Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 5073/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 701/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.10.2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 7.572,22 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Tätigkeit des Beigeladenen als LKW-Fahrer während der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2007.
Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen mit (während der streitigen Zeit) 11 LKW. Im Jahr 2006 beschäftigte der Kläger 10 fest angestellte Arbeitnehmer und zwei Aushilfskräfte. Von Januar 2006 bis März 2007 war außerdem der Beigeladene für den Kläger als LKW-Fahrer tätig.
Veranlasst durch Ermittlungen des Hauptzollamts L. wegen Schwarzarbeit wurde beim Kläger eine Betriebsprüfung durchgeführt. Unter dem 4.3.2008 gab der Beigeladene (auf einem Fragebogen) an, er habe ein Gewerbe als Einzelunternehmer angemeldet; er sei seit 1.12.2005 als Kraftfahrer tätig. Eigene Geschäfts- bzw. Betriebsräume unterhalte er nicht. Von der Arbeitsverwaltung sei eine Betriebsnummer nicht vergeben worden. Arbeitnehmer oder Aushilfen würden nicht beschäftigt. Der (Subunternehmer-)Tätigkeit für den Kläger hätten mündliche Absprachen zu Grunde gelegen. Die Arbeitszeit habe er frei gestalten können und Aufträge auch ablehnen dürfen. Die Arbeit (Beförderung der Ware zum Empfänger) sei kontrolliert worden. In den Betrieb des Klägers, von dem er die Anweisungen (Einteilung, Aufträge für die Tour) erhalten habe, sei er nicht eingegliedert gewesen. Er habe die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter des Klägers ausgeführt und über seine Tätigkeit Arbeitszeitnachweise führen müssen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich zu leisten und hätte eigene Hilfskräfte einsetzen dürfen. Im Krankheitsfall und bei Urlaubsabwesenheit habe er nicht für Ersatz sorgen müssen. Bei Verhinderung sei der jeweilige Auftraggeber zu informieren gewesen. Werbung für die eigene Leistung habe er mündlich betrieben. Ein konkretes Kalkulationsangebot in Konkurrenz zu anderen Unternehmen habe er nicht abgegeben, seine Preise aber selbst gestalten können. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Die Vergütung sei nach Tagessatz (regelmäßig 150 EUR) per Rechnung abgerechnet worden. Anspruch auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht gehabt. Er habe eine Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft abgeschlossen. Die Aufträge habe er mit dem Fahrzeug des Klägers ausgeführt; über ein eigenes Fahrzeug habe er nicht verfügt. Sein Gewinn habe etwa 2.300 EUR monatlich betragen.
Ergänzend gab der Beigeladene bei seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt L. am 6.2.2009 an, seine Wohnung sei zugleich sein Betriebsraum; er verfüge über ein Handy, jedoch nicht über ein Telefaxgerät oder einen Computer. Werbung betreibe er insoweit, als er Unternehmen aufsuche und nachfrage, ob man Aufträge für ihn habe. Er sei schon früher beim Kläger als LKW-Fahrer angestellt gewesen. Anweisungen habe er u.a. vom Kläger erhalten; man habe ihm gesagt, wohin er fahren solle und ob ggf. auf dem Rückweg wieder Ladung aufzunehmen sei. Er habe auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Er vermiete nur seine Arbeitskraft. Über ein eigenes Fahrzeug verfüge er nicht; auch die Treibstoffkosten müsse er nicht tragen.
Mit (rechtskräftigem) Strafbefehl vom 12.5.2009 setzte das Amtsgericht Freiburg gegen den Kläger wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in fünf Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen (zu 30 EUR) fest.
Mit Bescheid vom 27.1.2010 gab die Beklagte dem Kläger nach Anhörung (Anhörungsschreiben vom 5.11.2009) auf, für die Beschäftigung des Beigeladenen während der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2007 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen i. H. v. 7.572,22 EUR (darin enthalten Säumniszuschläge von 2.044 EUR) nachzuzahlen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, der Beigeladene habe sich seinerzeit selbstständig gemacht, nachdem er zuvor bei ihm im Jahr 2005 als Kraftfahrer angestellt gewesen sei. Er habe seine Arbeitskraft als Transportunternehmer für den Fall angeboten, dass er, der Kläger, Transporte (bei Auftragsspitzen oder Erkrankung angestellter Kraftfahrer) nicht mit eigenem Personal habe durchführen können. Dabei habe es sich nicht um eine abhängige Beschäftigung gehandelt. Der Beigeladene sei nicht in die Arbeitsorganisation seines Unternehmens eingegliedert gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass man einen Zeitlohn vereinbart habe und der Beigeladene eigenes Kapital nicht in größerem Umfang habe einsetzen müssen. Das Unternehmerrisiko des Beigeladenen habe im Ausbleiben von Aufträgen bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie (u.a.) aus, der Beigeladene habe vor der hier maßgeblichen Tätigkeit (ab 1.1.2006) im Jahr 2005 als angestellter LKW-Fahrer beim Kläger gearbeitet. Eigene Betriebsmittel, insbesondere einen eigenen LKW, habe er nicht eingesetzt und ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Die Transportfahrten habe er mit einem LKW des Klägers ausgeführt. Damit habe (auch ab 1.1.2006) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.
Am 4.10.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung bekräftigte er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Die Tätigkeit des Beigeladenen, der auch für andere Auftraggeber gearbeitet habe, sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Der Beigeladene habe Transportdienstleistungen als selbstständiger Unternehmer erbracht.
Am 5.3.2012 führte das Sozialgericht eine Erörterungsverhandlung durch. Der Beigeladene gab an, er sei vor der streitigen Tätigkeit beim Kläger etwa ein halbes Jahr beschäftigt gewesen. Nachdem er sich selbstständig gemacht habe, habe er selbst entscheiden können, wie er arbeiten wolle. Er habe bei Transportfahrten die kürzeste bzw. billigste Wegstrecke nehmen müssen. Bei der Auftragserteilung seien der Zeitplan, die Tagespauschale und die Mitfahrt eines Beifahrers besprochen worden. In seinen Rechnungen habe er Umsatzsteuer ausgewiesen. Der Kläger gab an, bei etwa 80% der Fahrten des Beigeladenen sei ein Beifahrer mitgefahren. Er habe den Beigeladenen als Urlaubsvertreter in Anspruch genommen. Von etwa drei Angeboten habe der Beigeladene ein Angebot angenommen. Er habe den Strafbefehl des Amtsgerichts nur auf Anraten seines Verteidigers akzeptiert. Neben dem Beigeladenen hätten 4 bis 5 weitere Personen in ähnlicher Weise für ihn gearbeitet.
Einen Vergleichsvorschlag des Sozialgerichts (Erlass von Säumniszuschlägen) lehnte der Kläger ab; die Forderung der Beklagten sei erfüllt, weswegen es ihm um Rückzahlung des Nachforderungsbetrags gehe.
Nachdem der Kläger abschließend geltend gemacht hatte, die Beklagte habe im Jahr 2009 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 durchgeführt und das Auftragsverhältnis zwischen ihm und dem Beigeladenen nicht beanstandet, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 19.10.2012 ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, der Beigeladene habe während der streitigen Zeit für den Kläger als abhängig Beschäftigter gearbeitet. Seine Tätigkeit habe sich von der Tätigkeit der angestellten LKW-Fahrer des Klägers nicht unterschieden. Er habe die Aufträge regelmäßig gemeinsam mit einem Angestellten des Klägers ausgeführt. Die Fahrtrouten seien in Zusammenarbeit mit dem Kläger erstellt worden. Unerheblich sei, dass der Beigeladene die als Pauschallohn festgesetzte Vergütung durch Rechnung geltend gemacht habe und dass er Aufträge habe ablehnen dürfen. Ein Unternehmerrisiko habe der Beigeladene nicht getragen, insbesondere eigenes Kapital oder ein eigenes Fahrzeug nicht eingesetzt, die Fahrten vielmehr mit einem LKW des Klägers ausgeführt. Die Beklagte habe dem Kläger neben der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen zu Recht auch die Zahlung von Säumniszuschlägen aufgegeben. Bei der Einstufung der Tätigkeit des Beigeladenen als selbständige Erwerbstätigkeit habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt, nachdem der Beigeladene zuvor für ihn als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer dieselbe Arbeitsleistung erbracht habe (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.12.2008, - L 4 R 3452/05 -).
Auf das ihm am 23.1.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.2.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Beigeladene habe im Jahr 2006 die Geschäftsidee des "Kraftfahrerleasings" (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 29.3.2011, - L 8 AL 152/08 -) entwickelt und angeboten. Das Geschäftsmodell sehe vor, dass die Auftraggeber die persönliche und deswegen nicht kapitalintensive Dienstleistung des Beigeladenen gegen Entgelt in Anspruch nehmen könnten. Aufträge habe der Beigeladene nicht annehmen müssen und auch eigene Arbeitnehmer einsetzen dürfen. Davon habe er allerdings keinen Gebrauch gemacht, da sich sein Unternehmen in der Phase der Existenzgründung befunden habe. Der Beigeladene sei für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Sein Unternehmerrisiko habe darin bestanden, bei Arbeitsmangel kein Einkommen zu erzielen. Dies müsse für die Aufbauphase eines Unternehmens ausreichen. Auch auf das Vorhalten eines eigenen Fahrzeugs komme es nicht an. Der Beigeladene habe mit seinem Geschäftsmodell auf einen Mangel an qualifizierten Fahrern reagiert und sei als selbstständiger Unternehmer tätig gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 27.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.9.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe es unterlassen, ein Anfrageverfahren bzw. Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Da er Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten beschäftigt habe, habe er die Möglichkeit des Bestehens von Sozialversicherungspflicht für die Tätigkeit des Beigeladenen erkannt und die Nichtzahlung der Beiträge zumindest billigend in Kauf genommen. Deswegen seien Säumniszuschläge zu erheben. Das Urteil des LSG Bayern vom 29.3.2011 (- L 8 AL 142/08 -) betreffe die Rücknahme der Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses und sei hier nicht einschlägig, habe insbesondere das Geschäftsmodell eines "Kraftfahrerleasings" nicht bestätigt.
Der Beigeladene trägt vor, er habe selbständiger Unternehmer sein sollen und sei für mehrere Auftraggeber und auch im Bereich von Urlaubsvertretungen tätig gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag von 7.572,22 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte hat für die Tätigkeit des Beigeladenen nach Maßgabe der während des Prüfzeitraums (1.1.2006 bis 31.3.2007) geltenden Gesetzesbestimmungen zu Recht Sozialversicherungsbeiträge bzw. Umlagen zzgl. Säumniszuschlägen nachgefordert. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat entgegen der Auffassung des Klägers und des Beigeladenen nicht vorgelegen. Der Beigeladene hat beim Kläger vielmehr in einem zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigem bzw. beitragspflichtigem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
I. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung, wobei hier nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung von Belang ist, jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.8.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
II. Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene beim Kläger während der streitigen Zeit (1.1.2006 bis 31.3.2007) als LKW-Fahrer ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige bzw. beitragspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen. Die Beklagte hat dem Kläger deswegen zu Recht gem. § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Nachzahlung der nicht abgeführten Beiträge und Umlagen (zzgl. Säumniszuschlägen) aufgegeben.
Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen im Unternehmen des Klägers als LKW-Fahrer (zu Fahrertätigkeiten auch Senatsurteil vom 20.3.2013, - L 5 KR 2587/12 -). Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Beigeladene hat (während der streitigen Zeiten) nicht als selbständiger (Sub-)Unternehmer, sondern als Arbeitnehmer des Klägers gearbeitet. Dass man eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht gewollt und keinen (schriftlichen) Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, ist unerheblich. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar; sie unterliegen nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
Der Beigeladene ist in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen und hat dort seine Arbeitsleistung als Fahrer zur Erfüllung der Transportaufträge erbracht, die der Kläger für seine Auftraggeber auszuführen hatte, aber insbesondere bei Auftragsspitzen oder in der Urlaubszeit mit fest angestellten Arbeitnehmern nicht hat ausführen können. Dabei hat er - wie ein Arbeitnehmer auf Abruf - fremdbestimmte Arbeit leisten müssen. Ins Gewicht fallende unternehmerische Freiheiten sind ihm nicht verblieben. Etwaige Freiheiten hinsichtlich der Gestaltung der Tätigkeit bzw. des Arbeitsorts und der Arbeitszeit haben für die konkrete Tätigkeit des Beigeladenen wenig praktische Bedeutung gehabt. Er hat die Transportfahrten wie die (übrigen) angestellten Fahrer des Klägers nach Maßgabe der Absprachen über die kürzeste oder billigste Route und nach Zeitvorgaben oder Vorgaben über die Zuladung von Beförderungsgut auf der Rückfahrt ausführen und über seine Arbeitsleistung Arbeitszeitnachweise führen müssen. Seine Arbeitsleistung hat sich damit von der gleichartigen Arbeitsleistung angestellter LKW-Fahrer und von der Arbeitsleistung, die er zuvor bis Ende 2005 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit dem Kläger erbracht hat, nicht wesentlich unterschieden.
Der Beigeladene ist als selbständiger Transportunternehmer am einschlägigen Markt (für Transportdienstleistungen) nicht aufgetreten und hat unternehmertypische Werbung für eine eigene Unternehmensleistung nicht betrieben. Leistungsangebote auf der Grundlage einer eigenständigen Preiskalkulation hat er nicht abgegeben, sondern für den Kläger gegen ein als Tageslohn (pauschal) festgelegtes Arbeitsentgelt gearbeitet. Dass er dieses durch Rechnungen geltend gemacht hat, betrifft formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend.
Der Beigeladene hat auch keine Tätigkeit verrichtet, deren Eigenart auf eine Leistungserbringung in freiem Unternehmertum hinweisen könnte (vgl. bspw. Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 R 5703/09 -: selbständiger Kameramann), sondern eine einfache, angelernte Arbeit erbracht, die typischerweise im arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der abhängigen Beschäftigung geleistet wird und zu leisten ist. Dem entspricht es, dass die wesentlichen Arbeits- und Betriebsmittel (das eigentliche Kapital) nicht dem Beigeladenen sondern dem Kläger zugeordnet sind. Dieser hat dem Beigeladenen einen LKW für die Durchführung der Transportfahrten zur Verfügung gestellt und auch die Kosten für Wartung und Betriebsstoff übernommen.
Ein Unternehmerrisiko hat der Beigeladene nicht getragen, mangels eigener Betriebsmittel vielmehr den LKW des Klägers genutzt, und auch weder Geschäfts- oder Büroräume unterhalten noch eigene Arbeitnehmer beschäftigt. Die Gewinnaussichten wie die Verlustrisiken des Unternehmers sind allein dem Kläger zugeordnet gewesen. Der Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen für sich allein begründet kein Unternehmerrisiko; hierfür fehlt es an korrespondierenden und tatsächlich auch bestehenden, nicht nur vorgespiegelten (unternehmerischen) Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -). Die Anmeldung eines Gewerbes ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Eine Haftung für Mängel der Arbeitsleistung trifft (wenngleich) eingeschränkt auch Arbeitnehmer (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2011, - B 12 R 17/09 R -).
Ohne Belang ist schließlich, dass der Beigeladene für mehrere Unternehmen gearbeitet hat. Nach Maßgabe des allgemeinen Gebots der isolierten sozialversicherungsrechtlichen Betrachtung der im Einzelfall ausgeübten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urt. v. 4.11.2009, - B 12 R 7/08 R -) ist jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen. Unter Würdigung aller Umstände bleibt es auch für den Senat bei dem Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen als LKW-Fahrer im Unternehmen des Klägers.
Auf die beanstandungsfreie Betriebsprüfung des Jahres 2009 kann sich der Kläger nicht berufen. Betriebsprüfungen dienen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten dem Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (vgl. Senatsurteil vom 13.4.2011, - L 5 R 1004/10 – m. w. N.).
Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB IV (unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht) sind nicht erfüllt (dazu und zum alle Fahrlässigkeitsgrade einschließenden Verschuldensbegriff des § 24 Abs. 2 SGB IV etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.3.2009, - L 16 R 49/08 - m. w. N.). Der Kläger hat seinerzeit (neben 2 Aushilfsfahrern) 10 fest angestellte LKW-Fahrer und bis unmittelbar vor Beginn der streitigen Zeit auch den Kläger als LKW-Fahrer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Ihm musste daher klar sein (und war nach Auffassung des Senats auch klar), dass die im Kern gleichartige Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer ab 1.1.2006 der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG) beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 7.572,22 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Tätigkeit des Beigeladenen als LKW-Fahrer während der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2007.
Der Kläger betreibt ein Transportunternehmen mit (während der streitigen Zeit) 11 LKW. Im Jahr 2006 beschäftigte der Kläger 10 fest angestellte Arbeitnehmer und zwei Aushilfskräfte. Von Januar 2006 bis März 2007 war außerdem der Beigeladene für den Kläger als LKW-Fahrer tätig.
Veranlasst durch Ermittlungen des Hauptzollamts L. wegen Schwarzarbeit wurde beim Kläger eine Betriebsprüfung durchgeführt. Unter dem 4.3.2008 gab der Beigeladene (auf einem Fragebogen) an, er habe ein Gewerbe als Einzelunternehmer angemeldet; er sei seit 1.12.2005 als Kraftfahrer tätig. Eigene Geschäfts- bzw. Betriebsräume unterhalte er nicht. Von der Arbeitsverwaltung sei eine Betriebsnummer nicht vergeben worden. Arbeitnehmer oder Aushilfen würden nicht beschäftigt. Der (Subunternehmer-)Tätigkeit für den Kläger hätten mündliche Absprachen zu Grunde gelegen. Die Arbeitszeit habe er frei gestalten können und Aufträge auch ablehnen dürfen. Die Arbeit (Beförderung der Ware zum Empfänger) sei kontrolliert worden. In den Betrieb des Klägers, von dem er die Anweisungen (Einteilung, Aufträge für die Tour) erhalten habe, sei er nicht eingegliedert gewesen. Er habe die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter des Klägers ausgeführt und über seine Tätigkeit Arbeitszeitnachweise führen müssen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die Arbeit persönlich zu leisten und hätte eigene Hilfskräfte einsetzen dürfen. Im Krankheitsfall und bei Urlaubsabwesenheit habe er nicht für Ersatz sorgen müssen. Bei Verhinderung sei der jeweilige Auftraggeber zu informieren gewesen. Werbung für die eigene Leistung habe er mündlich betrieben. Ein konkretes Kalkulationsangebot in Konkurrenz zu anderen Unternehmen habe er nicht abgegeben, seine Preise aber selbst gestalten können. Eigenes Kapital habe er nicht eingesetzt. Die Vergütung sei nach Tagessatz (regelmäßig 150 EUR) per Rechnung abgerechnet worden. Anspruch auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe er nicht gehabt. Er habe eine Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft abgeschlossen. Die Aufträge habe er mit dem Fahrzeug des Klägers ausgeführt; über ein eigenes Fahrzeug habe er nicht verfügt. Sein Gewinn habe etwa 2.300 EUR monatlich betragen.
Ergänzend gab der Beigeladene bei seiner Vernehmung durch das Hauptzollamt L. am 6.2.2009 an, seine Wohnung sei zugleich sein Betriebsraum; er verfüge über ein Handy, jedoch nicht über ein Telefaxgerät oder einen Computer. Werbung betreibe er insoweit, als er Unternehmen aufsuche und nachfrage, ob man Aufträge für ihn habe. Er sei schon früher beim Kläger als LKW-Fahrer angestellt gewesen. Anweisungen habe er u.a. vom Kläger erhalten; man habe ihm gesagt, wohin er fahren solle und ob ggf. auf dem Rückweg wieder Ladung aufzunehmen sei. Er habe auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Er vermiete nur seine Arbeitskraft. Über ein eigenes Fahrzeug verfüge er nicht; auch die Treibstoffkosten müsse er nicht tragen.
Mit (rechtskräftigem) Strafbefehl vom 12.5.2009 setzte das Amtsgericht Freiburg gegen den Kläger wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in fünf Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen (zu 30 EUR) fest.
Mit Bescheid vom 27.1.2010 gab die Beklagte dem Kläger nach Anhörung (Anhörungsschreiben vom 5.11.2009) auf, für die Beschäftigung des Beigeladenen während der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2007 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen i. H. v. 7.572,22 EUR (darin enthalten Säumniszuschläge von 2.044 EUR) nachzuzahlen.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, der Beigeladene habe sich seinerzeit selbstständig gemacht, nachdem er zuvor bei ihm im Jahr 2005 als Kraftfahrer angestellt gewesen sei. Er habe seine Arbeitskraft als Transportunternehmer für den Fall angeboten, dass er, der Kläger, Transporte (bei Auftragsspitzen oder Erkrankung angestellter Kraftfahrer) nicht mit eigenem Personal habe durchführen können. Dabei habe es sich nicht um eine abhängige Beschäftigung gehandelt. Der Beigeladene sei nicht in die Arbeitsorganisation seines Unternehmens eingegliedert gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass man einen Zeitlohn vereinbart habe und der Beigeladene eigenes Kapital nicht in größerem Umfang habe einsetzen müssen. Das Unternehmerrisiko des Beigeladenen habe im Ausbleiben von Aufträgen bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.9.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie (u.a.) aus, der Beigeladene habe vor der hier maßgeblichen Tätigkeit (ab 1.1.2006) im Jahr 2005 als angestellter LKW-Fahrer beim Kläger gearbeitet. Eigene Betriebsmittel, insbesondere einen eigenen LKW, habe er nicht eingesetzt und ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Die Transportfahrten habe er mit einem LKW des Klägers ausgeführt. Damit habe (auch ab 1.1.2006) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.
Am 4.10.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung bekräftigte er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Die Tätigkeit des Beigeladenen, der auch für andere Auftraggeber gearbeitet habe, sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Der Beigeladene habe Transportdienstleistungen als selbstständiger Unternehmer erbracht.
Am 5.3.2012 führte das Sozialgericht eine Erörterungsverhandlung durch. Der Beigeladene gab an, er sei vor der streitigen Tätigkeit beim Kläger etwa ein halbes Jahr beschäftigt gewesen. Nachdem er sich selbstständig gemacht habe, habe er selbst entscheiden können, wie er arbeiten wolle. Er habe bei Transportfahrten die kürzeste bzw. billigste Wegstrecke nehmen müssen. Bei der Auftragserteilung seien der Zeitplan, die Tagespauschale und die Mitfahrt eines Beifahrers besprochen worden. In seinen Rechnungen habe er Umsatzsteuer ausgewiesen. Der Kläger gab an, bei etwa 80% der Fahrten des Beigeladenen sei ein Beifahrer mitgefahren. Er habe den Beigeladenen als Urlaubsvertreter in Anspruch genommen. Von etwa drei Angeboten habe der Beigeladene ein Angebot angenommen. Er habe den Strafbefehl des Amtsgerichts nur auf Anraten seines Verteidigers akzeptiert. Neben dem Beigeladenen hätten 4 bis 5 weitere Personen in ähnlicher Weise für ihn gearbeitet.
Einen Vergleichsvorschlag des Sozialgerichts (Erlass von Säumniszuschlägen) lehnte der Kläger ab; die Forderung der Beklagten sei erfüllt, weswegen es ihm um Rückzahlung des Nachforderungsbetrags gehe.
Nachdem der Kläger abschließend geltend gemacht hatte, die Beklagte habe im Jahr 2009 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 durchgeführt und das Auftragsverhältnis zwischen ihm und dem Beigeladenen nicht beanstandet, wies das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 19.10.2012 ab. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, der Beigeladene habe während der streitigen Zeit für den Kläger als abhängig Beschäftigter gearbeitet. Seine Tätigkeit habe sich von der Tätigkeit der angestellten LKW-Fahrer des Klägers nicht unterschieden. Er habe die Aufträge regelmäßig gemeinsam mit einem Angestellten des Klägers ausgeführt. Die Fahrtrouten seien in Zusammenarbeit mit dem Kläger erstellt worden. Unerheblich sei, dass der Beigeladene die als Pauschallohn festgesetzte Vergütung durch Rechnung geltend gemacht habe und dass er Aufträge habe ablehnen dürfen. Ein Unternehmerrisiko habe der Beigeladene nicht getragen, insbesondere eigenes Kapital oder ein eigenes Fahrzeug nicht eingesetzt, die Fahrten vielmehr mit einem LKW des Klägers ausgeführt. Die Beklagte habe dem Kläger neben der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen zu Recht auch die Zahlung von Säumniszuschlägen aufgegeben. Bei der Einstufung der Tätigkeit des Beigeladenen als selbständige Erwerbstätigkeit habe der Kläger grob fahrlässig gehandelt, nachdem der Beigeladene zuvor für ihn als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer dieselbe Arbeitsleistung erbracht habe (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 12.12.2008, - L 4 R 3452/05 -).
Auf das ihm am 23.1.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.2.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Beigeladene habe im Jahr 2006 die Geschäftsidee des "Kraftfahrerleasings" (vgl. LSG Bayern, Urt. v. 29.3.2011, - L 8 AL 152/08 -) entwickelt und angeboten. Das Geschäftsmodell sehe vor, dass die Auftraggeber die persönliche und deswegen nicht kapitalintensive Dienstleistung des Beigeladenen gegen Entgelt in Anspruch nehmen könnten. Aufträge habe der Beigeladene nicht annehmen müssen und auch eigene Arbeitnehmer einsetzen dürfen. Davon habe er allerdings keinen Gebrauch gemacht, da sich sein Unternehmen in der Phase der Existenzgründung befunden habe. Der Beigeladene sei für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Sein Unternehmerrisiko habe darin bestanden, bei Arbeitsmangel kein Einkommen zu erzielen. Dies müsse für die Aufbauphase eines Unternehmens ausreichen. Auch auf das Vorhalten eines eigenen Fahrzeugs komme es nicht an. Der Beigeladene habe mit seinem Geschäftsmodell auf einen Mangel an qualifizierten Fahrern reagiert und sei als selbstständiger Unternehmer tätig gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19.10.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 27.1.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.9.2010 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger habe es unterlassen, ein Anfrageverfahren bzw. Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Da er Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten beschäftigt habe, habe er die Möglichkeit des Bestehens von Sozialversicherungspflicht für die Tätigkeit des Beigeladenen erkannt und die Nichtzahlung der Beiträge zumindest billigend in Kauf genommen. Deswegen seien Säumniszuschläge zu erheben. Das Urteil des LSG Bayern vom 29.3.2011 (- L 8 AL 142/08 -) betreffe die Rücknahme der Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses und sei hier nicht einschlägig, habe insbesondere das Geschäftsmodell eines "Kraftfahrerleasings" nicht bestätigt.
Der Beigeladene trägt vor, er habe selbständiger Unternehmer sein sollen und sei für mehrere Auftraggeber und auch im Bereich von Urlaubsvertretungen tätig gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Nachforderungsbetrag von 7.572,22 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte hat für die Tätigkeit des Beigeladenen nach Maßgabe der während des Prüfzeitraums (1.1.2006 bis 31.3.2007) geltenden Gesetzesbestimmungen zu Recht Sozialversicherungsbeiträge bzw. Umlagen zzgl. Säumniszuschlägen nachgefordert. Eine selbständige Erwerbstätigkeit hat entgegen der Auffassung des Klägers und des Beigeladenen nicht vorgelegen. Der Beigeladene hat beim Kläger vielmehr in einem zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigem bzw. beitragspflichtigem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
I. Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV; vgl. dazu zur Zuständigkeit für den Erlass von Nachforderungsbescheiden auch LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.2010, - L 11 R 2595/10 ER-B -).
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 24 SGB III, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 SGB XI setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung, wobei hier nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung von Belang ist, jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG; Beschl. v. 16.8.2010, - B 12 KR 100/09 B -). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urt. v. 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R -).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 29.8.2012, - B 12 KR 25/10 R -).
II. Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Beigeladene beim Kläger während der streitigen Zeit (1.1.2006 bis 31.3.2007) als LKW-Fahrer ausgeübt hat, als eine zu allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtige bzw. beitragspflichtige Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) einzustufen. Die Beklagte hat dem Kläger deswegen zu Recht gem. § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Nachzahlung der nicht abgeführten Beiträge und Umlagen (zzgl. Säumniszuschlägen) aufgegeben.
Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen im Unternehmen des Klägers als LKW-Fahrer (zu Fahrertätigkeiten auch Senatsurteil vom 20.3.2013, - L 5 KR 2587/12 -). Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Der Beigeladene hat (während der streitigen Zeiten) nicht als selbständiger (Sub-)Unternehmer, sondern als Arbeitnehmer des Klägers gearbeitet. Dass man eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht gewollt und keinen (schriftlichen) Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, ist unerheblich. Die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar; sie unterliegen nicht der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Die Vorenthaltung der (gesetzlichen) Arbeitnehmerrechte (wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz) macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer.
Der Beigeladene ist in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen und hat dort seine Arbeitsleistung als Fahrer zur Erfüllung der Transportaufträge erbracht, die der Kläger für seine Auftraggeber auszuführen hatte, aber insbesondere bei Auftragsspitzen oder in der Urlaubszeit mit fest angestellten Arbeitnehmern nicht hat ausführen können. Dabei hat er - wie ein Arbeitnehmer auf Abruf - fremdbestimmte Arbeit leisten müssen. Ins Gewicht fallende unternehmerische Freiheiten sind ihm nicht verblieben. Etwaige Freiheiten hinsichtlich der Gestaltung der Tätigkeit bzw. des Arbeitsorts und der Arbeitszeit haben für die konkrete Tätigkeit des Beigeladenen wenig praktische Bedeutung gehabt. Er hat die Transportfahrten wie die (übrigen) angestellten Fahrer des Klägers nach Maßgabe der Absprachen über die kürzeste oder billigste Route und nach Zeitvorgaben oder Vorgaben über die Zuladung von Beförderungsgut auf der Rückfahrt ausführen und über seine Arbeitsleistung Arbeitszeitnachweise führen müssen. Seine Arbeitsleistung hat sich damit von der gleichartigen Arbeitsleistung angestellter LKW-Fahrer und von der Arbeitsleistung, die er zuvor bis Ende 2005 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit dem Kläger erbracht hat, nicht wesentlich unterschieden.
Der Beigeladene ist als selbständiger Transportunternehmer am einschlägigen Markt (für Transportdienstleistungen) nicht aufgetreten und hat unternehmertypische Werbung für eine eigene Unternehmensleistung nicht betrieben. Leistungsangebote auf der Grundlage einer eigenständigen Preiskalkulation hat er nicht abgegeben, sondern für den Kläger gegen ein als Tageslohn (pauschal) festgelegtes Arbeitsentgelt gearbeitet. Dass er dieses durch Rechnungen geltend gemacht hat, betrifft formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend.
Der Beigeladene hat auch keine Tätigkeit verrichtet, deren Eigenart auf eine Leistungserbringung in freiem Unternehmertum hinweisen könnte (vgl. bspw. Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 R 5703/09 -: selbständiger Kameramann), sondern eine einfache, angelernte Arbeit erbracht, die typischerweise im arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der abhängigen Beschäftigung geleistet wird und zu leisten ist. Dem entspricht es, dass die wesentlichen Arbeits- und Betriebsmittel (das eigentliche Kapital) nicht dem Beigeladenen sondern dem Kläger zugeordnet sind. Dieser hat dem Beigeladenen einen LKW für die Durchführung der Transportfahrten zur Verfügung gestellt und auch die Kosten für Wartung und Betriebsstoff übernommen.
Ein Unternehmerrisiko hat der Beigeladene nicht getragen, mangels eigener Betriebsmittel vielmehr den LKW des Klägers genutzt, und auch weder Geschäfts- oder Büroräume unterhalten noch eigene Arbeitnehmer beschäftigt. Die Gewinnaussichten wie die Verlustrisiken des Unternehmers sind allein dem Kläger zugeordnet gewesen. Der Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen für sich allein begründet kein Unternehmerrisiko; hierfür fehlt es an korrespondierenden und tatsächlich auch bestehenden, nicht nur vorgespiegelten (unternehmerischen) Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012, - B 12 KR 24/10 R -). Die Anmeldung eines Gewerbes ist für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht ausschlaggebend. Eine Haftung für Mängel der Arbeitsleistung trifft (wenngleich) eingeschränkt auch Arbeitnehmer (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2011, - B 12 R 17/09 R -).
Ohne Belang ist schließlich, dass der Beigeladene für mehrere Unternehmen gearbeitet hat. Nach Maßgabe des allgemeinen Gebots der isolierten sozialversicherungsrechtlichen Betrachtung der im Einzelfall ausgeübten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urt. v. 4.11.2009, - B 12 R 7/08 R -) ist jede Tätigkeit gesondert zu beurteilen. Unter Würdigung aller Umstände bleibt es auch für den Senat bei dem Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen als LKW-Fahrer im Unternehmen des Klägers.
Auf die beanstandungsfreie Betriebsprüfung des Jahres 2009 kann sich der Kläger nicht berufen. Betriebsprüfungen dienen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten dem Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (vgl. Senatsurteil vom 13.4.2011, - L 5 R 1004/10 – m. w. N.).
Wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge erhoben. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB IV (unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht) sind nicht erfüllt (dazu und zum alle Fahrlässigkeitsgrade einschließenden Verschuldensbegriff des § 24 Abs. 2 SGB IV etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.3.2009, - L 16 R 49/08 - m. w. N.). Der Kläger hat seinerzeit (neben 2 Aushilfsfahrern) 10 fest angestellte LKW-Fahrer und bis unmittelbar vor Beginn der streitigen Zeit auch den Kläger als LKW-Fahrer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Ihm musste daher klar sein (und war nach Auffassung des Senats auch klar), dass die im Kern gleichartige Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer ab 1.1.2006 der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts (für beide Rechtszüge, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG) beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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