Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 165/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4743/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.10.2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Die 1960 geborene Klägerin erhielt im Rahmen eines stationären Aufenthalts im H. Krankenhaus K. am 09.08.2006 eine linksseitige Hüfttotalendoprothese (TEP), da sie an einer fortgeschrittenen Coxarthrose [degenerative Verschleißerkrankung des Hüftgelenks] litt. Während der stationären Anschlussheilbehandlung in der R.klinik in B. R. rutschte der Klägerin nach eigenen Angaben am 28.08.2006 auf feuchtem Untergrund im Bewegungsbad die linke Unterarmgehstütze weg, woraufhin sie einen weiten Ausfallschritt des linken Beines nach vorne machte und dabei unmittelbar starke Schmerzen im linken Oberschenkel verspürte. Zu einem Sturz ist es bei dem Vorfall nicht gekommen.
Der Durchgangsarzt Prof. Dr. B. stellte am 29.08.2006 einen Rotationsschmerz in der linken Hüfte nach TEP sowie einen Druckschmerz über dem Trochanter major [großer Rollhügel des Oberschenkelknochens] bei freier Beweglichkeit fest, und diagnostizierte einen Trochanter major-Abriss links.
Die Klägerin war am 05.09.2006 bis 12.10.2006 in stationärer Behandlung in der V.-Klinik B. R., wo am 05.09.2006 unter anderem eine Lockerung des Schaftes der Hüft-TEP festgestellt wurde. Am 25.09.2006 wurde wegen anhaltender Beschwerden wegen der Schaftlockerung und der festgestellten periprothetischen Fraktur ein Prothesenwechsel links vorgenommen.
Im unfallchirurgischen Zusammenhangsgutachten des Chirurgen Prof. Dr. E. vom 12.02.2008 ist angegeben, dass in den postoperativen Aufnahmen des ersten Eingriffs vom 09.08.2006 bereits eine kleine Irregularität an der medialen Corticalis [äußere Knochenschicht] feststellbar sei, welche rückblickend einer bereits intraoperativ entstandenen fissuralen Läsion des proximalen Femurs [Oberschenkelknochen] entspreche. Bei der am 29.08.2006 angefertigten Röntgenaufnahme sehe man eindeutig eine Positionsänderung im Bereich des Trochanter majors. Außerdem sei eine deutliche ausgeprägtere Irregularität an der medialen Corticalis zu erkennen, wonach offenkundig bereits zu diesem Zeitpunkt eine manifeste periprothetische Femurfraktur, allerdings noch ohne Dislokation, vorgelegen habe. Es sei von einer schleichend entstandenen periprothetischen Femurfraktur auszugehen, die bereits zu einer gewissen Dislokation und Instabilität des Prothesenschaftes geführt habe. Im weiteren Verlauf sei es dann bei eingesunkener Prothese zur Luxation des Kunstgelenks gekommen, welche in Zusammenschau mit dem Röntgenverlauf zu einer manifesten Femurfraktur mit Revisionsindikation geführt habe. Dem Ereignis vom 28.08.2006 komme bei der Gesamtbetrachtung keine wesentliche Bedeutung zu. Es handele sich im Grunde noch nicht einmal um eine Gelegenheitsursache, da die periprothetische Femurfraktur bereits vor dem Ereignis bestanden habe. Im Rahmen der zunehmenden Mobilisierung unter Vollbelastung sei es zur Dislokation der bereits intraoperativ entstandenen periprothetischen Femurfraktur gekommen. Zwischen den noch bestehenden Beeinträchtigungen am linken Hüftgelenk (Gangbildbeeinträchtigung bei Glutealinsuffizienz, subjektive Beschwerden und Notwendigkeit der Benutzung einer Unterarmgehstütze für längere Strecken) und dem Ereignis vom 28.08.2006 bestehe kein ursächlicher Zusammenhang.
Mit Bescheid vom 05.03.2008 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28.08.2006 als Arbeitsunfall an, doch stellte sie gleichzeitig fest, dass die erlittene Zerrung des linken Oberschenkels ohne wesentliche Folgen ausgeheilt sei. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit wurde bis zum 24.09.2006 anerkannt. Die Folgen der Hüftgelenksarthrose links, des künstlichen Hüftgelenks links, der Ausrenkung des linken Hüftgelenks und des körperfernen Oberschenkelbruches links wurden als Unfallfolgen abgelehnt.
Nach Einlegung des Widerspruchs beantragten die Bevollmächtigten zunächst das Ruhen des Verfahrens, weil die Klägerin vorrangig zivilrechtliche Ansprüche gegen die behandelnden Kliniken verfolgen wollte. Der Widerspruch wurde im September 2010 mit dem Hinweis auf ein im Schadenssatzprozess vor dem Landgericht Heilbronn (1 O 92/09 Bm) erstelltes Gutachten des Dr. S. begründet. Der Gutachter habe nicht ausschließen können, dass ohne den Fehltritt in der Anschlussheilbehandlung der Oberschenkelknochen komplikationslos ausgeheilt wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, wobei die Beklagte sich auf das Gutachten des Prof. Dr. E. stützte.
Am 12.01.2011 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat das bildgebende Material über die Klägerin bei sämtlichen behandelnden Ärzten bzw. Kliniken eingeholt. Zusätzlich wurden die Akten des Verfahrens des Landgerichts Heilbronn 1 O 92/09 Bm beigezogen. Hieraus geht hervor, dass es gemäß dem chirurgischen Gutachten des Dr. S. vom 26.01.2010 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die Operation zu einer Fissur/Fraktur gekommen sei. Da die Operation indiziert gewesen und die schonendste Operationsweise gewählt und durchgeführt worden sei, liege kein Behandlungsfehler vor. Aus der ex-ante-Sicht sei postoperativ keine Auffälligkeit erkennbar gewesen, hierzu habe erst der spätere Verlauf beigetragen. Der Klägerin sei daher zu Recht die Vollbelastung erlaubt worden, und es sei auch insoweit kein Behandlungsfehler anzunehmen. Dem Sturz während der Reha-Maßnahme am 28.08.2006 werde eine größere Bedeutung als durch Prof. Dr. E. beigemessen. Zwischen der letzten Röntgenaufnahme in der Klinik vom 18.08.2006 und der vom 29.08.2006 sei Vollbelastung festzustellen. Am 29.08.2006 sei die Prothese um ca. 1 cm eingesunken, und aus der Fissur sei eine deutlich erkennbare Fraktur geworden. Da der Prothesenschaft durch sein Design oben breiter sei, wirke er beim Tiefer-Treten wie ein Keil und treibe die Fissur auseinander. Zum Tiefer-Treten bedürfe es aber einer Krafteinwirkung, die sowohl durch das Gewicht der Klägerin als auch durch den Spagat/Ausfallschritt gegeben sei. Eine prozentuale ursächliche Einschätzung der einzelnen Anteile erscheine nicht möglich. Die zunehmenden Beschwerden der Klägerin nach dem Ereignis vom 28.08.2006 sprächen jedoch dafür, dass es hierdurch zur endgültigen Frakturierung mit Dislokation/Verschiebung gekommen sei.
In der mündlichen Verhandlung des Landgerichts Heilbronn vom 14.06.2010 war Dr. S. als Gutachter persönlich angehört worden. Hier hat er unter anderem angegeben, dass die zu dem Schadensereignis führende Krafteinwirkung zum einen durch das Körpergewicht entstanden sein könne, zum anderen auch durch einen Fehltritt. Welches im konkreten Fall die tatsächliche Ursache gewesen sei, sei rein spekulativ. Wahrscheinlich sei im vorliegenden Fall beides zusammengekommen. Hinzuzufügen sei, dass das überhöhte Körpergewicht der Klägerin im vorliegenden Fall sogar schon für sich alleine genommen genügt haben könne. Es sei sogar möglich, dass eine solche ausreichende Krafteinwirkung schon dadurch entstehe, dass ein Patient im Bett das Bein anheben müsse. Er vermute, dass beide Mechanismen, nämlich die intraoperative Fissur und der Fehltritt in der Rosentritt-Klinik, zur späteren periprothetischen Fraktur beigetragen hätten. Es sei aber genauso gut möglich, dass es zu der beschriebenen Fraktur gekommen wäre, ohne dass es zu einem Fehltritt hätte kommen müssen. Das Landgericht Heilbronn hatte die Klage daraufhin mit rechtskräftigem Urteil vom 14.06.2010 als unbegründet abgewiesen.
Der Orthopäde und Chirurg Prof. Dr. O. hat für das SG ein weiteres Gutachten erstellt. In dem Gutachten vom 06.12.2011 ist angegeben, dass ein Zusammenhang der periprothetischen Femurfraktur mit dem Ereignis vom 28.08.2006 zwar denkbar erscheine. Nach einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Röntgenaufnahmen werde jedoch davon ausgegangen, dass bereits am 11.08.2006 neben der am Trochanter major erkennbaren Fraktur eine Fissur des röhrenförmigen Femurschaftes vorgelegen haben müsse, da die einwirkenden Kräfte bei Vollbelastung sowie bei dem angeschuldigten Ereignis des Ausfallschrittes nicht ausreichend seien, ein intaktes Knochenrohr zu sprengen. Das von der Klägerin angeschuldigtes Ereignis sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht als Ursache, sondern als Anlass des Dislokation einer bestehenden Fissur des Femurschaftes zur resultierenden manifesten periprothetischen Femurfraktur links mit Schaftdislokation zu bewerten. Es sei anlässlich einer ungesteuerten Vollbelastung ohne muskuläre Steuerung und Abfederung zu einer Einstauchung der Prothese aufgrund der vorbestehenden Schädigung des Schaftes mit resultierender erkennbarer Fraktur gekommen. Das Vorliegen einer bereits intraoperativ entstandenen Fissur bzw. Fraktur des proximalen Femurs sei auch von den Vorgutachtern Prof. Dr. E. und Dr. S. bestätigt worden. Anders als von Dr. S. angenommen sei jedoch dem Ereignis vom 28.08.2006 keine wesentliche Ursächlichkeit an der aufgetretenen periprothetischen Fraktur beizumessen.
Die Klägerbevollmächtigten haben daraufhin am 15.02.2012 weitere Fragen an den Gutachter formuliert, welche dieser in einer ergänzenden Stellungnahme vom 01.03.2012 beantwortet hat. Prof. Dr. O. hat ausgeführt, dass die bildgebenden Dokumente zwar eine erheblich eingeschränkte Bildqualität aufwiesen, dass indes die Vorschädigung hinreichend deutlich erkennbar sei. Der Befund habe insoweit ohne dringende klinische Symptomatik durchaus übersehen werden können. Andere, ebenso wenig zur Sprengung eines intaktes Knochenrohrs geeignete Anlässe hätten im fraglichen Zeitraum bei der Klägerin ebenfalls zu der stattgefundenen Schaftdislokation führen können.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2012 hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten abgewiesen. Das SG stützt sich insbesondere auf die Gutachten des Prof. Dr. E. und des Prof. Dr. O., welche übereinstimmend von einer Gelegenheitsursache ausgingen. Insoweit seien die vorhandenen Röntgenbilder trotz ihrer geringen Qualität nach übereinstimmender Auffassung beider Gutachter durchaus geeignet, eine Vorschädigung der Klägerin erkennen zu lassen, welche die maßgebliche Ursache für das Geschehen am 28.08.2006 gewesen sei. Im Ergebnis habe auch der vom Landgericht Heilbronn beauftragte Sachverständige Dr. S. festgestellt, dass die Fraktur im geschädigten Bereich bereits vor dem angeschuldigten Ereignis vorgelegen habe. Auch nach Dr. S. sei es nicht möglich gewesen, den Anteil des am 28.08.2006 erfolgten Ausfallschrittes an dem Ereignis prozentual einzuschätzen. Der Gerichtsbescheid wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 29.10.2012 zugestellt.
Am 14.11.2012 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt, mit der im Wesentlichen der bisherige klägerische Vortrag wiederholt wird. Die zugrundeliegenden Röntgenaufnahmen seien so unscharf, dass eine Vorschädigung nicht hinreichend genau erkennbar sei. Erst das nach dem angeschuldigten Ereignis angefertigte Röntgenbild zeige eine eindeutige Positionsveränderung am Trochanter major sowie eine ausgeprägte Irregularität der medialen Corticalis. Dr. S. habe zudem ausdrücklich festgestellt, dass sowohl eine Vorschädigung als auch das angeschuldigte Ereignis ursächlich für die Schädigung der Klägerin gewesen seien. Es könne nicht sein, dass mehrere Unfallchirurgen die vorgenommenen Ablichtungen wegen ihrer stark eingeschränkten Bildqualität unterschiedlich interpretierten, hierbei Gefäßkanäle sähen oder nicht sähen, und dementsprechend die Anteilswirkungen des Unfallereignisses vom 28.08.2006 unterschiedlich beurteilten. Insoweit sei ein weiteres Gutachten einzuholen, und Prof. Dr. O. zu den verbliebenden Unklarheiten erneut anzuhören.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 05.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010 zu verurteilen, ihr eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren, hilfsweise die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG und des LSG sowie die beigezogene Akte des Landgerichts Heilbronn Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht aufgrund des Ereignisses vom 28.08.2006 kein Anspruch auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht vor. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. O. und Prof. Dr. E. übereinstimmend und schlüssig eine durch die Hüft-TEP-Operation verursachte Vorschädigung als wesentliche Ursache festgestellt haben, was im Ergebnis auch von Dr. S. bestätigt worden ist.
Zwar führen die Klägerbevollmächtigten zu Recht an, dass Dr. S. dem Unfallereignis vom 28.08.2006 in seinem Gutachten eine höhere Bedeutung für die Verursachung einräumt, und hierbei in ebenfalls schlüssiger Weise auf die insoweit bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten hinweist. Allerdings hat Dr. S. bei seiner mündlichen Vernehmung als Sachverständiger vor dem Landgericht Heilbronn auch angegeben, dass die zu dem Schadensereignis führende Krafteinwirkung auch alleine durch das überhöhte Körpergewicht der Klägerin hätte entstanden sein können; die Abgrenzung zu der Verursachung durch einen Fehltritt sei spekulativ. Es sei sogar möglich, dass eine solche Krafteinwirkung schon dadurch entstehe, dass ein Patient im Bett das Bein anheben müsse. Damit hat auch Dr. S. indes geeignete alltägliche Umstände bzw. Verrichtungen genannt, welche die Annahme einer wesentlichen Bedingung im Hinblick auf das Ereignis vom 28.08.2006 unwahrscheinlich und fernliegend erscheinen lassen.
Zu weiteren Ermittlungen, etwa der von den Klägerbevollmächtigten angeregten Einholung eines weiteren Gutachtens, sah der Senat keine Veranlassung. Die Gutachter haben die Röntgenbilder trotz der vorhandenen Mängel in Schärfe und Auflösung als geeignet angesehen, um die Vorschädigung der Klägerin erkennen zu lassen und hieraus im Wesentlichen übereinstimmenden Schlüsse zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente im Streit.
Die 1960 geborene Klägerin erhielt im Rahmen eines stationären Aufenthalts im H. Krankenhaus K. am 09.08.2006 eine linksseitige Hüfttotalendoprothese (TEP), da sie an einer fortgeschrittenen Coxarthrose [degenerative Verschleißerkrankung des Hüftgelenks] litt. Während der stationären Anschlussheilbehandlung in der R.klinik in B. R. rutschte der Klägerin nach eigenen Angaben am 28.08.2006 auf feuchtem Untergrund im Bewegungsbad die linke Unterarmgehstütze weg, woraufhin sie einen weiten Ausfallschritt des linken Beines nach vorne machte und dabei unmittelbar starke Schmerzen im linken Oberschenkel verspürte. Zu einem Sturz ist es bei dem Vorfall nicht gekommen.
Der Durchgangsarzt Prof. Dr. B. stellte am 29.08.2006 einen Rotationsschmerz in der linken Hüfte nach TEP sowie einen Druckschmerz über dem Trochanter major [großer Rollhügel des Oberschenkelknochens] bei freier Beweglichkeit fest, und diagnostizierte einen Trochanter major-Abriss links.
Die Klägerin war am 05.09.2006 bis 12.10.2006 in stationärer Behandlung in der V.-Klinik B. R., wo am 05.09.2006 unter anderem eine Lockerung des Schaftes der Hüft-TEP festgestellt wurde. Am 25.09.2006 wurde wegen anhaltender Beschwerden wegen der Schaftlockerung und der festgestellten periprothetischen Fraktur ein Prothesenwechsel links vorgenommen.
Im unfallchirurgischen Zusammenhangsgutachten des Chirurgen Prof. Dr. E. vom 12.02.2008 ist angegeben, dass in den postoperativen Aufnahmen des ersten Eingriffs vom 09.08.2006 bereits eine kleine Irregularität an der medialen Corticalis [äußere Knochenschicht] feststellbar sei, welche rückblickend einer bereits intraoperativ entstandenen fissuralen Läsion des proximalen Femurs [Oberschenkelknochen] entspreche. Bei der am 29.08.2006 angefertigten Röntgenaufnahme sehe man eindeutig eine Positionsänderung im Bereich des Trochanter majors. Außerdem sei eine deutliche ausgeprägtere Irregularität an der medialen Corticalis zu erkennen, wonach offenkundig bereits zu diesem Zeitpunkt eine manifeste periprothetische Femurfraktur, allerdings noch ohne Dislokation, vorgelegen habe. Es sei von einer schleichend entstandenen periprothetischen Femurfraktur auszugehen, die bereits zu einer gewissen Dislokation und Instabilität des Prothesenschaftes geführt habe. Im weiteren Verlauf sei es dann bei eingesunkener Prothese zur Luxation des Kunstgelenks gekommen, welche in Zusammenschau mit dem Röntgenverlauf zu einer manifesten Femurfraktur mit Revisionsindikation geführt habe. Dem Ereignis vom 28.08.2006 komme bei der Gesamtbetrachtung keine wesentliche Bedeutung zu. Es handele sich im Grunde noch nicht einmal um eine Gelegenheitsursache, da die periprothetische Femurfraktur bereits vor dem Ereignis bestanden habe. Im Rahmen der zunehmenden Mobilisierung unter Vollbelastung sei es zur Dislokation der bereits intraoperativ entstandenen periprothetischen Femurfraktur gekommen. Zwischen den noch bestehenden Beeinträchtigungen am linken Hüftgelenk (Gangbildbeeinträchtigung bei Glutealinsuffizienz, subjektive Beschwerden und Notwendigkeit der Benutzung einer Unterarmgehstütze für längere Strecken) und dem Ereignis vom 28.08.2006 bestehe kein ursächlicher Zusammenhang.
Mit Bescheid vom 05.03.2008 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28.08.2006 als Arbeitsunfall an, doch stellte sie gleichzeitig fest, dass die erlittene Zerrung des linken Oberschenkels ohne wesentliche Folgen ausgeheilt sei. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit wurde bis zum 24.09.2006 anerkannt. Die Folgen der Hüftgelenksarthrose links, des künstlichen Hüftgelenks links, der Ausrenkung des linken Hüftgelenks und des körperfernen Oberschenkelbruches links wurden als Unfallfolgen abgelehnt.
Nach Einlegung des Widerspruchs beantragten die Bevollmächtigten zunächst das Ruhen des Verfahrens, weil die Klägerin vorrangig zivilrechtliche Ansprüche gegen die behandelnden Kliniken verfolgen wollte. Der Widerspruch wurde im September 2010 mit dem Hinweis auf ein im Schadenssatzprozess vor dem Landgericht Heilbronn (1 O 92/09 Bm) erstelltes Gutachten des Dr. S. begründet. Der Gutachter habe nicht ausschließen können, dass ohne den Fehltritt in der Anschlussheilbehandlung der Oberschenkelknochen komplikationslos ausgeheilt wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, wobei die Beklagte sich auf das Gutachten des Prof. Dr. E. stützte.
Am 12.01.2011 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Das SG hat das bildgebende Material über die Klägerin bei sämtlichen behandelnden Ärzten bzw. Kliniken eingeholt. Zusätzlich wurden die Akten des Verfahrens des Landgerichts Heilbronn 1 O 92/09 Bm beigezogen. Hieraus geht hervor, dass es gemäß dem chirurgischen Gutachten des Dr. S. vom 26.01.2010 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die Operation zu einer Fissur/Fraktur gekommen sei. Da die Operation indiziert gewesen und die schonendste Operationsweise gewählt und durchgeführt worden sei, liege kein Behandlungsfehler vor. Aus der ex-ante-Sicht sei postoperativ keine Auffälligkeit erkennbar gewesen, hierzu habe erst der spätere Verlauf beigetragen. Der Klägerin sei daher zu Recht die Vollbelastung erlaubt worden, und es sei auch insoweit kein Behandlungsfehler anzunehmen. Dem Sturz während der Reha-Maßnahme am 28.08.2006 werde eine größere Bedeutung als durch Prof. Dr. E. beigemessen. Zwischen der letzten Röntgenaufnahme in der Klinik vom 18.08.2006 und der vom 29.08.2006 sei Vollbelastung festzustellen. Am 29.08.2006 sei die Prothese um ca. 1 cm eingesunken, und aus der Fissur sei eine deutlich erkennbare Fraktur geworden. Da der Prothesenschaft durch sein Design oben breiter sei, wirke er beim Tiefer-Treten wie ein Keil und treibe die Fissur auseinander. Zum Tiefer-Treten bedürfe es aber einer Krafteinwirkung, die sowohl durch das Gewicht der Klägerin als auch durch den Spagat/Ausfallschritt gegeben sei. Eine prozentuale ursächliche Einschätzung der einzelnen Anteile erscheine nicht möglich. Die zunehmenden Beschwerden der Klägerin nach dem Ereignis vom 28.08.2006 sprächen jedoch dafür, dass es hierdurch zur endgültigen Frakturierung mit Dislokation/Verschiebung gekommen sei.
In der mündlichen Verhandlung des Landgerichts Heilbronn vom 14.06.2010 war Dr. S. als Gutachter persönlich angehört worden. Hier hat er unter anderem angegeben, dass die zu dem Schadensereignis führende Krafteinwirkung zum einen durch das Körpergewicht entstanden sein könne, zum anderen auch durch einen Fehltritt. Welches im konkreten Fall die tatsächliche Ursache gewesen sei, sei rein spekulativ. Wahrscheinlich sei im vorliegenden Fall beides zusammengekommen. Hinzuzufügen sei, dass das überhöhte Körpergewicht der Klägerin im vorliegenden Fall sogar schon für sich alleine genommen genügt haben könne. Es sei sogar möglich, dass eine solche ausreichende Krafteinwirkung schon dadurch entstehe, dass ein Patient im Bett das Bein anheben müsse. Er vermute, dass beide Mechanismen, nämlich die intraoperative Fissur und der Fehltritt in der Rosentritt-Klinik, zur späteren periprothetischen Fraktur beigetragen hätten. Es sei aber genauso gut möglich, dass es zu der beschriebenen Fraktur gekommen wäre, ohne dass es zu einem Fehltritt hätte kommen müssen. Das Landgericht Heilbronn hatte die Klage daraufhin mit rechtskräftigem Urteil vom 14.06.2010 als unbegründet abgewiesen.
Der Orthopäde und Chirurg Prof. Dr. O. hat für das SG ein weiteres Gutachten erstellt. In dem Gutachten vom 06.12.2011 ist angegeben, dass ein Zusammenhang der periprothetischen Femurfraktur mit dem Ereignis vom 28.08.2006 zwar denkbar erscheine. Nach einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Röntgenaufnahmen werde jedoch davon ausgegangen, dass bereits am 11.08.2006 neben der am Trochanter major erkennbaren Fraktur eine Fissur des röhrenförmigen Femurschaftes vorgelegen haben müsse, da die einwirkenden Kräfte bei Vollbelastung sowie bei dem angeschuldigten Ereignis des Ausfallschrittes nicht ausreichend seien, ein intaktes Knochenrohr zu sprengen. Das von der Klägerin angeschuldigtes Ereignis sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht als Ursache, sondern als Anlass des Dislokation einer bestehenden Fissur des Femurschaftes zur resultierenden manifesten periprothetischen Femurfraktur links mit Schaftdislokation zu bewerten. Es sei anlässlich einer ungesteuerten Vollbelastung ohne muskuläre Steuerung und Abfederung zu einer Einstauchung der Prothese aufgrund der vorbestehenden Schädigung des Schaftes mit resultierender erkennbarer Fraktur gekommen. Das Vorliegen einer bereits intraoperativ entstandenen Fissur bzw. Fraktur des proximalen Femurs sei auch von den Vorgutachtern Prof. Dr. E. und Dr. S. bestätigt worden. Anders als von Dr. S. angenommen sei jedoch dem Ereignis vom 28.08.2006 keine wesentliche Ursächlichkeit an der aufgetretenen periprothetischen Fraktur beizumessen.
Die Klägerbevollmächtigten haben daraufhin am 15.02.2012 weitere Fragen an den Gutachter formuliert, welche dieser in einer ergänzenden Stellungnahme vom 01.03.2012 beantwortet hat. Prof. Dr. O. hat ausgeführt, dass die bildgebenden Dokumente zwar eine erheblich eingeschränkte Bildqualität aufwiesen, dass indes die Vorschädigung hinreichend deutlich erkennbar sei. Der Befund habe insoweit ohne dringende klinische Symptomatik durchaus übersehen werden können. Andere, ebenso wenig zur Sprengung eines intaktes Knochenrohrs geeignete Anlässe hätten im fraglichen Zeitraum bei der Klägerin ebenfalls zu der stattgefundenen Schaftdislokation führen können.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2012 hat das SG die Klage nach Anhörung der Beteiligten abgewiesen. Das SG stützt sich insbesondere auf die Gutachten des Prof. Dr. E. und des Prof. Dr. O., welche übereinstimmend von einer Gelegenheitsursache ausgingen. Insoweit seien die vorhandenen Röntgenbilder trotz ihrer geringen Qualität nach übereinstimmender Auffassung beider Gutachter durchaus geeignet, eine Vorschädigung der Klägerin erkennen zu lassen, welche die maßgebliche Ursache für das Geschehen am 28.08.2006 gewesen sei. Im Ergebnis habe auch der vom Landgericht Heilbronn beauftragte Sachverständige Dr. S. festgestellt, dass die Fraktur im geschädigten Bereich bereits vor dem angeschuldigten Ereignis vorgelegen habe. Auch nach Dr. S. sei es nicht möglich gewesen, den Anteil des am 28.08.2006 erfolgten Ausfallschrittes an dem Ereignis prozentual einzuschätzen. Der Gerichtsbescheid wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 29.10.2012 zugestellt.
Am 14.11.2012 haben die Bevollmächtigten der Klägerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt, mit der im Wesentlichen der bisherige klägerische Vortrag wiederholt wird. Die zugrundeliegenden Röntgenaufnahmen seien so unscharf, dass eine Vorschädigung nicht hinreichend genau erkennbar sei. Erst das nach dem angeschuldigten Ereignis angefertigte Röntgenbild zeige eine eindeutige Positionsveränderung am Trochanter major sowie eine ausgeprägte Irregularität der medialen Corticalis. Dr. S. habe zudem ausdrücklich festgestellt, dass sowohl eine Vorschädigung als auch das angeschuldigte Ereignis ursächlich für die Schädigung der Klägerin gewesen seien. Es könne nicht sein, dass mehrere Unfallchirurgen die vorgenommenen Ablichtungen wegen ihrer stark eingeschränkten Bildqualität unterschiedlich interpretierten, hierbei Gefäßkanäle sähen oder nicht sähen, und dementsprechend die Anteilswirkungen des Unfallereignisses vom 28.08.2006 unterschiedlich beurteilten. Insoweit sei ein weiteres Gutachten einzuholen, und Prof. Dr. O. zu den verbliebenden Unklarheiten erneut anzuhören.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 25.10.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 05.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010 zu verurteilen, ihr eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. zu gewähren, hilfsweise die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG und des LSG sowie die beigezogene Akte des Landgerichts Heilbronn Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht aufgrund des Ereignisses vom 28.08.2006 kein Anspruch auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu.
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld § 45 SGB VII und Rente § 56 SGB VII ). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Erforderlich ist, dass sowohl ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden besteht. Diese so genannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - , SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 m.w.N.; BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 860).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht vor. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. O. und Prof. Dr. E. übereinstimmend und schlüssig eine durch die Hüft-TEP-Operation verursachte Vorschädigung als wesentliche Ursache festgestellt haben, was im Ergebnis auch von Dr. S. bestätigt worden ist.
Zwar führen die Klägerbevollmächtigten zu Recht an, dass Dr. S. dem Unfallereignis vom 28.08.2006 in seinem Gutachten eine höhere Bedeutung für die Verursachung einräumt, und hierbei in ebenfalls schlüssiger Weise auf die insoweit bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten hinweist. Allerdings hat Dr. S. bei seiner mündlichen Vernehmung als Sachverständiger vor dem Landgericht Heilbronn auch angegeben, dass die zu dem Schadensereignis führende Krafteinwirkung auch alleine durch das überhöhte Körpergewicht der Klägerin hätte entstanden sein können; die Abgrenzung zu der Verursachung durch einen Fehltritt sei spekulativ. Es sei sogar möglich, dass eine solche Krafteinwirkung schon dadurch entstehe, dass ein Patient im Bett das Bein anheben müsse. Damit hat auch Dr. S. indes geeignete alltägliche Umstände bzw. Verrichtungen genannt, welche die Annahme einer wesentlichen Bedingung im Hinblick auf das Ereignis vom 28.08.2006 unwahrscheinlich und fernliegend erscheinen lassen.
Zu weiteren Ermittlungen, etwa der von den Klägerbevollmächtigten angeregten Einholung eines weiteren Gutachtens, sah der Senat keine Veranlassung. Die Gutachter haben die Röntgenbilder trotz der vorhandenen Mängel in Schärfe und Auflösung als geeignet angesehen, um die Vorschädigung der Klägerin erkennen zu lassen und hieraus im Wesentlichen übereinstimmenden Schlüsse zu ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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