Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3162/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4646/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 mit Beschluss vom 5. Oktober 2012 mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt hat. Im Klageverfahren wendet sich die Klägerin gegen die Nachforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 und deren Einbehaltung von der laufenden Altersrente im Wege der Aufrechnung in Höhe von EUR 25,00 ab dem 1. Juli 2012.
Die am 1941 geborene Klägerin beantragte zunächst am 17. Juni 2002 bei der Landesversicherungsanstalt Berlin als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 ab. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bei der Techniker Krankenkasse (im Folgenden: T.) freiwillig versichert. Sie beantragte bei der Beklagten einen Zuschuss zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung und meldete sich zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an.
Am 31. August 2006 beantragte die Klägerin Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab 1. Dezember 2006. Eine Meldung zur KVdR wurde an die T. weitergeleitet. T. übermittelte am 6. Dezember 2006 zwei Datensätze an die Beklagte. Dem einen zufolge lag die erforderliche Vorversicherung für die KVdR nicht vor, aber eine Familienversicherung ab 22. Juli 2003. Der zweite Datensatz, dem zufolge eine Pflichtversicherung in der KVdR bestand, wurde von der Beklagten nicht verarbeitet. Die Beklagte behielt von der der Klägerin mit Bescheid vom 28. September 2006 ab 1. Dezember 2006 bewilligten Regelaltersrente zunächst Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Dezember 2006 und Januar 2007 ein. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 erstattete die Beklagte einbehaltene Beiträge von EUR 43,08 für Dezember 2006 und Januar 2007 mit folgendem Hinweis:
"Nach unseren Unterlagen besteht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ebenso sind keine Beiträge aus der Rente zur sozialen Pflegeversicherung abzuführen. Die Rente wird deshalb ohne Abzug der entsprechenden Beträge angewiesen."
Am 21. Februar 2012 teilte die T. der Beklagten mit, dass die Klägerin seit Rentenbeginn am 1. Dezember 2006 in der KVdR versicherungspflichtig sei; dies sei auch so übermittelt worden. Mit Anhörungsschreiben vom 5. März 2012, überschrieben als "Anhörung und Begründung zum Einbehalt der entstandenen Überzahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von der Rente" teilte die Beklagte der Klägerin mit, ab 1. März 2012 erhalte sie (die Klägerin) laufend monatlich EUR 223,16; nämlich den Betrag der Rente von EUR 248,37 abzüglich des Beitragsanteils des Rentners zur Krankenversicherung von EUR 20,37 und zur Pflegeversicherung von EUR 4,84. Für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 ergebe sich eine Überzahlung von EUR 1.204,49, die zu erstatten sei. Sie sei seit 1. Dezember 2006 pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung, die Beitragspflicht aus den Rentenbezügen entstehe kraft Gesetzes. Versicherungspflichtige Rentner hätten Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner nach §§ 249a, 241a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu tragen. Aufgrund der Veränderung des Beitragssatzes der Krankenkasse zum 1. Januar 2008 sei ab 1. April 2008 ein geänderter Beitragssatz zugrunde zu legen. Es gelte der von der Bundesregierung festgelegte einheitliche allgemeine Beitragssatz für die Zeit ab 1. Januar 2009 in Höhe von 15,5 %; ab 1. Juli 2009 von 14,9 % und ab 1. Januar 2011 von 15,5 %. Der Rentenversicherungsträger trage die Hälfte des allgemeinen, um 0,9 % verminderten allgemeinen Beitragssatzes. Der verbleibende Beitragsanteil von ab 1. Januar 2009 8,2 %; ab 1. Juli 2009 7,9 % und ab 1. Januar 2011 8,2 % sei von der Klägerin zu tragen. Für die Zeit bis 31. Dezember 2008 werde der Beitrag von der Klägerin und ihr (der Beklagten) insgesamt in der Höhe des allgemeinen Beitragssatzes je zur Hälfte getragen. Daneben habe die Klägerin einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag von 0,9 % der Rente allein zu tragen. Der Beitrag zur Pflegeversicherung sei seit dem 1. April 2008 vom Rentenbezieher allein zu tragen; bis zum 30. Juni 2008 in Höhe von 1,7 %; ab 1. Juli 2008 in Höhe von 1,95 % der Rente. Die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar 2008 sei nach § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährt. Durch den Eintritt der Versicherungspflicht sei für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 eine Überzahlung von EUR 1.204,49 entstanden. Es sei vorgesehen, die rückständigen Beiträge aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Die Aufrechnung der rückständigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sei nach § 255 Abs. 2 SGB V, 60 Abs. 1 Satz 2 SGB Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) i.V.m. § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung zulässig, solange dadurch keine Hilfebedürftigkeit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entstehe. Es sei beabsichtigt, die rückständigen Beiträge in monatlichen Raten zu je EUR 25,00 von der laufenden Rente einzubehalten. Die Klägerin könne den überzahlten Betrag aber auch in einer Summe überweisen. Die Beitragspflicht sei unabhängig davon entstanden, ob die Klägerin gewusst habe, dass Beiträge einzubehalten seien. Als Anlage beigefügt waren Berechnungen, die im internen Ausdruck als "Rentenbescheid" überschrieben, datiert vom 29. Februar 2012, laut Aktenvermerk in dieser Form aber nicht abgesandt worden sind. Das an die Klägerin übersandte Schreiben liegt nicht vor.
Zu der Anhörung verwies die Klägerin im Schreiben vom 11. März 2012 auf das (beigefügte) Schreiben vom 13. Dezember 2006, in welchem ihr mitgeteilt worden sei, sie habe keine Beiträge zu entrichten und ihr seien damals Beiträge erstattet worden. Sie habe keine Mitteilungspflicht verletzt, und in den letzten sechs Jahren weder von der Beklagten noch von der T. irgendeine Nachricht in der Sache erhalten. Für sie sei nicht verständlich, warum es sechs Jahre gedauert habe bis zu einer Korrektur und ob die Verjährung von vier Jahren berücksichtigt sei.
Mit weiterem Schreiben vom 14. März 2012 erläuterte die Beklagte, die T. habe mit maschinellem Datensatz vom 6. Dezember 2006 mitgeteilt, dass eine Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses von krankenversicherungspflichtig in familienversichert vorzunehmen sei. Daraufhin habe sie (die Beklagte) die von 1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007 einbehaltenen Eigenanteile der Beiträge in Höhe von EUR 43,08 erstattet und die Rente ohne Abzug der entsprechenden Beiträge angewiesen. Die T. habe mit Telefonat vom 21. Februar 2012 an die Krankenversicherungspflicht und die Beitragsabführung für die Zeit ab Rentenbeginn 1. Dezember 2006 erinnert. Die Beitragsentrichtung sei nachträglich ab Entstehen der Beitragspflicht vorzunehmen, soweit Beiträge nicht verjährt seien, unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntnis des Rentenversicherungsträgers. Die Beitragsanteile seien nachträglich einzubehalten. Es handele sich nicht um eine Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Rentenbeträge, so dass die Vorschriften über die Aufhebung von Rentenbescheiden und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen (Grundsätze des Vertrauensschutzes, Bösgläubigkeit, Fristen) nicht anzuwenden seien. Ein Verschulden des Kranken- oder Rentenversicherungsträgers sei nicht erheblich, es bestehe auch kein Ermessensspielraum. Die Beiträge vor dem 1. Januar 2008 seien verjährt. Ein Widerspruch sei erst gegen den folgenden Bescheid über die Einbehaltung/Aufrechnung der rückständigen Beiträge in monatlichen Raten an der laufenden Rente möglich. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Mai 2012, anderenfalls werde - wie im Schreiben vom 14. März 2012 mitgeteilt - die Einbehaltung an der laufenden Rente in monatlichen Raten von EUR 25,00 zum nächstmöglichen Zeitpunkt vorgenommen. Am 25. April 2012 erfolgte eine Zahlungserinnerung hinsichtlich der am 13. März 2012 fälligen Forderung von EUR 1.204,49.
Am 8. Mai 2012 legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Anspruch sei verwirkt, da ihr mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 mitgeteilt worden sei, dass keine Beitragspflicht bestehe und ihr Beiträge erstattet worden seien. Verwirkung setze neben der Nichtgeltendmachung der Forderung über einen langen Zeitraum voraus, dass der Berechtigte beim Verpflichteten das Vertrauen geweckt, habe, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werde.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2012 rechnete die Beklagte die für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 nicht einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 1.204,49 ab 1. Juli 2012 in monatlichen Raten von je EUR 25,00 mit der Rente der Klägerin auf. Die Grundsätze der Verwirkung stünden nicht entgegen, es komme weder auf ein Wissen des Rentners noch auf ein Verschulden des Kranken- oder des Rentenversicherungsträgers an. Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen. Besondere Gründe für die Aufrechnung eines geringeren Betrages im Ermessenswege lägen nicht vor. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Aufrechnung in dem vorgenommenen Umfang überwiege.
Der (erneute) Widerspruch der Klägerin vom 30. Mai 2012 wurde von dem bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 zurückgewiesen. Die Begründung entsprach den bisherigen Darlegungen. Der Anspruch sei nicht verwirkt. Eine Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung setze voraus, dass der Berechtigte es unterlasse, ein Recht während eines längeren Zeitraumes geltend zu machen und besondere Umstände in Form eines Verwirkungsverhaltens hinzuträten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung nach Treu und Glauben gegenüber dem Verpflichteten als illoyal erscheinen ließen. Solche besonderen Umstände lägen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf habe vertrauen dürfen, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen so eingerichtet habe (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehe. An das Verwirkungsverhalten seien strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Schuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsforderungen in Grenzen zu halten, bereits durch die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen werde. Die bloße subjektive Vorstellung eines Versicherten reiche nicht aus. Im Übrigen entstünden dem Versicherten aus der nachträglichen Erfüllung der Beitragsschuld keine Nachteile.
Am 19. Oktober 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des "Bescheides vom 29. Februar 2012". Mit Bescheid vom 30. November 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ein Bescheid dieses Datums nicht erteilt worden sei. Unter dem 29 Februar 2012 sei lediglich die Berechnung der rückständigen Beiträge erfolgt, diese sei als Anlage dem Anhörungsschreiben vom 5. März 2012 beigefügt gewesen.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 erhob die Klägerin am 30. August 2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 5. Oktober 2012 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin berufe sich allein auf eine Verwirkung der Nachforderung. Mit diesem Einwand sei sie aber wohl ausgeschlossen, weil die Beklagte bereits mit Bescheid vom 29. Februar 2012 festgestellt habe, dass eine zu erstattende Überzahlung in Höhe von EUR 1.204,49 entstanden sei. Gegen diesen Bescheid habe die Klägerin keinen Widerspruch eingelegt. Ein bestandskräftiger Verwaltungsakt sei für die Beteiligten bindend und konkretisiere unabhängig von der materiellen Rechtslage die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten.
Die Klägerin hat gegen den über ihre Bevollmächtigten am 11. Oktober 2012 zugestellten Beschluss am 7. November 2012 Beschwerde zum Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, entgegen der Ansicht des SG liege kein bestandskräftiger Bescheid vom 29. Februar 2012 vor. Dieser sei nur eine Aufstellung als Anhang zum Anhörungsschreiben vom 5. März 2012 gewesen. Infolgedessen habe die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung, es liege kein Bescheid vor, abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Oktober 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 vor dem Sozialgericht Karlsruhe Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. R. zu bewilligen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen, denn der Beschwerdeausschluss gilt danach nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn bei summarischer Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine gewisse Erfolgsaussicht besteht. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance allerdings nur eine entfernte, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R; beide in juris). Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im begrenzten Maße auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94; Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 235/92; beide in juris).
Nach diesen Kriterien hat das SG die hinreichende Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage gegen die Nachforderung von rückständigen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und deren Aufrechnung mit der Rente im Ergebnis zu Recht verneint. Die hier zugrunde liegende Klage kann aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes keinen Erfolg haben.
Entgegen der Auffassung des SG im angefochtenen Beschluss ist ein Bescheid vom 29. Februar 2012 nicht ergangen. Die Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 107) enthält zwar einen Ausdruck eines Rentenbescheids vom 29. Februar 2012. Dieser ist jedoch, wie sich aus dem Vermerk auf Bl. 107 der Verwaltungsakte der Beklagten ergibt, nicht abgesandt worden, sondern lag als Beilage der nachfolgenden Anhörung vom 5. März 2012 bei. Der nachträgliche Einbehalt der nicht abgeführten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Aufrechnung mit der laufend gezahlten Regelaltersrente erfolgte durch Bescheid vom 14. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2012. Hiergegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Klage erhoben.
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 14. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2012 sind §§ 255 Abs. 1 und 2 SGB V, 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, 51 Abs. 2 SGB I. Gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente nach § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu tragen haben, mit Ausnahme des Zusatzbeitrages nach § 242 SGB V von den Trägern der Rentenversicherung einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse zu zahlen. Gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind die rückständigen Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten, wenn bei der Zahlung der Renten die Einbehaltung von Beiträgen nach Absatz 1 unterblieben ist. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I, der gemäß § 255Abs. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz SGB V entsprechend gilt, kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder des SGB II wird. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI gilt dies für die Beiträge zur Pflegeversicherung entsprechend.
Die Beklagte war daher gemäß § 255 Abs. 2 SGB V berechtigt, die rückständigen Beiträge von der laufenden Rente einzubehalten. Denn die Klägerin hatte ab dem Beginn der ihr bewilligten Regelaltersrente (1. Dezember 2006) Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung aus ihrer Rente zu tragen, §§ 20 Abs. 1 SGB IV, 220 Abs. 1, 249a, 252 Abs. 1 Satz 1 und 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V, 59 Abs. 1 Satz 1, zweiter Halbsatz und 60 Abs. 1 und 2 SGB XI. Der Senat geht bei der gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der KVdR und gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI in der Pflegeversicherung pflichtversichert ist. Daher konnte sie gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und § 56 Abs. 1 SGB XI nicht familienversichert sein. Die Klägerin selbst hat die Versicherungspflicht nicht in Abrede gestellt.
Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar, da der Beitragseinbehalt nicht die Verjährung von Beitragsansprüchen des Rentenversicherungsträgers betrifft. Dennoch wird eine Verjährung des Beitragsanteils des Rentners analog § 25 SGB IV überwiegend angenommen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2000 - B 12 RJ 5/99 R; in juris; Krauskopf-Böttiger, SozKV, § 255 SGB V RdNr 9 m.w.N.). Aufgrund des derzeitigen Sachstandes ist davon auszugehen, dass die seit Januar 2008 fällig gewordenen Beiträge nicht verjährt sind und die Beklagte daher zu Recht mit Bescheid vom 14. Mai 2012 Beiträge ab 1. Januar 2008 erhoben hat. Gemäß § 255 Abs. 3 Satz 1 SGB V werden, soweit (in den weiteren Sätzen) nichts Abweichendes bestimmt ist, die Beiträge nach den Absätzen 1 und 2 am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig, der dem Monat folgt, für den die Rente gezahlt wird.
Ein Verschulden des Rentenversicherungsträgers an der unterlassenen Einbehaltung der Beiträge ist unschädlich, ein Verschulden des Beitragspflichtigen nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 12 RK 50/92; in juris). Die Mitteilung der Beklagen vom 13. Dezember 2006 führt daher zu keinem anderen Ergebnis. Sie enthält den Vorbehalt, dass nach den Unterlagen der Beklagten keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe und ebenso keine Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung abzuführen seien, die Rente daher ohne Abzug angewiesen werde. Die Klägerin konnte dem entnehmen, dass die Beklagte, wenn entgegen ihrer Annahme Versicherungspflicht bestand und sie davon Kenntnis erhielt, noch Beiträge einbehalten werde; ebenso wenn Versicherungspflicht bereits bei Erteilung des Rentenbescheides bestanden haben sollte und die Beklagte dies hätte erkennen müssen, sie gleichwohl aber die Beiträge nicht einbehalten hatte (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris).
Gründe, weshalb die Beitragsforderung der Beklagten gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, sind nicht erkennbar. Die Beklagte hat den Beitragsanspruch nicht verwirkt. Zwar ist das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) für das Sozialversicherungsrecht, insbesondere die Nachforderung von Beiträgen für zurückliegende Zeiten anerkannt. Diese setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aber voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts für einen längeren Zeitraum unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltend machen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (z.B. BSG, Urteile vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 und 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R; beide in juris). Diese besonderen Umstände setzen voraus, dass der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), tatsächlich darauf vertraut und sein Verhalten darauf eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), so dass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, a.a.O.). Dabei sind an das Verwirkungsverhalten strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß von Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze Verjährungsfrist (hier: § 25 SGB IV) hinreichend Rechnung getragen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76).
Ob danach ein Verwirkungsverhalten der Beklagten in der Mitteilung vom 13. Dezember 2006, nach ihren Unterlagen bestehe keine Versicherungspflicht, zu sehen ist, kann im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung dahinstehen. Jedenfalls kann der Senat kein Vertrauensverhalten der Klägerin erkennen. Sie hat nichts dafür vorgetragen, dass sie sich in ihrem Verhalten darauf eingestellt habe, dass die Beklagte keine Beiträge nacherheben werde. Die Klägerin hatte seit 1. Dezember 2006 den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass sie davon abgehalten worden wäre, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Die aus der SG-Akte zum Prozesskostenhilfeverfahren ersichtlichen Anschaffungen eines Pkw und einer Eigentumswohnung erfolgten vor dem Bezug der Altersrente ab dem 1. Dezember 2006. Angesichts der geringen Summe der monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist ein Zusammenhang zwischen der Nichteinbehaltung und Vermögensdispositionen der Klägerin eher fernliegend. Schließlich ist nicht erkennbar, dass aus der nachträglichen Geltendmachung unzumutbare Nachteile entstehen. Eher erwachsen der Versichertengemeinschaft aus dem Unterbleiben des Einbehalts der Beiträge Nachteile (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris).
Auch die Aufrechnung in Höhe von EUR 25,00 monatlich erfolgt aufgrund des derzeitigen Sachstandes zu Recht. Den Eintritt einer Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt durch die Aufrechnung (§ 51 Abs. 2 SGB I) hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Aufgrund der von ihr gemachten Angaben im Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeben sich hierfür auch keine Anhaltspunkte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 mit Beschluss vom 5. Oktober 2012 mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt hat. Im Klageverfahren wendet sich die Klägerin gegen die Nachforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 und deren Einbehaltung von der laufenden Altersrente im Wege der Aufrechnung in Höhe von EUR 25,00 ab dem 1. Juli 2012.
Die am 1941 geborene Klägerin beantragte zunächst am 17. Juni 2002 bei der Landesversicherungsanstalt Berlin als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Oktober 2002 ab. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bei der Techniker Krankenkasse (im Folgenden: T.) freiwillig versichert. Sie beantragte bei der Beklagten einen Zuschuss zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung und meldete sich zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an.
Am 31. August 2006 beantragte die Klägerin Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab 1. Dezember 2006. Eine Meldung zur KVdR wurde an die T. weitergeleitet. T. übermittelte am 6. Dezember 2006 zwei Datensätze an die Beklagte. Dem einen zufolge lag die erforderliche Vorversicherung für die KVdR nicht vor, aber eine Familienversicherung ab 22. Juli 2003. Der zweite Datensatz, dem zufolge eine Pflichtversicherung in der KVdR bestand, wurde von der Beklagten nicht verarbeitet. Die Beklagte behielt von der der Klägerin mit Bescheid vom 28. September 2006 ab 1. Dezember 2006 bewilligten Regelaltersrente zunächst Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für Dezember 2006 und Januar 2007 ein. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 erstattete die Beklagte einbehaltene Beiträge von EUR 43,08 für Dezember 2006 und Januar 2007 mit folgendem Hinweis:
"Nach unseren Unterlagen besteht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ebenso sind keine Beiträge aus der Rente zur sozialen Pflegeversicherung abzuführen. Die Rente wird deshalb ohne Abzug der entsprechenden Beträge angewiesen."
Am 21. Februar 2012 teilte die T. der Beklagten mit, dass die Klägerin seit Rentenbeginn am 1. Dezember 2006 in der KVdR versicherungspflichtig sei; dies sei auch so übermittelt worden. Mit Anhörungsschreiben vom 5. März 2012, überschrieben als "Anhörung und Begründung zum Einbehalt der entstandenen Überzahlung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von der Rente" teilte die Beklagte der Klägerin mit, ab 1. März 2012 erhalte sie (die Klägerin) laufend monatlich EUR 223,16; nämlich den Betrag der Rente von EUR 248,37 abzüglich des Beitragsanteils des Rentners zur Krankenversicherung von EUR 20,37 und zur Pflegeversicherung von EUR 4,84. Für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 ergebe sich eine Überzahlung von EUR 1.204,49, die zu erstatten sei. Sie sei seit 1. Dezember 2006 pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung, die Beitragspflicht aus den Rentenbezügen entstehe kraft Gesetzes. Versicherungspflichtige Rentner hätten Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner nach §§ 249a, 241a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu tragen. Aufgrund der Veränderung des Beitragssatzes der Krankenkasse zum 1. Januar 2008 sei ab 1. April 2008 ein geänderter Beitragssatz zugrunde zu legen. Es gelte der von der Bundesregierung festgelegte einheitliche allgemeine Beitragssatz für die Zeit ab 1. Januar 2009 in Höhe von 15,5 %; ab 1. Juli 2009 von 14,9 % und ab 1. Januar 2011 von 15,5 %. Der Rentenversicherungsträger trage die Hälfte des allgemeinen, um 0,9 % verminderten allgemeinen Beitragssatzes. Der verbleibende Beitragsanteil von ab 1. Januar 2009 8,2 %; ab 1. Juli 2009 7,9 % und ab 1. Januar 2011 8,2 % sei von der Klägerin zu tragen. Für die Zeit bis 31. Dezember 2008 werde der Beitrag von der Klägerin und ihr (der Beklagten) insgesamt in der Höhe des allgemeinen Beitragssatzes je zur Hälfte getragen. Daneben habe die Klägerin einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag von 0,9 % der Rente allein zu tragen. Der Beitrag zur Pflegeversicherung sei seit dem 1. April 2008 vom Rentenbezieher allein zu tragen; bis zum 30. Juni 2008 in Höhe von 1,7 %; ab 1. Juli 2008 in Höhe von 1,95 % der Rente. Die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar 2008 sei nach § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) verjährt. Durch den Eintritt der Versicherungspflicht sei für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 eine Überzahlung von EUR 1.204,49 entstanden. Es sei vorgesehen, die rückständigen Beiträge aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Die Aufrechnung der rückständigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sei nach § 255 Abs. 2 SGB V, 60 Abs. 1 Satz 2 SGB Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) i.V.m. § 51 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung zulässig, solange dadurch keine Hilfebedürftigkeit nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) entstehe. Es sei beabsichtigt, die rückständigen Beiträge in monatlichen Raten zu je EUR 25,00 von der laufenden Rente einzubehalten. Die Klägerin könne den überzahlten Betrag aber auch in einer Summe überweisen. Die Beitragspflicht sei unabhängig davon entstanden, ob die Klägerin gewusst habe, dass Beiträge einzubehalten seien. Als Anlage beigefügt waren Berechnungen, die im internen Ausdruck als "Rentenbescheid" überschrieben, datiert vom 29. Februar 2012, laut Aktenvermerk in dieser Form aber nicht abgesandt worden sind. Das an die Klägerin übersandte Schreiben liegt nicht vor.
Zu der Anhörung verwies die Klägerin im Schreiben vom 11. März 2012 auf das (beigefügte) Schreiben vom 13. Dezember 2006, in welchem ihr mitgeteilt worden sei, sie habe keine Beiträge zu entrichten und ihr seien damals Beiträge erstattet worden. Sie habe keine Mitteilungspflicht verletzt, und in den letzten sechs Jahren weder von der Beklagten noch von der T. irgendeine Nachricht in der Sache erhalten. Für sie sei nicht verständlich, warum es sechs Jahre gedauert habe bis zu einer Korrektur und ob die Verjährung von vier Jahren berücksichtigt sei.
Mit weiterem Schreiben vom 14. März 2012 erläuterte die Beklagte, die T. habe mit maschinellem Datensatz vom 6. Dezember 2006 mitgeteilt, dass eine Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses von krankenversicherungspflichtig in familienversichert vorzunehmen sei. Daraufhin habe sie (die Beklagte) die von 1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007 einbehaltenen Eigenanteile der Beiträge in Höhe von EUR 43,08 erstattet und die Rente ohne Abzug der entsprechenden Beiträge angewiesen. Die T. habe mit Telefonat vom 21. Februar 2012 an die Krankenversicherungspflicht und die Beitragsabführung für die Zeit ab Rentenbeginn 1. Dezember 2006 erinnert. Die Beitragsentrichtung sei nachträglich ab Entstehen der Beitragspflicht vorzunehmen, soweit Beiträge nicht verjährt seien, unabhängig vom Zeitpunkt der Kenntnis des Rentenversicherungsträgers. Die Beitragsanteile seien nachträglich einzubehalten. Es handele sich nicht um eine Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Rentenbeträge, so dass die Vorschriften über die Aufhebung von Rentenbescheiden und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen (Grundsätze des Vertrauensschutzes, Bösgläubigkeit, Fristen) nicht anzuwenden seien. Ein Verschulden des Kranken- oder Rentenversicherungsträgers sei nicht erheblich, es bestehe auch kein Ermessensspielraum. Die Beiträge vor dem 1. Januar 2008 seien verjährt. Ein Widerspruch sei erst gegen den folgenden Bescheid über die Einbehaltung/Aufrechnung der rückständigen Beiträge in monatlichen Raten an der laufenden Rente möglich. Die Klägerin erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Mai 2012, anderenfalls werde - wie im Schreiben vom 14. März 2012 mitgeteilt - die Einbehaltung an der laufenden Rente in monatlichen Raten von EUR 25,00 zum nächstmöglichen Zeitpunkt vorgenommen. Am 25. April 2012 erfolgte eine Zahlungserinnerung hinsichtlich der am 13. März 2012 fälligen Forderung von EUR 1.204,49.
Am 8. Mai 2012 legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Anspruch sei verwirkt, da ihr mit Schreiben vom 13. Dezember 2006 mitgeteilt worden sei, dass keine Beitragspflicht bestehe und ihr Beiträge erstattet worden seien. Verwirkung setze neben der Nichtgeltendmachung der Forderung über einen langen Zeitraum voraus, dass der Berechtigte beim Verpflichteten das Vertrauen geweckt, habe, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werde.
Mit Bescheid vom 14. Mai 2012 rechnete die Beklagte die für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 29. Februar 2012 nicht einbehaltenen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 1.204,49 ab 1. Juli 2012 in monatlichen Raten von je EUR 25,00 mit der Rente der Klägerin auf. Die Grundsätze der Verwirkung stünden nicht entgegen, es komme weder auf ein Wissen des Rentners noch auf ein Verschulden des Kranken- oder des Rentenversicherungsträgers an. Hilfebedürftigkeit sei nicht nachgewiesen. Besondere Gründe für die Aufrechnung eines geringeren Betrages im Ermessenswege lägen nicht vor. Das Interesse der Versichertengemeinschaft an einer Aufrechnung in dem vorgenommenen Umfang überwiege.
Der (erneute) Widerspruch der Klägerin vom 30. Mai 2012 wurde von dem bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 zurückgewiesen. Die Begründung entsprach den bisherigen Darlegungen. Der Anspruch sei nicht verwirkt. Eine Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung setze voraus, dass der Berechtigte es unterlasse, ein Recht während eines längeren Zeitraumes geltend zu machen und besondere Umstände in Form eines Verwirkungsverhaltens hinzuträten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung nach Treu und Glauben gegenüber dem Verpflichteten als illoyal erscheinen ließen. Solche besonderen Umstände lägen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf habe vertrauen dürfen, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen so eingerichtet habe (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehe. An das Verwirkungsverhalten seien strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Schuldners, das Ausmaß der wirtschaftlichen Belastung durch Beitragsforderungen in Grenzen zu halten, bereits durch die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV hinreichend Rechnung getragen werde. Die bloße subjektive Vorstellung eines Versicherten reiche nicht aus. Im Übrigen entstünden dem Versicherten aus der nachträglichen Erfüllung der Beitragsschuld keine Nachteile.
Am 19. Oktober 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des "Bescheides vom 29. Februar 2012". Mit Bescheid vom 30. November 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ein Bescheid dieses Datums nicht erteilt worden sei. Unter dem 29 Februar 2012 sei lediglich die Berechnung der rückständigen Beiträge erfolgt, diese sei als Anlage dem Anhörungsschreiben vom 5. März 2012 beigefügt gewesen.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2012 erhob die Klägerin am 30. August 2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 5. Oktober 2012 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin berufe sich allein auf eine Verwirkung der Nachforderung. Mit diesem Einwand sei sie aber wohl ausgeschlossen, weil die Beklagte bereits mit Bescheid vom 29. Februar 2012 festgestellt habe, dass eine zu erstattende Überzahlung in Höhe von EUR 1.204,49 entstanden sei. Gegen diesen Bescheid habe die Klägerin keinen Widerspruch eingelegt. Ein bestandskräftiger Verwaltungsakt sei für die Beteiligten bindend und konkretisiere unabhängig von der materiellen Rechtslage die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten.
Die Klägerin hat gegen den über ihre Bevollmächtigten am 11. Oktober 2012 zugestellten Beschluss am 7. November 2012 Beschwerde zum Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, entgegen der Ansicht des SG liege kein bestandskräftiger Bescheid vom 29. Februar 2012 vor. Dieser sei nur eine Aufstellung als Anhang zum Anhörungsschreiben vom 5. März 2012 gewesen. Infolgedessen habe die Beklagte den Überprüfungsantrag mit der Begründung, es liege kein Bescheid vor, abgelehnt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Oktober 2012 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 vor dem Sozialgericht Karlsruhe Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. R. zu bewilligen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen, denn der Beschwerdeausschluss gilt danach nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 5 R 3162/12 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn bei summarischer Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine gewisse Erfolgsaussicht besteht. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance allerdings nur eine entfernte, ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R; beide in juris). Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ist im begrenzten Maße auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94; Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 235/92; beide in juris).
Nach diesen Kriterien hat das SG die hinreichende Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage gegen die Nachforderung von rückständigen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung und deren Aufrechnung mit der Rente im Ergebnis zu Recht verneint. Die hier zugrunde liegende Klage kann aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes keinen Erfolg haben.
Entgegen der Auffassung des SG im angefochtenen Beschluss ist ein Bescheid vom 29. Februar 2012 nicht ergangen. Die Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 107) enthält zwar einen Ausdruck eines Rentenbescheids vom 29. Februar 2012. Dieser ist jedoch, wie sich aus dem Vermerk auf Bl. 107 der Verwaltungsakte der Beklagten ergibt, nicht abgesandt worden, sondern lag als Beilage der nachfolgenden Anhörung vom 5. März 2012 bei. Der nachträgliche Einbehalt der nicht abgeführten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Aufrechnung mit der laufend gezahlten Regelaltersrente erfolgte durch Bescheid vom 14. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2012. Hiergegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Klage erhoben.
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 14. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2012 sind §§ 255 Abs. 1 und 2 SGB V, 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI, 51 Abs. 2 SGB I. Gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente nach § 228 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu tragen haben, mit Ausnahme des Zusatzbeitrages nach § 242 SGB V von den Trägern der Rentenversicherung einzubehalten und zusammen mit den von den Trägern der Rentenversicherung zu tragenden Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund für die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkasse zu zahlen. Gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind die rückständigen Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten, wenn bei der Zahlung der Renten die Einbehaltung von Beiträgen nach Absatz 1 unterblieben ist. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I, der gemäß § 255Abs. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz SGB V entsprechend gilt, kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder des SGB II wird. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI gilt dies für die Beiträge zur Pflegeversicherung entsprechend.
Die Beklagte war daher gemäß § 255 Abs. 2 SGB V berechtigt, die rückständigen Beiträge von der laufenden Rente einzubehalten. Denn die Klägerin hatte ab dem Beginn der ihr bewilligten Regelaltersrente (1. Dezember 2006) Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung aus ihrer Rente zu tragen, §§ 20 Abs. 1 SGB IV, 220 Abs. 1, 249a, 252 Abs. 1 Satz 1 und 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V, 59 Abs. 1 Satz 1, zweiter Halbsatz und 60 Abs. 1 und 2 SGB XI. Der Senat geht bei der gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der KVdR und gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 SGB XI in der Pflegeversicherung pflichtversichert ist. Daher konnte sie gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und § 56 Abs. 1 SGB XI nicht familienversichert sein. Die Klägerin selbst hat die Versicherungspflicht nicht in Abrede gestellt.
Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar, da der Beitragseinbehalt nicht die Verjährung von Beitragsansprüchen des Rentenversicherungsträgers betrifft. Dennoch wird eine Verjährung des Beitragsanteils des Rentners analog § 25 SGB IV überwiegend angenommen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2000 - B 12 RJ 5/99 R; in juris; Krauskopf-Böttiger, SozKV, § 255 SGB V RdNr 9 m.w.N.). Aufgrund des derzeitigen Sachstandes ist davon auszugehen, dass die seit Januar 2008 fällig gewordenen Beiträge nicht verjährt sind und die Beklagte daher zu Recht mit Bescheid vom 14. Mai 2012 Beiträge ab 1. Januar 2008 erhoben hat. Gemäß § 255 Abs. 3 Satz 1 SGB V werden, soweit (in den weiteren Sätzen) nichts Abweichendes bestimmt ist, die Beiträge nach den Absätzen 1 und 2 am letzten Bankarbeitstag des Monats fällig, der dem Monat folgt, für den die Rente gezahlt wird.
Ein Verschulden des Rentenversicherungsträgers an der unterlassenen Einbehaltung der Beiträge ist unschädlich, ein Verschulden des Beitragspflichtigen nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 12 RK 50/92; in juris). Die Mitteilung der Beklagen vom 13. Dezember 2006 führt daher zu keinem anderen Ergebnis. Sie enthält den Vorbehalt, dass nach den Unterlagen der Beklagten keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe und ebenso keine Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung abzuführen seien, die Rente daher ohne Abzug angewiesen werde. Die Klägerin konnte dem entnehmen, dass die Beklagte, wenn entgegen ihrer Annahme Versicherungspflicht bestand und sie davon Kenntnis erhielt, noch Beiträge einbehalten werde; ebenso wenn Versicherungspflicht bereits bei Erteilung des Rentenbescheides bestanden haben sollte und die Beklagte dies hätte erkennen müssen, sie gleichwohl aber die Beiträge nicht einbehalten hatte (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris).
Gründe, weshalb die Beitragsforderung der Beklagten gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, sind nicht erkennbar. Die Beklagte hat den Beitragsanspruch nicht verwirkt. Zwar ist das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) für das Sozialversicherungsrecht, insbesondere die Nachforderung von Beiträgen für zurückliegende Zeiten anerkannt. Diese setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aber voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts für einen längeren Zeitraum unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltend machen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (z.B. BSG, Urteile vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 und 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R; beide in juris). Diese besonderen Umstände setzen voraus, dass der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), tatsächlich darauf vertraut und sein Verhalten darauf eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), so dass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, a.a.O.). Dabei sind an das Verwirkungsverhalten strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß von Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze Verjährungsfrist (hier: § 25 SGB IV) hinreichend Rechnung getragen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76).
Ob danach ein Verwirkungsverhalten der Beklagten in der Mitteilung vom 13. Dezember 2006, nach ihren Unterlagen bestehe keine Versicherungspflicht, zu sehen ist, kann im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung dahinstehen. Jedenfalls kann der Senat kein Vertrauensverhalten der Klägerin erkennen. Sie hat nichts dafür vorgetragen, dass sie sich in ihrem Verhalten darauf eingestellt habe, dass die Beklagte keine Beiträge nacherheben werde. Die Klägerin hatte seit 1. Dezember 2006 den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass sie davon abgehalten worden wäre, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Die aus der SG-Akte zum Prozesskostenhilfeverfahren ersichtlichen Anschaffungen eines Pkw und einer Eigentumswohnung erfolgten vor dem Bezug der Altersrente ab dem 1. Dezember 2006. Angesichts der geringen Summe der monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist ein Zusammenhang zwischen der Nichteinbehaltung und Vermögensdispositionen der Klägerin eher fernliegend. Schließlich ist nicht erkennbar, dass aus der nachträglichen Geltendmachung unzumutbare Nachteile entstehen. Eher erwachsen der Versichertengemeinschaft aus dem Unterbleiben des Einbehalts der Beiträge Nachteile (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris).
Auch die Aufrechnung in Höhe von EUR 25,00 monatlich erfolgt aufgrund des derzeitigen Sachstandes zu Recht. Den Eintritt einer Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt durch die Aufrechnung (§ 51 Abs. 2 SGB I) hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Aufgrund der von ihr gemachten Angaben im Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeben sich hierfür auch keine Anhaltspunkte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
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Aus
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