Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 115/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2365/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.3.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seit 20.6.2006 bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied krankenversichert ist.
Der 1941 geborene Kläger lebte seit 2003 (bis zur stationären Aufnahme in ein Pflegeheim am 21.1.2008) in einer Einrichtung des betreuten Wohnens. Daneben wurde er seit 2004 von einem Mitarbeiter (Sozialarbeiter) der "Pf.", einer Einrichtung des Caritasverbands F. für Obdachlose, betreut; dort wurden auch die Vermögensangelegenheiten des Klägers verwaltet.
Der Kläger bezog bis 19.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) nach Maßgabe des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch (SGB II, zuvor Sozialhilfebezug) und war deswegen pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Der Leistungsgewährung lag der Bewilligungsbescheid der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) vom 8.3.2006 zugrunde. Darin wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.4.2006 bis 19.6.2006 bewilligt. In dem Bescheid wird (u.a.) darauf hingewiesen, dass nicht erwerbstätige Hilfebedürftige (Bezieher von Sozialgeld) nicht ("nicht" durch Fettdruck hervorgehoben) in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind. Die Prüfung einer etwaigen Familienversicherung erfolge durch die Krankenkasse; mit dieser möge ggf. Verbindung aufgenommen werden. Für den Kläger bestehe während des Bezugs von Arbeitslosengeld II Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung; er sei vom 1.4.2006 bis 19.6.2006 bei der Beklagten pflichtversichert.
Am 23.3.2006 beantragte der Kläger Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung K ... Den Rentenantragstellern wird ein Merkblatt des Rentenversicherungsträgers übergeben. Dieses enthält (unter Nr. 7) den Hinweis, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung in Betracht kommt, wobei der Beitritt innerhalb von 3 Monaten nach dem Ende der vorhergehenden Versicherung angezeigt werden muss. Auf den Charakter der Frist als Ausschlussfrist, nach deren Ablauf eine freiwillige Mitgliedschaft nicht mehr möglich ist, wird ebenfalls hingewiesen.
Nachdem der Beklagten die Beantragung von Altersrente vom Rentenversicherungsträger mitgeteilt worden war, leitete diese ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner ein. Der Zugang eines dieses Verfahren abschließenden Bescheids (vom 12.6.2006) an den Kläger ist unter den Beteiligten streitig.
Am 8.6.2006 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 20.6.2006 lehnte die ARGE den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungsvoraussetzungen seien nicht mehr erfüllt, weil der Kläger mittlerweile das 65. Lebensjahr vollendet habe. In dem Bescheid heißt es weiter, der Kläger sei in der Zeit, in der er keine ("keine" durch Fettdruck hervorgehoben) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehe, durch den zuständigen Leistungsträger für den Fall der Krankheit nicht ("nicht" durch Sperrdruck hervorgehoben) versichert. Um Nachteile zu vermeiden, möge er sich bei seiner Krankenkasse über seine Rechte und Möglichkeiten (z.B. auf freiwillige Weiterversicherung) für diese Zeit erkundigen.
Mit Bescheid vom 21.6.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung K. dem Kläger Regelaltersrente ab 1.7.2006 in Höhe von 479,02 EUR monatlich. Im Rentenbescheid ist (u.a.) ausgeführt, da der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sei, müsse aus der Rente ein Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abgeführt werden (monatlicher Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeitrag 41,57 EUR bzw. 9,00 EUR). Hierzu heißt es ergänzend, das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis habe noch nicht endgültig geklärt werden können. Um die Anweisung der Rente dadurch nicht unnötig zu verzögern, habe man zunächst Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterstellt. Sollte sich aufgrund der weiteren Erhebungen ein anderer Sachverhalt ergeben, werde man das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis umgehend berichtigen und die zu Unrecht einbehaltenen Beitragsanteile wieder erstatten. Die Abführung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde (erst) mit Rentenbescheid vom 22.4.2008 eingestellt.
Seit dem 20.6.2006 erhält der Kläger neben der Altersrente (ergänzende) Leistungen der Grundsicherung im Alter von der Beigeladenen (Bescheid vom 28.6.2006).
Am 1.12.2007 erlitt der Kläger einen Schlaganfall. Seitdem ist er rechts halbseitig gelähmt, urininkontinent und leidet außerdem an einer ausgeprägten Sprachstörung. Deswegen wurde er in der Neurologischen (Universitäts-)Klinik F. behandelt; anlässlich dieser Behandlung wurde die Frage nach dem Krankenversicherungsschutz des Klägers aufgeworfen. Mit Beschluss vom 6.12.2007 (13a XVII 1018/07) ordnete das Amtsgericht Freiburg im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Betreuung des Klägers für den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten an. Zur vorläufigen (berufsmäßigen) Betreuerin wurde Frau B. bestellt.
Am 13.12.2007 meldete die Beigeladene den Kläger zum 1.12.2007 bei der Beklagten gem. § 264 SGB V an.
Am 16.1.2008 zeigte die Betreuerin des Klägers für diesen den Beitritt zur freiwilligen Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung an (Schreiben vom 14.1.2008, Antrag auf freiwillige Weiterversicherung). Eine erneute Beitrittsanzeige gab sie mit Schreiben vom 27.3.2008 ab.
Am 21.1.2008 wurde der Kläger in ein Pflegeheim zur dauerhaften Unterbringung verlegt. Die Beigeladene hob die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen deswegen zum 1.2.2008 auf (Bescheid vom 28.1.2008).
Unter dem 8.4.2008 erstattete die Psychiaterin und Psychotherapeutin B. (Landratsamt - Gesundheitsamt - B. H.) ein amtsärztliches Gutachten. Diagnostiziert wurden (neben arterieller Hypertonie) eine mittelgradige depressive Episode und eine körperliche Behinderung (Hemiparese rechts und Aphasie nach Mediateilinfarkt). Der Kläger könne die Bereiche Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögens-, Behörden- und Heimangelegenheiten sowie Entgegennahme und Öffnen von Post auf Dauer nicht mehr selbst besorgen.
Mit Beschluss vom 17.4.2008 (13a XVII 1018/07) ordnete das Amtsgericht Freiburg für den Kläger Betreuung auf Dauer an und bestellte Frau B. auf Dauer zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Besorgung aller Vermögensangelegenheiten, Entgegennahme und Öffnen der Post, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Wohnungs-, Heim- und Behördenangelegenheiten. Mit Beschluss vom 25.11.2011 wurde Frau B. als Betreuerin entlassen und Herr W. zum (ehrenamtlichen) Betreuer bestellt.
Die Beklagte übersandte der Betreuerin des Klägers (Frau B.) auf deren Erklärung vom 14.1.2008 (Anzeige des Beitritts des Klägers zur freiwilligen Versicherung) die Unterlagen zur Durchführung der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die die Betreuerin am 25.1.2008 (teilweise) ausgefüllt zurücksandte.
Mit Schreiben vom 27.2.2008 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, der Kläger habe am 23.3.2006 Altersrente beantragt. Man habe die Voraussetzungen der Versicherungspflicht zur Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) geprüft und festgestellt, dass der Kläger die Vorversicherungszeit nicht erfülle. Dies habe man dem Kläger mit einem im Juni 2006 ergangenen (und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen) Bescheid mitgeteilt; Widerspruch sei nicht eingelegt worden. Der Kläger sei in diesem Bescheid auch auf die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung und die Ausschlussfrist von 3 Monaten für eine entsprechende Beitrittserklärung hingewiesen worden. Der Kläger habe eine Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung nicht abgegeben. Die Beitrittsfrist habe nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld II am 19.6.2006 im September 2006 geendet.
Am 13.3.2008 teilte die Betreuerin des Klägers (Frau B.) der Beigeladenen auf Nachfrage mit, in der Wohnung des Klägers seien keine Unterlagen aufgefunden worden. Sie (die Betreuerin des Klägers) habe Unterlagen von einem Mitarbeiter der "Pf." erhalten; dorthin habe der Kläger an ihn gerichtete Schreiben gebracht. Ein Schreiben der Beklagten vom 12.6.2006 sei nicht bei den Unterlagen gewesen. In der "Pf." gebe es keine Unterlagen über den Kläger mehr; der Kläger selbst sei nicht ansprechbar.
Mit an den Kläger (dessen Betreuerin) gerichtetem Bescheid vom 15.7.2008 stellte die Beklagte fest, dass Versicherungspflicht zur Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht besteht. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger erhalte von der Beigeladenen laufende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII und gehöre deshalb gem. § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V nicht zum Kreis der zur Auffangversicherung Versicherungspflichtigen. Für die Krankenbehandlung sei weiterhin die Beigeladene als Sozialhilfeträger zuständig. Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 30.1.2009 teilte die Beklagte dem Kläger (dessen Prozessbevollmächtigten) u.a. mit, der Rentenversicherungsträger führe ab Rentenbeginn vorsorglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab, bis die Versicherungspflicht zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung der Rentner geklärt sei. Darüber werde der Rentenbezieher grundsätzlich im Rentenbescheid unterrichtet. Dem Kläger sei indessen erst in einem Rentenbescheid vom 22.4.2008 mitgeteilt worden, dass er die einbehaltenen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge zurückerhalte.
Am 9.4.2009 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen (erneut) den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten an (Schriftsatz vom 6.4.2009). Die Beklagte möge prüfen, ob der Kläger nicht im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden müsse, als hätte er seinerzeit den Beitritt zur freiwilligen Versicherung ab 20.6.2006 rechtzeitig angezeigt.
Mit Schreiben vom 8.6.2009 übersandte die Beklagte dem Kläger (dessen Prozessbevollmächtigten) ein Duplikat (Muster) eines (Form-)Bescheides vom 12.6.2006; der Beigeladenen hatte sie ein entsprechendes Muster bereits mit Schreiben vom 10.3.2008 übersandt. Im Adressfeld des (Form-)Bescheids sind der Name des Klägers und eine - seinerzeit nicht aktuelle und erst seit 2008 gültige - Anschrift eingetragen. In dem (Form-)Bescheid wird festgestellt, dass mangels Vorversicherungszeit Mitgliedschaft zur Krankenversicherung der Rentner nicht eingetreten ist. Außerdem heißt es, sobald die Agentur für Arbeit keine Leistungen mehr zahle, sichere eine freiwillige Mitgliedschaft (bei der Beklagten) alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu dem Beitrag werde vom Rentenversicherungsträger ein Zuschuss gewährt. Möglicherweise behalte der Rentenversicherungsträger von der Rente vorsorglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein. Das bedeute aber nicht, dass deswegen Kranken- und Pflegeversicherung bestehe. Sobald der Rentenbescheid vorliege, sollten die als Anlage beigefügten Vordrucke für die Erklärung der freiwilligen Mitgliedschaft zur Kranken- und Pflegeversicherung und die Beantragung eines Beitragszuschusses möglichst bald ausgefüllt zurückgeschickt werden. Dann sei sichergestellt, dass die Antragsfrist von 3 Monaten nach dem Ende des Arbeitslosengeldes gewahrt werde.
In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 10.7.2009 ist festgehalten, die Meldung zur Krankenversicherung der Rentner, der begleitende Schriftwechsel und die Durchschrift des standardisierten Ablehnungsbescheids (vom 12.6.2006), der dem Kläger als einfacher Brief bekannt gegeben worden sei, sowie ein Antrag auf freiwillige (Weiter-)Versicherung bzw. Beitragszuschuss seien nicht auffindbar.
Mit Bescheiden vom 8.6.2009 und 16.7.2009 lehnte die Beklagte die Durchführung der freiwilligen (Weiter-)Versicherung ab 20.6.2006 wegen verspäteter Beitrittsanzeige ab. Zur Begründung führte sie aus, im Hinblick auf die servicestandardisierten Hinweise im (Form-)Bescheid vom 12.6.2006 habe der Kläger nach dem Ende der Vorrangversicherung (19.6.2006) unter Wahrung der Ausschlussfrist von 3 Monaten genügend Zeit gehabt, die Folgeversicherung sicherzustellen (Bescheid vom 8.6.2009). Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Im Bereich der Massenverwaltung könnten die Versicherten nicht von Amts wegen über alle Eventualitäten individuell beraten werden (Bescheid vom 16.7.2009).
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3.11.2009) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Ausschlussfrist von 3 Monaten für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung versäumt; der Beitritt zum 20.6.2006 sei (erstmals) mit Schreiben der Betreuerin B. vom 14.1.2008 angezeigt worden. Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Er sei (auch) durch das entsprechende Merkblatt des Rentenversicherungsträgers auf die freiwillige Kranken- bzw. Pflegeversicherung und die für den Beitritt geltende Dreimonatsfrist hingewiesen worden. Dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist (§ 27 SGB X) nicht zu gewähren, da bei Abgabe der Beitrittserklärung im Januar 2008 (jedenfalls) die Jahresfrist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 27 Abs. 3 SGB X) verstrichen gewesen sei; die Jahresfrist habe mit Ablauf der Beitrittsfrist am 19.9.2006 begonnen und daher im September 2007 geendet.
Am 7.1.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Er trug vor, die Beklagte habe seinerzeit ihre Pflicht zur Spontanberatung verletzt und ihn nicht über die Möglichkeit und die Modalitäten einer freiwilligen Weiterversicherung informiert. Außerdem sei er nicht imstande gewesen, die erforderlichen Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Deswegen sei die Dreimonatsfrist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung bis zur Bestellung eines Vertreters (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 SGB X) gehemmt gewesen.
Die Beklagte trug vor, sie sei ohne konkreten Beratungsanlass nicht verpflichtet, ihre Mitglieder auf die Beendigung des Versicherungsverhältnisses und die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung hinzuweisen. Andernfalls müsste wegen der Vielzahl der Meldevorgänge, etwa bei der Unterbrechung von Beschäftigungen, eine unübersehbare Zahl von Hinweisen ergehen, was in der Verwaltungspraxis nicht möglich sei. Allgemeine Informationen des Versicherten, auch durch andere Sozialleistungsträger, müssten genügen. Vorliegend gehe es auch nicht um die Belange des Klägers, sondern um Kosteninteressen (Erstattungsansprüche) der Beigeladenen. Akten für die Zeit vor Dezember 2007 seien nicht mehr vorhanden. Der Kläger habe im Mai/Juni 2006 Sozialhilfe beantragen können; er hätte sich daher, wenn er das gewollt hätte, auch um seine Krankenversicherungsangelegenheiten kümmer können. Dem Kläger seien außerdem bei der Rentenantragstellung Merkblätter des Rentenversicherungsträgers ausgehändigt worden, die ihn hätten veranlassen müsse, sich mit ihr wegen der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen.
Mit Urteil vom 28.3.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe die Frist von 3 Monaten für den Beitritt zur freiwilligen Kranken- bzw. Pflegeversicherung versäumt. Die Dreimonatsfrist habe am 19.9.2006 geendet, die Beitrittserklärung sei (erst) am 16.1.2008 abgegeben worden. Für den Fristbeginn könne nicht auf die Anordnung der Betreuung und die Bestellung der Betreuerin B. durch Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 6.12.2007 abgestellt werden. Die Dreimonatsfrist wäre bis dahin nur dann gehemmt gewesen, wenn der Kläger seit Beendigung der Versicherungspflicht (am 19.6.2006) geschäftsunfähig und deswegen an der Abgabe der Beitrittserklärung gehindert gewesen wäre (vgl. BSG, Urt. v. 28.5.2008, - B 12 KR 16/07 R -). Das sei nicht der Fall. Der Kläger habe am 1.12.2007 einen Schlaganfall mit weitreichenden Folgen erlitten. Aus den Betreuungsakten sei aber nicht ersichtlich, dass schon davor (am 20.6.2006) Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, zumal der Kläger (selbst) das Rentenverfahren betrieben und um die Gewährung von Sozialhilfe nachgesucht habe. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht erfüllt. Der Kläger sei im Bescheid über die Einstellung des Arbeitslosengelds II aufgefordert worden, sich wegen der Beendigung der gesetzlichen Versicherungspflicht mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Dem sei er nicht nachgekommen. Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, sich wegen einer Beratung an den Kläger zu wenden und diesen auf die gesetzliche Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung hinzuweisen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist scheide aus, da die Betreuerin B. die für den Wiedereinsetzungsantrag geltende Zweiwochenfrist (§ 27 Abs. 2 SGB X) versäumt habe.
Auf das ihm am 9.5.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.6.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe seinerzeit die Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung versäumt, weil ihm die Beendigung des (Pflicht-)Versicherungsschutzes nach § 190 Abs. 12 SGB V und die Möglichkeit und die Modalitäten der freiwilligen (Weiter-)Versicherung nicht geläufig gewesen seien. Er habe nicht gewusst, dass er wegen seiner Kranken- und Pflegeversicherung tätig werden müsse, zumal von seiner Rente bis April 2008 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einbehalten worden seien. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Spontanberatung verletzt und ihn nicht darauf hingewiesen, dass Versicherungsplicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner nicht bestehe und er binnen einer Dreimonatsfrist den Beitritt zur freiwilligen Versicherung erklären müsse. Mit dem Auslaufen des Arbeitslosengelds II sei für die Beklagte offenkundig gewesen, dass er Krankenversicherungsschutz nur über die Krankenversicherung der Rentner oder über eine freiwillige (Weiter-)Versicherung erlangen könne. Daher hätte man ihn entsprechend beraten müssen.
Bei Fehlen der Vorversicherungszeiten für die Krankenversicherung der Rentner müsse über die allein verbleibende und sich aufdrängende freiwillige Versicherung beraten werden (LSG Saarland, - L 2 KR 27/02 -). Das gelte erst Recht, wenn der Krankenkasse der Bezug von Sozialhilfe bekannt sei (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -). Die Beklagte habe bereits am 12.6.2006 festgestellt, dass Versicherungsplicht zur Krankenversicherung der Rentner nicht bestehe und hätte ihn deswegen sogleich hinsichtlich der freiwilligen (Weiter-)Versicherung beraten müssen. Im amtsärztlichen Gutachten vom 8.4.2008 sei eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden; wegen dieser psychischen Erkrankung habe er seine Geschäfte auch vor der Anordnung der Betreuung und der Bestellung einer Betreuerin nicht eigenständig führen können. Seit Sommer 2004 sei er von der "Pf." des Caritasverbands F. betreut worden. Über ein eigenes Konto habe er nicht verfügt; seine Leistungen (nach dem SGB II) habe der Caritasverband verwaltet. Nach Angaben seines damaligen Ansprechpartners B. (Mitarbeiter des Caritasverbands) sei er außerstande gewesen, sich hinreichend um seine Angelegenheiten zu kümmern. Er habe erst mit der Erstattung der vom Rentenversicherungsträger (vorläufig) einbehaltenen Beitragsanteile (im April 2008) erkennen können, dass er seit 20.6.2006 nicht mehr kranken- und pflegeversichert gewesen sei. Der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 weise nicht auf die Notwendigkeit zur Kontaktaufnahme mit der Beklagten hin. Ein anderer Bescheid sei ihm nicht bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.3.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8.6.2009 und 16.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2009 zu verurteilen, für ihn ab 20.6.2006 die freiwillige Krankenversicherung durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe im Jahr 2006 keinen Kontakt mit ihr aufgenommen. Sie habe die Voraussetzungen der Kranken- bzw. Pflegeversicherung der Rentner nach Beantragung der Altersrente geprüft. Der Rentenversicherungsträger habe sie von der Antragstellung in Kenntnis gesetzt und dem Kläger die einschlägigen Informationsblätter auch zur Krankenversicherung ausgehändigt. Am 12.6.2006 habe sie festgestellt, dass Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner nicht bestehe und dies sowohl dem Rentenversicherungsträger per Datensatz wie dem Kläger durch entsprechenden (in den Akten allerdings nicht mehr vorhandenen) Bescheid mitgeteilt; hierfür werde regelmäßig ein Formbescheid benutzt, der die in Rede stehenden Hinweise zum Krankenversicherungsschutz enthalte. Hätte der Kläger den Bescheid vom 12.6.2006 tatsächlich nicht erhalten, hätte er bei ihr nachfragen müssen, nachdem er einen (dann nicht beschiedenen) Antrag auf Durchführung der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner gestellt habe. Hinsichtlich des vorläufigen Einbehalts von Beiträgen durch den Rentenversicherungsträger sei der Kläger im Rentenbescheid darauf hingewiesen worden, dass deswegen Versicherungsschutz nicht bestehe. Auch der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 enthalte den Hinweis, dass Kranken- und Pflegeversicherungspflicht nicht bestehe und sich der Kläger ggf. mit der Krankenkasse in Verbindung setzen solle. Der Kläger hätte daher hinreichend Anlass gehabt, sich um seine Versicherungsangelegenheiten zu kümmern. Dahingehende Belehrungen fänden sich auch im Bescheid der ARGE vom 20.6.2006. Der Kläger sei damit von allen beteiligten Sozialleistungsträgern darüber unterrichtet worden, dass er seinen Versicherungsschutz (mit ihr) abklären müsse. Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne er sich deswegen nicht berufen. Davon abgesehen sei in § 9 SGB V eine Belehrung über die Frist zur Erklärung des Beitritts zur freiwilligen Versicherung (anders als etwa in § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V a.F. hinsichtlich des Ausschlusses von der freiwilligen Versicherung wegen Beitragsrückstands) nicht vorgesehen.
Werde die freiwillige Versicherung (wegen Versäumens der Beitrittsfrist) nicht durchgeführt, sei der (ehemalige) Versicherte deswegen nicht schutzlos. Er könne ggf. Leistungen zur Krankenbehandlung über den Sozialhilfeträger erhalten (vgl. § 264 SGB V). Außerdem komme die Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Betracht. Das Fehlen der freiwilligen Versicherung habe letztendlich nur Bedeutung für die Zuständigkeit des Leistungsträgers. Deswegen bestehe kein Anlass, die klare Regelung des § 9 SGB V mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - zu Gunsten der Beigeladenen als Sozialhilfeträger - zu unterlaufen. Wer sich um seine Versicherungsangelegenheiten nicht kümmere und den Zugang von Bescheiden oder Merkblättern bestreite, könnte über den Herstellungsanspruch noch nach Jahr und Tag die freiwillige Versicherung erwirken. Das System des Gesetzes, wonach sich Beginn und Ende der jeweiligen (ggf. aufeinander folgenden) Versicherungsverhältnisse aus den gesetzlichen Versicherungstatbeständen ergebe, würde mit dem Herstellungsanspruch aufgeweicht. Dass der Kläger (schon) im Jahr 2006 zur Besorgung seiner Angelegenheiten außerstande gewesen wäre, sei nicht ersichtlich, nachdem er jedenfalls zur Beantragung der Altersrente und des Arbeitslosengelds II in der Lage gewesen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung für den Kläger zu Recht abgelehnt. Er ist bei ihr (ab 20.6.2006) nicht freiwilliges Mitglied geworden.
I. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können Personen der (Kranken-)Versicherung beitreten, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren; Zeiten der Mitgliedschaft nach § 189 SGB V (Mitgliedschaft von Rentenantragstellern) und Zeiten, in denen eine Versicherung allein deshalb bestanden hat, weil Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen wurde, werden nicht berücksichtigt. Gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ist der Beitritt der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen; für die Fristberechnung gilt § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. den §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 2. Halbsatz BGB. Dadurch soll die Krankenkasse davor geschützt werden, dass ausgeschiedene Versicherungspflichtige - nach längerer Unterbrechung der Beitragsleistung - erst dann ihrer Kasse wieder beitreten, wenn sie sich krank fühlen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). Die freiwillige Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten Versicherungsberechtigten beginnt - bei fristgerechter Beitrittsanzeige - mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht (§ 188 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Bei Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V kommt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X - BSG; Urt. v. 28.5.2008, - B 12 KR 16/07 R - ) oder die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (zu dessen Anwendung auf (materielle) Ausschlussfristen etwa BSG, Urt. v. 17.12.1980, - 12 RK 34/80 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.1998, - L 5 KR 44/97 -) in Betracht. Beides ist unabhängig voneinander zu prüfen (LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 - unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 27.7.2004, - B 7 SF 1/03 R -, LSG Thüringen, Urt. v. 21.2.2005, - L 6 KR 665/03 -, LSG Bayern, Urt. v. 1.06.2009, - L 4 KR 356/07 -, a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, - L 9 KR 167/02 -: insoweit abschließende Regelung durch § 27 SGB X) und kann dazu führen, dass die Beitrittsfrist als gewahrt gilt.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer gesetzlichen Frist, wie der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V, gewährt werden. Das setzt voraus, dass der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Handlung, hier die Beitrittsanzeige nach § 9 Abs. 2 SGB V, nachzuholen. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Rechtshandlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 27 Abs. 3 SGB X). Die Unkenntnis über das Recht zum Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nach Ausscheiden aus der Versicherungspflicht stellt auch dann keine höhere Gewalt i. S. d. § 27 Abs. 3 SGB X dar, wenn eine entsprechende Beratung nicht erfolgt ist (LSG Berlin, Urt. v. 22.9.2004, - L 9 KR 33/04 -). Hinsichtlich der Ausschlussfrist des § 27 Abs. 3 SGB X kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (von Wulffen, SGB X § 27 Rdnr. 9).
Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann der Versicherte so gestellt werden, als hätte er die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V nicht versäumt. Das setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Versicherten ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensation in Geld, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, d. h. auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustands, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (so BSG, Urt. v. 20.10.2010, - B 13 R 15/10 R -, ständige Rechtsprechung; vgl. auch etwa Senatsurteil vom 14.12.2011, - L 5 KR 6116/09 -).
Zur Erfüllung der Beratungspflicht aus § 14 SGB I muss der Versicherungsträger einem Beratungsbegehren (Beratungsantrag) des Versicherten nachkommen (Antragsberatung). Er muss den Versicherten außerdem bei konkretem Anlass auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden (Spontanberatung). Die gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Beratung über die Frist für die Anzeige des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 9 Abs. 2 SGB V (vgl. etwa LSG Saarland, Urt. v. 18.2.2004, - L 2 KR 27/02 -; LSG Berlin, Urt. v. 3.9.2003, - L 15 KR 31/01 -). Insoweit ist aber zu beachten, dass die Kenntnis der Versicherten von Gesetzen nach dem Grundsatz der formellen Publizität jedenfalls bei Normen mit hohem Bekanntheitsgrad angenommen werden kann (zu § 9 SGB V etwa LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Für den Umfang der Beratungspflicht, namentlich der Pflicht zur Spontanberatung, müssen außerdem die Sachgesetzlichkeiten des jeweiligen Versicherungszweigs und etwaige Sonderregelungen über die Beratungs- und Hinweispflicht der Versicherungsträger berücksichtigt werden. Die Beendigung und ggf. die Neubegründung der Krankenversicherungspflicht, etwa bei Beendigung und Wiederaufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses (§§ 186 Abs. 1, 190 Abs. 2 SGBV) oder bei Änderungen im Bezug bestimmter Sozialleistungen (vgl. § 5 Abs. 2 oder 2a SGB V), stellt einen in der Verwaltungspraxis der Krankenkassen häufigen Tatbestand (i.S. einer Massenverwaltung) dar, der den Krankenkassen zudem meist mit zeitlichen Verzögerungen gemeldet wird. In solchen Fällen kann deswegen nicht jeweils auf die, ohnehin nicht ohne Weiteres in Betracht kommende freiwillige (Weiter-)Versicherung hingewiesen werden, zumal § 9 Abs. 1 SGB V die freiwillige Versicherung für sehr unterschiedliche Fallgestaltungen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 SGB V) vorsieht (LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Für eine Spontanberatung besteht für die Krankenkasse deswegen regelmäßig kein hinreichend konkreter Anlass. Außerdem ist die Beitrittsfrist von 3 Monaten so bemessen, dass dem Versicherten genügend Zeit bleibt, um ggf. bei der Krankenkasse um eine (Antrags-)Beratung hinsichtlich der Fortsetzung seines Versicherungsverhältnisses nachzusuchen. Schließlich sind Beratungs- und Hinweispflichten der Krankenkassen zum Teil im SGB V näher geregelt. So sieht bspw. § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB V einen Hinweis der Krankenkasse über Austrittsmöglichkeiten bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze vor. Gem. § 191 Nr. 3 SGB V a.F. musste die Krankenkasse auf die Folgen von Beitragsrückständen hinweisen. Eine entsprechende Regelung enthält § 9 Abs. 2 SGB V nicht (LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Nach Auffassung des Senats liegt in der Beendigung der Pflichtversicherung und der Möglichkeit der Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung daher grundsätzlich kein Anlass zur Spontanberatung der Versicherten über die für die freiwillige Weiterversicherung geltenden Voraussetzungen (so auch LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 - unter Hinweis auf Gerlach, in Hauck/Noftz, SGB V § 9 Rdnr. 50; Kruse, in LPK-SGB V § 9 Rdnr. 19; Wollenschläger, in Wannagat, SGB V § 9 Rdnr. 24; Peters, in KassKomm., § 9 SGB V Rdnr 49; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, L 9 KR 167/02 -; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.1998, - L 5 KA 44/97 -). Anderes kann jedoch gelten, wenn besondere Umstände - insbesondere in der Person des Klägers und dessen sozialrechtlichen Verhältnissen - vorliegen und der Krankenkasse bekannt sind, die eine Spontanberatung über die freiwillige Weiterführung der Krankenversicherung und die dabei zu beachtenden Verfahrenshandlungen als geboten erscheinen lassen (vgl. etwa LSG Saarland, Urt. v. 18.2.2004, - L 2 KR 27/02 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -). Ausschlaggebend sind die Umstände des Einzelfalls, weshalb allgemeine Festlegungen nicht möglich sind.
Bei Vorliegen von Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit kommt schließlich die entsprechende Anwendung des § 210 BGB in Betracht; dies ist durch die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in § 27 SGB X nicht ausgeschlossen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). § 210 BGB Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB bestimmt: Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so tritt eine für oder gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig oder der Mangel der Vertretung behoben wird. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Danach ist bei einem Geschäftsunfähigen die Frist zur Beitrittsanzeige nach § 9 Abs. 2 SGB V bis zum Wegfall des Mangels gehemmt. Bei Beendigung des Hemmungsgrundes - sei es, dass der Versicherte wieder unbeschränkt geschäftsfähig wird oder dass der Mangel der Vertretung endet (vgl. etwa § 15 Abs. 1 Nr. 4 SGB X) - muss der Beitritt entsprechend § 210 Abs. 1 Satz 2 BGB innerhalb der Dreimonatsfrist angezeigt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, L 5 KR 131/09).
II. Davon ausgehend hat die Beklagte die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung für den Kläger (ab 20.2.2006) zu Recht abgelehnt. Der Kläger ist nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten geworden. Er hat die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V versäumt; der Fristablauf war nicht gehemmt. Das Fristversäumnis kann weder durch Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs behoben werden.
1.) Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass der Kläger der freiwilligen Krankenversicherung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V grundsätzlich hätte beitreten können. Er ist zum 19.6.2006 als Mitglied der Beklagten aus der Versicherungspflicht ausgeschieden; er war zuletzt als Bezieher von Arbeitslosengeld II gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht endete mit Ablauf des letzten Tags des Leistungsbezugs, also mit Ablauf des 19.6.2006 (§ 190 Abs. 12 SGB V). Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V festgelegte Vorversicherungszeit ist (ebenfalls unstreitig) erfüllt.
2.) Der Kläger hat jedoch die Dreimonatsfrist (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) für die Anzeige des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung versäumt.
Die Beitrittsfrist hat gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nach Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers zum 19.6.2006 begonnen und ist im September 2006 abgelaufen. Der Beitritt des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung ist erstmals am 16.1.2008 und damit (lange Zeit) nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V angezeigt worden.
Der Fristlauf ist nicht in entsprechender Anwendung des § 210 Abs. 1 BGB gehemmt gewesen. Dass der Kläger schon vor dem am 1.12.2007 erlittenen Schlaganfall bzw. vor Ablauf der Beitrittsfrist geschäftsunfähig bzw. in der Geschäftsfähigkeit beschränkt gewesen oder infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage gewesen wäre, in dem Verwaltungsverfahren (Beitritt zur freiwilligen Versicherung bzw. Abgabe der Beitrittsanzeige) selbst tätig zu werden, ist nicht ersichtlich. Hierfür gibt es keine Grundlage in ärztlichen Feststellungen. Der Kläger ist seinerzeit zwar u.a. von einer Einrichtung der Obdachlosenhilfe betreut worden und hat sich offenbar nicht hinreichend um seine Vermögens- oder Versicherungsangelegenheiten gekümmert. Das genügt für die Feststellung insbesondere von Geschäftsunfähigkeit freilich nicht. Der Kläger ist erst seit dem Schlaganfall vom 1.12.2007 außerstande, (u.a.) Vermögens- und Behördenangelegenheiten selbst zu besorgen; die zuständige Amtsärztin hat dies im Gutachten vom 8.4.2008 festgestellt und als Schlaganfallfolgen eine Hemiparese rechts, eine Aphasie sowie eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Für die Zeit vor dem Schlaganfall sind entsprechende (ärztliche) Feststellungen nicht getroffen worden und im Nachhinein auch nicht mehr möglich. Meinungsäußerungen der den Kläger seinerzeit in der "Pf." betreuenden Sozialarbeiter können die notwendigen ärztlichen Feststellungen nicht ersetzen. Im Übrigen ist der Kläger vor dem 1.12.2007 ersichtlich noch imstande gewesen, an den Verwaltungsverfahren zur Gewährung von Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II und Altersrente ausreichend mitzuwirken.
3.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V kann dem Kläger nicht gewährt werden. Dies scheitert schon daran, dass (auch) die Jahresfrist des § 27 Abs. 3 SGB X für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und für die Nachholung der Beitrittsanzeige am 16.1.2008 bereits verstrichen war. Die Jahresfrist hat nach dem Ende der versäumten (Dreimonats-)Frist Mitte September 2006 begonnen und ist daher Mitte September 2007, also mehrere Monate vor der Beitrittsanzeige (und damit der Nachholung der versäumten Rechtshandlung) im Januar 2008 abgelaufen gewesen. Höhere Gewalt i. S. d. § 27 Abs. 3 SGB X hat nicht vorgelegen; dafür genügt insbesondere eine etwaige Unkenntnis des Klägers von der Notwendigkeit, den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung rechtzeitig anzuzeigen, nicht.
4.) Der Kläger kann schließlich nicht mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als hätte er den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung fristgerecht angezeigt. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat eine ihr gegenüber dem Kläger obliegende Beratungspflicht nicht verletzt.
Der Kläger ist mit einem Beratungsantrag nicht an die Beklagte herangetreten, so dass allenfalls eine Pflicht der Beklagten zur Spontanberatung in Betracht kommt. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Beklagten ist allerdings der Bezug des Klägers von Arbeitslosengeld II bis zur Bewilligung von Altersrente bekannt gewesen und sie hat die Durchführung der Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) mit Bescheid vom 12.6.2006 abgelehnt. Damit hat für sie hinreichend konkreter Anlass bestanden, den Kläger auf die nach Lage der Dinge ersichtlich einzige Möglichkeit zur Fortsetzung des Krankenversicherungsschutzes im Wege der freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (auf Kosten der Beigeladenen als Sozialhilfeträger) und die dafür geltenden (Verfahrens-)Modalitäten hinzuweisen. Der Erfüllung dieser Hinweispflicht dienen die entsprechenden Hinweise, die die Beklagte offenbar formularmäßig in den Bescheiden über die Ablehnung der Durchführung der Rentnerkrankenversicherung erteilt. Der Kläger bestreitet indessen, den Bescheid vom 12.6.2006 erhalten zu haben. Hierauf kommt es entscheidungserheblich jedoch nicht an, so dass diese Frage offen bleiben kann.
Dem Kläger sind nicht nur im Bescheid der Beklagten vom 12.6.2006, sondern auch in Bescheiden bzw. Merkblättern anderer Sozialleistungsträger einschlägige Hinweise zu seinen krankenversicherungsrechtlichen Verhältnissen und zur Notwendigkeit der Fortführung des Krankenversicherungsschutzes und den Modalitäten einer etwaigen freiwilligen (Weiter-)Versicherung erteilt worden. So enthält der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II den Hinweis, dass während des Bezugs von Arbeitslosengeld II Krankenversicherungsschutz bei der Beklagten besteht und der Kläger bei dieser bis 19.6.2006 pflichtversichert ist. Damit hat für den Kläger hinreichend Anlass bestanden, sich hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes für die Zeit nach dem 19.6.2006 mit der Beklagten in Verbindung zu setzen und um entsprechende Beratung nachzusuchen. Das gilt erst Recht nach Ergehen des weiteren Bescheids der ARGE vom 20.6.2006, in dem diese den am 8.6.2006 gestellten Antrag des Klägers auf Weitergewährung von Arbeitslosengeld II abgelehnt hat. In diesem Bescheid ist - drucktechnisch hervorgehoben - darauf hingewiesen, dass der Kläger für den Fall der Krankheit nicht versichert ist, wenn er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht und er sich deswegen zur Vermeidung von Nachteilen über seine Rechte und Möglichkeiten - z. B. auf freiwillige Weiterversicherung - bei der Krankenkasse erkundigen soll. In dem Merkblatt, das der Rentenversicherungsträger bei der Beantragung von Altersrente aushändigt, ist (unter Nr. 7) ebenfalls darauf hingewiesen, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung in Betracht kommt, wobei der Beitritt innerhalb von 3 Monaten nach dem Ende der vorhergehenden Versicherung angezeigt werden muss. Auf den Charakter der Frist als Ausschlussfrist, nach deren Ablauf eine freiwillige Mitgliedschaft nicht mehr möglich ist, wird ebenfalls ausdrücklich hingewiesen. Dass der Kläger auch die genannten Bescheide der ARGE und das Merkblatt des Rentenversicherungsträgers nicht erhalten habe, wird nicht behauptet. Damit war der Kläger aber über die Notwendigkeit, zur Erhaltung des Krankenversicherungsschutzes ab dem 20.6.2006 tätig werden und sich ggf. an die Beklagte wenden zu müssen, hinreichend informiert. Auch über die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung und die Frist von 3 Monaten für die Beitrittsanzeige ist er unterrichtet worden. Der Kläger hat sich freilich nicht in gebotenem und auch ihm zumutbarem Maß um seine Versicherungsangelegenheiten gekümmert und auch den genannten Hinweisen in den Bescheiden der ARGE und dem Merkblatt des Rentenversicherungsträgers keine Beachtung geschenkt. Dass er zu einem anderen Verhalten (schon vor dem Schlaganfall vom 1.12.2007) krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und folgt auch nicht aus der Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen durch Mitarbeiter der "Pf." als einer Einrichtung der Obdachlosenhilfe. Der Kläger ist seinerzeit nicht obdachlos gewesen und hat nicht "auf der Straße" gelebt. Der bis April 2008 fortgesetzte (vorläufige) Einbehalt von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von der Altersrente des Klägers ist ebenfalls unbeachtlich. Der Rentenversicherungsträger hat im Rentenbescheid vom 21.6.2006 nämlich unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis noch nicht geklärt ist, die Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung deshalb (nur) unterstellt wird und der Beitragseinbehalt (nur)vorläufig unter Vorbehalt der Beitragsrückerstattung bei Nichtbestehen von Versicherungspflicht erfolgt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seit 20.6.2006 bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied krankenversichert ist.
Der 1941 geborene Kläger lebte seit 2003 (bis zur stationären Aufnahme in ein Pflegeheim am 21.1.2008) in einer Einrichtung des betreuten Wohnens. Daneben wurde er seit 2004 von einem Mitarbeiter (Sozialarbeiter) der "Pf.", einer Einrichtung des Caritasverbands F. für Obdachlose, betreut; dort wurden auch die Vermögensangelegenheiten des Klägers verwaltet.
Der Kläger bezog bis 19.6.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) nach Maßgabe des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch (SGB II, zuvor Sozialhilfebezug) und war deswegen pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Der Leistungsgewährung lag der Bewilligungsbescheid der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) vom 8.3.2006 zugrunde. Darin wurden dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.4.2006 bis 19.6.2006 bewilligt. In dem Bescheid wird (u.a.) darauf hingewiesen, dass nicht erwerbstätige Hilfebedürftige (Bezieher von Sozialgeld) nicht ("nicht" durch Fettdruck hervorgehoben) in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind. Die Prüfung einer etwaigen Familienversicherung erfolge durch die Krankenkasse; mit dieser möge ggf. Verbindung aufgenommen werden. Für den Kläger bestehe während des Bezugs von Arbeitslosengeld II Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung; er sei vom 1.4.2006 bis 19.6.2006 bei der Beklagten pflichtversichert.
Am 23.3.2006 beantragte der Kläger Altersrente bei der Deutschen Rentenversicherung K ... Den Rentenantragstellern wird ein Merkblatt des Rentenversicherungsträgers übergeben. Dieses enthält (unter Nr. 7) den Hinweis, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung in Betracht kommt, wobei der Beitritt innerhalb von 3 Monaten nach dem Ende der vorhergehenden Versicherung angezeigt werden muss. Auf den Charakter der Frist als Ausschlussfrist, nach deren Ablauf eine freiwillige Mitgliedschaft nicht mehr möglich ist, wird ebenfalls hingewiesen.
Nachdem der Beklagten die Beantragung von Altersrente vom Rentenversicherungsträger mitgeteilt worden war, leitete diese ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner ein. Der Zugang eines dieses Verfahren abschließenden Bescheids (vom 12.6.2006) an den Kläger ist unter den Beteiligten streitig.
Am 8.6.2006 beantragte der Kläger die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 20.6.2006 lehnte die ARGE den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Leistungsvoraussetzungen seien nicht mehr erfüllt, weil der Kläger mittlerweile das 65. Lebensjahr vollendet habe. In dem Bescheid heißt es weiter, der Kläger sei in der Zeit, in der er keine ("keine" durch Fettdruck hervorgehoben) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehe, durch den zuständigen Leistungsträger für den Fall der Krankheit nicht ("nicht" durch Sperrdruck hervorgehoben) versichert. Um Nachteile zu vermeiden, möge er sich bei seiner Krankenkasse über seine Rechte und Möglichkeiten (z.B. auf freiwillige Weiterversicherung) für diese Zeit erkundigen.
Mit Bescheid vom 21.6.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung K. dem Kläger Regelaltersrente ab 1.7.2006 in Höhe von 479,02 EUR monatlich. Im Rentenbescheid ist (u.a.) ausgeführt, da der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert sei, müsse aus der Rente ein Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abgeführt werden (monatlicher Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeitrag 41,57 EUR bzw. 9,00 EUR). Hierzu heißt es ergänzend, das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis habe noch nicht endgültig geklärt werden können. Um die Anweisung der Rente dadurch nicht unnötig zu verzögern, habe man zunächst Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterstellt. Sollte sich aufgrund der weiteren Erhebungen ein anderer Sachverhalt ergeben, werde man das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis umgehend berichtigen und die zu Unrecht einbehaltenen Beitragsanteile wieder erstatten. Die Abführung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde (erst) mit Rentenbescheid vom 22.4.2008 eingestellt.
Seit dem 20.6.2006 erhält der Kläger neben der Altersrente (ergänzende) Leistungen der Grundsicherung im Alter von der Beigeladenen (Bescheid vom 28.6.2006).
Am 1.12.2007 erlitt der Kläger einen Schlaganfall. Seitdem ist er rechts halbseitig gelähmt, urininkontinent und leidet außerdem an einer ausgeprägten Sprachstörung. Deswegen wurde er in der Neurologischen (Universitäts-)Klinik F. behandelt; anlässlich dieser Behandlung wurde die Frage nach dem Krankenversicherungsschutz des Klägers aufgeworfen. Mit Beschluss vom 6.12.2007 (13a XVII 1018/07) ordnete das Amtsgericht Freiburg im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Betreuung des Klägers für den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Wohnungsangelegenheiten an. Zur vorläufigen (berufsmäßigen) Betreuerin wurde Frau B. bestellt.
Am 13.12.2007 meldete die Beigeladene den Kläger zum 1.12.2007 bei der Beklagten gem. § 264 SGB V an.
Am 16.1.2008 zeigte die Betreuerin des Klägers für diesen den Beitritt zur freiwilligen Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung an (Schreiben vom 14.1.2008, Antrag auf freiwillige Weiterversicherung). Eine erneute Beitrittsanzeige gab sie mit Schreiben vom 27.3.2008 ab.
Am 21.1.2008 wurde der Kläger in ein Pflegeheim zur dauerhaften Unterbringung verlegt. Die Beigeladene hob die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen deswegen zum 1.2.2008 auf (Bescheid vom 28.1.2008).
Unter dem 8.4.2008 erstattete die Psychiaterin und Psychotherapeutin B. (Landratsamt - Gesundheitsamt - B. H.) ein amtsärztliches Gutachten. Diagnostiziert wurden (neben arterieller Hypertonie) eine mittelgradige depressive Episode und eine körperliche Behinderung (Hemiparese rechts und Aphasie nach Mediateilinfarkt). Der Kläger könne die Bereiche Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögens-, Behörden- und Heimangelegenheiten sowie Entgegennahme und Öffnen von Post auf Dauer nicht mehr selbst besorgen.
Mit Beschluss vom 17.4.2008 (13a XVII 1018/07) ordnete das Amtsgericht Freiburg für den Kläger Betreuung auf Dauer an und bestellte Frau B. auf Dauer zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Besorgung aller Vermögensangelegenheiten, Entgegennahme und Öffnen der Post, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Wohnungs-, Heim- und Behördenangelegenheiten. Mit Beschluss vom 25.11.2011 wurde Frau B. als Betreuerin entlassen und Herr W. zum (ehrenamtlichen) Betreuer bestellt.
Die Beklagte übersandte der Betreuerin des Klägers (Frau B.) auf deren Erklärung vom 14.1.2008 (Anzeige des Beitritts des Klägers zur freiwilligen Versicherung) die Unterlagen zur Durchführung der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die die Betreuerin am 25.1.2008 (teilweise) ausgefüllt zurücksandte.
Mit Schreiben vom 27.2.2008 teilte die Beklagte der Beigeladenen mit, der Kläger habe am 23.3.2006 Altersrente beantragt. Man habe die Voraussetzungen der Versicherungspflicht zur Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) geprüft und festgestellt, dass der Kläger die Vorversicherungszeit nicht erfülle. Dies habe man dem Kläger mit einem im Juni 2006 ergangenen (und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen) Bescheid mitgeteilt; Widerspruch sei nicht eingelegt worden. Der Kläger sei in diesem Bescheid auch auf die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung und die Ausschlussfrist von 3 Monaten für eine entsprechende Beitrittserklärung hingewiesen worden. Der Kläger habe eine Beitrittserklärung zur freiwilligen Versicherung nicht abgegeben. Die Beitrittsfrist habe nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld II am 19.6.2006 im September 2006 geendet.
Am 13.3.2008 teilte die Betreuerin des Klägers (Frau B.) der Beigeladenen auf Nachfrage mit, in der Wohnung des Klägers seien keine Unterlagen aufgefunden worden. Sie (die Betreuerin des Klägers) habe Unterlagen von einem Mitarbeiter der "Pf." erhalten; dorthin habe der Kläger an ihn gerichtete Schreiben gebracht. Ein Schreiben der Beklagten vom 12.6.2006 sei nicht bei den Unterlagen gewesen. In der "Pf." gebe es keine Unterlagen über den Kläger mehr; der Kläger selbst sei nicht ansprechbar.
Mit an den Kläger (dessen Betreuerin) gerichtetem Bescheid vom 15.7.2008 stellte die Beklagte fest, dass Versicherungspflicht zur Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht besteht. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger erhalte von der Beigeladenen laufende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII und gehöre deshalb gem. § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V nicht zum Kreis der zur Auffangversicherung Versicherungspflichtigen. Für die Krankenbehandlung sei weiterhin die Beigeladene als Sozialhilfeträger zuständig. Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde nicht eingelegt.
Mit Schreiben vom 30.1.2009 teilte die Beklagte dem Kläger (dessen Prozessbevollmächtigten) u.a. mit, der Rentenversicherungsträger führe ab Rentenbeginn vorsorglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab, bis die Versicherungspflicht zur Kranken- bzw. Pflegeversicherung der Rentner geklärt sei. Darüber werde der Rentenbezieher grundsätzlich im Rentenbescheid unterrichtet. Dem Kläger sei indessen erst in einem Rentenbescheid vom 22.4.2008 mitgeteilt worden, dass er die einbehaltenen Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge zurückerhalte.
Am 9.4.2009 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen (erneut) den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten an (Schriftsatz vom 6.4.2009). Die Beklagte möge prüfen, ob der Kläger nicht im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden müsse, als hätte er seinerzeit den Beitritt zur freiwilligen Versicherung ab 20.6.2006 rechtzeitig angezeigt.
Mit Schreiben vom 8.6.2009 übersandte die Beklagte dem Kläger (dessen Prozessbevollmächtigten) ein Duplikat (Muster) eines (Form-)Bescheides vom 12.6.2006; der Beigeladenen hatte sie ein entsprechendes Muster bereits mit Schreiben vom 10.3.2008 übersandt. Im Adressfeld des (Form-)Bescheids sind der Name des Klägers und eine - seinerzeit nicht aktuelle und erst seit 2008 gültige - Anschrift eingetragen. In dem (Form-)Bescheid wird festgestellt, dass mangels Vorversicherungszeit Mitgliedschaft zur Krankenversicherung der Rentner nicht eingetreten ist. Außerdem heißt es, sobald die Agentur für Arbeit keine Leistungen mehr zahle, sichere eine freiwillige Mitgliedschaft (bei der Beklagten) alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu dem Beitrag werde vom Rentenversicherungsträger ein Zuschuss gewährt. Möglicherweise behalte der Rentenversicherungsträger von der Rente vorsorglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein. Das bedeute aber nicht, dass deswegen Kranken- und Pflegeversicherung bestehe. Sobald der Rentenbescheid vorliege, sollten die als Anlage beigefügten Vordrucke für die Erklärung der freiwilligen Mitgliedschaft zur Kranken- und Pflegeversicherung und die Beantragung eines Beitragszuschusses möglichst bald ausgefüllt zurückgeschickt werden. Dann sei sichergestellt, dass die Antragsfrist von 3 Monaten nach dem Ende des Arbeitslosengeldes gewahrt werde.
In einem Aktenvermerk der Beklagten vom 10.7.2009 ist festgehalten, die Meldung zur Krankenversicherung der Rentner, der begleitende Schriftwechsel und die Durchschrift des standardisierten Ablehnungsbescheids (vom 12.6.2006), der dem Kläger als einfacher Brief bekannt gegeben worden sei, sowie ein Antrag auf freiwillige (Weiter-)Versicherung bzw. Beitragszuschuss seien nicht auffindbar.
Mit Bescheiden vom 8.6.2009 und 16.7.2009 lehnte die Beklagte die Durchführung der freiwilligen (Weiter-)Versicherung ab 20.6.2006 wegen verspäteter Beitrittsanzeige ab. Zur Begründung führte sie aus, im Hinblick auf die servicestandardisierten Hinweise im (Form-)Bescheid vom 12.6.2006 habe der Kläger nach dem Ende der Vorrangversicherung (19.6.2006) unter Wahrung der Ausschlussfrist von 3 Monaten genügend Zeit gehabt, die Folgeversicherung sicherzustellen (Bescheid vom 8.6.2009). Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Im Bereich der Massenverwaltung könnten die Versicherten nicht von Amts wegen über alle Eventualitäten individuell beraten werden (Bescheid vom 16.7.2009).
Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3.11.2009) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe die Ausschlussfrist von 3 Monaten für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung versäumt; der Beitritt zum 20.6.2006 sei (erstmals) mit Schreiben der Betreuerin B. vom 14.1.2008 angezeigt worden. Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne sich der Kläger nicht berufen. Er sei (auch) durch das entsprechende Merkblatt des Rentenversicherungsträgers auf die freiwillige Kranken- bzw. Pflegeversicherung und die für den Beitritt geltende Dreimonatsfrist hingewiesen worden. Dem Kläger sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist (§ 27 SGB X) nicht zu gewähren, da bei Abgabe der Beitrittserklärung im Januar 2008 (jedenfalls) die Jahresfrist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 27 Abs. 3 SGB X) verstrichen gewesen sei; die Jahresfrist habe mit Ablauf der Beitrittsfrist am 19.9.2006 begonnen und daher im September 2007 geendet.
Am 7.1.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg. Er trug vor, die Beklagte habe seinerzeit ihre Pflicht zur Spontanberatung verletzt und ihn nicht über die Möglichkeit und die Modalitäten einer freiwilligen Weiterversicherung informiert. Außerdem sei er nicht imstande gewesen, die erforderlichen Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Deswegen sei die Dreimonatsfrist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung bis zur Bestellung eines Vertreters (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 SGB X) gehemmt gewesen.
Die Beklagte trug vor, sie sei ohne konkreten Beratungsanlass nicht verpflichtet, ihre Mitglieder auf die Beendigung des Versicherungsverhältnisses und die Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung hinzuweisen. Andernfalls müsste wegen der Vielzahl der Meldevorgänge, etwa bei der Unterbrechung von Beschäftigungen, eine unübersehbare Zahl von Hinweisen ergehen, was in der Verwaltungspraxis nicht möglich sei. Allgemeine Informationen des Versicherten, auch durch andere Sozialleistungsträger, müssten genügen. Vorliegend gehe es auch nicht um die Belange des Klägers, sondern um Kosteninteressen (Erstattungsansprüche) der Beigeladenen. Akten für die Zeit vor Dezember 2007 seien nicht mehr vorhanden. Der Kläger habe im Mai/Juni 2006 Sozialhilfe beantragen können; er hätte sich daher, wenn er das gewollt hätte, auch um seine Krankenversicherungsangelegenheiten kümmer können. Dem Kläger seien außerdem bei der Rentenantragstellung Merkblätter des Rentenversicherungsträgers ausgehändigt worden, die ihn hätten veranlassen müsse, sich mit ihr wegen der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen.
Mit Urteil vom 28.3.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe die Frist von 3 Monaten für den Beitritt zur freiwilligen Kranken- bzw. Pflegeversicherung versäumt. Die Dreimonatsfrist habe am 19.9.2006 geendet, die Beitrittserklärung sei (erst) am 16.1.2008 abgegeben worden. Für den Fristbeginn könne nicht auf die Anordnung der Betreuung und die Bestellung der Betreuerin B. durch Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 6.12.2007 abgestellt werden. Die Dreimonatsfrist wäre bis dahin nur dann gehemmt gewesen, wenn der Kläger seit Beendigung der Versicherungspflicht (am 19.6.2006) geschäftsunfähig und deswegen an der Abgabe der Beitrittserklärung gehindert gewesen wäre (vgl. BSG, Urt. v. 28.5.2008, - B 12 KR 16/07 R -). Das sei nicht der Fall. Der Kläger habe am 1.12.2007 einen Schlaganfall mit weitreichenden Folgen erlitten. Aus den Betreuungsakten sei aber nicht ersichtlich, dass schon davor (am 20.6.2006) Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, zumal der Kläger (selbst) das Rentenverfahren betrieben und um die Gewährung von Sozialhilfe nachgesucht habe. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien nicht erfüllt. Der Kläger sei im Bescheid über die Einstellung des Arbeitslosengelds II aufgefordert worden, sich wegen der Beendigung der gesetzlichen Versicherungspflicht mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Dem sei er nicht nachgekommen. Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, sich wegen einer Beratung an den Kläger zu wenden und diesen auf die gesetzliche Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung hinzuweisen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist scheide aus, da die Betreuerin B. die für den Wiedereinsetzungsantrag geltende Zweiwochenfrist (§ 27 Abs. 2 SGB X) versäumt habe.
Auf das ihm am 9.5.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.6.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe seinerzeit die Frist für den Beitritt zur freiwilligen Versicherung versäumt, weil ihm die Beendigung des (Pflicht-)Versicherungsschutzes nach § 190 Abs. 12 SGB V und die Möglichkeit und die Modalitäten der freiwilligen (Weiter-)Versicherung nicht geläufig gewesen seien. Er habe nicht gewusst, dass er wegen seiner Kranken- und Pflegeversicherung tätig werden müsse, zumal von seiner Rente bis April 2008 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einbehalten worden seien. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Spontanberatung verletzt und ihn nicht darauf hingewiesen, dass Versicherungsplicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner nicht bestehe und er binnen einer Dreimonatsfrist den Beitritt zur freiwilligen Versicherung erklären müsse. Mit dem Auslaufen des Arbeitslosengelds II sei für die Beklagte offenkundig gewesen, dass er Krankenversicherungsschutz nur über die Krankenversicherung der Rentner oder über eine freiwillige (Weiter-)Versicherung erlangen könne. Daher hätte man ihn entsprechend beraten müssen.
Bei Fehlen der Vorversicherungszeiten für die Krankenversicherung der Rentner müsse über die allein verbleibende und sich aufdrängende freiwillige Versicherung beraten werden (LSG Saarland, - L 2 KR 27/02 -). Das gelte erst Recht, wenn der Krankenkasse der Bezug von Sozialhilfe bekannt sei (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -). Die Beklagte habe bereits am 12.6.2006 festgestellt, dass Versicherungsplicht zur Krankenversicherung der Rentner nicht bestehe und hätte ihn deswegen sogleich hinsichtlich der freiwilligen (Weiter-)Versicherung beraten müssen. Im amtsärztlichen Gutachten vom 8.4.2008 sei eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert worden; wegen dieser psychischen Erkrankung habe er seine Geschäfte auch vor der Anordnung der Betreuung und der Bestellung einer Betreuerin nicht eigenständig führen können. Seit Sommer 2004 sei er von der "Pf." des Caritasverbands F. betreut worden. Über ein eigenes Konto habe er nicht verfügt; seine Leistungen (nach dem SGB II) habe der Caritasverband verwaltet. Nach Angaben seines damaligen Ansprechpartners B. (Mitarbeiter des Caritasverbands) sei er außerstande gewesen, sich hinreichend um seine Angelegenheiten zu kümmern. Er habe erst mit der Erstattung der vom Rentenversicherungsträger (vorläufig) einbehaltenen Beitragsanteile (im April 2008) erkennen können, dass er seit 20.6.2006 nicht mehr kranken- und pflegeversichert gewesen sei. Der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 weise nicht auf die Notwendigkeit zur Kontaktaufnahme mit der Beklagten hin. Ein anderer Bescheid sei ihm nicht bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.3.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 8.6.2009 und 16.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2009 zu verurteilen, für ihn ab 20.6.2006 die freiwillige Krankenversicherung durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe im Jahr 2006 keinen Kontakt mit ihr aufgenommen. Sie habe die Voraussetzungen der Kranken- bzw. Pflegeversicherung der Rentner nach Beantragung der Altersrente geprüft. Der Rentenversicherungsträger habe sie von der Antragstellung in Kenntnis gesetzt und dem Kläger die einschlägigen Informationsblätter auch zur Krankenversicherung ausgehändigt. Am 12.6.2006 habe sie festgestellt, dass Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner nicht bestehe und dies sowohl dem Rentenversicherungsträger per Datensatz wie dem Kläger durch entsprechenden (in den Akten allerdings nicht mehr vorhandenen) Bescheid mitgeteilt; hierfür werde regelmäßig ein Formbescheid benutzt, der die in Rede stehenden Hinweise zum Krankenversicherungsschutz enthalte. Hätte der Kläger den Bescheid vom 12.6.2006 tatsächlich nicht erhalten, hätte er bei ihr nachfragen müssen, nachdem er einen (dann nicht beschiedenen) Antrag auf Durchführung der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner gestellt habe. Hinsichtlich des vorläufigen Einbehalts von Beiträgen durch den Rentenversicherungsträger sei der Kläger im Rentenbescheid darauf hingewiesen worden, dass deswegen Versicherungsschutz nicht bestehe. Auch der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 enthalte den Hinweis, dass Kranken- und Pflegeversicherungspflicht nicht bestehe und sich der Kläger ggf. mit der Krankenkasse in Verbindung setzen solle. Der Kläger hätte daher hinreichend Anlass gehabt, sich um seine Versicherungsangelegenheiten zu kümmern. Dahingehende Belehrungen fänden sich auch im Bescheid der ARGE vom 20.6.2006. Der Kläger sei damit von allen beteiligten Sozialleistungsträgern darüber unterrichtet worden, dass er seinen Versicherungsschutz (mit ihr) abklären müsse. Auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne er sich deswegen nicht berufen. Davon abgesehen sei in § 9 SGB V eine Belehrung über die Frist zur Erklärung des Beitritts zur freiwilligen Versicherung (anders als etwa in § 191 Satz 1 Nr. 3 SGB V a.F. hinsichtlich des Ausschlusses von der freiwilligen Versicherung wegen Beitragsrückstands) nicht vorgesehen.
Werde die freiwillige Versicherung (wegen Versäumens der Beitrittsfrist) nicht durchgeführt, sei der (ehemalige) Versicherte deswegen nicht schutzlos. Er könne ggf. Leistungen zur Krankenbehandlung über den Sozialhilfeträger erhalten (vgl. § 264 SGB V). Außerdem komme die Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Betracht. Das Fehlen der freiwilligen Versicherung habe letztendlich nur Bedeutung für die Zuständigkeit des Leistungsträgers. Deswegen bestehe kein Anlass, die klare Regelung des § 9 SGB V mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - zu Gunsten der Beigeladenen als Sozialhilfeträger - zu unterlaufen. Wer sich um seine Versicherungsangelegenheiten nicht kümmere und den Zugang von Bescheiden oder Merkblättern bestreite, könnte über den Herstellungsanspruch noch nach Jahr und Tag die freiwillige Versicherung erwirken. Das System des Gesetzes, wonach sich Beginn und Ende der jeweiligen (ggf. aufeinander folgenden) Versicherungsverhältnisse aus den gesetzlichen Versicherungstatbeständen ergebe, würde mit dem Herstellungsanspruch aufgeweicht. Dass der Kläger (schon) im Jahr 2006 zur Besorgung seiner Angelegenheiten außerstande gewesen wäre, sei nicht ersichtlich, nachdem er jedenfalls zur Beantragung der Altersrente und des Arbeitslosengelds II in der Lage gewesen sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung für den Kläger zu Recht abgelehnt. Er ist bei ihr (ab 20.6.2006) nicht freiwilliges Mitglied geworden.
I. Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V können Personen der (Kranken-)Versicherung beitreten, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens vierundzwanzig Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens zwölf Monate versichert waren; Zeiten der Mitgliedschaft nach § 189 SGB V (Mitgliedschaft von Rentenantragstellern) und Zeiten, in denen eine Versicherung allein deshalb bestanden hat, weil Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen wurde, werden nicht berücksichtigt. Gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ist der Beitritt der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen; für die Fristberechnung gilt § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. den §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 2. Halbsatz BGB. Dadurch soll die Krankenkasse davor geschützt werden, dass ausgeschiedene Versicherungspflichtige - nach längerer Unterbrechung der Beitragsleistung - erst dann ihrer Kasse wieder beitreten, wenn sie sich krank fühlen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). Die freiwillige Mitgliedschaft der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V genannten Versicherungsberechtigten beginnt - bei fristgerechter Beitrittsanzeige - mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht (§ 188 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Bei Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V kommt die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X - BSG; Urt. v. 28.5.2008, - B 12 KR 16/07 R - ) oder die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (zu dessen Anwendung auf (materielle) Ausschlussfristen etwa BSG, Urt. v. 17.12.1980, - 12 RK 34/80 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.1998, - L 5 KR 44/97 -) in Betracht. Beides ist unabhängig voneinander zu prüfen (LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 - unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 27.7.2004, - B 7 SF 1/03 R -, LSG Thüringen, Urt. v. 21.2.2005, - L 6 KR 665/03 -, LSG Bayern, Urt. v. 1.06.2009, - L 4 KR 356/07 -, a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, - L 9 KR 167/02 -: insoweit abschließende Regelung durch § 27 SGB X) und kann dazu führen, dass die Beitrittsfrist als gewahrt gilt.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer gesetzlichen Frist, wie der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V, gewährt werden. Das setzt voraus, dass der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB X innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Handlung, hier die Beitrittsanzeige nach § 9 Abs. 2 SGB V, nachzuholen. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Rechtshandlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 27 Abs. 3 SGB X). Die Unkenntnis über das Recht zum Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung nach Ausscheiden aus der Versicherungspflicht stellt auch dann keine höhere Gewalt i. S. d. § 27 Abs. 3 SGB X dar, wenn eine entsprechende Beratung nicht erfolgt ist (LSG Berlin, Urt. v. 22.9.2004, - L 9 KR 33/04 -). Hinsichtlich der Ausschlussfrist des § 27 Abs. 3 SGB X kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden (von Wulffen, SGB X § 27 Rdnr. 9).
Mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann der Versicherte so gestellt werden, als hätte er die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V nicht versäumt. Das setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (§ 14 SGB I) und Auskunft (§ 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Versicherten ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensation in Geld, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, d. h. auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustands, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (so BSG, Urt. v. 20.10.2010, - B 13 R 15/10 R -, ständige Rechtsprechung; vgl. auch etwa Senatsurteil vom 14.12.2011, - L 5 KR 6116/09 -).
Zur Erfüllung der Beratungspflicht aus § 14 SGB I muss der Versicherungsträger einem Beratungsbegehren (Beratungsantrag) des Versicherten nachkommen (Antragsberatung). Er muss den Versicherten außerdem bei konkretem Anlass auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden (Spontanberatung). Die gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Beratung über die Frist für die Anzeige des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 9 Abs. 2 SGB V (vgl. etwa LSG Saarland, Urt. v. 18.2.2004, - L 2 KR 27/02 -; LSG Berlin, Urt. v. 3.9.2003, - L 15 KR 31/01 -). Insoweit ist aber zu beachten, dass die Kenntnis der Versicherten von Gesetzen nach dem Grundsatz der formellen Publizität jedenfalls bei Normen mit hohem Bekanntheitsgrad angenommen werden kann (zu § 9 SGB V etwa LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Für den Umfang der Beratungspflicht, namentlich der Pflicht zur Spontanberatung, müssen außerdem die Sachgesetzlichkeiten des jeweiligen Versicherungszweigs und etwaige Sonderregelungen über die Beratungs- und Hinweispflicht der Versicherungsträger berücksichtigt werden. Die Beendigung und ggf. die Neubegründung der Krankenversicherungspflicht, etwa bei Beendigung und Wiederaufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses (§§ 186 Abs. 1, 190 Abs. 2 SGBV) oder bei Änderungen im Bezug bestimmter Sozialleistungen (vgl. § 5 Abs. 2 oder 2a SGB V), stellt einen in der Verwaltungspraxis der Krankenkassen häufigen Tatbestand (i.S. einer Massenverwaltung) dar, der den Krankenkassen zudem meist mit zeitlichen Verzögerungen gemeldet wird. In solchen Fällen kann deswegen nicht jeweils auf die, ohnehin nicht ohne Weiteres in Betracht kommende freiwillige (Weiter-)Versicherung hingewiesen werden, zumal § 9 Abs. 1 SGB V die freiwillige Versicherung für sehr unterschiedliche Fallgestaltungen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 SGB V) vorsieht (LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Für eine Spontanberatung besteht für die Krankenkasse deswegen regelmäßig kein hinreichend konkreter Anlass. Außerdem ist die Beitrittsfrist von 3 Monaten so bemessen, dass dem Versicherten genügend Zeit bleibt, um ggf. bei der Krankenkasse um eine (Antrags-)Beratung hinsichtlich der Fortsetzung seines Versicherungsverhältnisses nachzusuchen. Schließlich sind Beratungs- und Hinweispflichten der Krankenkassen zum Teil im SGB V näher geregelt. So sieht bspw. § 190 Abs. 3 Satz 1 SGB V einen Hinweis der Krankenkasse über Austrittsmöglichkeiten bei Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze vor. Gem. § 191 Nr. 3 SGB V a.F. musste die Krankenkasse auf die Folgen von Beitragsrückständen hinweisen. Eine entsprechende Regelung enthält § 9 Abs. 2 SGB V nicht (LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 -). Nach Auffassung des Senats liegt in der Beendigung der Pflichtversicherung und der Möglichkeit der Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung daher grundsätzlich kein Anlass zur Spontanberatung der Versicherten über die für die freiwillige Weiterversicherung geltenden Voraussetzungen (so auch LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 6.5.2002, - L 1 KR 30/01 - unter Hinweis auf Gerlach, in Hauck/Noftz, SGB V § 9 Rdnr. 50; Kruse, in LPK-SGB V § 9 Rdnr. 19; Wollenschläger, in Wannagat, SGB V § 9 Rdnr. 24; Peters, in KassKomm., § 9 SGB V Rdnr 49; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, L 9 KR 167/02 -; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.11.1998, - L 5 KA 44/97 -). Anderes kann jedoch gelten, wenn besondere Umstände - insbesondere in der Person des Klägers und dessen sozialrechtlichen Verhältnissen - vorliegen und der Krankenkasse bekannt sind, die eine Spontanberatung über die freiwillige Weiterführung der Krankenversicherung und die dabei zu beachtenden Verfahrenshandlungen als geboten erscheinen lassen (vgl. etwa LSG Saarland, Urt. v. 18.2.2004, - L 2 KR 27/02 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 3.3.2011, - L 5 KR 108/10 -). Ausschlaggebend sind die Umstände des Einzelfalls, weshalb allgemeine Festlegungen nicht möglich sind.
Bei Vorliegen von Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit kommt schließlich die entsprechende Anwendung des § 210 BGB in Betracht; dies ist durch die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in § 27 SGB X nicht ausgeschlossen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, - L 5 KR 131/09 -). § 210 BGB Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB bestimmt: Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so tritt eine für oder gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig oder der Mangel der Vertretung behoben wird. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate. Danach ist bei einem Geschäftsunfähigen die Frist zur Beitrittsanzeige nach § 9 Abs. 2 SGB V bis zum Wegfall des Mangels gehemmt. Bei Beendigung des Hemmungsgrundes - sei es, dass der Versicherte wieder unbeschränkt geschäftsfähig wird oder dass der Mangel der Vertretung endet (vgl. etwa § 15 Abs. 1 Nr. 4 SGB X) - muss der Beitritt entsprechend § 210 Abs. 1 Satz 2 BGB innerhalb der Dreimonatsfrist angezeigt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.3.2010, L 5 KR 131/09).
II. Davon ausgehend hat die Beklagte die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung für den Kläger (ab 20.2.2006) zu Recht abgelehnt. Der Kläger ist nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten geworden. Er hat die Beitrittsfrist des § 9 Abs. 2 SGB V versäumt; der Fristablauf war nicht gehemmt. Das Fristversäumnis kann weder durch Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs behoben werden.
1.) Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass der Kläger der freiwilligen Krankenversicherung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V grundsätzlich hätte beitreten können. Er ist zum 19.6.2006 als Mitglied der Beklagten aus der Versicherungspflicht ausgeschieden; er war zuletzt als Bezieher von Arbeitslosengeld II gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht endete mit Ablauf des letzten Tags des Leistungsbezugs, also mit Ablauf des 19.6.2006 (§ 190 Abs. 12 SGB V). Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V festgelegte Vorversicherungszeit ist (ebenfalls unstreitig) erfüllt.
2.) Der Kläger hat jedoch die Dreimonatsfrist (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V) für die Anzeige des Beitritts zur freiwilligen Krankenversicherung versäumt.
Die Beitrittsfrist hat gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nach Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers zum 19.6.2006 begonnen und ist im September 2006 abgelaufen. Der Beitritt des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung ist erstmals am 16.1.2008 und damit (lange Zeit) nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V angezeigt worden.
Der Fristlauf ist nicht in entsprechender Anwendung des § 210 Abs. 1 BGB gehemmt gewesen. Dass der Kläger schon vor dem am 1.12.2007 erlittenen Schlaganfall bzw. vor Ablauf der Beitrittsfrist geschäftsunfähig bzw. in der Geschäftsfähigkeit beschränkt gewesen oder infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage gewesen wäre, in dem Verwaltungsverfahren (Beitritt zur freiwilligen Versicherung bzw. Abgabe der Beitrittsanzeige) selbst tätig zu werden, ist nicht ersichtlich. Hierfür gibt es keine Grundlage in ärztlichen Feststellungen. Der Kläger ist seinerzeit zwar u.a. von einer Einrichtung der Obdachlosenhilfe betreut worden und hat sich offenbar nicht hinreichend um seine Vermögens- oder Versicherungsangelegenheiten gekümmert. Das genügt für die Feststellung insbesondere von Geschäftsunfähigkeit freilich nicht. Der Kläger ist erst seit dem Schlaganfall vom 1.12.2007 außerstande, (u.a.) Vermögens- und Behördenangelegenheiten selbst zu besorgen; die zuständige Amtsärztin hat dies im Gutachten vom 8.4.2008 festgestellt und als Schlaganfallfolgen eine Hemiparese rechts, eine Aphasie sowie eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Für die Zeit vor dem Schlaganfall sind entsprechende (ärztliche) Feststellungen nicht getroffen worden und im Nachhinein auch nicht mehr möglich. Meinungsäußerungen der den Kläger seinerzeit in der "Pf." betreuenden Sozialarbeiter können die notwendigen ärztlichen Feststellungen nicht ersetzen. Im Übrigen ist der Kläger vor dem 1.12.2007 ersichtlich noch imstande gewesen, an den Verwaltungsverfahren zur Gewährung von Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II und Altersrente ausreichend mitzuwirken.
3.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beitrittsfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V kann dem Kläger nicht gewährt werden. Dies scheitert schon daran, dass (auch) die Jahresfrist des § 27 Abs. 3 SGB X für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und für die Nachholung der Beitrittsanzeige am 16.1.2008 bereits verstrichen war. Die Jahresfrist hat nach dem Ende der versäumten (Dreimonats-)Frist Mitte September 2006 begonnen und ist daher Mitte September 2007, also mehrere Monate vor der Beitrittsanzeige (und damit der Nachholung der versäumten Rechtshandlung) im Januar 2008 abgelaufen gewesen. Höhere Gewalt i. S. d. § 27 Abs. 3 SGB X hat nicht vorgelegen; dafür genügt insbesondere eine etwaige Unkenntnis des Klägers von der Notwendigkeit, den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung rechtzeitig anzuzeigen, nicht.
4.) Der Kläger kann schließlich nicht mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als hätte er den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung fristgerecht angezeigt. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat eine ihr gegenüber dem Kläger obliegende Beratungspflicht nicht verletzt.
Der Kläger ist mit einem Beratungsantrag nicht an die Beklagte herangetreten, so dass allenfalls eine Pflicht der Beklagten zur Spontanberatung in Betracht kommt. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Beklagten ist allerdings der Bezug des Klägers von Arbeitslosengeld II bis zur Bewilligung von Altersrente bekannt gewesen und sie hat die Durchführung der Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) mit Bescheid vom 12.6.2006 abgelehnt. Damit hat für sie hinreichend konkreter Anlass bestanden, den Kläger auf die nach Lage der Dinge ersichtlich einzige Möglichkeit zur Fortsetzung des Krankenversicherungsschutzes im Wege der freiwilligen Versicherung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (auf Kosten der Beigeladenen als Sozialhilfeträger) und die dafür geltenden (Verfahrens-)Modalitäten hinzuweisen. Der Erfüllung dieser Hinweispflicht dienen die entsprechenden Hinweise, die die Beklagte offenbar formularmäßig in den Bescheiden über die Ablehnung der Durchführung der Rentnerkrankenversicherung erteilt. Der Kläger bestreitet indessen, den Bescheid vom 12.6.2006 erhalten zu haben. Hierauf kommt es entscheidungserheblich jedoch nicht an, so dass diese Frage offen bleiben kann.
Dem Kläger sind nicht nur im Bescheid der Beklagten vom 12.6.2006, sondern auch in Bescheiden bzw. Merkblättern anderer Sozialleistungsträger einschlägige Hinweise zu seinen krankenversicherungsrechtlichen Verhältnissen und zur Notwendigkeit der Fortführung des Krankenversicherungsschutzes und den Modalitäten einer etwaigen freiwilligen (Weiter-)Versicherung erteilt worden. So enthält der Bescheid der ARGE vom 8.3.2006 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II den Hinweis, dass während des Bezugs von Arbeitslosengeld II Krankenversicherungsschutz bei der Beklagten besteht und der Kläger bei dieser bis 19.6.2006 pflichtversichert ist. Damit hat für den Kläger hinreichend Anlass bestanden, sich hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes für die Zeit nach dem 19.6.2006 mit der Beklagten in Verbindung zu setzen und um entsprechende Beratung nachzusuchen. Das gilt erst Recht nach Ergehen des weiteren Bescheids der ARGE vom 20.6.2006, in dem diese den am 8.6.2006 gestellten Antrag des Klägers auf Weitergewährung von Arbeitslosengeld II abgelehnt hat. In diesem Bescheid ist - drucktechnisch hervorgehoben - darauf hingewiesen, dass der Kläger für den Fall der Krankheit nicht versichert ist, wenn er keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht und er sich deswegen zur Vermeidung von Nachteilen über seine Rechte und Möglichkeiten - z. B. auf freiwillige Weiterversicherung - bei der Krankenkasse erkundigen soll. In dem Merkblatt, das der Rentenversicherungsträger bei der Beantragung von Altersrente aushändigt, ist (unter Nr. 7) ebenfalls darauf hingewiesen, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner ein Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung in Betracht kommt, wobei der Beitritt innerhalb von 3 Monaten nach dem Ende der vorhergehenden Versicherung angezeigt werden muss. Auf den Charakter der Frist als Ausschlussfrist, nach deren Ablauf eine freiwillige Mitgliedschaft nicht mehr möglich ist, wird ebenfalls ausdrücklich hingewiesen. Dass der Kläger auch die genannten Bescheide der ARGE und das Merkblatt des Rentenversicherungsträgers nicht erhalten habe, wird nicht behauptet. Damit war der Kläger aber über die Notwendigkeit, zur Erhaltung des Krankenversicherungsschutzes ab dem 20.6.2006 tätig werden und sich ggf. an die Beklagte wenden zu müssen, hinreichend informiert. Auch über die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung und die Frist von 3 Monaten für die Beitrittsanzeige ist er unterrichtet worden. Der Kläger hat sich freilich nicht in gebotenem und auch ihm zumutbarem Maß um seine Versicherungsangelegenheiten gekümmert und auch den genannten Hinweisen in den Bescheiden der ARGE und dem Merkblatt des Rentenversicherungsträgers keine Beachtung geschenkt. Dass er zu einem anderen Verhalten (schon vor dem Schlaganfall vom 1.12.2007) krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und folgt auch nicht aus der Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen durch Mitarbeiter der "Pf." als einer Einrichtung der Obdachlosenhilfe. Der Kläger ist seinerzeit nicht obdachlos gewesen und hat nicht "auf der Straße" gelebt. Der bis April 2008 fortgesetzte (vorläufige) Einbehalt von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen von der Altersrente des Klägers ist ebenfalls unbeachtlich. Der Rentenversicherungsträger hat im Rentenbescheid vom 21.6.2006 nämlich unmissverständlich darauf hingewiesen, dass das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis noch nicht geklärt ist, die Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung deshalb (nur) unterstellt wird und der Beitragseinbehalt (nur)vorläufig unter Vorbehalt der Beitragsrückerstattung bei Nichtbestehen von Versicherungspflicht erfolgt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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