L 8 AL 2716/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 7005/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 2716/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen den Eintritt einer Sperrzeit von drei Wochen wegen Arbeitsaufgabe.

Die Klägerin war in der Zeit vom 25.05.2010 bis 02.09.2011 als Maschinenbedienerin bei der Firma M. P. GmbH beschäftigt (Arbeitsbescheinigung vom 12.09.2011). Am 02.09.2011 schloss die Klägerin einen Aufhebungsvertrag mit der M. GmbH zum gleichen Datum, um eine arbeitgeberseitige Kündigung zum 30.09.2011 zu vermeiden. Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart einigten sie sich am 24.10.2011 vergleichsweise auf die Beendigung zum 02.09.2011 und eine Abfindung von 800 EUR brutto (Protokoll vom 24.10.2011).

Am 05.09.2011 meldete die Klägerin sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 03.09.2011. Mit Bescheid vom 15.09.2011 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 03. bis 23.09.2011 fest. In dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Anspruchsdauer mindere sich um 21 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 15.09.2011 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 24.09.2011 in Höhe von 18,98 EUR täglich für die Zeit bis 30.09.2011 und von 26,05 EUR täglich ab 01.10.2011 (Wechsel von Lohnsteuerklasse V zu III). Mit Bescheid vom 11.11.2011 stellte die Beklagte außerdem das Ruhen des Anspruchs für die Zeit vom 03. bis 08.09.2011 wegen der Gewährung einer Entlassungsentschädigung fest. Am 10.11.2011 nahm die Klägerin eine Beschäftigung auf.

Gegen den Sperrzeitbescheid vom 15.09.2011 erhob die Klägerin am 21.09.2011 Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, der Arbeitgeber habe sie arglistig getäuscht, denn er habe ihr gesagt, dass ihre Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag keine arbeitslosenversicherungsrechtlichen Auswirkungen habe. Sie sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 13.12.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte. Wegen des Verhaltens des Arbeitgebers habe sie den Verlust des Arbeitsplatzes nicht verschuldet.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.05.2012 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass die Beklagte die Sperrzeit von drei Wochen zu Recht festgestellt habe, weil das Arbeitsverhältnis durch Abschluss des Aufhebungsvertrags beendet worden sei. Ein wichtiger Grund stehe der Klägerin dafür nicht zur Seite, denn eine ordnungsgemäße betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers habe nicht zum 02.09.2011 sondern erst zum 30.09.2011 gedroht. Sprachschwierigkeiten der Klägerin bedingten ebenfalls keinen wichtigen Grund. Die Dauer der Sperrzeit sei ordnungsgemäß berechnet, ihr Beginn zutreffend festgestellt. Die Berufung sei zulässig, weil bei der Bestimmung des Beschwerdewerts auch die Minderung der Anspruchsdauer zu berücksichtigen sei.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 25.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25.06.2012 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt.

Auf Hinweis der Berichterstatterin zur möglichen Unzulässigkeit der Berufung wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts von 750 EUR führt sie aus, die Berufung sei zulässig, weil nicht nur der auf die Sperrzeit entfallende Teil des Arbeitslosengelds für die Berechnung des Beschwerdewerts heranzuziehen sei, sondern auch die Minderung der Anspruchsdauer zu berücksichtigen sei. Außerdem sei es unzulässig, aufgrund desselben Sachverhalts sowohl einen Sperrzeit- als auch einen Ruhensbescheid zu erlassen, da sie damit zweifach sanktioniert werde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.05.2012 sowie den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 15.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bewilligungsbescheid vom 15.09.2011 abzuändern und Arbeitslosengeld für die Zeit vom 03. bis 23.09.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass der Beschwerdewert von 750 EUR nicht erreicht sei, weil Arbeitslosengeld von 21 Tagen mit je 18,98 EUR pro Tag (Gesamt: 398,58 EUR) im Streit sei.

Betreffend die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgarts sowie die beim Senat angefallene Akte.

II.

Der Senat hat in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens gem. § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die unstatthafte Berufung durch Beschluss entscheiden können, denn eine mündliche Verhandlung war nach dem schriftlichen Vorbringen der Klägerin nicht erforderlich. Auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 158 SGG ist nicht gesondert hinzuweisen, denn eine Anhörungsmitteilung ist in § 158 SGG, anders als in vergleichbaren Regelungen (§§ 105 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 4 Satz 2 SGG), nicht vorgesehen. Die Klägerin wurde durch die Berichterstatterin mit Schreiben vom 11.10.2012 und durch die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung auf die mögliche Unzulässigkeit ihrer Berufung hingewiesen und hat von ihrer Gelegenheit zur Stellungnahme auch in ihrer Berufungsbegründung Gebrauch gemacht. Sie wurde mit Schreiben vom 18.03.2013 über die Absicht, über die Berufung nach § 158 SGG durch Beschluss zu entscheiden, informiert. Obwohl der Rechtsanwalt der Klägerin das beigefügte Empfangsbekenntnis nicht zurückgeschickt hat, steht fest, dass er das Schreiben der Berichterstatterin vom 18.03.2013 erhalten hat, denn er hat darauf mit Fax vom 10.04.2013 geantwortet und erneut zur Zulässigkeit der Berufung Stellung genommen.

Die am 25.06.2012 frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 750 EUR nicht erreicht ist. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.

Die Berufung der Klägerin betrifft eine Geldleistung von 18,98 EUR täglich, d.h. allein für die Sperrzeit von insgesamt 398,58 EUR. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.2011 zusätzlich das Ruhen des Anspruchs bis 08.09.2011 wegen Gewährung einer Entlassungsentschädigung festgestellt hat und dieser Bescheid - soweit erkennbar - von der Klägerin nicht angefochten wurde. Das bedeutet, dass der Klägerin auch bei Obsiegen im hiesigen Rechtsstreit für die Zeit vom 03. bis 08.09.2011 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehen kann, weil der Anspruch anderweitig ruht. Damit reduziert sich der Wert des Beschwerdegegenstands um weitere 6 Tage x 18,98 EUR (113,88 EUR). Auch darauf hat die Berichterstatterin in den Schreiben vom 11.10.2012 und 18.03.2013 bereits hingewiesen. Sofern die Klägerin nunmehr vorträgt, dass es nicht zulässig sei, sie wegen desselben Sachverhalts doppelt zu sanktionieren, macht sie in der Sache Einwendungen gegen den bestandskräftigen Ruhensbescheid vom 11.11.2011 geltend, der hier nicht Streitgegenstand ist.

Der Beschwerdewert von 398,98 EUR (bzw. 285,10 EUR) wird durch die Minderung der Anspruchsdauer um 21 Tage nicht erhöht. Der Zeitraum der festgestellten Sperrzeit und die Kürzung des Anspruchs betreffen in der Regel und auch hier den gleichen wirtschaftlichen Wert, nämlich den Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld für 21 Tage. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 10.10.2011 - L 8 AL 2863/11 NZB, Urteil vom 25.05.2012 - L 8 AL 1285/11, unveröffentlicht) und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der sonstige Folgewirkungen der Sperrzeit außer Betracht bleiben (BSG, Beschluss vom 31.01.2006 - B 11a AL 177/05 B, SozR 4-1500 § 144 Nr. 3).

Das SG hat die Berufung im Gerichtsbescheid vom 25.05.2012 auch nicht zugelassen. Nach seiner Begründung ging es von einer Zulässigkeit der Berufung ohne gesonderte Zulassung aus, weil es der Auffassung war, dass der Beschwerdewert von 750 EUR überschritten war. Eine Zulassung der nach Auffassung des Senats unzulässigen Berufung ist daraus nicht abzuleiten.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen. Es bleibt der Klägerin unbenommen, die bei unzulässiger Berufung gegen einen Gerichtsbescheid innerhalb der Frist des § 66 Abs. 2 SGG möglichen Rechtsbehelfe einzulegen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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