L 11 KR 567/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4333/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 567/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Voraussetzung für einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine selbst beschaffte Behandlung in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus ist auch, dass tatsächlich eine Krankenhausbehandlung iSd § 39 SGB V stattgefunden hat.
Daran fehlt es, wenn die Behandlung als Rehabilitationsmaßnahme
zu qualifizieren ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten einer Behandlung in der T.-Klinik in Bad K. zu erstatten hat.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S. verordnete dem am 06.09.1942 geborenen, bei der Beklagten pflichtversicherten Kläger am 29.03.2010 wegen ventrikulärer Extrasytolie und einem Reizdarmsyndrom eine stationäre Krankenhausbehandlung in "K.". Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 23.04.2010, bei der Beklagten am 27.04.2010 eingegangen, die Gewährung der stationären Krankenhausbehandlung in der T.-Klinik in Bad K ... Zugleich legte er ein Formular der T.-Klinik vor, das er am 23.04.2010 unterschrieben hatte (vgl Blatt 1 und 2 der Verwaltungsakte der Beklagten). Darin bestätigt der Kläger, über die T.-Klinik informiert worden zu sein, und unter Beachtung der in dem Formular genannten Punkte eine Aufnahme (Doppelzimmer) in die Klinik zu wünschen.

Die T.-Klinik in Bad K. verfügt über einen am 06.04.2010 vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit genehmigten Versorgungsvertrag, dessen §§ 1 und 4 wie folgt lauten: § 1

Gegenstand

(1) Die Einrichtung erbringt für die Versicherten der Mitgliedskassen der Krankenkassenverbände akute vollstationäre Behandlung (§ 39 Abs 1 SGB V) bei Erkrankungen im Rahmen der psychosomatischen Medizin und Psychotherapie in insgesamt 70 Vertragsbetten, wenn ambulante, vor- und nachstationäre oder teilstationäre Krankenbehandlung nicht ausreichen. Ergänzend dazu werden nach dem Klinikkonzept auch Leistungen der traditionellen chinesischen Medizin erbracht.

(2) Mit dem Abschluss dieses Versorgungsvertrages ist eine Belegungsgarantie nicht verbunden.

§ 4

Kostenübernahme

(1) Die Erbringung der stationären Behandlung setzt, abgesehen von Notfällen, eine Kostenübernahmeerklärung der zuständigen Krankenkasse voraus.

(2) Ist die Kostenübernahme befristet und eine weitere stationäre Behandlung über den Tag der Befristung hinaus erforderlich, beantragt die Einrichtung rechtzeitig vor Ablauf der Frist unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen weiteren Dauer der stationären Behandlung die Verlängerung.

Die Beklagte holte hierzu beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine am 04.05.2010 verfasste Stellungnahme ein. Dr. M. kommt hierin zu dem Ergebnis, dass aus den vorliegenden Behandlungsunterlagen und den des Weiteren bestehenden Erkrankungen (Lumbalgie bei Zustand nach BWK 12 und LWK 1 Kompressionsfraktur/Morbus Scheuermann) eine Indikation für eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht gesehen werden könne. Bei dem chronischen Beschwerdebild sei vorrangig ambulante fachärztliche Behandlung angezeigt. Bei Ausschöpfung der ambulanten Behandlungsmaßnahmen sei eine Rehabilitationsmaßnahme zu prüfen.

Mit Bescheid vom 10.5.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung der stationären Krankenhausbehandlung in der T.-Klinik ab. Hiergegen erhob der Kläger am 19.05.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung Dr. S. ausführte, es seien bereits vielfältigste ambulante Behandlungsoptionen wahrgenommen worden. Der Kläger sei in ambulanter physiotherapeutischer, psychosomatischer, orthopädischer und sportmedizinischer Behandlung gewesen. Zusätzlich habe er das Interdisziplinäre Zentrum für Rheumatologie, Wirbelsäulenleiden und muskuläre Erkrankungen in Bad B. aufgesucht. Keine der ambulanten Maßnahmen habe eine wirkliche Besserung erbracht. Aufgrund guter Erfahrungen mit der T.-Klinik werde um eine Überprüfung der Ablehnung gebeten.

Nach Einholung eines Gutachtens des MDK (Gutachten vom 06.07.2010) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 zurück. Der MDK sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht erfüllt seien. Nach dem Gesetz könne eine vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus nur erfolgen, wenn das Behandlungsziel nicht durch eine teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung erreicht werden könne.

Am 24.08.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben.

Vom 25.08.2010 bis zum 14.09.2010 führte der Kläger die begehrte Behandlung auf eigene Kosten in der Klinik für traditionelle chinesische Medizin (T.-Klinik) in Bad K. durch. Hierfür stellte die T.-Klinik dem Kläger 3.982,00 EUR in Rechnung, die dieser auch bezahlte.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, er sei über neun Jahre hinweg ambulant fachärztlich behandelt worden, ohne dass ein Erfolg habe erzielt werden können. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe deshalb eine Indikation für eine Rehabilitationsmaßnahme bestanden. Die zwischenzeitlich in der T.-Klinik durchgeführte stationäre Behandlung sei äußerst erfolgreich gewesen.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20 und 21, 22 bis 27 und 37 bis 66 der SG-Akten Bezug genommen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, Homöopathischer Arzt, Dr. L. hat dem SG am 05.11.2010 geschrieben, er könne sich der Einschätzung des Hausarztes anschließen, im Juli 2010 seien die ambulanten Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft, eine stationäre Maßnahme sei erforderlich gewesen. Dr. S. hat mit Schreiben vom 09.11.2010 mitgeteilt, es seien umfangreiche diagnostische und therapeutische Maßnahmen ambulant durchgeführt worden, ohne dass eine entscheidende Besserung eingetreten sei. Der Kläger und er seien der Meinung gewesen, dass eine Behandlung nach der traditionellen chinesischen Medizin die erfolgreichste Therapieoption darstelle. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr B. hat in seiner Auskunft vom 15.01.2011 bzw der Korrektur hierzu angegeben, eine Indikation für eine stationäre Behandlung in der T.-Klinik vermöge er als Neurochirurg weder zu stellen noch zu beurteilen. Eine Indikation zur stationären Rehabilitation hat er aber begrüßt.

Das SG hat mit Urteil vom 24.11.2011 die Klage abgewiesen. Nach § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Diese Erforderlichkeit stehe nicht fest. Dr. S. habe die Erforderlichkeit damit begründet, dass in der T.-Klinik keine Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden könnten, weil dieser Klinik der erforderliche Vertrag fehle. Die Tatsache, dass die T.-Klinik nur als Krankenhaus nach § 108 SGB V zugelassen sei, jedoch nicht zur Erbringung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme berechtigt sei, erkläre zwar die Verordnung der Krankenhausbehandlung, begründe jedoch nicht deren medizinische Erforderlichkeit. Stationäre Krankenhausbehandlung komme nach dem Gesetz nur dann in Betracht, wenn die Behandlung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden könne. Hiervon könne jedoch, wenn an sich die im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme angebotenen Behandlungsmaßnahmen ausreichend seien, nicht ausgegangen werden. Dr. B. halte ebenfalls eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht für erforderlich, er befürworte die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 09.01.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Soweit das SG meine, die Erforderlichkeit einer akutstationären Behandlung sei nicht nachgewiesen, hätte es Gutachten einholen müssen. Nach der Rechtsprechung des BSG habe das SG die medizinische Erforderlichkeit nach § 39 SGB V uneingeschränkt zu prüfen. Abzustellen sei auf den im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes. Sachlogisch habe die T.-Klinik bei der Einweisung die medizinische Erforderlichkeit überprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine akutstationäre Behandlung erforderlich sei. Für ihn sei es auf Grundlage des Reizdarmsyndroms erforderlich gewesen, sich in der T.-Klinik behandeln zu lassen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 3.982,00 EUR zu zahlen.

Dier Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Voraussetzungen einer stationären Krankenhausbehandlung in der T.-Klinik seien nicht erfüllt. Seien ambulante Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, werde hierdurch nicht der Weg zur Krankenhausbehandlung, sondern zur stationären Rehabilitationsmaßnahme eröffnet. Die T.-Klinik weise im Informationsblatt vom 21.04.2010 selbst ausdrücklich darauf hin, dass die Therapieverfahren in Deutschland bisher wissenschaftlich nicht anerkannt seien, weshalb die Klinik nicht nur eine Einweisung, sondern auch die ausdrückliche Kostenübernahmeerklärung der zuständigen Krankenkasse verlange.

Wegen des von der Beklagten vorgelegten Versorgungsvertrages und der Genehmigung dessen wird auf Blatt 57 bis 63 der Senatsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 10.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2011, mit dem die Beklagte die Gewährung von Krankenhausbehandlung in der T.-Klinik abgelehnt hat. Nachdem der Kläger sich die entsprechenden Leistungen selbst beschafft hat, richtet sich sein Leistungsbegehren auf einen Kostenerstattungsanspruch iHv 3.982,00 EUR.

Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) vorsieht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs 3 Satz 1 SGB V). Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB IX werden nach § 15 SGB IX erstattet (§ 13 Abs 3 Satz 2 SGB V).

Gemäß § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V in der vom 25.03.2009 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung wird Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Versicherte haben gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Jedoch richtet sich der Anspruch auf Krankenhausbehandlung nur auf eine Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus iSd § 108 SGB V.

Gemäß § 108 SGB V dürfen die Krankenkassen Krankenhausbehandlung nur durch Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind, Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben, (zugelassene Krankenhäuser) erbringen. Die T.-Klinik, die keine Hochschulklinik darstellt und auch nicht in einen Krankenhausplan aufgenommen ist, verfügt über einen Versorgungsvertrag iSd § 108 Abs 3 SGB V (dazu vgl Blatt 57 ff der Senatsakte), der vom zuständigen Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit am 06.04.2010 genehmigt worden war. Dass in § 4 des Versorgungsvertrages eine Kostenzusage der zuständigen Krankenkasse verlangt wird, steht der Zulassung nicht entgegen (zur Möglichkeit einer Entscheidung durch die Krankenkasse im Vorfeld der Behandlung vgl BSG 25.09.2007, GS 1/06, BSGE 99, 111-122 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10 = juris RdNr 28). Denn dieses Erfordernis ändert nichts am Status der T.-Klinik Bad K. als zugelassenes Krankenhaus.

Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruch ist aber, dass tatsächlich Krankenhausbehandlung iSd § 39 SGB V erbracht wurde. Vorliegend wurden aber Leistungen der medizinischen Rehabilitation erbracht. Die Abgrenzung zwischen vollstationärer Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation ist vor allem im Bereich der psychotherapeutischen Medizin/Psychosomatik bisweilen schwierig, weil Rehabilitationseinrichtung und Krankenhaus sich darin decken, dass beide auf die Behandlung von Krankheiten und die Beseitigung ihrer Folgen beim Betroffenen gerichtet sind (BSG 20.01.2005, B 3 KR 9/03 R, BSGE 94, 139-149 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4 = juris). Deshalb kann eine Unterscheidung im Wesentlichen nur nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung getroffen werden, die sich auch in der Organisation der Einrichtung widerspiegeln (BSG 19.11.1997, 3 RK 21/96, SozR 3-2500 § 107 Nr 1 = juris). Anhaltspunkte zur Differenzierung bietet § 107 SGB V: Nach § 107 Abs 2 Nr 1 Buchst b und Nr 2 SGB V dienen Rehabilitationseinrichtungen der stationären Behandlung der Patienten, um "eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation)". Es ist zudem erforderlich, dass diese Einrichtungen "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen". Krankenhäuser sind demgegenüber "Einrichtungen, die der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten" (§ 107 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB V). Die Rechtsprechung hat u a daraus als besondere Mittel des Krankenhauses auf eine apparative Mindestausstattung, ein geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten bzw rufbereiten Arzt geschlossen (vgl BSG 20.01.2005, aaO mwN), jedoch im Hinblick auf das Merkmal "Krankenhausbehandlung" weder den Einsatz aller dieser Mittel gefordert noch stets als ausreichend angesehen. Regelmäßig ist eine Gesamtschau unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erforderlich, die jedoch nur nach objektiven Merkmalen und Kriterien erfolgen kann (BSG 20.01.2005, aaO mwN). Bei einer psychiatrischen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hintergrund treten und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG 20.01.2005, aaO mwN).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend keine Krankenhausbehandlung sondern eine Rehabilitationsbehandlung erfolgt. Auch wenn die T.-Klinik nur als Krankenhaus und nicht (auch) als Reha-Einrichtung zugelassen ist, umfasste die Behandlung des Klägers (vgl den Entlassbericht auf Blatt 23 ff der SG-Akte) psychotherapeutische Einzelgespräche, Schmerzgruppe (Psychoedukation), Gruppe/Vorträge Selbst- und Gesundheitsmanagement (Psychoedukation),Vortrag Bewegung und Psyche (Psychoedukation), Vorträge Psychosomatik und Systemische Medizin (Biopsychosoziales Modell), Vorträge zum ganzheitlichen Gesundheits- und Krankheitsverständnis der chinesischen Medizin, Entspannungsgruppe und Entspannungsvortrag (Einüben der konzentrativen Atem- und Bewegungstherapie Qigong sowie der Progressiven Muskelrelaxation nach Jacobsen), Einzel- und Gruppenschulungen zur Nutzung des T.-Gesundheitsportals mit Erstellung eines Risiko- und Schutzfaktorenprofils (SEPP Sino-European-Prevention Program/entwickelt mit dem Zentrum für naturheilkundliche Forschung der L.-M.-Universität M.), sowie einer polymodalen T.-Therapie, bestehend aus hochdosierter chinesischer Arzneimitteltherapie (individuelles Dekokt), 3 x pro Woche Akupunktur, 2 x pro Woche Tuina-Anwendungen, Gruppen-Qigong-Übungen, Vorträgen zum ganzheitlichen Gesundheits- und Krankheitsverständnis der chinesischen Medizin und Ernährungsgruppe/Ernährungsvorträge/Ernährungs-Einzelberatung. Diese Behandlungsleistun-gen entsprechen aber mehr den Maßnahmen im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation iSd § 107 Abs 2 Nr 1 Buchstabe b SGB V als einer Krankenhausbehandlung. Denn der Senat ist davon überzeugt, dass angesichts der mitgeteilten Behandlungsleistungen der T.-Klinik im vorliegenden Fall während der Behandlung dort die pflegerische und nichtärztliche Betreuung im Vordergrund gestanden hatte und eine ärztliche Behandlung nur im Bedarfsfall erforderlich und durchgeführt worden war. Gerade hierauf kommt es aber an, denn nach der Rechtsprechung des BSG (10.04.2008, B 3 KR 14/07 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 14 = juris) hängt die Abgrenzung von Krankenhausbehandlung und stationärer medizinischer Rehabilitation maßgeblich von der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und den verfolgten Behandlungszielen ab. Vorliegend wurden die Behandlungsziele nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie zu verfolgt. Dies entspricht einer Rehabilitationsbehandlung (vgl § 107 Abs 2 Nr 2 SGB V). Das Erreichen der Behandlungsziele durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen (vgl § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V) stand demgegenüber im Hintergrund. Damit handelte es sich nicht um Krankenhausbehandlung iSd § 39 SGB V, weshalb die Kosten nicht erstattet werden können.

Ein Kostenerstattungsanspruch wegen einer selbst beschafften stationären Rehabilitationsmaßnahme iSd § 40 Abs 2 SGB V iVm § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V § 15 SGB IX scheidet aber schon deswegen aus, weil die T.-Klinik nicht über einen entsprechenden Versorgungsvertrag (§ 111 SGB V) verfügt - worauf die Klinik ausdrücklich hinweist (vgl deren Auftritt im Internet) - und es sich daher um eine nicht zugelassene Einrichtung iSd § 40 Abs 2 SGB V handelt. Auch begründet § 40 Abs 2 Satz 2 SGB V keinen Anspruch auf Kostenbeteiligung, denn die T.-Klinik ist auch keine andere zertifizierte Einrichtung; ihr fehlt eine Zertifizierung nach § 20 Abs 2a SGB IX.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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