L 13 R 4365/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 5346/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 4365/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger ist seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft. Vom 26. Januar 1976 bis 30. Dezember 2005 war der Kläger bei der D. als Karosserieflaschner beschäftigt. Seither ist er arbeitslos.

Am 30. April 2008 beantragte der Kläger erstmals Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2008 ab, nachdem die Beklagte durch den Internisten Hu. in seinem Gutachten vom 30. Juni 2008 den Kläger für fähig ansah, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden täglich in einer Fünftagewoche zu verrichten (Diagnosen: Chronische Alkoholabhängigkeit mit Minderbelastbarkeit bei Muskelatrophie und Untergewicht nach großer Bauch-OP 10/05 wegen chronischer Bauchspeicheldrüsenerkrankung, myostatische Insuffizienz der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen und Fehlstatik, leichte Funktionsstörung der HWS, Hinweise auf Blutdruckregulationsstörung und anhaltenden Nikotinkonsum als mögliche Ursache für arteriosklerotische Veränderungen, bislang ohne gravierende Folgeerkrankungen, Arthrose am linken Grundgelenk mit Belastungsbeschwerden ohne Relevanz für die Wegefähigkeit, röntgenologisch beginnendes Lungenemphysem und rezidivierende Bronchitiden ohne relevante funktionelle Ventilationsstörung). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2008 zurück (zum Widerspruch wurde der Bericht des Hausarztes Dr. Wi. vom 24. Juli 2008 vorgelegt, wonach es zu einer erheblichen Ernährungsproblematik gekommen sei, die auch heute noch bestehe; der Patient müsse am Tag sechs bis sieben Mal essen). Gegen die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten erhob der Kläger am 14. November 2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG - S 14 R 254/09). Das SG befragte den behandelnden Hausarzt Dr. Wi. als sachverständigen Zeugen (der Kläger sei bei jeglicher Arbeit aufgrund seiner chronischen Verdauungsproblematik beeinträchtigt) und veranlasste das Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Innere Medizin Dr. Kr. vom 17. Juli 2009. Der Sachverständige diagnostizierte eine schwere agitierte Depression mit hypochondrischem Erleben sowie einen Verdacht auf Alkoholkrankheit. Es liege ein aufgehobenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2009 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte bereit erklärte, dem Kläger ein stationäres Heilverfahren zu bewilligen und nach der Durchführung erneut über den Rentenantrag des Klägers zu entscheiden. Daraufhin erfolgte eine stationäre rehabilitative Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Wa. in M. in der Zeit vom 30. März bis 4. Mai 2010. Die dort behandelnden Ärzte stellten die Diagnosen Somatisierungsstörung (hypochondrische Störung), anhaltende depressive Episode, leicht- bis mittelgradig nach Bauchspeicheldrüsenoperation, chronische kalzifizierende Pankreatitis, Zustand nach modifizierter Whipple-Operation 2005, chronische Bronchitis sowie Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen. Als Flaschner liege das Leistungsvermögen unter drei Stunden; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich vor.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2010 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 7. Juli 2008 und eine Rentengewährung erneut ab. Das Heilverfahren habe ergeben, dass der Kläger in der Lage sei, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich in einer Fünftagewoche zu verrichten. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2010 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Dezember 2010 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, insbesondere die Nahrungsaufnahme mache ihm schwer zu schaffen. Sein größtes Problem sei die regelmäßige Einnahme von Mahlzeiten. Er benötige sieben bis acht Mahlzeiten täglich. Aufgrund der schweren spezifischen Leistungseinschränkungen sei eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vorhanden. Das SG hat den behandelnden Hausarzt Dr. Wi. als sachverständigen Zeugen gehört und ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Schn. eingeholt. Dr. Wi. hat in seiner Auskunft vom 14. März 2011 angegeben, bei dem Problem des Klägers handle es sich um ein wechselhaftes Beschwerdeprofil, sodass er die Frage hinsichtlich der Leistungsfähigkeit nur mit großer Einschränkung mit ja beantworten könne. Die Belastungsfähigkeit des Klägers sei extern festzustellen.

Der Sachverständige Dr. Schn. hat in seinem Gutachten vom 21. Oktober 2011 ein depressiv-aggitiertes Syndrom reaktiver Genese bei körperlicher Erkrankung und schwieriger sozialer Situation im Sinne von Anpassungsstörungen, Simulationstendenzen, eine chronische, kalzifizierende Pankreatitis, Zustand nach modifizierter Whipple-Operation im Jahr 2005, eine chronische Bronchitis ohne pulmonale Dekompensationszeichen, ein Wirbelsäulensyndrom ohne signifikante motorische Ausfälle und eine Schwerhörigkeit beidseitig, nicht korrigiert, festgestellt. Der Kläger sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in Tagesschicht ohne vermehrte geistige und psychische Belastungen und ohne vermehrte Belastungen des Bewegungs- und Halteapparates unter weitestgehendem Ausschluss von widrigen klimatischen Bedingungen zu verrichten. Diese Tätigkeiten könnten arbeitstäglich mindestens sechs Stunden ausgeführt werden. Die Einnahme von Zwischenmahlzeiten sei in den persönlichen Verteilzeiten und in den betriebsüblichen Arbeitspausen möglich.

Nach Vorlage eines ärztlichen Attestes des Hausarztes Dr. Wi., der eine Wiederaufnahme einer Arbeit als äußerst fraglich bescheinigte, hat das SG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Sachverständigengutachten des Dr. Pe. vom 23. Juni 2012 eingeholt. In dem Gutachten hat Dr. Pe. u.a. ausgeführt, bei dem Kläger bestehe eine reaktiv depressive Entwicklung mit persönlichkeitsumformender Fixation auf die durchgemachte und nicht unerhebliche Bauchoperation. Des Weiteren bestehe ein chronischer Zuspruch zum Alkohol, welcher weitestgehend bagatellisiert werde. Die bisherige Tätigkeit oder aber eine vergleichbare auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mehr als vier Stunden pro Tag könne der Kläger nicht ausüben. Mit Urteil vom 7. September 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, dem Kläger stehe weder eine Rente wegen voller, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu. Der Kläger sei weder teilweise, noch voll erwerbsgemindert. Hierbei ist das SG in erster Linie dem Sachverständigengutachten des Dr. Schn. gefolgt. Dort sei im Rahmen der Begutachtungssituation eine gute geistige Flexibilität des Klägers beschrieben. Es habe sich keine Antriebsminderung oder gar eine psychomotorische Hemmung ergeben. Auch eine soziale Phobie oder eine soziale Desintegration habe nicht festgestellt werden können. Zwar sei der soziale Radius des Klägers nach seinen eigenen Angaben nicht mehr sehr weit, dennoch gehe er oftmals spazieren oder auch einmal auf den Sportplatz, um sich ein Fußballspiel anzuschauen. Er sei in der Lage, seinen Tagesablauf zu strukturieren. So stehe er regelmäßig morgens auf und gehe abends zu Bett, sehe fern und höre Radio. Der letzte Urlaub des Klägers sei im August 2011 in Kroatien gewesen. Es lägen demnach keine relevanten Störungen der sozialen Kompetenzen und der Alltagskompetenzen vor. Auch eine weitgehende, objektivierbare bzw. ausreichend begründbare Einschränkung der Fähigkeit zur Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens, beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ließen sich anhand der eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der Begutachtung nicht begründen. Eine andere Leistungsbeurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. Pe ... Der von ihm angegebenen Leistungseinschränkung auf bis zu vier Stunden pro Tag könne nicht gefolgt werden. Dr. Pe. beschreibe den Kläger als selbstunsicher im Auftreten, anfänglich verspannt und dann schnell lockerbar, mit adäquater Mimik und Gestik, zielgerichtet und aufmerksam, adäquat reagierend bei thematischer Fixierfähigkeit, in seiner Aufmerksamkeit ungestört und zielgerichtet, ohne Ermüdungserscheinungen, konzentrativ ohne Fehler bei Subtraktionsaufgaben, mit scharf genauer Wahrnehmung der Außenwelt, in Merkfähigkeit und Gedächtnis ungestört ohne Befürchtungen oder Zwang sowie hinsichtlich seiner Affektivität mit leicht bis mäßig gestörter Ausgeglichenheit, leichter Verflachung, im Antrieb höchstens leicht reduziert und von seinem Temperament als phlegmatisch-melancholisch dargetan bei ungestörter Beziehungs- und Kommunikationsfähigkeit. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen und Beschreibungen des Dr. Pe. sei die von ihm angegebene Begründung einer Leistungsminderung auf vier Stunden täglich nicht schlüssig und überzeugend. Auch aus der kalzifizierenden Pankreatitis würden sich keine besonderen Arbeitsbedingungen ergeben. Zwar müsse der Kläger mehrmals täglich Zwischenmahlzeiten einnehmen und könne jeweils nur eine geringe Menge zu sich nehmen, um Bauchschmerzen zu vermeiden, jedoch sei die Einnahme von solchen Zwischenmahlzeiten in den jedem Arbeitnehmer zustehenden persönlichen Verteilzeiten und betrieblichen Arbeitszeiten möglich. Zusammenfassend könne der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in Tagesschicht ohne vermehrte geistige und psychische Belastungen und ohne vermehrte Belastungen des Bewegungs- und Halteapparates unter weitestgehendem Ausschluss von widrigen klimatischen Bedingungen noch mindestens sechs Stunden täglich in Tagesschicht verrichten. Er sei auch in der Lage, die ortsüblichen Wege zur Arbeitsstelle zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Gegen das am 18. September 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2012 eingelegte Berufung des Klägers. Nach den Angaben des Klägers müsse er sechs bis acht Mal am Tag eine kleinere Portion zu sich nehmen. Deshalb reichten die persönlichen Verteilzeiten hierzu nicht aus. Der pauschale Verweis auf die persönliche Verteilzeit sei nicht zulässig. Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Wa. vom 10. Mai 2010 ergebe sich, dass bei dem Kläger im Jahr 2008 eine myostatische Insuffizienz der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen und Fehlstatik sowie eine leichte Funktionsstörung der Halswirbelsäule festgestellt worden sei. Da Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet in aller Regel einen progredienten Verlauf nehmen würden, sei davon auszugehen, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers heute auch auf orthopädischem Gebiet eingeschränkt sei. Ferner gehe das SG davon aus, dass der Kläger eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt habe. Demgegenüber ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. Pe., dass der Kläger eine Lehre zum Schlosser absolviert habe. Da der Kläger an seinem letzten Arbeitsplatz als Karosserieflaschner gearbeitet habe, sei der tatsächliche Sachverhalt insoweit noch nicht abschließend geklärt, als das Sozialgericht noch nicht ermittelt habe, ob der Kläger eine Facharbeitertätigkeit ausgeübt habe. Auf die Hinweise des Senats (Schreiben vom 8. März 2013), dass bislang keine konkreten Tatsachen, die eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes belegen, vorgebracht worden seien und zur Frage des bisherigen Berufs die Beklagte bereits die Auskunft des Arbeitgebers vom 30. Juni 2010 eingeholt habe, wonach der Kläger als ungelernter Arbeiter eingesetzt gewesen sei, hat der Bevollmächtigte des Klägers unter dem 3. April 2013 mitgeteilt, es sei derzeit nicht möglich, die tatsächliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch ein ärztliches Attest zu belegen, weil der Kläger derzeit weder in orthopädischer, noch in internistischer Behandlung sei. Diese Tatsache resultiere daraus, dass der Kläger nicht mehr daran glaube, dass ihm die Ärzte helfen könnten. Dessen ungeachtet bleibt es jedoch dabei, dass die Frage der betriebsüblichen Pausen nicht in einer dem Einzelfall gerecht werdenden Weise beantwortet worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. September 2012, den Bescheid vom 20. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2010 sowie den Bescheid vom 7. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Mai 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Beklagte hat sich nicht mehr geäußert. Der Kläger hat sich über seinen Bevollmächtigten mit dem genannten Schreiben vom 3. April 2013 geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Prozessakten des SG, einschließlich der Vorakten ( S 14 R 254/09), und des Senats verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn dieser hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von dem Kläger beanspruchten Rente - § 44 SGB X, §§ 43, 240 SGB VI - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente nicht erfüllt, weil er jedenfalls leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann und ihm grundsätzlich alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar sind. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens den Ausführungen des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Weitere Ermittlungen auf medizinischem Gebiet sind nicht erforderlich, nachdem der Kläger eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht konkret vorgebracht hat. In dem Schreiben vom 3. April 2013 hat der Bevollmächtigte des Klägers auch ausgeführt, dass eine tatsächliche Verschlechterung durch ärztliche Atteste nicht zu belegen sei, weil der Kläger derzeit weder in orthopädischer noch in internistischer Behandlung sei. Die Notwendigkeit weiterer medizinischer Sachverhaltsermittlung besteht daher nicht.

Der Kläger ist nach den zutreffenden Feststellungen des SG in der Lage, leichte Tätigkeiten in Tagesschicht ohne vermehrte geistige und psychische Belastungen und ohne vermehrte Belastungen des Bewegungs- und Halteapparats unter Ausschluss von widrigen klimatischen Bedingungen noch mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Einschränkungen der zumutbaren Wegstrecke sind nicht ersichtlich.

Eine Erwerbsminderung kommt vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsminderung in Betracht. Allerdings kann auch bei vollschichtiger Erwerbsfähigkeit der Arbeitsmarkt ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG, Urteil vom 30. November 1983 - 5a RKN 28/82 = SozR 2200 § 1246 Nr. 110 Rdnr. 28 f.). Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung schlägt dann regelmäßig in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung durch. Bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsminderung kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für an sich mögliche Vollzeittätigkeiten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt; in diesem Fall bedarf es grundsätzlich der Benennung zumindest einer konkreten Verweisungstätigkeit (BSG vom 6. Juni 1986 - 5 B RJ 42/85 = SozR 2200 § 1246 Nr. 136). Benötigt der Versicherte zusätzliche Arbeitspausen, die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht vorgesehen sind, ist deshalb zu prüfen, ob Arbeitnehmer unter solchen Bedingungen eingestellt werden. Nach § 4 ArbZG ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. § 7 ArbZG gestattet die Aufteilung auch in kleinere Zeitabschnitte durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung. Zu berücksichtigen ist zusätzlich die Möglichkeit der Inanspruchnahme von sogenannten persönlichen Verteilzeiten; hierbei handelt es sich um Zeiten, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet werden, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden. Persönliche Verteilzeiten sind solche Zeiten, in denen persönliche Belange wahrgenommen werden. Hierbei gelten beispielsweise Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als arbeitszeitverkürzende Pausen (LSG Baden-Württemberg vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 Rdnr. 34 m.w.N. veröffentlicht in Juris). Somit sind vorliegend - den Vortrag des Klägers zur Nahrungsaufnahme unterstellt - keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen erforderlich. Im Übrigen ist bereits in dem Heilverfahrenentlassungsbericht (Heilmaßnahme v. 30. März bis 4. Mai 2010) eine weitergehende Pausenerforderlichkeit nicht genannt worden. Es ist lediglich dokumentiert, dass nach Angaben des Klägers nach reichlichem Abendessen ein Druck und Kneifen im Bauch für ca. drei Stunden zu verspüren gewesen sei. Mit den Zwischenmahlzeiten (Obst) sei er problemlos zurecht gekommen. Selbst wenn täglich sechs bis sieben Mahlzeiten erforderlich wären, wäre dies unter den betriebsüblichen Pausen zu verteilen.

Das SG hat den Kläger zu Recht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen. Ein besonderer Berufsschutz nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema ist dem Kläger nicht zuzugestehen. Der Arbeitgeber hat bereits auf Anfrage der Beklagten unter dem 30. Juni 2010 angegeben, dass der Kläger als ungelernter Arbeiter dort beschäftigt und in Lohn- bzw. Gehaltsrahmentarifvertrag I Lohngruppe 7 eingestuft gewesen ist. Bereits bei Antragstellung im April 2008 hat der Kläger selbst angegeben, keinen Beruf erlernt zu haben und ein sonstiges Anlernverhältnis durchlaufen bzw. keine besonderen Qualifikationen erworben zu haben. Die Berufung des Klägers war danach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass das Klageverfahren in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass hierfür gegeben hat.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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