L 5 R 5258/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1958/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5258/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.11.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der I. GmbH (im Folgenden: Beigeladene) selbständig tätig ist und damit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht unterliegt.

Der Kläger und die Beigeladene beantragten bei der Beklagten am 18.02.2011 die Feststellung des versicherungsrechtlichen Status der vom Kläger ab dem 03.02.2011 ausgeübten Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter. Hierzu gaben sie an, dass der Kläger mit 25 Prozent an der Beigeladenen beteiligt sei, legten den Gesellschaftsvertrag, den Dienstvertrag und einen Gesellschafterbeschluss vor. Die weiteren 75 Prozent der Anteile hielt die Firma A. GmbH, eine Tochterfirma der in F. ansässigen Firma A. S.A. Das Stammkapital der Beigeladenen betrug insgesamt EUR 50.000,00. Sie verwiesen darauf, dass Kapitalerhöhungen nach dem Gesellschaftsvertrag grundsätzlich eine Mehrheit von 85 % benötigten, der Kläger also eine Sperrminorität besitze.

Aus dem Dienstvertrag vom 03.02.2011 ergab sich, dass der Kläger zur Vornahme aller Tätigkeiten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes befugt war (Ziff. 1.3) und nur bei darüber hinausgehenden Entscheidungen die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen musste (Ziff. 1.4). Ort und Zeit seiner Tätigkeit durfte er selbst bestimmen (Ziff. 1.5). Der Kläger erhielt ein jährliches Bruttogehalt von EUR 120.000,00, bezahlt monatlich in Höhe von EUR 10.000,00 brutto (Ziff. 2.1), eine zusätzliche Tantieme konnte geleistet werden (Ziff. 2.5). Daneben erhielt der Kläger im Krankheitsfall drei Monate lang Entgeltfortzahlung (Ziff. 3.1), bezahlten Erholungsurlaub von 30 Tagen jährlich (Ziff. 4.1) und war verpflichtet, eine Dienstverhinderung unverzüglich anzuzeigen (Ziff. 3.3) und den Urlaub abzusprechen (Ziff. 4.2). Dem Kläger war die Nebentätigkeit für das Ingenieurbüro St. GmbH & Co. KG, für die T. AG und die A. Group erlaubt, weitere Nebentätigkeiten waren zustimmungspflichtig (Ziff. 8.1). Von den Beschränkungen von § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) war er befreit (Ziff. 1.2). Ein Wettbewerbsverbot wurde vereinbart (Ziff. 9), der Dienstvertrag daneben auf vier Jahre fest geschlossen, eine Freistellung unter Weiterzahlung der Bezüge der Beigeladenen aber offen gehalten (Ziff. 10. 1 und 10.4). In Bezug auf Kapitalerhöhungen war in § 7 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftvertrages geregelt, dass diese eines Gesellschafterbeschlusses mit 85 % der abgegebenen Stimmen bedürfe. Alle übrigen Gesellschafterbeschlüsse waren nach § 7 Abs. 1 des Gesellschaftvertrages mit einfacher Mehrheit der Stimmen zu fassen. Nach dem Gesellschafterbeschluss vom 03.02.2011 wurde Herr Y.-A. B. zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellt. Seine Aufgabe war die federführende Behandlung grundsätzlicher Fragen und die Koordinierung der Tätigkeit der Geschäftsführer. Er wurde von der Gesellschafterversammlung beauftragt, mit dem Kläger den Anstellungsvertrag für dessen Tätigkeit als Geschäftsführer der Gesellschaft abzuschließen. Der Kläger sollte dem Gesellschafterbeschluss zufolge das operative Geschäft der Gesellschaft führen.

Die Beklagte hörte den Kläger und die Beigeladene mit Schreiben vom 10.06.2011 dazu an, dass die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beabsichtigt sei.

Der Kläger machte daraufhin mit Schreiben vom 08.07.2011 geltend, er teile diese Einschätzung nicht, da er ein erhebliches unternehmerisches Risiko trage. Er habe über die Einlage in Höhe von 12.500,00 EUR hinaus weiteres Kapital in Höhe von EUR 87.500,00 in die Gesellschaft eingebracht. Damit nehme er voll am wirtschaftlichen Risiko der Gesellschaft teil. Auch die Zahlung einer Tantieme hänge vom wirtschaftlichen Erfolg ab. Durch die Einbringung seines Know-How leiste er einen weit größeren Beitrag als ein sonstiger Geschäftsführer. Mit seiner Beteiligung von 25 % habe er eine Sperrminorität hinsichtlich der Kapitalerhöhung und damit für einen wesentlichen Aspekt der wirtschaftlichen Ausrichtung der Gesellschaft.

Mit Bescheiden vom 27.07.2011 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene abhängig beschäftigt sei und damit der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche die Existenz eines gesonderten Dienstvertrages, der die Mitarbeit in der Gesellschaft regele und typische arbeitsvertragliche Regelungen hinsichtlich der Fortzahlung des Arbeitsentgelts und des Urlaubsanspruchs enthalte. Ferner werde ein für die Tätigkeit monatliches Arbeitsentgelt bezahlt. Aufgrund seines Anteils am Stammkapital habe der Kläger keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Der Mehrheitsgesellschafter sei der Vorsitzende der Geschäftsführung. Im Falle eines Interessenkonfliktes könne sich der Kläger einer Abberufung als Geschäftsführer nicht widersetzen. Daran ändere auch das von ihm eingebrachte Kapital und sein besonderes Know-How aufgrund seiner Branchenkenntnisse nichts.

Mit Schreiben vom 24.08.2011 erhob der Kläger Widerspruch und begründete diesen damit, dass er in den vergangenen 11 Jahren schon andere Firmen gegründet habe und sein Arbeitsmittelpunkt deshalb nicht bei der Beigeladenen liege. Er habe mit Unterstützung der A. GmbH für die A. SA in F. die Beigeladene strategisch und operativ in Deutschland aufbauen sollen. Seine Arbeit für die Beigeladene sei bis 2014 fixiert, für den bis dahin geleisteten Aufbau werde er eine Erfolgsprämie erhalten, die sich zwischen einer und drei Millionen Euro bewegen werde. Nachdem sich das Konzept bei der Beigeladenen nicht wie gewünscht entwickelt habe, sei dieses derzeit "eingefroren". Er müsse ein neues Konzept erarbeiten und verzichte derzeit auf sein Gehalt. Dies sei für einen normalen Angestellten inakzeptabel. Er legte auf Anforderung durch die Beklagte einen Aufhebungsvertrag vom 18.10.2011 vor, demzufolge sein Dienstverhältnis bei der Beigeladenen zum 31.10.2011 ende (§ 1). Auch nach dem Beendigungsdatum bleibe er als Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt, das operative Geschäft werde aber vorübergehend eingestellt (§ 4).

Mit Änderungsbescheid vom 22.02.2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 27.07.2011 hinsichtlich der Feststellungen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zurück, da das jährliche Entgelt des Klägers die Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteige.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Der sozialversicherungsrechtlich zu beurteilende Zeitraum beschränke sich nach der Beendigung der Tätigkeit durch den Aufhebungsvertrag zum 31.10.2011 auf die Zeit vom 03.02.2011 bis zum 31.10.2011. Zur weiteren Begründung wiederholte die Beklagte im Wesentlichen ihre Argumente aus dem Bescheid vom 27.07.2011.

Am 18.06.2012 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm. Diese begründet er damit, dass er weiterhin Geschäftsführer der Beigeladenen sei, über eine Sperrminorität verfüge und die Möglichkeit für andere Firmen zu arbeiten ihn befähige, Zeit, Ort und Dauer der Tätigkeit frei zu wählen. Er verwies erneut auf seine Kapitaleinlage in Höhe von 87.500 EUR zusätzlich zu seinem Anteil am Stammkapital in Höhe von 12.500 EUR, die arbeitnehmeruntypisch sei. Er sei der einzige Gesellschafter, der über die notwendigen Branchenkenntnisse verfüge, sei frei von Weisungen und trage ein erhebliches Unternehmerrisiko. Urlaub habe er sich nicht genehmigen lassen müssen, auch sei seine Abberufung nicht zu jeder Zeit möglich gewesen. Es habe eine stark an den wirtschaftlichen Verhältnissen ausgerichtete Gewinnbeteiligung gegeben, weshalb schließlich in der Summe der Argumente lediglich die geringe Beteiligung von 25 % gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen könne. Die Standardbewertungen der Beklagten seien daher nicht haltbar.

Das Sozialgericht führte am 23.10.2012 einen Erörterungstermin durch, in dem die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt haben.

Mit Urteil vom 06.11.2011 (gemeint 2012, s. Datum des unterzeichneten Urteilstenors, S. 38 SG-Akte) wies das Sozialgericht die Klage ohne mündliche Verhandlung ab. Die Einschätzung der Beklagten, dass der Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sei, sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei gemäß § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Feststellung der Sozialversicherungspflicht zuständig. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien, würden in der Kranken-, sozialen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht unterliegen, § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V); § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI); § 1 S. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 25 Abs. 1 S. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung scheitere beim Kläger lediglich an der Tatsache, dass er die Jahresarbeitsentgeltgrenzen überschreite und danach Versicherungsfreiheit in diesen beiden Zweigen eingetreten sei.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sei die Vorschrift des § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach sei Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S. 1). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Vornehmlich bei Diensten höherer Art könne das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert sei. Demgegenüber sei eine selbständige Tätigkeit insbesondere durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwiegen würden. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung und zwar dergestalt, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse gestalteten (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss v. 20.05.1996 - 1 BvR 21/96; BSG, Urteile v. 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R; 28.05.2008 -12 KR 13/07 R; 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R und 04.07.2007 - B IIa AL 5/06; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 07.05.2012 - L 1 KR 338/10 - alle zitiert nach Juris). Nach diesen Grundsätzen sei auch die Frage zu beantworten, wann die Tätigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH, deren Gesellschafter er sei, eine abhängige oder eine selbständige Tätigkeit darstelle. Sei der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter, so bestimme sich diese Entscheidung danach, ob er einen bestimmenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausüben könne. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei insbesondere dann zu verneinen, wenn der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden könne. Die Größe des Einflusses sei zum einen durch die Höhe der Beteiligung zu bestimmen. Bei einer Beteiligung von weniger als der Hälfte am Stammkapital sei regelmäßig von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Dem liege zugrunde, dass der Geschäftsführer erst bei einer Beteiligung von der Hälfte des Stammkapitals einen so maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern könne, weshalb die persönliche Abhängigkeit entfalle. Ein geringerer Kapitalanteil solle insbesondere dann in gleichem Maße diese Wirkung entfalten, wenn der Geschäftsführer stattdessen über eine Spenminorität verfüge und darüber in die Lage versetzt werde, ihm nicht genehme Weisungen, etwa über Zeit, Dauer, Umfang, Ort der Tätigkeit zu verhindern. Ein genereller Umkehrschluss, dass in allen anderen Fällen stets eine abhängige Beschäftigung anzunehmen sei, dürfe jedoch nicht gezogen werden. Vielmehr sei bei Vorliegen einer Minderheitenbeteiligung und Fehlen einer geeigneten Sperrminorität das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit zu betrachten und hierüber eine Abwägung zu treffen; es komme mithin auf besondere Umstände an, die im Einzelfall eine andere Beurteilung zuließen. Einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft könne ein Geschäftsführer etwa dann haben, wenn diese etwa von ihm wirtschaftlich abhängig sei, oder er die Gesellschaft persönlich derart dominiere, dass er "schalten und walten" könne, wie er wolle (vgl. BSG, Urteile v. 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R und 04.07.2007 - B IIa AL 5/06 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.08.2008 - L 4 KR 4577/06, LSG Hessen, Urteil v. 30.09.2010 - L 1 KR 41/09; LSG Bayern, Urteil v. 22.04.2010 - L 10 AL 156/08, LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.06.2012 - L 11 KR 2769/11, alle zitiert nach Juris). In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass der Kläger lediglich Minderheitengesellschafter bei der Beigeladenen sei, nachdem er nur 25 % der Gesellschafteranteile halte. Daneben sei eine Sperrminorität lediglich in Bezug auf die Frage einer Kapitalerhöhung vereinbart worden, nicht aber auch für die Ausübung der Tätigkeit als solche. Diese vereinbarte Sperrminorität genüge den Forderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, nachdem sie dem Kläger weiterhin in den wesentlichen Punkten von Gesellschafterangelegenheiten keine Möglichkeit einräume, ihm unangenehme Beschlüsse zu verhindern. Die Frage der Kapitalerhöhung stelle mithin lediglich einen sehr kleinen Teil der wirtschaftlichen Belange dar. Unter diesem Gesichtspunkt komme es daher maßgeblich auf eine Gesamtabwägung der Tätigkeit an. Dabei sei zu prüfen, ob der Kläger aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles als Selbständiger einzustufen sei. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür würden der Dienstvertrag und der Aufhebungsvertrag ergeben, deren Inhalte, wie von den Beteiligten bestätigt, auch tatsächlich so gewollt waren und gelebt wurden. Es komme maßgeblich auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene an und nicht darauf, dass der Kläger auch für andere Unternehmen tätig sei, da die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status an die jeweilige konkrete Tätigkeit geknüpft sei. Der Einwand des Klägers, dass er neben der Tätigkeit für die Beigeladene eigene Firmen aufgebaut habe, sei damit nicht entscheidungsrelevant. Für eine selbständige Tätigkeit spreche die Tatsache, dass der Kläger von der Vorschrift des § 181 BGB befreit sei und auch in Art, Zeit und Ort der Ausübung seiner Tätigkeit einen absolut freien Gestaltungsspielraum habe. Daneben verfüge er über das nötige Know-How, um die Beigeladene wirtschaftlich in Schwung zu bringen. Der vom Kläger vorgetragene Umstand, dass er vorläufig auf sein Geschäftsführergehalt verzichten werde, da das Unternehmen "eingefroren" sei, spreche weder für noch gegen eine selbständige Tätigkeit. So sei aus dem Aufhebungsvertrag bereits ersichtlich, dass der Kläger grundsätzlich einen weiteren Anspruch auf Zahlung seiner monatlichen Vergütung behalte. Die Stundung einer bestehenden Vergütungsforderung führe nicht zum Wegfall eines Abhängigkeitsverhältnisses (vgl. LSG Bayern vom 22.04.2010 a.a.O.). Dasselbe gelte für die vom Kläger bezahlte Einlage von EUR 12.500,00 sowie die einbezahlte Rücklage von EUR 87.500,00. Diese Beträge habe der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter in die Gesellschaft eingebracht, die hier strikt zu trennen sei. Die Kapitaleinlagen hätten mit der Tätigkeit als Geschäftsführer nichts zu tun, insbesondere habe der Kläger der Gesellschaft auch keine Darlehen etc. gegeben, welche er aus privater Hand eingebracht habe. Das Kapital sei alleine der Stellung als Gesellschafter geschuldet und habe mit der Frage, wie die Tätigkeit als Geschäftsführer einzuschätzen sei, nichts zu tun. Für die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung spreche dagegen der Inhalt des geschlossenen Dienstvertrages. Von der Vertreterin der Beigeladenen sei hierzu im Erörterungstermin erklärt worden, dass die dort vereinbarten Punkte tatsächlich so gelebt worden seien, allenfalls manche Punkte mangels Eintritt des notwendigen Sachverhaltes nie zum Tragen gekommen seien. So erhalte der Kläger ein Fixgehalt von EUR 10.000,00 brutto monatlich, was der Gehaltsvereinbarung eines leitenden Angestellten entspreche. Daneben hätte der Kläger im Krankheitsfall eine Lohnfortzahlung von drei Monaten erhalten, folglich doppelt so lange wie einem Arbeitnehmer zustehen würde. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang im Rahmen des Erörterungstermins sogar geäußert, dass es ihm natürlich darauf angekommen sei, abgesichert zu sein. Eine derartige Absicherung durch seinen Auftraggeber sei einem Selbständigen jedoch fremd. Gleiches gelte für die Vereinbarung von bezahltem Urlaub. Der ausbezahlte Lohn sei von der Beigeladenen schließlich als Betriebsausgabe verbucht worden. Weiter hätten die Beteiligten angegeben, dass im Falle einer Handlung des Klägers, welche dem Mutterkonzern missfallen hätte, dieser auch tatsächlich die Möglichkeit zum Einschreiten gehabt habe und dies auch getan hätte.

Bei einer abwägenden Beurteilung würden die Argumente für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung überwiegen. Die Alleinvertretungsbefugnis und die Befreiung von § 181 BGB sei gerade bei kleineren Gesellschaften nicht untypisch und spreche deshalb nicht zwingend für eine selbständige Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil v. 04.07.2007 a.a.O.). Das vom Kläger zur Verfügung gestellte Know-How möge zwar sehr umfangreich sein, nachdem der Mutterkonzern der A. S.A. in F. jedoch bereits nach gleichartigem Konzept gearbeitet und lediglich eine Ausweitung der Tätigkeit nach Deutschland beabsichtigt habe, sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen der Konzernstruktur die einzige Person gewesen sei, die über das nötige Fachwissen verfügt habe, um eine derart machtvolle Position zu bekleiden, dass die A. S.A. vom Kläger in einer Weise abhängig gewesen wäre, dass niemand anders diese Position hätte ausfüllen können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.06.2012 - L 11 KR 2769/11 hinsichtlich der hohen Anforderungen an die persönliche Dominanz). Schließlich habe die A. S.A. mit der A. GmbH bereits eine Tochterfirma in Deutschland und damit maßgebliche eigene Kontakte im deutschen Raum gehabt. Ein unternehmerisches Risiko des Klägers sei nicht zu erkennen. Vielmehr verfüge er über eine Absicherung, die sogar noch weit über eine solche eines gewöhnlichen Arbeitnehmers hinausgegangen sei. Der Kläger habe sogar den Ausfall der eigenen Arbeitskraft über einen Zeitraum von drei Monaten ohne jegliche Gehaltsausfälle auffangen können. Ein weiteres wirtschaftliches Risiko, welches sich aus der Geschäftsführertätigkeit begründe - und eben nicht aus der Gesellschafterstellung, wie oben dargelegt - habe nicht bestanden. Die Rechtsmacht, unliebsame Entscheidungen zu verhindern, habe beim Mehrheitsgesellschafter gelegen und nicht beim Kläger. Im theoretischen Konfliktfall hätte der Kläger das Nachsehen gehabt. Die Vertreterin der Beigeladenen habe in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass es der Muttergesellschaft wichtig gewesen sei, selbst die Mehrheit an der Beigeladenen zu halten.

Am 18.12.2012 hat der Kläger gegen das ihm am 08.11.2012 zugestellte Urteil Berufung eingelegt, die er nicht näher begründet hat.

Der Kläger beantragt - nach sachdienlicher Auslegung -,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 06.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 22.02.2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene als geschäftsführender Gesellschafter keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die Beklagte und die Beigeladene haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 10.04.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG- zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu.

Die Berufung des Klägers ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 06.11.2012 abgewiesen. Soweit im Rubrum des Urteils das Datum vom 06.11.2011 aufgeführt ist, handelt es sich lediglich um eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 138 SGG, wie sich aus dem Datum des unterzeichneten Urteiltenors (06.11.2012) ergibt, die die Entscheidung des Sozialgerichts nicht angreifbar macht. Das Sozialgericht hat die Klage unter Heranziehung der maßgeblichen Rechtsnormen und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht unterlag. Denn er hat die Tätigkeit des Geschäftsführers im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen ausgeübt. Das Sozialgericht hat die für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände umfassend gewürdigt und zutreffend gegeneinander abgewogen. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und schließt sich dessen Würdigung der Gesamtumstände an; auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Diese Vorgehensweise liegt umso näher, als der Kläger trotz wiederholter Aufforderung seine Berufung nicht begründet hat.

Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass auch die vom Kläger an die Beigeladene geleistete Zahlung in Höhe von 87.500 EUR, die er nach eigenen Angaben noch über seine Stammkapitaleinlage hinaus eingebracht hat, zwar arbeitnehmeruntypisch ist, in der Gesamtabwägung aber nicht für ein Unternehmerrisiko und eine selbständige Tätigkeit spricht. Der Kläger hat hierzu in der Klagebegründung vorgetragen, es habe sich dabei um ein "nicht rückerstattungsfähiges" Darlehn gehandelt. Der Kläger trägt insoweit aber kein, mit seiner Tätigkeit für die Beigeladene verbundenes Unternehmerrisiko, sondern das typische Ausfallrisiko eines Darlehnsgebers. Auch wenn der Kläger bei der darlehnsweisen Überlassung des Betrages von 87.5000 EUR eingeschränkte Rückzahlungsmodalitäten vereinbart hat, beruht dies auf den von ihm als Darlehnsgeber getroffenen vertraglichen Vereinbarungen und begründet kein mit dem Einsatz von Wagniskapital verbundenes wirtschaftliches Risiko eines Unternehmers (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 17.04.2013 - L 5 KR 1525/11, vom 06.07.2011 - L 5 KR 3575/10 -, vom 08.06.2011 - L 5 R 4078/10 -, vom 11.05.2011 - L 5 KR 4847/09 - und vom 24.11.2010 - L 5 KR 357/10-). Zu einer Erhöhung des Stammkapitals ist es in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht gekommen, so dass der Kläger durch die Überlassung des Geldbetrages auch kein höheres Einflusspotential auf die Beigeladene erlangt hat. Gegenüber den weiteren, für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien des Anstellungsvertrages mit allen arbeitnehmertypischen Rechten und der Weisungsabhängigkeit gegenüber dem Vorsitzenden der Geschäftsführung, dem nach dem Gesellschafterbeschluss vom 03.02.2011 ausdrücklich die federführende Behandlung grundsätzlicher Fragen und die Koordinierung der Tätigkeit der Gesellschafter übertragen war, fällt die Überlassung des Darlehns bei der Bewertung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers somit nicht dergestalt ins Gewicht, dass deshalb von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen wäre.

Nach alldem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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