Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VG 982/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 5753/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge eines tätlichen Angriffs sowie die Gewährung von Beschädigtengrundrente streitig.
Der 1966 geborene Kläger besuchte nach von 1973 bis 1976 die Grundschule, anschließend bis 1982 die Sonderschule für Lernbehinderte in G. W. und war danach ungelernt als Maurer, Schlosser, in der Feinmechanik sowie in der Dentaltechnik berufstätig. Der letzte Pflichtbeitrag wurde für den Kläger im Juni 1995 geleistet (Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Baden vom 07.01.1998, Angaben des Klägers vom 15.08.2005, Bescheinigung der Eichendorff-Schule Rheinfelden vom 18.10.2005). Der Kläger konsumierte ab seinem 20. Lebensjahr Zigaretten, Alkohol sowie Haschisch und ab seinem 23. Lebensjahr zusätzlich Heroin. Sei dem Verlust seines Arbeitsplatzes lebt der Kläger von Sozialleistungen (Angaben des Klägers vom 15.08.2005).
Der Kläger wurde am Abend des 28.04.2002 von mehreren Personen angegriffen und dabei mit einem Messer niedergestochen (Urteil des Landgerichts W.-T. vom 02.09.2002 - 3 Ks 21 Js 3133/2). Der von einem Täter herbeigerufene Notarzt wies den Kläger in die Chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. stationär ein, wo er mit Herzstillstand eintraf und nach Reanimation operiert werden konnte. Am 29.04.2002 erfolgte dort eine Herzbeuteltamponade nach Messerstichverletzung, eine linksseitige Thorakotomie, eine Entlastung des Perikardergusses sowie eine Ventrikelnaht (Operationsbericht vom 30.04.2002). Im Rahmen der stationären Behandlung in der Anästhesiologischen Intensivtherapiestation des Universitätsklinikums F. vom 29.04.2002 bis zum 30.04.2002 wurde eine Übernähung der Myocardläsion an der Herzspitze durchgeführt sowie ein Zustand nach Reanimation bei 25-minütigem Herzstillstand beschrieben. Ferner wiesen die behandelnden Ärzte auf eine chronische Virushepatitis B sowie einen chronischen Drogen-, Alkohol- und Nikotinabusus hin (Verlegungsbericht vom 30.04.2002, Befundbericht vom 01.05.2002). Im Rahmen der weiteren stationären Behandlung vom 01.05.2002 bis zum 08.05.2002 in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. wurde ein Zustand nach Messerstichverletzung mit Penetration des linken Ventrikels, ein kleiner Pleuraerguss links und ein riesiges pericardiales Hämatom diagnostiziert (Befundbericht vom 14.05.2002).
Der Kläger beantragte am 04.07.2002 Beschädigtenversorgung und machte als Gesundheitsstörungen Konzentrationsverlust, Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot und Schwindel geltend.
Der Internist und Kardiologe Dr. von S. diagnostizierte aufgrund den ambulanten Vorstellungen vom 20.08.2002 und 22.08.2002 eine leichtgradige Funktionseinschränkung des linken Ventrikels durch eine apikale Narbe und eine leichte restriktive Funktionseinschränkung der Lunge durch Akinesie des linken Zwerchfells (Arztbrief vom 26.08.2002). Am 06.11.2002 stellte sich der Kläger beim Psychiater und Psychotherapeuten Dr. K. vor und führt aus, er könne sich seit dem tätlichen Angriff nicht mehr konzentrieren, werde schnell wütend und unverschämt, sei überaggressiv und habe wahnsinnige Angstzustände beim Verlassen des Hauses, woraufhin der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung geäußert wurde (Befundbericht vom 06.12.2002). Der Allgemeinmediziner G. berichtete unter dem 01.04.2003 über eine Polytoxicomanie mit Kokain, Heroin, THC, Speed, Kodein und Benzodiazepinen von 1990 bis Juni 2000. Am 20.08.2003 wurde der Kläger vom Neurologen und Psychiater Dr. D. untersucht. Er diagnostizierte ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom und beschrieb einen Zustand nach schwieriger Reanimation mit Verdacht auf eine cerebrale Hypotoxie (Arztbrief vom 21.08.2003).
Nach Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakten ließ der Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Der Neurologe und Psychiater Dr. Sch. diagnostizierte am 07.07.2004 eine offene Wunde am Herzen links, einen Zustand nach Herzstillstand mit erfolgreicher Wiederbelebung sowie eine leichte kognitive Störung, eine posttraumatische Belastungsstörung, schloss eine anoxische Hirnschädigung aus und äußerte den Verdacht auf einen schädlichen multiplen Substanzgebrauch und Konsum psychothroper Substanzen. Er führte ferner aus, beim Kläger habe sicher posttraumatisch ein hirnorganisches Durchgangssyndrom vorgelegen, welches sich in einer retrograden Amnesie, affektiven Entgleisungen gegenüber damaligen Bezugspersonen, allgemeiner Adynamie und Ziellosigkeit sowie kognitiv-mentalen Störungen mit Konzentrations- und Gedächtnismangel geäußert habe. Hiervon seien noch gewisse Residuen zu verzeichnen, insbesondere sei der Gedächtnisbereich für seinen Altersbereich geringgradig eingeschränkt. Die feststellbare deutliche Arbeitsverlangsamung bei komplexeren Tätigkeiten sei Folge des fortgesetzten Drogen- und Alkoholkonsums. Auf rein psycho-reaktiver Ebene müsse die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt werden, dies allerdings auf dem Boden einer begünstigenden ängstlich-dependenten Persönlichkeitsstörung.
Es erfolgten kardiologische Kontrolluntersuchungen bei Dr. von S. am 01.12.2004 und 07.12.2004/08.12.2004. Die Untersuchungen ergaben eine echocardiographisch gute links ventrikuläre Funktion und keinen Hinweis auf eine Belastungscoronarinsuffizienz (Arztbriefe vom 02.12.2004 und 14.12.2004).
Die Versorgungsärztin Dr. W. erstellte, nachdem sie den Kläger bereits am 07.05.2003 und 23.11.2004 untersucht hatte, unter Einbeziehung der nachfolgenden Unterlagen ihr versorgungsärztliches Gutachten vom 24.10.2005. Sie bewertete die Narbe und die subjektiven Beschwerden nach Thorakotomie mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vom Hundert (v. H.). Der Verdacht auf eine hypoxische Hirnschädigung habe sich ausschließen lassen. Das vorliegende leichte hirnorganische Psychosyndrom sei dem seit vielen Jahren bestehenden Drogenkonsum zuzuordnen und damit nicht Schädigungsfolge. Es sei davon auszugehen, dass das Durchgangssyndrom nach spätestens sechs Monaten abgeklungen sei. Die Zuordnung der psychischen Beeinträchtigung mit mangelender Kooperation, Strukturierungsschwäche und affektiver Verflachung sei bei ängstlich dependenter primärer Persönlichkeit ebenfalls der Suchterkrankung zuzuordnen. Eine posttraumatische Belastungsstörung könne nicht festgestellt werden. Das Ereignis sei vom Kläger erst rückwirkend gesehen und bewertet worden. Er habe berichtet, sich an den Überfall nicht erinnern zu können, er wisse nur bruchstückhaft, dass er auf dem Boden gelegen habe. Es liege eine Amnesie vor. Die typischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung ließen sich nicht nachweisen. Auch die vorliegenden Ängste seien unspezifisch und könnten der Suchtproblematik zugeordnet werden. Die Abhängigkeitserkrankung mit Persönlichkeitsstörung und chronischer Hepatitis B seien mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 zu bewerten.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 09.01.2006 stellte der Beklagte als Folgen des vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs vom 28.04.2002 "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" fest, führte aus, die noch geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich des Gehirns seien nicht Folge dieses Angriffs, bewilligte Heilbehandlung für die anerkannten Schädigungsfolgen und lehnte die Gewährung einer Beschädigtengrundrente ab.
Hiergegen legte der Kläger am 24.01.2006 Widerspruch ein. Der Allgemeinmediziner G. gab im Juni 2006 an, der Kläger habe berichtet, er treibe Sport und habe keine kardialen Beschwerden. Versorgungsärztin T. hielt in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2006 an der bisherigen MdE-Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den vorliegenden Unterlagen könne nicht von einer Verschlechterung der anerkannten Schädigungsfolgen im Bereich des Herzens ausgegangen werden. Der altersentsprechende Normalbefund der kernspintomographischen Untersuchung des Schädels zeige, dass aufgrund der Hypoxie keine Gehirnschädigung eingetreten sei.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung er ergänzend vorgetragen hat, die Suchterkrankung, insbesondere der Alkoholmissbrauch, hätte sich erst nach der Straftat entwickelt.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. T. vom 29.04.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine überdauernde hypoxische Hirnschädigung als Verletzungsfolge lasse sich nicht belegen. Die psychometrisch belegte kognitive Minderleistung sei vor dem Hintergrund zum einen der vorbestehenden kognitiven Leistungsfähigkeit und zum anderen des langjährigen Gebrauchs verschiedener psychotroper Substanzen zu sehen. Eine hinreichend sichere Einordnung der kognitiven Minderleistung als Folge des Messerstichs sei in Anbetracht dieser Gegebenheiten nicht möglich. Die vom Kläger angegebenen Erinnerungen und Träume gäben nicht primär in für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung hinreichender Weise das unmittelbare Traumageschehen selbst wieder, sondern griffen unterschiedliche Aspekte des Geschehens auf. Auch zeige der Kläger bei der erbetenen Schilderung des Ereignisses nicht typische Zeichen ausgeprägter psychovegetativer Aktivierung. Während somit die spezifische Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht hinreichend begründet werden könne, so sei durchaus eine vorwiegend ängstliche Reaktion auf das lebensbedrohliche Trauma festzustellen. Diese Ängste seien nicht auf die klinisch insgesamt deutlich im Vordergrund stehende Suchtproblematik zurückzuführen und auch nicht vorrangig durch die Persönlichkeitsstruktur erklärbar, sondern stünden primär in Bezug zu Art und Schwere des Traumas. Die MdE hierfür betrage 20 v. H.
Nach Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus R. in W. vom 04.06.2008 bis zum 25.07.2008 ist von den behandelnden Ärzten eine Alkoholabhängigkeit und eine polyvalente Drogenabhängigkeit vor dem Hintergrund einer narzisstisch-abhängigen Persönlichkeitsstruktur beschrieben. Der Suchtmittelabusus sei als dysfunktionale Bewältigungsstrategie in der Abwehr unter anderem von Wut- und Enttäuschungsaggressionen sowie Objektverlustängsten zu verstehen. Darüber hinaus habe sich nach einer Messerattacke eine mittelschwere chronische posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Der sich seitdem zunehmend entwickelte Alkoholabusus sei in diesem Zusammenhang als Selbstmedikationsversuch im Umgang mit Angst- und Panikattacken sowie Nachhallerinnerungen zu verstehen (Entlassungsbericht vom 12.08.2008).
In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.02.2009 hierzu hat Dr. T. dargelegt, weder liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor, noch bestehe eine kausale Abhängigkeit der Suchtproblematik mit der posttraumatischen Belastungsstörung. Der Kläger habe zunächst keinerlei Erinnerungen an den Überfall gehabt, erst durch die Zeugenaussagen und das Studium der Akten sei es zur Rekonstruktion des ursprünglich Vorgefallenen gekommen.
Dr. G. ist in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.04.2009 den Ausführungen des Sachverständigen gefolgt und hat vorgeschlagen, die ängstliche Reaktion als Schädigungsfolge anzuerkennen und insgesamt einen Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 20 festzustellen. Das darauf beruhende Vergleichsangebot des Beklagten vom 09.04.2009, als Schädigungsfolgen Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens sowie eine ängstliche psychoreaktive Störung und den GdS mit 20 festzustellen, hat der Kläger nicht angenommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.08.2009 hat das Sozialgericht den Beklagten nach vorangegangener Anhörung unter Abänderung des Bescheides vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2007 verurteilt, die beim Kläger vorliegende Gesundheitsstörung "ängstliche psychoreaktive Störung" als durch ein schädigendes Ereignis hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat sich auf das Gutachten des Dr. T. gestützt. Gegen die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche, dass die vom Kläger angegebenen Erinnerungen und Träume nicht primär das unmittelbare Traumageschehen selbst wiedergäben, sondern unterschiedliche Aspekte des Geschehens aufgriffen. Hinzu komme, dass der Kläger bei der Schilderung des Ereignisses nicht typische Zeichen ausgeprägter psychovegetativer Aktivierung zeige. Das Fachkrankenhaus R. habe demgegenüber seine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht schlüssig begründet. Es habe selbst ausgeführt, dass der Kläger zunächst keine Erinnerungen an den Eingriff gehabt habe und Erinnerungen erst durch die Schilderung von Zeugen beziehungsweise beim Durchlesen der Akten wieder eingetreten seien. Auch sei die im Vordergrund stehende Suchtproblematik, insbesondere die Alkoholabhängigkeit, nicht als Schädigungsfolge festzustellen. Der gegenteiligen Einschätzung des Fachkrankenhauses R. stehe schon entgegen, dass der Kläger schon im Zeitpunkt des Angriffs unter chronischem Alkoholabusus gelitten habe. Im Übrigen werde die Annahme des Fachkrankenhauses R. zum einen auf die unzutreffende Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zurückgeführt und zum anderen beruhe sie allein auf den unzutreffenden Angaben des Klägers, bis zur Messerstecherei kein Problem mit Alkohol gehabt zu haben.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 13.08.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.09.2009 Berufung eingelegt. Er macht als Schädigungsfolgen erhebliche Konzentrationsstörungen, Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot, Schwindel, Brustschmerzen, Angstzustände und eine posttraumatische Belastungsstörung geltend. Die Ausführungen des Dr. T. ließen unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt des tätlichen Angriffs keine Suchtproblematik mehr zu erkennen gewesen sei. Im Rahmen der Auswirkungen, insbesondere der posttraumatischen Belastungsstörung, sei es in der Folgezeit wieder zu einem erheblichen Alkoholabusus gekommen.
Mit Beschluss vom 02.11.2009 hat der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt (L 6 VG 4325/09).
Im Hinblick auf eine stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme hat der Senat mit Beschluss vom 10.02.2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Der Kläger hat vom 15.02.2010 bis zum 15.06.2010 eine Therapiemaßnahme in der Psychosomatischen Fachklinik M. in N. und vom 02.11.2010 bis zum 23.12.2010 eine stationäre Behandlung im Zentrum für Psychiatrie E. durchgeführt. Diagnostiziert worden ist eine depressive Anpassungsstörung, ein amnestisches Syndrom, ein Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, eine Polytoxikomanie mit Opioiden und eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen. Ferner ist ausgeführt worden, die Symptomatik habe nicht eindeutig als Traumafolgestörung diagnostiziert werden können. Statt dessen habe man deutliche Hinweise auf ein dementielles Geschehen, am ehesten als hirnorganische Folge des Suchtmittelabusus, gefunden. Vor allem erhebliche Defizite im Kurz- und Langzeitgedächtnis sowie in der Merkfähigkeit beeinträchtigten die Alltagsbewältigung und Lebensführung des Klägers. Die zumindest zum Teil deutlich erlebten, sehr schambesetzten Defizite würden depressiv verarbeitet und als Folge der Hypoxie im Zusammenhang mit der schweren Körperverletzung eingeordnet. Insofern verstehe der Kläger seine Krankheit subjektiv als posttraumatische Belastungsstörung. Gegen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche das auffällige Fehlen von Vermeidungsverhalten in Bezug auf Aktivitäten oder Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Auch die von ihm benannten Flashbacks habe der Kläger nicht als sich aufdrängende Erinnerungen, sondern als aktive Grübeleien geschildert. Stumpfheit, Gleichgültigkeit oder Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber oder akute Ausbrüche von Angst und Panik hätten sich nicht beobachten lassen. Vegetative Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung oder übermäßige Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit seien nicht gesehen worden (Befundberichte von der Psychologischen Psychotherapeutin M. vom 23.12.2010 und von Oberarzt L. vom 21.01.2011).
Daraufhin hat Dr. B. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.02.2011 für die Behinderungen Abhängigkeitserkrankung, Persönlichkeitsstörung, Depression, Hirnleistungsschwäche und chronische Hepatitis B einen Einzel-GdB von 70 berücksichtigt.
Der Kläger hat in dem wiederangerufenen Verfahren das Attest der Psychiaterin Dr. B. vom 13.12.2011 (posttraumatisches Belastungssyndrom) vorgelegt. Daraufhin hat der Senat Dr. B. unter dem 30.05.2012 schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat unter Vorlage des Arztbriefs des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 01.09.2011 (schweres posttraumtisches Belastungssyndrom, vaskulär-cerebrale Schädigung durch Gewalttat) eine posttraumatische Belastungsstörung mit der Folge einer teilweisen akuten Angstneurose mit Depression beschrieben und behauptet, der Kläger nehme seit 2000 keine Drogen mehr. Ferner hat der Kläger das Attest der Dr. B. vom 03.08.2012 (der Kläger sei nicht mehr in der Lage, am geregelten Arbeitsmarkt eine Arbeit zu übernehmen) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. August 2009 und den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 abzuändern, als weitere Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, Beschädigtengrundrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, ein GdS in rentenberechtigtendem Grade von wenigstens 25 werde nicht erreicht. Dr. T. habe schlüssig und überzeugend dargelegt, weshalb sich die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht begründen lasse.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der beigezogenen Schwerbehindertenakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als weitere Schädigungsfolge und auch nicht auf Beschädigtengrundrente.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit §§ 1, 30 und 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bis zum 31.12.2008 bei einer MdE um 30 v. H. beziehungsweise ab 01.01.2009 bei einem GdS ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG).
Für die Beurteilung der bis zum 31.12.2008 maßgeblichen MdE und des ab 01.01.2009 maßgeblichen GdS gelten dieselben Grundsätze. Im Folgenden wird daher allein auf die Beurteilung des GdS Bezug genommen.
Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Der Senat orientiert sich bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind, für die Zeit bis zum 31.12.2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 und für die Zeit ab 01.01.2009 an den an die Stelle der AHP getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV).
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP Teil A Nr. 16, VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP Teil C Nr. 36 Satz 1, VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 1, VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 2, VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 3, VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 4, VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 1, VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 2, VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 4, VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hat der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen Anspruch auf Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als weitere Schädigungsfolge.
Dies hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargelegt. Es hat sich mit zutreffender Argumentation auf das überzeugende Gutachten des Dr. T. gestützt und unter Würdigung dessen gutachtlicher Stellungnahme schlüssig dargelegt, warum der gegenteiligen Ansicht der behandelnden Ärzte des Fachkrankenhauses R. in W. nicht gefolgt werden kann. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und den vorgelegten sowie beigezogenen ärztlichen Unterlagen ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. So ergibt sich aus dem Befundbericht des Oberarztes L. vom Zentrum für Psychiatrie E., dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an einer depressiven Anpassungsstörung, einem amnestischen Syndrom, einem Alkoholabhängigkeitssyndrom, einer Polytoxikomanie mit Opioiden und einer gemischten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen leidet und die Symptomatik nicht als Traumafolgestörung diagnostiziert werden kann. Oberarzt L. hat ein schädigungsunabhängiges dementielles Geschehen als hirnorganische Folge des bereits vor dem tätlichen Angriff über viele Jahre erfolgten und damit ebenfalls schädigungsunabhängigen Suchtmittelabusus beschrieben. Die sich hieraus ergebenden Defizite hat der Kläger nach den schlüssigen Ausführungen des Oberarztes L. mit der Folge depressiv verarbeitet, sie als posttraumatische Belastungsstörung und damit als Schädigungsfolge einzuordnen. Dass eine solche aber nicht vorliegt, ergibt sich daraus, dass nach den Angaben des Oberarztes L. Vermeidungsverhalten, aufdrängende Traumaerinnerungen, Stumpfheit, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit, akute Angst- und Panikausbrüche, vegetative Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung, übermäßige Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit fehlen, solche Symptome aber nach F 43.1 der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) beziehungsweise 309.81 des Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR) für die Feststellung einer posttraumatischen Belastungssyndrom erforderlich wären. Die gegenteilige Ansicht der Dr. B. und des Dr. B. überzeugt demgegenüber nicht, zumal sie nicht begründet wird und den genannten Ärzten die Aktenkenntnis fehlt, die dem Gutachten des Dr. T. zu Grunde gelegen hat. Dessen ungeachtet hat Dr. B. bereits unkritisch die Tatschilderung des Klägers übernommen, wie er angeblich weggerannt und dann umgefallen sei, wobei er lebensrettend den Finger in die Wunde gepresst habe, was dann durch eine zufällig herbeigekommene Gynäkologin übernommen worden wäre. Diese Schilderung belegt eindrucksvoll, dass sich der Kläger an die Tat nicht erinnern kann. Wie der Ablauf tatsächlich war, entnimmt der Senat den diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts W.-T ... Danach hat sich der Kläger zwar vom Tatort weggeschleppt und ist dann zusammengebrochen, wurde aber sofort von einer Ärztin und einem der Täter betreut, die Erste Hilfe leisteten und auch den Notarzt holten, der ihn sogleich intubierte. Daher sind die Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. T., es sei nur zu einer Rekonstruktion des Vorfalls gekommen, an den sich der Kläger aufgrund einer Amnesie nicht erinnern könne, mehr als nachvollziehbar und schlüssig. Dr. B. ist entgegenzuhalten, dass ihre Annahme, der Kläger habe die kognitive Störung allein aufgrund des Überfalls erlitten, bereits dadurch widerlegt ist, dass der Kläger 2008 und 2010 primär wegen seiner Alkoholabhängigkeit mehrmonatig stationär behandelt und entgiftet wurde. Die Diagnose eines posttraumatischen Belastungssyndroms sieht sie in Übereinstimmung mit Dr. T., der sie aber gerade verneint hat. Ihre Einschätzung ist daher derart widersprüchlich, dass der Senat ihr nicht ansatzweise zu folgen vermochte.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Beschädigtengrundrente.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die mit Erstanerkennungsbescheid vom 09.01.2006 und mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 07.08.2009 festgestellten Schädigungsfolgen "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" und "ängstliche psychoreaktive Störung" keinen Gesamt-GdS von mindestens 25 bedingen.
Die "ängstliche psychoreaktive Störung" bedingt allenfalls einen Einzel-GdS von 20. Nach den AHP Teil A Nr. 26.3 und den VG Teil B Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdS 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdS 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdS 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdS 80 bis 100. Die Einschätzung von Dr. T., wonach die von ihm diagnostizierte ängstliche Reaktion auf eine schwere Belastung mit einem GdS von 20 einzuschätzen ist, ist für den Senat überzeugend. Denn es handelt sich bei dieser unabhängig von den von Oberarzt L. beschriebenen nicht-schädigungsbedingten Leiden wie depressive Anpassungsstörung, amnestisches Syndrom, Alkoholabhängigkeitssyndrom, Polytoxikomanie mit Opioiden und gemischte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen, zu sehenden Gesundheitsstörung nicht um einen Einzel-GdS von mindestens 30 bedingende stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Es sind vielmehr zu einem großen Teil die nichtschädigungsbedingten Leiden, die das Leben des Klägers bestimmen und Dr. B. dazu veranlasst haben, für die Behinderungen Abhängigkeitserkrankung, Persönlichkeitsstörung, Depression, Hirnleistungsschwäche und chronische Hepatitis B einen Einzel-GdB von 70 zu berücksichtigen. Dass die vom Kläger geltend gemachten Konzentrationsstörungen nicht schädigungsbedingt sind, haben insbesondere Dr. T. und der Oberarzt L. überzeugend dargelegt.
Darüber hinaus werden die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot, Schwindel und Brustschmerzen von den als Schädigungsfolge anerkannten "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" erfasst. Hieraus ergibt sich allenfalls der von Dr. W. in ihrem Gutachten eingeschätzte Einzel-GdS von 10. Die Messerstichverletzung als solche ist mit Ausnahme der Narben folgenlos verheilt, was sich insbesondere aus dem Ergebnis der von Dr. von S. durchgeführten kardiologischen Kontrolluntersuchungen ergibt.
Der Einzel-GdS von 20 für die "ängstliche psychoreaktive Störung" wird durch den Einzel-GdS von 10 für die "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" nicht auf einen Gesamt-GdS von mindestens 25 erhöht. Zum einen bewegen sich beide Einzel-GdS-Werte am oberen Rand des Beurteilungsspielraums. Zum anderen führen nach den AHP Teil A Nr. 19 Abs. 4 und den VG Teil A Nr. 3 d ee leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdS von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls hat der Senat vorliegend nicht.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folge eines tätlichen Angriffs sowie die Gewährung von Beschädigtengrundrente streitig.
Der 1966 geborene Kläger besuchte nach von 1973 bis 1976 die Grundschule, anschließend bis 1982 die Sonderschule für Lernbehinderte in G. W. und war danach ungelernt als Maurer, Schlosser, in der Feinmechanik sowie in der Dentaltechnik berufstätig. Der letzte Pflichtbeitrag wurde für den Kläger im Juni 1995 geleistet (Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Baden vom 07.01.1998, Angaben des Klägers vom 15.08.2005, Bescheinigung der Eichendorff-Schule Rheinfelden vom 18.10.2005). Der Kläger konsumierte ab seinem 20. Lebensjahr Zigaretten, Alkohol sowie Haschisch und ab seinem 23. Lebensjahr zusätzlich Heroin. Sei dem Verlust seines Arbeitsplatzes lebt der Kläger von Sozialleistungen (Angaben des Klägers vom 15.08.2005).
Der Kläger wurde am Abend des 28.04.2002 von mehreren Personen angegriffen und dabei mit einem Messer niedergestochen (Urteil des Landgerichts W.-T. vom 02.09.2002 - 3 Ks 21 Js 3133/2). Der von einem Täter herbeigerufene Notarzt wies den Kläger in die Chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. stationär ein, wo er mit Herzstillstand eintraf und nach Reanimation operiert werden konnte. Am 29.04.2002 erfolgte dort eine Herzbeuteltamponade nach Messerstichverletzung, eine linksseitige Thorakotomie, eine Entlastung des Perikardergusses sowie eine Ventrikelnaht (Operationsbericht vom 30.04.2002). Im Rahmen der stationären Behandlung in der Anästhesiologischen Intensivtherapiestation des Universitätsklinikums F. vom 29.04.2002 bis zum 30.04.2002 wurde eine Übernähung der Myocardläsion an der Herzspitze durchgeführt sowie ein Zustand nach Reanimation bei 25-minütigem Herzstillstand beschrieben. Ferner wiesen die behandelnden Ärzte auf eine chronische Virushepatitis B sowie einen chronischen Drogen-, Alkohol- und Nikotinabusus hin (Verlegungsbericht vom 30.04.2002, Befundbericht vom 01.05.2002). Im Rahmen der weiteren stationären Behandlung vom 01.05.2002 bis zum 08.05.2002 in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses Bad S. wurde ein Zustand nach Messerstichverletzung mit Penetration des linken Ventrikels, ein kleiner Pleuraerguss links und ein riesiges pericardiales Hämatom diagnostiziert (Befundbericht vom 14.05.2002).
Der Kläger beantragte am 04.07.2002 Beschädigtenversorgung und machte als Gesundheitsstörungen Konzentrationsverlust, Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot und Schwindel geltend.
Der Internist und Kardiologe Dr. von S. diagnostizierte aufgrund den ambulanten Vorstellungen vom 20.08.2002 und 22.08.2002 eine leichtgradige Funktionseinschränkung des linken Ventrikels durch eine apikale Narbe und eine leichte restriktive Funktionseinschränkung der Lunge durch Akinesie des linken Zwerchfells (Arztbrief vom 26.08.2002). Am 06.11.2002 stellte sich der Kläger beim Psychiater und Psychotherapeuten Dr. K. vor und führt aus, er könne sich seit dem tätlichen Angriff nicht mehr konzentrieren, werde schnell wütend und unverschämt, sei überaggressiv und habe wahnsinnige Angstzustände beim Verlassen des Hauses, woraufhin der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung geäußert wurde (Befundbericht vom 06.12.2002). Der Allgemeinmediziner G. berichtete unter dem 01.04.2003 über eine Polytoxicomanie mit Kokain, Heroin, THC, Speed, Kodein und Benzodiazepinen von 1990 bis Juni 2000. Am 20.08.2003 wurde der Kläger vom Neurologen und Psychiater Dr. D. untersucht. Er diagnostizierte ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom und beschrieb einen Zustand nach schwieriger Reanimation mit Verdacht auf eine cerebrale Hypotoxie (Arztbrief vom 21.08.2003).
Nach Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakten ließ der Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Der Neurologe und Psychiater Dr. Sch. diagnostizierte am 07.07.2004 eine offene Wunde am Herzen links, einen Zustand nach Herzstillstand mit erfolgreicher Wiederbelebung sowie eine leichte kognitive Störung, eine posttraumatische Belastungsstörung, schloss eine anoxische Hirnschädigung aus und äußerte den Verdacht auf einen schädlichen multiplen Substanzgebrauch und Konsum psychothroper Substanzen. Er führte ferner aus, beim Kläger habe sicher posttraumatisch ein hirnorganisches Durchgangssyndrom vorgelegen, welches sich in einer retrograden Amnesie, affektiven Entgleisungen gegenüber damaligen Bezugspersonen, allgemeiner Adynamie und Ziellosigkeit sowie kognitiv-mentalen Störungen mit Konzentrations- und Gedächtnismangel geäußert habe. Hiervon seien noch gewisse Residuen zu verzeichnen, insbesondere sei der Gedächtnisbereich für seinen Altersbereich geringgradig eingeschränkt. Die feststellbare deutliche Arbeitsverlangsamung bei komplexeren Tätigkeiten sei Folge des fortgesetzten Drogen- und Alkoholkonsums. Auf rein psycho-reaktiver Ebene müsse die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt werden, dies allerdings auf dem Boden einer begünstigenden ängstlich-dependenten Persönlichkeitsstörung.
Es erfolgten kardiologische Kontrolluntersuchungen bei Dr. von S. am 01.12.2004 und 07.12.2004/08.12.2004. Die Untersuchungen ergaben eine echocardiographisch gute links ventrikuläre Funktion und keinen Hinweis auf eine Belastungscoronarinsuffizienz (Arztbriefe vom 02.12.2004 und 14.12.2004).
Die Versorgungsärztin Dr. W. erstellte, nachdem sie den Kläger bereits am 07.05.2003 und 23.11.2004 untersucht hatte, unter Einbeziehung der nachfolgenden Unterlagen ihr versorgungsärztliches Gutachten vom 24.10.2005. Sie bewertete die Narbe und die subjektiven Beschwerden nach Thorakotomie mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10 vom Hundert (v. H.). Der Verdacht auf eine hypoxische Hirnschädigung habe sich ausschließen lassen. Das vorliegende leichte hirnorganische Psychosyndrom sei dem seit vielen Jahren bestehenden Drogenkonsum zuzuordnen und damit nicht Schädigungsfolge. Es sei davon auszugehen, dass das Durchgangssyndrom nach spätestens sechs Monaten abgeklungen sei. Die Zuordnung der psychischen Beeinträchtigung mit mangelender Kooperation, Strukturierungsschwäche und affektiver Verflachung sei bei ängstlich dependenter primärer Persönlichkeit ebenfalls der Suchterkrankung zuzuordnen. Eine posttraumatische Belastungsstörung könne nicht festgestellt werden. Das Ereignis sei vom Kläger erst rückwirkend gesehen und bewertet worden. Er habe berichtet, sich an den Überfall nicht erinnern zu können, er wisse nur bruchstückhaft, dass er auf dem Boden gelegen habe. Es liege eine Amnesie vor. Die typischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung ließen sich nicht nachweisen. Auch die vorliegenden Ängste seien unspezifisch und könnten der Suchtproblematik zugeordnet werden. Die Abhängigkeitserkrankung mit Persönlichkeitsstörung und chronischer Hepatitis B seien mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 zu bewerten.
Mit Erstanerkennungsbescheid vom 09.01.2006 stellte der Beklagte als Folgen des vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs vom 28.04.2002 "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" fest, führte aus, die noch geltend gemachten Gesundheitsstörungen im Bereich des Gehirns seien nicht Folge dieses Angriffs, bewilligte Heilbehandlung für die anerkannten Schädigungsfolgen und lehnte die Gewährung einer Beschädigtengrundrente ab.
Hiergegen legte der Kläger am 24.01.2006 Widerspruch ein. Der Allgemeinmediziner G. gab im Juni 2006 an, der Kläger habe berichtet, er treibe Sport und habe keine kardialen Beschwerden. Versorgungsärztin T. hielt in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2006 an der bisherigen MdE-Beurteilung fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach den vorliegenden Unterlagen könne nicht von einer Verschlechterung der anerkannten Schädigungsfolgen im Bereich des Herzens ausgegangen werden. Der altersentsprechende Normalbefund der kernspintomographischen Untersuchung des Schädels zeige, dass aufgrund der Hypoxie keine Gehirnschädigung eingetreten sei.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben, zu deren Begründung er ergänzend vorgetragen hat, die Suchterkrankung, insbesondere der Alkoholmissbrauch, hätte sich erst nach der Straftat entwickelt.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. T. vom 29.04.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine überdauernde hypoxische Hirnschädigung als Verletzungsfolge lasse sich nicht belegen. Die psychometrisch belegte kognitive Minderleistung sei vor dem Hintergrund zum einen der vorbestehenden kognitiven Leistungsfähigkeit und zum anderen des langjährigen Gebrauchs verschiedener psychotroper Substanzen zu sehen. Eine hinreichend sichere Einordnung der kognitiven Minderleistung als Folge des Messerstichs sei in Anbetracht dieser Gegebenheiten nicht möglich. Die vom Kläger angegebenen Erinnerungen und Träume gäben nicht primär in für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung hinreichender Weise das unmittelbare Traumageschehen selbst wieder, sondern griffen unterschiedliche Aspekte des Geschehens auf. Auch zeige der Kläger bei der erbetenen Schilderung des Ereignisses nicht typische Zeichen ausgeprägter psychovegetativer Aktivierung. Während somit die spezifische Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht hinreichend begründet werden könne, so sei durchaus eine vorwiegend ängstliche Reaktion auf das lebensbedrohliche Trauma festzustellen. Diese Ängste seien nicht auf die klinisch insgesamt deutlich im Vordergrund stehende Suchtproblematik zurückzuführen und auch nicht vorrangig durch die Persönlichkeitsstruktur erklärbar, sondern stünden primär in Bezug zu Art und Schwere des Traumas. Die MdE hierfür betrage 20 v. H.
Nach Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus R. in W. vom 04.06.2008 bis zum 25.07.2008 ist von den behandelnden Ärzten eine Alkoholabhängigkeit und eine polyvalente Drogenabhängigkeit vor dem Hintergrund einer narzisstisch-abhängigen Persönlichkeitsstruktur beschrieben. Der Suchtmittelabusus sei als dysfunktionale Bewältigungsstrategie in der Abwehr unter anderem von Wut- und Enttäuschungsaggressionen sowie Objektverlustängsten zu verstehen. Darüber hinaus habe sich nach einer Messerattacke eine mittelschwere chronische posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Der sich seitdem zunehmend entwickelte Alkoholabusus sei in diesem Zusammenhang als Selbstmedikationsversuch im Umgang mit Angst- und Panikattacken sowie Nachhallerinnerungen zu verstehen (Entlassungsbericht vom 12.08.2008).
In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19.02.2009 hierzu hat Dr. T. dargelegt, weder liege eine posttraumatische Belastungsstörung vor, noch bestehe eine kausale Abhängigkeit der Suchtproblematik mit der posttraumatischen Belastungsstörung. Der Kläger habe zunächst keinerlei Erinnerungen an den Überfall gehabt, erst durch die Zeugenaussagen und das Studium der Akten sei es zur Rekonstruktion des ursprünglich Vorgefallenen gekommen.
Dr. G. ist in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.04.2009 den Ausführungen des Sachverständigen gefolgt und hat vorgeschlagen, die ängstliche Reaktion als Schädigungsfolge anzuerkennen und insgesamt einen Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 20 festzustellen. Das darauf beruhende Vergleichsangebot des Beklagten vom 09.04.2009, als Schädigungsfolgen Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens sowie eine ängstliche psychoreaktive Störung und den GdS mit 20 festzustellen, hat der Kläger nicht angenommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.08.2009 hat das Sozialgericht den Beklagten nach vorangegangener Anhörung unter Abänderung des Bescheides vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2007 verurteilt, die beim Kläger vorliegende Gesundheitsstörung "ängstliche psychoreaktive Störung" als durch ein schädigendes Ereignis hervorgerufene Gesundheitsstörung festzustellen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat sich auf das Gutachten des Dr. T. gestützt. Gegen die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche, dass die vom Kläger angegebenen Erinnerungen und Träume nicht primär das unmittelbare Traumageschehen selbst wiedergäben, sondern unterschiedliche Aspekte des Geschehens aufgriffen. Hinzu komme, dass der Kläger bei der Schilderung des Ereignisses nicht typische Zeichen ausgeprägter psychovegetativer Aktivierung zeige. Das Fachkrankenhaus R. habe demgegenüber seine Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht schlüssig begründet. Es habe selbst ausgeführt, dass der Kläger zunächst keine Erinnerungen an den Eingriff gehabt habe und Erinnerungen erst durch die Schilderung von Zeugen beziehungsweise beim Durchlesen der Akten wieder eingetreten seien. Auch sei die im Vordergrund stehende Suchtproblematik, insbesondere die Alkoholabhängigkeit, nicht als Schädigungsfolge festzustellen. Der gegenteiligen Einschätzung des Fachkrankenhauses R. stehe schon entgegen, dass der Kläger schon im Zeitpunkt des Angriffs unter chronischem Alkoholabusus gelitten habe. Im Übrigen werde die Annahme des Fachkrankenhauses R. zum einen auf die unzutreffende Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung zurückgeführt und zum anderen beruhe sie allein auf den unzutreffenden Angaben des Klägers, bis zur Messerstecherei kein Problem mit Alkohol gehabt zu haben.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 13.08.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.09.2009 Berufung eingelegt. Er macht als Schädigungsfolgen erhebliche Konzentrationsstörungen, Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot, Schwindel, Brustschmerzen, Angstzustände und eine posttraumatische Belastungsstörung geltend. Die Ausführungen des Dr. T. ließen unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt des tätlichen Angriffs keine Suchtproblematik mehr zu erkennen gewesen sei. Im Rahmen der Auswirkungen, insbesondere der posttraumatischen Belastungsstörung, sei es in der Folgezeit wieder zu einem erheblichen Alkoholabusus gekommen.
Mit Beschluss vom 02.11.2009 hat der Senat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt (L 6 VG 4325/09).
Im Hinblick auf eine stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme hat der Senat mit Beschluss vom 10.02.2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Der Kläger hat vom 15.02.2010 bis zum 15.06.2010 eine Therapiemaßnahme in der Psychosomatischen Fachklinik M. in N. und vom 02.11.2010 bis zum 23.12.2010 eine stationäre Behandlung im Zentrum für Psychiatrie E. durchgeführt. Diagnostiziert worden ist eine depressive Anpassungsstörung, ein amnestisches Syndrom, ein Abhängigkeitssyndrom von Alkohol, eine Polytoxikomanie mit Opioiden und eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen. Ferner ist ausgeführt worden, die Symptomatik habe nicht eindeutig als Traumafolgestörung diagnostiziert werden können. Statt dessen habe man deutliche Hinweise auf ein dementielles Geschehen, am ehesten als hirnorganische Folge des Suchtmittelabusus, gefunden. Vor allem erhebliche Defizite im Kurz- und Langzeitgedächtnis sowie in der Merkfähigkeit beeinträchtigten die Alltagsbewältigung und Lebensführung des Klägers. Die zumindest zum Teil deutlich erlebten, sehr schambesetzten Defizite würden depressiv verarbeitet und als Folge der Hypoxie im Zusammenhang mit der schweren Körperverletzung eingeordnet. Insofern verstehe der Kläger seine Krankheit subjektiv als posttraumatische Belastungsstörung. Gegen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung spreche das auffällige Fehlen von Vermeidungsverhalten in Bezug auf Aktivitäten oder Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Auch die von ihm benannten Flashbacks habe der Kläger nicht als sich aufdrängende Erinnerungen, sondern als aktive Grübeleien geschildert. Stumpfheit, Gleichgültigkeit oder Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber oder akute Ausbrüche von Angst und Panik hätten sich nicht beobachten lassen. Vegetative Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung oder übermäßige Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit seien nicht gesehen worden (Befundberichte von der Psychologischen Psychotherapeutin M. vom 23.12.2010 und von Oberarzt L. vom 21.01.2011).
Daraufhin hat Dr. B. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 17.02.2011 für die Behinderungen Abhängigkeitserkrankung, Persönlichkeitsstörung, Depression, Hirnleistungsschwäche und chronische Hepatitis B einen Einzel-GdB von 70 berücksichtigt.
Der Kläger hat in dem wiederangerufenen Verfahren das Attest der Psychiaterin Dr. B. vom 13.12.2011 (posttraumatisches Belastungssyndrom) vorgelegt. Daraufhin hat der Senat Dr. B. unter dem 30.05.2012 schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat unter Vorlage des Arztbriefs des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 01.09.2011 (schweres posttraumtisches Belastungssyndrom, vaskulär-cerebrale Schädigung durch Gewalttat) eine posttraumatische Belastungsstörung mit der Folge einer teilweisen akuten Angstneurose mit Depression beschrieben und behauptet, der Kläger nehme seit 2000 keine Drogen mehr. Ferner hat der Kläger das Attest der Dr. B. vom 03.08.2012 (der Kläger sei nicht mehr in der Lage, am geregelten Arbeitsmarkt eine Arbeit zu übernehmen) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. August 2009 und den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 abzuändern, als weitere Schädigungsfolge eine posttraumatische Belastungsstörung festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, Beschädigtengrundrente zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, ein GdS in rentenberechtigtendem Grade von wenigstens 25 werde nicht erreicht. Dr. T. habe schlüssig und überzeugend dargelegt, weshalb sich die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht begründen lasse.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der beigezogenen Schwerbehindertenakten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als weitere Schädigungsfolge und auch nicht auf Beschädigtengrundrente.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit §§ 1, 30 und 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG).
Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bis zum 31.12.2008 bei einer MdE um 30 v. H. beziehungsweise ab 01.01.2009 bei einem GdS ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG).
Für die Beurteilung der bis zum 31.12.2008 maßgeblichen MdE und des ab 01.01.2009 maßgeblichen GdS gelten dieselben Grundsätze. Im Folgenden wird daher allein auf die Beurteilung des GdS Bezug genommen.
Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Der Senat orientiert sich bei der Prüfung, welche gesundheitlichen Schäden Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs sind, für die Zeit bis zum 31.12.2008 an den im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" (AHP) 2008 und für die Zeit ab 01.01.2009 an den an die Stelle der AHP getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV).
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (AHP Teil A Nr. 16, VG Teil A Nr. 1 a) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (AHP Teil C Nr. 36 Satz 1, VG Teil C Nr. 1 b Satz 1).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 1, VG Teil C Nr. 2 a). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 2, VG Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 3, VG Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder. Fehlen Brückensymptome, so ist die Zusammenhangsfrage besonders sorgfältig zu prüfen und die Stellungnahme anhand eindeutiger objektiver Befunde überzeugend wissenschaftlich zu begründen (AHP Teil C Nr. 37 Abs. 4, VG Teil C Nr. 2 d Sätze 1 bis 3).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 1, VG Teil C Nr. 3 a Sätze 1 und 2). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 2, VG Teil C Nr. 3 b Satz 1). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (AHP Teil C Nr. 38 Abs. 4, VG Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2).
Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hat der Kläger zur Überzeugung des Senats keinen Anspruch auf Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung als weitere Schädigungsfolge.
Dies hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargelegt. Es hat sich mit zutreffender Argumentation auf das überzeugende Gutachten des Dr. T. gestützt und unter Würdigung dessen gutachtlicher Stellungnahme schlüssig dargelegt, warum der gegenteiligen Ansicht der behandelnden Ärzte des Fachkrankenhauses R. in W. nicht gefolgt werden kann. Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs. 2 SGG diesen Ausführungen nach eigener Prüfung unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids zur Vermeidung von Wiederholungen an.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und den vorgelegten sowie beigezogenen ärztlichen Unterlagen ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt. So ergibt sich aus dem Befundbericht des Oberarztes L. vom Zentrum für Psychiatrie E., dass der Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet an einer depressiven Anpassungsstörung, einem amnestischen Syndrom, einem Alkoholabhängigkeitssyndrom, einer Polytoxikomanie mit Opioiden und einer gemischten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen leidet und die Symptomatik nicht als Traumafolgestörung diagnostiziert werden kann. Oberarzt L. hat ein schädigungsunabhängiges dementielles Geschehen als hirnorganische Folge des bereits vor dem tätlichen Angriff über viele Jahre erfolgten und damit ebenfalls schädigungsunabhängigen Suchtmittelabusus beschrieben. Die sich hieraus ergebenden Defizite hat der Kläger nach den schlüssigen Ausführungen des Oberarztes L. mit der Folge depressiv verarbeitet, sie als posttraumatische Belastungsstörung und damit als Schädigungsfolge einzuordnen. Dass eine solche aber nicht vorliegt, ergibt sich daraus, dass nach den Angaben des Oberarztes L. Vermeidungsverhalten, aufdrängende Traumaerinnerungen, Stumpfheit, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit, akute Angst- und Panikausbrüche, vegetative Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung, übermäßige Schreckhaftigkeit und Schlaflosigkeit fehlen, solche Symptome aber nach F 43.1 der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - 10. Revision - (ICD 10) beziehungsweise 309.81 des Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen - Textrevision - (DSM-IV-TR) für die Feststellung einer posttraumatischen Belastungssyndrom erforderlich wären. Die gegenteilige Ansicht der Dr. B. und des Dr. B. überzeugt demgegenüber nicht, zumal sie nicht begründet wird und den genannten Ärzten die Aktenkenntnis fehlt, die dem Gutachten des Dr. T. zu Grunde gelegen hat. Dessen ungeachtet hat Dr. B. bereits unkritisch die Tatschilderung des Klägers übernommen, wie er angeblich weggerannt und dann umgefallen sei, wobei er lebensrettend den Finger in die Wunde gepresst habe, was dann durch eine zufällig herbeigekommene Gynäkologin übernommen worden wäre. Diese Schilderung belegt eindrucksvoll, dass sich der Kläger an die Tat nicht erinnern kann. Wie der Ablauf tatsächlich war, entnimmt der Senat den diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts W.-T ... Danach hat sich der Kläger zwar vom Tatort weggeschleppt und ist dann zusammengebrochen, wurde aber sofort von einer Ärztin und einem der Täter betreut, die Erste Hilfe leisteten und auch den Notarzt holten, der ihn sogleich intubierte. Daher sind die Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. T., es sei nur zu einer Rekonstruktion des Vorfalls gekommen, an den sich der Kläger aufgrund einer Amnesie nicht erinnern könne, mehr als nachvollziehbar und schlüssig. Dr. B. ist entgegenzuhalten, dass ihre Annahme, der Kläger habe die kognitive Störung allein aufgrund des Überfalls erlitten, bereits dadurch widerlegt ist, dass der Kläger 2008 und 2010 primär wegen seiner Alkoholabhängigkeit mehrmonatig stationär behandelt und entgiftet wurde. Die Diagnose eines posttraumatischen Belastungssyndroms sieht sie in Übereinstimmung mit Dr. T., der sie aber gerade verneint hat. Ihre Einschätzung ist daher derart widersprüchlich, dass der Senat ihr nicht ansatzweise zu folgen vermochte.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Beschädigtengrundrente.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die mit Erstanerkennungsbescheid vom 09.01.2006 und mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 07.08.2009 festgestellten Schädigungsfolgen "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" und "ängstliche psychoreaktive Störung" keinen Gesamt-GdS von mindestens 25 bedingen.
Die "ängstliche psychoreaktive Störung" bedingt allenfalls einen Einzel-GdS von 20. Nach den AHP Teil A Nr. 26.3 und den VG Teil B Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdS 0 bis 20, stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdS 30 bis 40, schweren Störungen (beispielsweise schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdS 50 bis 70 sowie mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdS 80 bis 100. Die Einschätzung von Dr. T., wonach die von ihm diagnostizierte ängstliche Reaktion auf eine schwere Belastung mit einem GdS von 20 einzuschätzen ist, ist für den Senat überzeugend. Denn es handelt sich bei dieser unabhängig von den von Oberarzt L. beschriebenen nicht-schädigungsbedingten Leiden wie depressive Anpassungsstörung, amnestisches Syndrom, Alkoholabhängigkeitssyndrom, Polytoxikomanie mit Opioiden und gemischte Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und histrionischen Zügen, zu sehenden Gesundheitsstörung nicht um einen Einzel-GdS von mindestens 30 bedingende stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Es sind vielmehr zu einem großen Teil die nichtschädigungsbedingten Leiden, die das Leben des Klägers bestimmen und Dr. B. dazu veranlasst haben, für die Behinderungen Abhängigkeitserkrankung, Persönlichkeitsstörung, Depression, Hirnleistungsschwäche und chronische Hepatitis B einen Einzel-GdB von 70 zu berücksichtigen. Dass die vom Kläger geltend gemachten Konzentrationsstörungen nicht schädigungsbedingt sind, haben insbesondere Dr. T. und der Oberarzt L. überzeugend dargelegt.
Darüber hinaus werden die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen Schmerzen, Kollapsneigung, Atemnot, Schwindel und Brustschmerzen von den als Schädigungsfolge anerkannten "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" erfasst. Hieraus ergibt sich allenfalls der von Dr. W. in ihrem Gutachten eingeschätzte Einzel-GdS von 10. Die Messerstichverletzung als solche ist mit Ausnahme der Narben folgenlos verheilt, was sich insbesondere aus dem Ergebnis der von Dr. von S. durchgeführten kardiologischen Kontrolluntersuchungen ergibt.
Der Einzel-GdS von 20 für die "ängstliche psychoreaktive Störung" wird durch den Einzel-GdS von 10 für die "Narben und Beschwerden nach Messerstichverletzung des Herzens" nicht auf einen Gesamt-GdS von mindestens 25 erhöht. Zum einen bewegen sich beide Einzel-GdS-Werte am oberen Rand des Beurteilungsspielraums. Zum anderen führen nach den AHP Teil A Nr. 19 Abs. 4 und den VG Teil A Nr. 3 d ee leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdS von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls hat der Senat vorliegend nicht.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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