L 8 SB 3948/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1325/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3948/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Neufeststellung ihres Grades der Behinderung (GdB) mit 50.

Für die im Jahr 1955 geborene Klägerin stellte das Landratsamt K. (LRA) zuletzt mit (Teilabhilfe-) Bescheid vom 09.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2011 einen GdB von 40 wegen einer depressiven Verstimmung (GdB 10) und einer eingepflanzten Kunstlinse rechts, Sehminderung rechts, Verlust des Sehvermögens links (GdB 40) fest.

Am 13.07.2011 beantragte die Klägerin die Neufeststellung ihrer Behinderung sowie die Feststellung der Merkzeichen B und Bl wegen Blindheit, Schlafstörungen, Schilddrüsenerkrankung und Beschwerden an der Wirbelsäule. Der Beklagte befragte darauf hin die behandelnden Ärzte schriftlich. Der Arzt für Innere Medizin und Diabetologe Dr. G. teilte unter dem 18.07.2011 mit, der Klägerin sei vor Jahren ein Teil der Schilddrüse entfernt worden, eine Seite lasse sich nicht mehr feststellen, eine spezifische Medikation erfolge nicht. Hinsichtlich eines Wirbelsäulenleidens und Schlafstörungen lägen ihm keine Befunde vor. Ein arterieller Bluthochdruck weise unter Medikation normale Werte auf. Der Augenarzt Dr. H. gab unter dem 18.07.2011 eine korrigierte Sehfähigkeit von 0,7 auf dem rechten Auge und einen Verlust der Sehkraft auf dem linken Auge an. Eine Gesichtsfelduntersuchung sei ohne Befund gewesen. Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. S. antwortete am 01.10.2011, die Klägerin sei wegen eines chronischen muskuloskelettalen Schmerzsyndroms der Halswirbelsäule rechts mit Schmerzausstrahlung in den rechten Arm bei ihm in Behandlung gewesen.

Nach Einholung einer Stellungnahme des ärztlichen Dienstes (Dr. C., 10.10.2011) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.10.2011 eine Änderung der bisherigen Entscheidung und die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Merkzeichen B und Bl auch unter zusätzlicher Berücksichtigung von degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom und eines chronischen Schmerzsyndroms (GdB 10) ab.

Dagegen erhob die Klägerin am 11.11.2011 Widerspruch, zu deren Begründung sie ausführte, dass die Beschwerden in der Halswirbelsäule mit einem GdB von mindestens 20 zu bewerten seien, so dass insgesamt ein GdB von 50 festzustellen sei.

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. S., 15.02.2012) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2012 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 04.04.2012 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), mit der sie die Feststellung eines GdB von 50 begehrte. Eine Begründung ihrer Klage gab die Klägerin im Folgenden nicht ab. Sie entband ihre behandelnden Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht. Das SG wies sie darauf hin, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen ohne Vorlage der Schweigepflichtentbindungserklärung nicht möglich seien und dass sie für die Nichterweislichkeit von Tatsachen die objektive Beweislast trage.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.08.2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Beeinträchtigungen auf augenfachärztlichem Gebiet mit einem GdB von 40 zutreffend eingeschätzt seien. Auch den Teil-GdB von 10 für die Gesundheitsstörung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet habe der Beklagte zutreffend eingeschätzt. Weitergehende Beeinträchtigungen habe die Klägerin insofern auch nicht geltend gemacht. Nicht zu beanstanden sei schließlich auch die Einschätzung des Teil-GdB von 10 für die Beschwerden in der Halswirbelsäule unter Einschluss des Schulter-Arm-Syndroms. Für mittelgradige funktionelle Auswirkungen in der Halswirbelsäule gebe der Befundbericht von Dr. S. vom Oktober 2011 keinen Anhalt. Die Schilddrüsenentfernung bedinge keinen GdB von mindestens 10, weil keine krankhaften Befunde mitgeteilt worden seien. Die Schlafstörungen, die die Klägerin im Verwaltungsverfahren geltend gemacht habe, halte die Kammer nicht für erwiesen. Der Gesamt-GdB betrage 40 unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 40 und zwei Teil-GdB von 10. Eine weitere Sachaufklärung sei dem Gericht nicht möglich gewesen, weil die Klägerin ihre behandelnden Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden habe.

Einen Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer Rechtsanwältin lehnte das SG mit Beschluss vom 18.07.2012 mangels Glaubhaftigkeit der wirtschaftlichen Voraussetzungen ab, nachdem die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine vollständig ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt hatte.

Gegen den ihr am 16.08.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die 10.09.2012 beim SG eingelegte Berufung der Klägerin, die sie nicht begründet hat.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 15.08.2012 und den Bescheid des Beklagten vom 11.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ab 13.07.2011 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung schließt er sich dem Gerichtsbescheid an.

Die Berichterstatterin hat am 28.02.2013 einen Erörterungstermin durchgeführt, zu dem die Klägerin trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens nicht erschienen ist. Dazu hat sie telefonisch am 06.02.2013 mitgeteilt, dass sie beim Blitzeis im Januar 2013 gestürzt sei und Schmerzen habe, so dass sie nicht richtig auftreten könne. Sie gehe aber davon aus, dass ein Erörterungstermin ab März 2013 möglich sei. Einen Arzt habe sie nicht aufgesucht. Auf den Hinweis, dass es bei dem Erörterungstermin bleibe, hat die Klägerin eine Bescheinigung von Dr. S. vom 15.02.2013 ohne Adressaten vorgelegt, dass sie wegen einer Achillessehnenreizung links in Behandlung sei.

Die Berichterstatterin hat die Klägerin schriftlich darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der vorliegenden Befunde keine Anhaltspunkte dafür sehe, dass der Beklagte eine unzutreffende Entscheidung getroffen habe. Das Attest des Dr. S. gebe keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen, da er ausdrücklich von einer akuten Reizung spreche. Die Klägerin ist erneut mit Frist bis zum 28.03.2013 aufgefordert worden, eine Entbindung von ärztlichen Schweigepflicht vorzulegen und ihre Berufung zu begründen. Sie ist mit Frist bis zum 28.03.2013 auf die Vorschrift des § 106a Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden. Das Schreiben ist der Klägerin am 05.03.2013 zugestellt worden. Sie hat darauf nicht reagiert. Einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz unter Beiordnung eines Rechtsanwalts hat sie nicht gestellt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beim Senat angefallene Akte.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit über 40 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Der Senat entscheidet gemäß § 126 SGG nach Lage der Akten. Die im Termin nicht erschienene Klägerin ist in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, der Beklagte hat die Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.

Das SG hat die Voraussetzungen für die Neufeststellung einer Behinderung sowie für die Bemessung der Teil-GdB und des Gesamt-GdB zutreffend dargestellt. Es hat auch die hier vorliegenden Beeinträchtigung zutreffend eingeordnet und bewertet. Der Senat schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen diesen Ausführungen an und macht sie sich zu eigen, § 153 Abs. 2 SGG. Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Feststellung des GdB. Den ursprünglich beim Beklagten ebenfalls gestellten Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen für die Merkzeichen B und Bl hat die Klägerin - damals noch anwaltlich vertreten - seit dem Widerspruchsverfahren nicht mehr weiter verfolgt.

Der Senat sieht keine Ansatzpunkte für eine der Klägerin günstigere Bewertung des GdB bzw. für die Durchführung weiterer Ermittlungen im Berufungsverfahren. Es ergeben sich aus den – minimalen – Ausführungen der Klägerin vor dem SG und im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte für höhergradige Einschränkungen auf psychiatrisch-neurologischem und augenärztlichem Gebiet. Die Klägerin hat schon in ihrem Änderungsantrag vom 13.07.2011 keine psychiatrische Behandlung mehr angegeben. Die Beeinträchtigung von Seiten der Augen hat der Beklagte hinreichend aufgeklärt. Die im Widerspruchsverfahren noch anwaltlich vertretende Klägerin hat diesbezüglich wie auch betreffend die fehlende Berücksichtigung der nicht therapiebedürftigen Schilddrüsenerkrankung und den erfolgreich therapierten Bluthochdruck nichts vorgetragen. Die Sehbeeinträchtigung ist vom Beklagten und dem SG nach Nr. 4.2 und 4.3 Teil B VG zutreffend mit einem GdB von 40 berücksichtigt worden. Die von der Klägerin angegebenen Schlafstörungen sind in dem gemäß Nr. 3.7 Teil B VG zutreffend eingeschätzten Teil-GdB von 10 für die psychische Beeinträchtigung hinreichend abgebildet. Der Teilverlust der Schilddrüse bedingt nach Nr. 15.6 Teil B VG, der medikamentös erfolgreiche therapierte Bluthochdruck nach Nr. 9.3 Teil B VG keinen GdB.

Auch der Vortrag der Klägerin im Widerspruchsverfahren zur Berücksichtigung ihrer Wirbelsäulenbeschwerden und das im Berufungsverfahren vorgelegte Attest des Dr. S. veranlassen den Senat nicht zur Durchführung weiterer Ermittlungen. Weitere Ermittlungen durch Befragung des behandelnden Orthopäden hat die Klägerin durch die konstante Weigerung, eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorzulegen, verhindert. Der Senat sah sich auch nicht veranlasst, von Amts wegen ein Gutachten zu dieser Gesundheitsstörung einzuholen. Aus dem vom Beklagten veranlassten Befundbericht von Dr. S. ergibt sich keine höhergradige Beeinträchtigung. Die Klägerin war danach im Laufe von zwei Jahren insgesamt sieben Mal bei ihm in orthopädischer Behandlung wegen Schmerzen in der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in den rechten Arm. Hinweise auf eine Bewegungseinschränkung in diesem Bereich ergeben sich aus dem Befundbericht des Dr. S. einschließlich der dort mitgeteilten Röntgenbefunde nicht. Die vorliegenden Schmerzen sind mangels Hinweises auf eine pathologische Schmerzentwicklung nach Nr. 18.9 Teil B VG in dem vom Beklagten angesetzten GdB von 10 hinreichend berücksichtigt.

Aus dem Attest des Dr. S. vom 15.02.2013 ergibt sich eine akute Achillessehnenreizung. Hinweise darauf, dass diese Erkrankung, die auch nach der telefonischen Mitteilung der Klägerin vom 06.02.2013 nur vorübergehender Natur war, nicht zwischenzeitlich vollständig ausgeheilt ist, ergeben sich nicht.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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