Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1942/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2051/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.04.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Zugunstenverfahrens die Erstattung von Kosten für die stationäre Behandlung in einer Privatklinik.
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er befand sich in der Zeit vom 19.04.2005 bis zum 05.05.2005 zur stationären Behandlung in der G. Klinik (St.), wo ihm am 25.04.2005 eine sogenannte Bryan Cervical Disc im Bereich HWK 5/6 und am 27.04.2005 im Bereich HWK 4/5 implantiert wurde.
Am 25.05.2005 beantragte er bei der Beklagten die Erstattung der Kosten für diese Behandlung. Er legte Rechnungen über Behandlungskosten von insgesamt 37.853,69 EUR sowie einen Behandlungsbericht der G. Klinik vom 28.04.2005 vor. Aus diesem ergebe sich, dass er seit Jahren an Morbus Bechterew und hochgradigen Neuroforamenstenosen leide. Mehrfach sei er bewusstlos umgefallen, es habe eine Querschnittslähmung gedroht. Die Symptome seien lebensgefährlich gewesen. Die streitige Therapie werde führend und erfolgreich von der G. Klinik durchgeführt; die Kliniken in L. und M. hätten diese Operation als zu risikoreich abgelehnt.
Mit Bescheid vom 08.08.2005 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenerstattung ab und gab zur Begründung an, die Übernahme der Kosten komme nur bei einer Operation in einem zugelassenen Krankenhaus in Betracht. Die G. Klinik sei nicht zugelassen. Zudem habe es sich um keine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V gehandelt.
Der Kläger erhob daraufhin am 05.09.2005 Klage beim Landgericht Karlsruhe. Er machte geltend, angesichts seines kritischen Gesundheitszustandes sei die Operation in der G. Klinik unbedingt notwendig gewesen. Der Eingriff habe zu seiner vollständigen Genesung geführt. Angesichts dessen habe ihm die Beklagte die Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 38.042,2 EUR zu erstatten. Mit Beschluss vom 19.10.2005 verwies das Landgericht den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Sozialgericht Karlsruhe (S 5 KR 4194/05). Nachdem das Sozialgericht auf die Notwendigkeit eines Vorverfahrens hingewiesen und das Verfahren ausgesetzt hatte, legte der Kläger gegen den Bescheid vom 08.08.2005 am 19.12.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er auf sein Vorbringen in der Klage verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Kostenübernahme scheide bereits deshalb aus, weil es sich bei der G. Klinik um kein zugelassenes Krankenhaus handele. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, sich in einer Universitätsklinik operieren zu lassen. Er habe zudem vor der Behandlung keinen Kostenübernahmeantrag gestellt. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 SGB V sei deshalb nicht begründet.
Der Kläger erhob dagegen am 10.03.2006 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 5 KR 1068/06), die mit Beschluss vom 24.04.2006 mit dem Verfahren S 5 KR 4195/05 verbunden wurde. Das Sozialgericht hörte den Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 25.07.2006 an. Der Kläger gab an, von Seiten der Beklagten sei ihm vor der Operation fernmündlich erklärt worden, dass Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik nicht erstattet würden. Er sei aber davon überzeugt gewesen, dass nur die Operation in der G. Klinik ihm helfen könne. Er sei der erste Patient, der an Morbus Bechterew leide und bei dem dieser Eingriff erfolgreich durchgeführt worden sei. Das Sozialgericht wies die Klage mit (rechtskräftigem) Gerichtsbescheid vom 18.10.2006 als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt seien.
Am 07.02.2007 legte der damalige Bevollmächtigte des Klägers ein Schreiben des Operateurs Dr. F. C. vom 22.01.2007 vor. Er erklärte, damit ein Wiederaufnahmeverfahren zur Kostenerstattung zu beabsichtigen, und bat die Beklagte um kurzfristige Äußerung. Die Beklagte teilte unter dem 13.02.2007 mit, dass keine Gründe für eine Wiederaufnahme vorlägen. Mit Schreiben vom 27.03.2007 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers erneut an die Beklagte und bat u.a. um Abklärung, welche Ortskrankenkassen bisher die Kosten für gleichartige Operationen übernommen hätten. Die Beklagte erwiderte unter dem 11.04.2007, dass eine dies betreffende Anfrage bei Dr. C. im Februar unbeantwortet geblieben sei, dass keine Gründe für eine Wiederaufnahme vorlägen und dass eine solche beim Sozialgericht zu beantragen sei.
Der Kläger beantragte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 14.05.2010, eingegangen bei der Beklagten am 17.05.2010, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) die Überprüfung des Bescheids vom 08.08.2005 und des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2006. Das Sozialgericht Karlsruhe habe in seinem Gerichtsbescheid zu Unrecht die Eilbedürftigkeit der Behandlung verneint. Dem Kläger sei vor den Operationen mitgeteilt worden, er brauche keinen Antrag zu stellen, da die Leistung sowieso abgelehnt werde. Dies stelle eine vorwerfbare Fehlberatung der Beklagten dar, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründe. Zudem sei an ein Systemversagen zu denken. Der Kläger sei der einzige Patient weltweit, der an Morbus Bechterew und cervicaler Myelopathie leide und dem erfolgreich zwei Bandscheibenprothesen im Bereich der HWS eingesetzt worden seien.
Die Beklagte verwies auf § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des Verwaltungsakts erbracht werden könnten. Da zwischen dem Überprüfungsantrag und der Leistungserbringung im Jahr 2005 mehr als vier Jahre liegen würden, könne der Antrag nicht erfolgreich sein. Der Kläger bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, Anhaltspunkte, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei, würden nicht bestehen. Sie berief sich auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.10.2006 und wies nochmals darauf hin, dass die Bewilligung von Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des Verwaltungsakts möglich sei. Bereits deswegen sei der Antrag abzulehnen.
Den dagegen am 10.08.2010 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 als unbegründet zurück.
Am 03.05.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und machte ergänzend geltend, die Operation sei von den Kliniken in M. und L. abgelehnt worden. Bei einer Klinik in H. habe er erst Mitte 2005 einen Termin bekommen können. Damit sei keine Vertragsklinik zeitnah bereit gewesen, die Operation durchzuführen. Die Dringlichkeit sei daher zu Unrecht verneint worden. Die Mitteilung der Beklagten, dass die Kosten für diese Behandlung nicht übernommen würden, habe ihn in eine verzweifelte Lage gebracht. Der Kläger berief sich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil die Beklagte, hätte sie sein Begehren in der besonderen gesundheitlichen Konstellation ernst genommen, hätte einräumen müssen, dass der operative Eingriff von einem Vertragskrankenhaus nicht erbracht worden wäre.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2012 ab. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 08.08.2005 zurückzunehmen und dem Kläger die Kosten für die im April 2005 erfolgte stationäre Krankenbehandlung zu erstatten. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, würden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei werde gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen werde. Die Vier-Jahres-Frist des Absatz 4 sei absolut (Steinwedel, in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht - 70. El. 2011, § 44 Rdnr. 54), stehe nicht im Ermessen der Verwaltung (BSG - GS - BSGE 54, 223 225 = SozR 1300 § 44 Nr. 3; BSG SozR 1300 § 44 Nr. 15 S. 26; Nr. 17 S. 37; Nr. 23 S. 54) und stehe auch der nachträglichen Zahlung einer vor Beginn der Vier-Jahres-Frist abgelehnten einmaligen Leistung entgegen (so auch BSG SozR 3-6610 Art. 5 Nr. 1 S. 4; Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 51; von Wulffen, SGB X - 7. Aufl. 2010, § 44 Rdnr. 28). Die Frist des § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginne mit dem letzten Tag des Vorjahres (§ 26 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) und ende nach vier Jahren mit dem ersten Tag des Jahres (§ 26 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 188 Abs. 2 BGB). An diesem Maßstab gemessen habe der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme der Entscheidung vom 08.08.2005 und Übernahme der im April 2005 erfolgten stationären Krankenhausbehandlung. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15.07.2010 habe die Beklagte über den Überprüfungsantrag des Klägers vom 17.05.2010 entschieden. Nach § 44 Abs. 4 SGB X sei die Erbringung einer Sachleistung, mithin auch die Kostenerstattung, erst für die Zeit ab 01.01.2006 möglich gewesen. Eine Kostenerstattung für Sachleistungen des Jahres 2005 scheide vor diesem Hintergrund aus. Der Vortrag, der Kläger habe im Jahr 2007 die "Wiederaufnahme des Verfahrens" beantragt, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der auch damals anwaltlich vertretene Kläger habe die Wiederaufnahme beantragt, so dass bereits fraglich ist, ob ein Überprüfungsantrag gestellt worden sei. Aber selbst einen formalen Antrag auf Einleitung eines Zugunstenverfahrens unterstellt, habe die Beklagte mit den Schreiben vom 13.02.2007 und 11.04.2007 die "Wiederaufnahme des Verfahrens" abgelehnt und damit auch ein unterstelltes Überprüfungsverfahren beendet (vgl. § 8 SGB X). Im Übrigen seien die - unterstellten - Überprüfungsanträge vom Februar oder März 2007 nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern dies sei allein der Antrag vom 17.05.2010. Hilfsweise wies das Sozialgericht darauf hin, dass die Beklagte das Recht weder unrichtig angewandt habe, noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei. Dazu verwies das Sozialgericht auf den Gerichtsbescheid vom 18.10.2006, dessen Ausführungen zum Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V es wörtlich zitierte. Anhaltspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigten, seien weder vorgetragen noch sonst aus den Akten der Beklagten erkennbar. Der Kläger habe im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.04.2012 ausgeführt, dass die Voruntersuchungen etwa eineinhalb Monate gedauert hätten, bevor es zum operativen Eingriff in der G. Klinik gekommen sei. Von einer unaufschiebbaren Leistung könne vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 16.04.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.05.2012 Berufung eingelegt. Er beruft sich sinngemäß darauf, dass die Überprüfungsanträge aus dem Jahr 2007 der Verjährung des Erstattungsanspruchs nach § 44 Abs. 4 SGB X entgegen stehen würden und wiederholt sein Vorbringen in der Sache zu der aus seiner Sicht rechtsfehlerhaften Ablehnung der Kostenerstattung, wobei er sich auch gegen den Gerichtsbescheid vom 18.10.2006 wendet.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 15.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2006 zurückzunehmen und dem Kläger die Kosten der stationären Behandlung in der G. Klinik in Höhe von 38.042,25 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren würden sich keine neuen Anhaltspunkte für einen Kostenerstattungsanspruch ergeben.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.03.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG- zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts zu den Verfahren S 5 KR 4194/05, S 5 KR 1068/06 und S 9 KR 1942/11 sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu.
Die Berufung des Klägers ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 04.04.2012 abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass einer Rücknahmeentscheidung der versagten Bewilligung seiner im Jahr 2005 entstandenen Behandlungskosten.
Zu Recht hat die Beklagte auf die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X abgestellt, die hier einer erneuten Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen für die vom Kläger begehrte Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V entgegensteht. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil bereits dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 SGB X vorliegen, weil der Kläger den streitgegenständlichen Überprüfungsantrag erst im Jahr 2010 und damit nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist seit dem Entstehen der Behandlungskosten im Jahr 2005 gestellt hat. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist noch ergänzend auszuführen, dass die Ausschlussfrist mit den Schreiben des damaligen Kläger-Vertreters vom 06.02.2007 und vom 27.03.2007 auch nicht unterbrochen worden ist. Wie bereits das Sozialgericht hat auch der Senat schon Zweifel daran, ob es sich hierbei überhaupt um Überprüfungsanträge im Sinne von § 44 SGB X handelt, da ausdrücklich die Absicht, eine Wiederaufnahme gerichtlich geltend zu machen, geäußert wurde. Selbst wenn aber diese Schreiben dahingehend auszulegen sind, dass der Kläger (zunächst) eine Überprüfung durch die Beklagte erreichen wollte, so hat die Beklagte diese Anträge jedenfalls mit ihren Schreiben vom 13.02.2007 und vom 11.04.2007 bestandskräftig abgelehnt. Der Kläger hat daraufhin zunächst - bis zum Antrag im Mai 2010 - sein Begehren nicht mehr weiterverfolgt.
Für den Überprüfungsantrag vom 17.05.2010 fehlt es indes am rechtlichen Interesse des Klägers an einer Entscheidung über die Rücknahme des Versagungsbescheids vom 08.08.2005. Die begehrte Leistung wurde außerhalb des Vierjahreszeitraums des § 44 Abs. 4 SGB X erbracht und kann schon allein deshalb von der Beklagten nicht mehr erstattet werden. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 06.03.1991 (- 9b Rar 7/90 -, in Juris) entschieden, dass die Rücknahme eines ablehnenden Verwaltungsaktes wegen Rechtswidrigkeit und die Ersetzung durch einen Bewilligungsakt wegen der Einwirkung der Verfallsklausel des § 44 Abs. 4 SGB X auf die Rücknahmeregelung schlechthin ausgeschlossen ist. Derartige Entscheidungen sind dann nicht mehr vorzunehmen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen für eine Zeit, die länger als vier Jahre vor dem Rücknahmeakt liegt, regelt und wenn der ersetzende Bewilligungsbescheid sich ebenfalls nur auf den genannten Zeitraum auswirken würde. Ein solcher Verwaltungsakt ist nicht zu erlassen, wenn er nicht ausgeführt werden darf. Das BSG führt wörtlich aus:
"Ein Antragsteller, der über § 44 SGB X keine Leistungen mehr für die Vergangenheit erhalten darf, hat kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und der zusprechenden Entscheidung, die nach Abs. 4 nicht vollzogen werden dürfen. (.) Sie (die Verwaltung) soll nicht durch aussichtslose Anträge, die beliebig oft wiederholt werden könnten, immer wieder zu neuen Sachprüfungen gezwungen werden können."
Das BSG hat diese Rechtsprechung zuletzt im Urteil vom 28.02.2013 (- B 8 SO 4/12 R -, in Juris) fortgeführt.
Dem Kläger kann daher eine Kostenerstattung für die im 2005 angefallenen Behandlungskosten im Jahr 2010 wegen der - für die Beklagte zwingenden - Ausschlussregelung nicht mehr beanspruchen und hat deshalb kein rechtlich schützenswertes Interesse an einer Rücknahmeentscheidung über die mit Bescheid vom 08.08.2005 erfolgte Versagung. Wäre bei einem rechtzeitig vor Ablauf der Vierjahresfrist (bis zum 31.12.2009) gestellten Überprüfungsantrag sogar die rechtskräftige Entscheidung durch den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.10.2006 überwindbar gewesen, so dient die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X der Wahrung des Rechtsfriedens, indem er eine Überprüfungsmöglichkeit nach Ablauf der Vierjahresfrist ausschließt. Diesem Sinn und Zweck der Regelung wird es auch gerecht, den Ausschlusstatbestand nicht nur auf laufende Sozialleistungen, sondern auch auf einmalige Leistungen - wie den hier streitigen Kostenerstattungsanspruch - anzuwenden. Denn wie etwa bei einem zeitlich abgeschlossenen Leistungszeitraum, der zum Zeitpunkt des Überprüfungsantrags (so der in der Entscheidung des BSG vom 06.03.1991 entschiedene Fall) über vier Jahr zurückliegt, muss auch eine Verwaltungsentscheidung über einmalige Leistungen in gleicher Weise einer zeitlich unbegrenzten Überprüfung unzugänglich sein. Im Hinblick auf das Kriterium der Rechtssicherheit ist für eine Differenzierung dieser Sachverhalte kein Raum.
Eine nochmalige Prüfung der Versagungsentscheidung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Denn ein solcher Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht des Leistungsträgers sanktioniert, kann nicht weiter reichen als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. § 44 Abs. 4 SGB X findet insoweit entsprechende Anwendung (BSG in ständiger Rspr., vgl. Urteil vom 27.03.2007 - B 13 R 58/06 R - in Juris m.w.N.).
Soweit sich der Kläger gegen die Begründung des Gerichtsbescheids vom 18.06.2006 wendet, indem er die darin vertretene Auffassung des Sozialgerichts, die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte sei für den Kläger nicht ursächlich für die Behandlung in der G. Klinik gewesen, beanstandet und die Annahme des Sozialgerichts, die telefonische Nachfrage des Klägers bei der Beklagten habe in erster Linie dazu gedient eine Kostenbeteiligung der Beklagten zu erreichen, als Unterstellung kritisiert, so kann er mit diesem Vortrag im Berufungsverfahren kein Gehör finden. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig geworden und eine Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahren, das sich gegen das Urteil vom 04.04.2012 richtet, ist nicht eröffnet.
Die Berufung des Klägers hatte nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Zugunstenverfahrens die Erstattung von Kosten für die stationäre Behandlung in einer Privatklinik.
Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er befand sich in der Zeit vom 19.04.2005 bis zum 05.05.2005 zur stationären Behandlung in der G. Klinik (St.), wo ihm am 25.04.2005 eine sogenannte Bryan Cervical Disc im Bereich HWK 5/6 und am 27.04.2005 im Bereich HWK 4/5 implantiert wurde.
Am 25.05.2005 beantragte er bei der Beklagten die Erstattung der Kosten für diese Behandlung. Er legte Rechnungen über Behandlungskosten von insgesamt 37.853,69 EUR sowie einen Behandlungsbericht der G. Klinik vom 28.04.2005 vor. Aus diesem ergebe sich, dass er seit Jahren an Morbus Bechterew und hochgradigen Neuroforamenstenosen leide. Mehrfach sei er bewusstlos umgefallen, es habe eine Querschnittslähmung gedroht. Die Symptome seien lebensgefährlich gewesen. Die streitige Therapie werde führend und erfolgreich von der G. Klinik durchgeführt; die Kliniken in L. und M. hätten diese Operation als zu risikoreich abgelehnt.
Mit Bescheid vom 08.08.2005 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenerstattung ab und gab zur Begründung an, die Übernahme der Kosten komme nur bei einer Operation in einem zugelassenen Krankenhaus in Betracht. Die G. Klinik sei nicht zugelassen. Zudem habe es sich um keine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 SGB V gehandelt.
Der Kläger erhob daraufhin am 05.09.2005 Klage beim Landgericht Karlsruhe. Er machte geltend, angesichts seines kritischen Gesundheitszustandes sei die Operation in der G. Klinik unbedingt notwendig gewesen. Der Eingriff habe zu seiner vollständigen Genesung geführt. Angesichts dessen habe ihm die Beklagte die Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 38.042,2 EUR zu erstatten. Mit Beschluss vom 19.10.2005 verwies das Landgericht den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Sozialgericht Karlsruhe (S 5 KR 4194/05). Nachdem das Sozialgericht auf die Notwendigkeit eines Vorverfahrens hingewiesen und das Verfahren ausgesetzt hatte, legte der Kläger gegen den Bescheid vom 08.08.2005 am 19.12.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er auf sein Vorbringen in der Klage verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Kostenübernahme scheide bereits deshalb aus, weil es sich bei der G. Klinik um kein zugelassenes Krankenhaus handele. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, sich in einer Universitätsklinik operieren zu lassen. Er habe zudem vor der Behandlung keinen Kostenübernahmeantrag gestellt. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 SGB V sei deshalb nicht begründet.
Der Kläger erhob dagegen am 10.03.2006 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 5 KR 1068/06), die mit Beschluss vom 24.04.2006 mit dem Verfahren S 5 KR 4195/05 verbunden wurde. Das Sozialgericht hörte den Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 25.07.2006 an. Der Kläger gab an, von Seiten der Beklagten sei ihm vor der Operation fernmündlich erklärt worden, dass Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik nicht erstattet würden. Er sei aber davon überzeugt gewesen, dass nur die Operation in der G. Klinik ihm helfen könne. Er sei der erste Patient, der an Morbus Bechterew leide und bei dem dieser Eingriff erfolgreich durchgeführt worden sei. Das Sozialgericht wies die Klage mit (rechtskräftigem) Gerichtsbescheid vom 18.10.2006 als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt seien.
Am 07.02.2007 legte der damalige Bevollmächtigte des Klägers ein Schreiben des Operateurs Dr. F. C. vom 22.01.2007 vor. Er erklärte, damit ein Wiederaufnahmeverfahren zur Kostenerstattung zu beabsichtigen, und bat die Beklagte um kurzfristige Äußerung. Die Beklagte teilte unter dem 13.02.2007 mit, dass keine Gründe für eine Wiederaufnahme vorlägen. Mit Schreiben vom 27.03.2007 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers erneut an die Beklagte und bat u.a. um Abklärung, welche Ortskrankenkassen bisher die Kosten für gleichartige Operationen übernommen hätten. Die Beklagte erwiderte unter dem 11.04.2007, dass eine dies betreffende Anfrage bei Dr. C. im Februar unbeantwortet geblieben sei, dass keine Gründe für eine Wiederaufnahme vorlägen und dass eine solche beim Sozialgericht zu beantragen sei.
Der Kläger beantragte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 14.05.2010, eingegangen bei der Beklagten am 17.05.2010, im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) die Überprüfung des Bescheids vom 08.08.2005 und des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2006. Das Sozialgericht Karlsruhe habe in seinem Gerichtsbescheid zu Unrecht die Eilbedürftigkeit der Behandlung verneint. Dem Kläger sei vor den Operationen mitgeteilt worden, er brauche keinen Antrag zu stellen, da die Leistung sowieso abgelehnt werde. Dies stelle eine vorwerfbare Fehlberatung der Beklagten dar, die einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründe. Zudem sei an ein Systemversagen zu denken. Der Kläger sei der einzige Patient weltweit, der an Morbus Bechterew und cervicaler Myelopathie leide und dem erfolgreich zwei Bandscheibenprothesen im Bereich der HWS eingesetzt worden seien.
Die Beklagte verwies auf § 44 Abs. 4 SGB X, wonach Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des Verwaltungsakts erbracht werden könnten. Da zwischen dem Überprüfungsantrag und der Leistungserbringung im Jahr 2005 mehr als vier Jahre liegen würden, könne der Antrag nicht erfolgreich sein. Der Kläger bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2010 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, Anhaltspunkte, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei, würden nicht bestehen. Sie berief sich auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.10.2006 und wies nochmals darauf hin, dass die Bewilligung von Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme des Verwaltungsakts möglich sei. Bereits deswegen sei der Antrag abzulehnen.
Den dagegen am 10.08.2010 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 als unbegründet zurück.
Am 03.05.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und machte ergänzend geltend, die Operation sei von den Kliniken in M. und L. abgelehnt worden. Bei einer Klinik in H. habe er erst Mitte 2005 einen Termin bekommen können. Damit sei keine Vertragsklinik zeitnah bereit gewesen, die Operation durchzuführen. Die Dringlichkeit sei daher zu Unrecht verneint worden. Die Mitteilung der Beklagten, dass die Kosten für diese Behandlung nicht übernommen würden, habe ihn in eine verzweifelte Lage gebracht. Der Kläger berief sich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil die Beklagte, hätte sie sein Begehren in der besonderen gesundheitlichen Konstellation ernst genommen, hätte einräumen müssen, dass der operative Eingriff von einem Vertragskrankenhaus nicht erbracht worden wäre.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 04.04.2012 ab. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 08.08.2005 zurückzunehmen und dem Kläger die Kosten für die im April 2005 erfolgte stationäre Krankenbehandlung zu erstatten. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden seien. Sei ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, würden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei werde gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen werde. Die Vier-Jahres-Frist des Absatz 4 sei absolut (Steinwedel, in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht - 70. El. 2011, § 44 Rdnr. 54), stehe nicht im Ermessen der Verwaltung (BSG - GS - BSGE 54, 223 225 = SozR 1300 § 44 Nr. 3; BSG SozR 1300 § 44 Nr. 15 S. 26; Nr. 17 S. 37; Nr. 23 S. 54) und stehe auch der nachträglichen Zahlung einer vor Beginn der Vier-Jahres-Frist abgelehnten einmaligen Leistung entgegen (so auch BSG SozR 3-6610 Art. 5 Nr. 1 S. 4; Steinwedel, a.a.O., Rdnr. 51; von Wulffen, SGB X - 7. Aufl. 2010, § 44 Rdnr. 28). Die Frist des § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginne mit dem letzten Tag des Vorjahres (§ 26 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) und ende nach vier Jahren mit dem ersten Tag des Jahres (§ 26 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 188 Abs. 2 BGB). An diesem Maßstab gemessen habe der Kläger keinen Anspruch auf Rücknahme der Entscheidung vom 08.08.2005 und Übernahme der im April 2005 erfolgten stationären Krankenhausbehandlung. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15.07.2010 habe die Beklagte über den Überprüfungsantrag des Klägers vom 17.05.2010 entschieden. Nach § 44 Abs. 4 SGB X sei die Erbringung einer Sachleistung, mithin auch die Kostenerstattung, erst für die Zeit ab 01.01.2006 möglich gewesen. Eine Kostenerstattung für Sachleistungen des Jahres 2005 scheide vor diesem Hintergrund aus. Der Vortrag, der Kläger habe im Jahr 2007 die "Wiederaufnahme des Verfahrens" beantragt, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der auch damals anwaltlich vertretene Kläger habe die Wiederaufnahme beantragt, so dass bereits fraglich ist, ob ein Überprüfungsantrag gestellt worden sei. Aber selbst einen formalen Antrag auf Einleitung eines Zugunstenverfahrens unterstellt, habe die Beklagte mit den Schreiben vom 13.02.2007 und 11.04.2007 die "Wiederaufnahme des Verfahrens" abgelehnt und damit auch ein unterstelltes Überprüfungsverfahren beendet (vgl. § 8 SGB X). Im Übrigen seien die - unterstellten - Überprüfungsanträge vom Februar oder März 2007 nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern dies sei allein der Antrag vom 17.05.2010. Hilfsweise wies das Sozialgericht darauf hin, dass die Beklagte das Recht weder unrichtig angewandt habe, noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei. Dazu verwies das Sozialgericht auf den Gerichtsbescheid vom 18.10.2006, dessen Ausführungen zum Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V es wörtlich zitierte. Anhaltspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigten, seien weder vorgetragen noch sonst aus den Akten der Beklagten erkennbar. Der Kläger habe im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.04.2012 ausgeführt, dass die Voruntersuchungen etwa eineinhalb Monate gedauert hätten, bevor es zum operativen Eingriff in der G. Klinik gekommen sei. Von einer unaufschiebbaren Leistung könne vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 16.04.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.05.2012 Berufung eingelegt. Er beruft sich sinngemäß darauf, dass die Überprüfungsanträge aus dem Jahr 2007 der Verjährung des Erstattungsanspruchs nach § 44 Abs. 4 SGB X entgegen stehen würden und wiederholt sein Vorbringen in der Sache zu der aus seiner Sicht rechtsfehlerhaften Ablehnung der Kostenerstattung, wobei er sich auch gegen den Gerichtsbescheid vom 18.10.2006 wendet.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.04.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 15.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 08.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2006 zurückzunehmen und dem Kläger die Kosten der stationären Behandlung in der G. Klinik in Höhe von 38.042,25 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren würden sich keine neuen Anhaltspunkte für einen Kostenerstattungsanspruch ergeben.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.03.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG- zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, und dass diese Vorgehensweise beabsichtigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts zu den Verfahren S 5 KR 4194/05, S 5 KR 1068/06 und S 9 KR 1942/11 sowie auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu.
Die Berufung des Klägers ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 04.04.2012 abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass einer Rücknahmeentscheidung der versagten Bewilligung seiner im Jahr 2005 entstandenen Behandlungskosten.
Zu Recht hat die Beklagte auf die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X abgestellt, die hier einer erneuten Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen für die vom Kläger begehrte Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V entgegensteht. Das Sozialgericht hat in seinem Urteil bereits dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 SGB X vorliegen, weil der Kläger den streitgegenständlichen Überprüfungsantrag erst im Jahr 2010 und damit nach Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist seit dem Entstehen der Behandlungskosten im Jahr 2005 gestellt hat. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren ist noch ergänzend auszuführen, dass die Ausschlussfrist mit den Schreiben des damaligen Kläger-Vertreters vom 06.02.2007 und vom 27.03.2007 auch nicht unterbrochen worden ist. Wie bereits das Sozialgericht hat auch der Senat schon Zweifel daran, ob es sich hierbei überhaupt um Überprüfungsanträge im Sinne von § 44 SGB X handelt, da ausdrücklich die Absicht, eine Wiederaufnahme gerichtlich geltend zu machen, geäußert wurde. Selbst wenn aber diese Schreiben dahingehend auszulegen sind, dass der Kläger (zunächst) eine Überprüfung durch die Beklagte erreichen wollte, so hat die Beklagte diese Anträge jedenfalls mit ihren Schreiben vom 13.02.2007 und vom 11.04.2007 bestandskräftig abgelehnt. Der Kläger hat daraufhin zunächst - bis zum Antrag im Mai 2010 - sein Begehren nicht mehr weiterverfolgt.
Für den Überprüfungsantrag vom 17.05.2010 fehlt es indes am rechtlichen Interesse des Klägers an einer Entscheidung über die Rücknahme des Versagungsbescheids vom 08.08.2005. Die begehrte Leistung wurde außerhalb des Vierjahreszeitraums des § 44 Abs. 4 SGB X erbracht und kann schon allein deshalb von der Beklagten nicht mehr erstattet werden. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 06.03.1991 (- 9b Rar 7/90 -, in Juris) entschieden, dass die Rücknahme eines ablehnenden Verwaltungsaktes wegen Rechtswidrigkeit und die Ersetzung durch einen Bewilligungsakt wegen der Einwirkung der Verfallsklausel des § 44 Abs. 4 SGB X auf die Rücknahmeregelung schlechthin ausgeschlossen ist. Derartige Entscheidungen sind dann nicht mehr vorzunehmen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen für eine Zeit, die länger als vier Jahre vor dem Rücknahmeakt liegt, regelt und wenn der ersetzende Bewilligungsbescheid sich ebenfalls nur auf den genannten Zeitraum auswirken würde. Ein solcher Verwaltungsakt ist nicht zu erlassen, wenn er nicht ausgeführt werden darf. Das BSG führt wörtlich aus:
"Ein Antragsteller, der über § 44 SGB X keine Leistungen mehr für die Vergangenheit erhalten darf, hat kein rechtliches Interesse an der Rücknahme und der zusprechenden Entscheidung, die nach Abs. 4 nicht vollzogen werden dürfen. (.) Sie (die Verwaltung) soll nicht durch aussichtslose Anträge, die beliebig oft wiederholt werden könnten, immer wieder zu neuen Sachprüfungen gezwungen werden können."
Das BSG hat diese Rechtsprechung zuletzt im Urteil vom 28.02.2013 (- B 8 SO 4/12 R -, in Juris) fortgeführt.
Dem Kläger kann daher eine Kostenerstattung für die im 2005 angefallenen Behandlungskosten im Jahr 2010 wegen der - für die Beklagte zwingenden - Ausschlussregelung nicht mehr beanspruchen und hat deshalb kein rechtlich schützenswertes Interesse an einer Rücknahmeentscheidung über die mit Bescheid vom 08.08.2005 erfolgte Versagung. Wäre bei einem rechtzeitig vor Ablauf der Vierjahresfrist (bis zum 31.12.2009) gestellten Überprüfungsantrag sogar die rechtskräftige Entscheidung durch den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.10.2006 überwindbar gewesen, so dient die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X der Wahrung des Rechtsfriedens, indem er eine Überprüfungsmöglichkeit nach Ablauf der Vierjahresfrist ausschließt. Diesem Sinn und Zweck der Regelung wird es auch gerecht, den Ausschlusstatbestand nicht nur auf laufende Sozialleistungen, sondern auch auf einmalige Leistungen - wie den hier streitigen Kostenerstattungsanspruch - anzuwenden. Denn wie etwa bei einem zeitlich abgeschlossenen Leistungszeitraum, der zum Zeitpunkt des Überprüfungsantrags (so der in der Entscheidung des BSG vom 06.03.1991 entschiedene Fall) über vier Jahr zurückliegt, muss auch eine Verwaltungsentscheidung über einmalige Leistungen in gleicher Weise einer zeitlich unbegrenzten Überprüfung unzugänglich sein. Im Hinblick auf das Kriterium der Rechtssicherheit ist für eine Differenzierung dieser Sachverhalte kein Raum.
Eine nochmalige Prüfung der Versagungsentscheidung kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht. Denn ein solcher Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht des Leistungsträgers sanktioniert, kann nicht weiter reichen als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. § 44 Abs. 4 SGB X findet insoweit entsprechende Anwendung (BSG in ständiger Rspr., vgl. Urteil vom 27.03.2007 - B 13 R 58/06 R - in Juris m.w.N.).
Soweit sich der Kläger gegen die Begründung des Gerichtsbescheids vom 18.06.2006 wendet, indem er die darin vertretene Auffassung des Sozialgerichts, die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte sei für den Kläger nicht ursächlich für die Behandlung in der G. Klinik gewesen, beanstandet und die Annahme des Sozialgerichts, die telefonische Nachfrage des Klägers bei der Beklagten habe in erster Linie dazu gedient eine Kostenbeteiligung der Beklagten zu erreichen, als Unterstellung kritisiert, so kann er mit diesem Vortrag im Berufungsverfahren kein Gehör finden. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig geworden und eine Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahren, das sich gegen das Urteil vom 04.04.2012 richtet, ist nicht eröffnet.
Die Berufung des Klägers hatte nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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