L 8 SB 2604/13 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SB 7669/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2604/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 18.06.2013 gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den dem Kläger am 24.05.2013 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 15.05.2013 ist zulässig. Insbesondere ist sie gem. § 172 Abs. 1 SGG (in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444), statthaft, da die vorliegende Beschwerde nicht nach § 172 Abs. 3 SGG ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des SG, mit dem die Übernahme der Kosten des gemäß § 109 SGG eingeholten unfallchirurgisch/orthopädischen Gutachtens des Prof. Dr. U. vom 07.07.2012 und des - auf Veranlassung von Prof. Dr. U. erstellten - radiologischen Gutachtens des Prof. Dr. D. vom 20.08.2012 sowie die hiermit verbundenen Auslagen des Klägers nicht auf die Staatskasse übernommen wurden, ist nicht zu beanstanden.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem behinderten Menschen beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen hat (vgl. Pawlak in Hennig SGG § 109 RdNr. 44). Dabei kann nicht in jedem Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Antragstellers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich beeinflusst haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist.

Diese Voraussetzungen liegen für die genannten Gutachten nicht vor. Sie waren für die Erledigung des Rechtsstreits nicht von wesentlicher Bedeutung und haben auch nicht wesentlich zur weiteren Klärung des medizinischen Sachverhalts beigetragen, wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend begründet hat. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis und nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Gründe des Beschlusses Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG analog).

Ergänzend und im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist auszuführen:

Die im erstinstanzlichen Verfahren auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D. waren für den Ausgang des Rechtsstreites nicht von wesentlicher Bedeutung und haben auch keine zusätzlichen, für die Sachaufklärung bedeutsamen Gesichtspunkte erbracht, das Prozessziel des Klägers also nicht objektiv gefördert. Ziel der Klage des Klägers beim SG war nach seinem Klageantrag und seinem Vorbringen allein die Neufeststellung eines höheren Grads der Behinderung (GdB) mit 50 statt zuletzt 30. Hierzu wurde vom SG neben dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Amts wegen auch das Gutachten der Orthopädin Dr. B.-S. vom 30.12.2011 eingeholt. Dr. B.-S. hat in ihrem Gutachten (auf ihrem Fachgebiet) den GdB mit 20 bewertet. Prof. Dr. U. hat sich - unter Berücksichtigung des radiologischen Gutachtens von Prof. Dr. D. - in seinem Gutachten der GdB-Bewertung von Dr. B.-S. angeschlossen und hat damit den bereits vom SG ermittelten relevanten medizinischen Sachverhalt bestätigt. Für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte haben die Gutachten von Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D. damit nicht erbracht.

Dass der Beklagte dem Kläger im Anschluss an die Gutachten von Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D. das vom Kläger angenommene Vergleichsangebot unterbreitet hat, bei einem gleichbleibenden GdB von 30 eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit neu festzustellen, rechtfertigt entgegen der Ansicht des Klägers die Übernahme der Kosten der Begutachtung auf die Staatskasse nicht. Das Prozessziel des Klägers wurde dadurch nicht objektiv gefördert. Durch das vom Kläger angenommene Vergleichsangebot des Beklagten ist er seinem Prozessziel, den GdB höher festzustellen, nicht näher gekommen. Es verblieb vielmehr beim bereits festgestellten GdB von 30, wodurch der Kläger sein Prozessziel nicht erreicht hat. Gemessen am Prozessziel kommt die Annahme des Vergleichsangebotes daher einer Klagerücknahme gleich. Zudem beruht das Vergleichsangebot des Beklagten nicht auf den Gutachten von Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D., wie das SG im angefochtenen Beschluss zutreffend begründet hat. Entgegen der Ansicht des Klägers haben die Gutachten von Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D. damit keinen wesentlichen Einfluss auf den Abschluss des Klageverfahrens gehabt, der es rechtfertigt, die Kosten der Begutachtung durch Prof. Dr. U. und Prof. Dr. D. auf die Staatskasse zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG (ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 176 RdNr. 5a m.w.N). Im Verfahren zur nachträglichen Kostenübernahme eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ist der Beklagte des Hauptsacheverfahrens nicht beteiligt. Im mit nur einem Verfahrensbeteiligten ausgestalteten Rechtsbehelfsverfahren - vergleichbar mit Rechtsbehelfsverfahren gegen ein Ordnungsmittel - entspricht bei (hier nicht vorliegender) erfolgreicher Beschwerde die ausgesprochene Kostenfolge billigem Ermessen (ständige Rechtsprechung des Senats; ebenso der 13. Senat, Beschluss vom 06.05.2009 - L 13 R 339/09 KO-B -, veröffentlicht im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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