Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1454/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4681/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.08.2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch um die Rückforderung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die in der Zeit vom 19.11.1986 bis zum 31.01.2004 an den Vater der Kläger als deren Rechtsvorgänger gezahlt worden war.
Der 1939 geborene Vater der Kläger ist am 07.03.2012 verstorben. Die Kläger sind ausweislich des vom Notariat Sch. 4 ausgestellten Erbscheins vom 29.05.2012 seine Erben und treten als solche als Gesamtrechtsnachfolger in den Rechtsstreit ein.
Der Vater der Kläger (im Folgenden: der Kläger) beantragte nach einem Schlaganfall im August 1987 Versichertenrente. Die Rentenantragstellung erfolgte bei der Stadtverwaltung V.-Sch. (Rentenantrag vom 07.08.1987). Er gab an, seit 1980 geschieden zu sein. Die Frage unter Ziff. 9.3 ("Wurde eine Ehe nach dem 30.06.1977 aufgelöst und ist hierbei über den Versorgungsausgleich von Anwartschaften entschieden worden?") wurde mit "nein" beantwortet. Mit Bescheid vom 13.05.1988 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 19.11.1986. Ab Juli 1988 wurden monatlich 1.469,93 DM gezahlt.
Mit Bescheid vom 09.12.2003 wurde dem Kläger ab Februar 2004 eine Regelaltersrente gewährt (Zahlbetrag ab März 2004: 1.010,87 EUR). Zugrunde lag ein verkürzter Rentenantrag vom 15.10.2003. Hierin kreuzte der Kläger an, nicht verheiratet zu sein. Die Frage unter Ziffer 7.3 ("Wurde ein Versorgungsausgleich wegen Ehescheidung durchgeführt?") wurde nicht beantwortet.
Am 03.02.2006 erhielt die Beklagte Kenntnis, dass die frühere Ehefrau des Klägers einen Rentenantrag gestellt hatte. Die Daten zum Versorgungsausgleich wurden beigezogen. Daraus ergab sich, dass die Ehe durch das Familiengericht O. am 06.11.1980 (Rechtskraft am 10.02.1981) geschieden worden war. Ein Versorgungsausgleich war durchgeführt worden, der zu einer Übertragung einer Rentenanwartschaft von monatlich von 116,61 DM (59,62 EUR) auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt der Angestellten (BfA) geführt hatte.
Mit Schreiben vom 22.05.2006 wurde der Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der Bescheide vom 13.05.1988 und 09.12.2003 wegen fehlender Berücksichtigung des Malus aus dem Versorgungsausgleich und zu einer beabsichtigten Rückforderung in Höhe von 20.544,38 EUR angehört.
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 26.05.2006 Stellung und führte aus, die Daten über den Versorgungsausgleich seien dem Amtsgericht O. von der LVA K. mitgeteilt worden. Angaben über die vollzogene Scheidung müssten bei der LVA K. bzw. nach dem Wechsel bei der BfA vorgelegen haben.
Mit Bescheid vom 29.05.2006 wurde die Regelaltersrente unter Berücksichtigung eines Abzugs von 4,4279 Punkten als Auswirkung des Versorgungsausgleichs neu festgestellt (Zahlbetrag ab 01.07.2006 monatlich 902,19 EUR). Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Im Rentenbescheid vom 17.01.2007, mit dem noch eine Nachzahlung von Regelaltersrente für die Zeit vom 01.07.2006 bis 28.02.2007 in Höhe von 841,12 EUR gewährt wurde, führte die Beklagte in der Anlage 10 aus, der Aufhebungsbescheid vom 29.05.2006 werde aufgehoben, da die Aufhebung der am 20.05.1988 und 12.12.2003 erteilten Bescheide nicht nach § 48 SGB X sondern nach § 45 SGB X zu erfolgen habe, da sie von Anfang an rechtswidrig gewesen seien. Die Bescheide würden nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen, weil die Auswirkung des mit Rechtskraft vom 10.02.1981 durchgeführten Versorgungsausgleichs auf die Rentenleistung anzurechnen sei. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen hinsichtlich des Bestandes der Bescheide berufen. Er habe aufgrund des Urteils des Amtsgerichts O. wissen müssen, dass die Übertragung von Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der früheren Ehefrau Einfluss auf seine Rente habe. Die potenzielle Rechtswidrigkeit der Bescheide sei ihm deshalb bekannt gewesen (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Die 10-Jahresfrist seit Erlass des Bescheides sei noch nicht abgelaufen. Die 1-Jahresfrist seit Kenntnis der Fehlerhaftigkeit sei ebenfalls noch nicht abgelaufen. Sie habe erst nach Ablauf des Anhörungsverfahrens begonnen. Über die Rücknahme sei nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden worden.
Mit Bescheid vom 21.05.2007 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Zeitraum vom 19.11.1986 bis zum 30.06.1992 neu fest und berechnete eine Überzahlung von 4.940,07 EUR für diesen Zeitraum. In der Anlage 10 wurde zur Begründung ausgeführt, die Rentenbescheide vom 13.05.1988 und 09.12.2003 in der Fassung vom 17.01.2007 würden hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 19.11.1986 und 01.02.2004 nach § 45 SGB X zurückgenommen. Die Überzahlung habe der Kläger zu erstatten. Der Kläger habe erkennen müssen, dass eine Umsetzung des Versorgungsausgleichs nicht erfolgt sei, da kein Abschlag vorgenommen worden sei. Die Rückforderung erfolge nur in Höhe eines Drittels der Forderungssumme (1.646,69 EUR), da ein überwiegendes Verschulden der BfA bzw. der DRV B. vorliege. Von einer Rückforderung könne nicht vollkommen Abstand genommen werden, da die unvollständigen Angaben des Klägers in den Rentenanträgen mindestens mitursächlich für die Überzahlung geworden seien.
Mit weiterem Bescheid vom 21.05.2007 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 01.01.1992 bis zum 31.01.2004 neu fest und forderte eine Überzahlung von 4.241,87 EUR zurück.
Mit einem dritten Bescheid vom 21.05.2007 wurde die Regelaltersrente beginnend am 01.02.2004 neu festgestellt und ein Zahlbetrag in Höhe von 898,72 EUR ab dem 01.06.2007 errechnet. Für die Zeit vom 01.02.2004 bis zum 31.05.2007 wurde eine Überzahlung von 1.184,66 EUR zurückgefordert.
Der Kläger erhob gegen alle Bescheide vom 21.05.2007 Widerspruch und führte zur Begründung aus, die Angaben im Antrag vom 07.08.1987 habe nicht er gemacht, dieser sei von einem Mitarbeiter der Stadt V.-Sch. ausgefüllt worden. Dies sei ihm nicht zuzurechnen. Im verkürzten Antrag vom 15.10.2003 habe er wahrheitsgemäß "nicht verheiratet" angekreuzt. Eine Möglichkeit, "geschieden" anzukreuzen, habe es nicht gegeben. Infolge des Scheidungsurteils des Amtsgerichts O. habe die Kenntnis des Versicherungsträgers vom Versorgungsausgleich vorgelegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 14.04.2008 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Urteil vom 24.08.2010 hob das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten vom 21.05.2007 wegen Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 19.11.1986 bis zum 31.01.2004 und wegen Rückforderung von 1.646,69 EUR und 4.241,87 EUR in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2008 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen über Rente würden nur hinsichtlich der Altersrente vorliegen. Die Bescheide vom 13.05.1988 und vom 09.12.2003 in der Fassung des Bescheids vom 17.01.2007 seien rechtswidrig gewesen, da der Abzug aus dem Versorgungsausgleich nach der Ehescheidung vom 06.11.1980 nicht berücksichtigt worden sei. Gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) dürfe ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt habe (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig sei, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung könne gemäß Abs. 3 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe könne ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zurückgenommen werden, wenn er auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen falschen Angaben beruht habe oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit gekannt oder wegen grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Nach Abs. 4 könne in den Fällen des S. 3 ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt worden sei. Bezüglich der rückwirkenden Aufhebung der Altersrente seien die Fristen des § 45 SGB X eingehalten. Hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente sei die 10-Jahresfrist hingegen überschritten. Die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente habe mit Ablauf des 65. Lebensjahrs und mit Beginn der Altersrente geendet. Nach dem Abschluss des ersten Leistungsfalls der Erwerbsunfähigkeit und der Beendigung der Gewährung der Rente aus diesem Leistungsgrund habe der Kläger nicht mehr mit einer Aufhebung der Erstentscheidung durch die Beklagte rechnen müssen. Sinn und Zweck der Regelung des Satzes 4 sei es, bei Perpetuierung des Unrechts bis in die Gegenwart durch fortdauernden unrechtmäßigen Empfang von nicht zustehenden Zahlungen eine erweiterte (verschärfte) Rücknahmemöglichkeit zu schaffen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 03.06.2009, Az. L 8 R 2 10/08). Der Begriff der "Zahlung" in § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X sei so auszulegen, dass das sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Rentenstammrecht zum Zeitpunkt der Aufhebung noch bestehen müsse und dieser Bescheid sich auch noch nicht im Sinne eines Abschlusses des Leistungsfalls erledigt haben dürfe. In der Gesetzesbegründung sei darauf abgestellt worden, ob es sich um "abgeschlossene Fälle" handele. § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X sei als Vertrauensschutzregelung zu bewerten, die eine Rückforderung dann ausschließen solle, wenn der Versicherte wegen des zwischenzeitlichen vollständigen Abschlusses des Leistungsfalles nicht mehr mit weiteren Maßnahmen der Rentenversicherung habe rechnen müssen. Erwerbsunfähigkeitsrente sei zu Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme nicht mehr gewährt worden. Der Kläger habe Altersrente bezogen und damit Rente aus einer anderen Rechtsgrundlage. Der Gewährung der Altersrente habe eine (verkürzte ) Antragstellung und Bescheidung zugrunde gelegen. Die Aufhebungsbescheide bezüglich der Leistung von Erwerbsunfähigkeitsrente seien damit nicht fristgerecht erfolgt.
Gegen das ihr am 10.09.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.10.2010 Berufung eingelegt. Das Urteil des Sozialgerichts könne nicht überzeugen. Es begründe seine Entscheidung damit, dass bei der Rücknahme des Bescheides über die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 13.05.1988 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nicht vorgelegen hätten, weil die Erwerbsunfähigkeitsrente nur bis zum 31.01.2004 gezahlt, das Verwaltungsverfahren zur Rücknahme des Bescheides vom 13.05.1988 jedoch erst im Jahre 2006 eingeleitet worden sei, die Erwerbsunfähigkeitsrente also nicht zum Beginn des Verwaltungsverfahrens gezahlt worden sei. Dieser Auffassung werde nicht gefolgt. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X ermögliche die Rücknahme eines fehlerhaft begünstigenden Verwaltungsaktes über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X. Das Sozialgericht habe diese Regelung mit Blick auf die Entstehungsgeschichte und die gesetzgeberische Intention der Regelung nicht rechtskonform ausgelegt. Der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X liege die Forderung des Bundesrechnungshofes zugrunde, unredliche Leistungsbezieher im Rahmen der Fristenregelung des § 45 Abs. 3 SGB X nicht zu begünstigen (BT-Drucks. 13/5700, S. 70 ff). Nach der damaligen Einschätzung des Bundesrechnungshofes sei es vor allem den Beitragszahlern, die die Überzahlung letztlich finanzieren müssten, kaum zu vermitteln, dass unredliche Rentner allein wegen des Ablaufs einer Frist von der Erstattungspflicht entbunden seien. Der Gesetzgeber habe diese Forderung des Bundesrechnungshofes aufgegriffen, jedoch mit der Einschränkung versehen, dass die erweiterte Rücknahmemöglichkeit allein für noch nicht abgeschlossene Fälle der Zahlung von Geldleistungen gelten solle. In der Gesetzesbegründung zu § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X (BT-Drucks. 13/10033, S. 20) heiße es hierzu: "Die Neuregelung lässt eine Rücknahme auch nach Ablauf von zehn Jahren zu, begrenzt die Rücknahme aber auf laufende Geldleistungen. Abgeschlossene Fälle werden nicht erfasst." Mit der Beschränkung der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X auf noch nicht abgeschlossene Fälle habe der Gesetzgeber also das Ziel verfolgt, dass (nur) in den Fällen, in denen der unrechtmäßige Geldleistungsbezug nicht mehr laufend andauere, sondern bereits vor Beginn des Rücknahmeverfahrens geendet habe, nach Ablauf von zehn Jahren dauerhafter Rechtsfriede herrschen solle. Eine derartige Situation sei aber im vorliegenden Streitfall nicht gegeben. Der Kläger habe seit dem 19.11.1986 bis in das Jahr 2006 - also auch noch zu Beginn des Rücknahmeverfahrens - durchgehend Rente bezogen, bei der ein zu seinen Lasten durchgeführter Versorgungsausgleich zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. In dieser Situation müsse nach Sinn und Zweck der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X von einer einheitlichen, durchgängig gezahlten Geldleistung ausgegangen werden. Der Umstand, dass die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nur bis zum 31.01.2004 gezahlt worden sei, müsse in Anbetracht des nahtlosen Übergangs in eine Regelaltersrente und der durchgehend aus demselben Grund gegebenen Unrechtmäßigkeit des Geldleistungsbezuges (Nichtberücksichtigung des Malus aus dem Versorgungsausgleich) unbeachtlich sein. So sei der Umstand, dass eine Erwerbsunfähigkeitsrente längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt werde, nach der Gesetzesbegründung des § 44 SGB VI (BT-Drucks. 11/4124 S. 163) ohnehin nur darauf zurückzuführen, dass ab dem 65. Lebensjahr nur noch Renten wegen Alters und nicht auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geleistet werden sollten. Insofern müssten die beiden Rentenansprüche des Klägers (Erwerbsunfähigkeitsrente und Regelaltersrente) als eine Geldleistung im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X gewertet werden. Das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen sei daher nicht überzeugend.
Die Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.08.2010 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Rente wegen Erwerbsminderung und Altersrente seien nicht als "eine Geldleistung" anzusehen.
Der Senat hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2012 darauf hingewiesen, dass die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von Gesetzes wegen mit dem 65. Lebensjahr geendet hat und der Zahlung der Regelaltersrente eine erneute Verwaltungsentscheidung zugrunde liegt. Diese stehe nach Auffassung des Senats einer Betrachtung beider Renten als einheitliche Geldleistung im Sinne von § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X entgegen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs. 4 SGG in Erwägung gezogen werde.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.11.2012 nochmals darauf hingewiesen, dass es das erklärte Ziel des § 45 Abs. 3 SGB X sei, einen Bestandsschutz nach Ablauf der zehnjährigen Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X bei unredlichen Leistungsbeziehern nicht eintreten zu lassen. Mit Blick auf diese Intention des Gesetzgebers könne dem Umstand, dass dem verstorbenen Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres anstelle der Erwerbsminderungsrente einer Regelaltersrente zu leisten gewesen sei und hierüber eine erneute Verwaltungsentscheidung habe ergehen müssen, keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Einwände gegen diese Verfahrensweise sind nicht erhoben worden. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 20.11.2012 ihre Rechtsauffassung lediglich erneut bekräftigt. Dies gab dem Senat keine Veranlassung, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind allein die Bescheide vom 21.05.2007, mit denen die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit teilweise aufgehoben und die insoweit geleisteten Rentenzahlung - teilweise - zurückgefordert wurden (Rückforderungsbeträge von 1.646,69 EUR und 4.241,87 EUR). Das Sozialgericht hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die entsprechenden Regelungen aufgehoben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Soweit sich die Klage auch gegen die teilweise Aufhebung und Rückforderung von Altersrente gerichtet hatte, wurde sie vom Sozialgericht abgewiesen und Berufung dagegen nicht eingelegt.
Das Sozialgericht hat die Bescheide vom 21.05.2007 über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die darauf beruhenden Rückforderungen geleisteter Rentenzahlungen zu Recht aufgehoben. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass hinsichtlich der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Fristenregelungen des § 45 Abs. 3 SGB X einer Rücknahme der Rentenbewilligung entgegenstehen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Nach Absatz 3 kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn 1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder 2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde. In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird. In Absatz 4 ist geregelt, dass nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei dem Bewilligungsbescheid vom 13.05.1988, mit dem die BfA als Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ab dem 19.11.1986 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt hat, um einen teilweise rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, und dass der Kläger aufgrund seiner unzutreffenden Angabe im Rentenantrag zur Frage nach dem Versorgungsausgleich keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann. Grundsätzlich würden damit zwar die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der Bewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit (Abs. 4 Satz 1) vorliegen.
Anders als die Beklagte meint, steht die Fristenregelung des § 45 Abs. 3 SGB X aber der Rücknahme der Bewilligungsentscheidung entgegen. Diese Regelung geht zunächst von einer Rücknahme innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der Bekanntgabe aus, sofern nicht Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO vorliegen. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Nach Satz 2 wird von der Zweijahresfrist eine Ausnahme gemacht für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, wenn ihr Erlass auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen falschen Angaben des Begünstigten beruhte, er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakte kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, oder wenn der Widerruf vorbehalten war. In diesen Fällen ist eine Rücknahme noch innerhalb von zehn Jahren seit der Bekanntgabe möglich. Diese Frist war für den Bewilligungsbescheid vom 13.05.1988 im Mai 1998 abgelaufen.
Die Beklagte beruft sich deshalb für die mit Bescheiden vom 21.05.2007 nach Ablauf der Zehnjahresfrist vorgenommene Rücknahme auf die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, wonach nach Ablauf dieser Frist ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung zurückgenommen werden kann, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. Die Anwendung dieser weiteren Ausnahmeregelung als Grundlage für eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung ist nicht bereits nach § 45 Abs. 3 Satz 5 SGB X ausgeschlossen. Der darin vorgesehene Stichtag des 15.04.1998 für den Ablauf der Zehnjahresfrist, der eine Rücknahme für die Vergangenheit ausgeschlossen hätte, war für den Bescheid vom 13.05.1988 nicht maßgeblich, die Zehnjahresfrist war erst danach (im Mai 1998) abgelaufen. Hingegen hatte das Verwaltungsverfahren über die Rücknahme der Rentenzahlungen an den Kläger mit der Kenntnis der Beklagten von den eingetretenen Überzahlungen aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs bei der Berechnung der Renten des Klägers begonnen. Diese Kenntnis erlangte die Beklagte erst am 03.02.2006 durch eine Mitteilung über den Rentenantrag der geschiedenen Ehefrau des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mehr an den Kläger gezahlt, da er im Januar 2004 das 65. Lebensjahr vollendet und ab dem 01.02.2004 Regelaltersrente bezogen hatte. Die mit Bescheid vom 13.05.1988 bewilligte Geldleistung wurde daher am 03.02.2006 nicht mehr gezahlt, so dass deshalb die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nicht vorliegen und eine Rücknahme nach Ablauf der Zehnjahresfrist ausscheidet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt auch aus dem Umstand, dass sich an die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Zahlung der Regelaltersrente unmittelbar anschloss, nicht anderes. Der Senat geht - wie bereits das Sozialgericht - insoweit nicht von einer einheitlichen Geldleistung aus. Auch wenn die Gewährung der Altersrente sich in zeitlicher Hinsicht nahtlos an die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die von Gesetzes wegen nicht über das 65. Lebensjahr hinaus gewährt werden darf, angeschlossen hat, so liegt der Zahlung der Altersrente eine erneute Verwaltungsentscheidung zugrunde, die - wenn auch in einem verkürzten Antragsverfahren - eine erneute Prüfung des Rentenanspruchs voraus setzt, und zwar sogar einschließlich der erneut gestellten Frage nach einem Versorgungsausgleich. Die Zahlung der Altersrente knüpft daher nicht an die Bewilligungsentscheidung vom 13.05.1988 an, sondern beruht auf einer eigenständigen Verwaltungsentscheidung, deren - teilweise - Rücknahme das Sozialgericht zu Recht nicht beanstandet hat. Eine einheitliche Betrachtung beider Renten als einheitliche Geldleistung kommt deshalb nach der Systematik des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, der für die Bestimmung der Zehn-Jahresfrist an die jeweilige Verwaltungsentscheidung und die jeweils bewilligte Leistung anknüpft, gerade nicht in Betracht.
Auch der Hinweis der Beklagte auf die Intention des Gesetzgebers bei Einführung der zusätzlichen Ausnahmeregelung in § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, mit der eine erleichterte Rücknahme bei bösgläubigen Leistungsbeziehern habe ermöglicht werden sollen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dieser erweiterten Ausnahmeregelung für eine rückwirkende Aufhebung von Leistungsbewilligungen nach mehr als zehn Jahren reagiert worden war auf die Kritik des Bundesrechnungshofes (BT-Drucksache 13/5700 S. 72 unter 26.4) an der Belassung von doppelt gezahlten Renten auch an unredliche Leistungsempfänger. Diese mussten bis zur Änderung des § 45 Abs. 3 SGB X durch Einfügung der Sätze 4 und 5 (mit Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (BGBl I S. 688) mit Wirkung zum 15.04.1998) eine zu Unrecht erhaltene doppelte Rente nach Ablauf von zehn Jahren nicht mehr zurückzahlen, auch wenn sie sich der Unrechtmäßigkeit der Rentenzahlungen bewusst waren. Der Gesetzgeber hat aber mit der gewählten Formulierung über eine "laufende Geldleistung" hinreichend deutlich gemacht, dass abgeschlossene Fälle von der Rücknahme nach Ablauf der Zehnjahresfrist nicht mehr erfasst werden sollen. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 13/10033 S. 20 zu Art. 5 Nr. 2). In diesen abgeschlossenen Fällen soll der unredliche Leistungsempfänger die ihm vom Gesetzgeber nach der materiellen Rechtslage nicht zugedachte Dauerleistung behalten dürfen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urt. v. 01.07.2010 - B 13 R 77/09 R - in Juris). Der Gesetzgeber hat sich damit aus Gründen der Rechtssicherheit für eine Vertrauensschutzregelung entschieden, nach der eine Rückforderung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Versicherte wegen des vollständig abgeschlossenen Leistungsfalles nicht mehr mit weiteren Maßnahmen des Versicherungsträgers rechnen muss. Dieses Verständnis der Norm trägt auch dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die zeitlich unbegrenzte Rücknahmemöglichkeit des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nach der Gesetzessystematik eine zweite erweiterte Ausnahme zum Grundsatz des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X darstellt, der eine Rücknahmeentscheidung zunächst nur innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe ermöglicht. Die zeitlich unbegrenzte Rücknahme nach Satz 4 muss daher auf die Fälle noch laufender Geldleistungen beschränkt bleiben und abgeschlossene Leistungsfälle unberührt lassen.
Ein derartiger abgeschlossener Leistungsfall liegt hier nach Auffassung des Senats vor. Bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handelt es sich um eine von der Regelaltersrente differente Leistung, für die unterschiedliche Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen müssen und zu prüfen sind. Die Gewährung der Regelaltersrente beruht auf einem erneuten Bewilligungsverfahren mit erneutem, wenn auch vereinfachtem Antrag. In diesem wurde auch nochmals nach der Durchführung eines Versorgungsausgleichs gefragt. Die Altersrente wurde von der Beklagten daher aufgrund einer neuen Verwaltungsentscheidung gewährt. Dies schließt es nach der Auffassung des Senates aus, die zuvor gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die Altersrente als einheitliche Geldleistung anzusehen.
Die Beendigung der Leistung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des 65. Lebensjahres beruht - wie ausgeführt - auf der gesetzlichen Regelung des § 43 Abs. 1 SGB VI. Einer gesonderten Entscheidung über die Beendigung dieser Rente bedurfte es nicht. Letztlich spricht schon allein dies für einen vollständig abgeschlossenen Leistungsfall im Sinne der Intention des Gesetzgebers und gegen die Annahme einer einheitlichen "laufenden" Geldleistung i.S.v. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X. Mit dem aufgrund der gesetzlichen Regelung eingetretenen Ende des Leistungsbezugs liegt jedenfalls auch kein vergleichbarer Fall vor, wie er dem Urteil des BSG vom 01.07.2010 (- B 13 R 77/09 R - in Juris) zugrunde lag. Dort wurde die Zahlung einer Witwenrente durch Verwaltungsentscheidung beendet, weil sich aufgrund der Einkommensverhältnisse des Begünstigten kein Zahlbetrag mehr ergab. Aufgrund des dagegen vom Begünstigten erhobenen Widerspruchs war diese Entscheidung zu dem Zeitpunkt, als der Versicherungsträger von der Wiederheirat des Begünstigten erfuhr und ein Rücknahmeverfahren einleitete, noch nicht bestandskräftig geworden, so dass nach dem BSG die Witwenrente zu diesem Zeitpunkt noch als gezahlt galt. Eine entsprechende Fiktion kommt bei dem hier durch Gesetz beendeten Leistungsfall nicht in Betracht.
Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch um die Rückforderung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die in der Zeit vom 19.11.1986 bis zum 31.01.2004 an den Vater der Kläger als deren Rechtsvorgänger gezahlt worden war.
Der 1939 geborene Vater der Kläger ist am 07.03.2012 verstorben. Die Kläger sind ausweislich des vom Notariat Sch. 4 ausgestellten Erbscheins vom 29.05.2012 seine Erben und treten als solche als Gesamtrechtsnachfolger in den Rechtsstreit ein.
Der Vater der Kläger (im Folgenden: der Kläger) beantragte nach einem Schlaganfall im August 1987 Versichertenrente. Die Rentenantragstellung erfolgte bei der Stadtverwaltung V.-Sch. (Rentenantrag vom 07.08.1987). Er gab an, seit 1980 geschieden zu sein. Die Frage unter Ziff. 9.3 ("Wurde eine Ehe nach dem 30.06.1977 aufgelöst und ist hierbei über den Versorgungsausgleich von Anwartschaften entschieden worden?") wurde mit "nein" beantwortet. Mit Bescheid vom 13.05.1988 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 19.11.1986. Ab Juli 1988 wurden monatlich 1.469,93 DM gezahlt.
Mit Bescheid vom 09.12.2003 wurde dem Kläger ab Februar 2004 eine Regelaltersrente gewährt (Zahlbetrag ab März 2004: 1.010,87 EUR). Zugrunde lag ein verkürzter Rentenantrag vom 15.10.2003. Hierin kreuzte der Kläger an, nicht verheiratet zu sein. Die Frage unter Ziffer 7.3 ("Wurde ein Versorgungsausgleich wegen Ehescheidung durchgeführt?") wurde nicht beantwortet.
Am 03.02.2006 erhielt die Beklagte Kenntnis, dass die frühere Ehefrau des Klägers einen Rentenantrag gestellt hatte. Die Daten zum Versorgungsausgleich wurden beigezogen. Daraus ergab sich, dass die Ehe durch das Familiengericht O. am 06.11.1980 (Rechtskraft am 10.02.1981) geschieden worden war. Ein Versorgungsausgleich war durchgeführt worden, der zu einer Übertragung einer Rentenanwartschaft von monatlich von 116,61 DM (59,62 EUR) auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt der Angestellten (BfA) geführt hatte.
Mit Schreiben vom 22.05.2006 wurde der Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der Bescheide vom 13.05.1988 und 09.12.2003 wegen fehlender Berücksichtigung des Malus aus dem Versorgungsausgleich und zu einer beabsichtigten Rückforderung in Höhe von 20.544,38 EUR angehört.
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 26.05.2006 Stellung und führte aus, die Daten über den Versorgungsausgleich seien dem Amtsgericht O. von der LVA K. mitgeteilt worden. Angaben über die vollzogene Scheidung müssten bei der LVA K. bzw. nach dem Wechsel bei der BfA vorgelegen haben.
Mit Bescheid vom 29.05.2006 wurde die Regelaltersrente unter Berücksichtigung eines Abzugs von 4,4279 Punkten als Auswirkung des Versorgungsausgleichs neu festgestellt (Zahlbetrag ab 01.07.2006 monatlich 902,19 EUR). Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Im Rentenbescheid vom 17.01.2007, mit dem noch eine Nachzahlung von Regelaltersrente für die Zeit vom 01.07.2006 bis 28.02.2007 in Höhe von 841,12 EUR gewährt wurde, führte die Beklagte in der Anlage 10 aus, der Aufhebungsbescheid vom 29.05.2006 werde aufgehoben, da die Aufhebung der am 20.05.1988 und 12.12.2003 erteilten Bescheide nicht nach § 48 SGB X sondern nach § 45 SGB X zu erfolgen habe, da sie von Anfang an rechtswidrig gewesen seien. Die Bescheide würden nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen, weil die Auswirkung des mit Rechtskraft vom 10.02.1981 durchgeführten Versorgungsausgleichs auf die Rentenleistung anzurechnen sei. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen hinsichtlich des Bestandes der Bescheide berufen. Er habe aufgrund des Urteils des Amtsgerichts O. wissen müssen, dass die Übertragung von Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto der früheren Ehefrau Einfluss auf seine Rente habe. Die potenzielle Rechtswidrigkeit der Bescheide sei ihm deshalb bekannt gewesen (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Die 10-Jahresfrist seit Erlass des Bescheides sei noch nicht abgelaufen. Die 1-Jahresfrist seit Kenntnis der Fehlerhaftigkeit sei ebenfalls noch nicht abgelaufen. Sie habe erst nach Ablauf des Anhörungsverfahrens begonnen. Über die Rücknahme sei nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden worden.
Mit Bescheid vom 21.05.2007 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit im Zeitraum vom 19.11.1986 bis zum 30.06.1992 neu fest und berechnete eine Überzahlung von 4.940,07 EUR für diesen Zeitraum. In der Anlage 10 wurde zur Begründung ausgeführt, die Rentenbescheide vom 13.05.1988 und 09.12.2003 in der Fassung vom 17.01.2007 würden hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 19.11.1986 und 01.02.2004 nach § 45 SGB X zurückgenommen. Die Überzahlung habe der Kläger zu erstatten. Der Kläger habe erkennen müssen, dass eine Umsetzung des Versorgungsausgleichs nicht erfolgt sei, da kein Abschlag vorgenommen worden sei. Die Rückforderung erfolge nur in Höhe eines Drittels der Forderungssumme (1.646,69 EUR), da ein überwiegendes Verschulden der BfA bzw. der DRV B. vorliege. Von einer Rückforderung könne nicht vollkommen Abstand genommen werden, da die unvollständigen Angaben des Klägers in den Rentenanträgen mindestens mitursächlich für die Überzahlung geworden seien.
Mit weiterem Bescheid vom 21.05.2007 stellte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 01.01.1992 bis zum 31.01.2004 neu fest und forderte eine Überzahlung von 4.241,87 EUR zurück.
Mit einem dritten Bescheid vom 21.05.2007 wurde die Regelaltersrente beginnend am 01.02.2004 neu festgestellt und ein Zahlbetrag in Höhe von 898,72 EUR ab dem 01.06.2007 errechnet. Für die Zeit vom 01.02.2004 bis zum 31.05.2007 wurde eine Überzahlung von 1.184,66 EUR zurückgefordert.
Der Kläger erhob gegen alle Bescheide vom 21.05.2007 Widerspruch und führte zur Begründung aus, die Angaben im Antrag vom 07.08.1987 habe nicht er gemacht, dieser sei von einem Mitarbeiter der Stadt V.-Sch. ausgefüllt worden. Dies sei ihm nicht zuzurechnen. Im verkürzten Antrag vom 15.10.2003 habe er wahrheitsgemäß "nicht verheiratet" angekreuzt. Eine Möglichkeit, "geschieden" anzukreuzen, habe es nicht gegeben. Infolge des Scheidungsurteils des Amtsgerichts O. habe die Kenntnis des Versicherungsträgers vom Versorgungsausgleich vorgelegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 14.04.2008 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben und sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Mit Urteil vom 24.08.2010 hob das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten vom 21.05.2007 wegen Neufeststellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 19.11.1986 bis zum 31.01.2004 und wegen Rückforderung von 1.646,69 EUR und 4.241,87 EUR in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2008 auf und wies die Klage im Übrigen ab. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen über Rente würden nur hinsichtlich der Altersrente vorliegen. Die Bescheide vom 13.05.1988 und vom 09.12.2003 in der Fassung des Bescheids vom 17.01.2007 seien rechtswidrig gewesen, da der Abzug aus dem Versorgungsausgleich nach der Ehescheidung vom 06.11.1980 nicht berücksichtigt worden sei. Gemäß § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) dürfe ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt habe (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig sei, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung könne gemäß Abs. 3 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe könne ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung zurückgenommen werden, wenn er auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen falschen Angaben beruht habe oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit gekannt oder wegen grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Nach Abs. 4 könne in den Fällen des S. 3 ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt worden sei. Bezüglich der rückwirkenden Aufhebung der Altersrente seien die Fristen des § 45 SGB X eingehalten. Hinsichtlich der teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente sei die 10-Jahresfrist hingegen überschritten. Die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente habe mit Ablauf des 65. Lebensjahrs und mit Beginn der Altersrente geendet. Nach dem Abschluss des ersten Leistungsfalls der Erwerbsunfähigkeit und der Beendigung der Gewährung der Rente aus diesem Leistungsgrund habe der Kläger nicht mehr mit einer Aufhebung der Erstentscheidung durch die Beklagte rechnen müssen. Sinn und Zweck der Regelung des Satzes 4 sei es, bei Perpetuierung des Unrechts bis in die Gegenwart durch fortdauernden unrechtmäßigen Empfang von nicht zustehenden Zahlungen eine erweiterte (verschärfte) Rücknahmemöglichkeit zu schaffen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 03.06.2009, Az. L 8 R 2 10/08). Der Begriff der "Zahlung" in § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X sei so auszulegen, dass das sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Rentenstammrecht zum Zeitpunkt der Aufhebung noch bestehen müsse und dieser Bescheid sich auch noch nicht im Sinne eines Abschlusses des Leistungsfalls erledigt haben dürfe. In der Gesetzesbegründung sei darauf abgestellt worden, ob es sich um "abgeschlossene Fälle" handele. § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X sei als Vertrauensschutzregelung zu bewerten, die eine Rückforderung dann ausschließen solle, wenn der Versicherte wegen des zwischenzeitlichen vollständigen Abschlusses des Leistungsfalles nicht mehr mit weiteren Maßnahmen der Rentenversicherung habe rechnen müssen. Erwerbsunfähigkeitsrente sei zu Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme nicht mehr gewährt worden. Der Kläger habe Altersrente bezogen und damit Rente aus einer anderen Rechtsgrundlage. Der Gewährung der Altersrente habe eine (verkürzte ) Antragstellung und Bescheidung zugrunde gelegen. Die Aufhebungsbescheide bezüglich der Leistung von Erwerbsunfähigkeitsrente seien damit nicht fristgerecht erfolgt.
Gegen das ihr am 10.09.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.10.2010 Berufung eingelegt. Das Urteil des Sozialgerichts könne nicht überzeugen. Es begründe seine Entscheidung damit, dass bei der Rücknahme des Bescheides über die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 13.05.1988 die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nicht vorgelegen hätten, weil die Erwerbsunfähigkeitsrente nur bis zum 31.01.2004 gezahlt, das Verwaltungsverfahren zur Rücknahme des Bescheides vom 13.05.1988 jedoch erst im Jahre 2006 eingeleitet worden sei, die Erwerbsunfähigkeitsrente also nicht zum Beginn des Verwaltungsverfahrens gezahlt worden sei. Dieser Auffassung werde nicht gefolgt. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X ermögliche die Rücknahme eines fehlerhaft begünstigenden Verwaltungsaktes über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X. Das Sozialgericht habe diese Regelung mit Blick auf die Entstehungsgeschichte und die gesetzgeberische Intention der Regelung nicht rechtskonform ausgelegt. Der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X liege die Forderung des Bundesrechnungshofes zugrunde, unredliche Leistungsbezieher im Rahmen der Fristenregelung des § 45 Abs. 3 SGB X nicht zu begünstigen (BT-Drucks. 13/5700, S. 70 ff). Nach der damaligen Einschätzung des Bundesrechnungshofes sei es vor allem den Beitragszahlern, die die Überzahlung letztlich finanzieren müssten, kaum zu vermitteln, dass unredliche Rentner allein wegen des Ablaufs einer Frist von der Erstattungspflicht entbunden seien. Der Gesetzgeber habe diese Forderung des Bundesrechnungshofes aufgegriffen, jedoch mit der Einschränkung versehen, dass die erweiterte Rücknahmemöglichkeit allein für noch nicht abgeschlossene Fälle der Zahlung von Geldleistungen gelten solle. In der Gesetzesbegründung zu § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X (BT-Drucks. 13/10033, S. 20) heiße es hierzu: "Die Neuregelung lässt eine Rücknahme auch nach Ablauf von zehn Jahren zu, begrenzt die Rücknahme aber auf laufende Geldleistungen. Abgeschlossene Fälle werden nicht erfasst." Mit der Beschränkung der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X auf noch nicht abgeschlossene Fälle habe der Gesetzgeber also das Ziel verfolgt, dass (nur) in den Fällen, in denen der unrechtmäßige Geldleistungsbezug nicht mehr laufend andauere, sondern bereits vor Beginn des Rücknahmeverfahrens geendet habe, nach Ablauf von zehn Jahren dauerhafter Rechtsfriede herrschen solle. Eine derartige Situation sei aber im vorliegenden Streitfall nicht gegeben. Der Kläger habe seit dem 19.11.1986 bis in das Jahr 2006 - also auch noch zu Beginn des Rücknahmeverfahrens - durchgehend Rente bezogen, bei der ein zu seinen Lasten durchgeführter Versorgungsausgleich zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. In dieser Situation müsse nach Sinn und Zweck der Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X von einer einheitlichen, durchgängig gezahlten Geldleistung ausgegangen werden. Der Umstand, dass die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nur bis zum 31.01.2004 gezahlt worden sei, müsse in Anbetracht des nahtlosen Übergangs in eine Regelaltersrente und der durchgehend aus demselben Grund gegebenen Unrechtmäßigkeit des Geldleistungsbezuges (Nichtberücksichtigung des Malus aus dem Versorgungsausgleich) unbeachtlich sein. So sei der Umstand, dass eine Erwerbsunfähigkeitsrente längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt werde, nach der Gesetzesbegründung des § 44 SGB VI (BT-Drucks. 11/4124 S. 163) ohnehin nur darauf zurückzuführen, dass ab dem 65. Lebensjahr nur noch Renten wegen Alters und nicht auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geleistet werden sollten. Insofern müssten die beiden Rentenansprüche des Klägers (Erwerbsunfähigkeitsrente und Regelaltersrente) als eine Geldleistung im Sinne des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X gewertet werden. Das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen sei daher nicht überzeugend.
Die Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24.08.2010 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Rente wegen Erwerbsminderung und Altersrente seien nicht als "eine Geldleistung" anzusehen.
Der Senat hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2012 darauf hingewiesen, dass die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von Gesetzes wegen mit dem 65. Lebensjahr geendet hat und der Zahlung der Regelaltersrente eine erneute Verwaltungsentscheidung zugrunde liegt. Diese stehe nach Auffassung des Senats einer Betrachtung beider Renten als einheitliche Geldleistung im Sinne von § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X entgegen. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs. 4 SGG in Erwägung gezogen werde.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.11.2012 nochmals darauf hingewiesen, dass es das erklärte Ziel des § 45 Abs. 3 SGB X sei, einen Bestandsschutz nach Ablauf der zehnjährigen Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X bei unredlichen Leistungsbeziehern nicht eintreten zu lassen. Mit Blick auf diese Intention des Gesetzgebers könne dem Umstand, dass dem verstorbenen Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres anstelle der Erwerbsminderungsrente einer Regelaltersrente zu leisten gewesen sei und hierüber eine erneute Verwaltungsentscheidung habe ergehen müssen, keine entscheidende Bedeutung zukommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Einwände gegen diese Verfahrensweise sind nicht erhoben worden. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 20.11.2012 ihre Rechtsauffassung lediglich erneut bekräftigt. Dies gab dem Senat keine Veranlassung, von der angekündigten Verfahrensweise Abstand zu nehmen.
Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind allein die Bescheide vom 21.05.2007, mit denen die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit teilweise aufgehoben und die insoweit geleisteten Rentenzahlung - teilweise - zurückgefordert wurden (Rückforderungsbeträge von 1.646,69 EUR und 4.241,87 EUR). Das Sozialgericht hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die entsprechenden Regelungen aufgehoben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Soweit sich die Klage auch gegen die teilweise Aufhebung und Rückforderung von Altersrente gerichtet hatte, wurde sie vom Sozialgericht abgewiesen und Berufung dagegen nicht eingelegt.
Das Sozialgericht hat die Bescheide vom 21.05.2007 über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die darauf beruhenden Rückforderungen geleisteter Rentenzahlungen zu Recht aufgehoben. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass hinsichtlich der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Fristenregelungen des § 45 Abs. 3 SGB X einer Rücknahme der Rentenbewilligung entgegenstehen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Nach Absatz 3 kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn 1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder 2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde. In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird. In Absatz 4 ist geregelt, dass nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei dem Bewilligungsbescheid vom 13.05.1988, mit dem die BfA als Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ab dem 19.11.1986 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt hat, um einen teilweise rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, und dass der Kläger aufgrund seiner unzutreffenden Angabe im Rentenantrag zur Frage nach dem Versorgungsausgleich keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann. Grundsätzlich würden damit zwar die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme der Bewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit (Abs. 4 Satz 1) vorliegen.
Anders als die Beklagte meint, steht die Fristenregelung des § 45 Abs. 3 SGB X aber der Rücknahme der Bewilligungsentscheidung entgegen. Diese Regelung geht zunächst von einer Rücknahme innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der Bekanntgabe aus, sofern nicht Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO vorliegen. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Nach Satz 2 wird von der Zweijahresfrist eine Ausnahme gemacht für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, wenn ihr Erlass auf vorsätzlichen oder grob fahrlässigen falschen Angaben des Begünstigten beruhte, er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakte kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, oder wenn der Widerruf vorbehalten war. In diesen Fällen ist eine Rücknahme noch innerhalb von zehn Jahren seit der Bekanntgabe möglich. Diese Frist war für den Bewilligungsbescheid vom 13.05.1988 im Mai 1998 abgelaufen.
Die Beklagte beruft sich deshalb für die mit Bescheiden vom 21.05.2007 nach Ablauf der Zehnjahresfrist vorgenommene Rücknahme auf die Regelung des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, wonach nach Ablauf dieser Frist ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung zurückgenommen werden kann, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. Die Anwendung dieser weiteren Ausnahmeregelung als Grundlage für eine rückwirkende Aufhebung einer Leistungsbewilligung ist nicht bereits nach § 45 Abs. 3 Satz 5 SGB X ausgeschlossen. Der darin vorgesehene Stichtag des 15.04.1998 für den Ablauf der Zehnjahresfrist, der eine Rücknahme für die Vergangenheit ausgeschlossen hätte, war für den Bescheid vom 13.05.1988 nicht maßgeblich, die Zehnjahresfrist war erst danach (im Mai 1998) abgelaufen. Hingegen hatte das Verwaltungsverfahren über die Rücknahme der Rentenzahlungen an den Kläger mit der Kenntnis der Beklagten von den eingetretenen Überzahlungen aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs bei der Berechnung der Renten des Klägers begonnen. Diese Kenntnis erlangte die Beklagte erst am 03.02.2006 durch eine Mitteilung über den Rentenantrag der geschiedenen Ehefrau des Klägers. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mehr an den Kläger gezahlt, da er im Januar 2004 das 65. Lebensjahr vollendet und ab dem 01.02.2004 Regelaltersrente bezogen hatte. Die mit Bescheid vom 13.05.1988 bewilligte Geldleistung wurde daher am 03.02.2006 nicht mehr gezahlt, so dass deshalb die Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nicht vorliegen und eine Rücknahme nach Ablauf der Zehnjahresfrist ausscheidet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt auch aus dem Umstand, dass sich an die Zahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Zahlung der Regelaltersrente unmittelbar anschloss, nicht anderes. Der Senat geht - wie bereits das Sozialgericht - insoweit nicht von einer einheitlichen Geldleistung aus. Auch wenn die Gewährung der Altersrente sich in zeitlicher Hinsicht nahtlos an die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die von Gesetzes wegen nicht über das 65. Lebensjahr hinaus gewährt werden darf, angeschlossen hat, so liegt der Zahlung der Altersrente eine erneute Verwaltungsentscheidung zugrunde, die - wenn auch in einem verkürzten Antragsverfahren - eine erneute Prüfung des Rentenanspruchs voraus setzt, und zwar sogar einschließlich der erneut gestellten Frage nach einem Versorgungsausgleich. Die Zahlung der Altersrente knüpft daher nicht an die Bewilligungsentscheidung vom 13.05.1988 an, sondern beruht auf einer eigenständigen Verwaltungsentscheidung, deren - teilweise - Rücknahme das Sozialgericht zu Recht nicht beanstandet hat. Eine einheitliche Betrachtung beider Renten als einheitliche Geldleistung kommt deshalb nach der Systematik des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, der für die Bestimmung der Zehn-Jahresfrist an die jeweilige Verwaltungsentscheidung und die jeweils bewilligte Leistung anknüpft, gerade nicht in Betracht.
Auch der Hinweis der Beklagte auf die Intention des Gesetzgebers bei Einführung der zusätzlichen Ausnahmeregelung in § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X, mit der eine erleichterte Rücknahme bei bösgläubigen Leistungsbeziehern habe ermöglicht werden sollen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dieser erweiterten Ausnahmeregelung für eine rückwirkende Aufhebung von Leistungsbewilligungen nach mehr als zehn Jahren reagiert worden war auf die Kritik des Bundesrechnungshofes (BT-Drucksache 13/5700 S. 72 unter 26.4) an der Belassung von doppelt gezahlten Renten auch an unredliche Leistungsempfänger. Diese mussten bis zur Änderung des § 45 Abs. 3 SGB X durch Einfügung der Sätze 4 und 5 (mit Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (BGBl I S. 688) mit Wirkung zum 15.04.1998) eine zu Unrecht erhaltene doppelte Rente nach Ablauf von zehn Jahren nicht mehr zurückzahlen, auch wenn sie sich der Unrechtmäßigkeit der Rentenzahlungen bewusst waren. Der Gesetzgeber hat aber mit der gewählten Formulierung über eine "laufende Geldleistung" hinreichend deutlich gemacht, dass abgeschlossene Fälle von der Rücknahme nach Ablauf der Zehnjahresfrist nicht mehr erfasst werden sollen. Dies ergibt sich auch eindeutig aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 13/10033 S. 20 zu Art. 5 Nr. 2). In diesen abgeschlossenen Fällen soll der unredliche Leistungsempfänger die ihm vom Gesetzgeber nach der materiellen Rechtslage nicht zugedachte Dauerleistung behalten dürfen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urt. v. 01.07.2010 - B 13 R 77/09 R - in Juris). Der Gesetzgeber hat sich damit aus Gründen der Rechtssicherheit für eine Vertrauensschutzregelung entschieden, nach der eine Rückforderung jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Versicherte wegen des vollständig abgeschlossenen Leistungsfalles nicht mehr mit weiteren Maßnahmen des Versicherungsträgers rechnen muss. Dieses Verständnis der Norm trägt auch dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die zeitlich unbegrenzte Rücknahmemöglichkeit des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X nach der Gesetzessystematik eine zweite erweiterte Ausnahme zum Grundsatz des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X darstellt, der eine Rücknahmeentscheidung zunächst nur innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe ermöglicht. Die zeitlich unbegrenzte Rücknahme nach Satz 4 muss daher auf die Fälle noch laufender Geldleistungen beschränkt bleiben und abgeschlossene Leistungsfälle unberührt lassen.
Ein derartiger abgeschlossener Leistungsfall liegt hier nach Auffassung des Senats vor. Bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handelt es sich um eine von der Regelaltersrente differente Leistung, für die unterschiedliche Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen müssen und zu prüfen sind. Die Gewährung der Regelaltersrente beruht auf einem erneuten Bewilligungsverfahren mit erneutem, wenn auch vereinfachtem Antrag. In diesem wurde auch nochmals nach der Durchführung eines Versorgungsausgleichs gefragt. Die Altersrente wurde von der Beklagten daher aufgrund einer neuen Verwaltungsentscheidung gewährt. Dies schließt es nach der Auffassung des Senates aus, die zuvor gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die Altersrente als einheitliche Geldleistung anzusehen.
Die Beendigung der Leistung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Ablauf des 65. Lebensjahres beruht - wie ausgeführt - auf der gesetzlichen Regelung des § 43 Abs. 1 SGB VI. Einer gesonderten Entscheidung über die Beendigung dieser Rente bedurfte es nicht. Letztlich spricht schon allein dies für einen vollständig abgeschlossenen Leistungsfall im Sinne der Intention des Gesetzgebers und gegen die Annahme einer einheitlichen "laufenden" Geldleistung i.S.v. § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X. Mit dem aufgrund der gesetzlichen Regelung eingetretenen Ende des Leistungsbezugs liegt jedenfalls auch kein vergleichbarer Fall vor, wie er dem Urteil des BSG vom 01.07.2010 (- B 13 R 77/09 R - in Juris) zugrunde lag. Dort wurde die Zahlung einer Witwenrente durch Verwaltungsentscheidung beendet, weil sich aufgrund der Einkommensverhältnisse des Begünstigten kein Zahlbetrag mehr ergab. Aufgrund des dagegen vom Begünstigten erhobenen Widerspruchs war diese Entscheidung zu dem Zeitpunkt, als der Versicherungsträger von der Wiederheirat des Begünstigten erfuhr und ein Rücknahmeverfahren einleitete, noch nicht bestandskräftig geworden, so dass nach dem BSG die Witwenrente zu diesem Zeitpunkt noch als gezahlt galt. Eine entsprechende Fiktion kommt bei dem hier durch Gesetz beendeten Leistungsfall nicht in Betracht.
Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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