L 11 R 4831/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3758/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4831/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.10.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der 1954 geborene Kläger hat eine Ausbildung als Schreiner abgebrochen und war vom 20.01.1997 bis zum 31.05.2007 bei der Firma Möbel R. und vom 01.05.2008 bis Herbst 2009 bei der Firma K. GmbH als Küchenmonteur versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger hat am 11.09.2008 einen Herzinfarkt erlitten. Seit dem 11.03.2010 bezieht er Arbeitslosengeld.

Nachdem der Kläger am 26.04.2010 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung beantragte, holte die Beklagte ein Gutachten bei Dr. H., Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 16.06.2010 ein. Dr. H. kam darin zum Ergebnis, dass dem Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenmonteur nicht mehr zumutbar sei. Leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne übermäßigen Zeitdruck, überwiegend im Sitzen, ohne Exposition von Nässe, Kälte und Hitze seien noch vollschichtig möglich. Dr. H. diagnostizierte eine koronare Zweigefäßerkrankung mit Herzinfarkt und gefäßerweiterndem Eingriff im November 2008 mit leicht eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens, zudem einen medikamentös gut eingestellten Bluthochdruck.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2010 ab.

Der Kläger hat hiergegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Dr. Sch., Facharzt für Allgemeinmedizin, hat am 14.01.2011 mitgeteilt, dass der Kläger infolge des Herzinfarktes seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit sowie leichte Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Der behandelnde Kardiologe Dr. R. kommt in seiner Aussage vom 12.01.2011 zum Ergebnis, dass der Kläger wegen der schwankenden, teils deutlich eingeschränkten kardiologischen Belastbarkeit sowie der Angstsymptomatik keine tägliche Arbeit über sechs Stunden verrichten könne.

Das SG hat des Weiteren die Arbeitgeber des Klägers bezüglich der näheren Umstände der Beschäftigung des Klägers befragt. Die Firma K. GmbH hat mitgeteilt, dass der Kläger tariflich der Gruppe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen sei. Es bestehe eine Einlernzeit von ein bis zwei Jahren. Die Firma Möbel R., bei der der Kläger vom 20.10.1997 bis zum 31.05.2007 beschäftigt war, hat mit Schreiben vom 11.02.2011 mitgeteilt, dass der Kläger als angelernter Arbeiter mit einer Anlernzeit von sechs bis zwölf Monaten tätig gewesen sei.

Das SG hat Prof. Dr. Ha. mit der Erstellung eines internistischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt. Prof. Dr. Ha. kommt darin zum Ergebnis, dass eine leicht- bis mittelgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion nach Hinterwandinfarkt vorliege. Leichte Tätigkeiten könnten bei der Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch vollschichtig verrichtet werden. Auf Anforderung des SG hat der Gutachter am 26.08.2011 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben (Bl 130 bis 132 der SG-Akte).

Des Weiteren ist Dr. St. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen beauftragt worden. Dieser hat in dem am 29.02.2012 erstellten Gutachten keine neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen feststellen können. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten. Auf Anforderung des SG hat Dr. St. am 27.04.2012 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben (Bl 161-162 der SG-Akte).

Mit Urteil vom 16.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien. Hierzu hat es auf die Gutachten von Dr. H., Prof. Dr. Ha. und Dr. St. Bezug genommen. Der Kläger sei zwar nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenmonteur auszuüben. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI bestehe jedoch nicht. Der Kläger sei der Gruppe der angelernten Arbeiter nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts (BSG) zuzuordnen. Der Kläger könne daher zumutbar auf eine Verweisungstätigkeit als Pförtner oder Registrator verwiesen werden.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger hat zur Begründung der Berufung auf seine schwere Herzerkrankung verwiesen und einen Bericht von Dr. Sch. vom 21.11.2012, einen Bericht von Dr. M. und Dr. Schn., Klinik für Innere Medizin des Z.-Klinikums über einen stationären Aufenthalt vom 30.07. bis zum 01.08.2012 sowie einen Bericht von Dr. R. vom 07.08.2012 vorgelegt (Bl 9-15 der Berufungsakte).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.10.2012 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt unter Aufhebung des Bescheides vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2010 dem Kläger nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften befristete Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit November 2010 bis Oktober 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Gregor vorgelegt, wonach auch die im Berufungsverfahren vorlegten Befundberichte keine Änderung der Beurteilung ergäben. So habe sich keinerlei Hinweis auf eine Belastungsischämie geboten. Die Bescheinigung von Dr. Sch., dass die Hypokinesie auf Dauer zu einer Herzinsuffizienz führe, sei unzutreffend, wenn die globale Myocardfunktion normal sei. Des Weiteren hat die Beklagte auf das ihrer Ansicht nach zutreffende Urteil der ersten Instanz verwiesen.

Mit Beschluss vom 12.04.2013 hat der Senat den Antrag des Klägers, ihm für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die erforderlichen Erfolgsaussichten nicht gegeben seien.

Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, dass er beabsichtigt, nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 27.05.2013. Der Hinweis ist ihnen zugestellt worden.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer befristeten Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger leichte Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne übermäßigen Zeitdruck und Fließbandarbeit noch sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Bei der Begutachtung durch Dr. H. im Verwaltungsverfahren konnten im psychiatrischen Befund keine Besonderheiten festgestellt werden. So war die Stimmungslage ausgeglichen und der Antrieb sowie die affektive Schwingungsfähigkeit normal. Auch das Belastungs-EKG ergab keinen pathologischen Befund über die bereits bekannten kardiologischen Einschränkungen hinaus. Folgerichtig führt Dr. H. in ihrer Leistungseinschätzung aus, dass zwar kardio-vaskuläre Risikofaktoren durch den Nikotinkonsum, den Bluthochdruck, die Hypercholesterinämie und die familiäre Disposition vorliegen, jedoch sich hieraus lediglich qualitative Leistungseinschränkungen ergeben. Die Einschätzung von Dr. H. ist nach Prüfung und Bewertung durch den Senat schlüssig, da sich die kardiologische Situation nach der Krankenhausbehandlung im März 2009 im weiteren Verlauf als stabil gezeigt hat und insbesondere nach sozialmedizinischen Maßstäben noch eine ausreichende Belastbarkeit des Klägers vorliegt. Dies belegt auch das Belastungs-EKG, welches bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Ha. durchgeführt wurde. Dieses wurde bei 100 Watt wegen Belastungsdyspnoe ohne ischämietypische Veränderungen abgebrochen. Der Abbruch erfolgte daher infolge einer allgemeinen Erschöpfung und nicht infolge einer kardiologischen Ursache. Auch die Ejektionsfraktion war mit 45 % leicht reduziert. Folgerichtig führt Prof. Dr. Ha. in seiner Leistungseinschätzung aus, dass die stabile Angina pectoris bei koronarer Herzerkrankung mit leicht bis mittelgradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion die Verrichtung von mittelschweren bis schweren Arbeiten ausschließe. Leichte Tätigkeiten seien jedoch noch vollschichtig zumutbar. Auch die anamnestisch angegebenen Ängste bezüglich der Herzerkrankung führen nicht zu einer Aufhebung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Der Senat schließt dies aus den Feststellungen von Dr. St. in seinem Gutachten vom 29.02.2012. Danach lag auf psychiatrischem Gebiet keine Depressivität oder Antriebsminderung mit erhaltener affektiver Schwingungsfähigkeit vor. Es bestehe eine normale Besorgnis über die Herzerkrankung. Diese habe jedoch noch nicht zu einer Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet geführt. Nach Auffassung des Senats belegen auch die anamnestischen Angaben bei der Begutachtung durch Dr. St., dass der Kläger noch über einen ausreichenden Bekanntenkreis und familiäre Kontakte verfügt. Der Kläger ist auch noch in der Lage, sich selbst zu versorgen und hilft teilweise seinem Vermieter bei leichten Verrichtungen im Garten. Ein sozialer Rückzuge infolge einer psychiatrischen Erkrankung liegt danach nicht vor. Auch findet eine fachspezifische Behandlung wegen der angegebenen Angstsymptomatik nicht stattfindet, was gegen einen erheblichen Leidensdruck spricht. Die Leistungseinschätzung von Dr. St. ist somit nach Prüfung und Bewertung durch den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Auch aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen ergibt sich keine andere Beurteilung des Sachverhaltes.

Durch die vom SG durchgeführte Beweiserhebung sind die Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. Sch. und Dr. R. widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach stRspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Auch soweit Dr. Sch. eine Herzinsuffizienz diagnostiziert, folgt ihm der Senat nicht. Diesbezügliche Befunde liegen auch im Berufungsverfahren nicht vor. Nach dem Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt vom 30.07.2012 bis zum 01.08.2012 war die kardiopulmonale Untersuchung unauffällig und die Herzenzyme und die EKG-Kontrolle haben keine akut - myokardiale Ischämiereaktion ergeben. Das maximale Belastungsniveau belief sich auf 75 Watt. Dies entspricht noch leichten bis teilweise sogar mittelschweren körperlichen Belastungen (Sozialmedizinische Begutachtung für die Deutsche Gesetzliche Rentenversicherung, 7. Auflage 2011, S 297-299). Auch bei der anschließend durch Dr. R. durchgeführten Stress-Echokardiografie zeigte sich bei einer 2-minütigen Belastung von 75 Watt keine Belastungsischämie (Bericht Dr. R. vom 07.08.2012). Die Beschwerden seien am ehesten muskulo-skelettal bedingt. Insoweit folgt der Senat dem fachspezifischen Gutachten von Prof. Dr. Ha., wonach die kardiologische Erkrankung die Verrichtung leichter Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich nicht ausschließt.

Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. H., Prof. Dr. Ha. und Dr. St. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. H., Prof. Dr. Ha. und Dr. Dr. St. an. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeine Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Der Ausschluss von Arbeiten in Nässe und Kälte, beides ganz allgemein der Gesundheit abträglich, versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. H., Prof. Dr. Ha. und Dr. St. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.

Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem 26.04.2010 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.

Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI besteht zur Überzeugung des Senates nicht. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 240 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 61 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die (1.) vor dem 02.01.1961 geboren und (2.) berufsunfähig sind (§ 240 Abs 1 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Der Senat verweist insoweit auf die Angaben der vom SG befragten Arbeitgeber, wonach der Kläger der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen ist. Diesbezüglich hat das SG auch zutreffend ausgeführt, dass der Kläger zumutbar auf die Verweisungstätigkeiten eines Pförtners oder eines Registrators nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, 25.09.2012, L 13 R 4292/09, juris; LSG Baden-Württemberg, 13.11.2012, L 11 R 5240/10, juris; 25.09.2012, L 13 R 6087/09, juris) verwiesen werden kann.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Prof. Dr. Ha. und Dr. St. in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte und dem Verwaltungsgutachten von Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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