Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1728/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2080/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. April 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles streitig.
Der 1950 geborene Kläger erlitt am 19.08.1990 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er beim Reinigen einer Druckgußmaschine laugenhaltige Reinigungsflüssigkeit aus einem umgestoßenen Eimer in beide Augen bekommen hatte. Dabei zog er sich eine Augenverätzung beider Augen zu. Nach einer ersten Behandlung im Krankenhaus in H., F., wurde der Kläger noch am selben Tag in die Augenklinik im Kreiskrankenhaus O. verlegt. Unter Berücksichtigung eines ersten Rentengutachtens von Prof. Dr. F., Augenklinik am Kreiskrankenhaus O. vom 11.06.1991, gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (die Maschinenbau und Kleineisenindustrie Berufsgenossenschaft, im Folgenden einheitlich die Beklagte) mit Bescheid vom 08.08.1991 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. ab dem 25.04.1991. Als Folgen des Arbeitsunfalles hatte sie anerkannt: "links: geringes Herabhängen des Oberlides, Bindehautnarben, Hornhautvaskularisationen und -Trübungen, aufgehobene Hornhautsensibilität, herabgesetzte Sehschärfe, Blendungsempfindlichkeit und Hornhautbenetzungsstörungen nach Laugenverletzung des Auges. Rechts: abgeheilte Laugenverletzung des Auges. Keine Folgen des Arbeitsunfalles seien am rechten Auge ein Innenschielen sowie eine Schielschwachsichtigkeit, eine Glaskörperadhärenz in der Netzhautperipherie und ein aufgehobenes räumliches Sehen. Unter Berücksichtigung eines Zweiten Rentengutachtens von Prof. Dr. F. vom 12.06.1992 bewilligte die Beklagte eine Dauerrente nach einer MdE um 20 v. H. (Bescheid vom 01.07.1992). Als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte sie: "links: Bindehautnarben, Hornhautvaskularisationen und -Trübungen, diffuse grau-weißliche Verfärbung des Stromas des Hornhautzentrums, geringe Minderung des Hornhautzentrums, geringe Minderung der Hornhautsensibilität und herabgesetzte Sehschärfe nach Laugenverletzung des Auges. Rechts: abgeheilte Laugenverletzung des Auges." Darüber hinaus stellte sie fest, dass rechts ein Innenschielen sowie eine Schielschwachsichtigkeit, eine Glaskörperadhärenz in der Netzhautperipherie und ein aufgehobenes räumliches Sehen keine Folgen des Unfalles seien.
Unter dem 08.02.1995 teilte die Universitätsaugenklinik der A. Universität F. der Beklagten mit, dass bei dem Kläger im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 23.09. bis 04.10.1994 eine Hornhautverpflanzung am linken Auge durchgeführt worden sei, welche wegen der Verätzung der Hornhaut bei einem Arbeitsunfall 1990 erforderlich geworden sei. Es sei eine Abstoßungsreaktion aufgetreten, welche intensiv behandelt werden müsse.
Unter dem 20.11.1996 erstattete Prof. Dr. W. zusammen mit PD Dr. Dr. F. und Dr. M. ein augenfachärztliches Gutachten. Unter Berücksichtigung der am 19.07., 31.07. und 10.09.1996 durchgeführten Augenuntersuchungen stellten die Sachverständigen folgende unfallabhängige Augenveränderungen fest:
Linkes Auge: 1. Visusherabsetzung auf Handbewegungen bei intakter Lichtscheinprojektion, 2. Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, 3. vermindertes Dämmerungssehen, verstärkte Blendungsempfindlichkeit, 4. Hornhautbenetzungsstörung.
Das zeitweise bestehende Einwärtsschielen sowie die Sehminderung im rechten Auge bestünden unfallunabhängig. Schon seit der Kindheit sei eine Schwachsichtigkeit bei Schielen bekannt. Der Visus am rechten Auge war mit 0,4 angegeben, bei früheren Untersuchungen bis 0,8. Diese Schwankungen seien bei einer Sehschwäche durch Schielen glaubhaft. Als durchschnittlichen Visuswert lege man einen Wert von 0,5 zugrunde. Die MdE betrage 40 v.H. Dabei seien die Visusminderung links auf Wahrnehmung von Handbewegen und intakte Lichtscheinprojektionen, die ausgeprägte Hornhauttrübung mit deutlichen Zeichen einer schweren Benetzungsstörung sowie die erhöhte Blendungsempfindlichkeit, aber auch die Schielamplyopie rechts berücksichtigt. Wäre das rechte Auge völlig gesund und nicht schielamplyop, so wäre die allein auf das linke Auge zurückzuführende MdE mit 25 v.H. anzusetzen.
In ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10.02.1997 hielt die Augenärztin Dr. C., O., eine unfallbedingte MdE ab August 1995 in Höhe von 35 v.H. für angemessen. Zur Begründung führte sie aus, dass am rechten Auge eine Schielschwachsichtigkeit als Vorschaden zu berücksichtigen sei. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde sei der Vorschaden mit einer Sehschärfe von 0,6 und einer MdE von 10 v.H. anzunehmen. Die unfallbedingte MdE am linken Auge betrage unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde 25 v.H., weshalb eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von Seiten der Augen mit 35 v.H. zu veranschlagen sei.
Mit Bescheid vom 19.03.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit mit Wirkung ab dem 01.09.1995, dem Tag nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit wegen der Wiedererkrankung an Unfallfolgen, nach einer MdE um 35 v.H. Sie führte aus, dass die dem Bescheid vom 01.07.1992 zugrundeliegenden Verhältnisse sich wesentlich geändert hätten. Links lägen eine ausgeprägte Hornhauttrübung, eine Gefäßeinsprossung, auch im Bereich des Hornhauttransplantats, eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche durch Bindehautveränderungen und eine Visusverschlechterung des Auges vor. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Unter Berücksichtigung eines weiteren Gutachtens von Prof. Dr. W. vom 06.05.1998 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.06.1998 die Erhöhung der Rente mit der Begründung ab, dass die Nachuntersuchung ergeben habe, dass in den Verhältnissen, die bei dem Erlass des Bescheides vom 19.03.1997 vorgelegen haben, keine wesentliche Änderung eingetreten sei.
Mit Schreiben vom 16.03.2004 beantragte der Kläger sinngemäß die Erhöhung der Rente wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen. In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten haben PD Dr. F. und Dr. S. die Unfallfolgen mit einer Visusherabsetzung auf das Erkennen von Handbewegungen bei fehlender Lichtscheinprojektion, einer Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, einem verminderten Dämmerungssehen, einer verstärkten Blendungsempfindlichkeit und einer Hornhautbenetzungsstörung beschrieben. Unfallunabhängig bestehe ein manifestes, frühkindliches Innenschielen mit Schielschwachsichtigkeit des rechten Auges. Am rechten Auge sei der Visus 0,4. Am linken Auge sei durch den Arbeitsunfall vom 19.08.1990 der Visus auf das Erkennen von Handbewegungen ohne intakte Lichtscheinprojektion herabgesetzt. Auf augenfachärztlichem Gebiet betrage die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit 50 v.H. Für den Fall, dass das rechte Auge völlig gesund und nicht schwachsichtig wäre, sei die allein auf das linke Auge zurückzuführende MdE auf 25 v.H. festzusetzen. In seiner augenärztlichen Stellungnahme vom 11.01.2005 führte der Augenarzt T. aus, dass die Änderung der Sehschärfe am rechten Auge von 0,6 auf 0,4 keine Unfallfolge, sondern ein unfallunabhängiger Nachschaden sei. Zu einer wesentlichen Änderung der Unfallfolgen sei es nicht gekommen. Unter Berücksichtigung des Vorschadens rechts (Schielschwachsichtigkeit 0,6) zum Unfallzeitpunkt und praktischer Erblindung links als Unfallfolge schätze er die MdE jetzt auf 35 v.H.
Mit Bescheid vom 18.01.2005 lehnte die Beklagte eine Erhöhung der Rente ab, weil eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen nicht eingetreten sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 zurück. Sie hielt daran fest, dass die aufgrund der Unfallfolgen bestehende MdE unverändert mit 35 v.H. zu bewerten sei.
Hiergegen hat der Kläger am 02.05.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass aufgrund der faktischen Blindheit des linken Auges die Sehschärfe am rechten Auge von 0,6 auf 0,4 unfallbedingt zurückgegangen sei. Grund dafür sei die durch den Ausfall des linken Auges bedingte Mehrbelastung des rechten Auges. Weil das rechte Auge zum Unfallzeitpunkt bereits geschädigt gewesen sei, sei für die MdE die Beeinträchtigung am linken Auge nicht isoliert, sondern an beiden Augen zusammen zugrundezulegen. Danach sei eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 60 v.H. festzustellen.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens bei Prof. Dr. R., Universitätsaugenklinik F. Er hat in seinem Gutachten vom 19.03.2007 ausgeführt, dass die Visusminderung des rechten Auges mit Sicherheit nicht Folge der Verletzung des linken Auges sei. Sie sei auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der gleichen Verletzung, bei der es zu der schweren Verätzung des linken und einer sehr viel leichteren Verätzung des rechten Auges gekommen sei. Die unfallbedingte MdE werde unverändert auf 25 v.H. geschätzt. Die Gesamt-MdE auf 50 v.H. Die Änderung der MdE zu dem Vorgutachten, in dem die Gesamt-MdE auf 40 v.H. geschätzt worden sei, begründe sich durch die objektivierbare Verschlechterung der korrigierten Sehschärfe auf 0,4. Zu den Fragen des Bevollmächtigten des Klägers hat Prof. Dr. R. unter dem 22.05.2007 Stellung genommen und insbesondere klargestellt, dass die Änderung der MdE von 40 v.H. auf 50 v.H. sich auf die Veränderungen des rechten Auges beziehe. Hierauf hat der Kläger beantragt, Dr. R. zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin zu laden.
Das SG hat die Beteiligten unter dem 08.07.2008 zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Rentenerhöhung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) und gem. § 73 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht bestehe. Die Unfallfolgen hätten sich gegenüber den der letzten bindenden Rentenfeststellung zugrundeliegenden Verhältnissen nicht wesentlich verschlimmert. Als wesentlich gelte dabei nur eine Änderung der MdE um mehr als 5 v.H. Es hat insoweit auf das für die Rentenfeststellung mit Bescheid vom 19.03.1997 maßgebliche Gutachten von Prof. Dr. W. vom 20.11.1996 verwiesen. Vergleiche man die Befunde dort mit denen in dem aufgrund des Erhöhungsantrages eingeholten Gutachten des PD Dr. F., lasse sich eine wesentliche Änderung nicht feststellen. Am linken Auge sei zwar nach den jüngeren Gutachten zusätzlich zu den bekannten Unfallfolgen die Fähigkeit verloren gegangen, die Richtung von Lichtquellen angeben zu können, während in älteren Gutachten dem Kläger noch eine intakte Lichtscheinprojektion bescheinigt worden sei. Diese Änderung sei jedoch für die MdE nicht relevant, wie sowohl PD Dr. F. als auch der Beratungsarzt T. und schließlich Prof. Dr. R. als Sachverständiger festgestellt hätten. Alle schätzten übereinstimmend die MdE allein des linken Auges weiterhin auf 25 v.H. ein. Am rechten Auge sei gegenüber dem maßgeblichen Vorgutachten überhaupt keine Änderung eingetreten. Insbesondere werde bereits im Gutachten vom 20.11.1996 die korrigierte Sehschärfe für das rechte Auge mit 0,4 und nicht mehr wie in dem zeitnah zum Unfall erstellten Befundbericht mit 0,6 bzw. 0,8 angegeben und somit identisch wie in den späteren Gutachten des PD Dr. F. und des Prof. Dr. R ... Auf die Frage, ob die Verschlechterung des Visus rechts auf 0,4 unfallbedingt sei oder nicht komme es in Anbetracht der Tatsache, dass diese Verschlechterung vor der letzten bindenden Rentenfeststellung eingetreten sei, nicht an. Eine wesentliche Verschlechterung der gegenüber den dem Bescheid vom 19.03.1997 zugrunde liegenden Verhältnissen könne in Anbetracht des chronologischen Ablaufes mit der Herabsetzung der Sehschärfe rechts nicht begründet werden.
Gegen den ihm am 08.04.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.05.2009 Berufung eingelegt. Er rügt zunächst eine Verletzung der §§ 397, 402 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach jeder Prozesspartei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs das Recht zustehe, den Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich befragen zu können.
Der Kläger beantragt,
gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Z. 1 ZPO unter Aufhebung des in der Berufungsinstanz angefochtenen Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 6. April 2009 die Sache zur weiteren Verhandlung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, hilfsweise, abändernd den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 16. März 2004 an wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 19. August 1990 eine Rente nach einer MdE um mindestens 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an der von ihr vertretenen Auffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG fest.
Der Senat hat hierauf und nachdem der Bevollmächtigte des Klägers seine an den Sachverständigen zu stellenden Fragen präzisierte, diese Prof. Dr. R. zu einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zur Verfügung gestellt. Prof. Dr. R. hat unter dem 28.07.2009 ausgeführt, dass die Herabsetzung der korrigierten Sehschärfe am rechten Auges auf 0,4 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der Verletzung sei, bei der es zu der schweren Verätzung des linken und sehr viel leichteren Verätzung des rechten Auges am 19.08.1990 gekommen war. Es sei wahrscheinlich, dass die herabgesetzte Sehschärfe Folge einer geringgradigen Schwachsichtigkeit bei kongenitalem Schielen sei. Wegen der weiteren gemachten Angaben wird auf Blatt 27 ff. der Senatsakte verwiesen.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. L., Direktor der Augenklinik der St. V. in K. Er hat im Gutachten vom 05.03.2010 folgende Gesundheitsstörungen bei dem Kläger festgestellt:
In Abhängigkeit von dem Unfallgeschehen: Rechtes Auge: 1. 1 periphere Hornhautnarbe bei 7 Uhr Linkes Auge: Zustand nach Laugenverätzung mit 1. Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) mit verlängerter Tränenaufrißzeit 2. Narbenpterygium (gefäßhaltige Gewebswucherung der Bindehaut, die auf die Hornhaut übergreift) 3. Limbusstammzellinsuffizienz (Verlust der Stammzellen der Hornhautoberflächenzellen) 4. vaskularisierte (gefäßhaltige) verkalkte Hornhautnarbe bei Zustand nach Laugenverätzung 5. Zustand nach Hornhauttransplantation mit Abstoßungsreaktion gegenüber der transplantierten Spenderhornhaut und Eintrübung derselben 6. Stark herabgesetzte Hornhautempfindlichkeit der zentralen Hornhaut 7. Sehschärfenminderung auf Wahrnehmung von "Handbewegung bei intakter Lichtscheinprojektion" 8. Innenschielen (Strabismus convergens) durch Verlust des Fixatioinsvermögens und Fixationswechsel Unfallunabhängige Veränderungen der Augen: Rechtes Auge: 1. Meibom-Dysfunktion (Fehlfunktion von Lidranddrüsen, die Bestandteile des Tränenfilms ausscheiden) 2. Parazentrale kleine Hornhautnarbe 3. Cataracta nuclearis et corticalis incipiens (beginnende altersgemäße Linsentrübung des Linsenkerns und der Linsenrinde) 4. Pigmentierte Netzhautdegeration mit Glaskörperanheftung 5. Myopie (Kurzsichtigkeit) 6. Schielamblyopie (Durch kindliches Schielen bedingte Schwachsichtigkeit) Fehlendes beidäugiges Sehen 7. Eingeschränkte Dämmerungssehfähgikeit 8. Periphere Gesichtsfeldeinschränkung Linkes Auge: 1. Gewebeverdickung des nasalen Oberlids 2. Meibom-Dysfunktion (Fehlfunktion von Lidranddrüsen) Rechtes/linkes Auge: 1. Innenschielen (Strabismus convergens)
Er hat ausgeführt, dass die schielbedingte Schwachsichtigkeit des rechten Auges, das fehlende beidäugige Sehen, die Meibom-Dysfunktion des rechten Auges, die beginnende Linsentrübung, die zu einer Sehschärfenminderung von 0,4 und einer erhöhten Blendung geführt habe, nicht auf den Unfall zurückzuführen seien. Ebenso nicht die kleine parazentrale Hornhautnarbe, welche eher durch einen Fremdkörper bewirkt worden und vor 1994 in den augenärztlichen Befunden nicht dokumentiert gewesen sei. Gleiches gelte für das eingeschränkte Dämmerungssehen am rechten Auge sowie Einschränkung der Gesichtsfeldaußengrenzen des rechten Auges. Der durch den Unfall bedingte Anteil der MdE bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt werde nach den Richtlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft (DOG) und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) ab dem 16.04.2004 auf 25 % eingeschätzt. Auf augenärztlichem Fachgebiet werde die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit auf 50 % geschätzt. Mit den Vorgutachten von PD Dr. F. und Prof. Dr. R. stimme er in vollem Umfang überein. Zu den ergänzenden Fragen des Klägers hat Prof. Dr. L. unter dem 17.06.2010 und 15.05.2003 noch einmal Stellung genommen. Wegen der gemachten Angaben wird auf Blatt 83 f. sowie 94 f. der Senatsakten verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch des Klägers auf Erhöhung der ihm zuletzt mit Bescheid vom 19.03.1997 gewährten Rente nach einer MdE um 35 v.H.
Eine Aufhebung der Entscheidung des SG und Zurückverweisung der Sache nach § 159 SGG an dieses kam schon deshalb nicht in Betracht, weil schon keine umfassende und aufwendige Sachaufklärung im Hinblick auf die von Bevollmächtigten beantragte ergänzende Befragung des in der ersten Instanz gehörten Gutachters Prof. Dr. R. erforderlich war (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Der Senat kann daher offenlassen, ob zugleich überhaupt ein wesentlicher Verfahrensmangel vorgelegen hat. Die ergänzende Befragung des Prof. Dr. R. hat der Senat darüber hinaus veranlasst (zur Nachholung in der zweiten Instanz vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Beschlüsse vom 10.05.2005 - VI ZR 245/04 - in Juris und vom 14.07.2009 - VIII ZR 295/08 - NJW-RR 2009, 1361 (1362)).
Rechtsgrundlage für die - hilfsweise - in der Sache begehrte Neufeststellung der Rente ist § 48 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Anspruch auf Rente neu festzustellen, wenn in den für seine letzte Feststellung maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche liegt gem. § 73 Abs. 3 SGB VII, der nach § 214 Abs. 3 S. 2 SGB VII auch auf Versicherungsfälle vor dem 01.01.1997 anzuwenden ist, bei der Feststellung der MdE vor, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt (so schon Bundessozialgericht [BSG] 02.03.1971, B 2 RU 39/70, in Juris) und sie - bei Rente auf unbestimmte Zeit - länger als drei Monate andauert. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes maßgeblichen Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die zum Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung vorliegen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Die wesentliche Änderung muss mit Wahrscheinlichkeit auf den erlittenen Arbeitsunfall wesentlich zurückzuführen sein und darf nicht durch andere, vom Arbeitsunfall unabhängige Umstände verursacht worden sein. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit reicht nicht (ständige Rechtsprechung BSGE 19, 52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (so jetzt § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, mit dessen Inkrafttreten die früheren Kriterien zur Bemessung der MdE nach der RVO übernommen worden sind, vgl. BSG, Urt. v. 18.03.2003, B 2 U 31/02 R, in Juris). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist grundsätzlich u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urt. d. BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und Juris).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 (a.a.O. Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass die Beklagte die Erhöhung der gewährten Rente zu Recht abgelehnt hat.
Maßgebliche Vergleichsgrundlage sind die Befunde, die dem letzten bindend gewordenen Bescheid, also dem Bescheid vom 19.03.1997, mit dem dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE um 35 v.H. gewährt wurde, zugrunde lagen. Mit diesem - damals nicht angefochtenen - Bescheid beschrieb die Beklagte im Vergleich zu den Feststellungen, die der Dauerrentengewährung mit Bescheid vom 01.07.1992 zugrunde gelegen haben, nunmehr für das linke Auge eine ausgeprägte Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, auch im Bereich des Hornhauttransplantates, eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche durch Bindehautveränderungen und eine Visusverschlechterung des Auges. Für das rechte Auge war bereits im Bescheid vom 01.07.1992 eine abgeheilte Laugenverletzung des Auges festgestellt worden. Die Bewertung der Unfallfolgen durch die Beklagte beruhte auf dem augenärztlichen Gutachten von Prof. W. vom 20.11.1996 und der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 10.02.1997. Prof. Dr. W. stellte eine Visusherabsetzung auf Handbewegungen bei intakter Lichtscheinprojektion, eine Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, ein vermindertes Dämmerungssehen, verstärkte Blendungsempfindlichkeit sowie eine Hornhautbenetzungsstörung fest. Als unfallunabhängig bewertete er ein zeitweise bestehendes Einwärtsschielen sowie die Sehminderung am rechten Auge. Die Schwachsichtigkeit rechts bei Schielen ist seit der Kindheit bekannt. Der Visus am rechten Auge hatte der Sachverständige damals mit 0,4 gemessen und angegeben, dass dieser bei früheren Untersuchungen auch bis 0,8 angegeben worden war. Bei in diesem Ausmaß im Rahmen einer Sehschwäche durch Schielen glaubhaften Schwankungen gehe er von einem Durchschnittswert von 0,5 aus. Insgesamt betrage die MdE 40 v.H., welche die Visusminderung links mit Wahrnehmung von Handbewegungen und intakte Lichtscheinprojektion, die ausgeprägte Hornhauttrübung mit deutlichen Zeichen einer schweren Benetzungsstörung sowie die erhöhte Blendungsempfindlichkeit, aber auch die Schielamplyopie rechts berücksichtige. Die MdE betrage 25 v.H., wenn man die Sehminderung allein am linken Auge bei einem unterstellten gesunden rechten Auge zugrundelegen wollte. Dr. C. führte aus, für den Vorschaden am rechten Auge sei unverändert von einer Sehminderung von 0,6 auszugehen, welcher mit 10 v.H. zu bewerten sei. Die unfallbedingte MdE am linken Auge sei ab August 1995 mit 25 v.H. einzuschätzen, weshalb eine Gesamt-MdE von 35 v.H. vorliege. Dieser Bewertung hatte sich die Beklagte angeschlossen.
Eine wesentliche Änderung der Unfallfolgen, die zuletzt mit Bescheid vom 19.03.1997 festgestellt wurden, ist nicht eingetreten.
Für das linke Auge haben alle gehörten Sachverständigen (Gutachten PD Dr. F. vom 19.08.2004, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten kann, Prof. Dr. R. vom 19.03.2007 und Prof. Dr. L. vom 12.03.2010 nebst der jeweiligen ergänzenden Stellungnahmen) festgestellt, dass sich der Befund am Unfallauge nicht wesentlich verändert hat. Im Gegensatz zu den Feststellungen des PD Dr. F. war in den nachfolgenden Begutachtungen bei Prof. Dr. R. und Prof. Dr. L. auch die zunächst fehlende Lichtscheinprojektion wieder nachweisbar. An der von allen Sachverständigen isoliert für das unfallverletzte Auge veranschlagten MdE von 25 v.H. hat der Senat daher keinen Zweifel, die im Übrigen einer völligen Erblindung des Auges Rechnung trägt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 293)
Soweit das rechte Auge betroffen ist, stellt der Senat zunächst fest, dass Unfallfolgen am rechten Auge nicht anerkannt, bei der Feststellung des Rentenanspruches 1997 auch nicht eingeflossen sind und im Übrigen auch nicht vorliegen. Prof. Dr. R. hat ausdrücklich bestätigt, dass die Herabsetzung der korrigierten Sehschärfe des rechten Auges auf jetzt 0,4 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der Verletzung ist. Abgesehen von der Schwachsichtigkeit aufgrund der Schielfehlstellung des Auges liegt zudem kein Befund vor, der eine solche Zunahme der Sehminderung erklären könnte. Schlüssig und überzeugend führt der Sachverständige aus, dass eine bei der Untersuchung am 13.12.2006 festgestellte beginnende Linsentrübung zu einer Blendempfindlichkeit und einer fortschreitenden Myopisierung (Kurzsichtigkeit) geführt hat. diese Linsenveränderungen aber altersbedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die nur sehr leichte Verätzung des rechten Auges verursacht worden. Er stellt darüber hinaus überzeugend dar, dass der unfallbedingte Ausfall eines Auges mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu vorzeitigen Alterserscheinungen des anderen Auges im Sinne einer verminderten Sehfähigkeit führt. Schließlich hat er für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die vermehrte Blendempfindlichkeit des rechten Auges auch ohne den Unfall zu diagnostizieren gewesen wäre. Zu einem anderen Ergebnis ist auch der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Prof. Dr. L. nicht gekommen. Er beschreibt zwar eine kleine periphere Hornhautnarbe im Bereich des rechten Auges bei 7 Uhr, die er fraglich auf die Verätzung des rechten Auges zurückführt. Nach Beurteilung des Sachverständigen beeinträchtigt sie das Sehvermögen jedoch nicht, weshalb sie in die MdE-Bewertung nicht einfließt und daher auch keine Änderung in den Verhältnissen begründen kann. Zu den von ihm beschriebenen unfallunabhängigen Veränderungen am rechten Auge hat er in den auf Antrag des Klägers eingeholten Stellungnahmen ergänzende Ausführungen gemacht, ohne dass hierdurch im Hinblick auf die im Ausmaß unstreitig bestehenden funktionellen Einschränkungen für den Senat Änderungen in der Beurteilung ersichtlich werden.
Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte den am rechten Auge bestehenden Vorschaden schon bei der Feststellung der Dauerrente erhöhend berücksichtigt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur werden die bei Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits bestehenden gesundheitlichen, auch altersbedingten Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden) bei der Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG 05.09.2006, B 2 U 25/05 R, in Juris, m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind. Typischerweise ist eine derartige Beeinflussung dann anzunehmen, wenn durch zwei Schäden bzw. Erkrankungen dasselbe Organ oder dieselbe Körperfunktion betroffen ist, was insbesondere bei paarigen Organen anzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (05.09.2006, a.a.O.) ist dies z.B. dann der Fall, wenn ein Versicherter sein linkes Auge vor dem Versicherungsfall verloren hatte und durch den Versicherungsfall auch noch das rechte Auge verliert. Denn dann sind die Auswirkungen des Versicherungsfalls auf die Erwerbsfähigkeit erheblich schwerwiegender als in dem Fall, in welchem ein gesunder Versicherter durch den Versicherungsfall (nur) ein Auge verliert. Es ist jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass die Folge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls für die MdE beim Zusammentreffen mit einem Vorschaden weniger gewichtig sein kann. Als Vorschaden aufgrund der seit der Kindheit bestehenden schielbedingten Schwachsichtigkeit hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Einlassungen von Dr. C. zutreffend eine korrigierte Sehschärfe von 0,6 zugrunde gelegt. Dies entspricht den Werten, die nach Ausheilung der unmittelbar mit dem Unfall auch im Bereich des rechten Auges eingetretenen Beeinträchtigungen gemessen wurden (vgl. Dr. C., Stellungnahme vom 11.10.1983, Bl. 183 d. Akten). Schon im Zweiten Rentengutachten von Dr. F. vom 29.05.1991 werden Unfallfolgen nur noch für das linke Auge beschrieben. Korrigierte Sehschärfen für das rechte Auge wurden am 09.01.1991 (Bericht Prof. Dr. F. v. 29.01.1991) mit 0,6, im Gutachten vom 29.05.1991 mit 0,8, im Gutachten vom 12.06.1992 (Prof. Dr. F.) mit 0,8, und im Bericht des Kreiskrankenhauses O. v. 26.09.1993 mit 0,6 angegeben. Mit Dr. C. in deren beratungsärztlicher Stellungnahme vom 11.10.1993 ist daher unter Berücksichtigung der fachärztlich erhobenen Befunde davon auszugehen, dass zugunsten des Klägers vor Eintritt des Unfalles eine vorbestehende Schwachsichtigkeit am rechten Auge in einem Ausmaß von maximal 0,6 vorgelegen hat. Dieser hat als Vorschaden bei der Bemessung der MdE in dieser Ausprägung mit einer Teil-MdE von 10 v.H. auch Eingang gefunden. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen nicht dadurch, dass Prof. Dr. R. vermutet, die als Vorschaden zugrundegelegte Sehschärfe beruhe auf Untersuchungen, die den neuen DIN-Standard nicht erfüllten. Denn nach seiner Erfahrung fällt eine Prüfung nach Landolt-Ringen (DIN-Visusprüfung) schlechter aus, als bei der Prüfung mit Zahlen, sodass ein Vorschaden, der über den bislang angenommenen hinausginge, nicht wahrscheinlich ist. Soweit Prof. Dr. L. von einem gemittelten Visus von 0,5 ausgeht, vermag dies angesichts der zeitnah nach dem Unfall erhobenen Befunde, die mit Werten um 0,6 und besser angegeben wurden, nicht zu überzeugen. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, weil Prof. Dr. L. dargelegt hat, dass es seit dem Gutachten vom 20.11.1996 zu keiner objektivierbaren Sehschärfenminderung mehr gekommen ist, nachdem bereits zu diesem Zeitpunkt die Sehschärfe am rechten Auge mit 0,4 Landoltringen angegeben worden war, welche sich danach auch nicht mehr verändert hat (vgl. die dem Gutachten von Prof. Dr. L. beigefügte Tabelle, Bl. 70 ff. der Senatsakten). Dass die Minderung der Sehschärfe von 0,5 auf 0,4 am rechten Auge nicht unfallbedingt ist, hat Prof. Dr. L. im Übrigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.05.2013 ebenfalls nochmals bestätigt. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit der bescheidmäßigen Feststellung durch Verwaltungsakt vom 19.03.1997 liegt daher schon nicht vor. Entgegen der Annahme von Dr. C. bewertete der nach § 109 SGG gehörte Gutachter den Vorschaden des Sehorganes, welchen er mit 0,5 annahm, aufgrund der Schielamplyopie darüber hinaus nur mit 5 v.H. Die hierzu vorgelegte Begründung (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 17.06.2010, Bl. 83 d. Senatsakten) dürfte im Übrigen im Hinblick auf die Empfehlungen von BVA und DOG (vgl. Schönberger/Mehrtens Valentin, a.a.O., S. 292) nicht zu beanstanden sein, sodass die Annahme eines Vorschadens um 10 v.H. zugunsten des Klägers ausgefallen sein dürfte.
Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die der Entscheidung der Beklagten vom 19.03.1997 zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten. Die von Prof. Dr. R. angegebene Gesamt-MdE um 50 v.H. ergibt sich aus der von ihm beschriebenen unfallunabhängig eingetretenen Verschlechterung der Sehfähigkeit auf dem rechten Auge. Sie stellt einen sog. Nachschaden dar, der wie oben dargelegt, außerhalb der Kausalität zum Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden steht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 302) und daher nicht berücksichtigt werden kann.
Soweit Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.05.2013 schließlich unter Berücksichtigung des von ihm zum Unfallzeitpunkt angenommenen Sehschärfenwertes rechts von 0,5 und links mit Handbewegungen mit Lichtscheinprojektion unter Berücksichtigung der DOG-Tabelle zu einer MdE von 40 v.H. kommt, ist damit ebenfalls keine wesentliche Änderung belegt, da § 73 Abs. 3 SGB VII (i.V.m. § 214 Abs. 3 S. 2 SGB VII) bestimmt, dass eine Änderung nur dann wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Schon Dr. W. hatte im Übrigen in seinem Gutachten vom 20.11.1996 eine MdE von 40 v.H. für angemessen erachtet. Ihm hatte sich die Beklagte jedoch bei der Bewertung der MdE nicht angeschlossen. Darüber hinaus haben die gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. L. gerade keine Änderung des medizinischen Sachverhaltes im Vergleich zur Rentenbewilligung 1997 belegt, sodass auch deshalb die Voraussetzungen einer hier allein streitigen Abänderung des Bescheides nach § 48 SGB X nicht vorliegen.
Die Berufung war daher mit allen Anträgen zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles streitig.
Der 1950 geborene Kläger erlitt am 19.08.1990 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er beim Reinigen einer Druckgußmaschine laugenhaltige Reinigungsflüssigkeit aus einem umgestoßenen Eimer in beide Augen bekommen hatte. Dabei zog er sich eine Augenverätzung beider Augen zu. Nach einer ersten Behandlung im Krankenhaus in H., F., wurde der Kläger noch am selben Tag in die Augenklinik im Kreiskrankenhaus O. verlegt. Unter Berücksichtigung eines ersten Rentengutachtens von Prof. Dr. F., Augenklinik am Kreiskrankenhaus O. vom 11.06.1991, gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (die Maschinenbau und Kleineisenindustrie Berufsgenossenschaft, im Folgenden einheitlich die Beklagte) mit Bescheid vom 08.08.1991 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. ab dem 25.04.1991. Als Folgen des Arbeitsunfalles hatte sie anerkannt: "links: geringes Herabhängen des Oberlides, Bindehautnarben, Hornhautvaskularisationen und -Trübungen, aufgehobene Hornhautsensibilität, herabgesetzte Sehschärfe, Blendungsempfindlichkeit und Hornhautbenetzungsstörungen nach Laugenverletzung des Auges. Rechts: abgeheilte Laugenverletzung des Auges. Keine Folgen des Arbeitsunfalles seien am rechten Auge ein Innenschielen sowie eine Schielschwachsichtigkeit, eine Glaskörperadhärenz in der Netzhautperipherie und ein aufgehobenes räumliches Sehen. Unter Berücksichtigung eines Zweiten Rentengutachtens von Prof. Dr. F. vom 12.06.1992 bewilligte die Beklagte eine Dauerrente nach einer MdE um 20 v. H. (Bescheid vom 01.07.1992). Als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte sie: "links: Bindehautnarben, Hornhautvaskularisationen und -Trübungen, diffuse grau-weißliche Verfärbung des Stromas des Hornhautzentrums, geringe Minderung des Hornhautzentrums, geringe Minderung der Hornhautsensibilität und herabgesetzte Sehschärfe nach Laugenverletzung des Auges. Rechts: abgeheilte Laugenverletzung des Auges." Darüber hinaus stellte sie fest, dass rechts ein Innenschielen sowie eine Schielschwachsichtigkeit, eine Glaskörperadhärenz in der Netzhautperipherie und ein aufgehobenes räumliches Sehen keine Folgen des Unfalles seien.
Unter dem 08.02.1995 teilte die Universitätsaugenklinik der A. Universität F. der Beklagten mit, dass bei dem Kläger im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 23.09. bis 04.10.1994 eine Hornhautverpflanzung am linken Auge durchgeführt worden sei, welche wegen der Verätzung der Hornhaut bei einem Arbeitsunfall 1990 erforderlich geworden sei. Es sei eine Abstoßungsreaktion aufgetreten, welche intensiv behandelt werden müsse.
Unter dem 20.11.1996 erstattete Prof. Dr. W. zusammen mit PD Dr. Dr. F. und Dr. M. ein augenfachärztliches Gutachten. Unter Berücksichtigung der am 19.07., 31.07. und 10.09.1996 durchgeführten Augenuntersuchungen stellten die Sachverständigen folgende unfallabhängige Augenveränderungen fest:
Linkes Auge: 1. Visusherabsetzung auf Handbewegungen bei intakter Lichtscheinprojektion, 2. Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, 3. vermindertes Dämmerungssehen, verstärkte Blendungsempfindlichkeit, 4. Hornhautbenetzungsstörung.
Das zeitweise bestehende Einwärtsschielen sowie die Sehminderung im rechten Auge bestünden unfallunabhängig. Schon seit der Kindheit sei eine Schwachsichtigkeit bei Schielen bekannt. Der Visus am rechten Auge war mit 0,4 angegeben, bei früheren Untersuchungen bis 0,8. Diese Schwankungen seien bei einer Sehschwäche durch Schielen glaubhaft. Als durchschnittlichen Visuswert lege man einen Wert von 0,5 zugrunde. Die MdE betrage 40 v.H. Dabei seien die Visusminderung links auf Wahrnehmung von Handbewegen und intakte Lichtscheinprojektionen, die ausgeprägte Hornhauttrübung mit deutlichen Zeichen einer schweren Benetzungsstörung sowie die erhöhte Blendungsempfindlichkeit, aber auch die Schielamplyopie rechts berücksichtigt. Wäre das rechte Auge völlig gesund und nicht schielamplyop, so wäre die allein auf das linke Auge zurückzuführende MdE mit 25 v.H. anzusetzen.
In ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10.02.1997 hielt die Augenärztin Dr. C., O., eine unfallbedingte MdE ab August 1995 in Höhe von 35 v.H. für angemessen. Zur Begründung führte sie aus, dass am rechten Auge eine Schielschwachsichtigkeit als Vorschaden zu berücksichtigen sei. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde sei der Vorschaden mit einer Sehschärfe von 0,6 und einer MdE von 10 v.H. anzunehmen. Die unfallbedingte MdE am linken Auge betrage unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde 25 v.H., weshalb eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von Seiten der Augen mit 35 v.H. zu veranschlagen sei.
Mit Bescheid vom 19.03.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit mit Wirkung ab dem 01.09.1995, dem Tag nach Wegfall der Arbeitsunfähigkeit wegen der Wiedererkrankung an Unfallfolgen, nach einer MdE um 35 v.H. Sie führte aus, dass die dem Bescheid vom 01.07.1992 zugrundeliegenden Verhältnisse sich wesentlich geändert hätten. Links lägen eine ausgeprägte Hornhauttrübung, eine Gefäßeinsprossung, auch im Bereich des Hornhauttransplantats, eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche durch Bindehautveränderungen und eine Visusverschlechterung des Auges vor. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Unter Berücksichtigung eines weiteren Gutachtens von Prof. Dr. W. vom 06.05.1998 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.06.1998 die Erhöhung der Rente mit der Begründung ab, dass die Nachuntersuchung ergeben habe, dass in den Verhältnissen, die bei dem Erlass des Bescheides vom 19.03.1997 vorgelegen haben, keine wesentliche Änderung eingetreten sei.
Mit Schreiben vom 16.03.2004 beantragte der Kläger sinngemäß die Erhöhung der Rente wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen. In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten haben PD Dr. F. und Dr. S. die Unfallfolgen mit einer Visusherabsetzung auf das Erkennen von Handbewegungen bei fehlender Lichtscheinprojektion, einer Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, einem verminderten Dämmerungssehen, einer verstärkten Blendungsempfindlichkeit und einer Hornhautbenetzungsstörung beschrieben. Unfallunabhängig bestehe ein manifestes, frühkindliches Innenschielen mit Schielschwachsichtigkeit des rechten Auges. Am rechten Auge sei der Visus 0,4. Am linken Auge sei durch den Arbeitsunfall vom 19.08.1990 der Visus auf das Erkennen von Handbewegungen ohne intakte Lichtscheinprojektion herabgesetzt. Auf augenfachärztlichem Gebiet betrage die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit 50 v.H. Für den Fall, dass das rechte Auge völlig gesund und nicht schwachsichtig wäre, sei die allein auf das linke Auge zurückzuführende MdE auf 25 v.H. festzusetzen. In seiner augenärztlichen Stellungnahme vom 11.01.2005 führte der Augenarzt T. aus, dass die Änderung der Sehschärfe am rechten Auge von 0,6 auf 0,4 keine Unfallfolge, sondern ein unfallunabhängiger Nachschaden sei. Zu einer wesentlichen Änderung der Unfallfolgen sei es nicht gekommen. Unter Berücksichtigung des Vorschadens rechts (Schielschwachsichtigkeit 0,6) zum Unfallzeitpunkt und praktischer Erblindung links als Unfallfolge schätze er die MdE jetzt auf 35 v.H.
Mit Bescheid vom 18.01.2005 lehnte die Beklagte eine Erhöhung der Rente ab, weil eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen nicht eingetreten sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 zurück. Sie hielt daran fest, dass die aufgrund der Unfallfolgen bestehende MdE unverändert mit 35 v.H. zu bewerten sei.
Hiergegen hat der Kläger am 02.05.2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass aufgrund der faktischen Blindheit des linken Auges die Sehschärfe am rechten Auge von 0,6 auf 0,4 unfallbedingt zurückgegangen sei. Grund dafür sei die durch den Ausfall des linken Auges bedingte Mehrbelastung des rechten Auges. Weil das rechte Auge zum Unfallzeitpunkt bereits geschädigt gewesen sei, sei für die MdE die Beeinträchtigung am linken Auge nicht isoliert, sondern an beiden Augen zusammen zugrundezulegen. Danach sei eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 60 v.H. festzustellen.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens bei Prof. Dr. R., Universitätsaugenklinik F. Er hat in seinem Gutachten vom 19.03.2007 ausgeführt, dass die Visusminderung des rechten Auges mit Sicherheit nicht Folge der Verletzung des linken Auges sei. Sie sei auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der gleichen Verletzung, bei der es zu der schweren Verätzung des linken und einer sehr viel leichteren Verätzung des rechten Auges gekommen sei. Die unfallbedingte MdE werde unverändert auf 25 v.H. geschätzt. Die Gesamt-MdE auf 50 v.H. Die Änderung der MdE zu dem Vorgutachten, in dem die Gesamt-MdE auf 40 v.H. geschätzt worden sei, begründe sich durch die objektivierbare Verschlechterung der korrigierten Sehschärfe auf 0,4. Zu den Fragen des Bevollmächtigten des Klägers hat Prof. Dr. R. unter dem 22.05.2007 Stellung genommen und insbesondere klargestellt, dass die Änderung der MdE von 40 v.H. auf 50 v.H. sich auf die Veränderungen des rechten Auges beziehe. Hierauf hat der Kläger beantragt, Dr. R. zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin zu laden.
Das SG hat die Beteiligten unter dem 08.07.2008 zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Rentenerhöhung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) und gem. § 73 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht bestehe. Die Unfallfolgen hätten sich gegenüber den der letzten bindenden Rentenfeststellung zugrundeliegenden Verhältnissen nicht wesentlich verschlimmert. Als wesentlich gelte dabei nur eine Änderung der MdE um mehr als 5 v.H. Es hat insoweit auf das für die Rentenfeststellung mit Bescheid vom 19.03.1997 maßgebliche Gutachten von Prof. Dr. W. vom 20.11.1996 verwiesen. Vergleiche man die Befunde dort mit denen in dem aufgrund des Erhöhungsantrages eingeholten Gutachten des PD Dr. F., lasse sich eine wesentliche Änderung nicht feststellen. Am linken Auge sei zwar nach den jüngeren Gutachten zusätzlich zu den bekannten Unfallfolgen die Fähigkeit verloren gegangen, die Richtung von Lichtquellen angeben zu können, während in älteren Gutachten dem Kläger noch eine intakte Lichtscheinprojektion bescheinigt worden sei. Diese Änderung sei jedoch für die MdE nicht relevant, wie sowohl PD Dr. F. als auch der Beratungsarzt T. und schließlich Prof. Dr. R. als Sachverständiger festgestellt hätten. Alle schätzten übereinstimmend die MdE allein des linken Auges weiterhin auf 25 v.H. ein. Am rechten Auge sei gegenüber dem maßgeblichen Vorgutachten überhaupt keine Änderung eingetreten. Insbesondere werde bereits im Gutachten vom 20.11.1996 die korrigierte Sehschärfe für das rechte Auge mit 0,4 und nicht mehr wie in dem zeitnah zum Unfall erstellten Befundbericht mit 0,6 bzw. 0,8 angegeben und somit identisch wie in den späteren Gutachten des PD Dr. F. und des Prof. Dr. R ... Auf die Frage, ob die Verschlechterung des Visus rechts auf 0,4 unfallbedingt sei oder nicht komme es in Anbetracht der Tatsache, dass diese Verschlechterung vor der letzten bindenden Rentenfeststellung eingetreten sei, nicht an. Eine wesentliche Verschlechterung der gegenüber den dem Bescheid vom 19.03.1997 zugrunde liegenden Verhältnissen könne in Anbetracht des chronologischen Ablaufes mit der Herabsetzung der Sehschärfe rechts nicht begründet werden.
Gegen den ihm am 08.04.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.05.2009 Berufung eingelegt. Er rügt zunächst eine Verletzung der §§ 397, 402 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach jeder Prozesspartei zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs das Recht zustehe, den Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich befragen zu können.
Der Kläger beantragt,
gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Z. 1 ZPO unter Aufhebung des in der Berufungsinstanz angefochtenen Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Freiburg vom 6. April 2009 die Sache zur weiteren Verhandlung an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen, hilfsweise, abändernd den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 16. März 2004 an wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 19. August 1990 eine Rente nach einer MdE um mindestens 60 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an der von ihr vertretenen Auffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG fest.
Der Senat hat hierauf und nachdem der Bevollmächtigte des Klägers seine an den Sachverständigen zu stellenden Fragen präzisierte, diese Prof. Dr. R. zu einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme zur Verfügung gestellt. Prof. Dr. R. hat unter dem 28.07.2009 ausgeführt, dass die Herabsetzung der korrigierten Sehschärfe am rechten Auges auf 0,4 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der Verletzung sei, bei der es zu der schweren Verätzung des linken und sehr viel leichteren Verätzung des rechten Auges am 19.08.1990 gekommen war. Es sei wahrscheinlich, dass die herabgesetzte Sehschärfe Folge einer geringgradigen Schwachsichtigkeit bei kongenitalem Schielen sei. Wegen der weiteren gemachten Angaben wird auf Blatt 27 ff. der Senatsakte verwiesen.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. L., Direktor der Augenklinik der St. V. in K. Er hat im Gutachten vom 05.03.2010 folgende Gesundheitsstörungen bei dem Kläger festgestellt:
In Abhängigkeit von dem Unfallgeschehen: Rechtes Auge: 1. 1 periphere Hornhautnarbe bei 7 Uhr Linkes Auge: Zustand nach Laugenverätzung mit 1. Keratokonjunktivitis sicca (Syndrom des trockenen Auges) mit verlängerter Tränenaufrißzeit 2. Narbenpterygium (gefäßhaltige Gewebswucherung der Bindehaut, die auf die Hornhaut übergreift) 3. Limbusstammzellinsuffizienz (Verlust der Stammzellen der Hornhautoberflächenzellen) 4. vaskularisierte (gefäßhaltige) verkalkte Hornhautnarbe bei Zustand nach Laugenverätzung 5. Zustand nach Hornhauttransplantation mit Abstoßungsreaktion gegenüber der transplantierten Spenderhornhaut und Eintrübung derselben 6. Stark herabgesetzte Hornhautempfindlichkeit der zentralen Hornhaut 7. Sehschärfenminderung auf Wahrnehmung von "Handbewegung bei intakter Lichtscheinprojektion" 8. Innenschielen (Strabismus convergens) durch Verlust des Fixatioinsvermögens und Fixationswechsel Unfallunabhängige Veränderungen der Augen: Rechtes Auge: 1. Meibom-Dysfunktion (Fehlfunktion von Lidranddrüsen, die Bestandteile des Tränenfilms ausscheiden) 2. Parazentrale kleine Hornhautnarbe 3. Cataracta nuclearis et corticalis incipiens (beginnende altersgemäße Linsentrübung des Linsenkerns und der Linsenrinde) 4. Pigmentierte Netzhautdegeration mit Glaskörperanheftung 5. Myopie (Kurzsichtigkeit) 6. Schielamblyopie (Durch kindliches Schielen bedingte Schwachsichtigkeit) Fehlendes beidäugiges Sehen 7. Eingeschränkte Dämmerungssehfähgikeit 8. Periphere Gesichtsfeldeinschränkung Linkes Auge: 1. Gewebeverdickung des nasalen Oberlids 2. Meibom-Dysfunktion (Fehlfunktion von Lidranddrüsen) Rechtes/linkes Auge: 1. Innenschielen (Strabismus convergens)
Er hat ausgeführt, dass die schielbedingte Schwachsichtigkeit des rechten Auges, das fehlende beidäugige Sehen, die Meibom-Dysfunktion des rechten Auges, die beginnende Linsentrübung, die zu einer Sehschärfenminderung von 0,4 und einer erhöhten Blendung geführt habe, nicht auf den Unfall zurückzuführen seien. Ebenso nicht die kleine parazentrale Hornhautnarbe, welche eher durch einen Fremdkörper bewirkt worden und vor 1994 in den augenärztlichen Befunden nicht dokumentiert gewesen sei. Gleiches gelte für das eingeschränkte Dämmerungssehen am rechten Auge sowie Einschränkung der Gesichtsfeldaußengrenzen des rechten Auges. Der durch den Unfall bedingte Anteil der MdE bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt werde nach den Richtlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft (DOG) und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) ab dem 16.04.2004 auf 25 % eingeschätzt. Auf augenärztlichem Fachgebiet werde die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit auf 50 % geschätzt. Mit den Vorgutachten von PD Dr. F. und Prof. Dr. R. stimme er in vollem Umfang überein. Zu den ergänzenden Fragen des Klägers hat Prof. Dr. L. unter dem 17.06.2010 und 15.05.2003 noch einmal Stellung genommen. Wegen der gemachten Angaben wird auf Blatt 83 f. sowie 94 f. der Senatsakten verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch des Klägers auf Erhöhung der ihm zuletzt mit Bescheid vom 19.03.1997 gewährten Rente nach einer MdE um 35 v.H.
Eine Aufhebung der Entscheidung des SG und Zurückverweisung der Sache nach § 159 SGG an dieses kam schon deshalb nicht in Betracht, weil schon keine umfassende und aufwendige Sachaufklärung im Hinblick auf die von Bevollmächtigten beantragte ergänzende Befragung des in der ersten Instanz gehörten Gutachters Prof. Dr. R. erforderlich war (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Der Senat kann daher offenlassen, ob zugleich überhaupt ein wesentlicher Verfahrensmangel vorgelegen hat. Die ergänzende Befragung des Prof. Dr. R. hat der Senat darüber hinaus veranlasst (zur Nachholung in der zweiten Instanz vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Beschlüsse vom 10.05.2005 - VI ZR 245/04 - in Juris und vom 14.07.2009 - VIII ZR 295/08 - NJW-RR 2009, 1361 (1362)).
Rechtsgrundlage für die - hilfsweise - in der Sache begehrte Neufeststellung der Rente ist § 48 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Anspruch auf Rente neu festzustellen, wenn in den für seine letzte Feststellung maßgebend gewesenen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine solche liegt gem. § 73 Abs. 3 SGB VII, der nach § 214 Abs. 3 S. 2 SGB VII auch auf Versicherungsfälle vor dem 01.01.1997 anzuwenden ist, bei der Feststellung der MdE vor, wenn sie mehr als 5 vom Hundert beträgt (so schon Bundessozialgericht [BSG] 02.03.1971, B 2 RU 39/70, in Juris) und sie - bei Rente auf unbestimmte Zeit - länger als drei Monate andauert. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes maßgeblichen Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die zum Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung vorliegen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 18). Die wesentliche Änderung muss mit Wahrscheinlichkeit auf den erlittenen Arbeitsunfall wesentlich zurückzuführen sein und darf nicht durch andere, vom Arbeitsunfall unabhängige Umstände verursacht worden sein. Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit reicht nicht (ständige Rechtsprechung BSGE 19, 52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (so jetzt § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, mit dessen Inkrafttreten die früheren Kriterien zur Bemessung der MdE nach der RVO übernommen worden sind, vgl. BSG, Urt. v. 18.03.2003, B 2 U 31/02 R, in Juris). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist grundsätzlich u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urt. d. BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und Juris).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 (a.a.O. Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass die Beklagte die Erhöhung der gewährten Rente zu Recht abgelehnt hat.
Maßgebliche Vergleichsgrundlage sind die Befunde, die dem letzten bindend gewordenen Bescheid, also dem Bescheid vom 19.03.1997, mit dem dem Kläger eine Dauerrente nach einer MdE um 35 v.H. gewährt wurde, zugrunde lagen. Mit diesem - damals nicht angefochtenen - Bescheid beschrieb die Beklagte im Vergleich zu den Feststellungen, die der Dauerrentengewährung mit Bescheid vom 01.07.1992 zugrunde gelegen haben, nunmehr für das linke Auge eine ausgeprägte Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, auch im Bereich des Hornhauttransplantates, eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche durch Bindehautveränderungen und eine Visusverschlechterung des Auges. Für das rechte Auge war bereits im Bescheid vom 01.07.1992 eine abgeheilte Laugenverletzung des Auges festgestellt worden. Die Bewertung der Unfallfolgen durch die Beklagte beruhte auf dem augenärztlichen Gutachten von Prof. W. vom 20.11.1996 und der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 10.02.1997. Prof. Dr. W. stellte eine Visusherabsetzung auf Handbewegungen bei intakter Lichtscheinprojektion, eine Hornhauttrübung, Gefäßeinsprossung, ein vermindertes Dämmerungssehen, verstärkte Blendungsempfindlichkeit sowie eine Hornhautbenetzungsstörung fest. Als unfallunabhängig bewertete er ein zeitweise bestehendes Einwärtsschielen sowie die Sehminderung am rechten Auge. Die Schwachsichtigkeit rechts bei Schielen ist seit der Kindheit bekannt. Der Visus am rechten Auge hatte der Sachverständige damals mit 0,4 gemessen und angegeben, dass dieser bei früheren Untersuchungen auch bis 0,8 angegeben worden war. Bei in diesem Ausmaß im Rahmen einer Sehschwäche durch Schielen glaubhaften Schwankungen gehe er von einem Durchschnittswert von 0,5 aus. Insgesamt betrage die MdE 40 v.H., welche die Visusminderung links mit Wahrnehmung von Handbewegungen und intakte Lichtscheinprojektion, die ausgeprägte Hornhauttrübung mit deutlichen Zeichen einer schweren Benetzungsstörung sowie die erhöhte Blendungsempfindlichkeit, aber auch die Schielamplyopie rechts berücksichtige. Die MdE betrage 25 v.H., wenn man die Sehminderung allein am linken Auge bei einem unterstellten gesunden rechten Auge zugrundelegen wollte. Dr. C. führte aus, für den Vorschaden am rechten Auge sei unverändert von einer Sehminderung von 0,6 auszugehen, welcher mit 10 v.H. zu bewerten sei. Die unfallbedingte MdE am linken Auge sei ab August 1995 mit 25 v.H. einzuschätzen, weshalb eine Gesamt-MdE von 35 v.H. vorliege. Dieser Bewertung hatte sich die Beklagte angeschlossen.
Eine wesentliche Änderung der Unfallfolgen, die zuletzt mit Bescheid vom 19.03.1997 festgestellt wurden, ist nicht eingetreten.
Für das linke Auge haben alle gehörten Sachverständigen (Gutachten PD Dr. F. vom 19.08.2004, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten kann, Prof. Dr. R. vom 19.03.2007 und Prof. Dr. L. vom 12.03.2010 nebst der jeweiligen ergänzenden Stellungnahmen) festgestellt, dass sich der Befund am Unfallauge nicht wesentlich verändert hat. Im Gegensatz zu den Feststellungen des PD Dr. F. war in den nachfolgenden Begutachtungen bei Prof. Dr. R. und Prof. Dr. L. auch die zunächst fehlende Lichtscheinprojektion wieder nachweisbar. An der von allen Sachverständigen isoliert für das unfallverletzte Auge veranschlagten MdE von 25 v.H. hat der Senat daher keinen Zweifel, die im Übrigen einer völligen Erblindung des Auges Rechnung trägt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 293)
Soweit das rechte Auge betroffen ist, stellt der Senat zunächst fest, dass Unfallfolgen am rechten Auge nicht anerkannt, bei der Feststellung des Rentenanspruches 1997 auch nicht eingeflossen sind und im Übrigen auch nicht vorliegen. Prof. Dr. R. hat ausdrücklich bestätigt, dass die Herabsetzung der korrigierten Sehschärfe des rechten Auges auf jetzt 0,4 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht Folge der Verletzung ist. Abgesehen von der Schwachsichtigkeit aufgrund der Schielfehlstellung des Auges liegt zudem kein Befund vor, der eine solche Zunahme der Sehminderung erklären könnte. Schlüssig und überzeugend führt der Sachverständige aus, dass eine bei der Untersuchung am 13.12.2006 festgestellte beginnende Linsentrübung zu einer Blendempfindlichkeit und einer fortschreitenden Myopisierung (Kurzsichtigkeit) geführt hat. diese Linsenveränderungen aber altersbedingt und nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die nur sehr leichte Verätzung des rechten Auges verursacht worden. Er stellt darüber hinaus überzeugend dar, dass der unfallbedingte Ausfall eines Auges mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu vorzeitigen Alterserscheinungen des anderen Auges im Sinne einer verminderten Sehfähigkeit führt. Schließlich hat er für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die vermehrte Blendempfindlichkeit des rechten Auges auch ohne den Unfall zu diagnostizieren gewesen wäre. Zu einem anderen Ergebnis ist auch der auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörte Prof. Dr. L. nicht gekommen. Er beschreibt zwar eine kleine periphere Hornhautnarbe im Bereich des rechten Auges bei 7 Uhr, die er fraglich auf die Verätzung des rechten Auges zurückführt. Nach Beurteilung des Sachverständigen beeinträchtigt sie das Sehvermögen jedoch nicht, weshalb sie in die MdE-Bewertung nicht einfließt und daher auch keine Änderung in den Verhältnissen begründen kann. Zu den von ihm beschriebenen unfallunabhängigen Veränderungen am rechten Auge hat er in den auf Antrag des Klägers eingeholten Stellungnahmen ergänzende Ausführungen gemacht, ohne dass hierdurch im Hinblick auf die im Ausmaß unstreitig bestehenden funktionellen Einschränkungen für den Senat Änderungen in der Beurteilung ersichtlich werden.
Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte den am rechten Auge bestehenden Vorschaden schon bei der Feststellung der Dauerrente erhöhend berücksichtigt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur werden die bei Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits bestehenden gesundheitlichen, auch altersbedingten Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden) bei der Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG 05.09.2006, B 2 U 25/05 R, in Juris, m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind. Typischerweise ist eine derartige Beeinflussung dann anzunehmen, wenn durch zwei Schäden bzw. Erkrankungen dasselbe Organ oder dieselbe Körperfunktion betroffen ist, was insbesondere bei paarigen Organen anzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (05.09.2006, a.a.O.) ist dies z.B. dann der Fall, wenn ein Versicherter sein linkes Auge vor dem Versicherungsfall verloren hatte und durch den Versicherungsfall auch noch das rechte Auge verliert. Denn dann sind die Auswirkungen des Versicherungsfalls auf die Erwerbsfähigkeit erheblich schwerwiegender als in dem Fall, in welchem ein gesunder Versicherter durch den Versicherungsfall (nur) ein Auge verliert. Es ist jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass die Folge einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls für die MdE beim Zusammentreffen mit einem Vorschaden weniger gewichtig sein kann. Als Vorschaden aufgrund der seit der Kindheit bestehenden schielbedingten Schwachsichtigkeit hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Einlassungen von Dr. C. zutreffend eine korrigierte Sehschärfe von 0,6 zugrunde gelegt. Dies entspricht den Werten, die nach Ausheilung der unmittelbar mit dem Unfall auch im Bereich des rechten Auges eingetretenen Beeinträchtigungen gemessen wurden (vgl. Dr. C., Stellungnahme vom 11.10.1983, Bl. 183 d. Akten). Schon im Zweiten Rentengutachten von Dr. F. vom 29.05.1991 werden Unfallfolgen nur noch für das linke Auge beschrieben. Korrigierte Sehschärfen für das rechte Auge wurden am 09.01.1991 (Bericht Prof. Dr. F. v. 29.01.1991) mit 0,6, im Gutachten vom 29.05.1991 mit 0,8, im Gutachten vom 12.06.1992 (Prof. Dr. F.) mit 0,8, und im Bericht des Kreiskrankenhauses O. v. 26.09.1993 mit 0,6 angegeben. Mit Dr. C. in deren beratungsärztlicher Stellungnahme vom 11.10.1993 ist daher unter Berücksichtigung der fachärztlich erhobenen Befunde davon auszugehen, dass zugunsten des Klägers vor Eintritt des Unfalles eine vorbestehende Schwachsichtigkeit am rechten Auge in einem Ausmaß von maximal 0,6 vorgelegen hat. Dieser hat als Vorschaden bei der Bemessung der MdE in dieser Ausprägung mit einer Teil-MdE von 10 v.H. auch Eingang gefunden. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen nicht dadurch, dass Prof. Dr. R. vermutet, die als Vorschaden zugrundegelegte Sehschärfe beruhe auf Untersuchungen, die den neuen DIN-Standard nicht erfüllten. Denn nach seiner Erfahrung fällt eine Prüfung nach Landolt-Ringen (DIN-Visusprüfung) schlechter aus, als bei der Prüfung mit Zahlen, sodass ein Vorschaden, der über den bislang angenommenen hinausginge, nicht wahrscheinlich ist. Soweit Prof. Dr. L. von einem gemittelten Visus von 0,5 ausgeht, vermag dies angesichts der zeitnah nach dem Unfall erhobenen Befunde, die mit Werten um 0,6 und besser angegeben wurden, nicht zu überzeugen. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, weil Prof. Dr. L. dargelegt hat, dass es seit dem Gutachten vom 20.11.1996 zu keiner objektivierbaren Sehschärfenminderung mehr gekommen ist, nachdem bereits zu diesem Zeitpunkt die Sehschärfe am rechten Auge mit 0,4 Landoltringen angegeben worden war, welche sich danach auch nicht mehr verändert hat (vgl. die dem Gutachten von Prof. Dr. L. beigefügte Tabelle, Bl. 70 ff. der Senatsakten). Dass die Minderung der Sehschärfe von 0,5 auf 0,4 am rechten Auge nicht unfallbedingt ist, hat Prof. Dr. L. im Übrigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.05.2013 ebenfalls nochmals bestätigt. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit der bescheidmäßigen Feststellung durch Verwaltungsakt vom 19.03.1997 liegt daher schon nicht vor. Entgegen der Annahme von Dr. C. bewertete der nach § 109 SGG gehörte Gutachter den Vorschaden des Sehorganes, welchen er mit 0,5 annahm, aufgrund der Schielamplyopie darüber hinaus nur mit 5 v.H. Die hierzu vorgelegte Begründung (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 17.06.2010, Bl. 83 d. Senatsakten) dürfte im Übrigen im Hinblick auf die Empfehlungen von BVA und DOG (vgl. Schönberger/Mehrtens Valentin, a.a.O., S. 292) nicht zu beanstanden sein, sodass die Annahme eines Vorschadens um 10 v.H. zugunsten des Klägers ausgefallen sein dürfte.
Unter Berücksichtigung dieser Feststellungen ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die der Entscheidung der Beklagten vom 19.03.1997 zugrunde gelegen haben, nicht eingetreten. Die von Prof. Dr. R. angegebene Gesamt-MdE um 50 v.H. ergibt sich aus der von ihm beschriebenen unfallunabhängig eingetretenen Verschlechterung der Sehfähigkeit auf dem rechten Auge. Sie stellt einen sog. Nachschaden dar, der wie oben dargelegt, außerhalb der Kausalität zum Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden steht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 302) und daher nicht berücksichtigt werden kann.
Soweit Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.05.2013 schließlich unter Berücksichtigung des von ihm zum Unfallzeitpunkt angenommenen Sehschärfenwertes rechts von 0,5 und links mit Handbewegungen mit Lichtscheinprojektion unter Berücksichtigung der DOG-Tabelle zu einer MdE von 40 v.H. kommt, ist damit ebenfalls keine wesentliche Änderung belegt, da § 73 Abs. 3 SGB VII (i.V.m. § 214 Abs. 3 S. 2 SGB VII) bestimmt, dass eine Änderung nur dann wesentlich ist, wenn sie mehr als 5 v.H. beträgt. Schon Dr. W. hatte im Übrigen in seinem Gutachten vom 20.11.1996 eine MdE von 40 v.H. für angemessen erachtet. Ihm hatte sich die Beklagte jedoch bei der Bewertung der MdE nicht angeschlossen. Darüber hinaus haben die gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. L. gerade keine Änderung des medizinischen Sachverhaltes im Vergleich zur Rentenbewilligung 1997 belegt, sodass auch deshalb die Voraussetzungen einer hier allein streitigen Abänderung des Bescheides nach § 48 SGB X nicht vorliegen.
Die Berufung war daher mit allen Anträgen zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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