L 6 U 4486/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2490/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4486/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zweiter Instanz zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen eines Arbeitsunfalls Verletztenrente.

Der 1956 geborene Kläger verunfallte am 30.08.2007, als bei Arbeiten an einer Schneidemaschine in der Werkzeugbauhalle sich diese aus der Halterung löste und ihm auf den rechten Ober- und Unterschenkel fiel. Hierbei verdrehte er sich auch das rechte Sp.gelenk (Durchgangsarztbericht PD Dr. L. vom 30.08.2007, orthopädisches Gutachten PD Dr. L. vom 13.07.2011). Die Erstversorgung fand am selben Tag im Krankenhaus D. statt, wo im Röntgenbefund kein sicherer Anhalt auf eine knöcherne Beteiligung erkannt und lediglich eine Verstauchung und Zerrung des oberen Sp.gelenkes rechts bei Zustand nach Unterschenkelfraktur in der Jugend diagnostiziert wurde (Durchgangsarztbericht PD Dr. L. vom 30.08.2007, Bl. 21 B-Akten). Wegen persistierender Schwellung und Schmerzen im Bereich des Metatarsale V erfolgte am 11.09.2007 eine erneute radiologische Kontrolluntersuchung durch Dr. L ... Hierbei zeigte sich in der computertomographischen Untersuchung eine Fersenbein- (calcaneus-) fraktur (Nachschaubericht vom 11.09.2007, Bl. 9 B-Akten). Der Kläger stellte sich sodann bei PD Dr. T., Chefarzt Schwarzwald-Baar-Klinikum V./Sch., Klinik für Unfallchirurgie, vor, der am 19.09.2007 die Calcaneusfraktur rechts osteosyntetisch mit einer Calcaneusplatte versorgte. Nach Entlassung am 02.10.2007 war die Schwellung rückläufig, die Beweglichkeit im Sp.gelenk jedoch endgradig schmerzhaft eingeschränkt, wobei die Röntgenkontrollen eine zunehmende Konsolidierung der Fraktur ohne Stellungsänderung zeigten. Trotz krankengymnastischer Übungsbehandlungen, Massagen und Lymphdrainagen änderte sich die Bewegungseinschränkung nicht und es wurden weiterhin Schmerzen angegeben. Es erfolgte daher vom 10. bis 21.12.2007 sowie vom 28.12.2007 bis 11.01.2008 eine erweiterte ambulante Physiotherapie (EAP). Während hierdurch die Beweglichkeit im oberen Sp.gelenk verbessert werden konnte, war die Beweglichkeit im unteren Sp.gelenk auf die Hälfte der Norm weiterhin eingeschränkt. Ab 14.01.2008 erfolgte eine Belastungserprobung zunächst mit vier Stunden, der Wiedereintritt in die vollschichtige Tätigkeit war ab 04.02.2008 möglich.

In einem ersten Rentengutachten vom 03.07.2008 berichteten Prof. Dr. W./Dr. K., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., von persistierenden Schmerzen des Klägers im rechten unteren Sp.gelenk, dessen Beweglichkeit deutlich eingeschränkt sei. Die Beschwerdesymptomatik sei im Tagesverlauf zunehmend. Außerdem seien Schmerzen beim Gehen über unebenem Boden beklagt worden. Als wesentliche Unfallfolgen wurden rechtsseitig eine knöchern konsolidierte Calcaneusfraktur mit noch einliegendem Osteosynthesematerial, Bewegungseinschränkung oberes und unteres Sp.gelenk mit Umfangsvermehrung und Schwellneigung festgestellt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 20 vom Hundert (v.H.) für sechs Monate seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit (04.02.2008) eingeschätzt.

Mit Bescheid vom 21.07.2008 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. vom 02.02. bis 31.07.2008.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.

Anlässlich einer weiteren Rentenbegutachtung mit ambulanter Untersuchung vom 07.11.2008 durch PD Dr. T./Dr. Sp. äußerte der Kläger nach wie vor Schmerzen im rechten Fuß, insbesondere morgens. Nach Anlaufschmerzen gehe es dann nach einer Weile. Bei der Arbeit müsse er den Sicherheitsschuh wechseln, weil dieser wegen der Schwellung des Fußes drücke. Dann müsse er auch die Schuheinlagen entfernen. Bei Gehen auf unebenem Boden habe er Schmerzen, die Beweglichkeit sei weiterhin eingeschränkt. Er nehme gelegentlich Schmerzmittel. Bei der klinischen Untersuchung wurde eine seitengleiche, kräftige Fußsohlenbeschwielung sowie im wesentlichen regelrechte Muskel- und Knochenvorsprünge erkannt. Um die Achillessehne rechts jedoch fand sich eine Verdickung mit verstrichenen Gelenkkonturen. Die Beweglichkeit im unteren rechten Sprunggelenk war eingeschränkt und auch noch schmerzhaft. Eine Instabilität an den Sprunggelenken wurde nicht festgestellt, der freie Gang auf ebener Erde ohne Schuhwerk war sicher und hinkfrei. Es erfolgte eine seitengleiche Belastung, Knie-, Sprung- und Zehengelenke wurden seitengleich abgerollt, der Zehenspitzen- und Fersengang war sicher und unauffällig, der Stand auf beiden Beinen und Einbeinstand rechts und links sicher und balancefähig. Die Hocke konnte dagegen nur angedeutet ausgeführt werden. Die röntgenologische Untersuchung erbrachte einen Tubergelenkwinkel von 22 Grad, jedoch keine wesentliche Sekundärarthrose. Die Fremdaufnahme des Calcaneus vom 19.08.2008 zeigte eine geringe Inkongruenz der Gelenkflächen im unteren Sprunggelenk. Als Unfallfolgen festgestellt wurden rechts eine knöchern ausgeheilte Calcaneusfraktur rechts, eine Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk, eine Schwellneigung des oberen Sprunggelenks, ein abgeflachter Tubergelenkwinkel des Calcaneus sowie noch einliegendes Metall. Die MdE wurde um 20 v.H. eingeschätzt, Angaben zu einer möglichen Besserung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen wurden nicht gemacht.

Nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. (Bl. 268 B-Akten) gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20.01.2009 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls weiterhin eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. ab 01.08.2008. Als unfallbedingte gesundheitliche Beeinträchtigung wurde eine Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks mit Schwellneigung und belastungsabhängigen Beschwerden, als nicht unfallbedingte Beeinträchtigung ein Zustand nach Unterschenkelbruch als Jugendlicher anerkannt.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch nahm der Kläger anschließend zurück (Bl. 297 B-Akten).

In der Folgezeit stellte sich der Kläger wegen fortbestehender Beschwerden am rechten Sprunggelenk bei Dr. F. (Weichteilschwellung des Weichteilmantels im Bereich des rechten Sprunggelenks, Rückfuß im Stehen verbreitert, Achillessehnengruben verstrichen, Beweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt bei Flexion und Extension, Bl. 299 B-Akten) und Dr. J. (rechte Ferse: Achillessehnengruben verstrichen, Fersenbein druckschmerzhaft, Druckschmerz am Ansatz der Achillessehne am Fersenbein, Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk aufgehoben, deutliche Arthrose im unteren Sprunggelenk, Bl. 303 B. Akten) vor.

Die Beklagte holte das weitere "Zweite Rentengutachten" bei PD Dr. T./O. vom 04.03.2010 ein. Im Rahmen der ambulanten Untersuchung berichtete der Kläger von wechselhaften Beschwerden mit Schmerzen und Schwellungszunahmen im Bereich des rechten Sprunggelenkes. Diese würden hauptsächlich nach längerem Gehen oder Stehen auftreten, dann aber auch eine Zeitlang in Ruhe bestehen. Sie träten ca. zweimal pro Woche auf. Zudem habe er eine Wetterfühligkeit bemerkt. Insbesondere morgens nach dem Aufstehen habe er gelegentlich belastungsabhängige Schmerzen im Sprunggelenk, die nach einiger Zeit nachließen. Gelegentlich nehme er auch entzündungshemmende Mittel ein. Das Gehen auf unebenem Gelände sei weiterhin schwierig. Sowohl in seinen privaten als auch in seinen Arbeitsschuhen trage er Maßschuheinlagen. Der klinische Befund ergab eine seitengleiche Fußsohlenbeschwielung, im Bereich des rechten oberen Sprunggelenkes und Rückfußes bestand eine Restschwellung. Im Stand ließ sich im Seitenvergleich keine Varus- oder Valgusfehlstellung des Rückfußes erkennen. Die Beweglichkeit im rechten unteren Sprunggelenk war im Seitenvergleich eingeschränkt. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk war im Vergleich zur Vorbegutachtung vom November 2008 nahezu frei. Der freie Gang auf ebener Erde mit und ohne Schuhwerk war sicher und hinkfrei, die Kniebeuge konnte jedoch nur bis ca. 50 Grad Beugefähigkeit des Knies ausgeführt werden. Im Röntgenbefund zeigte sich im Bereich der vorderen Gelenkfacette des Calcaneus zum OS Navikulare hin eine diskrete knöcherne Ausziehung sowie eine diskrete subchondrale Sklerose. Der Tubergelenkwinkel (Böhler-Winkel) betrug ca. 24 Grad. Als noch bestehende Unfallfolgen wurden eine knöchern verheilte Calcaneusfraktur rechts, eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk, eine gelegentliche Schwellneigung im rechten oberen Sprunggelenk, ein leicht abgeflachter Tubergelenkwinkel des rechten Calcaneus sowie eine beginnende posttraumatisch-präarthrotische Veränderung im Gelenk und noch einliegendes Metall festgestellt und ausgeführt, es habe sich nunmehr in der Zusammenschau und im Vergleich zu den vorherigen Gutachten eine subjektive und objektive Beschwerdebesserung eingestellt. Insbesondere sei die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk nahezu frei. Der Kläger könne zudem vollschichtig arbeiten. Durch die unregelmäßige Einnahme von entzündungshemmenden Mitteln sowie den regelhaften Gebrauch von maßgeschneiderten Schuheinlagen seien die Beschwerden für den Kläger derzeit erträglich. Die MdE wurde bis zum 04.03.2010 um 20 v.H. und ab 05.03.2010 um 10 v.H. eingeschätzt. Eine weitere Besserung der geschilderten Unfallfolgen sei nicht zu erwarten. Vielmehr müsse im weiteren Verlauf erneut mit einer Beschwerdeverschlechterung im Sinne einer posttraumatischen Arthrose im unteren Sprunggelenk gerechnet werden, wobei derzeit nicht beurteilt werden könne, wann dies eintreten werde. Die regelmäßige Verordnung von entzündungshemmenden Medikamenten sowie die Verordnung von maßgeschneiderten Schuheinlagen sei geboten.

Unter dem 17.03.2010 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Entziehung der Rente an (Bl. 323 B-Akten).

Mit Bescheid "über Ablehnung einer Rente auf unbestimmte Zeit und Entziehung der Rente als vorläufige Entschädigung" vom 08.04.2010 stellte die Beklagte fest, dass wegen der Folgen des Arbeitsunfalls kein Anspruch auf Rente für unbestimmte Zeit bestehe. Außerdem wurde die Rente ab 01.05.2010 entzogen. Zur Begründung wird in dem Bescheid ausgeführt, der Kläger habe bisher wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H. erhalten. Nunmehr könne die MdE für einen längeren Zeitraum beurteilt werden. Ein Anspruch auf Rente für unbestimmte Zeit anstelle der vorläufigen Entschädigung bestehe nicht. Als Folgen des Arbeitsunfalls nach wie vor anerkannt wurde die Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk mit belastungsabhängigen Beschwerden und Schwellneigung bei noch einliegendem Metall.

Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass bei im wesentlichen gleichbleibendem Befund eine Herabsetzung der MdE nicht gerechtfertigt sei. Im vorgelegten Durchgangsarztbericht des Dr. J. vom 16.06.2010 werden am rechten Fuß verstrichene Gelenkkonturen des oberen und unteren Sprunggelenkes sowie der Achillessehne, Druckschmerz ventraler Gelenkspalt sowie oberes Sprunggelenk, Druckschmerz Innenknöchel, Bewegungsschmerz, Beweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt sowie eine Extension/Flexion 15-0-40 Grad sowie eine um die Hälfte eingeschränkte Pro-/Supination befundet und im Röntgenbefund eine beginnende USG-Arthrose erkannt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, es sei spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Arbeitsunfall über eine Rente auf unbestimmte Zeit zu entscheiden. Hierbei sei die MdE ausschließlich aufgrund des gegenwärtigen Befundes zu schätzen. Es handele sich um eine neue Einschätzung der MdE, ohne dass es auf eine Änderung der Verhältnisse ankomme. Nachdem die medizinischen Sachverständigen PD Dr. T./O. anlässlich der Begutachtung vom 04.03.2010 die aus den objektiv nachgewiesenen Beschwerden und funktionellen Beeinträchtigungen resultierende MdE nur noch mit unter 20 v.H. eingeschätzt hätten, bestehe kein Anspruch auf eine Rente über den 30.04.2010 hinaus.

Hiergegen hat der Kläger am 02.08.2010 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und nochmals darauf hingewiesen, dass sich sein Gesundheitszustand nicht wesentlich geändert habe.

Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch schriftliche Zeugenvernehmung.

PD Dr. T./O. gaben unter dem 13.09.2010 an, das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren am 05.02.2008 beendet zu haben. Bei der gutachterlichen Vorstellung des Klägers zur Klärung des Rentengutachtens vom 05.03.2010 habe ein rückläufiges Beschwerdebild bestanden, so dass sie die MdE aus dem Erstgutachten reduziert hätten. Die unfallbedingte MdE sei vom 30.08.2007 bis 05.02.2008 um 100 v.H., vom 02.02.2008 bis 04.03.2010 um 20 v.H. und vom 05.03.2010 bis 10.09.2010 um 10 v.H. einzuschätzen.

Dr. P., Leitender Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Rheuma-Orthopädie D., hat unter dem 24.09.2010 angegeben, sowohl die Distorsion des Sprunggelenkes als auch die festgestellte Fraktur des Fersenbeines seien als Folge des Unfalls vom 30.08.2007 zu werten. Da weder die Weiterbehandlung noch der Abschluss der Behandlung bei ihnen durchgeführt worden sei, könnten zur unfallbedingten MdE keinerlei Angaben gemacht werden. In der Regel bedinge ein Bruch des Fersenbeines Residuen und Restbeschwerden im Bereich des unteren Sprunggelenks.

Dr. J., Facharzt für Chirurgie, hat unter dem 28.09.2010 ausgeführt, die Beweglichkeit im rechten oberen und unteren Sprunggelenk habe sich etwas gebessert, es bestünden aber weiterhin belastungsabhängige Schmerzen. Aufgrund des erlittenen Arbeitsunfalles vom 30.08.2007 bestünde immer wieder Behandlungsbedürftigkeit mit entsprechender Einlagenversorgung, Versorgung mit Kompressionsstrümpfen und mit Schmerzmitteln. Nach der von ihm durchgeführten Untersuchung und Befundung müsse von einer MdE um 20 v.H. ausgegangen werden.

Der Allgemeinarzt Dr. R. hat unter dem 11.10.2010 die seit 18.04.2002 erhobenen Befunde mitgeteilt, zuletzt am 05. und 12.08.2010 Gesundheitscheck und Männerkrebsvorsorge, Hautbeschwerden, eingeschränkte Hüftbeweglichkeit beidseits, derbe, schmerzhafte Fersenschwellung rechts bis Achillessehnenansatz, leicht hinkendes Gangbild und am 16.09.2010 Harnwegsbeschwerden, Fuß- Fersenschmerzen rechts, besonders Richtung Herbst, besonders nach der Arbeit, auch in Ruhe, besonders bei jedem Aufstehen und Gehen, kein ständiger Schmerzmittelkonsum. Er hat weiter ausgeführt, seit 2008 keine Veränderung mehr außer wie im Verlauf beschrieben, bemerkt zu haben. Als Unfallfolgen bestünden eine Schwellung der rechten Ferse und des rechten Rückfußes mit chronischer Hautinfiltration, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Fußes, ein leicht hinkendes Gangbild mit Überlastung der Hüften, was, bei Vorschädigung der Hüftgelenke, diesen eine zusätzliche Belastung und oft Überlastung zufüge. Die unfallbedingte MdE schätze er ab Februar 2008 auf Dauer um 25 v.H.

Sodann hat das SG von Amts wegen bei PD Dr. L./Dr. P. das fachorthopädische Gutachten vom 13.07.2011 eingeholt. Im Rahmen der ambulanten Untersuchung hat der Kläger Beschwerden im Bereich des rechten Sprunggelenkes nach längeren Belastungen, insbesondere längeren Gehstrecken, aber auch auf unebenen Böden geschildert. Dann habe er auch anschließend nächtliche Schmerzen und nehme dann eine antiphlogistische Medikation ein. Eine Schwellneigung bestehe nicht. Zur Verbesserung der Gesamtsituation führe er eigenständig Geh- und Bewegungsbadtherapien in einem Solebad durch. Außerdem trage er ständig Einlagen in seinen Schuhen. Die klinische Untersuchung zeigte eine leicht valgische Beinachse rechts sowie einen leicht vermehrten Umfang im Bereich des Unterschenkels und der Sprunggelenkregion rechts im Vergleich zu links. Die Knöchel- und Fersenbeinregion rechts war im Vergleich zu links deutlich verstrichen und verquollen, die Fußstellung zeigte im Rückfuß einen diskreten Knickfuß mit deutlicher Abflachung des Fußgelenkgewölbes. Der Zehenspitzenstand war beidseits möglich, wobei sich das Fersenbein links komplett und rechts reduziert aufrichtete. Das Gangbild war flüssig und hinkfrei mit normaler Schrittlänge und normalem Abrollverhalten. Sowohl Rück- wie Vorfuß wurden rechts symmetrisch belastet. Im Bereich der oberen Sprunggelenke zeigte sich eine endgradige Bewegungseinschränkung rechts im Vergleich zu links, nämlich dorsal-plantar rechts 10-0-40 Grad und links 20-0-50 Grad. Das rechte untere Sprunggelenk war in seiner Beweglichkeit im Vergleich gegenüber links um die Hälfte reduziert, wobei kein Schmerz angegeben wurde. Im Bereich der Fußwurzel zeigten sich keine Auffälligkeiten. Durchblutung, Sensibilität und Motorik waren im Bereich beider Beine erhalten. Der Röntgenbefund des rechten Sprunggelenks sowie Fersenbeins zeigte im Bereich des unteren Sprunggelenks eine erhebliche Sklerosierung mit Veränderung der Gelenkfläche im Aufsichtsbild sowie einen bis auf 15 Grad abgeflachten Tubergelenkwinkel. In der Seitaufnahme zeigte sich wiederum eine erhebliche Sklerosierung des unteren Sprunggelenks mit unruhiger Gelenkstrukturierung des Talus und auch des Calcaneus im oberen Sprunggelenk. Bei der Tangentialaufnahme zeigte sich eine diskrete Varusverkippung des Calcaneus. Als Unfallfolge hat der Sachverständige eine deutliche Funktionseinschränkung im Bereich des unteren Sprunggelenkes mit radiologisch eindeutigen Arthrosezeichen des unteren Sprunggelenkes festgestellt. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden bei Belastung und bei Gehen auf unebenem Gelände seien glaubhaft und nachvollziehbar. Außerdem finde sich bei der klinischen Untersuchung ein traumatisch bedingter Knickfuß des Rückfußes mit einer Fehlbelastung des gesamten Fußes und der Notwendigkeit einer Einlagenversorgung. Weitere Unfallfolge seien die verstrichenen Gelenkkonturen im Bereich des Fersenbeines und des unteren Sprunggelenkes. Die Unfallfolgen bedingten eine MdE rentenberechtigenden Grades um 20 v.H. Sollten die Beschwerden eher zunehmen, komme eine Versteifung des unteren Sprunggelenkes in Frage. Bei kompletter Ausheilung des unteren Sprunggelenkes führte dies dann zur kompletten Beschwerdefreiheit und vermindere die MdE auf 15 v.H. Der jetzt vorliegende Zustand bedinge jedoch eine Fehlbelastung des Rückfußes mit einer deutlichen Arthrose des unteren Sprunggelenkes und somit eine höherwertige Einstufung.

Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, dass bei einem festgestellten flüssigen Gangbild und seitengleicher Bemuskelung Hinweise auf einen Mindergebrauch der rechten unteren Extremität fehlten und nicht nachvollziehbar sei, wie der Gutachter zu einer MdE um 20 v.H. gekommen sei.

In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18.10.2011 haben PD Dr. L./Dr. P. darauf hingewiesen, dass aufgrund der Verletzung des Unterschenkels bzw. des oberen Sprunggelenkes die Umfangsdifferenz nicht aussagekräftig sei. Denn es sei beim Kläger zu einer Verdickung und Vernarbung des Unterschenkels gekommen, so dass keine Rückschlüsse auf die muskuläre Belastung und Gebrauchsfähigkeit des verletzten Beines gezogen werden könnten. Nach Mehrhoff/Muhr, Unfallbegutachtung, 10. Auflage, bedinge ein Fersenbeinbruch mit geringer Funktionsstörung eine MdE um 20 v.H., bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, 7. Auflage, werde für eine einseitige Fersenbeinfraktur eine durchschnittliche MdE um 25 v.H. angegeben.

Nach Hinweis des Gerichts auf die in der aktuellen Unfallversicherungsliteratur vorgenommenen MdE-Bewertungen haben die Sachverständigen in einer weiteren Stellungnahme vom 16.04.2012 nochmals bestätigt, dass die beim Kläger genannten Veränderungen eine MdE um 20 v.H. rechtfertigten, nämlich die Fehlstellung des Rückfußes sowie die deutliche Arthrose des unteren Sprunggelenkes. Es müsse eine Entscheidung in der Gesamtsituation durchgeführt werden.

Nach Einholung der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. B. vom 06.06.2012, der davon ausging, dass der Funktionszustand des Klägers ziemlich genau zwischen 10 und 20 v.H. liege, dass das im Gutachten beschriebene harmonische, flüssige Gangbild jedoch gegen eine stärkere Schmerzhaftigkeit und für eine Kompensation der Funktionseinschränkung spreche und deshalb die MdE unter 20 v.H. einzuschätzen sei, hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Nachweis einer schmerzhaften Wackelsteife des unteren Sprunggelenkes fehle und die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes im Vergleich zur Untersuchung durch Dr. T. sich gebessert habe. Die Arthrose werde zwar als erheblich bezeichnet, andererseits aber auch nur als beginnend, so dass insgesamt nicht von einer mittelgradigen Arthrose auszugehen sei. Die Fehlstellung des Rückfußes sei nur diskret bzw. leicht bei symmetrischer Belastung sowohl des Rück- als auch des Vorfußes. Dr. L. sei offensichtlich von überholten Bewertungsmaßstäben ausgegangen.

In ihrer weiteren Stellungnahme vom 02.07.2012 führten PD Dr. L./Dr. P. hierzu aus, dass das sensibelste Zeichen einer Minderbelastung der Extremität nicht eine Fußbeschwielung sei, die durch entsprechendes Tragen von Konfektions- oder ähnlichem Schuhwerk keinerlei Aussage erlaube, sondern die Darstellung der objektiven Befunde mit einer Minderung des Umfanges sowie auch Minderung des Kalksalzgehaltes als Zeichen einer längerfristigen asymmetrischen Belastung der Extremitäten.

Mit Urteil vom 29.08.2012 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 01.05.2010 hinaus eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren und sich hierbei auf das bei PD Dr. L./Dr. P. eingeholte Gutachten gestützt.

Gegen das ihr am 02.10.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.10.2012 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung nochmals die bereits erstinstanzlich vorgebrachten Einwendungen erhoben. Zudem sei zu bemängeln, dass auch keine zeitliche Staffelung vorgenommen worden sei, obwohl PD Dr. T. bei seiner Untersuchung am 04.03.2010 eine seitengleiche Fußsohlenbeschwielung beschrieben habe, was für einen gleichmäßigen Gebrauch der Gliedmaßen spreche, und sich im Stand im Seitenvergleich keine Varus- oder Valgusfehlstellung des Rückfußes gezeigt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei daher ebenfalls keine MdE um 20 v.H. gerechtfertigt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. August 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat zur Begründung ausgeführt, immer wieder gezwungen zu sein, Schmerzmittel einzunehmen. Es gebe auch objektive Hinweise darauf, dass eine asymmetrische Belastung der Extremitäten erfolge. Ein flüssiges und harmonisches Gangbild könne auch dann beobachtet werden, wenn die schmerzhafte Wackelsteife durch Einnahme von Schmerzmitteln unterbunden werde. Der Kläger sei um ein flüssiges und harmonisches Gangbild bemüht, um gegenüber seinem Umfeld nicht als "Krüppel" in Erscheinung zu treten.

Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand am 07.03.2013 erörtert. Hier hat der Kläger angegeben, er stehe während seiner vollschichtigen Beschäftigung auf weichem, gedämpftem Untergrund. Dies sei auszuhalten, auf hartem Untergrund sei es schlimmer gewesen. Er benutze Konfektionsschuhe, die über den Knöchel reichten. Vor dem Unfall sei er gewandert, Fahrrad gefahren und geschwommen. Wandern, insbesondere in den Bergen, sei ihm inzwischen nicht mehr möglich, da er bei unebenem Gelände erhebliche Schmerzen verspüre. Er habe kein Wackelgefühl im rechten Sprunggelenk, trage allerdings auch erhöhtes Schuhwerk. Er nehme unregelmäßig Schmerzmittel zu sich. Wegen einer Mehrbelastung der linken Seite habe er Schmerzen in der linken Hüfte. Die Gangprobe bei der Untersuchung durch PD Dr. L. sei barfuß erfolgt. Er sei hierbei einmal im Zimmer auf und ab geschritten. An diesem Tag habe er vor der Untersuchung nicht gearbeitet.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Behördenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 08.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2010 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 01.05.2010 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

Rechtsgrundlagen hierfür sind §§ 7, 8, 56 und 62 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach sind Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der MdE jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII).

Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ist nach den aus diesen gesetzlichen Vorgaben von der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 23/05 R; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R; jeweils zitiert nach juris) entwickelten Grundsätzen erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich ist für die Feststellung von Unfallfolgen, dass länger andauernde Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden sind (haftungsausfüllende Kausalität).

Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgaben und höchstrichterlich geprägten Grundsätze sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und hat der Kläger auch zur Überzeugung des Senats einen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente auf Dauer über den 01.05.2010 hinaus.

In formeller Hinsicht ist der angefochtene Bescheid allerdings rechtmäßig. Wird wie hier nach unbefristeter vorläufiger Entschädigung (Bescheid vom 20.01.2009) in der Folgezeit eine Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt, bedarf dies der Aufhebung des vorläufigen Rentenbescheides, da anderenfalls trotz Ablehnungsbescheides wegen des noch wirksamen vorläufigen Rentenbescheides nach Ablauf von drei Jahren nach § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII Rente auf unbestimmte Zeit geleistet werden müsste. Prinzipiell gebieten Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, in der Aufhebungsentscheidung den Verwaltungsakt genau zu benennen, der aufgehoben werden soll, und auch eindeutig zu sagen, in welchem Umfang er aufgehoben wird (BSG SozR 4-2700 § 62 Nr. 1). Die Beklagte hat zwar im streitgegenständlichen Bescheid vom 08.04.2010 den Bescheid vom 20.01.2009 nicht ausdrücklich genannt. Sie hat jedoch nach Anhörung des Klägers (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) noch hinreichend bestimmt erklärt (§ 33 Abs. 1 SGB X), dass sie die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung aufhebt. Ein objektiver Erklärungsempfänger konnte dem Bescheid vom 08.04.2010 aufgrund der näheren Bezeichnung des Bescheides als "Ablehnung einer Rente auf unbestimmte Zeit und Entziehung der Rente als vorläufige Entschädigung" und der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2010 noch entnehmen, dass dieser den Verwaltungsakt vom 20.01.2009 aufgehoben hat. Auch die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 20.01.2009 festgestellt, dass der Kläger ein Recht auf eine Rente als vorläufige Entschädigung hat. Der Vorbehalt erleichterter Abänderbarkeit ist nicht kraft Gesetzes entfallen (§ 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ), weil der Dreijahreszeitraum bei Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 08.04.2010 noch nicht verstrichen war. Im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes hat die Beklagte den Umfang der MdE abschließend bewerten können und müssen. Eine vorläufige Rente soll innerhalb des Dreijahreszeitraums nur gewährt werden, wenn die MdE noch nicht abschließend bewertet werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Immer dann, wenn die Gesundheitssituation eines Versicherten eine abschließende Feststellung der MdE über den Dreijahreszeitraum hinaus zulässt, liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht mehr vor. In einem solchen Fall müssen die Träger über eine Rente auf unbestimmte Zeit entscheiden. Die Beklagte konnte die MdE des Klägers abschließend feststellen, denn in den Gesundheitsfolgen der Klägerin war eine Stabilisierung erreicht, die die Prognose gerechtfertigt hat, die festgestellte MdE werde über den Zeitraum von drei Jahren nach dem Versicherungsfall hinaus in dem gegebenen Umfang fortbestehen. Sind die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII - wie hier - gegeben, hat die Beklagte trotz des Wortes "kann" kein Ermessen. Denn die Erkenntnis, welche MdE voraussichtlich über den Ablauf des Dreijahreszeitraums fortbestehen wird, ist eine Tatsachenfeststellung. Von ihr allein hängt es ab, ob der Versicherte wegen seines Versicherungsfalls überhaupt ein Recht auf Rente nach § 56 Abs. 1 SGB VII hat, ggf. hängt von ihr auch die Höhe der Rente ab. Auf sie besteht ggf. ein Rechtsanspruch nach § 56 Abs. 1, 3 SGB VII, der für ein Ermessen in Bezug auf seine Feststellung durch den leistungspflichtigen Träger keinen Raum lässt. Das Gesetz trägt mit dem Wort "kann" nur dem Umstand Rechnung, dass die "abschließende" Feststellung der MdE zu einer anderen MdE als "vorläufig" festgesetzt, aber auch zu derselben führen kann. Es befugt und verpflichtet den Träger, die "abschließende" Tatsachenfeststellung ungeachtet der bisherigen MdE-Feststellungen und insbesondere ohne das Erfordernis einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu treffen.

Der Bescheid vom 08.04.2010 ist jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtswidrig. Denn der Kläger hat auch über den 01.05.2010 hinaus einen Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H.

Dass der Kläger am 30.08.2007 im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit einen Unfall erlitten hat und hierdurch ein Gesundheitserstschaden sowie Gesundheitsfolgeschäden verursacht worden sind, hat die Beklagte mit Bescheiden vom 21.07.2008, 20.01.2009 und 08.04.2010 konkludent anerkannt. Diese Feststellungen hat die Beklagte auch nicht etwa durch Bescheid vom 08.04.2010 zurückgenommen. Vielmehr wird darin ausdrücklich nochmals bestätigt, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat und als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk mit belastungsabhängigen Beschwerden und Schwellneigung bei noch einliegendem Material zu berücksichtigen sind.

Unmittelbare Folge des Unfallereignisses war ein Fersenbeinbruch rechts, der inzwischen knöchern verheilt ist.

In der aktuellen unfallversicherungsrechtlichen Literatur wird ein Fersenbeinbruch mit geringer Funktionsstörung verheilt mit einer MdE um bis 10 v. H. und mit erheblicher Funktionsstörung verheilt mit einer MdE um 20 bis 30 v. H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Auflage 2010, Seite 167) bzw. wird ein Fersenbeinbruch mit geringfügig erniedrigtem Tubergelenkwinkel und geringen sekundärarthrotischen Veränderungen im unteren Sp.gelenk mit einer MdE um 10 v. H. und mit deutlicher Abflachung des Tubergelenkwinkels, mittelgradiger Arthrose und schmerzhafter Wackelsteife des unteren Sprunggelenks, Fehlstellung des Rückfußes im Varus- oder Valgussinn, noch ausreichender Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk und in der Fußwurzel mit einer MdE um 20 v. H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2009, S. 679) bewertet.

Die auf den Arbeitsunfall vom 30.08.2007 zurückzuführenden, noch bestehenden Unfallfolgen bedingen danach auch zur Überzeugung des Senats eine rentenberechtigende MdE um 20 v. H. Der Senat stützt sich hierbei auf das von Amts wegen eingeholte Gutachten von PD Dr. L./Dr. P. und deren ergänzende Stellungnahmen sowie die schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. J. und Dr. R., die allesamt die verbliebenen Unfallfolgen mit einer MdE um 20 v. H. oder höher bewertet haben, aber auch auf die im urkundlich zu verwertenden Gutachten der PD Dr. T./O. mitgeteilten Befunde.

Danach ist die Beweglichkeit des rechten Sprunggelenks des Klägers unfallbedingt erheblich eingeschränkt. Hiervon betroffen ist in erster Linie das untere Sprunggelenk, wo sowohl Dr. J. im Durchgangsarztbericht vom 16.06.2010 als auch PD Dr. L./Dr. P. in ihrem Gutachten vom 13.07.2011 eine im Vergleich zum linken Sprunggelenk um die Hälfte reduzierte Beweglichkeit gemessen haben, während PD Dr. T./O. anlässlich ihrer Untersuchung vom 04.03.2010 sogar noch eine Reduzierung um 2/3 im Seitenvergleich festgestellt haben. Aber auch im Bereich des oberen rechten Sprunggelenks haben Dr. J. (15-0-40 Grad) und PD Dr. L./Dr. P. (rechts 10-0-40 Grad, links 20-0-50 Grad) eine Bewegungseinschränkung ermittelt, während PD Dr. T./O. hier von einem seitengleichen Bewegungsumfang (beidseits 20-0-40 Grad) ausgingen.

Ebenfalls Auswirkung auf die Funktionsfähigkeit des rechten Fußes hat die von PD Dr. L./Dr. P. beschriebene Fußstellung, die rechts im Rückfuß einen diskreten Knickfuß mit deutlicher Abflachung des Fußlängsgewölbes gezeigt hat und die nach überzeugender Auffassung der Gutachter zu einer Fehlbelastung des gesamten Fußes führt. Außerdem hat sich bei der Untersuchung durch PD Dr. L./Dr. P. das Fersenbein beim Zehenspitzenstand rechts nicht mehr korrekt und nicht suffizient, links jedoch komplett aufgerichtet. Im Röntgenbefund der Tangentialaufnahme des Fersenbeines zeigte sich darüber hinaus eine diskrete Varusverkippung des Calcaneus.

Besondere Bedeutung kommt im Falle eines Fersenbeinbruchs dem Tubergelenkwinkel (Winkel zwischen dem hinten gelegenen Höcker des Fersenbeins und der Gelenkfläche des unteren Sprunggelenks) zu, der regelrecht 30 bis 40 Grad beträgt. Je mehr dieser Winkel abnimmt, um so eher ist das Fersenbein zusammengestaucht und umso wahrscheinlicher verbleibt eine Bewegungsstörung im unteren Sprunggelenk (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 672). Hier haben PD Dr. L./Dr. P. eine Abflachung des Winkels bis auf 15 Grad und somit eine erhebliche Normabweichung gemessen, während PD Dr. T./Dr. Sp. im Gutachten vom 11.11.2008 einen Winkel von 22 Grad und PD Dr. T./O. im Gutachten vom 04.03.2010 einen Winkel von 24 Grad und somit zwar bessere, aber immer noch unter normwertige Maße erhoben haben. Der Senat hält daher die Einschätzung von PD Dr. L./Dr. P. für schlüssig, dass der Bruch des Fersenbeines mit einer Defektbildung im Bereich des Fersenbeinwinkels sowie auch der Gelenkform im unteren Sprunggelenk ausgeheilt ist.

Nicht weniger bedeutsam sind die von PD Dr. L./Dr. P. nachgewiesenen Arthrosezeichen im Bereich des unteren rechten Sprunggelenks. Hier zeigte die Aufsichtsaufnahme eine erhebliche Sklerosierung mit Veränderung der Gelenkfläche und auch in der Seitaufnahme war eine erhebliche Sklerosierung des unteren Sprunggelenks mit unruhiger Gelenkstrukturierung des Talus und auch des Calcaneus im Bereich des oberen Sprunggelenks zu erkennen. Auch insoweit hält der Senat daher die Einschätzung der Gutachter für nachvollziehbar und überzeugend, dass im Bereich des unteren Sprunggelenks eine erhebliche, beginnende arthrotische Veränderung im Sinne einer Sklerosierung und Gelenkspaltverschmächtigung vorliegt. Dass sich bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.04.2010 eine unfallbedingte Arthrose im rechten unteren Sprunggelenk abzeichnete, ergibt sich auch aus dem Gutachten von PD Dr. T./O., wenn dort im Röntgenbefund im Bereich der vorderen Gelenkfacette des Calaneus zum Os Navikulare hin eine diskrete knöcherne Ausziehung sowie eine diskrete subchondrale Sklerose beschrieben wird, und wird bestätigt durch Dr. J., der im Durchgangsarztbericht vom 16.06.2010 eine beginnende USG-Arthrose festgestellt hat.

All dies bedingt in der Gesamtbetrachtung erhebliche unfallbedingte Funktionsstörungen, die eine MdE um 20 v. H. rechtfertigen. Soweit die Beklagte im Wesentlichen unter Hinweis auf das von den Sachverständigen PD Dr. L./Dr. P. bzw. PD Dr. T./O. im urkundlich zu verwertenden Gutachten vom 04.03.2010 beschriebene flüssige bzw. sichere und hinkfreie Gangbild lediglich eine MdE von weniger als 20 v. H. für gerechtfertigt hält, vermag sich dem der Senat nicht anzuschließen. Zwar ist der schmerzfreie Gang ein ganz maßgebliches Kriterium für die Funktionsfähigkeit der Bein- und Fußgelenke (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 677). Die kurzfristige Demonstration der Gehfähigkeit im Untersuchungszimmer vermittelt indes allein keinen verlässlichen Eindruck hierüber. Bei der Bewertung der MdE mit zu berücksichtigen ist die dauerhafte Funktionalität sowie Vielseitigkeit der Belastung. Insoweit sind für den Senat vorliegend verschiedene weitere Umstände in die Betrachtung und Bewertung mit einzubeziehen und rechtfertigen bei einer Gesamtwürdigung vorliegend, von einer unfallbedingten MdE rentenberechtigenden Grades auszugehen. Anlässlich der Untersuchung durch die Sachverständigen PD Dr. L./Dr. P. hat der Kläger über anhaltende, unveränderte Beschwerden im Bereich des rechten unteren Sprunggelenks geklagt. Es ist ihm zwar möglich, insbesondere nach den geänderten Arbeitsbedingungen (weicher, ebener Untergrund) seiner täglichen Arbeit nachzugehen, er hat jedoch bei längerer körperlicher Belastung sowie nach Gehstrecken auf unebenen Wegen eine deutliche Beschwerdezunahme mit intermittierender Medikamenteneinnahme. Dieses Vorbringen hält der Senat für glaubhaft, zumal der Kläger auch nach dem im Erörterungstermin des Berichterstatters vermittelten Eindruck eher zur Dissimulation zu neigen scheint und keine Widersprüche oder Steigerungen im Vorbringen festzustellen sind. Dass eine solche Beschwerdezunahme unter Dauerbelastung im Rahmen einer ambulanten Untersuchung nicht reproduziert werden kann, versteht sich von selbst, kann aber nicht dazu führen, einen solchen Umstand außer Betracht zu lassen. Hinzu kommt, dass der Kläger bei den behandelnden Ärzten durchaus auch über Schmerzen bei der klinischen Untersuchung berichtet hat. So hat Dr. J. am 16.06.2010 rechtsseitig Druckschmerz am ventralen Gelenkspalt und am oberen Sprunggelenk Innenknöchel sowie Bewegungsschmerz befundet und in seiner schriftlichen Zeugenauskunft vom 28.09.2010 mitgeteilt, es bestünden weiterhin belastungsabhängige Schmerzen mit Verschreibung von Schmerzmitteln. Dies korrespondiert mit den Angaben des Allgemeinarztes Dr. R., der am 05. und 12.08. sowie 16.09.2010 eine derbe, schmerzhafte Fersenschwellung rechts bis Achillessehnenansatz, Fuß- und Fersenschmerzen rechts, besonders Richtung Herbst und nach der Arbeit, auch in Ruhe festgestellt hat. Dass er darüber hinaus auch ein leicht hinkendes Gangbild erkannt hat, spricht gegen die Annahme der Beklagten, eine sichtbare Beeinträchtigung der Gehfähigkeit des Klägers würde nicht bestehen, sondern für eine solche bei oder nach entsprechender Dauerbelastung. Zur Überzeugung des Senats muss sich vorliegend auch nicht zwingend ein Mindergebrauch der rechten unteren Extremität durch eine unterschiedliche Fußsohlenbeschwielung im Seitenvergleich bzw. unterschiedliche Umfangsmaße im Fußknöchelbereich nachW.n lassen. Denn zum einen wäre auch eine nicht notwendigerweise durch die genannten äußeren Merkmale gekennzeichnete Fehlbelastung des Fußes - wie von PD Dr. L./Dr. P. beschrieben - MdE-relevant. Einen entsprechenden Zusammenhang zwischen unfallbedingter Beeinträchtigung des rechten Fußes und zusätzlicher Belastung und Überlastung des vorgeschädigten linken Hüftgelenkes hat auch Dr. R. in seiner schriftlichen Zeugenaussage erkannt. Zum anderen haben PD Dr. L./Dr. P. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fußsohlenbeschwielung als Parameter für eine Minderbelastung der Extremitäten bei Verwendung von Konfektionsschuhwerk nur eingeschränkt geeignet ist und im Hinblick auf die verplumpte und narbig veränderte Knöchelregion rechts ein Vergleich der Umfangmaße keinen eindeutigen Beleg für eine fehlende Muskelatrophie gibt. Auch der im Erörterungstermin des Berichterstatters genommene Augenschein beider Fußknöchel zeigte einen verdickten, konturenlosen rechten Knöchel bei vergleichsweise normaler Kontur des linken Knöchels. Als deutliches Zeichen für unfallbedingte Funktionseinschränkungen in Form von belastungsabhängigen Beschwerden wertet der Senat hingegen die vom Kläger eigenständig durchgeführte Geh- und Bewegungstherapie in einem Solebad. Außerdem ist der Kläger auf die ständige Nutzung von Schuheinlagen in seinen Arbeits- und seinen Konfektionsschuhen angewiesen und muss intermittierend Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente einnehmen. Schließlich ist die im Gutachten von PD Dr. L./Dr. P. getroffene Aussage, der Kläger stelle sich mit normalem, stabilem Schuhwerk vor, dahingehend zu präzisieren, dass es sich hierbei um Schuhe handelt, die zur Stabilisierung des Sprunggelenks dieses mit einbinden. In der Gesamtbetrachtung bedingt dies eine unfallbedingte MdE um 20 v. H. auch für die Zeit ab 01.05.2010. Dass sich im Zeitraum zwischen der Begutachtung durch PD Dr. T./O. und der durch PD Dr. L./Dr. P. eine Verschlechterung der Unfallfolgen ergeben hätte, die erst ab der Begutachtung durch PD Dr. L./Dr. P. eine MdE um 20 v. H. rechtfertigen würde, hält der Senat im Hinblick auf das gleichbleibende Beschwerdevorbringen des Klägers und den sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. R., der keine Veränderung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen seit 2008 festgestellt hat, und des Dr. J., der keine Verschlechterung, sondern eine leichte Besserung der Beweglichkeit des rechten oberen und unteren Sprunggelenks erkannt hat, für nicht erwiesen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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