzeitlich zu einer chronischen Gesundheitsver-schlechterung gekommen, wobei insbesondere ein Diabetes mellitus Typ II festgestellt worden sei, was zu einer weiteren erheblichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit führe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.12.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat im Hinblick auf die geltend gemachte Verschlimmerung wegen der Diabetes-mellitus-Erkrankung den Facharzt für innere Medizin Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von der jetzt gestellten Diagnose eines Diabetes mellitus, dem Beginn einer oralen Therapie und der Vermittlung an einen Diabetologen berichtet. Die daraufhin schriftlich als sachverständige Zeugin angehörte Ärztin für innere Medizin/Diabetologie S. hat von einem medikamentös gut eingestellten Diabetes mellitus berichtet und darauf hingewiesen, dass mit einem medikamentös eingestellten Diabetes mellitus zahlreiche Tätigkeiten verrichtet werden könnten und erst eine Insulineinstellung Einschränkungen, wie beispielsweise das Verbot des Führens bestimmter Fahrzeuge, bedinge. Der Senat hat darüber hinaus den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von einer Vorstellung im Jahr 2000, zwei Vorstellungen im Juli 2007 und einer Vorstellung im Dezember 2011 berichtet, bei der er Missempfindungen im Vorfußbereich beidseits, eine diskrete Pallhypästhesie im Vorfußbereich sowie eine Polyneuropathie gefunden habe. Einschränkungen für dem Kläger mögliche berufliche Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich hat er lediglich insoweit gesehen, als solche nicht in Zwangshaltung ausgeübt werden und nicht mit häufigem Bücken und Tragen schwerer Lasten verbunden sein sollen; anzustreben sei ein Wechsel zwischen stehender und sitzender Tätigkeit.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
II.
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist trotz bei der ihm bestehenden gesundheitlichen Be-einträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an, wobei entsprechend den Ausführungen des Dr. N. an qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen sind, dass die Tätigkeiten wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik nicht überwiegend im Stehen und Sitzen und nicht in gleichförmiger Körperhaltung im HWS- und LWS-Bereich ausgeübt werden, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten und an laufenden Maschinen, Heben und Tragen von Lasten über 7 kg sowie Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien vermieden werden. Wegen des eingeschränkten Hörvermögens sind darüber hinaus Arbeiten mit besonderer Beanspruchung des Gehörs zu vermeiden und wegen der eingeschränkten psychomentalen Belastbarkeit Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung sowie Arbeiten mit nervlicher Belastung.
Wie zuvor schon das SG geht auch der Senat davon aus, dass der Kläger in seinem beruflichen Leistungsvermögen im Wesentlichen durch ein chronisches Schmerzsyndrom bei Postnukleoto-mie-Syndrom, das durch eine depressive Störung zu einer Schmerzverstärkung führt, eine Dys-thymia, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Kläger anhaltend niedergeschlagen, müde und lustlos fühlt, sowie ferner durch mit der rezidivierenden depressiven Störung einhergehende schwere bzw. mittelgradige depressive Episoden eingeschränkt ist.
Ebenso wie das SG vermag sich der Senat allerdings nicht davon zu überzeugen, dass diese Er-krankungen den Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in einem rentenrelevanten Aus-maß einschränken und berufliche Tätigkeiten im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich nicht mehr zulassen, weil der Kläger - wie er selbst meint - in keinster Weise belastbar sei. Zwar wird die von der Lendenwirbelsäule ausgehende Schmerzsymptomatik durch die depressive Störung und eine Persönlichkeitsakzentuierung (Persönlichkeit mit ängstlich vermeidenden und dependenten Merkmalen) vom Kläger subjektiv verstärkt wahrgenommen, von einem erheblichen Schweregrad des Schmerzsyndroms und der depressiven Störung vermag der Senat im Hinblick auf die von dem Sachverständigen Dr. N. beschriebenen Inkongruenzen allerdings gleichwohl nicht auszugehen. So hat Dr. N. auf die Diskrepanz im Beschwerdevorbringen des Klägers einerseits und seinem Verhalten in der Untersuchungssituation andererseits hingewiesen, wobei der Kläger während der etwa zweistündigen Untersuchung mit einer Ausnahme (beim Thematisieren seiner LWS-Beschwerden) durchgehend ruhig auf dem Untersuchungssessel zu sitzen vermocht hat, ohne dabei Entlastungsbewegungen auszuführen, obwohl solche bei erheblichen Schmerzzuständen zu erwarten gewesen wären. Dies umso mehr, als der Kläger auf einer visuellen Analogskala, bei der null kein Schmerz und zehn ein stärkster Schmerz bedeutet, seine aktuelle Schmerzstärke sogar zwischen acht und zehn angegebenen hat. Nach den überzeugenden weite-ren Ausführungen des Sachverständigen ist eine Schmerzstärke in dem so beschriebenen Aus-maß darüber hinaus auch nicht mit der vom Kläger angegebenen Tagesstrukturierung und den bewältigbaren Alltagsaktivitäten zu vereinbaren, bei denen der Kläger durchaus mobil erscheint. So bereitet er nach seinen Schilderungen regelmäßig für sich und seine Ehefrau mittags eine warme Mahlzeit zu, unternimmt täglich Spaziergänge oder fährt bis zu zwei Stunden Fahrrad. Zudem geht er verschiedenen Hobbys nach, insbesondere dem Stricken, liest Zeitschriften und schaut sich Fußballspiele im Fernsehen und auf dem Sportplatz in P. an. Ferner ist - so der Sachverständige weiter - auch der vom Kläger im BDI-Test erreichte Wert von 41 - dieser entspricht einem stärkeren depressiven Erleben - nicht mit dem erhobenen aktuellen psychopathologischen Befund in Einklang zu bringen gewesen. Denn danach haben sich beim Kläger weder Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörungen noch Auffassungs- oder Gedächtnisstörungen gezeigt. Der formale Gedankengang ist zeitweise zwar etwas verlangsamt, ansonsten jedoch geordnet gewesen. Weiter hat Dr. N. weder eine Antriebsstörung noch eine Einschränkung der Fähigkeit, sich freuen zu können, gefunden. Auch hat er affektiv - so der Sachverständige - eine themenabhängige Stimmungsauslenkung nachweisen können. Dieser Befund ist mit einem stärkeren depressiven Erleben nicht vereinbar. Eine Beschwerdeverdeutlichung hat der Sachverständige schließlich auch insoweit objektiviert, als der Kläger im Rahmen der körperlichen Untersuchung angegeben hat, im ganzen rechten Fuß nichts zu spüren, was er anlässlich der Sensibilitätsprüfung bei der durchgeführten Schmerzreizung dann richtiggestellt hat. Für den Senat überzeugend hat Dr. N. schließlich auch darauf hingewiesen, dass der vom Kläger angegebene Kinderwunsch und die Familienplanung sowie die gleichzeitig aber auch geplante Anmeldung von Privatinsolvenz gegen eine stärker ausgeprägte depressive Störung sprechen. Nach alledem sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen erheblichen und damit rentenrelevanten Schweregrad des Schmerzsyndroms und der depressiven Störung.
Die von dem behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. demgegenüber vertretene Ansicht, die Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeit sei wegen der massiven Psychopharmokatherapie mit entsprechender Einschränkung von Vigilanz und Konzentration nicht möglich, überzeugt den Senat schon deshalb nicht, weil sich dem Sachverständigen Dr. N. anlässlich seiner Untersuchung gerade keine Nebenwirkungen der Medikation gezeigt haben. So hat er keine Konzentrationsstörungen beschrieben; auch sind - so der Sachverständige ausdrücklich - keine kognitiven oder wesentlichen Vigilanzeinschränkungen nachzuweisen gewesen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren auf die zwischenzeitlich diagnostizierte Diabetes-mellitus-Erkrankung hingewiesen hat, die zu einer weiteren erheblichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit führe, haben die weiteren Ermittlungen des Senats zwar bestätigt, dass inso-weit eine medikamentöse Therapie eingeleitet und eine fachärztliche Vorstellung bei der Diabetologin S. erfolgt ist, allerdings haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass von dieser Erkrankung erhebliche Einschränkungen ausgehen. Denn nach den Ausführungen des Dr. S. in seinen dem Senat erteilten Auskünften als sachverständiger Zeuge zeigt sich beim Kläger bei einem im Wesentlichen gut eingestellten Blutzuckerspiegel ein sehr guter Krankheitsverlauf mit stabiler Stoffwechsellage. Im Rahmen des beschriebenen Leistungsbilds lassen sich aus der Diabetes-mellitus-Erkrankung damit keine weiteren Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit herleiten. Entsprechende Einschränkungen hat auch die Diabetologin S. nicht beschrieben. Ihren Ausführungen zufolge bedingen erst eine Insulineinstellung Einschränkungen, wie beispielsweise das Verbot zum Führen bestimmter Fahrzeuge, was indessen ohnehin keine rentenrelevante Einschränkung darstellen würde.
Schließlich bedingen auch die von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. im Rahmen seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge beschriebenen und in einen Zusammenhang mit der Diabetes-mellitus-Erkrankung gestellten Mißempfindungen im Vorfußbereich und die Polyneuropathie im Rahmen des oben beschriebenen Leistungsbildes keine weitergehende und damit auch keine rentenrelevante Leistungsminderung. Wie der Kläger gegenüber Dr. N. selbst angegeben hat, ist er in der Lage, Spaziergänge zu machen und Rad zu fahren. Seine Bewegungsfähigkeit ist somit erhalten.
Soweit der Kläger zuletzt noch auf eine Gesundheitsschädigung seiner Zähne durch die starken Medikamente sowie eine Verschlechterung seiner Hörstörung hingewiesen hat, weshalb er nun zwei Hörgeräte tragen müsse, lässt sich auch hieraus keine abweichende Beurteilung herleiten. Eine Schädigung der Zähne ist einerseits behandelbar und führt andererseits nicht zu einer ren-tenrelevanten Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Hörschädigung, die mit dem Erfordernis Hörgeräte zu tragen einhergeht, wird im Rahmen des beschriebenen Leistungs-bildes bereits dadurch Rechnung getragen, dass Tätigkeiten nicht mehr in Betracht kommen, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bedingt durch die Hörstörung in seiner Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, ergeben sich im Übrigen nicht.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbs-minderung streitig.
Der am 1970 geborene Kläger, gelernter Fachgehilfe im Gaststättengewerbe, war zunächst in seinem Ausbildungsberuf und hiernach als Bauhelfer und Hilfsarbeiter beschäftigt, zuletzt seit 2001 in einer Marzipanfabrik. Seit August 2006 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Wegen chronischer Lumboischialgien wurde der Kläger im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zunächst vom 23.08. bis 27.09.2006 in der P.-Klinik in Bad N. behandelt (Diagnosen: chronisch anamnestisches Rückenschmerzsyndrom im Lumbalbereich mit Bewegungseinschränkung und Schmerzausstrahlung, im CT nachgewiesener eher auf der Gegenseite liegender Bandscheibenvorfall L4/5, zervikale Schmerzen mit uncharakteristischen Ausstrahlungen Richtung Schulter, Adipositas, Fettstoffwechselstörung). Aufgrund fortbestehender Beschwerden wurde am 25.10.2006 eine mikrochirurgische Recessutonie S1 und Foraninotomie S1 rechts durchgeführt. Nach der im November/Dezember 2006 erfolgten Anschlussheilbehandlung in der Rehaklinik Hausbaden in Badenweiler, wurde am 16.02.2007 ein erneuter mikrochirurgischer Eingriff (Partielle Arthrektomie L5/6 links, Laminektomie L5 links, Flavektomie bei Recessusstenose L5/6 links) durchgeführt, an den sich im März/April 2007 eine erneute Anschlussheilbehandlung, nunmehr in den R. Kliniken in W. anschloss. Aus dieser Maßnahme wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen, wobei die letzte berufliche Tätigkeit als Bandarbeiter auf Dauer nicht mehr für leidensgerecht erachtet wurde. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus unter Vermeidung von wirbelsäulenungünstigen Zwangshaltungen mit Rotationsbelastung der Wirbelsäule, häufigem Bücken und ohne Nachtschicht hielten die behandelnden Ärzte jedoch für zumindest sechs Stunden täglich möglich.
Wegen des schädlichen Gebrauchs von Opiumiden fand im Rahmen eines stationären Aufent-halts in der neurochirurgischen Abteilung des St. J. F. im März/April 2008 eine Entzugsbehand-lung statt. Dabei sahen die behandelnden Ärzte keine sichere organische Ursache für die vom Kläger nach den zwei Bandscheibenoperationen geklagte Lumbalgie bzw. den lumboischialgie-formen Restbeschwerden sowie der geklagten Cervicobrachialgie. Wegen den im Übrigen diag-nostizierten mittel- bis schwergradigen Depressionen und den Angststörungen erachteten sie ein psychosomatisches Heilverfahren für erforderlich, das sodann vom 06.08.2008 bis 16.09.2008 in der M. -Klinik in K. (Diagnosen: mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Postnukleotomie-Syndrom mit Lumboischialgie und Peronaeusschwäche rechts, Cervicobrachialsyndrom, Adipositas II) durchgeführt wurde. Ausweislich des entsprechenden Abschlussberichtes wurde der Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten ohne Nacht- und Wechselschicht sechs Stunden und mehr auszuüben.
Während dieser stationären Behandlung beantragte der Kläger am 02.09.2008 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2008 gestützt auf den Entlassungsbericht der M. -Klinik ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. und der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. aufgrund Untersuchungen vom 25.03.2009 ein. Die Chirurgin Z. beschrieb ein LWS-Syndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation mit allenfalls leichter Wurzelirritation rechts als Restzustand und leichten Funktionsstörungen bei leichten degenerativen Veränderung (keine Instabilität, kein Bandscheibenvorfall), ein HWS-Syndrom ohne Wurzelreizung und ohne wesentliche Funktionseinschränkung bei altersentsprechenden Veränderungen, ein BWS-Syndrom ohne Wurzelreizung bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen, Schulterschmerzen links mit klinisch leichter Einklemmsymptomatik unter dem Schulterdach ohne wesentliche Funktionseinschränkung sowie Knieschmerzen rechts ohne funktionelle Einschränkung. Die Gutachterin erachtete leichte berufliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen im Umfang von sechs Stunden täglich für zumutbar. Zu vermeiden seien Wirbelsäulenzwangshaltungen, vermehrtes Bücken, länger dauerndes Hocken, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten, längeres Stehen auf unebenen Böden, Arbeiten über der Horizontalen für den linken Arm sowie Überkopfarbeiten. Dr. H. diagnostizierte beim Kläger eine Anpassungsstörung bzw. längere depressive Reaktion und äußerte den Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörungen mit psychischen und somatischen Faktoren und eine Persönlichkeitsakzentuierung mit vermeidenden und asthenischen Zügen. Aus psychiatrischer Sicht erachtete die Gutachterin den Kläger für in der Lage, leichte Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne besondere geistige Anspannung und ohne hohe Anforderungen an das Konzentrationsvermögen vollschichtig zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 31.07.2009 hat der Kläger dagegen bei Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, wegen seinen Erkrankungen, insbesondere aber wegen der somatoformen Schmerzstörung und den psychischen Beeinträchtigungen, lediglich noch über ein weniger als dreistündiges Leistungsvermögen zu verfügen.
Das SG hat den Orthopäden Dr. B. , den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. und den Facharzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychiatrie Dr. F. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. B. hat von Vorstellungen im Juli und November 2008 berichtet, bei denen der Kläger über Schmerzen im HWS- und BWS Bereich geklagt habe. Zu einer Einschätzung der Leistungsfähigkeit hat er sich nicht in der Lage gesehen. Dr. P. hat von den bekannten Gesund-heitsstörungen berichtet und insbesondere eine Überlagerung der chronischen LWS-Beschwerden durch eine Depression, Angststörung und Persönlichkeitsstörungen gesehen. Die Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeit hat er zum Befragungszeitpunkt wegen der massiven Psychopharmokatherapie mit entsprechender Einschränkung von Vigilanz und Kon-zentration nicht für möglich erachtet. Den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen hat er auf psy-chiatrischem Fachgebiet gesehen. Dr. F. , bei dem der Kläger von April bis Dezember 2008 insgesamt 13 Therapiestunden absolviert hat, hat über eine innerliche Angespanntheit, Niedergeschlagenheit und Schmerzen berichtet; diagnostisch ist er von einer anhaltenden somatoformen Scherzstörung und einer länger anhaltenden depressiven Reaktion auf eine Belastungssituation ausgegangen. Aufgrund der erhobenen Befunde hat er es für durchaus vorstellbar erachtet, dass der Kläger leichte berufliche Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Das SG hat das für die Bundesagentur für Arbeit erstellte Gutachten nach Aktenlage vom 19.11.2008 (vollschichtige Leistungsfähigkeit) und die Entlassungsberichte über die stationären Aufenthalte des Klägers in der Klinik G. , Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 08.01. bis 06.03.2009 sowie 16.06. bis 13.10.2009 beigezogen. Darüber hinaus hat das SG das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. aufgrund Untersuchung des Klägers vom 31.05.2010 eingeholt. Der Sachverständige hat ein chronisches Schmerzsyndrom bei Postnukleotomie-Syndrom nach Bandscheibenoperationen, eine Dysthymia, eine rezidivierende depressive Störung (derzeit remittiert), eine Persönlichkeitsakzentuierung, eine Peronaeusparese rechts sowie einen Schmerzmittelübergebrauch mit Verdacht auf medikamentös induzierten Kopfschmerz diagnostiziert und die Ausübung leichter körperlicher Arbeiten in abwechs-lungsreicher Körperhaltung zumindest sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Zu vermei-den seien das Heben und Tragen von Lasten über sieben Kilogramm, Tätigkeiten mit überwie-gendem Stehen und Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen im HWS- und LWS-Bereich, häufi-ges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten und an laufenden Maschinen, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien, Arbeiten mit besonderer Beanspruchung des Gehörs, Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung sowie Arbeiten mit nervlicher Belastung. Mit Urteil vom 14.12.2010 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Dr. N. abgewiesen.
Gegen das seinen damaligen Bevollmächtigten am 28.12.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.01.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen zu verfügen. Er leide an einer schweren Depression, sei auch von orthopädischer Seite massiv eingeschränkt und in keinster Weise belastbar. Im Übrigen sei es zwischenzeitlich zu einer chronischen Gesundheitsver-schlechterung gekommen, wobei insbesondere ein Diabetes mellitus Typ II festgestellt worden sei, was zu einer weiteren erheblichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit führe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.12.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu bewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat im Hinblick auf die geltend gemachte Verschlimmerung wegen der Diabetes-mellitus-Erkrankung den Facharzt für innere Medizin Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von der jetzt gestellten Diagnose eines Diabetes mellitus, dem Beginn einer oralen Therapie und der Vermittlung an einen Diabetologen berichtet. Die daraufhin schriftlich als sachverständige Zeugin angehörte Ärztin für innere Medizin/Diabetologie S. hat von einem medikamentös gut eingestellten Diabetes mellitus berichtet und darauf hingewiesen, dass mit einem medikamentös eingestellten Diabetes mellitus zahlreiche Tätigkeiten verrichtet werden könnten und erst eine Insulineinstellung Einschränkungen, wie beispielsweise das Verbot des Führens bestimmter Fahrzeuge, bedinge. Der Senat hat darüber hinaus den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von einer Vorstellung im Jahr 2000, zwei Vorstellungen im Juli 2007 und einer Vorstellung im Dezember 2011 berichtet, bei der er Missempfindungen im Vorfußbereich beidseits, eine diskrete Pallhypästhesie im Vorfußbereich sowie eine Polyneuropathie gefunden habe. Einschränkungen für dem Kläger mögliche berufliche Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich hat er lediglich insoweit gesehen, als solche nicht in Zwangshaltung ausgeübt werden und nicht mit häufigem Bücken und Tragen schwerer Lasten verbunden sein sollen; anzustreben sei ein Wechsel zwischen stehender und sitzender Tätigkeit.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genom-men.
II.
Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Klä-ger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist trotz bei der ihm bestehenden gesundheitlichen Be-einträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest noch sechs Stunden täglich verrichten kann. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an, wobei entsprechend den Ausführungen des Dr. N. an qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen sind, dass die Tätigkeiten wegen der anhaltenden Schmerzsymptomatik nicht überwiegend im Stehen und Sitzen und nicht in gleichförmiger Körperhaltung im HWS- und LWS-Bereich ausgeübt werden, häufiges Bücken und Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Gerüsten und an laufenden Maschinen, Heben und Tragen von Lasten über 7 kg sowie Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien vermieden werden. Wegen des eingeschränkten Hörvermögens sind darüber hinaus Arbeiten mit besonderer Beanspruchung des Gehörs zu vermeiden und wegen der eingeschränkten psychomentalen Belastbarkeit Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung sowie Arbeiten mit nervlicher Belastung.
Wie zuvor schon das SG geht auch der Senat davon aus, dass der Kläger in seinem beruflichen Leistungsvermögen im Wesentlichen durch ein chronisches Schmerzsyndrom bei Postnukleoto-mie-Syndrom, das durch eine depressive Störung zu einer Schmerzverstärkung führt, eine Dys-thymia, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich der Kläger anhaltend niedergeschlagen, müde und lustlos fühlt, sowie ferner durch mit der rezidivierenden depressiven Störung einhergehende schwere bzw. mittelgradige depressive Episoden eingeschränkt ist.
Ebenso wie das SG vermag sich der Senat allerdings nicht davon zu überzeugen, dass diese Er-krankungen den Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in einem rentenrelevanten Aus-maß einschränken und berufliche Tätigkeiten im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich nicht mehr zulassen, weil der Kläger - wie er selbst meint - in keinster Weise belastbar sei. Zwar wird die von der Lendenwirbelsäule ausgehende Schmerzsymptomatik durch die depressive Störung und eine Persönlichkeitsakzentuierung (Persönlichkeit mit ängstlich vermeidenden und dependenten Merkmalen) vom Kläger subjektiv verstärkt wahrgenommen, von einem erheblichen Schweregrad des Schmerzsyndroms und der depressiven Störung vermag der Senat im Hinblick auf die von dem Sachverständigen Dr. N. beschriebenen Inkongruenzen allerdings gleichwohl nicht auszugehen. So hat Dr. N. auf die Diskrepanz im Beschwerdevorbringen des Klägers einerseits und seinem Verhalten in der Untersuchungssituation andererseits hingewiesen, wobei der Kläger während der etwa zweistündigen Untersuchung mit einer Ausnahme (beim Thematisieren seiner LWS-Beschwerden) durchgehend ruhig auf dem Untersuchungssessel zu sitzen vermocht hat, ohne dabei Entlastungsbewegungen auszuführen, obwohl solche bei erheblichen Schmerzzuständen zu erwarten gewesen wären. Dies umso mehr, als der Kläger auf einer visuellen Analogskala, bei der null kein Schmerz und zehn ein stärkster Schmerz bedeutet, seine aktuelle Schmerzstärke sogar zwischen acht und zehn angegebenen hat. Nach den überzeugenden weite-ren Ausführungen des Sachverständigen ist eine Schmerzstärke in dem so beschriebenen Aus-maß darüber hinaus auch nicht mit der vom Kläger angegebenen Tagesstrukturierung und den bewältigbaren Alltagsaktivitäten zu vereinbaren, bei denen der Kläger durchaus mobil erscheint. So bereitet er nach seinen Schilderungen regelmäßig für sich und seine Ehefrau mittags eine warme Mahlzeit zu, unternimmt täglich Spaziergänge oder fährt bis zu zwei Stunden Fahrrad. Zudem geht er verschiedenen Hobbys nach, insbesondere dem Stricken, liest Zeitschriften und schaut sich Fußballspiele im Fernsehen und auf dem Sportplatz in P. an. Ferner ist - so der Sachverständige weiter - auch der vom Kläger im BDI-Test erreichte Wert von 41 - dieser entspricht einem stärkeren depressiven Erleben - nicht mit dem erhobenen aktuellen psychopathologischen Befund in Einklang zu bringen gewesen. Denn danach haben sich beim Kläger weder Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörungen noch Auffassungs- oder Gedächtnisstörungen gezeigt. Der formale Gedankengang ist zeitweise zwar etwas verlangsamt, ansonsten jedoch geordnet gewesen. Weiter hat Dr. N. weder eine Antriebsstörung noch eine Einschränkung der Fähigkeit, sich freuen zu können, gefunden. Auch hat er affektiv - so der Sachverständige - eine themenabhängige Stimmungsauslenkung nachweisen können. Dieser Befund ist mit einem stärkeren depressiven Erleben nicht vereinbar. Eine Beschwerdeverdeutlichung hat der Sachverständige schließlich auch insoweit objektiviert, als der Kläger im Rahmen der körperlichen Untersuchung angegeben hat, im ganzen rechten Fuß nichts zu spüren, was er anlässlich der Sensibilitätsprüfung bei der durchgeführten Schmerzreizung dann richtiggestellt hat. Für den Senat überzeugend hat Dr. N. schließlich auch darauf hingewiesen, dass der vom Kläger angegebene Kinderwunsch und die Familienplanung sowie die gleichzeitig aber auch geplante Anmeldung von Privatinsolvenz gegen eine stärker ausgeprägte depressive Störung sprechen. Nach alledem sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen erheblichen und damit rentenrelevanten Schweregrad des Schmerzsyndroms und der depressiven Störung.
Die von dem behandelnden Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. demgegenüber vertretene Ansicht, die Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeit sei wegen der massiven Psychopharmokatherapie mit entsprechender Einschränkung von Vigilanz und Konzentration nicht möglich, überzeugt den Senat schon deshalb nicht, weil sich dem Sachverständigen Dr. N. anlässlich seiner Untersuchung gerade keine Nebenwirkungen der Medikation gezeigt haben. So hat er keine Konzentrationsstörungen beschrieben; auch sind - so der Sachverständige ausdrücklich - keine kognitiven oder wesentlichen Vigilanzeinschränkungen nachzuweisen gewesen.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren auf die zwischenzeitlich diagnostizierte Diabetes-mellitus-Erkrankung hingewiesen hat, die zu einer weiteren erheblichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit führe, haben die weiteren Ermittlungen des Senats zwar bestätigt, dass inso-weit eine medikamentöse Therapie eingeleitet und eine fachärztliche Vorstellung bei der Diabetologin S. erfolgt ist, allerdings haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass von dieser Erkrankung erhebliche Einschränkungen ausgehen. Denn nach den Ausführungen des Dr. S. in seinen dem Senat erteilten Auskünften als sachverständiger Zeuge zeigt sich beim Kläger bei einem im Wesentlichen gut eingestellten Blutzuckerspiegel ein sehr guter Krankheitsverlauf mit stabiler Stoffwechsellage. Im Rahmen des beschriebenen Leistungsbilds lassen sich aus der Diabetes-mellitus-Erkrankung damit keine weiteren Einschränkungen seiner beruflichen Leistungsfähigkeit herleiten. Entsprechende Einschränkungen hat auch die Diabetologin S. nicht beschrieben. Ihren Ausführungen zufolge bedingen erst eine Insulineinstellung Einschränkungen, wie beispielsweise das Verbot zum Führen bestimmter Fahrzeuge, was indessen ohnehin keine rentenrelevante Einschränkung darstellen würde.
Schließlich bedingen auch die von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. im Rahmen seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge beschriebenen und in einen Zusammenhang mit der Diabetes-mellitus-Erkrankung gestellten Mißempfindungen im Vorfußbereich und die Polyneuropathie im Rahmen des oben beschriebenen Leistungsbildes keine weitergehende und damit auch keine rentenrelevante Leistungsminderung. Wie der Kläger gegenüber Dr. N. selbst angegeben hat, ist er in der Lage, Spaziergänge zu machen und Rad zu fahren. Seine Bewegungsfähigkeit ist somit erhalten.
Soweit der Kläger zuletzt noch auf eine Gesundheitsschädigung seiner Zähne durch die starken Medikamente sowie eine Verschlechterung seiner Hörstörung hingewiesen hat, weshalb er nun zwei Hörgeräte tragen müsse, lässt sich auch hieraus keine abweichende Beurteilung herleiten. Eine Schädigung der Zähne ist einerseits behandelbar und führt andererseits nicht zu einer ren-tenrelevanten Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Der Hörschädigung, die mit dem Erfordernis Hörgeräte zu tragen einhergeht, wird im Rahmen des beschriebenen Leistungs-bildes bereits dadurch Rechnung getragen, dass Tätigkeiten nicht mehr in Betracht kommen, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bedingt durch die Hörstörung in seiner Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, ergeben sich im Übrigen nicht.
Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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