L 9 R 5476/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4222/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5476/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09. November 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1957 geborene Kläger hat nach seinen Angaben in Rumänien von März 1973 bis März 1975 den Beruf des Textilarbeiters erlernt und diesen sowie Tätigkeiten als Staplerfahrer und Maschinist in einer Textilfabrik bis 1990 ausgeübt. Nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland verrichtete er verschiedene Tätigkeiten; zuletzt war er bis Dezember 2002 als Staplerfahrer und Lagerarbeiter beschäftigt. Danach war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Ein Rentenantrag des Klägers von Dezember 2004 hatte keinen Erfolg.

Im März 2010 beantragte der Kläger, bei dem seit dem 30.9.2009 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt war, erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von Dr. D., Ärztin für Innere Medizin und Sozialmedizin, untersuchen, die den Kläger schon im Februar 2005 untersucht hatte. Diese stellte beim Kläger im Gutachten vom 2.8.2010 folgende Diagnosen: Alkoholkrankheit, anamnestisch Alkoholkarenz seit Juni 2009, mit leichter peripherer beinbetonter Polyneuropathie, reaktive depressive Störung, belastungsabhängige Coxalgien beidseits bei beginnenden Verschleißerscheinungen, leichtgradige Periarthropathia humeroscapularis rechts, chronisch rezidivierendes belastungsabhängiges Wirbelsäulensyndrom ohne neurologische Ausfälle, chronische Bronchitis bei chronischem Nikotinabusus, fibrozirrhotische Veränderungen rechter Oberlappen und linkes Mittelfeld bei abgelaufener Lungentuberkulose 1984, basal pleurale Schwielenbildung rechts ohne relevante Beeinträchtigung der Lungenfunktion. Sie gelangte zum Ergebnis, im Vergleich zum Rentengutachten von 2005 lasse sich keine wesentliche Änderung feststellen. Aufgrund der aufgeführten Diagnosen sei das Leistungsvermögen des Klägers in qualitativer Hinsicht beeinträchtigt. Seine letzte Tätigkeit als Lagerarbeiter könne er vollschichtig verrichten. Leichte und mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Klettern und Steigen sowie ohne Einwirkung von Rauch, Gasen und Dämpfen und ohne besonderen Zeitdruck könne der Kläger ebenfalls vollschichtig ausüben.

Mit Bescheid vom 13.8.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung bestehe nicht, da er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne. Er habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er auch in seinem bisherigen Beruf als Lagerarbeiter mindestens sechs Stunden täglich arbeiten könne.

Hiergegen hat der Kläger am 25.8.2010 Widerspruch eingelegt und ärztliche Atteste des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. K. vom 9.9.2010 und der Ärztin für Allgemeinmedizin D.-B. vom 20.9.2010 vorgelegt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2011 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 26.11.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben und ärztliche Atteste der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 1.12.2010 und des HNO-Arztes Dr. H. vom 22.11.2010 sowie Bescheide des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 2.3.2011 und 24.5.2011 (GdB 80 und Merkzeichen G seit 6.12.2010) vorgelegt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers, die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H., den Internisten und Kardiologen Dr. Wolde, den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. K. sowie die Ärztin für Allgemeinmedizin Dilo-Bittermann (Auskünfte vom 23.12.2010, 27.12.2010, 18.2.2011 und 31.3.2011), schriftlich als sachverständige Zeugen gehört, die, mit Ausnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin D.-B., ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bejahten. Danach hat das SG ein orthopädisches Gutachten von Amts wegen eingeholt.

Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. S. stellte beim Kläger im Gutachten vom 8.9.2011 folgende Gesundheitsstörungen fest: Muskuläres Reizsyndrom der Hals- und Rumpfwirbelsäule bei Fehlstatik (Rundrücken) mit endgradiger Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule (HWS) ohne radikuläre Reizerscheinungen, Rotatorenmanschettensyndrom der rechten Schulter mit fortbestehender Kapselreizung ohne Funktionsbehinderung und beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits mit Bewegungsschmerz ohne Funktionsbehinderung. Er gelangte zum Ergebnis, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr an fünf Tagen der Woche verrichten. Schwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten von 15 kg und mehr sowie Arbeiten über Kopf bzw. mit dem Kopf in Nackenlage, auf unebenen Böden, Leitern oder Gerüsten, in Nässe, Kälte bzw. zugigen Räumen sollten vermieden werden. Der Kläger sei auch in der Lage, Wegstrecken von 500 m und mehr in max. 15 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel ohne Einschränkungen zu benutzen.

Mit Urteil vom 9.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die medizinische Sachaufklärung habe zur Überzeugung des SG ergeben, dass beim Kläger ein Leistungsvermögen von sechs Stunden täglich jedenfalls für leichte Arbeiten noch vorhanden sei, wie sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. vom 8.9.2011 ergebe. Eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht werde auch nicht durch die Gesundheitsstörungen auf internistisch-kardiologischem sowie nervenärztlichem Gebiet verursacht. Der Auffassung der Hausärztin D.-B. zur beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers könne sich das SG insbesondere nach fachorthopädischer Begutachtung nicht anschließen. Auch in Gesamtwürdigung der Erkrankungen verschiedener medizinischer Fachgebiete und des Zusammenwirkens und der Wechselwirkungen dieser Erkrankungen könne eine weitergehende als die beschriebene Einschränkung hinsichtlich der Art der noch möglichen Arbeiten nicht nachgewiesen werden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er auf den gesamten Arbeitsmarkt sozial zumutbar verweisbar sei. Bei dem vom Kläger vorgelegten Gabelstaplerschein handle es sich um keinen Gesellenbrief, sondern dieser belege vielmehr eine einfach angelernte Tätigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 1.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.2011 Berufung eingelegt und ärztliche Unterlagen aus einem Parallelverfahren wegen Feststellungen von Behinderungen sowie einen Auszug aus dem Gutachten für die Agentur für Arbeit vom 25.5.2011 (vollschichtiges Leistungsvermögen für überwiegend leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, überwiegend im Gehen, Stehen und Sitzen, in Tages- und Wechselschicht) vorgelegt. Er trägt vor, seines Erachtens sei er voll erwerbsgemindert. Auch lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Seine körperlichen und seelischen Einschränkungen ließen es nicht zu, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf jede Tätigkeit verwiesen werden könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finde er keinen Arbeitsplatz mehr.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09. November 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie erwidert, bei Würdigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen sei aus prüfärztlicher Sicht weiterhin von einem sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugehen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten bei Dr. S. und von Amts wegen ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. S., Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden, eingeholt.

Dr. S. hat im Gutachten vom 24.9.2012 beim Kläger eine Koronarsklerose ohne Hinweis auf eine hämodynamisch relevante koronare Herzerkrankung, eine COPD sowie anamnestisch eine Hepatitis B, aktuell ohne Entzündungsaktivität, festgestellt. Er gelangte zum Ergebnis, der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Kleidung auch im Freien, täglich mindestens sechs Stunden verrichten. Vermeiden müsse er schwere körperliche Arbeiten sowie Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen. Der Kläger sei in der Lage, Wegstrecken von mehr als 500 m viermal täglich in einer Zeit von jeweils 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel uneingeschränkt zu benutzen. Da die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden organmedizinisch nicht ausreichend erklärbar seien und er laufend antidepressiv behandelt werde, empfehle er eine abschließende nervenfachärztliche Begutachtung.

Dr. S. hat beim Kläger im psychiatrischen Gutachten vom 29.4.2013 eine dysthyme Störung sowie ein Alkohol-Abhängigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, diagnostiziert und nebenbefundlich Hinweise auf ein vordiagnostiziertes Restless-legs-Syndrom gefunden. Er gelangte zum Ergebnis, aufgrund der auf seinem Fachgebiet vorliegenden Befunde sollten Tätigkeiten, die mit erhöhter Stressbelastung einhergingen bzw. mit erhöhtem Zeitdruck (z.B. Akkordarbeit) oder mit unphysiologischer psychovegetativer Belastung verbunden seien (z.B. Nachtarbeit) sowie Tätigkeiten mit unmittelbarem Kundenkontakt und erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte vermieden werden. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkungen auf orthopädischem und internistischem Gebiet könnten Tätigkeiten täglich noch sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Der Kläger weise auch keine relevanten kognitiven Funktionsdefizite auf, die dagegen sprechen würden, eine neue berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Der Kläger sei auch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m zu Fuß zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wobei er für 500 m jeweils weniger als 20 Minuten benötige.

Mit Verfügung vom 28.5.2013 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und dem Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten des SG sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 28.5.2013 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2012, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).

Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere den Gutachten von Dr. D. vom 1.2.2005 und 2.8.2010, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, sowie den Sachverständigengutachten auf orthopädischem (Dr. S. vom 8.9.2011), internistisch-arbeitsmedizinischem (Dr. S. vom 24.9.2012) und nervenärztlichem Gebiet (Dr. S. vom 29.4.2013).

Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen (Wirbelsäulensyndrom, Rotatoren-manschettensyndrom der rechten Schulter, Hüftgelenksarthrosen beidseits, Koronarsklerose, COPD, Hepatitis B, aktuell ohne Entzündungsaktivität, dysthyme Störung, Alkohol-Abhän-gigkeitssyndrom, gegenwärtig abstinent, Restless-legs-Syndrom) führen zwar zu qualitativen Einschränkungen (keine körperlich schweren Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Gewichten von 15 kg und mehr, keine Arbeiten über Kopf bzw. mit dem Kopf in Nackenlage, auf unebenen Böden, Leitern oder Gerüsten, in Nässe und Kälte bzw. in zugigen Räumen, unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen, mit erhöhter Stressbelastung bzw. erhöhtem Zeitdruck, mit unmittelbarem Kundenkontakt und erhöhter Verantwortung für Personen und Sachwerte), hindern den Kläger jedoch nicht daran, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen täglich mindestens sechs Stunden zu verrichten.

Durch die Darlegungen von Dr. S. und Dr. S. in dem orthopädischen bzw. dem psychiatrischen Gutachten ist die abweichende Leistungsbeurteilung der Hausärztin Dilo-Bettermann widerlegt, zumal sie die maßgebenden Leiden auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet gesehen hat. Darüber hinaus haben auch der behandelnde Orthopäde Dr. K. und die behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. H. in ihrem sachverständigen Zeugenaussagen kein unter sechsstündiges Leistungsvermögen beim Kläger angenommen. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten der Agentur für Arbeit vom 25.5.2011 stützt das Begehren des Klägers ebenfalls nicht, da darin ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers bescheinigt wird.

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine spezifische Leistungsbehinderung liegt beim Kläger ebenfalls nicht vor. Der Kläger ist auch in der Lage, Arbeitsplätze aufzusuchen, zumal er nicht gehindert ist, viermal täglich über 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in 15 bis 20 Minuten) zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen, wie die Sachverständigen übereinstimmend dargelegt haben. Der Kläger ist auch nicht gehindert, eine neue berufliche Tätigkeit aufzunehmen, zumal relevante kognitive Funktionseinschränkungen nicht vorliegen, wie sich für den Senat aus dem Gutachten von Dr. Schwarz ergibt. Der Umstand, dass der Kläger keinen offenen Arbeitsplatz findet, ist ein Risiko, das von der Arbeitsverwaltung zu tragen ist, und nicht von der Rentenversicherung (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.).

Dem Kläger steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu, wie das SG zu Recht entschieden hat. Für die in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Staplerfahrer und Lagerarbeiter hat der Kläger keine Facharbeiterausbildung und keine länger als ein Jahr dauernde Einarbeitung benötigt. Als allenfalls angelernter Arbeiter des unteren Bereichs ist der Kläger somit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkt sozial zumutbar verweisbar, soweit sie ihm gesundheitlich zumutbar sind bzw. mit dem oben beschriebenen Leistungsvermögen übereinstimmen.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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