Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2655/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1118/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob es sich bei dem Ereignis vom 05.08.2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und ob eine Supraspinatussehnenruptur links Folge dieses Ereignisses ist.
Der 1943 geborene Kläger war selbstständiger Konditormeister. Wegen der Folgen eines Leitersturzes, u.a. eines Risses der Rotatorenmanschette rechts, bezieht der Kläger von der Beklagten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
Am 05.08.2006 gegen 08.30 Uhr war der Kläger damit beschäftigt, einen mit Teig gefüllten Maschinenkessel anzuheben, als er einen stechenden Schmerz in der linken Schulter verspürte. Der Durchgangsarzt, den der Kläger gegen 13.00 Uhr am selben Tag aufsuchte, äußerte den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur links bzw. auf eine proximale Bizepssehnenruptur und veranlasste eine weitere Abklärung mittels MRT. Er teilte mit, vorliegend handle es sich um keinen Unfall im Sinne des Gesetzes (DAB vom 05.08.2006).
Der Kläger führte unter dem 14.08.2006 ergänzend aus, er habe den Maschinenkessel der Rührmaschine mit einem Ruck aus der Maschine hoch auf den Arbeitstisch heben wollen. Beim Anheben sei ihm ein sehr schmerzhafter Stich in die linke Schulter gefahren. Der Arm sei eine Viertelstunde fast wie gelähmt und sehr schmerzhaft gewesen. Als die Schmerzen etwas nachgelassen hätten, habe er bis 12.00 Uhr weiter gearbeitet und sich dann zum Notarzt begeben.
Die am 07.08.2006 durchgeführte Kernspintomographie des linken Schultergelenks zeigte eine Muskelatrophie der Rotatorenmanschette, mäßige entzündliche Veränderungen ohne komplette Ruptur sowie eine Omarthrose (Arztbrief von Dr. W. vom 07.08.2006). Die am 10.08.2006 durchgeführte MR-CT-Arthrographie des linken Schultergelenks ergab eine komplette trans-tendinöse Ruptur der Rotatorenmanschette im Supraspinatusteil sowie ein Os acromiale. Eine Labrumläsion und eine Luxation der langen Bizepssehne wurden ausgeschlossen (Arztbrief von Dr. G. vom 11.08.2006).
Am 21.08.2006 stellte sich der Kläger bei dem Chirurgen Prof. Dr. H. vor, der ihn am 24.10.2006 operativ behandelte. Hierbei dokumentierte er folgende Befunde: Komplette Ruptur der Supraspinatussehne, die primär nicht mehr nachweisbar war, Bizepssehne erheblich partiell geschädigt, zweit- bis drittgradige Chondralschäden des Humeruskopfes und des Glenoids im Sinne einer beginnenden Omarthrose, nahezu komplett ruptierter Infraspinatus mit vollständig freiliegendem Humeruskopf, erhebliche Entzündung im Sinne einer Synovitis und Bursitis.
Die Beklagte ließ den Kläger von Dr. G., Sektionsleiter Sportorthopädie und Schulterchirurgie am Diakonie-Klinikum S., untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 17.01.2007 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter mit subjektiven Beschwerden fest und führte aus, die Beschwerden seien nicht auf das Ereignis vom 05.08.2006 zurückzuführen. Dieses Ereignis sei nicht als Unfall zu werten. Der Kläger habe seinen Angaben zufolge tagtäglich einen ähnlich schweren Teigkessel aus der Apparatur herausgenommen und auf den Tisch gestellt. Es habe sich somit um eine gewohnheitsmäßige willkürlich ausgeübte Tätigkeit gehandelt, die ohne störende, von außen einwirkende Einflussfaktoren durchgeführt worden sei. Beim Kläger habe zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 bereits ein schwerwiegender Rotatorenmanschettenschaden vorgelegen. Hierfür sprächen die Befunde in der Kernspintomographie wie ein Humeruskopfhochstand, eine Rotatorenmanschettenschädigung mit Retraktion der Sehne, eine Verfettung der Supra- und Infraspinatusmuskulatur sowie auch die Degeneration der langen Bizepssehne. Ein unfallbedingter Arbeitsunfall liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 22.02.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Entschädigungsleistungen für die bei ihm festgestellte Rotatorenmanschettenruptur im Bereich des linken Schultergelenks würden abgelehnt. Nach dem Gutachten von Dr. G. vom 17.01.2007 habe der Kläger keinen Unfall im Sinne des Gesetzes erlitten. Zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 habe bereits ein schwerwiegender Rotatorenmanschettenschaden vorgelegen. Das angeschuldigte Ereignis sei nicht geeignet, die Verletzung zu verursachen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.05.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und vorgetragen, bei dem Ereignis vom 05.08.2006 handle es sich um einen Arbeitsunfall. Dieses Ereignis habe auch zur Komplett-Ruptur der Supraspinatussehne geführt. Er hat einen Befundbericht des Chirurgen Dr. M. vom 23.05.2007 vorgelegt, der ausführt, am 20.07.2006 habe er beim Kläger die Diagnose eines leichten Impingement-Syndroms mit Bursitis subacromialis gestellt. Klinisch hätten keine Hinweise auf eine komplette Rotatorenmanschettenverletzung vorgelegen. Die Abduktion sei nur endgradig schmerzhaft gewesen. Der 0-Grad-Abduktions- sowie der 90-Grad-Haltetest seien kraftvoll möglich gewesen. Unter leichteren Beschwerden sei die Beweglichkeit der Schulter vollständig frei, jedoch endgradig schmerzhaft gewesen. Zum Untersuchungszeitpunkt habe klinisch eine komplette Rotatorenmanschettenverletzung ausgeschlossen werden können.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. H. vom 06.07.2009 vorgelegt, der darin u.a. ausführt, möglicherweise habe der Kläger aus rechtlicher Sicht ein Unfallereignis erlitten, als er ruckartig die 25 kg schwere Teigschüssel angehoben haben. Zu diesem Zeitpunkt habe nicht nur eine Schadensanlage, sondern bereits ein manifester Vorschaden bestanden. Wenige Tage vor dem Ereignis sei der Kläger wegen einer Schulterpro-blematik bereits in Behandlung gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei eine akute gravierende Schädigung der Rotatorenmanschette festgestellt worden. So hätten die kernspintomographischen Befunde keinen gravierenden Gelenkerguss, keine Einblutungen und keine anderweitigen Zeichen einer akuten substantiellen Schädigung erkennen lassen. Der dokumentierte Erstbefund entspreche nicht einmal einem akuten traumatischen Rotatorenmanschettenschaden, sondern einem degenerativen Schaden, der sich anlässlich des Ereignisses, dem nur der Stellenwert einer Gelegenheitsursache zukomme, gezeigt habe.
Das SG hat von Amts wegen ein Gutachten bei Prof. Dr. L., damals Leiter der Sektion für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der Orthopädischen Universitätsklinik H., und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. P., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chefarzt der S.klinik - Orthopädie, eingeholt.
Prof. Dr. L. ist im Gutachten vom 31.01.2008 zum Ergebnis gelangt, die Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Schulter seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Folgen schicksalhafter, alterungs- und verschleißbedingter Veränderungen sowie einer Anlagestörung im Bereich des Schulterdaches; dem Ereignis vom 05.08.2006 komme keine relevante Bedeutung für die Entstehung der Rotatorenmanschettenläsion zu. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 05.08.2006 und der wenige Tage später MR-tomographisch festgestellten Rotatorenmanschettenläsion sprächen 1. die angebliche Beschwerdefreiheit bis zum Zeitpunkt des Ereignisses und 2. das zeitliche Zusammentreffen zwischen Ereignis und Beschwerden. Gegen einen Zusammenhang und für die Annahme alterungs- und verschleißbedingter Veränderungen sprächen 1. die Röntgenaufnahmen der linken Schulter vom 08.08.2005 2. die Tatsache, dass der Untersuchte zwei Wochen vor dem Ereignis wegen Schulterbeschwerden in ärztlicher Behandlung gestanden habe 3. der für eine Zerreißung der Rotatorenmanschette nicht geeignete Verletzungsmechanismus, bei dem es zu keiner äußeren Gewalteinwirkung gekommen sei 4. das Fehlen äußerer Verletzungszeichen im Rahmen des Erstbefundes 5. der klinische Verlauf ohne dokumentierte massive Bewegungsstörungen 6. das Fehlen verletzungstypischer Veränderungen auf den Aufnahmen der initialen Kernspintomographie vom 20.08.2006 7. der röntgenologische Nachweis einer Schadensanlage in Form einer Verknöcherungsstörung im Bereich des Schulterdaches (Os acromiale) 8. die weite Rückbildung der Ober- und Untergrätensehne im Rahmen der operativen Versorgung vom 24.10.2006. Zusammenfassend sei mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Rotatorenmanschettenläsion bereits zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 vorgelegen habe. Bei dem Ereignis sei es lediglich zu einer Zerrung der Schulterweichteile gekommen. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die vorbestehende Läsion durch das Anheben des Teigkessels vergrößert worden sei. Vorstellbar sei, dass es durch die Handlung zu einer Akzentuierung der Beschwerden gekommen sei. Dies hätte jedoch auch ohne außergewöhnliche Kraftanstrengung zum gleichen Zeitpunkt und in vergleichbarem Ausmaß eintreten können.
Der Kläger hat einen Befundbericht über eine Untersuchung der linken Schulter vom 08.08.2005 vorgelegt (u.a. Impingement-Zeichen nach Neer positiv, nach Hawkins negativ; linksseitig kein Verdacht auf Rotatorenmanschetten-Läsion).
Dr. P. ist im Gutachten vom 05.08.2009 zum Ergebnis gelangt, ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 05.08.2006 und der Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter sei zu verneinen. Nach dem Ereignis vom 05.08.2006 habe auch keine Arbeitsunfähigkeit bestanden, da der Kläger trotz seiner Beschwerden sowohl unmittelbar nach dem Ereignis als auch nach der diagnostischen Abklärung weiter gearbeitet habe. Das kontrollierte Anheben des Teigkessels stelle keinen geeigneten Verletzungsmechanismus für die Auslösung einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur dar. Diese Annahme werde durch die Kernspintomogramme vom 07.08. und 10.08.2006 gestützt. Danach werde ein Hochstand des Humeruskopfes links mit bereits sichtbarer kompletter Rotatorenmanschettenruptur insbesondere im Bereich der Supraspinatussehne bei subacromialer Impingement-Situation beschrieben. Von besonderer Bedeutung sei zudem die Beschreibung einer fettigen Degeneration des Muskulus supraspinatus, die als Zeichen eines länger vorbestehenden degenerativen Vorschadens anerkannt sei. Gegen einen Zusammenhang spreche auch der intraoperative Befund vom 24.10.2006. So sei die Supraspinatussehne an der linken Schulter nicht mehr nachweisbar gewesen; die lange Bizepssehne werde als geschädigt beschrieben; es sei ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden bei fast freiliegendem Oberarmkopf (sogenannte Oberarmkopfglatze) beschrieben worden sowie eine retrahierte Sehne des Muskulus supraspinatus (Retraktionsgrad III). Auch der histopathologische Befund des intraoperativ entnommenen Sehnengewebes zeige ein vernarbtes tendinöses Gewebe mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit ausgeprägter degenerativer Tendopathie.
Mit Urteil vom 20.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zur Beurteilung der streitigen Verletzung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sprächen im Wesentlichen gegen einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang. Da Prof. Dr. L. und Dr. P. in Beurteilung der maßgebenden Gesichtspunkte zu einer übereinstimmenden Schlussfolgering gelangen, sehe das SG keine Anhaltspunkte, hiervon abzuweichen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 02.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, entgegen der vom SG vertretenen Auffassung stelle der Verletzungsmechanismus durch das Anheben des ca. 35 kg schweren Teigkessels (25 kg Teig, Kessel und Knethaken) zum einen einen Arbeitsunfall dar und zum anderen auch eine wesentliche Teilursache im sozialrechtlichen Sinne, sodass für den Anspruch die erforderlichen rechtlichen Grundvoraussetzungen, einschließlich der Kausalität, gegeben seien. So ließen sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. L. bereits eindeutige Faktoren entnehmen, die für das Vorliegen einer wesentlichen Teilursache in dem hier zu beurteilenden Anheben der Teigschüssel sprächen. So sei er bis zum Tag des Vorfalls, also bis zum 05.08.2006, im Bereich der linken Schulter weitestgehend beschwerdefrei gewesen, wie auch Prof. Dr. L. einräume. Ferner führe er aus, dass das zeitliche Zusammentreffen zwischen dem Anheben des Teigkessels und seinen Beschwerden für einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Dies werde durch die Aussage von Dr. M. vom 20.07.2006, der ihn kurz vor dem Vorfall untersucht habe, gestützt. Diesen Tatsachen halte das SG eine Reihe von Faktoren entgegen, die schließlich zu einer für ihn nachteiligen Entscheidung führen sollen. Grundlage hierfür seien die Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. P ... Jene Gutachten würdigten den vorliegenden Sachverhalt jedoch zu seinen Lasten nur unvollständig. Davon abgesehen ziehe das erstinstanzliche Gericht auch teilweise falsche Schlüsse aus den besagten Gutachten. So sei der histopathologische Befund der Universität H. vom 02.01.2007 nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden. Schon mit Schriftsatz vom 15.10.2008 habe er auf die unmittelbar nach dem Unfall festgestellten Fibrinexudationen hingewiesen, deren vermehrtes Auftreten in der medizinischen Literatur als Zeichen für ein akut traumatisches Ereignis beschrieben werde. Gutachterlich gerügt werde, dass sich die Ruptur vom 05.08.2006 nicht in Form eines Hämatoms geäußert habe. Nach allgemeinem medizinischen Kenntnisstand ziehe die Ruptur einer Sehne je nach Ort, Grad der Durchblutung usw. aber selbst bei einem Trauma gerade nicht begriffsnotwendig ein Hämatom nach sich. Dr. P. gehe ohne nähere Begründung von einer fettigen Degeneration des Muskulus Spuraspinatus aus, auf die sowohl er als auch das SG die Beurteilung maßgeblich stützten. Dabei bleibe völlig unbeachtet, dass Prof. Dr. H. in seinem Befund vom 29.08.2006 ausführe, dass keine wesentliche fettige Degeneration vorliege. Es werde pauschal auf einen vorhandenen Humeruskopfhochstand abgestellt; ein pathologischer Zustand liege jedoch erst bei einem Abstand zwischen den Knochen (Humeruskopf und Acromion) von 5 mm oder weniger vor. Am 08.08.2005 habe der Abstand zwischen Humeruskopf und Acromion jedoch noch 9,4 mm betragen. Schließlich fehle in beiden Gutachten auch eine Auseinandersetzung mit der für die Frage der Wesentlichkeit maßgeblichen Abgrenzung des vorliegenden Ereignisses zu einer schlichten Alltagsbelastung. Beim Herumwuchten des 35 kg schweren Teigkessels - einseitig mit dem linken Arm - habe für ihn gerade keine Alltagsbelastung, sondern eine außergewöhnliche Belastung mit einer für kurze Zeit extremen Beanspruchung des linken Schultergürtels bestanden. Durch das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 14.06.2010 würden die Unzulänglichkeiten der bisherigen Gutachten aufgezeigt und durch die neuesten medizinischen Erkenntnisse widerlegt. Der Kläger hat das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 14.06.2010 sowie eine Stellungnahme von diesem vom 24.01.2011 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2007 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 05. August 2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und die Gesundheitsstörungen des Klägers an der linken Schulter Folgen dieses Arbeitsunfalls sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert unter Vorlage beratungsärztlicher Stellungnahmen von Dr. H. vom 27.08.2010, 21.03.2011, 15.08.2011 und 07.11.2011, dem vorliegenden "Mustergutachten zur Rotatorenmanschette" von Prof. Dr. G. lägen die mathematisch-technischen Berechnungen eines bislang unveröffentlichten "biomechanischen Schultermodells" zugrunde. Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers habe der Geschäftsbereich Prävention der Beklagten unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers die bei dem Ereignis vom 05.08.2006 wirkenden Kräfte anhand des "biomechanischen Schultermodells" gemessen und berechnet. Das Berechnungsmodell sei u.a. zu dem Zweck entwickelt worden, die zu einer Supraspinatussehnenruptur führenden Beanspruchungen/Kräfte (als Grenzwerte) zu ermitteln und Strategien zur Vorbeugung bei Belastungen im alltäglichen Arbeitsleben zu entwickeln. Dieses "Mustergutachten" scheine der Kläger irrtümlicherweise als Zusammenhangsgutachten aufzufassen und zu verstehen. Das "Mustergutachten" entspreche inhaltlich nicht den Kriterien eines für die Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen maßgebenden - qualifizierten - Zusammenhanggutachtens, sondern beleuchte mit dem Ereignisablauf nur einen (Teil-)Aspekt, der bei der Gesamtwürdigung gegenüber den weiteren zu wertenden Gesichtspunkten allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Prof. Dr. G. komme in dem "Mustergutachten" aufgrund der im Modell herangezogenen Berechnungen zu dem Ergebnis, dass die aus einer Last von 35 kg wirkende Kraft bei dem vom Kläger geschilderten Hebe- und Bewegungsvorgang (generell) in der Lage sei, eine gesunde Supraspinatussehne isoliert zu zerreißen, sodass es nach seiner Ansicht auf die Frage, inwieweit die Belastbarkeit der Sehne durch die hier festgestellte degenerative Vorschädigung herabgesetzt sei, nicht ankomme. Der Kläger habe bei der Untersuchung durch Prof. Dr. L. mitgeteilt, dass er dem Ablauf vergleichbare Tätigkeiten, bei denen sein linker Arm stets das Hauptgewicht getragen habe, seit Jahren etwa einmal vierzehntägig ausführe. Lege man die aus dem "neuen biomechanischen Schultermodell" gefolgerte Aussage zugrunde, hätte die Supraspinatussehne bereits vor Jahren schon bei der ersten Tätigkeit mit den gleichen biomechanischen Bedingungen (zwingend) zerreißen müssen, sodass hier erhebliche Bedenken gegen die Annahme einer im Modell als Berechnungsgrundlage vorausgesetzten konstanten Durchschnittsbeschaffenheit einer Supraspinatussehne bestünden. Prof. Dr. G. führe in dem "Mustergutachten" weiter aus, dass sich nach dem Bericht über die Operation vom 13.11.2006 "mit der Gewebefasszange ein Anteil der Supraspinatussehne ... hervorziehen" ließe, d.h. diese "einem elastischen Gummiband vergleichbar" zusammengezogen, aber noch vorhanden gewesen sei. Da die Sehne nicht vollständig verschwunden gewesen sei, lasse sich die Annahme eines dem Unfallereignis vorangehenden Traumas anderer Art nicht belegen. Mit diesem Befund habe sich Prof. Dr. L. bereits umfassend und abwägend auseinandergesetzt und weise darauf hin, dass zwar ein Zurückziehen der Sehne mit einer "jüngeren" Zerreißung zu vereinbaren sei, nicht aber das im Operationsbericht zugleich festgestellte vollständige Verschwinden des Muskels, das eine zeitlich erheblich weiter zurückliegende Schädigung belege. Da zudem die MR-CT-Arthrographie der linken Schulter vom 10.08.2006 deutliche degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk (u.a. Humeruskopfhochstand) zeige und der histopathologische Befund vom 30.10.2006 eine ausgeprägte degenerative Tendopathie mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes ausweise, sprächen hier nach der abwägenden Bewertung von Prof. Dr. L. die überwiegenden Umstände gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rotatorenmanschettenläsion und dem Ereignis vom 05.08.2006. Die Gesamtschau von Prof. Dr. L. werde durch Dr. P. in dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten voll inhaltlich bestätigt.
Der Senat hat vom Pathologischen Institut des Universitätsklinikums H. den Bericht über die makroskopische und histologische Begutachtung vom 25.10.2006 beigezogen, der sich auch in dem vom Kläger beigezogenen blauen Hefter befindet, den der Kläger im Klageverfahren Dr. P. vorgelegt hatte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschlie-ßungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 5.8.2006 als Arbeitsunfall und auf Feststellung einer Rotatorenmanschettenruptur links als Folge dieses Arbeitsunfalls hat.
Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R – in Juris m.w.N.).
Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich- philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17= BSGE 96, 196-209).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger am Samstag dem 05.08.2006 – wie seit vielen Jahren – etwa einmal 14-tägig an einer Teigrührmaschine gearbeitet hat, in der Teig geknetet wurde. Als er den Maschinenkessel der Rührmaschine (Angaben vom 14.08.2006: Kessel mit Inhalt ca. 25 kg schwer; Angaben gegenüber Dr. G. am 15.01.2007: teiggefüllter Maschinenkessel ca. 30 kg; Angaben gegenüber Professor Dr. L. am 16.01.2008: 35 kg schwerer Kessel mit einem Henkel) aus einer Höhe von ca. 50 cm auf den daneben stehenden Arbeitstisch (Höhe 86 cm) stellen wollte, verspürte er plötzlich einen stechenden Schmerz in der linken Schulter. Irgendwelche Besonderheiten beim Anheben des Teigkessels am 05.08.2006 – wie Abgleiten, Auffangen, Gleichgewicht verloren – hat der Kläger weder in der Unfallschilderung vom 14.08.2008 angegeben noch anlässlich der gutachterlichen Untersuchungen bei Dr. G. am 15.01.2007, Professor Dr. L. am 16.01.2008 und auch nicht bei Dr. P. am 02.06.2009 geschildert. Deswegen geht der Senat – wie Professor Dr. L. und Dr. P. – davon aus, dass es sich am 05.08.2006 um eine willentliche und geplante Kraftanstrengung gehandelt hat, die der Kläger regelmäßig alle 14 Tage ausgeführt hat und die eine berufstypische ständig wiederkehrende Belastung darstellt.
Des Weiteren stellt der Senat – aufgrund der Angaben des Klägers in der Unfallschilderung vom 14.08.2006 – fest, dass der Kläger, wenn auch unter Mithilfe seiner Frau, am 05.08.2006 nach dem Schmerzereignis von 8:30 Uhr und einer schmerzbedingten Unterbrechung von 15 bzw. 30 Minuten (Angaben vom 14.08.2006: Lähmung von 15 Minuten; Angaben gegenüber Dr. G. am 15.01.2007: Pause von 30 Minuten) bis 12:00 Uhr weitergearbeitet hat. Außerdem war der Kläger nach dem Ereignis vom 05.08.2006 und auch nach der diagnostischen Abklärung weiter als Konditormeister tätig und hat erst – aus beruflichen Gründen – am 24.10.2006 die operative Behandlung der linken Schulter durchführen lassen.
Der Senat stellt darüber hinaus fest, dass der damals 62-jährige Kläger vor dem Ereignis vom 05.08.2006 schon am 20.07.2006 Beschwerden im Bereich der linken Schulter ("Muskelkater in der linken Schulter") hatte und der Chirurg Dr. M. beim Kläger am 20.07.2006 eine endgradig schmerzhafte Beweglichkeit der linken Schulter festgestellt und ein leichtes Impingement-Syndrom mit Bursitis subacromialis diagnostiziert hatte.
Des Weiteren ist für den Senat aufgrund des DAB vom 05.08.2006 und des Zwischenberichts von Dr. M. vom 7.8.2006 nachgewiesen, dass beim Kläger am 05.08.2006 ein Druckschmerz ventral an der linken Schulter bestand und die Beweglichkeit schmerzhaft war. Eine Delle sowie ein DMS peripher waren nicht vorhanden. Bei der Untersuchung am 07.08.2006 bestand eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter, wobei die Abduktion bis 160° möglich, wenn auch kraftgemindert und schmerzhaft, war (schmerzhafter Bereich zwischen 70 und 140°). Äußerliche Verletzungszeichen, die für eine gewaltsame Zerreißung der Sehne sprechen würden, wurden nicht festgestellt. So wurden weder vom Durchgangsarzt noch von Dr. M. Schwellungen und Blutergüsse im Bereich der Schulterweichteile und der Oberarme beschrieben. Aus den von ihnen mitgeteilten Befunden ist auch nicht zu entnehmen, dass der Kläger über Tage nicht mehr in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv nach vorne oder seitlich abzuspreizen; ein Drop-Arm-Zeichen lag ebenfalls nicht vor. Vielmehr war beim Kläger, wie oben dargelegt, lediglich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung vorhanden, wobei bei der Untersuchung durch Dr. M. am 7.8.2006 sogar noch eine Abduktion bis 160° möglich war. Darüber hinaus hat der Kläger seine körperlich belastende Tätigkeit als Konditormeister auch noch nach dem 5.8.2006 bis zu der operativen Behandlung am 24.10.2006 ca. 2,5 Monate fortgeführt.
Aufgrund der Arztbriefe der Radiologen Dr. W. vom 07.08.2006 und Dr. G. vom 11.08.2008 über die Kernspintomographie und die MR-CT-Arthrographie des linken Schultergelenks ist für den Senat nachgewiesen, dass beim Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Omarthrose (degeneratives Verschleißleiden) der linken Schulter, mäßige degenerative Veränderungen im AC-Gelenk, ein Os acromiale, ein Humeruskopfhochstand sowie eine fettige Degeneration des M. supraspinatus vorlagen.
Intraoperativ zeigte sich eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne, die primär prima vista in keiner Weise mehr nachweisbar war, eine erhebliche partielle Schädigung der Bizepssehne, ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden des Humeruskopfes und des Glenoids, ein nahezu komplett ruptierter Infraspinatus mit vollständig frei liegendem Oberarmkopf (sog. Kopfglatze), eine erhebliche Entzündung im Sinne einer Synovitis und Bursitis sowie eine deutlich retrahierte Sehne des M. supraspinatus.
Der makroskopische und histologische Befund vom 25.10.2006 ergab vernarbtes tendosyno-viales und tendinöses Gewebe mit Zustand nach vorangegangenen Fibrinexsudationen sowie zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit Zeichen einer deutlich ausgeprägte degenerativen Tendopathie.
Ausgehend von diesen Feststellungen, der Gesamtwürdigung der Gutachten von Dr. G., Professor Dr. L. und Dr. P. sowie unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 409 ff.) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Rotatorenmanschettenruptur links nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 5.8.2006, das Anheben der Teigschüssel, zurückzuführen ist.
Nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, den im Ergebnis übereinstimmenden Ausführungen von Dr. G., dessen Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, von Professor Dr. L., von Dr. P. sowie von Dr. H., dessen beratungsärztliche Stellungnahmen als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden, sowie unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,a.a.O., Seite 412 ff.) sprechen folgende Umstände gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der Rotatorenmanschettenruptur links und dem Ereignis vom 05.08.2006: &61607; Die fehlende äußere Gewalteinwirkung auf die linke Schulter bzw. der für eine Zerreißung der Rotatorenmanschette (nach der unfallmedizinischen Literatur und den Ausführungen der Sachverständigen) nicht geeignete Verletzungsmechanismus. &61607; Das Fehlen äußerer Verletzungszeichen im Rahmen des Erstbefundes (Schwellungen und Blutergüsse im Bereich der Schulterweichteile und des Oberarms). &61607; Der klinische Verlauf ohne dokumentierte massive Bewegungsstörungen, da der Kläger am 07.08.2006 in der Lage war, den Arm bis 160° zu abduzieren. Ein Drop-Arm-Zeichen lag nicht vor. &61607; Das Fehlen von verletzungsspezifischen Veränderungen auf den Kernspintomographien. &61607; Der röntgenologische Nachweis einer Verknöcherungsstörung im Bereich des Schulterdaches (Os acromiale). &61607; Die Weiterarbeit bis zur Operation am 24.10.2006. &61607; Die weitere Rückbildung der Ober- und Untergerätensehne (Supraspinatus- und Infra-spinatussehne) im Rahmen der operativen Versorgung am 24.10.2006. &61607; Der histologische Befund mit vernarbtem tendosynovialen und tendinösen Gewebe mit Nachweis zahlreicher Einrisse des tendinösen Gewebes und einer deutlich ausgeprägten degenerativen Tendopathie sowie beginnender Destruktion des Gelenkknochens. &61607; Vorbestehende Beschwerden im Bereich der linken Schulter am 20.07.2006. &61607; Diagnose eines leichten Impingementsyndroms mit Bursitis subacromialis am 20.07.2006. &61607; Röntgenaufnahmen der linken Schulter vom 08.08.2005 mit mäßiger Omarthrose und einem leichten bis mäßigen Humeruskopfhochstand.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass das Anheben des Teigkessels eine wesentliche Teilursache für die Rotatorenmanschettenruptur sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Allein das Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhangs der Ruptur mit der beruflichen Tätigkeit reicht nicht aus, um einen Kausalzusammenhang zu begründen. Entgegen seinem Vortrag war der Kläger bis zum 05.08.2006 auch nicht (weitgehend) beschwerdefrei, zumal er immerhin wegen Schulterbeschwerden links einen Arzt, Dr. M., aufgesucht und dieser ein leichtes Impingementsyndrom mit Bursitis acromialis am 20.07.2006 diagnostiziert hat. Der histologische Befund (vernarbtes tendinöses Gewebe mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit ausgeprägter degenerativer Tendopathie) spricht – wie Dr. P. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat – gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur und für ein degeneratives Geschehen. Die fettige Degeneration des M. supraspinatus ergibt sich aus der Befundung der MR-CT-Arthrographie der linken Schulter vom 11.08.2006. Soweit Professor Dr. H. die fettige Degeneration im Befundbericht vom 29.08.2006 als nicht wesentlich bezeichnet, verneint er damit das Vorliegen einer solchen nicht. Unerheblich ist auch, welches Ausmaß der Humeruskopfhochstand am 08.08.2005, ca. ein Jahr vor dem streitigen Ereignis, hatte; entscheidend ist, dass ein solcher schon damals vorgelegen hat.
Durch das "Mustergutachten" von Professor Dr. G. vom 14.06.2010 und seine Stellungnahme vom 24.01.2011 sieht der Senat weder die Ausführungen in den Gutachten von Professor Dr. L. und Dr. P. noch die Erkenntnisse der unfallmedizinischen Literatur als erschüttert und erst recht nicht als widerlegt an. Zum einen beschäftigt sich Professor Dr. G. in seinem Gutachten, in dem die Kraft-, Bewegungs- und Zeitabläufe aufgrund von Berechnungen quantifiziert werden sollen, nur mit der Frage, welche Kräfte geeignet sein sollen, eine Ruptur einer (auch gesunden) Sehne hervorzurufen. Soweit er jedoch zum Ergebnis gelangt, der vom Kläger geschilderte Ablauf des Hebens des Teigkessels stelle eine unphysiologische exzentrische Belastung der Rotatorenmanschetten dar, weswegen das Argument, dass es sich um eine berufstypische und altersübliche Belastung (kontrolliertes Anheben eines Rührteigkessels) handele, durch die Messungen, Analysen und biomechanischen Ablaufuntersuchungen widerlegt sei, überzeugt dies den Senat nicht. Denn Professor Dr. G. begründet dadurch nicht, warum es in den vielen Jahren zuvor – trotz Summation der Einwirkungen – nicht zu einer Ruptur der Supraspinatussehne gekommen ist, sondern erst – nach vielen Malen – am 05.08.2006. Soweit er ausführt (Seite 41), der Kraftaufwand sei nicht jeden Tag gleich; es gebe günstige, optimale Kraft-/Zeitverläufe, weswegen die Sehnen jahrelang nicht ruptierten, und andererseits ungünstige Fall-Bremskräfte, wie beispielsweise Abgleiten, Auffangen, Gleichgewicht verlieren, fehlt es an jeglichem Anhalt, dass am 05.08.2006 besonders ungünstige Kräfte vorgelegen haben. Außerdem berücksichtigt er dabei nicht, dass die Rotatorenmanschette im hohen Maße der Degeneration unterliegt und nach dem 60. Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit eines Rotatorendefekts rasch ansteigt und je nach Studie, Alter u.a. nach dem 60. Lebensjahr zwischen 20 und 100 % liegt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 410), wobei der Kläger im Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 kurz vor Vollendung seines 63. Lebensjahres stand.
Der Senat hat auch kein Anlass gesehen, Professor Dr. L., Dr. P. und Professor Dr. G. in die mündliche Verhandlung zu laden. Den Antrag auf Anhörung von Professor Dr. L. und Dr. P., die im erstinstanzlichen Verfahren als Sachverständige gehört worden sind, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG – ausweislich der Niederschrift des SG vom 08.12.2010 – nicht gestellt. Darüber hinaus hat er schon zuvor (im Schriftsatz vom 30.10.2009) den Fragenkomplex nicht konkret umschrieben, zu dem die Sachverständigen gehört werden sollten. Angesichts dessen hat das SG im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt, der Kläger habe schon nicht dargelegt, aus welchen Gründen bzw. zu welchen Punkten die Sachverständigen nochmals gehört werden sollten. Solche Gründe vermag auch der Senat nicht zu erkennen.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers müsste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob es sich bei dem Ereignis vom 05.08.2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und ob eine Supraspinatussehnenruptur links Folge dieses Ereignisses ist.
Der 1943 geborene Kläger war selbstständiger Konditormeister. Wegen der Folgen eines Leitersturzes, u.a. eines Risses der Rotatorenmanschette rechts, bezieht der Kläger von der Beklagten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
Am 05.08.2006 gegen 08.30 Uhr war der Kläger damit beschäftigt, einen mit Teig gefüllten Maschinenkessel anzuheben, als er einen stechenden Schmerz in der linken Schulter verspürte. Der Durchgangsarzt, den der Kläger gegen 13.00 Uhr am selben Tag aufsuchte, äußerte den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur links bzw. auf eine proximale Bizepssehnenruptur und veranlasste eine weitere Abklärung mittels MRT. Er teilte mit, vorliegend handle es sich um keinen Unfall im Sinne des Gesetzes (DAB vom 05.08.2006).
Der Kläger führte unter dem 14.08.2006 ergänzend aus, er habe den Maschinenkessel der Rührmaschine mit einem Ruck aus der Maschine hoch auf den Arbeitstisch heben wollen. Beim Anheben sei ihm ein sehr schmerzhafter Stich in die linke Schulter gefahren. Der Arm sei eine Viertelstunde fast wie gelähmt und sehr schmerzhaft gewesen. Als die Schmerzen etwas nachgelassen hätten, habe er bis 12.00 Uhr weiter gearbeitet und sich dann zum Notarzt begeben.
Die am 07.08.2006 durchgeführte Kernspintomographie des linken Schultergelenks zeigte eine Muskelatrophie der Rotatorenmanschette, mäßige entzündliche Veränderungen ohne komplette Ruptur sowie eine Omarthrose (Arztbrief von Dr. W. vom 07.08.2006). Die am 10.08.2006 durchgeführte MR-CT-Arthrographie des linken Schultergelenks ergab eine komplette trans-tendinöse Ruptur der Rotatorenmanschette im Supraspinatusteil sowie ein Os acromiale. Eine Labrumläsion und eine Luxation der langen Bizepssehne wurden ausgeschlossen (Arztbrief von Dr. G. vom 11.08.2006).
Am 21.08.2006 stellte sich der Kläger bei dem Chirurgen Prof. Dr. H. vor, der ihn am 24.10.2006 operativ behandelte. Hierbei dokumentierte er folgende Befunde: Komplette Ruptur der Supraspinatussehne, die primär nicht mehr nachweisbar war, Bizepssehne erheblich partiell geschädigt, zweit- bis drittgradige Chondralschäden des Humeruskopfes und des Glenoids im Sinne einer beginnenden Omarthrose, nahezu komplett ruptierter Infraspinatus mit vollständig freiliegendem Humeruskopf, erhebliche Entzündung im Sinne einer Synovitis und Bursitis.
Die Beklagte ließ den Kläger von Dr. G., Sektionsleiter Sportorthopädie und Schulterchirurgie am Diakonie-Klinikum S., untersuchen. Dieser stellte beim Kläger im Gutachten vom 17.01.2007 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter mit subjektiven Beschwerden fest und führte aus, die Beschwerden seien nicht auf das Ereignis vom 05.08.2006 zurückzuführen. Dieses Ereignis sei nicht als Unfall zu werten. Der Kläger habe seinen Angaben zufolge tagtäglich einen ähnlich schweren Teigkessel aus der Apparatur herausgenommen und auf den Tisch gestellt. Es habe sich somit um eine gewohnheitsmäßige willkürlich ausgeübte Tätigkeit gehandelt, die ohne störende, von außen einwirkende Einflussfaktoren durchgeführt worden sei. Beim Kläger habe zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 bereits ein schwerwiegender Rotatorenmanschettenschaden vorgelegen. Hierfür sprächen die Befunde in der Kernspintomographie wie ein Humeruskopfhochstand, eine Rotatorenmanschettenschädigung mit Retraktion der Sehne, eine Verfettung der Supra- und Infraspinatusmuskulatur sowie auch die Degeneration der langen Bizepssehne. Ein unfallbedingter Arbeitsunfall liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 22.02.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Entschädigungsleistungen für die bei ihm festgestellte Rotatorenmanschettenruptur im Bereich des linken Schultergelenks würden abgelehnt. Nach dem Gutachten von Dr. G. vom 17.01.2007 habe der Kläger keinen Unfall im Sinne des Gesetzes erlitten. Zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 habe bereits ein schwerwiegender Rotatorenmanschettenschaden vorgelegen. Das angeschuldigte Ereignis sei nicht geeignet, die Verletzung zu verursachen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.05.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und vorgetragen, bei dem Ereignis vom 05.08.2006 handle es sich um einen Arbeitsunfall. Dieses Ereignis habe auch zur Komplett-Ruptur der Supraspinatussehne geführt. Er hat einen Befundbericht des Chirurgen Dr. M. vom 23.05.2007 vorgelegt, der ausführt, am 20.07.2006 habe er beim Kläger die Diagnose eines leichten Impingement-Syndroms mit Bursitis subacromialis gestellt. Klinisch hätten keine Hinweise auf eine komplette Rotatorenmanschettenverletzung vorgelegen. Die Abduktion sei nur endgradig schmerzhaft gewesen. Der 0-Grad-Abduktions- sowie der 90-Grad-Haltetest seien kraftvoll möglich gewesen. Unter leichteren Beschwerden sei die Beweglichkeit der Schulter vollständig frei, jedoch endgradig schmerzhaft gewesen. Zum Untersuchungszeitpunkt habe klinisch eine komplette Rotatorenmanschettenverletzung ausgeschlossen werden können.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. H. vom 06.07.2009 vorgelegt, der darin u.a. ausführt, möglicherweise habe der Kläger aus rechtlicher Sicht ein Unfallereignis erlitten, als er ruckartig die 25 kg schwere Teigschüssel angehoben haben. Zu diesem Zeitpunkt habe nicht nur eine Schadensanlage, sondern bereits ein manifester Vorschaden bestanden. Wenige Tage vor dem Ereignis sei der Kläger wegen einer Schulterpro-blematik bereits in Behandlung gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei eine akute gravierende Schädigung der Rotatorenmanschette festgestellt worden. So hätten die kernspintomographischen Befunde keinen gravierenden Gelenkerguss, keine Einblutungen und keine anderweitigen Zeichen einer akuten substantiellen Schädigung erkennen lassen. Der dokumentierte Erstbefund entspreche nicht einmal einem akuten traumatischen Rotatorenmanschettenschaden, sondern einem degenerativen Schaden, der sich anlässlich des Ereignisses, dem nur der Stellenwert einer Gelegenheitsursache zukomme, gezeigt habe.
Das SG hat von Amts wegen ein Gutachten bei Prof. Dr. L., damals Leiter der Sektion für Schulter- und Ellenbogenchirurgie der Orthopädischen Universitätsklinik H., und auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. P., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chefarzt der S.klinik - Orthopädie, eingeholt.
Prof. Dr. L. ist im Gutachten vom 31.01.2008 zum Ergebnis gelangt, die Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Schulter seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Folgen schicksalhafter, alterungs- und verschleißbedingter Veränderungen sowie einer Anlagestörung im Bereich des Schulterdaches; dem Ereignis vom 05.08.2006 komme keine relevante Bedeutung für die Entstehung der Rotatorenmanschettenläsion zu. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 05.08.2006 und der wenige Tage später MR-tomographisch festgestellten Rotatorenmanschettenläsion sprächen 1. die angebliche Beschwerdefreiheit bis zum Zeitpunkt des Ereignisses und 2. das zeitliche Zusammentreffen zwischen Ereignis und Beschwerden. Gegen einen Zusammenhang und für die Annahme alterungs- und verschleißbedingter Veränderungen sprächen 1. die Röntgenaufnahmen der linken Schulter vom 08.08.2005 2. die Tatsache, dass der Untersuchte zwei Wochen vor dem Ereignis wegen Schulterbeschwerden in ärztlicher Behandlung gestanden habe 3. der für eine Zerreißung der Rotatorenmanschette nicht geeignete Verletzungsmechanismus, bei dem es zu keiner äußeren Gewalteinwirkung gekommen sei 4. das Fehlen äußerer Verletzungszeichen im Rahmen des Erstbefundes 5. der klinische Verlauf ohne dokumentierte massive Bewegungsstörungen 6. das Fehlen verletzungstypischer Veränderungen auf den Aufnahmen der initialen Kernspintomographie vom 20.08.2006 7. der röntgenologische Nachweis einer Schadensanlage in Form einer Verknöcherungsstörung im Bereich des Schulterdaches (Os acromiale) 8. die weite Rückbildung der Ober- und Untergrätensehne im Rahmen der operativen Versorgung vom 24.10.2006. Zusammenfassend sei mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Rotatorenmanschettenläsion bereits zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 vorgelegen habe. Bei dem Ereignis sei es lediglich zu einer Zerrung der Schulterweichteile gekommen. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die vorbestehende Läsion durch das Anheben des Teigkessels vergrößert worden sei. Vorstellbar sei, dass es durch die Handlung zu einer Akzentuierung der Beschwerden gekommen sei. Dies hätte jedoch auch ohne außergewöhnliche Kraftanstrengung zum gleichen Zeitpunkt und in vergleichbarem Ausmaß eintreten können.
Der Kläger hat einen Befundbericht über eine Untersuchung der linken Schulter vom 08.08.2005 vorgelegt (u.a. Impingement-Zeichen nach Neer positiv, nach Hawkins negativ; linksseitig kein Verdacht auf Rotatorenmanschetten-Läsion).
Dr. P. ist im Gutachten vom 05.08.2009 zum Ergebnis gelangt, ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 05.08.2006 und der Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter sei zu verneinen. Nach dem Ereignis vom 05.08.2006 habe auch keine Arbeitsunfähigkeit bestanden, da der Kläger trotz seiner Beschwerden sowohl unmittelbar nach dem Ereignis als auch nach der diagnostischen Abklärung weiter gearbeitet habe. Das kontrollierte Anheben des Teigkessels stelle keinen geeigneten Verletzungsmechanismus für die Auslösung einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur dar. Diese Annahme werde durch die Kernspintomogramme vom 07.08. und 10.08.2006 gestützt. Danach werde ein Hochstand des Humeruskopfes links mit bereits sichtbarer kompletter Rotatorenmanschettenruptur insbesondere im Bereich der Supraspinatussehne bei subacromialer Impingement-Situation beschrieben. Von besonderer Bedeutung sei zudem die Beschreibung einer fettigen Degeneration des Muskulus supraspinatus, die als Zeichen eines länger vorbestehenden degenerativen Vorschadens anerkannt sei. Gegen einen Zusammenhang spreche auch der intraoperative Befund vom 24.10.2006. So sei die Supraspinatussehne an der linken Schulter nicht mehr nachweisbar gewesen; die lange Bizepssehne werde als geschädigt beschrieben; es sei ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden bei fast freiliegendem Oberarmkopf (sogenannte Oberarmkopfglatze) beschrieben worden sowie eine retrahierte Sehne des Muskulus supraspinatus (Retraktionsgrad III). Auch der histopathologische Befund des intraoperativ entnommenen Sehnengewebes zeige ein vernarbtes tendinöses Gewebe mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit ausgeprägter degenerativer Tendopathie.
Mit Urteil vom 20.01.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die zur Beurteilung der streitigen Verletzung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sprächen im Wesentlichen gegen einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang. Da Prof. Dr. L. und Dr. P. in Beurteilung der maßgebenden Gesichtspunkte zu einer übereinstimmenden Schlussfolgering gelangen, sehe das SG keine Anhaltspunkte, hiervon abzuweichen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 02.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.03.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, entgegen der vom SG vertretenen Auffassung stelle der Verletzungsmechanismus durch das Anheben des ca. 35 kg schweren Teigkessels (25 kg Teig, Kessel und Knethaken) zum einen einen Arbeitsunfall dar und zum anderen auch eine wesentliche Teilursache im sozialrechtlichen Sinne, sodass für den Anspruch die erforderlichen rechtlichen Grundvoraussetzungen, einschließlich der Kausalität, gegeben seien. So ließen sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. L. bereits eindeutige Faktoren entnehmen, die für das Vorliegen einer wesentlichen Teilursache in dem hier zu beurteilenden Anheben der Teigschüssel sprächen. So sei er bis zum Tag des Vorfalls, also bis zum 05.08.2006, im Bereich der linken Schulter weitestgehend beschwerdefrei gewesen, wie auch Prof. Dr. L. einräume. Ferner führe er aus, dass das zeitliche Zusammentreffen zwischen dem Anheben des Teigkessels und seinen Beschwerden für einen ursächlichen Zusammenhang spreche. Dies werde durch die Aussage von Dr. M. vom 20.07.2006, der ihn kurz vor dem Vorfall untersucht habe, gestützt. Diesen Tatsachen halte das SG eine Reihe von Faktoren entgegen, die schließlich zu einer für ihn nachteiligen Entscheidung führen sollen. Grundlage hierfür seien die Gutachten von Prof. Dr. L. und Dr. P ... Jene Gutachten würdigten den vorliegenden Sachverhalt jedoch zu seinen Lasten nur unvollständig. Davon abgesehen ziehe das erstinstanzliche Gericht auch teilweise falsche Schlüsse aus den besagten Gutachten. So sei der histopathologische Befund der Universität H. vom 02.01.2007 nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden. Schon mit Schriftsatz vom 15.10.2008 habe er auf die unmittelbar nach dem Unfall festgestellten Fibrinexudationen hingewiesen, deren vermehrtes Auftreten in der medizinischen Literatur als Zeichen für ein akut traumatisches Ereignis beschrieben werde. Gutachterlich gerügt werde, dass sich die Ruptur vom 05.08.2006 nicht in Form eines Hämatoms geäußert habe. Nach allgemeinem medizinischen Kenntnisstand ziehe die Ruptur einer Sehne je nach Ort, Grad der Durchblutung usw. aber selbst bei einem Trauma gerade nicht begriffsnotwendig ein Hämatom nach sich. Dr. P. gehe ohne nähere Begründung von einer fettigen Degeneration des Muskulus Spuraspinatus aus, auf die sowohl er als auch das SG die Beurteilung maßgeblich stützten. Dabei bleibe völlig unbeachtet, dass Prof. Dr. H. in seinem Befund vom 29.08.2006 ausführe, dass keine wesentliche fettige Degeneration vorliege. Es werde pauschal auf einen vorhandenen Humeruskopfhochstand abgestellt; ein pathologischer Zustand liege jedoch erst bei einem Abstand zwischen den Knochen (Humeruskopf und Acromion) von 5 mm oder weniger vor. Am 08.08.2005 habe der Abstand zwischen Humeruskopf und Acromion jedoch noch 9,4 mm betragen. Schließlich fehle in beiden Gutachten auch eine Auseinandersetzung mit der für die Frage der Wesentlichkeit maßgeblichen Abgrenzung des vorliegenden Ereignisses zu einer schlichten Alltagsbelastung. Beim Herumwuchten des 35 kg schweren Teigkessels - einseitig mit dem linken Arm - habe für ihn gerade keine Alltagsbelastung, sondern eine außergewöhnliche Belastung mit einer für kurze Zeit extremen Beanspruchung des linken Schultergürtels bestanden. Durch das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 14.06.2010 würden die Unzulänglichkeiten der bisherigen Gutachten aufgezeigt und durch die neuesten medizinischen Erkenntnisse widerlegt. Der Kläger hat das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 14.06.2010 sowie eine Stellungnahme von diesem vom 24.01.2011 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2007 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 05. August 2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat und die Gesundheitsstörungen des Klägers an der linken Schulter Folgen dieses Arbeitsunfalls sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert unter Vorlage beratungsärztlicher Stellungnahmen von Dr. H. vom 27.08.2010, 21.03.2011, 15.08.2011 und 07.11.2011, dem vorliegenden "Mustergutachten zur Rotatorenmanschette" von Prof. Dr. G. lägen die mathematisch-technischen Berechnungen eines bislang unveröffentlichten "biomechanischen Schultermodells" zugrunde. Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers habe der Geschäftsbereich Prävention der Beklagten unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers die bei dem Ereignis vom 05.08.2006 wirkenden Kräfte anhand des "biomechanischen Schultermodells" gemessen und berechnet. Das Berechnungsmodell sei u.a. zu dem Zweck entwickelt worden, die zu einer Supraspinatussehnenruptur führenden Beanspruchungen/Kräfte (als Grenzwerte) zu ermitteln und Strategien zur Vorbeugung bei Belastungen im alltäglichen Arbeitsleben zu entwickeln. Dieses "Mustergutachten" scheine der Kläger irrtümlicherweise als Zusammenhangsgutachten aufzufassen und zu verstehen. Das "Mustergutachten" entspreche inhaltlich nicht den Kriterien eines für die Prüfung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen maßgebenden - qualifizierten - Zusammenhanggutachtens, sondern beleuchte mit dem Ereignisablauf nur einen (Teil-)Aspekt, der bei der Gesamtwürdigung gegenüber den weiteren zu wertenden Gesichtspunkten allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Prof. Dr. G. komme in dem "Mustergutachten" aufgrund der im Modell herangezogenen Berechnungen zu dem Ergebnis, dass die aus einer Last von 35 kg wirkende Kraft bei dem vom Kläger geschilderten Hebe- und Bewegungsvorgang (generell) in der Lage sei, eine gesunde Supraspinatussehne isoliert zu zerreißen, sodass es nach seiner Ansicht auf die Frage, inwieweit die Belastbarkeit der Sehne durch die hier festgestellte degenerative Vorschädigung herabgesetzt sei, nicht ankomme. Der Kläger habe bei der Untersuchung durch Prof. Dr. L. mitgeteilt, dass er dem Ablauf vergleichbare Tätigkeiten, bei denen sein linker Arm stets das Hauptgewicht getragen habe, seit Jahren etwa einmal vierzehntägig ausführe. Lege man die aus dem "neuen biomechanischen Schultermodell" gefolgerte Aussage zugrunde, hätte die Supraspinatussehne bereits vor Jahren schon bei der ersten Tätigkeit mit den gleichen biomechanischen Bedingungen (zwingend) zerreißen müssen, sodass hier erhebliche Bedenken gegen die Annahme einer im Modell als Berechnungsgrundlage vorausgesetzten konstanten Durchschnittsbeschaffenheit einer Supraspinatussehne bestünden. Prof. Dr. G. führe in dem "Mustergutachten" weiter aus, dass sich nach dem Bericht über die Operation vom 13.11.2006 "mit der Gewebefasszange ein Anteil der Supraspinatussehne ... hervorziehen" ließe, d.h. diese "einem elastischen Gummiband vergleichbar" zusammengezogen, aber noch vorhanden gewesen sei. Da die Sehne nicht vollständig verschwunden gewesen sei, lasse sich die Annahme eines dem Unfallereignis vorangehenden Traumas anderer Art nicht belegen. Mit diesem Befund habe sich Prof. Dr. L. bereits umfassend und abwägend auseinandergesetzt und weise darauf hin, dass zwar ein Zurückziehen der Sehne mit einer "jüngeren" Zerreißung zu vereinbaren sei, nicht aber das im Operationsbericht zugleich festgestellte vollständige Verschwinden des Muskels, das eine zeitlich erheblich weiter zurückliegende Schädigung belege. Da zudem die MR-CT-Arthrographie der linken Schulter vom 10.08.2006 deutliche degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk (u.a. Humeruskopfhochstand) zeige und der histopathologische Befund vom 30.10.2006 eine ausgeprägte degenerative Tendopathie mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes ausweise, sprächen hier nach der abwägenden Bewertung von Prof. Dr. L. die überwiegenden Umstände gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Rotatorenmanschettenläsion und dem Ereignis vom 05.08.2006. Die Gesamtschau von Prof. Dr. L. werde durch Dr. P. in dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten voll inhaltlich bestätigt.
Der Senat hat vom Pathologischen Institut des Universitätsklinikums H. den Bericht über die makroskopische und histologische Begutachtung vom 25.10.2006 beigezogen, der sich auch in dem vom Kläger beigezogenen blauen Hefter befindet, den der Kläger im Klageverfahren Dr. P. vorgelegt hatte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestands wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschlie-ßungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 5.8.2006 als Arbeitsunfall und auf Feststellung einer Rotatorenmanschettenruptur links als Folge dieses Arbeitsunfalls hat.
Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 29/07 R – in Juris m.w.N.).
Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich- philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17= BSGE 96, 196-209).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).
An diesem Prüfungsmaßstab orientiert stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger am Samstag dem 05.08.2006 – wie seit vielen Jahren – etwa einmal 14-tägig an einer Teigrührmaschine gearbeitet hat, in der Teig geknetet wurde. Als er den Maschinenkessel der Rührmaschine (Angaben vom 14.08.2006: Kessel mit Inhalt ca. 25 kg schwer; Angaben gegenüber Dr. G. am 15.01.2007: teiggefüllter Maschinenkessel ca. 30 kg; Angaben gegenüber Professor Dr. L. am 16.01.2008: 35 kg schwerer Kessel mit einem Henkel) aus einer Höhe von ca. 50 cm auf den daneben stehenden Arbeitstisch (Höhe 86 cm) stellen wollte, verspürte er plötzlich einen stechenden Schmerz in der linken Schulter. Irgendwelche Besonderheiten beim Anheben des Teigkessels am 05.08.2006 – wie Abgleiten, Auffangen, Gleichgewicht verloren – hat der Kläger weder in der Unfallschilderung vom 14.08.2008 angegeben noch anlässlich der gutachterlichen Untersuchungen bei Dr. G. am 15.01.2007, Professor Dr. L. am 16.01.2008 und auch nicht bei Dr. P. am 02.06.2009 geschildert. Deswegen geht der Senat – wie Professor Dr. L. und Dr. P. – davon aus, dass es sich am 05.08.2006 um eine willentliche und geplante Kraftanstrengung gehandelt hat, die der Kläger regelmäßig alle 14 Tage ausgeführt hat und die eine berufstypische ständig wiederkehrende Belastung darstellt.
Des Weiteren stellt der Senat – aufgrund der Angaben des Klägers in der Unfallschilderung vom 14.08.2006 – fest, dass der Kläger, wenn auch unter Mithilfe seiner Frau, am 05.08.2006 nach dem Schmerzereignis von 8:30 Uhr und einer schmerzbedingten Unterbrechung von 15 bzw. 30 Minuten (Angaben vom 14.08.2006: Lähmung von 15 Minuten; Angaben gegenüber Dr. G. am 15.01.2007: Pause von 30 Minuten) bis 12:00 Uhr weitergearbeitet hat. Außerdem war der Kläger nach dem Ereignis vom 05.08.2006 und auch nach der diagnostischen Abklärung weiter als Konditormeister tätig und hat erst – aus beruflichen Gründen – am 24.10.2006 die operative Behandlung der linken Schulter durchführen lassen.
Der Senat stellt darüber hinaus fest, dass der damals 62-jährige Kläger vor dem Ereignis vom 05.08.2006 schon am 20.07.2006 Beschwerden im Bereich der linken Schulter ("Muskelkater in der linken Schulter") hatte und der Chirurg Dr. M. beim Kläger am 20.07.2006 eine endgradig schmerzhafte Beweglichkeit der linken Schulter festgestellt und ein leichtes Impingement-Syndrom mit Bursitis subacromialis diagnostiziert hatte.
Des Weiteren ist für den Senat aufgrund des DAB vom 05.08.2006 und des Zwischenberichts von Dr. M. vom 7.8.2006 nachgewiesen, dass beim Kläger am 05.08.2006 ein Druckschmerz ventral an der linken Schulter bestand und die Beweglichkeit schmerzhaft war. Eine Delle sowie ein DMS peripher waren nicht vorhanden. Bei der Untersuchung am 07.08.2006 bestand eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter, wobei die Abduktion bis 160° möglich, wenn auch kraftgemindert und schmerzhaft, war (schmerzhafter Bereich zwischen 70 und 140°). Äußerliche Verletzungszeichen, die für eine gewaltsame Zerreißung der Sehne sprechen würden, wurden nicht festgestellt. So wurden weder vom Durchgangsarzt noch von Dr. M. Schwellungen und Blutergüsse im Bereich der Schulterweichteile und der Oberarme beschrieben. Aus den von ihnen mitgeteilten Befunden ist auch nicht zu entnehmen, dass der Kläger über Tage nicht mehr in der Lage gewesen wäre, den Arm aktiv nach vorne oder seitlich abzuspreizen; ein Drop-Arm-Zeichen lag ebenfalls nicht vor. Vielmehr war beim Kläger, wie oben dargelegt, lediglich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung vorhanden, wobei bei der Untersuchung durch Dr. M. am 7.8.2006 sogar noch eine Abduktion bis 160° möglich war. Darüber hinaus hat der Kläger seine körperlich belastende Tätigkeit als Konditormeister auch noch nach dem 5.8.2006 bis zu der operativen Behandlung am 24.10.2006 ca. 2,5 Monate fortgeführt.
Aufgrund der Arztbriefe der Radiologen Dr. W. vom 07.08.2006 und Dr. G. vom 11.08.2008 über die Kernspintomographie und die MR-CT-Arthrographie des linken Schultergelenks ist für den Senat nachgewiesen, dass beim Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Omarthrose (degeneratives Verschleißleiden) der linken Schulter, mäßige degenerative Veränderungen im AC-Gelenk, ein Os acromiale, ein Humeruskopfhochstand sowie eine fettige Degeneration des M. supraspinatus vorlagen.
Intraoperativ zeigte sich eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne, die primär prima vista in keiner Weise mehr nachweisbar war, eine erhebliche partielle Schädigung der Bizepssehne, ein zweit- bis drittgradiger Knorpelschaden des Humeruskopfes und des Glenoids, ein nahezu komplett ruptierter Infraspinatus mit vollständig frei liegendem Oberarmkopf (sog. Kopfglatze), eine erhebliche Entzündung im Sinne einer Synovitis und Bursitis sowie eine deutlich retrahierte Sehne des M. supraspinatus.
Der makroskopische und histologische Befund vom 25.10.2006 ergab vernarbtes tendosyno-viales und tendinöses Gewebe mit Zustand nach vorangegangenen Fibrinexsudationen sowie zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit Zeichen einer deutlich ausgeprägte degenerativen Tendopathie.
Ausgehend von diesen Feststellungen, der Gesamtwürdigung der Gutachten von Dr. G., Professor Dr. L. und Dr. P. sowie unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 409 ff.) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Rotatorenmanschettenruptur links nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 5.8.2006, das Anheben der Teigschüssel, zurückzuführen ist.
Nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen, den im Ergebnis übereinstimmenden Ausführungen von Dr. G., dessen Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, von Professor Dr. L., von Dr. P. sowie von Dr. H., dessen beratungsärztliche Stellungnahmen als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden, sowie unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,a.a.O., Seite 412 ff.) sprechen folgende Umstände gegen einen Kausalzusammenhang zwischen der Rotatorenmanschettenruptur links und dem Ereignis vom 05.08.2006: &61607; Die fehlende äußere Gewalteinwirkung auf die linke Schulter bzw. der für eine Zerreißung der Rotatorenmanschette (nach der unfallmedizinischen Literatur und den Ausführungen der Sachverständigen) nicht geeignete Verletzungsmechanismus. &61607; Das Fehlen äußerer Verletzungszeichen im Rahmen des Erstbefundes (Schwellungen und Blutergüsse im Bereich der Schulterweichteile und des Oberarms). &61607; Der klinische Verlauf ohne dokumentierte massive Bewegungsstörungen, da der Kläger am 07.08.2006 in der Lage war, den Arm bis 160° zu abduzieren. Ein Drop-Arm-Zeichen lag nicht vor. &61607; Das Fehlen von verletzungsspezifischen Veränderungen auf den Kernspintomographien. &61607; Der röntgenologische Nachweis einer Verknöcherungsstörung im Bereich des Schulterdaches (Os acromiale). &61607; Die Weiterarbeit bis zur Operation am 24.10.2006. &61607; Die weitere Rückbildung der Ober- und Untergerätensehne (Supraspinatus- und Infra-spinatussehne) im Rahmen der operativen Versorgung am 24.10.2006. &61607; Der histologische Befund mit vernarbtem tendosynovialen und tendinösen Gewebe mit Nachweis zahlreicher Einrisse des tendinösen Gewebes und einer deutlich ausgeprägten degenerativen Tendopathie sowie beginnender Destruktion des Gelenkknochens. &61607; Vorbestehende Beschwerden im Bereich der linken Schulter am 20.07.2006. &61607; Diagnose eines leichten Impingementsyndroms mit Bursitis subacromialis am 20.07.2006. &61607; Röntgenaufnahmen der linken Schulter vom 08.08.2005 mit mäßiger Omarthrose und einem leichten bis mäßigen Humeruskopfhochstand.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass das Anheben des Teigkessels eine wesentliche Teilursache für die Rotatorenmanschettenruptur sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Allein das Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhangs der Ruptur mit der beruflichen Tätigkeit reicht nicht aus, um einen Kausalzusammenhang zu begründen. Entgegen seinem Vortrag war der Kläger bis zum 05.08.2006 auch nicht (weitgehend) beschwerdefrei, zumal er immerhin wegen Schulterbeschwerden links einen Arzt, Dr. M., aufgesucht und dieser ein leichtes Impingementsyndrom mit Bursitis acromialis am 20.07.2006 diagnostiziert hat. Der histologische Befund (vernarbtes tendinöses Gewebe mit zahlreichen Einrissen des tendinösen Gewebes mit ausgeprägter degenerativer Tendopathie) spricht – wie Dr. P. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat – gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur und für ein degeneratives Geschehen. Die fettige Degeneration des M. supraspinatus ergibt sich aus der Befundung der MR-CT-Arthrographie der linken Schulter vom 11.08.2006. Soweit Professor Dr. H. die fettige Degeneration im Befundbericht vom 29.08.2006 als nicht wesentlich bezeichnet, verneint er damit das Vorliegen einer solchen nicht. Unerheblich ist auch, welches Ausmaß der Humeruskopfhochstand am 08.08.2005, ca. ein Jahr vor dem streitigen Ereignis, hatte; entscheidend ist, dass ein solcher schon damals vorgelegen hat.
Durch das "Mustergutachten" von Professor Dr. G. vom 14.06.2010 und seine Stellungnahme vom 24.01.2011 sieht der Senat weder die Ausführungen in den Gutachten von Professor Dr. L. und Dr. P. noch die Erkenntnisse der unfallmedizinischen Literatur als erschüttert und erst recht nicht als widerlegt an. Zum einen beschäftigt sich Professor Dr. G. in seinem Gutachten, in dem die Kraft-, Bewegungs- und Zeitabläufe aufgrund von Berechnungen quantifiziert werden sollen, nur mit der Frage, welche Kräfte geeignet sein sollen, eine Ruptur einer (auch gesunden) Sehne hervorzurufen. Soweit er jedoch zum Ergebnis gelangt, der vom Kläger geschilderte Ablauf des Hebens des Teigkessels stelle eine unphysiologische exzentrische Belastung der Rotatorenmanschetten dar, weswegen das Argument, dass es sich um eine berufstypische und altersübliche Belastung (kontrolliertes Anheben eines Rührteigkessels) handele, durch die Messungen, Analysen und biomechanischen Ablaufuntersuchungen widerlegt sei, überzeugt dies den Senat nicht. Denn Professor Dr. G. begründet dadurch nicht, warum es in den vielen Jahren zuvor – trotz Summation der Einwirkungen – nicht zu einer Ruptur der Supraspinatussehne gekommen ist, sondern erst – nach vielen Malen – am 05.08.2006. Soweit er ausführt (Seite 41), der Kraftaufwand sei nicht jeden Tag gleich; es gebe günstige, optimale Kraft-/Zeitverläufe, weswegen die Sehnen jahrelang nicht ruptierten, und andererseits ungünstige Fall-Bremskräfte, wie beispielsweise Abgleiten, Auffangen, Gleichgewicht verlieren, fehlt es an jeglichem Anhalt, dass am 05.08.2006 besonders ungünstige Kräfte vorgelegen haben. Außerdem berücksichtigt er dabei nicht, dass die Rotatorenmanschette im hohen Maße der Degeneration unterliegt und nach dem 60. Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit eines Rotatorendefekts rasch ansteigt und je nach Studie, Alter u.a. nach dem 60. Lebensjahr zwischen 20 und 100 % liegt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Seite 410), wobei der Kläger im Zeitpunkt des Ereignisses vom 05.08.2006 kurz vor Vollendung seines 63. Lebensjahres stand.
Der Senat hat auch kein Anlass gesehen, Professor Dr. L., Dr. P. und Professor Dr. G. in die mündliche Verhandlung zu laden. Den Antrag auf Anhörung von Professor Dr. L. und Dr. P., die im erstinstanzlichen Verfahren als Sachverständige gehört worden sind, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG – ausweislich der Niederschrift des SG vom 08.12.2010 – nicht gestellt. Darüber hinaus hat er schon zuvor (im Schriftsatz vom 30.10.2009) den Fragenkomplex nicht konkret umschrieben, zu dem die Sachverständigen gehört werden sollten. Angesichts dessen hat das SG im angefochtenen Urteil zu Recht ausgeführt, der Kläger habe schon nicht dargelegt, aus welchen Gründen bzw. zu welchen Punkten die Sachverständigen nochmals gehört werden sollten. Solche Gründe vermag auch der Senat nicht zu erkennen.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers müsste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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