L 8 AL 1172/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 AL 2096/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1172/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. Februar 2010 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30.04.1997 bis 07.04.1998 und die Aufforderung zur Erstattung gezahlter Arbeitslosenhilfe einschließlich von der Beklagten getragener Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 10.177,98 EUR.

Der im Jahr 1944 geborene Kläger ist t. Staatsangehöriger. Er beantragte Ende 1994 die Bewilligung von Arbeitslosengeld, nachdem sein seit 1969 bestehendes Arbeitsverhältnis mit der Firma N. unter Zahlung einer Abfindung von 70.000 DM geendet hatte. Der Kläger bezog bis 29.04.1997 Arbeitslosengeld in Höhe von 68,50 DM täglich mit Unterbrechungen durch den Bezug von Krankengeld.

Am 23.04.1997 beantragte der Kläger die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Die Frage nach vorhandenem Vermögen und nach der Erteilung von Freistellungsaufträgen beantwortete der Kläger mit nein. Die Beklagte fragte mit Schreiben vom 24.04.1997 nach dem Verbleib der von der Firma N. ausgezahlten Abfindung.

Der Kläger erklärte unter dem 09.05.1997, er habe im Jahr 1995 eine Abfindung von 70.000 DM von seiner Arbeitgeberin erhalten. Diese habe er wie folgt verwendet: Verlobung des Sohnes E. , Januar 1996 8.000 DM Hochzeit des Sohnes E. in der Türkei, August 1996 17.500 DM Urlaub anlässlich der Hochzeit für fünf Personen 4.350 DM Nebenkosten der Reise und Geschenke für die Schwiegertochter 3.500 DM Lebensunterhalt für die Mutter in der Türkei 1995 4.800 DM 1996 4.500 DM 1997 4.600 DM Krankheitskosten für die Mutter 1995-1997 1.500 DM Betreuungskosten für die Mutter 1995-1997 2.000 DM Lebensunterhalt für Sohn A. und Schwiegertochter N. in d. Türkei 1995 9.800 DM Lebensunterhalt für Schwiegertochter N. in der Türkei 1996 4.000 DM 1997 4.000 DM Kosten für Todesfall Sohn A. Dezember 1995 in der Türkei 10.500 DM Reisekosten wegen Todesfall Sohn A. 3.500 DM Studienkosten für Sohn E. einschließlich Lebensunterhalt 1995 11.000 DM 1996 12.000 DM 1997 3.000 DM Studienkosten für Sohn M. einschließlich Lebensunterhalt 1995 5.000 DM 1996 12.000 DM 1997 3.000 DM eigene Urlaubskosten mit Ehefrau 1995 5.000 DM und Sohn M. 1996 6.500 DM Tilgung private Schulden ca. 13.800 DM Summe der Aufwendungen ca. 153.850 DM

Mit Bescheiden vom 20.05.1997 und 08.07.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 30.04.1997. Nachdem der Kläger sich ortsabwesend gemeldet hatte, endete der Arbeitslosenhilfebezug am 16.08.1997. In der Zeit vom 30.04.2007 bis 16.08.1997 erhielt der Kläger 4.286,69 DM Arbeitslosenhilfe ausbezahlt. Am 08.09.1997 beantragte der Kläger die Neubewilligung von Arbeitslosenhilfe. Die Frage nach vorhandenem Vermögen beantwortete er erneut mit nein. Der Kläger erhielt Arbeitslosenhilfe in Höhe von 363,37 DM wöchentlich (08.09.1997 bis 31.12.1997: 5.989,50 DM).

Im April 1998 fragte die Beklagte nach vorhandenem Vermögen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Kläger einen Freistellungsauftrag erteilt hatte. Der Kläger gab an, dass dieser der Hausbank erteilt worden sei und übersandte einen Kontoauszug mit einem Kontostand von 1.959,38 EUR. In weiteren Fortzahlungsanträgen gab der Kläger weiterhin an, kein Vermögen zu haben. Sein Freistellungsauftrag sei der C. Bank erteilt worden, Zinsen habe er keine erwirtschaftet. Er übersandte auf Nachfrage Steuerbescheinigungen und Erträgnisaufstellungen seiner Bank, nach denen er Zinsen in geringer Höhe erzielt hatte.

Seit 01.11.2004 bezieht der Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Infolge von Ermittlungen des Hauptzollamts S. wurde der Beklagten im September 2005 bekannt, dass der Kläger bei der türkischen Nationalbank ein Guthaben von 80.000 DM angelegt hatte. Die Ehefrau des Klägers legte am 31.01.1995 einen Betrag von 20.000 DM über die D. Bank bei der TC M. Bankasi in A. für die Dauer von zwei Jahren an. Der Kläger legte am 31.01.1995 Beträge von 60.000 DM und 20.000 DM für eine Laufzeit von zwei Jahren an.

Mit Schreiben vom 10.10.2005 hörte die Beklagte den Kläger dahingehend an, dass er in der Zeit vom 30.04.1997 bis 31.10.2004 Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen habe. Der Sohn des Klägers teilte mit (Schreiben vom 17.10.2005), sein Vater werde sich nach Rückkehr aus dem Ausland äußern.

Mit Schreiben vom 23.01.2006 hörte die Beklagte den Kläger erneut dahingehend an, dass er Arbeitslosenhilfe in Höhe von 11.170,95 EUR für die Zeit vom 30.04.1997 bis 28.07.1998 zu Unrecht bezogen habe. Er habe Vermögen im Umfang von 80.000 DM gehabt, das er nicht angegeben habe. Der Kläger möge eine Erklärung diesbezüglich abgeben und Nachweise vorlegen.

Der Kläger teilte unter dem 02.02.2006 mit, dass er eine Abfindung in Höhe von 60.000 DM von der Firma N. erhalten habe. Diesen Betrag habe er bei der türkischen Nationalbank angelegt. Seine Frau habe 20.000 DM angelegt, die aus einem Anfang der 90er Jahre aufgenommenen Kredit stamme, der in Raten zurückgezahlt worden sei. Er unterstütze seit 1991 seine 1917 geborene Mutter in der Türkei, deren Pflegerin er mehrere hundert Euro im Monat zahle. Dieses Geld habe er sich über einen längeren Zeitraum von Freunden und Bekannten geliehen und später zurückbezahlt. Teilweise zahle er heute noch. Sein Sohn A. sei 1995 verstorben, er habe sich das Geld für die Beerdigung bei Verwandten geliehen, da das Geld in der Türkei fest angelegt gewesen sei und die Kündigung zu Zinsverlusten geführt habe. Außerdem sei der Abfindungsbetrag der Beklagten bekannt gewesen. Die Abfindung sei unter ihrer Mitwirkung ausgehandelt worden. Er sei davon ausgegangen, dass er bereits angegebenes Geld nicht noch einmal angeben müsse.

Am 17.03.2006 trug der Kläger vor, dass er sich Anfang 1996 50.000 DM von seiner Schwägerin habe leihen müssen, um die Beerdigungskosten zu bezahlen. Von diesem Geld habe er auch die Kosten für Verlobung und Hochzeit seines anderen Sohnes bezahlt. Dazu legte er eine handschriftliche Bescheinigung seiner Schwägerin Ü. O. vor, dass sie ihm im Januar 1996 50.000 DM geliehen habe. Davon habe er im September 1997 3.000 DM, im November 1997 1.246 DM, im September 1998 3.000 DM, im August 1999 15.000 DM und im Februar 2001 32.000 DM und 7.000 DM (Gesamtbetrag: 61.246 DM) zurückgezahlt.

Ende März 2006 legte der Kläger eine Sterbeurkunde über den Tod seines Sohnes am 22.12.1995, eine Bestattungsgenehmigung, eine Bestätigung für das Finanzamt E. der Dorfgemeinde A. vom 10.04.1996 über Beerdigungskosten von 6.275 DM und eine Unterhaltsbescheinigung für die Schwiegertochter N. Ö. des Kreises T. vom 26.03.1996 vor. Dazu trug er vor, dass auch der Unterhalt aus dem geliehenen Geld bestritten worden sei.

Mit Bescheid vom 26.05.2006 nahm die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30.04.1997 bis 07.04.1998 ganz zurück. Der Kläger und seine Ehefrau hätten Vermögen in Höhe von 80.000 DM gehabt. Nach Abzug von Freibeträgen von 16.000 DM gemäß § 6 Alhi-Verordnung und 10.000 DM nach § 7 Alhi-Verordnung sowie der nachgewiesenen Beerdigungskosten in Höhe von 6.275 DM verbleibe ein verwertbares Vermögen von 47.725 DM. Damit sei der Kläger nicht bedürftig gewesen und habe keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt. Der Kläger habe bei Antragstellung zumindest grob fahrlässig falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht. Der Kläger habe Arbeitslosenhilfe in Höhe von 8.193,73 EUR und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.746,70 EUR und 237,55 EUR (insgesamt 10.177,98 EUR) zu erstatten.

Dagegen erhob der Kläger am 09.06.2006 Widerspruch.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellte das eingeleitete Strafverfahren wegen Betrugs zu Lasten der Beklagten nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein (Einstellungsverfügung vom 13.11.2006), weil dem Kläger nicht nachzuweisen sei, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung in unverjährter Zeit Vermögen gehabt habe, das die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ausschließe, nachdem er vorgetragen habe, das angelegte Geld für die Beerdigung des einen Sohnes, die Hochzeit des anderen Sohnes, das Studium der beiden Söhne und damit verbundene Nebenkosten, für den Unterhalt seiner Mutter und Schwiegertochter sowie die Jahresurlaube 1995 und 1996 ausgegeben zu haben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 15.03.2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart, zu deren Begründung er vortrug, dass die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nur innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe habe zurücknehmen dürfen. Dieser Zeitraum sei schon abgelaufen gewesen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 oder 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) könne die Beklagte ebenfalls nicht zurücknehmen, weil er jedenfalls nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Er sei der deutschen Sprache nahezu überhaupt nicht mächtig. Die Beklagte habe nichts mitgeteilt, das darauf schließen ließe, dass er grob fahrlässig gehandelt habe. Zutreffend sei, dass er 80.000 DM bei der TCMB Bank angelegt habe. Das sei nahezu vollständig aus der Abfindung der N. gekommen und habe nahezu sein gesamtes Vermögen dargestellt. Da das gesamte Vermögen bei der Bank fest angelegt gewesen sei, habe er die Kosten für die Beerdigung 1995 und für Verlobung und Hochzeit 1996 nicht aufbringen können. Bei einer vorzeitigen Kündigung der Kreditbriefe seien keinerlei Zinsen ausbezahlt worden. Er habe sich deshalb von seiner in Kanada lebenden Schwägerin Ü. Ö. Geld geliehen. Er habe sie 1995 gefragt und anlässlich der Beerdigung im Januar 1996 habe sie ihm den Betrag von 50.000 DM übergeben. Dabei sei vereinbart worden, dass ihr im Gegenzug zukünftig sämtliche Ansprüche aus der Anlage bei der TCMB, einschließlich der Zinsen, zustehen sollten. Damit habe er vermeiden wollen, dass die Zinsansprüche verloren gingen. Den Betrag habe er in bar erhalten. Ü. Ö. habe ihm das Äquivalent von 50.000 DM in kanadischen Dollar übergeben. Die gesamte Summe habe er bereits vor der ersten Antragstellung ausgegeben. Er habe für die Beerdigung selbst 6.275 DM ausgegeben. Dazu seien erhebliche Kosten für die Flüge für ihn selbst, seine Ehefrau und seinen Sohn sowie weitere Nebenkosten entstanden, so dass die Beerdigung erheblich mehr als 10.000 DM gekostet habe. Die Hochzeit des weiteren Sohns E. sei entsprechend der türkischen Tradition über drei Tage mit über 550 geladenen Gäste gefeiert worden. Für die Bewirtung und Busse vom Geburtsort der Braut seien Kosten von mindestens 15.000 DM angefallen. Es sei in der Türkei üblich, dass der Vater des Bräutigams die Hochzeit ausrichte und bezahle. Die Tradition verlange außerdem ein Goldgeschenk für die Braut. Er habe für 22.300 DM Gold gekauft. Diese Kosten habe er mit dem Geld der Schwägerin bezahlt. Weiterhin habe er seine Schwiegertochter N. Ö. (Witwe des Sohns A. ) finanziell unterstützt. Im Jahr 1995 habe er seinem Sohn A. und seiner Frau 9.800 DM übergeben, 1996 seiner Schwiegertochter noch einmal 4.000 DM. Seine in der Türkei lebende Mutter beziehe keinerlei Rente, so dass er sie auch habe unterstützen müssen. Dafür habe er 1995 4.800 DM und 1996 4.500 DM aufgewandt. Alle diese Kosten seien aus dem Kredit der Schwägerin bezahlt worden. Der Kredit sei inzwischen, je nachdem wann die Kreditbriefe fällig geworden seien, an die Schwägerin zurückgezahlt worden. Es errechne sich ein in den Jahren 1995 und 1996 ausgegebener Betrag von 61.375 DM, so dass Vermögen über dem Freibetrag nicht mehr vorhanden gewesen sei.

Der Kläger legte eine handschriftliche Bescheinigung mit Stempel in türkischer Sprache des Juweliers B. vor, nach der er im Jahr 1996 an diversen Tagen diverse Schmuckstücke anlässlich der Hochzeit seines Sohn E. gekauft habe. Der Wert betrage 22.300 Mark. Die Zahlungen habe der Kläger an diversen Tagen vorgenommen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und bezeichnete die vorgelegten Unterlagen als wertlos.

Der Kläger führte dazu aus, dass es im Hinblick auf den langen Zeitablauf zwischen dem streitigen Zeitraum und dem gerichtlichen Verfahren nachvollziehbar sei, dass schriftliche Nachweise nicht mehr vorlägen. Es sei auch nachvollziehbar, dass erhebliche Zinsvorteile hätten gesichert werden sollen und deshalb das Geld zunächst geliehen worden sei.

Das SG hörte den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2010 persönlich an. Dort gab der Kläger an, dass seine Schwägerin bei der Beerdigung seines Sohnes so viel Geld dabei gehabt habe, weil sie es in der Türkei habe anlegen wollen. Er habe das Geld in kanadischen Dollar bekommen und sei damit zur Bank gegangen und habe es wechseln lassen. Das sei nach und nach geschehen, das heißt er habe jedes Mal, wenn er Geld gebraucht habe, dieses zur Bank gebracht. Das restliche Geld habe er daheim aufbewahrt. Er habe das Geld inzwischen zurückgezahlt, d.h. er habe ihr teilweise das Geld bar ausgezahlt, teilweise habe er Teilbeträge anderen Türken mitgegeben, die bei ihm in der Nähe lebten und auch Verwandte in Kanada hätten. Inzwischen habe er alles zurückgezahlt und habe auch kein Geld mehr in der Türkei angelegt. Er lebe sehr sparsam, seine Einkünfte reichten gerade für den täglichen Bedarf. Er habe damals mit seiner Schwägerin ausgemacht, dass sie den gleichen Zinssatz erhalten solle wie er von der Bank erhalten habe. Er habe das in der Türkei angelegte Geld nicht als sein Geld angesehen, weil er Schulden bei seiner Schwägerin gehabt habe. Außerdem sei das Geld ja angelegt gewesen.

Mit Urteil vom 22.02.2010 hob das SG die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung aufgehoben und die gezahlte Arbeitslosenhilfe zurückverlangt, weil der Kläger nicht bedürftig gewesen sei. Der Kläger habe zwar das Bestehen einer Darlehensschuld behauptet. Diese belaste aber nicht unmittelbar den Vermögensgegenstand. Das Geld sei im hier streitigen Zeitraum nicht verbraucht gewesen, sondern sei nach wie vor bei der TCMB Bank angelegt gewesen. Der Kläger berufe sich sinngemäß auf ein verdecktes Treuhandverhältnis. Ein Treuhandverhältnis könne jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 8. Senats des LSG (Urteil vom 26.10.2007 – L 8 AL 666/05) nur berücksichtigt werden, wenn es offen gelegt werden. Dem BSG sei nicht zuzustimmen, wenn es eine Offenlegung des Treuhandverhältnisses nicht für erforderlich halte, denn das Sozialrecht akzeptiere es nicht, wenn die Vermögensverhältnisse eines Leistungsberechtigten einer Leistung, die nur bei Bedürftigkeit gewährt werde, nicht durchschaubar seien. Außerdem fehle es auch an einer Treuhandabrede zwischen dem Kläger und seiner Schwägerin. Er habe ihr nämlich nicht die Kontoinhaberschaft übertragen wollen, sondern seine Schulden aus dem angelegten Geld bezahlen wollen. Ein direkter Zugriff der Schwägerin auf das Konto sei aber nicht möglich gewesen. Außerdem sei der Vortrag des Klägers nicht glaubhaft. Mal wolle er sich das Geld von Familienangehörigen, mal von seiner Schwester, dann wieder von seiner Schwägerin geliehen haben. Auch sei es wenig glaubhaft, dass für die Übergabe von 50.000 DM keinerlei Belege vorgelegt werden könnten. Auch über den Rücktransfer gebe es keine Belege. Trotz wiederholter Aufforderung habe er keine Belege über Kontobewegungen bei der TCMB Bank vorgelegt. Die Vernehmung der teilweise im Ausland wohnhaften vom Kläger schriftsätzlich benannten Zeugen halte die Kammer nicht für erforderlich. Der Kläger habe auch unvollständige Angaben gemacht. Dem Kläger sei aufgrund des ausgehändigten Merkblatts auch bekannt gewesen, dass er Vermögen habe angeben müssen. Für die Rückforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Das Urteil wurde den Beteiligten am 01.03.2010 zugestellt.

Die Beklagte hat am 09.03.2010 und der Kläger am 25.03.2010 gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, dass die Ansicht des SG, dass ein Treuhandverhältnis nicht anzunehmen sei, nicht nachvollziehbar sei. Im türkischen Kulturkreis sei es nicht üblich, einen schriftlichen Darlehensvertrag aufzusetzen, auch wenn höhere Beträge unter Verwandten verliehen würden. Unter türkischen Familienangehörigen gelte es als Vertrauensbruch, schriftliche Schuldscheine oder Verträge zu verlangen. Das Gericht lasse auch zu Unrecht außer Betracht, dass er der ersten Einwanderergeneration angehöre und der deutschen Sprache kaum mächtig sei. Er habe deshalb auch das Merkblatt nicht lesen können. Es sei auch nicht ersichtlich, aus was sich die Offenlegungspflicht für ein Treuhandverhältnis ergeben solle. Er sei stets davon ausgegangen, dass er rechtmäßig gehandelt habe, als er Arbeitslosenhilfe verlangt habe. Er habe auch Beweis dafür angeboten, dass das Geld inzwischen vollständig an die Schwägerin zurückgeflossen sei. Dem sei das SG nicht nachgegangen. Außerdem habe das SG nicht erklärt, woher er die erheblichen Beträge für die Beerdigung genommen haben solle, wenn das Geld bei der TCMB Bank überhaupt nicht angetastet worden sei, das aber faktisch sein ganzes Vermögen dargestellt habe.

Außerdem sei in der Abrede mit der Schwägerin, dass das Geld bei der TCMB Bank ihr zustehen solle, faktisch eine Abtretung zu sehen, so dass die Grundsätze für Darlehen zwischen Verwandten nur bedingt zum Tragen kämen. Außerdem halte die Abrede mit der Schwägerin einem Fremdvergleich stand. Die strengen Anforderungen des Bundessozialgerichts seien erfüllt. Die Verwendung der Darlehensmittel sei bewiesen oder unter Beweis gestellt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.02.2010 abzuändern und den Bescheid vom 26.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.02.2007 in vollem Umfang aufzuheben sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.02.2010 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, § 335 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 07.10.2009 – B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R und vom 18.05.2010 – B 7 AL 16/09 R) entsprechend anzuwenden, weil der Gesetzgeber durch die Streichung des Worts Arbeitslosenhilfe in der Vorschrift eine planwidrige Lücke geschaffen habe.

Die Anerkennung einer Darlehensverpflichtung zwischen Verwandten sei nur möglich, wenn sie in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entspreche. Das sei hier nicht der Fall.

Es fehle jeder Nachweis dafür, dass die Schwägerin Zugriff auf das Konto bei der TCMB Bank gehabt habe. Es sei auch unklar, was mit dem Geld nach Ablauf der Anlagefrist am 01.02.1997 geschehen sei. Offenbar sei es weiter in der Türkei angelegt worden. Das passe aber nicht zum Vortrag des Klägers, dass es nach Ablauf des Anlagezeitraums an die Schwägerin habe ausgezahlt werden sollen.

Die beantragte Vernehmung von Zeugen sei nicht notwendig, weil nach der Rechtsprechung eine Verrechnung von Darlehensverbindlichkeiten mit vorhandenem Vermögen nicht in Betracht komme (Urteil vom 02.11.2000 - B 11 AL 35/00 R). Ein kreditfinanzierter Erwerb des Vermögens bei der TCMB liege nicht vor.

Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen (richterliche Verfügung vom 24.01.2011), dass es auf den Kulturkreis des Klägers für die Entscheidung nicht ankomme. Dafür, dass mangelnde Deutschkenntnisse des Klägers zu dem unrichtigen Kreuz bei der Frage nach vorhandenem Vermögen auf dem Antragsformular geführt habe, ergebe sich kein Hinweis. Er hat weiter auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.06.2010 (B 14 AS 46/09 R) zur Abgrenzung von Darlehensverbindlichkeiten von verdeckten Schenkungen oder Unterhaltsgewährung hingewiesen.

Die nunmehr zuständige Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 28.11.2012 erörtert und den Kläger persönlich angehört. Er hat angegeben, mit seiner Schwägerin auf die Bank gegangen zu sein und sich den Gegenwert von 50.000 DM in kanadischen Dollar ausrechnen lassen zu haben. Den errechneten Betrag habe sie ihm dann gegeben. Er habe damals bei der Bank ein Papier unterschrieben, dass seine Schwägerin das Geld abheben dürfe. Untereinander habe man aber vereinbart, dass sie nur 50.000 DM plus Zinsen abheben dürfe. Das restliche Geld habe er später ausgegeben, um Schulden zu bezahlen. Auf die Frage, warum der Kläger im Jahr 1997 bei der Beklagten nicht angegeben habe, dass er sich Geld von der Schwägerin geliehen habe, hat der Kläger angegeben, damals beim Sozialgericht alles gesagt zu haben. Die Angaben gegenüber der Beklagten hätten im Wesentlichen seine Söhne für ihn gemacht. Um die Mutter habe er sich allein kümmern müssen, weil er der Älteste sei und sein Bruder in Kanada einen Unfall gehabt habe und auch gestorben sei. Die Schwester habe mit der finanziellen Versorgung der Mutter nichts zu tun.

Die Berichterstatterin hat im Erörterungstermin darauf hingewiesen, dass auch die subjektiven Voraussetzungen für die Rücknahme genauer zu prüfen seien. Immerhin habe der Kläger schon 1997 auf die Nachfrage der Beklagten im Wesentlichen angegeben, für was er die Abfindung der Firma N. verwendet habe. Es sei deshalb vom Senat zu prüfen, ob dem Kläger ein Vorwurf daraus zu machen sei, dass er nicht zwischen im Hinblick auf die anstehende Auszahlung von vorhandenem Vermögen vorgestrecktem Geld und bereits ausgegebenem Vermögen unterschieden habe.

Der Kläger hat dazu vorgetragen (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 19.12.2012), dass er damals mithilfe seiner Söhne eine Aufstellung über die Verwendung seiner Abfindung der N. gemacht habe. Die Beklagte habe darauf hin Arbeitslosenhilfe gewährt. Das könne nur so verstanden werden, dass die Beklagte die Aufstellung so akzeptiert habe. Aus seiner Sicht sei die Angabe richtig gewesen, das Geld bereits verbraucht zu haben, denn das verbliebene Geld bei der TCMB habe ihm aus seiner Sicht nicht mehr gehört.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten (Schriftsatz vom 22.01.2013), dass dem Kläger schon deshalb ein Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen sei, weil er im Jahr 1997 nicht darauf hingewiesen habe, dass er in der Türkei Geld angelegt habe und sich von seiner Schwägerin Geld geliehen habe. Ob eine Kontovollmacht erteilt worden sei, sei nicht maßgeblich, weil davon nicht Gebrauch gemacht worden und das Geld am 31.01.1997 fällig geworden sei und bei Antragstellung vollständig im Besitz des Klägers gewesen sei, weil der wesentliche Teil der Rückzahlung nach den schriftlichen Angaben von Ü. Ö. erst sehr viel später erfolgt sei. Jedenfalls seien - wenn man 50.000 DM für die Verbindlichkeit gegenüber Ü. Ö. anerkennen wolle - 30.000 DM als Vermögen zu berücksichtigen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf zwei Bände Verwaltungsakten der Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart und die beim Senat angefallene Akte.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung beider Beteiligten, ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Diejenige der Beklagten ist begründet, diejenige des Klägers ist unbegründet.

Rechtsgrundlage für die hier angefochtenen Bescheide sind §§ 45 Abs. 1 SGB X, 50 SGB X und 335 SGB III in entsprechender Anwendung. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist und ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet hat. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Richtung unvollständig oder unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakt kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

Wenn sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten entscheidungserhebliche Tatsachen nicht mehr feststellen lassen, stellt sich die Frage der Beweislast. Allgemein gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (vgl BSGE 6, 70, 73; 43, 110, 112 = SozR 2200 § 548 Nr 27). Da im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheids auf der Grundlage des § 45 SGB X iVm § 330 Abs 2 SGB III im Streit steht, trifft grundsätzlich die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides (vgl BSG SozR 4100 § 132 Nr 1, S 11).

Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt sein kann, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl bereits in anderem Zusammenhang - Sperrzeit - BSGE 71, 256, 263 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; seit 1. Januar 2003 gesetzlich geregelt in dem neu eingefügten Satz 2 des § 144 Abs 1 SGB III idF des Gesetzes vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607), jetzt § 144 Abs 1 Satz 4 SGB III). Insofern kann an Rechtsprechung (ua LSG Hessen, Urteil vom 9. Mai 2001 - L 6 AL 432/00 -, vgl aber auch etwa Bayerisches LSG, Urteil vom 18. November 2004 - L 11 AL 196/03, oder LSG Brandenburg, Urteil vom 28. August 1997 - L 8 (7) Ar 41/96 - E-LSG AL-165) angeknüpft werden, die in ähnlichen Fällen stillschweigend oder ausdrücklich von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen ist. Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben zu Sparbüchern bzw. zu getroffenen Vereinbarungen unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren oder dass vollständige Kontenbewegungen nicht zugänglich gemacht werden mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung (BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238, Juris Rn. 32 f.).

Ob die Alhi-Gewährung für den gesamten streitigen Zeitraum rechtswidrig war, beurteilt sich danach, ob der Kläger für einen Zeitraum von 49 Wochen bedürftig gewesen ist. Wesentlich ist danach, dass die Bedürftigkeit zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi zählt (§ 134 Abs. 1 Nr 3 AFG bzw. nach dessen Inkrafttreten § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III a.F.) und dass u.a. nach § 137 Abs 2 AFG und § 192 Abs. 2 SGB III a.F. der Arbeitslose nicht bedürftig ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen oder z.B. das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten die Gewährung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Hierzu enthält die auf der Grundlage des § 137 Abs. 3 AFG und § 206 Nr. 1 SGB III a.F. ergangene AlhiV in ihren §§ 6 bis 9 nähere Regelungen. Vermögen ist danach zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000 DM übersteigt (vgl § 6 Abs 1 AlhiV). Während der ersten fünf Jahre ist Vermögen nicht verwertbar, das aus einer einmaligen Sozialleistung stammt (§ 7 Abs. 1 AlhiV).

Zunächst lässt sich - wie die Beklagte selbst im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt hat - nicht nachweisen, dass das vom Kläger und seiner Ehefrau im Januar 1995 angelegte Vermögen bei der ersten Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe am 23.04.1997 noch vorhanden war. Nach den vorliegenden Unterlagen haben der Kläger und seine Ehefrau am 31.01.1995 für die Dauer von zwei Jahren 20.000 DM und 60.000 DM angelegt. Der Anlagezeitraum war danach am 31.01.1997 - also vor der ersten Antragstellung am 23.04.1997 - beendet und der Kläger konnte das Geld ohne Zinsverlust verwenden.

Nach den genannten Kriterien liegt die Beweislast für das Fehlen des nachweislich am 31.01.1997 vorhandenen Vermögens zum Zeitpunkt der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 30.04.1997 beim Kläger, denn das Fehlen von Beweisen liegt in seiner Sphäre. Er allein ist in der Lage aussagefähige Kontoauszüge für die Jahre 1997 und 1998 vorzulegen. Das hat er nicht getan. Der Senat geht deshalb mit der Beklagten davon aus, dass auf dem bei der TCMB geführten Konto des Klägers und seiner Ehefrau weiterhin Geld vorhanden war. Dafür spricht im Ergebnis auch der Vortrag des Klägers, dass er sich zunächst Geld von seiner Schwägerin geliehen habe und dieses Geld an sie zurückgeflossen sei, und die von ihm selbst vorgelegte Bescheinigung seiner Schwägerin, dass er ihr im Laufe des Jahres 1997 Beträge von 3.000 DM (September) und 1.246 DM (November) und wesentlich höhere Beträge von 32.000 DM und 7.000 DM erst im Jahr 2001, also wesentlich nach Beginn des Arbeitslosenhilfebezugs und nach Ende des hier streitigen Zeitraums, zurückgezahlt habe. Der volle Betrag von 80.000 DM war - unabhängig von der Frage, ob der Kläger darüber hinaus auch noch im Besitz der dafür erwirtschafteten Zinsen war - noch vorhanden. Schon die Beklagte hat, neben den Freibeträgen von 16.000 DM und 10.000 DM einen Betrag von 6.275 DM für die Beerdigung des Sohnes A. in Abzug gebracht. Weitere Abzüge sind nicht zu machen, denn die weiteren vom Kläger geltend gemachten Ausgaben hat er nach seinem Vortrag sämtlich aus dem Kredit seiner Schwägerin finanziert.

Von dem nach den auch zur Überzeugung des Senats jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu hoch angesetzten Berechnungen der Beklagten verbleibenden Betrag von 47.725 DM ist der von der Schwägerin gewährte Kredit von 50.000 DM nicht in Abzug zu bringen. Der Senat kann insofern dahinstehen lassen, ob der Vortrag des Klägers betreffend die Gewährung des Darlehens glaubhaft ist, denn selbst wenn die Übergabe von 50.000 DM gegen Rückzahlung und Zinsen in Höhe der von der TCMB für Guthaben gewährten Zinsen zutrifft, führt das nicht zum Erfolg des Klägers. Allein die Tatsache, dass diese Konten auf den Namen des Klägers liefen, schließt zunächst nicht aus, dass das Recht am Guthaben an einen Dritten - in diesem Fall an die Schwägerin des Klägers - durch Abtretung übergegangen ist. Eine Abtretung des Guthabens bei einer Bank ist formlos möglich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238 und vom 13.09.2006 - B 11a AL 19/06 R) muss sich auch ein Kontoinhaber nicht am "Rechtsschein der Kontoinhaberschaft" festhalten lassen, denn es gibt die zivilrechtliche Möglichkeit der Führung eines Treuhandkonto ohne Offenlegung der Treuhand. Das gleiche gilt für eine stille Zession.

Der Senat unterstellt den Vortrag des Klägers als wahr, dass er sich tatsächlich im Januar 1996 50.000 DM von seiner Schwägerin geliehen hat, die er ihr bis einschließlich 2001 in verschiedenen Raten zurückgezahlt hat und dass das Geld anlässlich der Beerdigung seines Sohnes A. im Januar 1996 übergeben wurde.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger sein Guthaben in Höhe von 50.000 DM nebst Zinsen bei der TCMB an seine Schwägerin abgetreten hat. Der Kläger hat insofern angegeben, der Schwägerin für die ihm überlassenen 50.000 DM und den damit entgangenen Gewinn das Guthaben von seiner Anlage in gleicher Höhe nebst Zinsen versprochen zu haben, um so wenigstens ihr die Zinsen zu sichern, die bei vorzeitigem Abheben verloren gegangen wären. Dieser Vortrag rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass der Kläger seiner Schwägerin den Anspruch auf Auszahlung des Guthabens bei der Bank abgetreten hat. Vielmehr stellt sich der Sachverhalt nach dem Vortrag des Klägers so dar, dass er ihr das vorhandene Guthaben als Sicherheit präsentiert hat, um sie von der Rückzahlung der 50.000 DM zu überzeugen. Die Zusage von Zinsen stellt sich insofern als Verzinsung des gewährten Darlehens dar.

Dem Vortrag des Klägers im Erörterungstermin vom 28.11.2012, dass er eine Kontovollmacht unterschrieben habe, schenkt der Senat keinen Glauben. Dieser Umstand wurde erstmals im Erörterungstermin vom 28.11.2012 geltend gemacht, nachdem der Kläger aufgrund des erstinstanzlichen Urteils Kenntnis von der Relevanz dieses Umstands hatte. Es drängt sich insofern der Eindruck auf, dass der Kläger seinen Vortrag an die jeweiligen Gegebenheiten anpasst. Der Kläger konnte darüber hinaus keine Details des von ihm unterschriebenen Papiers präsentieren und hat auch keine Abschrift dieser angeblichen Kontovollmacht vorgelegt. Ü. Ö. hat gerade nicht unmittelbar nach Ende des Anlagezeitraums am 31.01.1997 sondern erst vier Jahre später den Großteil der übergebenen Summe erhalten hat. Sie hat schon nach dem Vortrag des Klägers von der Kontovollmacht keinen Gebrauch gemacht. Darüber hinaus ist der Vortrag des Klägers dazu, wie er das Geld Ü. Ö. zurückgezahlt haben will, durchaus als inkonsistent zu bezeichnen. Der Kläger blieb schließlich auch nach seinem eigenen Vortrag im Verhältnis zur TCMB weiterhin verfügungsberechtigt über das Guthaben und konnte insofern das Geld abheben und in bar an seine Schwägerin weiterleiten. Die schriftlichen Angaben der Ü. Ö. räumen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rückzahlung der vorgestreckten 50.000 DM Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers im Jahr 1997 nicht aus.

Selbst wenn man auch die Ausstellung einer Kontovollmacht für Ü. Ö. als wahr unterstellen wollte, rechtfertigt das nicht die Annahme einer unbedingten Abtretung. Zwar trägt der Kläger insofern vor, man habe sich darauf geeinigt, dass seine Schwägerin im Innenverhältnis zur Abhebung von 50.000 DM berechtigt sein solle. Allein die Ausstellung einer Kontovollmacht rechtfertigt insofern aber nicht die Annahme einer unbedingten Abtretung, nachdem der Kläger selbst nur von einem Versprechen der Auszahlung des Guthaben durch ihn selbst an seine Schwägerin ausgeht.

Die - als wahr unterstellte - Darlehensverpflichtung des Klägers gegenüber seiner Schwägerin Ü. Ö. ist als schuldrechtliche Verpflichtung vom vorhandenen Vermögen des Klägers von mindestens 80.000 DM nicht abzuziehen. Das BSG sieht in ständiger Rechtsprechung als Vermögen im Sinne der Vorschriften zur Arbeitslosenhilfe den gesamten Bestand von Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten an. Als Vermögen ist die Summe der aktiven Vermögenswerte anzusehen, die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erfolgt erst bei der Frage der Verwertbarkeit (zuletzt: BSG, Urteil vom 02.11.2000 - B 11 AL 35/00 R, BSGE 87, 143, Juris Rn. 16). Verbindlichkeiten sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasten. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Aufnahme des Darlehens bei der Schwägerin Ü. und dem Verbleib des angelegten Vermögens bei der TCMB besteht nicht. Der Kläger hat dieses Vermögen seiner Schwägerin nach seinem eigenen Vortrag lediglich als Sicherheit präsentiert, eine Abtretung erfolgte zur Überzeugung des Senats nicht.

Hinweise auf eine Unzumutbarkeit der Verwertung des bei der TCMB angelegten Vermögens ergeben sich im Hinblick auf die Absehbarkeit des Arbeitslosenhilfebezugs bei Auslaufen der ersten Anlagefrist am 31.01.1997 nicht. Dazu trägt der Kläger auch nichts vor.

Zu weiteren Ermittlungen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen. Den Beweisanregungen des Klägerbevollmächtigten musste er nicht nachkommen. Die Behauptung eines von der Schwägerin gewährten Darlehens hat der Senat als wahr unterstellt. Zu der Feststellung der Bedingungen der behaupteten Darlehensverbindlichkeit hat der Senat das tatsächliche Vorbringen des Klägers zu Grunde gelegt und gewürdigt. Diesbezüglich sind auch keine konkreten Beweisanträge mehr gestellt worden. Auf die Frage der Verwendung der Darlehensmittel kommt es bei der dargestellten Sachlage nicht an.

Die subjektiven Voraussetzungen der §§ 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X, 330 Abs. 2 SGB III liegen vor. Der Kläger hat in seinem Antrag und der auf Nachfrage der Beklagten ergänzenden Aufstellung über den Verbleib der Abfindung von der Firma N. unrichtige oder jedenfalls unvollständige Angaben gemacht, indem er verschwieg, dass er tatsächlich noch ein Guthaben bei TCMB mit einem Umfang von mindestens 80.000 DM hatte. Er verschwieg ebenfalls die Aufnahme eines Darlehens von 50.000 DM und die angebliche Ausstellung einer Kontovollmacht an seine Schwägerin. Der Kläger hat damit eine rechtswidrige Bewilligung von Arbeitslosenhilfe über 49 Wochen verursacht.

Der Kläger machte diese Angaben auch mindestens grob fahrlässig unrichtig. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig war oder ist. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt war, war der Kläger insofern gehalten, sich den Inhalt des Merkblatts, in dem seine Verpflichtungen zur Mitteilung von Tatsachen im Zusammenhang mit der Beantragung und dem Bezug von Arbeitslosenhilfe erklärt waren, durch eine der deutschen Sprache mächtige Person erklären zu lassen. Die Beklagte hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger auch in der Vergangenheit seine Söhne, die nach seinem eigenen Vortrag beide in Deutschland auf das Gymnasium gegangen sind und studiert habe, zur Klärung von Fragen im Zusammenhang mit un- oder angemeldeter Ortsabwesenheit eingebunden hat. Dazu wäre er auch bei Beantragung der Arbeitslosenhilfe gehalten gewesen. Unabhängig davon hat er selbst angegeben, dass seine Söhne ihm auch tatsächlich bei der Aufstellung zur Verwendung der Abfindung behilflich waren.

Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit setzt - wie die Beteiligten zutreffend ausgeführt haben - voraus, dass der Kläger aufgrund seiner individuellen Erkenntnisfähigkeit in der Lage war zu erkennen, dass seine Angaben unvollständig waren. Diese Voraussetzung liegt nach Auffassung des Senats ebenfalls vor. Der Kläger hat das Vorliegen von Vermögen verschwiegen. Er wusste auch von dem vorhandenen Vermögen von 80.000 DM bei der TCMB. Selbst wenn er davon ausgegangen sein sollte, dass er davon 50.000 DM seiner Schwägerin schuldete und diese von den 80.000 DM abzuziehen seien, so hat er doch betreffend mindestens 30.000 DM das Vorhandensein von Vermögen trotz mehrmaliger ausdrücklicher Nachfrage der Beklagten vorsätzlich nicht angegeben.

Die maßgeblichen Fristen hat die Beklagte eingehalten, § 45 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 2 SGB X.

Die Voraussetzungen für die Rückzahlung nach §§ 50 SGB X und Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 335 SGB III in entsprechender Anwendung (BSG, Urteile vom 07.10.2009 – B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R und vom 18.05.2010 – B 7 AL 16/09 R) sind erfüllt. Die Beklagte hat die zurück zu zahlenden Beträge zutreffend berechnet.

Der Berufung der Beklagten war deshalb stattzugeben, diejenige des Klägers zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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