L 11 EG 4352/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 683/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 4352/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.09.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch nicht im Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe und die Bezugsdauer des der Klägerin nach dem Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) zustehenden Elterngeldes.

Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern des am 24.02.2010 geborenen Kindes B ... Die Klägerin war ab 1991 bei der Agentur für Arbeit F. versicherungspflichtig beschäftigt und erhielt vom 17.01.2010 bis zum 25.04.2010 einen Arbeitgeberzuschuss während der Mutterschutzfrist in Höhe von 48,86 EUR kalendertäglich. Die zuständige Krankenkasse gewährte der Klägerin Mutterschaftsgeld vom 17.01.2010 bis zum 25.04.2010 mit einem kalendertäglichen Zahlbetrag von 13 EUR. Nach der Geburt ihres Kindes war die Klägerin nicht erwerbstätig.

Am 19.04.2010 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewährung von Elterngeld, wobei dieses dem Ehemann der Klägerin für den 1. und 2. Lebensmonat und der Klägerin für den 3. bis 14. Lebensmonat des am 24.02.2010 geborenen Kindes gewährt werden sollte.

Mit Bescheid vom 26.04.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für den 3. Lebensmonat iHv 1.075,14 EUR, für den 4. bis 12. Lebensmonat iHv 1.151,94 EUR monatlich. Für den 13. bis 14. Lebensmonat wurde kein Elterngeld gewährt. Aufgrund des Erhalts von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss im 1. und 2. Lebensmonat des Kindes würden diese als von der Klägerin in Anspruch genommen und verbraucht gelten. Ein Elternteil könne höchstens 12 Lebensmonate beantragen, so dass Elterngeld für die Lebensmonat 13. und 14. nicht gewährt werden könne.

Mit Bescheid vom 26.05.2010 bewilligte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin antragsgemäß Elterngeld für den 1. und 2. Lebensmonat iHv 1.333,26 EUR monatlich.

Die Klägerin legte am 12.05.2012 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass der Bewilligungsbescheid vom 26.04.2010 nicht die gesetzliche Begründungspflicht erfülle. Es fehlten jegliche Angaben zu den gesetzlichen Grundlagen der Berechnung und den Kürzungsbeträgen. Auch sei es nicht nachvollziehbar, dass Beträge angerechnet würden, die die Klägerin aufgrund besonderer mutterschutzrechtlicher Regelung als Arbeitnehmer erhalte.

Mit Änderungsbescheid vom 14.09.2010 erfolgte eine Neuberechnung infolge einer Berichtigung des Einkommens in den Monaten Januar 2009 und Dezember 2009. Der Klägerin wurde Elterngeld iHv 1.147,86 EUR monatlich für den 8. bis 12. Lebensmonat gewährt. Im Übrigen wurde der Bewilligungsbescheid vom 26.04.2010 aufrechterhalten. Die Klägerin legte hiergegen am 11.10.2010 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Bescheide vom 26.04.2010 und 14.09.2010 nach vorheriger Anhörung der Klägerin durch Schreiben vom 08.12.2010 gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2011 zurück und führte zur Begründung aus, dass das Mutterschaftsgeld zusammen mit dem Arbeitgeberzuschuss die Höhe des Elterngeldes übersteige, sodass zeitgleich kein Elterngeld gewährt werden könne. Für den 13. und 14. Lebensmonat könne kein Elterngeld gewährt werden, da nach § 4 Abs 3 BEEG ein Elternteil höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen könne. Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs 1 oder 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustünden, würden als Monate gelten, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Mutter ergänzend zu der Mutterschaftsleistung für diese Monate einen "tagweise" Anspruch auf Elterngeld geltend mache. Entscheidend sei, ob in dem Lebensmonat für den Elterngeld beansprucht werde, mindestens an einem Tag nach § 3 Abs 1 anrechenbare Leistungen zustünden. Nach § 3 Abs 1 BEEG werde Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zustehe, mit Ausnahme des Mutterschaftsgeldes nach § 13 Abs 2 des Mutterschutzgesetzes, auf das ihr zustehende Elterngeld nach § 2 BEEG angerechnet. Da die Klägerin in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes vom 24.02.2010 bis zum 23.04.2010 Mutterschaftsgeld bezogen habe, würden diese Monate so gelten, als wäre das Elterngeld von ihr beantragt worden, auch wenn sie wie vorliegend für den 1. und 2. Lebensmonat des Kindes gar keinen Antrag gestellt habe. Die ersten beiden Lebensmonate seien in diesem Fall bereits verbraucht. Neben diesen zwei verbrauchten Lebensmonaten mit Bezug einer Mutterschaftsleistung könne sie daher nur noch für weitere 10 Monate Elterngeld bekommen. Ihr sei somit Elterngeld für den 3. bis 12. Lebensmonat des Kindes bewilligt worden. Ihrem Ehemann sei mit Bescheid vom 27.05.2010 Eltern für den 1. und 2. Lebensmonat gewährt worden.

Die Klägerin hat hiergegen am 10.02.2011 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung der Klage angeführt, dass sie sich vor allem dagegen wende, dass der Anspruch auf Elterngeld in ihrem Fall auf 10 Monate reduziert wurde. Bei der Planung der Betreuungszeiten nach der Geburt seien die Eltern davon ausgegangen, dass der Ehemann zwei Monate zuhause bleiben würde, um sich um das Kind zu kümmern. Der Einkommensverlust des Ehemannes sollte durch den Bezug des Elterngeldes ausgeglichen werden, danach sollte sich die Betreuungszeit durch die Klägerin anschließen. Der wirtschaftliche Nachteil infolge des Verlustes von Einkommen sollte durch den zwölfmonatigen Bezug von Elterngeld ausgeglichen werden. Die Klägerin wende sich dagegen, dass ihr der Bezug von Mutterschaftsgeld in der Weise zum Nachteil gereiche, dass ihr grundsätzlich bestehender Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für 12 Monate auf 10 Monate reduziert werde, obwohl sie für die ersten beiden Lebensmonate des Kindes keinen entsprechenden Antrag gestellt habe.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.09.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Reduzierung des ursprünglich bewilligten Elterngeldes für den 8. bis 12. Lebensmonat durch den Änderungsbescheid vom 14.09.2010 nach § 45 SGB X rechtmäßig sei. Des Weiteren könne nach § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG Elterngeld höchstens für 12 Monate bezogen werden. Lebensmonate des Kindes, in denen ua nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnende Leistungen zustünden, würden als Monate gelten, für die die berechtigte Person Elterngeld beziehe. Diese Regelung verstoße nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26.05.2011 Az: B 10 EG 11/10 R) nicht gegen höherrangiges Recht. Die Nichtgewährung von Elterngeld für den 13. und 14. Lebensmonat entspreche den gesetzlichen Vorschriften.

Die Klägerin hat gegen den am 24.09.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 18.10.2012 Berufung eingelegt und zur Begründung der Berufung angeführt, dass sie durch die Anrechnung der Bezugszeiten von Mutterschaftsgeld sachwidrig und nicht mehr durch Artikel 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt ungleich behandelt werde. Mutterschaftsgeld bezögen Beschäftigte in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Damit würden Bezieherinnen von Mutterschaftsgeld gegenüber nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigten benachteiligt. Dies sei auch nicht Gegenstand der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 26.05.2011 Az: B 10 EG 11/10 R gewesen. Bezüglich der Rücknahme des Bewilligungsbescheids für die Zukunft seien die Angaben im Antrag vollständig und richtig gewesen, so dass die Klägerin die Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides auch nicht habe erkennen können. Es sei daher angebracht, im Rahmen der Ermessensprüfung den Gedanken des Vertrauensschutzes stärker zu gewichten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.09.2012, den Bescheid der Beklagten vom 26.04.2010 und den Änderungsbescheid der Beklagten vom 14.09.2010 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Elterngeld für den 3. bis 14. Lebensmonat ihres Sohnes B., geboren am 24.02.2010, in Höhe von 1.075,14 EUR (3. Lebensmonat) bzw 1.151,94 EUR (4. bis 14. Lebensmonat) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass das BSG in seinem Urteil vom 26.05.2011 Az: B 10 EG 11/10 R genau die in Frage stehende Anrechnung von Monaten mit Mutterschutzleistung als fiktiv beantragte und erhaltene Elterngeldmonate für rechtmäßig erachtet habe. Im Übrigen hat die Beklagte auf das erstinstanzliche Vorbringen und die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 05.03.2013 auf die Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 19.02.2013 (Az: L 11 EG 272/12) hingewiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 SGG erklärt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat keinen Erfolg. Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26.04.2010 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 14.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Die Klägerin hatte auch im hier streitigen Bezugszeitraum vom 24.04.2010 bis zum 23.04.2011 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit ihrem am 24.02.2010 geborenen Sohn in einem Haushalt, betreute und erzog ihn und übte während dieses Zeitraums keine Erwerbstätigkeit aus.

Regelungen zum Bezugszeitraum von Elterngeld enthält § 4 BEEG. Nach Abs 1 Satz 1 der Vorschrift kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate gezahlt (zum sog Lebensmonatsprinzip vgl BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2). Nach § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 BEEG). Waren beide Elternteile - wie hier - vor der Geburt erwerbstätig und unterbricht mindestens ein Elternteil nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit oder schränkt sie in relevantem Umfang ein, haben die Eltern demnach insgesamt für die Dauer von 14 Lebensmonaten des Kindes Anspruch auf Elterngeld. Diesen Gesamtanspruch können die Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung untereinander aufteilen. Nach § 4 Abs 2 Satz 4 BEEG können die Eltern dabei die (12 oder 14) Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen, bestimmen sie nach § 5 Abs 1 BEEG grundsätzlich, wer von ihnen welche Monatsbeträge in Anspruch nimmt. Diese Bestimmung ist im Antrag vorzunehmen (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 BEEG). Nach § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG (hier anzuwenden in der ab 24.01.2009 geltenden Fassung von Art 1 Nr 2 Erstes Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeldgesetzes vom 17.01.2009 - BGBl I Seite 61) kann ein Elternteil mindestens für zwei und höchstens für 12 Monate Elterngeld beziehen. Dabei gelten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG (in der bis 17.09.2012 geltenden Fassung) die Lebensmonate des Kindes, in denen ua nach § 3 Abs 1 BEEG anzurechnende Leistungen - wie Mutterschaftsgeld und die diesem gleichstehende Fortzahlung der Dienstbezüge für die Zeit des Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs 1 Satz 3 BEEG) - zustehen, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. Durch diese gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 Satz 1 BEEG anzurechnende Mutterschaftsgeld, kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat, vorliegend also die Mutter.

Mit seinen Entscheidungen vom 26.05.2011 hat das BSG klargestellt, wie der auslegungsbedürftige Tatbestand des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG mit dem Begriff der "anzurechnenden Leistungen" zu verstehen ist. Dabei hat das BSG grundsätzlich drei Auslegungsmöglichkeiten gesehen: (1.) Für den Eintritt der Fiktion von Bezugsmonaten genügt es, dass der berechtigten Person (hier Mutter) in dem betreffenden Monat ihrer Art nach "anzurechnende Leistungen" (hier Mutterschaftsgeld) zustehen, unabhängig davon, ob im konkreten Fall überhaupt ein Elterngeldanspruch bestehen kann; (2.) enge Auslegung dahin, dass "anzurechnende Leistungen" nur dann vorliegen, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werden; (3.) in dem betreffenden Lebensmonat muss die Person, der die anzurechnende Leistung zusteht, aufgrund objektiver Gegebenheiten auch zum elterngeldberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 BEEG gehören. Das BSG hat sich unter Bezugnahme auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG für die zuletzt genannte Auffassung entschieden (BSG 26.05.2011, B 10 EG 11/10 R und B 10 EG 12/10 R, juris). Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser Auffassung an.

Der Senat verweist zudem auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 19.02.2013 (Az: L 11 EG 272/12), welches den Beteiligten mit Verfügung vom 05.03.2013 übersandt wurde. Der Senat in dem Urteil vom 19.02.2013 wie folgt ausgeführt: "Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die unter anzurechnenden Leistungen nur tatsächlich angerechnete Leistungen versteht, wird hingegen dem Ziel der Vermeidung von Doppelleistungen nicht gerecht. Denn nach ihrer Auffassung könnte die gesetzlich vorgesehene Fiktion von Bezugsmonaten schon dadurch umgangen werden, dass - wie im vorliegenden Fall - für eine Zeit des (nachgeburtlichen) Bezugs von Mutterschaftsgeld nicht die Mutter, sondern der Vater Elterngeld beansprucht. Einen Verstoß gegen Artikel 3 Abs 1 GG oder Artikel 6 Abs 1 GG durch die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG in der hier vertretenen Auslegung vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch insoweit schließt sich der Senat den ausführlichen Darlegungen des BSG im Urteil vom 26.05.2011 (B 10 EG 12/10 R, juris) an. Insbesondere ist hierbei zu berücksichtigen, dass der normative Gehalt des Gleichheitssatzes seine Präzisierung im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs erfährt und je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ein unterschiedlich strenger Prüfungsmaßstab anzulegen ist (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 06.03.2002, 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73 = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176). Dabei ergibt sich aus der Schutzpflicht des Artikel 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern, so dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung der Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (BVerfG 10.11.1998, 2 BvR 1057/91 ua, BVerfGE 99, 216). Die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG, wonach ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld an mindestens einem Tag des Lebensmonats ausreicht, der Mutter zwingend diesen Lebensmonat als Bezugsmonat des Elterngelds zuzuordnen, berührt die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise. Die damit verbundene Beschränkung des sich aus § 5 Abs 1 BEEG ergebenden Bestimmungsrechts der Eltern, wer von ihnen welche Bezugsmonate in Anspruch nimmt, ist nicht so intensiv, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die Entscheidung der Eltern hat, teilweise oder zeitweise auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung des Kindes zu verzichten (zum Ganzen: BSG 26.05.2011, B 10 EG 12/10 R, juris RdNr 34 bis 36)."

Die Ausführungen des Senats sind auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung darin sieht, dass Mütter ohne Elterngeldanspruch dem Grunde nach während des Bezugs von Mutterschaftsgeld bei Eintritt der Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld noch 12 Monate Elterngeld beziehen können, während ansonsten wegen der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nur zehn Monate tatsächlich geleistet werden, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG gebietet der Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs 1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (BVerfG 10.12.1985, 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255, 271; BVerfG 09.04.2003, 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01, BVerfG 108, 52 ff). Es ist dabei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfG 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, 359; BVerfG 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 436). Dabei kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Verwaltung ein weitreichender Beurteilungsspielraum zu (BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176 ff). Nach der Überzeugung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 BEEG seinen Regelungsspielraum nicht überschritten (siehe auch Ausführungen im Senatsurteil vom 19.02.2013, L 11 EG 272/12).

Auch die Höhe des Elterngeldes für den 8. bis 12. Lebensmonat ist nach Prüfung durch den Senat nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides vom 26.04.2010 und die Änderung der Leistungsbewilligung nach § 45 SGB X sind zur Überzeugung des Senats erfüllt.

Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er nach § 45 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 48 Abs 2 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Die Beklagte hat im Änderungsbescheid vom 14.09.2010 ab dem 24.09.2010 die Höhe des gewährten Elterngeldes geändert und anstatt 1.151,94 Euro nur noch 1147,86 Euro monatlich gewährt. Dem liegt ein Berechnungsfehler bei der Berechnung des erzielten Einkommens im Bemessungszeitraum zugrunde, welcher zur anfänglichen Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheid vom 26.04.2010 führt. Im Monat Januar 2009 wurde versehentlich ein nicht nach der Rechtsprechung des BSG (03.12.2009, B 10 EG 3/09, SozR 4-7837 § 2 Nr 4) berücksichtigungsfähiger Einmalbezug angerechnet. Im Monat Dezember 2009 wurde nur der Nettobetrag anstatt des Bruttobetrages der Nachzahlung von 131,14 Euro (vgl Bezügeabrechnung vom 19.01.2009, Blatt 16 der Verwaltungsakte) angesetzt. Die geänderte Berechnung ist nach Prüfung durch Senat nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat hiergegen auch keine konkreten Einwände vorgebracht, sondern vielmehr angeführt, dass sie zutreffende Angaben gemacht habe und sich daher der Berechnungsfehler nicht zu ihren Ungunsten auswirken dürfe. Die Beklagte hat dem jedoch dadurch Rechnung getragen, dass sie auf eine Rücknahme für die Vergangenheit infolge des schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin nach § 45 Abs 2 SGB X verzichtet und die Änderung der Leistungsbewilligung nur für die Zukunft ab dem Beginn des 8. Lebensmonat am 24.09.2010 vorgenommen hat. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Vertrauensschutzgesichtspunkte der Klägerin nicht zu beanstanden. Die Klägerin erhält pro Monat 4,08 Euro weniger Elterngeld. Sie hat nicht dargelegt, dass in Anbetracht dieser verhältnismäßig geringen monatlichen Einbuße sie in schutzwürdigen, das öffentliche Interesse überwiegenden Belangen betroffen ist oder bereits nicht mehr rückgängig zu machende Vermögensdisposition getroffen ist, die durch die Änderung gefährdet sind. Die Beklagte hat somit ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt und auch die Belange der Klägerin in ausreichendem Maß berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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