Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 3739/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 965/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Meldeaufforderung vom 09.10.2012 sowie gegen den das Meldeversäumnis sanktionierenden Bescheid vom 18.10.2012.
Der am 18.10.1972 geborene Kläger zog im Dezember 2007 in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten und bezog ab dem 27.12.2007 von diesem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04. - 30.09.2013 i.H.v. insg. 692,- EUR monatlich. Die - meist elektronischen - Eingaben des Klägers während des laufenden Leistungsbezuges, die, soweit sie Anknüpfungspunkte zum Leistungsbezug aufweisen, vornehmlich die Erstattung von Bewerbungskosten und die Form, in der Bewerbungsbemühungen nachzuweisen sind, zum Inhalt hatten, die zu einem Aktenumfang von mehr als 5.500 Seiten (Stand Juni 2013) geführt haben und die den Beklagten dazu veranlasst haben, den Kläger mehrfach dazu aufzufordern, selbige auf das notwendige Maß zu reduzieren, haben z.T. die Grenzen des Akzeptablen mehrfach massiv überschritten (vgl. bspw. die e-Mails vom 05.06., vom 21.08, vom 26.09. und vom 01.10.2012).
Der Kläger wurde vom Beklagten unter dem 28.09.2012 aufgefordert, sich am 09.10.2012, 11.00 Uhr im Jobcenter Karlsruhe Stadt, Brauerstr. 10, 76135 Karlsruhe, Zimmer 264 einzufinden. Mit ihm solle "über das Procedere der Bewerbungskostenerstattung" gesprochen werden. Dem Schreiben war neben einer Rechtsfolgen- und Rechtsmittelbelehrung auch der Hinweis, dass wenn der Kläger der Einladung nicht folge, das Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate gemindert werde, angeschlossen.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger u.a. vorgebracht hat, aus der Einladung gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte bei ihm zu entschuldigen habe und er nicht die Absicht habe, den Sachbearbeiter, den er als "homosexuelle Hure" bezeichnete, über seine Bewerbungen zu unterrichten, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 als unbegründet zurück. Eine Meldeverpflichtung des Klägers bestehe, da dieser Grundsicherungsleistungen beanspruche. Zum Meldetermin am 09.10.2012 erschien der Kläger nicht.
Nachdem der Kläger im Rahmen einer Folgeeinladung vom 10.10.2012 Gelegenheit zur Äußerung gewährt wurde, minderte der Beklagte mit Bescheid vom 18.10.2012 die dem Kläger gewährten Arbeitslosengeld II- Leistungen für die Zeit vom 01.11.2012 - 31.01.2013 um 10 v.H. der maßgeblichen Regelbedarfs i.H.v. 37,40 EUR monatlich. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 als unbegründet zurück. Der Kläger sei der Meldeaufforderung zum 09.10.2012 ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen, die Absenkung des Arbeitslosengeldes sei deshalb nicht zu beanstanden.
Am 15.10.2012 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, die er am 25.10.2012 im Hinblick auf den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 erweitert hat. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, aus der Einladung zum Meldetermin gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte über das im Streit stehende Bewerbungskostenerstattungsprozedere bei ihm entschuldigen möchte. Es liege ein offensichtlicher Betrug vor.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Mit Urteil vom 16.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide verweisen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und ergänzend ausgeführt, dass ein ausreichender Meldezweck vorlag, da es wegen der besonderen Situation notwendig war, persönlichen Kontakt zum Kläger herzustellen, um mit ihm die Problematik der Bewerbungskosten zu klären. Ein solches Gespräch sei im Hinblick auf die Vielzahl der gestellten Anträge sachgerecht gewesen, da eine Klärung im schriftlichen Verfahren nicht herbeiführbar gewesen sei. Einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen habe der Kläger nicht vorgetragen noch sei ein solcher anderweitig ersichtlich.
Gegen das am 23.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.02.2013 Berufung eingelegt, ohne diese verfahrensbezogen zu begründen. Am 24.06.2013 hat der Kläger dem Senat einen Bescheid des Beklagten vom 17.06.2013, mit dem der Beklagte seinen Bescheid vom 27.03.2013, mit dem Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch i.H.v. 167,- EUR bewilligt wurden, widerrufen hat, vorgelegt und sinngemäß dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Oktober 2012 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Beklagte hat der Einbeziehung des Bescheides vom 17.06.2013 widersprochen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 08.07.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 02.08.2013 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten verwiesen.
II.
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 SGG) wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt; sie ist zulässig.
Der Senat konnte die Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Der Bescheid vom 17.06.2013 ist, da der Beklagte eine Einwilligung nicht erteilt und eine Klageänderung auch nicht sachdienlich ist - der Bescheid steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden - nicht im Wege eine Klageänderung Inhalt des Berufungsverfahrens geworden (vgl. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG).
Soweit sich der Kläger gegen die Meldeaufforderung des Beklagten vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2012 wendet, nach der er am 09.10.2012 beim Beklagten vorsprechen sollte, führt die Berufung für den Kläger nicht zum Erfolg. Die Meldeaufforderung stellt nach richtiger Ansicht einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.12.2011 - B 14 AS 146/11 B - in juris; Birk in LPK-SGB II, 4. Aufl., 2011, § 59 Rn 2). Durch das fruchtlose Verstreichenlassen des Termins am 09.10.2012 haben sich die Rechtswirkungen der Meldeaufforderung jedoch erschöpft; der Regelungsinhalt der Einladung vom 28.09.2012 hat sich darauf beschränkt, dass der Kläger am 09.10.2012 zu einer Vorsprache seine berufliche Situation in den Räumlichkeiten der Beklagten erscheinen soll. Weitere unmittelbare Wirkungen, wie § 31 Satz 1 SGB X sie für einen Verwaltungsakt erfordert, kommen der Meldeaufforderung der Beklagten nicht mehr zu; der Verwaltungsakt hat sich erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X; vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.01.2013 - L 6 AS 1792/12 - veröffentlicht in juris).
Eine Aufhebung der Meldeaufforderung vom 28.09.2012 kann im Wege der Anfechtungsklage nicht mehr erreicht werden, weswegen das Rechtsschutzbegehren des Klägers als Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.09.2012 rechtswidrig gewesen ist, d.h. als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen ist (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 12.11.2012 - L 3 AL 3928/11 - n.v.). Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht. Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn bereits der vorliegende Akteninhalt zeigt, dass es der Beklagte wiederholt unternommen hat, den Kläger zu Meldeterminen einzuladen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Einladungen zu erwarten sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R - veröffentlicht in juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 131 Rn. 10 ff).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2012 war rechtmäßig. Gemäß § 59 SGB II sind im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Vorschriften über die allgemeine Meldepflicht, § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), entsprechend anzuwenden. Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben sich Arbeitslose während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Meldung muss bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle erfolgen (§ 309 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Aufforderung zur Meldung kann nach § 309 Abs. 2 u.a. zum Zwecke der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren (Nr.4) erfolgen. Der Meldezweck ermöglicht es, für praktisch alle Belange des Leistungsverfahrens persönlichen Kontakt zum Arbeitslosen herstellen zu können. Hierdurch soll die Möglichkeit eröffnet werden, eine ausreichende Tatsachenbasis für zügige und gesetzeskonforme Entscheidungen zu erlangen (vgl. Düe in Brand, SGB III, 6.Aufl., 2012, § 309, Rn. 11). Die Meldeaufforderung zum 28.09.2012 hat diesen gesetzlichen Vorgaben entsprochen, insb. unterfällt der Zweck der Vorsprache, über das Procedere der Bewerbungskostenerstattung zu sprechen, dem Meldezweck des § 309 Abs. 2 Nr.4 SGB III. Auch hat die Aufforderung den Ort und die Zeit der Meldung konkret und unmissverständlich benannt und, obschon dies keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelbelehrung beinhaltet.
Auch soweit sich der Kläger gegen die Minderung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II wendet, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage auch insofern zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 rechtmäßig ist.
Kommen Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, so mindert sich gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Neufassung des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 13.05.2011 (BGBl. I S.850) das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 Prozent des für sie nach § 20 (SGB II) maßgebenden Regelbedarfs. Dies gilt nach Satz 2 der Regelung nicht, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Der Kläger ist zum Meldetermin am 09.10.2012 nicht erschienen. Einen wichtigen Grund hierfür hat er nicht dargelegt. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Leistungsberechtigten nach den Umständen des Einzelfalls das Erscheinen gerade am angegeben Ort zur angegebenen Zeit unmöglich oder so erschwert ist, dass ihm bei Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Erscheinen nicht abverlangt werden kann (Berlit in LPK- SGB II, 4. Aufl., 2011, § 32, Rn. 13). Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, aus der Einladung gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte bei ihm zu entschuldigen habe, ist, ungeachtet der Tatsache, dass nicht ansatzweise ersichtlich ist, weswegen eine Entschuldigung erforderlich sein sollte - der beleidigende Inhalt in einigen der aktenkundigen Schriftsätze stammt ausschließlich vom Kläger selbst -, bereits nicht nachvollziehbar, weswegen es dem Kläger hierdurch unmöglich gewesen sein soll, der Einladung zu folgen. Auch eine Abwägung der jeweiligen Interessen führt für den Senat nicht dazu, ein Erscheinen des Klägers als unzumutbar anzusehen.
Da auch die Dauer der Minderung, gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 2, 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II drei Monate, deren zeitliche Lage, nach §§ 32 Abs. 2 Satz 2, 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Beginn des Monats der auf das Wirksamwerden der Feststellung der Pflichtwidrigkeit folgt, vorliegend dem Bescheid vom 18.10.2012, und die Höhe der Minderung, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 10 Prozent des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs, d.h. 37,40 EUR monatlich (10 % aus 374,- EUR monatlich) zutreffend festgestellt wurden, ist der Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 rechtmäßig.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.01.2013 ist hiernach zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Meldeaufforderung vom 09.10.2012 sowie gegen den das Meldeversäumnis sanktionierenden Bescheid vom 18.10.2012.
Der am 18.10.1972 geborene Kläger zog im Dezember 2007 in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten und bezog ab dem 27.12.2007 von diesem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04. - 30.09.2013 i.H.v. insg. 692,- EUR monatlich. Die - meist elektronischen - Eingaben des Klägers während des laufenden Leistungsbezuges, die, soweit sie Anknüpfungspunkte zum Leistungsbezug aufweisen, vornehmlich die Erstattung von Bewerbungskosten und die Form, in der Bewerbungsbemühungen nachzuweisen sind, zum Inhalt hatten, die zu einem Aktenumfang von mehr als 5.500 Seiten (Stand Juni 2013) geführt haben und die den Beklagten dazu veranlasst haben, den Kläger mehrfach dazu aufzufordern, selbige auf das notwendige Maß zu reduzieren, haben z.T. die Grenzen des Akzeptablen mehrfach massiv überschritten (vgl. bspw. die e-Mails vom 05.06., vom 21.08, vom 26.09. und vom 01.10.2012).
Der Kläger wurde vom Beklagten unter dem 28.09.2012 aufgefordert, sich am 09.10.2012, 11.00 Uhr im Jobcenter Karlsruhe Stadt, Brauerstr. 10, 76135 Karlsruhe, Zimmer 264 einzufinden. Mit ihm solle "über das Procedere der Bewerbungskostenerstattung" gesprochen werden. Dem Schreiben war neben einer Rechtsfolgen- und Rechtsmittelbelehrung auch der Hinweis, dass wenn der Kläger der Einladung nicht folge, das Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate gemindert werde, angeschlossen.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger u.a. vorgebracht hat, aus der Einladung gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte bei ihm zu entschuldigen habe und er nicht die Absicht habe, den Sachbearbeiter, den er als "homosexuelle Hure" bezeichnete, über seine Bewerbungen zu unterrichten, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 als unbegründet zurück. Eine Meldeverpflichtung des Klägers bestehe, da dieser Grundsicherungsleistungen beanspruche. Zum Meldetermin am 09.10.2012 erschien der Kläger nicht.
Nachdem der Kläger im Rahmen einer Folgeeinladung vom 10.10.2012 Gelegenheit zur Äußerung gewährt wurde, minderte der Beklagte mit Bescheid vom 18.10.2012 die dem Kläger gewährten Arbeitslosengeld II- Leistungen für die Zeit vom 01.11.2012 - 31.01.2013 um 10 v.H. der maßgeblichen Regelbedarfs i.H.v. 37,40 EUR monatlich. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 als unbegründet zurück. Der Kläger sei der Meldeaufforderung zum 09.10.2012 ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen, die Absenkung des Arbeitslosengeldes sei deshalb nicht zu beanstanden.
Am 15.10.2012 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.10.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, die er am 25.10.2012 im Hinblick auf den Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 erweitert hat. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, aus der Einladung zum Meldetermin gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte über das im Streit stehende Bewerbungskostenerstattungsprozedere bei ihm entschuldigen möchte. Es liege ein offensichtlicher Betrug vor.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Mit Urteil vom 16.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide verweisen (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und ergänzend ausgeführt, dass ein ausreichender Meldezweck vorlag, da es wegen der besonderen Situation notwendig war, persönlichen Kontakt zum Kläger herzustellen, um mit ihm die Problematik der Bewerbungskosten zu klären. Ein solches Gespräch sei im Hinblick auf die Vielzahl der gestellten Anträge sachgerecht gewesen, da eine Klärung im schriftlichen Verfahren nicht herbeiführbar gewesen sei. Einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen habe der Kläger nicht vorgetragen noch sei ein solcher anderweitig ersichtlich.
Gegen das am 23.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.02.2013 Berufung eingelegt, ohne diese verfahrensbezogen zu begründen. Am 24.06.2013 hat der Kläger dem Senat einen Bescheid des Beklagten vom 17.06.2013, mit dem der Beklagte seinen Bescheid vom 27.03.2013, mit dem Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch i.H.v. 167,- EUR bewilligt wurden, widerrufen hat, vorgelegt und sinngemäß dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Oktober 2012 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Beklagte hat der Einbeziehung des Bescheides vom 17.06.2013 widersprochen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 08.07.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 02.08.2013 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten verwiesen.
II.
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 SGG) wurde form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegt; sie ist zulässig.
Der Senat konnte die Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Der Bescheid vom 17.06.2013 ist, da der Beklagte eine Einwilligung nicht erteilt und eine Klageänderung auch nicht sachdienlich ist - der Bescheid steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden - nicht im Wege eine Klageänderung Inhalt des Berufungsverfahrens geworden (vgl. §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG).
Soweit sich der Kläger gegen die Meldeaufforderung des Beklagten vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2012 wendet, nach der er am 09.10.2012 beim Beklagten vorsprechen sollte, führt die Berufung für den Kläger nicht zum Erfolg. Die Meldeaufforderung stellt nach richtiger Ansicht einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.12.2011 - B 14 AS 146/11 B - in juris; Birk in LPK-SGB II, 4. Aufl., 2011, § 59 Rn 2). Durch das fruchtlose Verstreichenlassen des Termins am 09.10.2012 haben sich die Rechtswirkungen der Meldeaufforderung jedoch erschöpft; der Regelungsinhalt der Einladung vom 28.09.2012 hat sich darauf beschränkt, dass der Kläger am 09.10.2012 zu einer Vorsprache seine berufliche Situation in den Räumlichkeiten der Beklagten erscheinen soll. Weitere unmittelbare Wirkungen, wie § 31 Satz 1 SGB X sie für einen Verwaltungsakt erfordert, kommen der Meldeaufforderung der Beklagten nicht mehr zu; der Verwaltungsakt hat sich erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X; vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.01.2013 - L 6 AS 1792/12 - veröffentlicht in juris).
Eine Aufhebung der Meldeaufforderung vom 28.09.2012 kann im Wege der Anfechtungsklage nicht mehr erreicht werden, weswegen das Rechtsschutzbegehren des Klägers als Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.09.2012 rechtswidrig gewesen ist, d.h. als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen ist (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 12.11.2012 - L 3 AL 3928/11 - n.v.). Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht. Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn bereits der vorliegende Akteninhalt zeigt, dass es der Beklagte wiederholt unternommen hat, den Kläger zu Meldeterminen einzuladen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Einladungen zu erwarten sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R - veröffentlicht in juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., 2012, § 131 Rn. 10 ff).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 28.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2012 war rechtmäßig. Gemäß § 59 SGB II sind im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Vorschriften über die allgemeine Meldepflicht, § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), entsprechend anzuwenden. Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben sich Arbeitslose während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Meldung muss bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle erfolgen (§ 309 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Aufforderung zur Meldung kann nach § 309 Abs. 2 u.a. zum Zwecke der Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren (Nr.4) erfolgen. Der Meldezweck ermöglicht es, für praktisch alle Belange des Leistungsverfahrens persönlichen Kontakt zum Arbeitslosen herstellen zu können. Hierdurch soll die Möglichkeit eröffnet werden, eine ausreichende Tatsachenbasis für zügige und gesetzeskonforme Entscheidungen zu erlangen (vgl. Düe in Brand, SGB III, 6.Aufl., 2012, § 309, Rn. 11). Die Meldeaufforderung zum 28.09.2012 hat diesen gesetzlichen Vorgaben entsprochen, insb. unterfällt der Zweck der Vorsprache, über das Procedere der Bewerbungskostenerstattung zu sprechen, dem Meldezweck des § 309 Abs. 2 Nr.4 SGB III. Auch hat die Aufforderung den Ort und die Zeit der Meldung konkret und unmissverständlich benannt und, obschon dies keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelbelehrung beinhaltet.
Auch soweit sich der Kläger gegen die Minderung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II wendet, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage auch insofern zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 rechtmäßig ist.
Kommen Leistungsberechtigte trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach, so mindert sich gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Neufassung des Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 13.05.2011 (BGBl. I S.850) das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld jeweils um 10 Prozent des für sie nach § 20 (SGB II) maßgebenden Regelbedarfs. Dies gilt nach Satz 2 der Regelung nicht, wenn Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Der Kläger ist zum Meldetermin am 09.10.2012 nicht erschienen. Einen wichtigen Grund hierfür hat er nicht dargelegt. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Leistungsberechtigten nach den Umständen des Einzelfalls das Erscheinen gerade am angegeben Ort zur angegebenen Zeit unmöglich oder so erschwert ist, dass ihm bei Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Erscheinen nicht abverlangt werden kann (Berlit in LPK- SGB II, 4. Aufl., 2011, § 32, Rn. 13). Soweit der Kläger hierzu vorgebracht hat, aus der Einladung gehe nicht hervor, dass sich der Beklagte bei ihm zu entschuldigen habe, ist, ungeachtet der Tatsache, dass nicht ansatzweise ersichtlich ist, weswegen eine Entschuldigung erforderlich sein sollte - der beleidigende Inhalt in einigen der aktenkundigen Schriftsätze stammt ausschließlich vom Kläger selbst -, bereits nicht nachvollziehbar, weswegen es dem Kläger hierdurch unmöglich gewesen sein soll, der Einladung zu folgen. Auch eine Abwägung der jeweiligen Interessen führt für den Senat nicht dazu, ein Erscheinen des Klägers als unzumutbar anzusehen.
Da auch die Dauer der Minderung, gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 2, 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II drei Monate, deren zeitliche Lage, nach §§ 32 Abs. 2 Satz 2, 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Beginn des Monats der auf das Wirksamwerden der Feststellung der Pflichtwidrigkeit folgt, vorliegend dem Bescheid vom 18.10.2012, und die Höhe der Minderung, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 10 Prozent des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs, d.h. 37,40 EUR monatlich (10 % aus 374,- EUR monatlich) zutreffend festgestellt wurden, ist der Bescheid vom 18.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.10.2012 rechtmäßig.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.01.2013 ist hiernach zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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