Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 1122/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5345/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11.12.2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Der 1960 geborene Kläger arbeitete am 02.11.2007 als Hilfskraft an einer Verpackungsbühne, wo er mit Reinigungsarbeiten in 3 bis 4 m Höhe auf einem fahrbaren Gerüst beschäftigt war. Hierbei stürzte er vom Gerüst, woraufhin er notfallmäßig in den SLK-Kliniken H. aufgenommen wurde. Im Durchgangsarztbericht sind ein Druckschmerz und eine Prellmarke am Hinterkopf angegeben. Der Kläger sei kurz bewusstlos gewesen, habe jedoch nicht über Übelkeit, Erbrechen oder eine Amnesie geklagt. Der Thorax des Klägers sei stabil gewesen, es habe sich jedoch ein Kompressionsschmerz über dem Sternum gezeigt. Diagnostiziert wurden eine Commotio cerebri sowie eine radiologisch nachgewiesene Sternumfraktur.
Im Bericht vom 21.11.2007 über die Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung am 14.11.2007 wurden noch ein deutlicher Druck- und Kompressionsschmerz über dem Sternum sowie Schmerzen bei forcierter In- und Exspiration angegeben. Die zunächst vom Kläger noch geklagte Hörminderung rechts sei subjektiv deutlich besser geworden. Es habe noch ein ca. walnussgroßes Hämatom hochparietal rechts bestanden.
Ab dem 11.03.2008 war der Kläger in stationärer Behandlung in der B. U. L ... In dem Befundbericht vom 03.04.2008 wurde als Diagnose eine komplexe Schmerzsymptomatik nach Gerüststurz angegeben. Der Kläger habe über eine Vielzahl von Beschwerdebildern geklagt habe (Schwindelgefühl, Druck- und Hitzegefühl auf den Ohren, Kopfschmerzen im Nacken- und Hinterkopfbereich, Engegefühl auf der Brust und das Gefühl, zu wenig Luft zu bekommen, Missempfindungen im Bereich der Wirbelsäule, plötzliches Angstgefühl, bei dem das Schwindelgefühl stärker werde, sowie Herzrasen beim Auftreten von Angst und schlechter Schlaf). Die Diplom-Psychologin Dr. S. teilte hierzu am 03.04.2008 mit, dass der Kläger sich sehr viele Sorgen um seine körperliche Gesundheit mache und trotz beruhigender medizinischer Befunde keine Erleichterung verspüre. Die hohe Anzahl von Symptomen sowie die Eingeengtheit auf diese Symptome sprächen für eine Verarbeitungsstörung nach dem Unfall. Der Verdacht auf eine somatoforme Störung liege nahe.
In seinem unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 11.12.2008 stellte PD Dr. G. fest, dass auf seinem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vorlägen. Die Sternumfraktur sei vollständig konsolidiert. Im Übrigen seien die vom Kläger beklagten Beschwerden auf unfallchirurgischem Fachgebiet nicht nachvollziehbar.
In dem neurologischem Gutachten mit neurophysiologischem Gutachten vom 20.07.2009 bzw. 16.06.2009 führte Prof. Dr. W. aus, dass der Kläger unter rezidivierenden Cephalgien und Drehschwindel leide, die am ehesten im Rahmen einer schweren depressiven Störung mit Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung zu erklären seien. Auf neurologischem Fachgebiet bestünden jedoch keine Unfallfolgen. Es werde dringend die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens empfohlen.
Mit HNO-fachärztlichem Gutachten vom 20.09.2009 vertrat Prof. Dr. S.die Auffassung, dass sich zwischen den audiometrischen Befunden vom 27.11.2007 und vom 11.03.2009 eine Verschlechterung von ca. 5 bis 10 dB beidseits in allen Frequenzen ergeben habe. Der hieraus resultierende Hörverlust von 15 % links und rechts bedinge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 0 von Hundert (v.H.). Ein Tinnitus sei nicht festgestellt worden. Der angegebene Schwindel sei als Drehschwindel mit Unsicherheitsgefühl und Fallneigung nach rechts angegeben worden. Bei der Untersuchung habe jedoch keine Fallneigung verifiziert werden können. Die Vestibularisprüfung habe eine annähernd seitengleiche Erregbarkeit der peripheren Gleichgewichtsorgane ergeben. Eine möglicherweise stattgefundene Schädigung sei bereits ausgeheilt. Aufgrund der Schwindelbeschwerden sei eine MdE um 5 v.H. anzunehmen.
Im psychiatrischen Gutachten vom 07.10.2011 gab Dr. S ... an, dass beim Kläger eine massive Verdeutlichungstendenz im Hinblick auf anamnestische, neurologische, psychotische und affektive Symptome festgestellt worden sei. Derartige Verdeutlichungstendenzen seien auch bereits im Vorbericht zur psychosomatischen Reha-Behandlung in. B. von Juli bis August 2007, also vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall im November 2007, zu finden. Tatsächlich bestünden zwar Hinweise auf tatsächliche krankheitswerte psychopathologische Phänomene, es handele sich jedoch im Vordergrund hierbei um vom Kläger wahrgenommene Gesundheitsbeschwerden, denen kein bzw. kein ausreichendes pathomorphologisches Korrelat gegenüber stehe. Er gehe von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD-10 F 45.1) aus, die bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen habe. Weiterhin hätten sich Hinweise auf eine depressive Symptomatik (ICD-10 F 33.0) im Sinne einer gegenwärtig leichtgradigen depressiven Episode gezeigt, die ebenfalls nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden könne. Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bestehe nicht, da das Traumakriterium, das Vermeidungs-Kriterium sowie das Zeit-Kriterium nicht erfüllt seien. Ein Zusammenhang der festgestellten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet mit dem Arbeitsunfall bestehe nicht, da die somatoforme Störung bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen habe. Es sei auch nicht erkennbar, dass die depressive Grunderkrankung des Klägers durch das Schädigungsereignis in ihrer Dynamik beeinflusst worden sei. Im Hinblick auf die Nacken- und Kopfschmerzen des Klägers wies der Gutachter daraufhin, dass diese bereits 2005 zu Krankschreibungen geführt hätten. Im Ergebnis habe das Schädigungsereignis im Bezug auf die somatoformen Beschwerden des Klägers zu einer Variation der im Vordergrund stehenden körperlichen funktionellen Beschwerden geführt, jedoch nicht zu einer richtunggebenden Veränderung und störungsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit Bescheid vom 01.03.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Arbeitsunfall habe beim Kläger zu einer Verstärkung der vorbestehenden Hörminderung, einem postcommotionellen Syndrom sowie einem Unsicherheitsgefühl und Schwindel unter starken Belastungen geführt. Als Unfallfolge abgelehnt wurden: Hörminderung, Umfangsminderung im Bereich des linken Oberarmes sowie des linken Beines, degenerative Veränderungen im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule (BWS), rezidivierende depressive Störung, Störung aus dem somatoformen Formenkreis. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente lägen nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit nicht über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs um wenigstens 20 v. H. gemindert sei.
Die Bevollmächtigten des Klägers begründeten ihren Widerspruch damit, dass der Kläger bei seinem Arbeitsunfall schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten habe, die sogar eine Betreueranordnung zur Folge gehabt hätten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte die Kausalität des Arbeitsunfalls für die erheblichen Beschwerden des Klägers verneine. Zudem sei der Kläger aufgrund des Unfalls inzwischen fast taub, und er trage inzwischen ein Hörgerät.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 05.04.2012 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Obwohl der Kläger an massiven Beschwerden leide, habe die Beklagte ihre Entscheidung auf veraltete Gutachten gestützt. Der Kläger sei inzwischen arbeitsunfähig und erhalte eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Das SG hat die Klägerbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass das psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 07.10.2011 nicht als veraltet bezeichnet werden könne. Zudem habe der Kläger selbst Dr. S. als Gutachter ausgesucht, weswegen es rechtsmissbräuchlich sei, sich insofern auf das Alter der zuvor erstellten Gutachten zu berufen.
Mit Urteil vom 11.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich hierbei auf die vorliegenden Gutachten gestützt. Von Bedeutung sei insbesondere, dass auf neurologischem Fachgebiet keinerlei Unfallfolgen festgestellt worden sei und beim Kläger wesentliche Verdeutlichungstendenzen im Hinblick auf seine psychiatrischen Erkrankungen erkennbar gewesen seien. Die objektiv festgestellten psychiatrischen Gesundheitsstörungen rechtfertigten keine Berücksichtigung als Unfallfolge, da diese nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. S. im Wesentlichen bereits vor dem Arbeitsunfall bestanden hätten. Auf den anderen medizinischen Fachgebieten seien keine dauerhaften Unfallfolgen festgestellt worden, welche nicht bereits im angegriffenen Bescheid der Beklagten Berücksichtigung gefunden hätten. Im Übrigen käme es nicht auf den Zeitpunkt der Begutachtung auf anderen Fachgebieten als dem psychiatrischen Gutachten an, weil die Gutachter dieser Fachgebiete erkennbar von einem Dauerzustand des Klägers ausgegangen seien und eine rentenrelevante Minderung des Klägers mit Bestimmtheit abgelehnt hätten. Das Urteil des SG ist dem Klägerbevollmächtigten am 21.12.2012 zugestellt worden.
Noch am Tag der Zustellung des Urteils haben die Klägerbevollmächtigten beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die bei der Berufungseinlegung angekündigte Begründung der Berufung mit gesondertem Schriftsatz ist trotz Erinnerung nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11.12.2012 sowie den Bescheid der Beklag- ten vom 01.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 aufzuheb- en und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab der 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls bzw. nach Ende des Verletztengeldanspruchs eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweis vom 06.03.2013) haben sich keine Gesichtspunkte dafür ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die BK-Folgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil vom 11.12.2012 rechtfertigen die verbliebenen Folgen des Unfalls vom 02.11.2007 nicht die Gewährung einer Verletztenrente. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich nach eigener Prüfung ausdrücklich anschließt.
Das SG hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger nach den vorliegenden Gutachten auf unfallchirurgisch-orthopädischem, neurologischem, neurophysiologischem und HNO-fachärztlichem Fachgebiet von einem Dauerzustand auszugehen ist, wonach die entsprechend von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen bei dem Kläger bestehen.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. Schwarz vom 07.10.2011 eine undifferenzierte Somatisierungsstörung (ICD-10 F 45.1) und eine depressive Symptomatik (ICD-10 F 33.0) vor. Dass diese Diagnosen zutreffend gestellt wurden und insbesondere eine PTBS zu Recht ausgeschlossen wurde, ergibt sich zur Überzeugung des Senats insbesondere daraus, dass im Rahmen des stationären Aufenthalts vom 24.07.2007 bis zum 21.08.2007 in der K.-Klinik B. auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung und in den ausführlichen Befundberichten des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden vom 26.02.2009, 22.04.2010 und vom 13.08.2010 im Wesentlichen gleichlautende Diagnosen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet getroffen worden sind. Dass diese Erkrankungen bereits vor dem Unfall vom 02.11.2007 vorgelegen haben, ergibt sich aus den schlüssigen Ausführungen des Dr. S. bei dessen Auswertungen der früheren Behandlungen des Klägers. Daraus ergibt sich auch, dass durch den Unfall keine wesentliche Verschlimmerung dieser vorbestehenden Erkrankungen verursacht worden ist. Insoweit verweist auch der Senat auf die von dem Gutachter Dr. S. beschriebene massive Verdeutlichungstendenz des Klägers im Hinblick auf anamnestische, neurologische, psychotische und affektive Symptome, wie sie bereits im kurz vor dem Arbeitsunfall vom 02.11.2007 im Reha-Verfahren der DRV vom 24.07.2007 bis zum 21.08.2007festgestellt worden sind. Da der Kläger gemäß dem Entlassungsbericht aus der Maßnahme der DRV bereits vor dem Unfall an einer Somatisierungsstörung und einer depressiven Verstimmung litt, hält der Senat es auch für ausreichend belegt, dass eine richtunggebende Veränderung durch den Arbeitsunfall nicht erfolgt ist.
Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor, so dass entgegen der Anregung des Klägerbevollmächtigten keine weiteren Gutachten einzuholen waren.
Der Klägerbevollmächtigte hat vor dem SG lediglich bereits bekannte Atteste vorgelegt, welche der Gutachter Dr. S. bei der Erstellung seines Gutachtens berücksichtigen konnte; lediglich der Nachweis über die Hörgeräte-Anpassung war insofern ein später erstelltes Dokument, dem sich allerdings keine Hinweise für eine unfallbedingte Verschlechterung des Hörvermögens entnehmen lassen.
Im Verfahren vor dem LSG schließlich wurde die Berufung bereits nicht begründet, und neue ärztliche Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Da sich aus den Akten auch sonst keine Hinweis auf weitere Verschlechterungen des Gesundheitszustandes im Hinblick auf Unfallfolgen entnehmen ließen, war es insgesamt nicht veranlasst, weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Der 1960 geborene Kläger arbeitete am 02.11.2007 als Hilfskraft an einer Verpackungsbühne, wo er mit Reinigungsarbeiten in 3 bis 4 m Höhe auf einem fahrbaren Gerüst beschäftigt war. Hierbei stürzte er vom Gerüst, woraufhin er notfallmäßig in den SLK-Kliniken H. aufgenommen wurde. Im Durchgangsarztbericht sind ein Druckschmerz und eine Prellmarke am Hinterkopf angegeben. Der Kläger sei kurz bewusstlos gewesen, habe jedoch nicht über Übelkeit, Erbrechen oder eine Amnesie geklagt. Der Thorax des Klägers sei stabil gewesen, es habe sich jedoch ein Kompressionsschmerz über dem Sternum gezeigt. Diagnostiziert wurden eine Commotio cerebri sowie eine radiologisch nachgewiesene Sternumfraktur.
Im Bericht vom 21.11.2007 über die Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung am 14.11.2007 wurden noch ein deutlicher Druck- und Kompressionsschmerz über dem Sternum sowie Schmerzen bei forcierter In- und Exspiration angegeben. Die zunächst vom Kläger noch geklagte Hörminderung rechts sei subjektiv deutlich besser geworden. Es habe noch ein ca. walnussgroßes Hämatom hochparietal rechts bestanden.
Ab dem 11.03.2008 war der Kläger in stationärer Behandlung in der B. U. L ... In dem Befundbericht vom 03.04.2008 wurde als Diagnose eine komplexe Schmerzsymptomatik nach Gerüststurz angegeben. Der Kläger habe über eine Vielzahl von Beschwerdebildern geklagt habe (Schwindelgefühl, Druck- und Hitzegefühl auf den Ohren, Kopfschmerzen im Nacken- und Hinterkopfbereich, Engegefühl auf der Brust und das Gefühl, zu wenig Luft zu bekommen, Missempfindungen im Bereich der Wirbelsäule, plötzliches Angstgefühl, bei dem das Schwindelgefühl stärker werde, sowie Herzrasen beim Auftreten von Angst und schlechter Schlaf). Die Diplom-Psychologin Dr. S. teilte hierzu am 03.04.2008 mit, dass der Kläger sich sehr viele Sorgen um seine körperliche Gesundheit mache und trotz beruhigender medizinischer Befunde keine Erleichterung verspüre. Die hohe Anzahl von Symptomen sowie die Eingeengtheit auf diese Symptome sprächen für eine Verarbeitungsstörung nach dem Unfall. Der Verdacht auf eine somatoforme Störung liege nahe.
In seinem unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 11.12.2008 stellte PD Dr. G. fest, dass auf seinem Fachgebiet keine Unfallfolgen mehr vorlägen. Die Sternumfraktur sei vollständig konsolidiert. Im Übrigen seien die vom Kläger beklagten Beschwerden auf unfallchirurgischem Fachgebiet nicht nachvollziehbar.
In dem neurologischem Gutachten mit neurophysiologischem Gutachten vom 20.07.2009 bzw. 16.06.2009 führte Prof. Dr. W. aus, dass der Kläger unter rezidivierenden Cephalgien und Drehschwindel leide, die am ehesten im Rahmen einer schweren depressiven Störung mit Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung zu erklären seien. Auf neurologischem Fachgebiet bestünden jedoch keine Unfallfolgen. Es werde dringend die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens empfohlen.
Mit HNO-fachärztlichem Gutachten vom 20.09.2009 vertrat Prof. Dr. S.die Auffassung, dass sich zwischen den audiometrischen Befunden vom 27.11.2007 und vom 11.03.2009 eine Verschlechterung von ca. 5 bis 10 dB beidseits in allen Frequenzen ergeben habe. Der hieraus resultierende Hörverlust von 15 % links und rechts bedinge eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 0 von Hundert (v.H.). Ein Tinnitus sei nicht festgestellt worden. Der angegebene Schwindel sei als Drehschwindel mit Unsicherheitsgefühl und Fallneigung nach rechts angegeben worden. Bei der Untersuchung habe jedoch keine Fallneigung verifiziert werden können. Die Vestibularisprüfung habe eine annähernd seitengleiche Erregbarkeit der peripheren Gleichgewichtsorgane ergeben. Eine möglicherweise stattgefundene Schädigung sei bereits ausgeheilt. Aufgrund der Schwindelbeschwerden sei eine MdE um 5 v.H. anzunehmen.
Im psychiatrischen Gutachten vom 07.10.2011 gab Dr. S ... an, dass beim Kläger eine massive Verdeutlichungstendenz im Hinblick auf anamnestische, neurologische, psychotische und affektive Symptome festgestellt worden sei. Derartige Verdeutlichungstendenzen seien auch bereits im Vorbericht zur psychosomatischen Reha-Behandlung in. B. von Juli bis August 2007, also vor dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall im November 2007, zu finden. Tatsächlich bestünden zwar Hinweise auf tatsächliche krankheitswerte psychopathologische Phänomene, es handele sich jedoch im Vordergrund hierbei um vom Kläger wahrgenommene Gesundheitsbeschwerden, denen kein bzw. kein ausreichendes pathomorphologisches Korrelat gegenüber stehe. Er gehe von einer undifferenzierten Somatisierungsstörung (ICD-10 F 45.1) aus, die bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen habe. Weiterhin hätten sich Hinweise auf eine depressive Symptomatik (ICD-10 F 33.0) im Sinne einer gegenwärtig leichtgradigen depressiven Episode gezeigt, die ebenfalls nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden könne. Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bestehe nicht, da das Traumakriterium, das Vermeidungs-Kriterium sowie das Zeit-Kriterium nicht erfüllt seien. Ein Zusammenhang der festgestellten Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet mit dem Arbeitsunfall bestehe nicht, da die somatoforme Störung bereits vor dem Arbeitsunfall vorgelegen habe. Es sei auch nicht erkennbar, dass die depressive Grunderkrankung des Klägers durch das Schädigungsereignis in ihrer Dynamik beeinflusst worden sei. Im Hinblick auf die Nacken- und Kopfschmerzen des Klägers wies der Gutachter daraufhin, dass diese bereits 2005 zu Krankschreibungen geführt hätten. Im Ergebnis habe das Schädigungsereignis im Bezug auf die somatoformen Beschwerden des Klägers zu einer Variation der im Vordergrund stehenden körperlichen funktionellen Beschwerden geführt, jedoch nicht zu einer richtunggebenden Veränderung und störungsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit Bescheid vom 01.03.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Der Arbeitsunfall habe beim Kläger zu einer Verstärkung der vorbestehenden Hörminderung, einem postcommotionellen Syndrom sowie einem Unsicherheitsgefühl und Schwindel unter starken Belastungen geführt. Als Unfallfolge abgelehnt wurden: Hörminderung, Umfangsminderung im Bereich des linken Oberarmes sowie des linken Beines, degenerative Veränderungen im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule (BWS), rezidivierende depressive Störung, Störung aus dem somatoformen Formenkreis. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente lägen nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit nicht über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalles nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs um wenigstens 20 v. H. gemindert sei.
Die Bevollmächtigten des Klägers begründeten ihren Widerspruch damit, dass der Kläger bei seinem Arbeitsunfall schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten habe, die sogar eine Betreueranordnung zur Folge gehabt hätten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte die Kausalität des Arbeitsunfalls für die erheblichen Beschwerden des Klägers verneine. Zudem sei der Kläger aufgrund des Unfalls inzwischen fast taub, und er trage inzwischen ein Hörgerät.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 05.04.2012 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Obwohl der Kläger an massiven Beschwerden leide, habe die Beklagte ihre Entscheidung auf veraltete Gutachten gestützt. Der Kläger sei inzwischen arbeitsunfähig und erhalte eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Das SG hat die Klägerbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass das psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 07.10.2011 nicht als veraltet bezeichnet werden könne. Zudem habe der Kläger selbst Dr. S. als Gutachter ausgesucht, weswegen es rechtsmissbräuchlich sei, sich insofern auf das Alter der zuvor erstellten Gutachten zu berufen.
Mit Urteil vom 11.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und sich hierbei auf die vorliegenden Gutachten gestützt. Von Bedeutung sei insbesondere, dass auf neurologischem Fachgebiet keinerlei Unfallfolgen festgestellt worden sei und beim Kläger wesentliche Verdeutlichungstendenzen im Hinblick auf seine psychiatrischen Erkrankungen erkennbar gewesen seien. Die objektiv festgestellten psychiatrischen Gesundheitsstörungen rechtfertigten keine Berücksichtigung als Unfallfolge, da diese nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. S. im Wesentlichen bereits vor dem Arbeitsunfall bestanden hätten. Auf den anderen medizinischen Fachgebieten seien keine dauerhaften Unfallfolgen festgestellt worden, welche nicht bereits im angegriffenen Bescheid der Beklagten Berücksichtigung gefunden hätten. Im Übrigen käme es nicht auf den Zeitpunkt der Begutachtung auf anderen Fachgebieten als dem psychiatrischen Gutachten an, weil die Gutachter dieser Fachgebiete erkennbar von einem Dauerzustand des Klägers ausgegangen seien und eine rentenrelevante Minderung des Klägers mit Bestimmtheit abgelehnt hätten. Das Urteil des SG ist dem Klägerbevollmächtigten am 21.12.2012 zugestellt worden.
Noch am Tag der Zustellung des Urteils haben die Klägerbevollmächtigten beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Die bei der Berufungseinlegung angekündigte Begründung der Berufung mit gesondertem Schriftsatz ist trotz Erinnerung nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11.12.2012 sowie den Bescheid der Beklag- ten vom 01.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 aufzuheb- en und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab der 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls bzw. nach Ende des Verletztengeldanspruchs eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss entschieden, weil er das Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Im Anhörungsverfahren (vgl. Hinweis vom 06.03.2013) haben sich keine Gesichtspunkte dafür ergeben, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die BK-Folgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26.06.1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22.08.1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil vom 11.12.2012 rechtfertigen die verbliebenen Folgen des Unfalls vom 02.11.2007 nicht die Gewährung einer Verletztenrente. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich nach eigener Prüfung ausdrücklich anschließt.
Das SG hat insbesondere zutreffend darauf hingewiesen, dass bei dem Kläger nach den vorliegenden Gutachten auf unfallchirurgisch-orthopädischem, neurologischem, neurophysiologischem und HNO-fachärztlichem Fachgebiet von einem Dauerzustand auszugehen ist, wonach die entsprechend von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen bei dem Kläger bestehen.
Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. Schwarz vom 07.10.2011 eine undifferenzierte Somatisierungsstörung (ICD-10 F 45.1) und eine depressive Symptomatik (ICD-10 F 33.0) vor. Dass diese Diagnosen zutreffend gestellt wurden und insbesondere eine PTBS zu Recht ausgeschlossen wurde, ergibt sich zur Überzeugung des Senats insbesondere daraus, dass im Rahmen des stationären Aufenthalts vom 24.07.2007 bis zum 21.08.2007 in der K.-Klinik B. auf Veranlassung der Deutschen Rentenversicherung und in den ausführlichen Befundberichten des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden vom 26.02.2009, 22.04.2010 und vom 13.08.2010 im Wesentlichen gleichlautende Diagnosen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet getroffen worden sind. Dass diese Erkrankungen bereits vor dem Unfall vom 02.11.2007 vorgelegen haben, ergibt sich aus den schlüssigen Ausführungen des Dr. S. bei dessen Auswertungen der früheren Behandlungen des Klägers. Daraus ergibt sich auch, dass durch den Unfall keine wesentliche Verschlimmerung dieser vorbestehenden Erkrankungen verursacht worden ist. Insoweit verweist auch der Senat auf die von dem Gutachter Dr. S. beschriebene massive Verdeutlichungstendenz des Klägers im Hinblick auf anamnestische, neurologische, psychotische und affektive Symptome, wie sie bereits im kurz vor dem Arbeitsunfall vom 02.11.2007 im Reha-Verfahren der DRV vom 24.07.2007 bis zum 21.08.2007festgestellt worden sind. Da der Kläger gemäß dem Entlassungsbericht aus der Maßnahme der DRV bereits vor dem Unfall an einer Somatisierungsstörung und einer depressiven Verstimmung litt, hält der Senat es auch für ausreichend belegt, dass eine richtunggebende Veränderung durch den Arbeitsunfall nicht erfolgt ist.
Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor, so dass entgegen der Anregung des Klägerbevollmächtigten keine weiteren Gutachten einzuholen waren.
Der Klägerbevollmächtigte hat vor dem SG lediglich bereits bekannte Atteste vorgelegt, welche der Gutachter Dr. S. bei der Erstellung seines Gutachtens berücksichtigen konnte; lediglich der Nachweis über die Hörgeräte-Anpassung war insofern ein später erstelltes Dokument, dem sich allerdings keine Hinweise für eine unfallbedingte Verschlechterung des Hörvermögens entnehmen lassen.
Im Verfahren vor dem LSG schließlich wurde die Berufung bereits nicht begründet, und neue ärztliche Unterlagen wurden nicht vorgelegt. Da sich aus den Akten auch sonst keine Hinweis auf weitere Verschlechterungen des Gesundheitszustandes im Hinblick auf Unfallfolgen entnehmen ließen, war es insgesamt nicht veranlasst, weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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