L 5 KR 4004/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 4999/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4004/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.8.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Krankengeld über den 11.3.2010 hinaus bis 18.10.2010.

Der 1948 geborene Kläger stand bis 31.12.2009 in einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis und war deswegen pflichtversichertes Mitglied der Beklagten; seine Ehefrau ist ebenfalls Mitglied der Beklagten. Am 9.12.2009 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Nachdem Dr. M. erstmals eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit den Diagnosen Schlafstörung und depressive Episode ausgestellt hatte, bezog der Kläger vom 1.1.2010 bis 10.3.2010 Krankengeld i. H. v. 54,10 EUR täglich.

Unter dem 5.1.2010 teilte Dr. M. der Beklagten mit, der Kläger sei wegen Lumboischialgie, einem Zervikalsyndrom und einem depressiven Syndrom (weiterhin) arbeitsunfähig. Der von der Beklagten befragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg (Stellungnahme Dr. Sch.) führte unter dem 18.1.2010 aus, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sollten möglich sein. Dr. M. erhob Widerspruch, worauf der MDK unter dem 25.1.2010 fortdauernde Arbeitsfähigkeit annahm.

Mit Auszahlungsscheinen vom 20.1.2010, 1.2.2010 und 19.2.2010 stellte Dr. M. Arbeitsunfähigkeit bis 31.1.2010 bzw. 19.2.2010 und 10.3.2010 fest.

Am 1.2.2010 erläuterte die Beklagte dem Kläger telefonisch die Rechtsprechung des BSG zur Weitergewährung von Krankengeld bei abschnittsweiser Bewilligung und zur Notwendigkeit, rechtzeitig ärztliche Folgebescheinigungen ausstellen zu lassen.

Am 11.3.2010 ging bei der Beklagten ein (weiterer) Auszahlungsschein des Dr. M. vom gleichen Tag ein, in dem Arbeitsunfähigkeit bis 6.4.2010 bescheinigt ist.

Unter dem 12.3.2010 teilte der Neurologe und Psychiater Dr. T. der Beklagten mit, der Kläger habe sich der Arbeitsverwaltung zur Vermittlung in Arbeit für 2 Stunden pro Woche zur Verfügung gestellt und könne leichte Tätigkeiten in diesem Umfang verrichten.

Mit Bescheid vom 12.3.2010 setzte die Beklagte das Ende der Krankengeldzahlung auf den 10.3.2010 fest. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) entstehe der Anspruch auf Krankengeld am Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Für die Zahlung von Krankengeld sei das an diesem Tag bestehende Versicherungsverhältnis maßgeblich. Im Auszahlungsschein vom 19.2.2010 sei Arbeitsunfähigkeit bis 10.3.2010 bescheinigt. Man habe dem Kläger am 1.2.2010 telefonisch mitgeteilt, er sei deswegen bis 10.3.2010 krankenversichert; das Versicherungsverhältnis dauere über diesen Tag hinaus nur dann fort, wenn ein weiterer Arztbesuch bis 10.3.2010 stattfinde und ein Auszahlungsschein für Krankengeld ausgestellt werde. Das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit sei jedoch erst am 11.3.2010 bescheinigt worden, weshalb das Versicherungsverhältnis am 12.3.2010 maßgeblich sei; an diesem Tag habe eine Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch aber nicht mehr bestanden. Zur Vermeidung weiterer Nachteile möge sich der Kläger unverzüglich bei der Arbeitsverwaltung melden.

Unter dem 18.3.2010 teilte Dr. M. der Beklagten mit, der Kläger sei wegen psychosomatischer Beschwerden und Zervikobrachialgie weiterhin arbeitsunfähig.

Zur Begründung des gegen die Einstellung der Krankengeldzahlung erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, bei dem Telefongespräch vom 1.2.2010 sei ihm erklärt worden, wenn er bis zu einem Freitag krankgeschrieben sei, müsse er sich auch bis zu dem Freitag einen weiteren Auszahlungsschein ausstellen lassen. Wenn er hingegen erst am folgenden Montag zum Arzt gehe, sei es zu spät, weil die Versicherung dann am Freitag ende und er keinen Anspruch auf Krankengeld mehr habe. Ihm sei nicht klar gewesen, dass diese Regelung auch für Werktage gelte. Bei dem Arzttermin am 19.2.2010 sei der Auszahlungsschein bis 10.3.2010 ausgestellt und ein neuer Arzttermin (erst) auf den 11.3.2010 vereinbart worden. Um die versicherungsrechtlichen Folgen für den Krankengeldanspruch hätten er und Dr. M. nicht gewusst.

Weitere Auszahlungsscheine für Krankengeld wurden in der Folgezeit bis 20.10.2010 ausgestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.7.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 13.8.2010 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhob. Er trug vor, die Beklagte habe über den 20.1.2010 hinaus Krankengeld gezahlt, obwohl er nur bis 19.1.2010 krankgeschrieben gewesen und die Folgebescheinigung erst am 20.1.2010 ausgestellt worden sei. Da die Beklagte dies akzeptiert habe, habe er angenommen, es genüge, wenn er nach Krankschreibung bis 10.3.2010 erst wieder am 11.3.2010 zum Arzt gehe. Man habe ihn am 1.2.2010 nicht telefonisch darüber belehrt, dass die Mitgliedschaft am 10.3.2010 enden werde; seinerzeit sei noch gar nicht absehbar gewesen, dass er (nur) bis 10.3.2010 krankgeschrieben werde.

Am 19.10.2010 führte das Sozialgericht eine Erörterungsverhandlung durch und vernahm die Mitarbeiterin der Beklagten St. als Zeugin. Diese gab an, sie könne sich an das Telefongespräch mit dem Kläger noch erinnern. Sie habe ihm erklärt, wenn im Auszahlungsschein Arbeitsunfähigkeit bis zu einem bestimmten Datum bescheinigt werde, müsse der nächste Auszahlungsschein dann spätestens an diesem Datum ausgestellt werden. Sie habe ihm auch ein Beispiel - bezogen auf ein Wochenende - gegeben, und erläutert, dass es nicht genüge, am Montag zum Arzt zu gehen, wenn der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit auf den Sonntag falle; dann müsse der Arzt (je nach Sprechzeit) ggf. schon am Freitag aufgesucht werden. Sie habe sich mit dem Kläger auf Deutsch unterhalten und den Eindruck gehabt, dass er sie verstanden habe. Der Kläger gab an, er habe die Erläuterungen der Zeugin St. zwar verstanden, ihm sei aber nicht klar gewesen, dass diese auch für Werktage gelten.

Mit Schreiben vom 26.10.2010 teilte die Agentur für Arbeit E. mit, der Kläger habe sich am 28.9.2010 arbeitssuchend gemeldet und Leistungen beantragt. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei bei ihr am 7.1.2010 abgegeben worden. Der Kläger beziehe Arbeitslosengeld I seit 19.10.2010 (Anspruchsdauer voraussichtlich bis 17.10.2012).

Der Kläger trug hierzu vor, er sei sich sicher, die Agentur für Arbeit auch schon vor Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgesucht zu haben. Er habe dort nochmals nachgefragt, worauf festgestellt worden sei, dass er am 28.9.2009, 17.11.2009 und 3.12.2009 vorgesprochen und sich arbeitslos gemeldet habe. Am 9.12.2009 sei er zunächst bis 5.1.2010 krankgeschrieben worden, worauf er am 7.1.2010 eine weitere Krankmeldung bei der Arbeitsagentur eingereicht habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.8.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, für die Zeit ab 11.3.2010 fehle es an einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung; die letzte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19.2.2010 habe das (voraussichtliche) Ende der Arbeitsunfähigkeit auf den 10.3.2010 festgelegt. Nachdem eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorgelegt worden sei, ruhe ein etwaiger Krankengeldanspruch gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Ein Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rückwirkend nachgeholt werden könne, liege nicht vor. Insbesondere sei der Kläger nicht wegen Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit daran gehindert gewesen, das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des unter dem 19.2.2010 bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraums unverzüglich feststellen zu lassen. Ein der Beklagten zurechenbares Fehlverhalten des Vertragsarztes (Dr. M.) liege nicht vor, auch wenn dieser und der Kläger angenommen hätten, es genüge, die Folgebescheinigung am Tag nach Ablauf des letzten Arbeitsunfähigkeitszeitraums auszustellen. Der Kläger sei über seine Obliegenheiten ausreichend unterrichtet gewesen; das gehe aus den Angaben der Zeugin St. hervor. Am 12.3.2010 (Tag nach der erneuten Feststellung von Arbeitsunfähigkeit) sei der Kläger familienversichert gewesen und habe einen Anspruch auf Krankengeld daher nicht mehr gehabt.

Auf den ihm am 30.8.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20.9.2012 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, Arbeitsunfähigkeit sei bis 10.3.2010 und auch ab 11.3.2010 ärztlich nachgewiesen; die Lücke am 11.3.2010 sei konstruiert und könne ihm nicht vorgeworfen werden. Missbrauch oder Beweisschwierigkeiten für die Beklagte hätten deswegen nicht gedroht. Er sei über seine Obliegenheiten nicht hinreichend informiert gewesen. Aufgrund des Gesamtbilds könne nicht davon ausgegangen werden, dass er Sinn und Logik der Erläuterungen der Zeugin St. verstanden habe. Dr. M. habe ihm den Folgetermin am 11.3.2010 gegeben. Außerdem sei er Ausländer mit mangelhaften Sprachkenntnissen und seine Erkrankungen (Schlafstörungen mit depressiver Episode) hätten sich negativ auf Konzentration und Aufnahmefähigkeit ausgewirkt. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei verletzt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27.8.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.7.2010 zu verurteilen, ihm Krankengeld über den 10.3.2010 hinaus bis 18.10.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Vertreter beider Beteiligten haben gegenüber dem Gericht zu Protokoll erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei mit der Berufung begehrtem Krankengeld in Höhe von 54,10 EUR für die Zeit vom 11.3. bis 18.10.2010 bei weitem überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Dem Kläger steht Krankengeld über den 11.3.2010 hinaus nicht zu.

I. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) die nach § 10 SGB V Versicherten; das sind Personen in der Zeit, für die sie über die Familienversicherung mitversichert sind.

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs, außerhalb von Krankenhausbehandlungen oder von Behandlungen in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung also der Tag, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; vgl. auch BSG, Urt. v. 10.5.2012, - B 1 KR 19/11 R - und - B 1 KR 20/11 R -). Die aufgrund der Ausübung einer Beschäftigung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V Versicherten, die im maßgeblichen Zeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) stehen (zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses Senatsurteil vom 3.8.2011, -L 5 KR 1056/10 -) und einen Arbeitsplatz innehaben, sind arbeitsunfähig, wenn sie die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können (vgl. näher auch § 2 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Solange das Arbeitsverhältnis besteht, dürfen sie nicht auf (gleichartige) Tätigkeiten verwiesen werden, die sie gesundheitlich noch ausüben könnten (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 56, 57 auch zum Sonderfall der Zuweisung einer gesundheitlich noch möglichen anderen Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber). Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krankengeldgewährung nämlich die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG, Urt. v. 7.12.2004 - B 1 KR 5/03 R -). Ähnliches gilt für Versicherte, die noch während des Beschäftigungs- bzw. Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig werden und bei (deswegen) laufendem Bezug von Krankengeld aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und sich arbeitslos melden. Ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch das bisherige, auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gegründete Versicherungsverhältnis zur Krankenversicherung der Beschäftigten bleiben gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld bezogen wird. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I hingegen ruht gem. § 156 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III für die Zeit, in der Krankengeld zuerkannt ist, weshalb Versicherungspflicht zur Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) nicht eintritt. Da das Arbeitsverhältnis beendet ist, kann die arbeitsvertraglich geschuldete, zuletzt ausgeübte Tätigkeit aber nicht mehr Maßstab für die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit sein. Abzustellen ist daher nicht auf die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz, sondern abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung. Der Versicherte darf auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten verwiesen werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengelds eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist (jurisPK-SGB V/Meyerhoff, § 44 Rdnr. 58 unter Hinweis auf BSG Urt. v. 14.2.2001 - B 1 KR 30/00 R -; vgl. auch Senatsurteil vom 23.1.2013, - L 5 KR 1577/11 -).

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen - weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld - vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

Das Gesetz knüpft die Inanspruchnahme des Krankengeldes außerdem an die Erfüllung einer dem Versicherten auferlegten Meldeobliegenheit. Der gem. §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 SGB V entstandene Leistungsanspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nämlich, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, es sei denn, die Meldung erfolgt innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der Versicherte muss außerdem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V hinweisen und diese vorlegen. Die Meldeobliegenheit ist vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes zu erfüllen, auch nach einer vorübergehend leistungsfreien Zeit, selbst wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn durchgängig fortbestanden hat (BSG, Urt. v. 8.2.2000, - B 1 KR 11/99 R -); gleiches gilt bei ununterbrochenem Leistungsbezug, wenn wegen der Befristung ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V) über die Weitergewährung von Krankengeld erneut zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und der Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Legt der Versicherte keine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) vor, endet der Krankengeldanspruch mit Ablauf der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit, ohne dass es eines Aufhebungsbescheids bedürfte (vgl. zu alledem auch Senatsurteil vom 14.7.2010, - L 5 KR 4049/08 -).

Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine grundlegende (materielle) Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld und nicht lediglich ein - beliebig nachholbares - Verfahrenserfordernis dar. Mit den - streng zu handhabenden - Maßgaben der §§ 46 Satz 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll der Krankenkasse nämlich ermöglicht werden, das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können; die Krankenkasse soll davon freigestellt werden, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Anspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Ausnahmen kommen nur in eng begrenzten Sonderfällen in Betracht, wenn nämlich der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare zur Wahrung seiner Ansprüche unternommen hat, er an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Obliegenheiten aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung (wie eine Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) gehindert war und er außerdem seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Kenntnis der Fehlentscheidung geltend gemacht hat (näher: BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 30/04 R -). Die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit für zurückliegende Zeiten ist danach grundsätzlich nicht statthaft (vgl. auch § 5 Abs. 3 Satz 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu zwei Tagen zulässig. Freilich bleibt für das Entstehen des Leistungsanspruchs die gesetzliche Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V maßgeblich, weswegen es auch bei rückwirkender Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich auf den Folgetag nach der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung ankommt. Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien binden nur die Vertragsärzte und können die gesetzlichen Anforderungen des § 46 SGB V nicht modifizieren, zumal die Arbeitsunfähigkeit nach dieser Vorschrift nicht nur durch (deutsche) Vertragsärzte festgestellt werden kann (BSG, Urt. v. 26.6.2007, - B 1 KR 37/06 R -.).

Der Anspruch auf Krankengeld endet (erlischt) - wie alle Leistungsansprüche - gem. § 19 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mit dem Ende der Mitgliedschaft, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtig Beschäftigter endet mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet (§ 190 Abs. 2 SGB V). Die Mitgliedschaft besteht jedoch fort, wenn ein Erhaltungstatbestand des § 192 SGB V erfüllt ist. Das ist gem. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V insbesondere der Fall, solange Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld (tatsächlich) bezogen wird.

Ist die Mitgliedschaft auch unter Berücksichtigung der Erhaltungstatbestände in § 192 SGB V beendet, besteht gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V noch ein nachgehender Leistungsanspruch ggf. auch auf Krankengeld längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Der beitragsfreie nachwirkende Versicherungsschutz dient der Vermeidung sozialer Härten. Er soll verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt durch die Zahlung von Krankengeld aufgrund des nachgehenden Leistungsanspruchs aber nicht aufrechterhalten (BSG, Urt. v. 5.5.2009, - B 1 KR 20/08 R -). Eine Versicherung nach § 10 SGB V (Familienversicherung), ebenso eine freiwillige Krankenversicherung (§ 9 SGB V), hat Vorrang vor dem (grundsätzlich subsidiären, vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) nachgehenden Leistungsanspruch (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Mitglieder, deren eigene Mitgliedschaft endet, die aber nach § 10 Familienversicherte sein oder werden können, sind daher auf den Familienversicherungsschutz oder ggf. nach näherer Maßgabe des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf den Schutz einer freiwilligen Krankenversicherung verwiesen. Sie haben (mangels Schutzbedürftigkeit - vgl. BSG, Urt. v. 20.8.1986, - 8 RK 74/84 -) keinen nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V (vgl. auch LSG Hessen, Urt. v. 26.10.2010, - L 1 KR 84/10 -; Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 -).

II. Davon ausgehend steht dem Kläger Krankengeld über den 11.3.2010 hinaus nicht zu. Er war seitdem nämlich als Familienversicherter (§ 10 SGB V) gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Der Kläger war bis zur Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12.2009 bei der Beklagten pflichtversichert in der Krankenversicherung der Beschäftigten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Wegen des Bezugs von Krankengeld bestand das Versicherungsverhältnis bis 10.3.2010 fort (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Im Auszahlungsschein vom 19.2.2010 wurde als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit der 10.3.2010 angegeben. Auf diesen Endtermin war die Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit damit ärztlich befristet worden, weshalb der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des 10.3.2010 endete, ohne dass diese Rechtsfolge durch Verwaltungsakt hätte ausgesprochen werden müssen.

Über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit nach dem 10.3.2010 war unter Prüfung aller Leistungsvoraussetzungen neu zu entscheiden. Das Fortbestehen von Arbeitsunfähigkeit für sich allein genügt nicht. Bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit kann ein Krankengeldanspruch gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst wieder am Tag nach deren erneuten ärztlichen Feststellung entstehen. Nach Ablauf des 10.3.2010 ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bzw. ein Auszahlungsschein für Krankengeld aber erstmals wieder am 11.3.2010 ausgestellt worden. Maßgeblich für das (erneute) Entstehen eines Krankengeldanspruchs ist damit das Versicherungsverhältnis des Klägers am 12.3.2010. An diesem Tag war der Kläger nicht mehr Mitglied der Krankenversicherung der Beschäftigten, sondern (über seine Ehefrau) gem. § 10 SGB V familienversichert. Dieses Versicherungsverhältnis umfasst die Zahlung von Krankengeld nicht (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).

Der Kläger kann die Weiterzahlung von Krankengeld (für einen Monat nach Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten) auch nicht auf Grund des nachgehenden Leistungsanspruchs in § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V beanspruchen. Da er nach Beendigung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Beschäftigten gem. § 10 SGB V Familienversicherter geworden ist, ist er auf den (Krankengeld nicht einschließenden) Versicherungsschutz der Familienversicherung verwiesen; dieser hat gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V Vorrang vor dem nachgehenden Leistungsanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V.

Unerheblich ist, dass der Kläger ab 19.10.2010 Arbeitslosengeld I bezogen hat. Die "Lücke" am 11.10.2010 ist nicht "konstruiert", sondern Folge der gesetzlichen Regelung in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Das Gesetz stellt für das (Neu-)Entstehen des Krankengeldanspruchs (nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums) nicht auf den Tag der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung, sondern (ausdrücklich) auf den darauf folgenden Tag ab. Der gesetzliche Karenztag bewirkt, dass in Fällen der vorliegenden Art eine "Lücke" von einem Tag entsteht, während der sich das Versicherungsverhältnis ändern kann. Ein Sonderfall, in dem der Kläger durch eine von der Beklagten zu vertretende Fehlentscheidung, etwa des Vertragsarztes Dr. M., an der Wahrung seiner Ansprüche gehindert worden wäre, liegt nicht vor. Dafür genügt es nicht, dass Dr. M. den Kläger, möglicherweise ohne hinreichende Kenntnis der hier maßgeblichen Rechtslage, (erst) auf den 11.3.2010 einbestellt hatte. Davon abgesehen hat die Beklagte den Kläger, ohne dass es hierauf ausschlaggebend ankäme, im Telefongespräch vom 1.2.2010 über seine Obliegenheiten zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes (mit Krankengeldanspruch) unterrichtet und ihn insbesondere darauf hingewiesen, dass der nächste Auszahlungsschein für Krankengeld spätestens an dem Tag ausgestellt werden muss, der im vorausgehenden Auszahlungsschein als letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit angegeben ist. Das geht aus den Angaben der Zeugin St. in der Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts vom 19.10.2010 hervor. Der Kläger hat die Erläuterungen nach eigenen Angaben auch verstanden, aber offenbar in ihrer Bedeutung nicht hinreichend erfasst. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beratung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Die in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig eintretende Rechtsfolge, nämlich der Verlust des Krankenversicherungsschutzes mit Krankengeldanspruch infolge des in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V vorgesehenen Karenztages ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar (vgl. dazu näher auch Senatsurteil vom 3.8.2011, - L 5 KR 1056/10 -).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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