Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 455/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5289/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1967 geborene Kläger hat den Beruf des Fleischers erlernt und bis 1994 in diesem Beruf gearbeitet. Er war bei wiederholten und überwiegenden Zeiten von Arbeitslosigkeit zuletzt 2005 im Rahmen eines 1-Euro-Jobs als Hilfsarbeiter beschäftigt.
Nach einem ersten erfolglosen Rentenverfahren blieb auch ein zweiter Rentenantrag vom 29.12.2005 ohne Erfolg. Die Beklagte hatte im zweiten Rentenverfahren das nervenärztliche Gutachten von Dr. G. vom 01.08.2001 beigezogen und lehnte den Rentenantrag nach erneuter nervenärztlicher Begutachtung (Gutachten MUDr. H. vom 15.03.2006) mit Bescheid vom 13.04.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006 ab. Eine dagegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe nach weiterer nervenärztlicher Begutachtung (Gutachten Dr. R. vom 29.01.2007) mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2007 (Az. S 8 R 3659/06) ab. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az. L 11 R 4864/07) einigten sich die Beteiligten am 14.11.2007 vergleichsweise auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitationsmaßname. Nach Meinungsverschiedenheiten über Art und Ort der vereinbarten Rehabilitationsmaßnahme einigten sich die Beteiligten in einem weiteren vor dem Sozialgericht Karlsruhe geführten Klageverfahren (Az. S 2 R 4154/08) mit Vergleich vom 19.03.2010 auf eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Bad H ...
Am 10.05.2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, er könne die ambulante Rehabilitationsmaßnahme aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht durchführen. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen stelle er einen neuen formlosen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Im letzten Rentenverfahren seien Krankenhausaufenthalte nicht berücksichtigt worden.
Die Beklagte zog daraufhin medizinische Befundunterlagen bei und veranlasste eine mehrfachärztliche Begutachtung.
In seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 29.07.2010 kam Dr. B. zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden eine kombinierten Persönlichkeitsstörung, eine belastungsabhängige Lumboischialgie links bei vorbeschriebenem NPP L5/S1 ohne objektivierbare sensomotorische radikuläre Ausfälle von sozialmedizinisch richtungsweisendem Ausmaß, eine funktionelle Überlagerung/Ausweitung der somatischen Beschwerden sowie der Verdacht auf ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits, bislang ohne überdauernde sensomotorische Ausfälle. Damit könne er aus nervenärztlicher Sicht Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung, nicht im direkten Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderungen an die Eignung zur Teamfähigkeit, ohne fordernde soziale Interaktionen sowie ohne Nacht- und Wechselschichten vollschichtig verrichten. In ihrem chirurgischen Zusatzgutachten vom 28.07.2010 stellte Dr. L. eine leicht verminderte Belastbarkeit der Rumpfwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Nachweis eines Bandscheibenvorfalls mit endgradigen Funktionseinbußen ohne neurologische Ausfälle, ein HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS ohne Funktionseinschränkungen, Hüftgelenksbeschwerden mit geringen Funktionsbeeinträchtigungen beidseits bei degenerativen Veränderungen, links mehr als rechts und Belastungsschmerzen bei zeitlich lange zurückliegender Verletzung (Zerrung) des linken Schultergelenks ohne Instabilität und ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung des Schultergürtels fest. Damit bestehe ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in überwiegend jeder Arbeitshaltung. Auszuschließen seien Arbeiten in lang dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen und häufiges Bücken, insbesondere mit Anheben von Gegenständen aus gebückter Haltung heraus. In seinem mehrfachärztlichen Gutachten vom 20.08.2010 diagnostizierte Medizinaldirektor L. zusätzlich eine geringe Enzymaktivität bei Fettleber und derzeit kontrolliertem Alkoholkonsum. Auch unter zusammenfassender Würdigung könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechs Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte hob die Reha-Bewilligung auf und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 30.08.2010 ab.
Gegen die Ablehnung des Rentenantrags wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 01.10.2010 und rügte, aufgrund der belegten orthopädischen Einschränkungen sei er nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hinzu kämen multiple anderweitige Erkrankungen, insbesondere die bestehende Fettleber, das HWS-Syndrom und die Persönlichkeitsstörung.
Nach Stellungnahme von Dr. H. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 03.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2011 zurück.
Am 28.01.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er machte geltend, mit den bestehenden Gesundheitsstörungen könne er seiner Meinung nach keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben. Er leide schon seit mehr als zehn Jahren an enormen Rückenschmerzen. Zwischenzeitlich hätten sich mehrere Bandscheibenvorfälle und zahlreiche andere Gebrechlichkeiten nachweisen lassen. Die Bandscheibenvorfälle verursachten stärkste Schmerzen, die auch durch starke Schmerzmittel nicht völlig gelindert werden könnten. Daher sei eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gegeben. Wegefähig sei er auch nur an "guten" Tagen. Da seine dauerhaften Schmerzen, hätte er einen Arbeitsplatz inne, dazu führen würden, dass er mehrmals in der Woche arbeitsunfähig erkrankt sein würde, sei er auf dem Arbeitsmarkt chancenlos. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung werde außerdem durch ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 25.07.2011 bestätigt. Da der Bandscheibenvorfall bereits 2009 eingetreten sei und sich eine Besserung nicht eingestellt habe, sei auch von einer dauerhaften Leistungsminderung auszugehen. Die Nichtbewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente führte der Kläger zurück auf das von MUDr. H. am 15.03.2006 erstellte Gutachten, das seine Würde verletze. Im Rahmen der neuerlichen mehrfach-ärztlichen Begutachtung werde ein Arztbericht seines Radiologen in Frage gestellt. Eine Untersuchung durch einen Orthopäden sei nicht erfolgt. Ohne Zweifel seien aber Bandscheibenvorfälle vorhanden.
Das Sozialgericht zog ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit K. (Gutachten Dr. G.) vom 25.07.2011 bei und hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an.
In ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 08.11.2011 führt die Hausärztin des Klägers Dr. Z.-S. aus, der Kläger habe seit Jahren über Gastritis, Zahnschmerzen und Nierensteine geklagt. Seit 2009 leide er an einem Bandscheibenvorfall mit starkem Wurzelreizsyndrom und stärksten Schmerzen. Durch physikalische Therapie und Eigeninitiative (Gehen, Fahrradfahren) habe er eine Besserung erzielen können, allerdings nur unter Zuhilfenahme von zeitweise starken Schmerzmitteln. Im November 2010 sei es zu einem erneuten Bandscheibenvorfall mit Wurzelreiz gekommen, so dass ein zügiges Gehen nicht mehr möglich gewesen sei. Die Schmerzen seien wechselnd in der Ausprägung und im Laufe des Tages mehrfach einschießend, so dass auch eine leichte Berufstätigkeit nicht mehr möglich sei.
Dr. H. vertrat hierzu in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 12.12.2011 und 24.01.2012 die Auffassung, der Bandscheibenvorfall lumbal ohne motorische Ausfälle (Lähmungen) und ohne Gefühlsstörungen, lediglich mit zeitweise nicht auslösbarem Achillessehnenreflex, führe zu keiner quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens. Eine aktuelle Veränderung der psychischen Problematik sei nicht beschrieben worden. Auch im Gutachten von Dr. G. sei nur eine leichte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule erwähnt worden, was keine zeitliche Beschränkung des Leistungsvermögens rechtfertige.
Der Orthopäde Dr. C. führt in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.04.2012 aus, er sei vorrangig wegen Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlungen in das linke Bein konsultiert worden. Eine wesentliche Änderung habe sich im Behandlungsverlauf, seit 2010, nicht feststellen lassen. Eine körperlich leichte Berufstätigkeit mit qualitativen Einschränkungen sei aufgrund der erhobenen Befunde im Umfang von sechs Stunden und mehr möglich. Einen Antrag des Klägers auf Beeidigung des sachverständigen Zeugen lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.06.2012 ab.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.11.2012 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI. Er sei nicht erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI seien voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande seien, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dagegen bestehe kein Rentenanspruch, wenn der Versicherte unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Sofern dieses Leistungsvermögen nicht erreicht sei, volle Erwerbsminderung i.S. des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aber noch nicht eingetreten sei, bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme sei der Kläger unter Berücksichtigung aller bestehenden Gesundheitsstörungen dazu in der Lage, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dabei bestünden qualitative Einschränkungen insoweit, als ihm Arbeiten, die mit ständigen oder lang dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, insbesondere mit Anheben von Gegenständen, besonderem Zeitdruck, ständiger nervöser Anspannung, direktem Publikumsverkehr, besonderen Anforderungen an die Eignung zur Teamfähigkeit, fordernden sozialen Interaktionen oder Nacht- und Wechselschichten verbunden sind, nicht mehr zuzumuten seien. Aus den eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und den beigezogenen medizinischen Unterlagen würden sich keine weitergehenden Gesundheitsstörungen des Klägers ergeben als von der Beklagten im Rahmen der erfolgten mehrfachärztlichen Begutachtung bereits berücksichtigt. Das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls werde dort insbesondere auch nicht in Frage gestellt, lediglich eine quantitative Leistungsminderung werde insoweit nicht anerkannt. Grundlage der Ablehnungsentscheidung sei auch nicht das nervenärztliche Gutachten vom 15.03.2006 gewesen, sondern eine aktuelle mehrfachärztliche Begutachtung. Dr. Z.-S. sehe den Kläger zwar aufgrund des im November 2010 eingetretenen zweiten Bandscheibenvorfalls nicht mehr in der Lage, auch leichten Berufstätigkeiten nachzugehen. Diese Einschätzung werde vom behandelnden Facharzt Dr. C. indes nicht bestätigt. Dr. C. beschreibe einen seit Beginn seiner fachorthopädischen Behandlung am 09.02.2010 weitgehend gleichbleibenden Behandlungsverlauf. Die von dem Bandscheibenvorfall ausgehenden Beschwerden bedingten lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens. Diese Beurteilung werde auch durch den von der Hausärztin Dr. Z.-S. vorgelegten Befundbericht bestätigt. Der behandelnde Nervenarzt Dr. R. führe in seinem Befundbericht vom 17.11.2010 aus, Ausfallsymptome seitens des Nervensystems resultierten aus den Bandscheibenvorfällen nicht. Er habe eine konservative Behandlung mit Antirheumatika, Muskelrelaxantien und Physiotherapie empfohlen. Die Ärztin für Orthopädie Dr. B. habe in ihrem Befundbericht vom 07.06.2010 außer Krankengymnastik und Eigenübungen keine weitere Therapie für erforderlich gehalten. Nach einer Medikamenteninjektion an der S 1-Wurzel links sei der Kläger laut Befundbericht des Radiologen S. vom 19.11.2010 beschwerdefrei gewesen. Eine Vorstellung in einer fachorthopädischen Klinik zur Prüfung einer OP-Indikation, wie von Dr. H. empfohlen (siehe hierzu Befundbericht vom 02.02.2011), sei bislang nicht erfolgt. Der Kläger habe hierzu mitgeteilt, dass er das mit einer Wirbelsäulenoperation verbundene Risiko nicht eingehen wolle. Eine Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeurteilung der Beklagten, die in den drei Gutachten vom 28.07.2010, vom 29.07.2010 und vom 20.08.2010 ausführlich und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden hergeleitet und vom behandelnden Orthopäden bestätigt werde, sei nicht zu erkennen. Darüber hinausgehende Einschränkungen seien auch aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit K. vom 25.07.2011 nicht ersichtlich. Zur zeitlichen Dauer der dort aufgrund der symptombezogenen Untersuchung vom 04.07.2011 angenommenen zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden würden dort im Übrigen keine Angaben gemacht. Vielmehr heiße es, der zeitliche Verlauf müsse abgewartet werden. Auch angesichts des ersten Auftretens des Bandscheibenvorfalls im Jahr 2009 lasse sich hieraus eine dauerhafte Leistungseinschränkung nicht ableiten, da wesentliche funktionelle Einschränkungen, die eine auch quantitative Leistungsminderung begründen könnten, in der Zeit davor nicht belegt seien. Da das zeitliche Leistungsvermögen nicht unter sechs Stunden täglich herabgesunken sei, liege eine Erwerbsminderung ungeachtet der Frage, ob der Kläger mit den dargelegten qualitativen Einschränkungen bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage einen Arbeitsplatz zu finden vermöge, nicht vor (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Ein Anspruch auf teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme für den Kläger nicht in Betracht, da er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei und damit nicht zu dem insoweit grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis zähle (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Gegen den ihm am 21.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.12.2012 Berufung eingelegt. Er habe im erstinstanzlichen Verfahren die Anhörung seines Orthopäden Dr, C. beantragt, weil er sich erhofft habe, dass dieser Angaben zu den Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den Bandscheibenvorfällen mache. Allerdings habe dieser alles heruntergespielt. Deshalb habe er auch die Vereidigung von Dr. C. beantragt. Diese Auffälligkeiten bestünden in einem unkontrollierten Zucken der linken Wade. Hinzu würden auch Krämpfe und heftige Schmerzen kommen. Er nehme vier- bis sechsmal täglich 40 Tilidin-Tropfen. Bei Krankengymnastik verstärkten sich die Zuckungen sogar noch. Eine Einspritzung in den Wirbelkanal habe nur für drei Tage Schmerzlinderung erbracht, nicht wie im Gerichtsbescheid angegeben, Beschwerdefreiheit. Eine Operation, die sowohl von Dr. H. als auch von Dr. C. empfohlen worden sei, schließe er weiterhin aus, da er mögliche Komplikationen zu tragen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 10.05.2010 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, da er nicht erwerbsgemindert ist. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit vollständiger Darlegung der entscheidungserheblichen Rechtsnormen sowie aufgrund einer umfassenden Würdigung der medizinischen Befunde und der durchgeführten Ermittlungen abgewiesen. Der Senat schließt sich der Auffassung des Sozialgerichts an und teilt dessen Beweiswürdigung. Deshalb wird auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren auszuführen, dass der bloße Hinweis des Klägers auf ein Zucken seiner linken Wade die Annahme einer Leistungsminderung nicht rechtfertigt. In den Aussagen der befragten Ärzte findet sich kein Hinweis auf ein vom Kläger beschriebenes oder von einem Arzt beobachtetes Zucken seiner linken Wade. Trotz des Vorhalts nicht ausreichend nachgewiesener Leistungseinschränkungen hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung des Senats insoweit keine näheren Angaben gemacht. Der Kläger befindet sich wegen des Zuckens seiner linken Wade offensichtlich nicht in ärztlicher Behandlung, was wiederum auf einen sehr geringen Leidensdruck schließen lässt. Der den Kläger zuletzt behandelnde Arzt, der Orthopäde Dr. C., der ihn zuletzt am 03.04.2012 behandelt hatte, konnte weder motorische Paresen noch sonstige motorische Störungen der unteren Extremitäten feststellen. Der Kläger hatte dort lediglich über Kribbelparästhesien am linken Fußaußenrand geklagt. Eine Sensibilitätsstörung war ebenfalls nicht feststellbar. Eine wesentliche Änderung sei im Behandlungsverlauf (seit Februar 2010) nicht eingetreten. Anhaltspunkte für eine rentenrelevante Leistungsminderung ergeben sich daraus nicht.
Soweit der Kläger beanstandet, das Sozialgericht habe seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass er nach der Medikamenteninjektion an der S1-Wurzel beschwerdefrei gewesen sei, obwohl dadurch nur eine Schmerzlinderung für drei Tage erzielt worden sei, lässt sich damit eine Fehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht begründen. Das Sozialgericht hat den Behandlungsbericht des Radiologen S. vom 19.11.2010 zutreffend wiedergegeben. Dort war angegeben worden, dass der Kläger postinterventionell beschwerdefrei gewesen sei. Dies zeigt jedenfalls, dass die Beschwerden des Klägers einer Behandlung zugänglich sind. Eine Wiederholungsbehandlung je nach klinischem Verlauf hatte der Radiologe S. für möglich erachtet. Dass das Sozialgericht ungeachtet dessen von einer endgültigen Beschwerdefreiheit ausgegangen ist, lässt sich dem Gerichtsbescheid nicht entnehmen.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1967 geborene Kläger hat den Beruf des Fleischers erlernt und bis 1994 in diesem Beruf gearbeitet. Er war bei wiederholten und überwiegenden Zeiten von Arbeitslosigkeit zuletzt 2005 im Rahmen eines 1-Euro-Jobs als Hilfsarbeiter beschäftigt.
Nach einem ersten erfolglosen Rentenverfahren blieb auch ein zweiter Rentenantrag vom 29.12.2005 ohne Erfolg. Die Beklagte hatte im zweiten Rentenverfahren das nervenärztliche Gutachten von Dr. G. vom 01.08.2001 beigezogen und lehnte den Rentenantrag nach erneuter nervenärztlicher Begutachtung (Gutachten MUDr. H. vom 15.03.2006) mit Bescheid vom 13.04.2006 und Widerspruchsbescheid vom 19.07.2006 ab. Eine dagegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe nach weiterer nervenärztlicher Begutachtung (Gutachten Dr. R. vom 29.01.2007) mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2007 (Az. S 8 R 3659/06) ab. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az. L 11 R 4864/07) einigten sich die Beteiligten am 14.11.2007 vergleichsweise auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitationsmaßname. Nach Meinungsverschiedenheiten über Art und Ort der vereinbarten Rehabilitationsmaßnahme einigten sich die Beteiligten in einem weiteren vor dem Sozialgericht Karlsruhe geführten Klageverfahren (Az. S 2 R 4154/08) mit Vergleich vom 19.03.2010 auf eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Bad H ...
Am 10.05.2010 teilte der Kläger der Beklagten mit, er könne die ambulante Rehabilitationsmaßnahme aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht durchführen. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen stelle er einen neuen formlosen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Im letzten Rentenverfahren seien Krankenhausaufenthalte nicht berücksichtigt worden.
Die Beklagte zog daraufhin medizinische Befundunterlagen bei und veranlasste eine mehrfachärztliche Begutachtung.
In seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 29.07.2010 kam Dr. B. zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden eine kombinierten Persönlichkeitsstörung, eine belastungsabhängige Lumboischialgie links bei vorbeschriebenem NPP L5/S1 ohne objektivierbare sensomotorische radikuläre Ausfälle von sozialmedizinisch richtungsweisendem Ausmaß, eine funktionelle Überlagerung/Ausweitung der somatischen Beschwerden sowie der Verdacht auf ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits, bislang ohne überdauernde sensomotorische Ausfälle. Damit könne er aus nervenärztlicher Sicht Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung, nicht im direkten Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderungen an die Eignung zur Teamfähigkeit, ohne fordernde soziale Interaktionen sowie ohne Nacht- und Wechselschichten vollschichtig verrichten. In ihrem chirurgischen Zusatzgutachten vom 28.07.2010 stellte Dr. L. eine leicht verminderte Belastbarkeit der Rumpfwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und Nachweis eines Bandscheibenvorfalls mit endgradigen Funktionseinbußen ohne neurologische Ausfälle, ein HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS ohne Funktionseinschränkungen, Hüftgelenksbeschwerden mit geringen Funktionsbeeinträchtigungen beidseits bei degenerativen Veränderungen, links mehr als rechts und Belastungsschmerzen bei zeitlich lange zurückliegender Verletzung (Zerrung) des linken Schultergelenks ohne Instabilität und ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung des Schultergürtels fest. Damit bestehe ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in überwiegend jeder Arbeitshaltung. Auszuschließen seien Arbeiten in lang dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen und häufiges Bücken, insbesondere mit Anheben von Gegenständen aus gebückter Haltung heraus. In seinem mehrfachärztlichen Gutachten vom 20.08.2010 diagnostizierte Medizinaldirektor L. zusätzlich eine geringe Enzymaktivität bei Fettleber und derzeit kontrolliertem Alkoholkonsum. Auch unter zusammenfassender Würdigung könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten über sechs Stunden täglich verrichten.
Die Beklagte hob die Reha-Bewilligung auf und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 30.08.2010 ab.
Gegen die Ablehnung des Rentenantrags wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 01.10.2010 und rügte, aufgrund der belegten orthopädischen Einschränkungen sei er nicht mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hinzu kämen multiple anderweitige Erkrankungen, insbesondere die bestehende Fettleber, das HWS-Syndrom und die Persönlichkeitsstörung.
Nach Stellungnahme von Dr. H. vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten vom 03.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2011 zurück.
Am 28.01.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er machte geltend, mit den bestehenden Gesundheitsstörungen könne er seiner Meinung nach keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben. Er leide schon seit mehr als zehn Jahren an enormen Rückenschmerzen. Zwischenzeitlich hätten sich mehrere Bandscheibenvorfälle und zahlreiche andere Gebrechlichkeiten nachweisen lassen. Die Bandscheibenvorfälle verursachten stärkste Schmerzen, die auch durch starke Schmerzmittel nicht völlig gelindert werden könnten. Daher sei eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gegeben. Wegefähig sei er auch nur an "guten" Tagen. Da seine dauerhaften Schmerzen, hätte er einen Arbeitsplatz inne, dazu führen würden, dass er mehrmals in der Woche arbeitsunfähig erkrankt sein würde, sei er auf dem Arbeitsmarkt chancenlos. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung werde außerdem durch ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit vom 25.07.2011 bestätigt. Da der Bandscheibenvorfall bereits 2009 eingetreten sei und sich eine Besserung nicht eingestellt habe, sei auch von einer dauerhaften Leistungsminderung auszugehen. Die Nichtbewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente führte der Kläger zurück auf das von MUDr. H. am 15.03.2006 erstellte Gutachten, das seine Würde verletze. Im Rahmen der neuerlichen mehrfach-ärztlichen Begutachtung werde ein Arztbericht seines Radiologen in Frage gestellt. Eine Untersuchung durch einen Orthopäden sei nicht erfolgt. Ohne Zweifel seien aber Bandscheibenvorfälle vorhanden.
Das Sozialgericht zog ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit K. (Gutachten Dr. G.) vom 25.07.2011 bei und hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an.
In ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 08.11.2011 führt die Hausärztin des Klägers Dr. Z.-S. aus, der Kläger habe seit Jahren über Gastritis, Zahnschmerzen und Nierensteine geklagt. Seit 2009 leide er an einem Bandscheibenvorfall mit starkem Wurzelreizsyndrom und stärksten Schmerzen. Durch physikalische Therapie und Eigeninitiative (Gehen, Fahrradfahren) habe er eine Besserung erzielen können, allerdings nur unter Zuhilfenahme von zeitweise starken Schmerzmitteln. Im November 2010 sei es zu einem erneuten Bandscheibenvorfall mit Wurzelreiz gekommen, so dass ein zügiges Gehen nicht mehr möglich gewesen sei. Die Schmerzen seien wechselnd in der Ausprägung und im Laufe des Tages mehrfach einschießend, so dass auch eine leichte Berufstätigkeit nicht mehr möglich sei.
Dr. H. vertrat hierzu in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 12.12.2011 und 24.01.2012 die Auffassung, der Bandscheibenvorfall lumbal ohne motorische Ausfälle (Lähmungen) und ohne Gefühlsstörungen, lediglich mit zeitweise nicht auslösbarem Achillessehnenreflex, führe zu keiner quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens. Eine aktuelle Veränderung der psychischen Problematik sei nicht beschrieben worden. Auch im Gutachten von Dr. G. sei nur eine leichte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule erwähnt worden, was keine zeitliche Beschränkung des Leistungsvermögens rechtfertige.
Der Orthopäde Dr. C. führt in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.04.2012 aus, er sei vorrangig wegen Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlungen in das linke Bein konsultiert worden. Eine wesentliche Änderung habe sich im Behandlungsverlauf, seit 2010, nicht feststellen lassen. Eine körperlich leichte Berufstätigkeit mit qualitativen Einschränkungen sei aufgrund der erhobenen Befunde im Umfang von sechs Stunden und mehr möglich. Einen Antrag des Klägers auf Beeidigung des sachverständigen Zeugen lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.06.2012 ab.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.11.2012 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI. Er sei nicht erwerbsgemindert. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI seien voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande seien, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dagegen bestehe kein Rentenanspruch, wenn der Versicherte unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Sofern dieses Leistungsvermögen nicht erreicht sei, volle Erwerbsminderung i.S. des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aber noch nicht eingetreten sei, bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme sei der Kläger unter Berücksichtigung aller bestehenden Gesundheitsstörungen dazu in der Lage, zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dabei bestünden qualitative Einschränkungen insoweit, als ihm Arbeiten, die mit ständigen oder lang dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, insbesondere mit Anheben von Gegenständen, besonderem Zeitdruck, ständiger nervöser Anspannung, direktem Publikumsverkehr, besonderen Anforderungen an die Eignung zur Teamfähigkeit, fordernden sozialen Interaktionen oder Nacht- und Wechselschichten verbunden sind, nicht mehr zuzumuten seien. Aus den eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen und den beigezogenen medizinischen Unterlagen würden sich keine weitergehenden Gesundheitsstörungen des Klägers ergeben als von der Beklagten im Rahmen der erfolgten mehrfachärztlichen Begutachtung bereits berücksichtigt. Das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls werde dort insbesondere auch nicht in Frage gestellt, lediglich eine quantitative Leistungsminderung werde insoweit nicht anerkannt. Grundlage der Ablehnungsentscheidung sei auch nicht das nervenärztliche Gutachten vom 15.03.2006 gewesen, sondern eine aktuelle mehrfachärztliche Begutachtung. Dr. Z.-S. sehe den Kläger zwar aufgrund des im November 2010 eingetretenen zweiten Bandscheibenvorfalls nicht mehr in der Lage, auch leichten Berufstätigkeiten nachzugehen. Diese Einschätzung werde vom behandelnden Facharzt Dr. C. indes nicht bestätigt. Dr. C. beschreibe einen seit Beginn seiner fachorthopädischen Behandlung am 09.02.2010 weitgehend gleichbleibenden Behandlungsverlauf. Die von dem Bandscheibenvorfall ausgehenden Beschwerden bedingten lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens. Diese Beurteilung werde auch durch den von der Hausärztin Dr. Z.-S. vorgelegten Befundbericht bestätigt. Der behandelnde Nervenarzt Dr. R. führe in seinem Befundbericht vom 17.11.2010 aus, Ausfallsymptome seitens des Nervensystems resultierten aus den Bandscheibenvorfällen nicht. Er habe eine konservative Behandlung mit Antirheumatika, Muskelrelaxantien und Physiotherapie empfohlen. Die Ärztin für Orthopädie Dr. B. habe in ihrem Befundbericht vom 07.06.2010 außer Krankengymnastik und Eigenübungen keine weitere Therapie für erforderlich gehalten. Nach einer Medikamenteninjektion an der S 1-Wurzel links sei der Kläger laut Befundbericht des Radiologen S. vom 19.11.2010 beschwerdefrei gewesen. Eine Vorstellung in einer fachorthopädischen Klinik zur Prüfung einer OP-Indikation, wie von Dr. H. empfohlen (siehe hierzu Befundbericht vom 02.02.2011), sei bislang nicht erfolgt. Der Kläger habe hierzu mitgeteilt, dass er das mit einer Wirbelsäulenoperation verbundene Risiko nicht eingehen wolle. Eine Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeurteilung der Beklagten, die in den drei Gutachten vom 28.07.2010, vom 29.07.2010 und vom 20.08.2010 ausführlich und nachvollziehbar aus den erhobenen Befunden hergeleitet und vom behandelnden Orthopäden bestätigt werde, sei nicht zu erkennen. Darüber hinausgehende Einschränkungen seien auch aus dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit K. vom 25.07.2011 nicht ersichtlich. Zur zeitlichen Dauer der dort aufgrund der symptombezogenen Untersuchung vom 04.07.2011 angenommenen zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf drei bis unter sechs Stunden würden dort im Übrigen keine Angaben gemacht. Vielmehr heiße es, der zeitliche Verlauf müsse abgewartet werden. Auch angesichts des ersten Auftretens des Bandscheibenvorfalls im Jahr 2009 lasse sich hieraus eine dauerhafte Leistungseinschränkung nicht ableiten, da wesentliche funktionelle Einschränkungen, die eine auch quantitative Leistungsminderung begründen könnten, in der Zeit davor nicht belegt seien. Da das zeitliche Leistungsvermögen nicht unter sechs Stunden täglich herabgesunken sei, liege eine Erwerbsminderung ungeachtet der Frage, ob der Kläger mit den dargelegten qualitativen Einschränkungen bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage einen Arbeitsplatz zu finden vermöge, nicht vor (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Ein Anspruch auf teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme für den Kläger nicht in Betracht, da er nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei und damit nicht zu dem insoweit grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis zähle (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Gegen den ihm am 21.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.12.2012 Berufung eingelegt. Er habe im erstinstanzlichen Verfahren die Anhörung seines Orthopäden Dr, C. beantragt, weil er sich erhofft habe, dass dieser Angaben zu den Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den Bandscheibenvorfällen mache. Allerdings habe dieser alles heruntergespielt. Deshalb habe er auch die Vereidigung von Dr. C. beantragt. Diese Auffälligkeiten bestünden in einem unkontrollierten Zucken der linken Wade. Hinzu würden auch Krämpfe und heftige Schmerzen kommen. Er nehme vier- bis sechsmal täglich 40 Tilidin-Tropfen. Bei Krankengymnastik verstärkten sich die Zuckungen sogar noch. Eine Einspritzung in den Wirbelkanal habe nur für drei Tage Schmerzlinderung erbracht, nicht wie im Gerichtsbescheid angegeben, Beschwerdefreiheit. Eine Operation, die sowohl von Dr. H. als auch von Dr. C. empfohlen worden sei, schließe er weiterhin aus, da er mögliche Komplikationen zu tragen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 10.05.2010 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, da er nicht erwerbsgemindert ist. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit vollständiger Darlegung der entscheidungserheblichen Rechtsnormen sowie aufgrund einer umfassenden Würdigung der medizinischen Befunde und der durchgeführten Ermittlungen abgewiesen. Der Senat schließt sich der Auffassung des Sozialgerichts an und teilt dessen Beweiswürdigung. Deshalb wird auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren auszuführen, dass der bloße Hinweis des Klägers auf ein Zucken seiner linken Wade die Annahme einer Leistungsminderung nicht rechtfertigt. In den Aussagen der befragten Ärzte findet sich kein Hinweis auf ein vom Kläger beschriebenes oder von einem Arzt beobachtetes Zucken seiner linken Wade. Trotz des Vorhalts nicht ausreichend nachgewiesener Leistungseinschränkungen hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung des Senats insoweit keine näheren Angaben gemacht. Der Kläger befindet sich wegen des Zuckens seiner linken Wade offensichtlich nicht in ärztlicher Behandlung, was wiederum auf einen sehr geringen Leidensdruck schließen lässt. Der den Kläger zuletzt behandelnde Arzt, der Orthopäde Dr. C., der ihn zuletzt am 03.04.2012 behandelt hatte, konnte weder motorische Paresen noch sonstige motorische Störungen der unteren Extremitäten feststellen. Der Kläger hatte dort lediglich über Kribbelparästhesien am linken Fußaußenrand geklagt. Eine Sensibilitätsstörung war ebenfalls nicht feststellbar. Eine wesentliche Änderung sei im Behandlungsverlauf (seit Februar 2010) nicht eingetreten. Anhaltspunkte für eine rentenrelevante Leistungsminderung ergeben sich daraus nicht.
Soweit der Kläger beanstandet, das Sozialgericht habe seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass er nach der Medikamenteninjektion an der S1-Wurzel beschwerdefrei gewesen sei, obwohl dadurch nur eine Schmerzlinderung für drei Tage erzielt worden sei, lässt sich damit eine Fehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht begründen. Das Sozialgericht hat den Behandlungsbericht des Radiologen S. vom 19.11.2010 zutreffend wiedergegeben. Dort war angegeben worden, dass der Kläger postinterventionell beschwerdefrei gewesen sei. Dies zeigt jedenfalls, dass die Beschwerden des Klägers einer Behandlung zugänglich sind. Eine Wiederholungsbehandlung je nach klinischem Verlauf hatte der Radiologe S. für möglich erachtet. Dass das Sozialgericht ungeachtet dessen von einer endgültigen Beschwerdefreiheit ausgegangen ist, lässt sich dem Gerichtsbescheid nicht entnehmen.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved