Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 257/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1250/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten stritten in dem vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anhängig gewesenen Verfahren um die Kostenerstattung für häusliche Krankenpflege in der Tagesbetreuung der Sozialstation S. e.V. (im Folgenden: S. e.V.) in der Zeit vom 8. August bis 29. Dezember 2009 (50mal) in Höhe von EUR 431,00.
Der am 1932 geborene Kläger leidet seit Jahren unter insulinpflichtigem Diabetes, einer Hemiparese nach mehreren Schlaganfällen, einer Sehbeeinträchtigung, einer erheblichen Hörminderung und Demenz. Er ist am rechten Unterschenkel oberhalb des Kniegelenks amputiert und prothetisch versorgt. Er benötigt viermal täglich subkutane Insulininjektionen und Medikamentengaben. Diese werden viermal wöchentlich einmal täglich und dreimal wöchentlich zweimal täglich von den Angehörigen vorgenommen, siebenmal wöchentlich zweimal täglich von einem ambulanten Pflegedienst, deren Träger ebenfalls S. e.V. ist, und dreimal wöchentlich einmal täglich in der Tagesbetreuung, in der sich der Kläger Dienstag bis Donnerstag aufhält, entweder durch deren fachliche Leistung oder eine Fachkraft des ambulanten Pflegedienstes. Die vom S. e.V. durchgeführte Tagesbetreuung ist vom Landratsamt B. als niedrigschwelliges Betreuungsangebot gemäß § 45b Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) anerkannt und berechtigt, zusätzliche Betreuungsleistungen gemäß § 45 Abs. 1 SGB XI zu erbringen und abzurechnen. Seit August 2009 erhält der Kläger aufgrund des Bescheides vom 3. November 2009 Pflegesachleistungen der Pflegekasse nach der Pflegestufe III in Höhe von bis zu (damals) EUR 1.470,00, die von der Pflegekasse unmittelbar mit dem Pflegedienst abgerechnet werden. Darüber hinaus bewilligte die Pflegekasse bis zu EUR 100,00 für zusätzliche Betreuungsleistungen, die zweckgebunden zu verwenden seien, u. a. für sogenannte niedrigschwellige Betreuungsangebote, z.B. Betreuungsgruppen für Demenzkranke oder Tagesbetreuung in Kleinstgruppen. Der Betrag könne nicht für hauswirtschaftliche Versorgung oder für die Grundpflege verwendet werden. Das der Einstufung in Pflegestufe III zugrunde liegende MDK-Gutachten vom 7. Oktober 2009 schätzte den Hilfebedarf für Wasserlassen von sechsmal täglich bei Teilübernahme und Unterstützung mit insgesamt zwölf Minuten, für Stuhlgang zweimal täglich bei Teilübernahme und Unterstützung sechs Minuten, Richten der Bekleidung achtmal täglich bei voller Übernahme 16 Minuten. Für Ernährung wurde ein Hilfebedarf für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung von fünfmal täglich bei voller Übernahme mit neun Minuten, für die Aufnahme der Nahrung zehnmal täglich insgesamt 50 Minuten bei Teilübernahme, Beaufsichtigung, Unterstützung und Anleitung geschätzt. Der Kläger wohnt mit Tochter und Schwiegersohn in deren Haus, in dem er ein Wohnrecht hat, in einem Haushalt.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 17. August 2009 unter Vorlage der Verordnung der Gemeinschaftspraxis Dres. H. und M.-A. vom 11. August 2009 über dreimal täglich Injektionen und Medikamentengabe für die Zeit vom 11. August bis 30. September 2009 die Kostenübernahme. Am 23. September 2009 beantragte er unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung derselben Gemeinschaftspraxis in demselben Umfang für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2009, die ebenfalls vom 11. August 2009 datierte, Kostenübernahme. Die Pflege werde von dem bereits beauftragten Pflegedienst S. e.V. durchgeführt. Die Beklagte lehnte den ersten Antrag zunächst mit Bescheid vom 20. August 2009 ab, da die Leistungen von einer nahestehenden Person im Lebensumfeld erbracht werden könnten. Auf den Einwand, die Angehörigen erbrächten die Leistungen in der Regel zweimal täglich mittags und abends, die morgendliche und spätabendliche Leistung müsse durch den Pflegedienst erfolgen, da zu diesen Zeitpunkten die Angehörigen nicht zur Verfügung stünden, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2009 die Injektionen zweimal täglich, siebenmal wöchentlich, die Medikamentengabe einmal täglich siebenmal wöchentlich für die Zeit vom 11. August bis 30. September 2009. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 bewilligte sie die Leistungen in demselben Umfang für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2009. Kosten für Injektionen und Medikamentengabe in der Tagesbetreuung würden nicht übernommen. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage lehnte sie die Kostenübernahme für Leistungen in der Tagesbetreuung des S. e.V. ab, da diese in einer nicht zugelassenen Tagesbetreuung stattfänden. Unter dem 30. August und 9. November 2009 legte der Kläger Widerspruch ein. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch vom 9. November 2009 gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2009 mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2010 zurück. Eine Kostenübernahme erfolge nur für Leistungen der häuslichen Krankenpflege im eigenen Haushalt des Klägers, nicht in der Tagesbetreuung, da diese weder in § 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), noch in dem hierzu ergangenen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) als sonstiger geeigneter Ort aufgeführt sei.
Der Kläger erhob gegen den am 15. Januar 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid am 8. Februar 2010 Klage zum SG und legte Rechnungen des Pflegedienstes vom 2. Februar 2010 über "Privatleistungen" über Leistungen der häuslichen Krankenpflege in der Zeit vom 8. August bis 29. Dezember 2009 über insgesamt EUR 431,00 vor, denen zufolge der Rechnungsbetrag vom Konto abgebucht werde. Der Kläger trug vor, die Einrichtung der Tagesbetreuung sei ein geeigneter Ort im Sinne von § 37 SGB V. Gegenstand des Vertrages mit der S. e.V. sei nur die Betreuung, nicht Grundpflege oder hauswirtschaftliche Versorgung. In diesem Umfang sei die Einrichtung zugelassen, daher übernehme die Pflegekasse einen Kostenanteil.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ausweislich des Pflegegutachtens, in dem ein Grundpflegebedarf nach der Pflegestufgfe III festgestellt sei, bestehe beim Kläger Hilfebedarf bei der Ernährung und bei Toilettengängen. Tatsächlich würde die Tagespflegeeinrichtung somit Grundpflegeleistungen erbringen und ähnele damit einer teilstationären Einrichtung, bei der die Behandlungspflege von der Pflegekasse übernommen werde. Der Satz für die Tagesbetreuung von beinahe EUR 70,00 sei ähnlich hoch wie der für teilstationäre Pflege. Angesichts von Sachleistungen der Pflegeversicherung von beinahe EUR 1.500,00 monatlich sei kein Platz mehr, zusätzlich häusliche Krankenpflege bei ihr (der Beklagten) geltend zu machen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2013 hob das SG die Bescheide vom 20. August, 28. August und 28. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2010 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger EUR 431,00 zu erstatten. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung bestehe, da die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Leistungen bis zum Bescheid vom 20. August 2009 seien unaufschiebbar gewesen, die nach dem 20. August 2009 seien durch die rechtswidrige Ablehnung seitens der Beklagten entstanden. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die häusliche Krankenpflege in Form von Insulininjektionen und Medikamentengaben während des Aufenthalts des Klägers in der Tagesbetreuung in der Zeit vom 11. August bis 31. Dezember 2009 als Sachleistung zu erbringen. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass die Leistungen nicht zuhause, sondern in der Tagesbetreuung der S. e.V. erbracht worden seien. § 37 Abs. 2 SGB V begrenze die Leistungspflicht nicht auf den Haushalt des Versicherten, sondern schließe medizinisch erforderliche Maßnahme, die bei vorübergehenden Aufenthalten außerhalb der Wohnung anfielen, nicht aus, wenn sich der Versicherte ansonsten ständig in seinem Haushalt aufhalte und dort seinen Lebensmittelpunkt habe. Der Kläger habe auch gegenüber der Tagesbetreuungseinrichtung keinen Anspruch auf Behandlungspflege gehabt. Deren Leistungen umfassten nur das niedrigschwellige Betreuungsangebot. Ein Anspruch folge auch nicht daraus, dass Pflegefachpersonal vorhanden sei. Dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege zulasten der Beklagten in der Tagesbetreuung stehe nicht entgegen, dass diese von der Pflegekasse mit EUR 100,00 monatlich bezuschusst werde, da dieser Betrag nur den Betreuungsbedarf bezuschusse und gerade nicht Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Pflegesachleistungen seitens der Pflegekasse stünden dem Anspruch nicht entgegen, weil die Pflegesachleistung zu einer anderen Zeit von einer anderen Pflegefachkraft erbracht werde. Dann bestehe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Pflegesachleistung und häuslicher Krankenpflege. Die Ansprüche aus § 37 Abs. 2 SGB V und § 36 SGB XI stünden dann nebeneinander, da sie nicht nur der Zuständigkeit, sondern auch der Leistungserbringung nach zu trennen seien. Unerheblich sei, ob das Angebot der Tagesbetreuung dem einer Tagespflege nach § 41 SGB XI ähnele oder entspreche oder ähnlich viel koste. Maßgeblich sei allein, dass hier keine teilstationäre Tagespflege vorliege, der Kläger einen Vertrag über eine Tagespflege, der auch Medikamentengabe und Insulininjektionen beinhalte, nicht abgeschlossen habe.
Gegen das der Beklagten am 4. März 2013 zugestellte Urteil hat diese am 20. März 2013 Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, denn die Tagesbetreuung sei kein sonstiger geeigneter Ort im Sinne von § 37 Abs. 2 SGB V. Eine Leistung der häuslichen Krankenpflege könne durch in der Tagesbetreuung vorhandenes Fachpersonal erbracht werden. Die parallele Erbringung der häuslichen Krankenpflege während des Aufenthalts des Klägers in der Tagesbetreuung durch dort vorhandenes Fachpersonal sei daher aus Sicht der Beklagten eine Doppelfinanzierung und widerspreche dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2, 12 SGB V. Das Urteil des erkennenden Senats vom 1. März 2013 (L 4 KR 3797/11, in juris) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Februar 2013 zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Februar 2013 zurückzuweisen.
Der Rechtsstreit habe keine grundsätzliche Bedeutung, weil keine klärungsbedürftige Rechtsfrage vorliege. Die bewusst offene gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Leistungsorte für häusliche Krankenpflege und der Gesetzeszweck, stationäre und teilstationäre Aufenthalte zu vermeiden, ergebe ebenso wenig eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wie der Hinweis der Beklagten, dass die Leistungen durch vorhandenes Fachpersonal hätten erbracht werden können, der im SG-Urteil bereits berücksichtigt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 14. Februar 2013 ist zulässig. Die Beschwerde der Beklagten ist jedoch nicht begründet, weil keine Gründe für eine Zulassung der Berufung gegeben sind.
1. Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden EUR 10.000,00 nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 bedarf der Zulassung, denn der Beschwerdewert von mehr als EUR 750,00 ist hier nicht erreicht. Die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung, dem Kläger Kosten in Höhe von EUR 431,00 zu erstatten. Maßgeblich ist insoweit der konkrete Streitgegenstand, der sich aus der ärztlichen Verordnung für einen bestimmtem Zeitraum, den ablehnenden Bescheiden und dem Umfang der vom Kläger selbst beschafften Leistungen ergibt. Die gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 8 SGB V erforderliche vertragsärztliche Verordnung konkretisiert den allgemeinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92 -; in juris). Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Denn die Kosten sind im Zeitraum von August bis Dezember 2009 entstanden. Das Interesse des Klägers, auch künftig die Kosten für die häusliche Krankenpflege in der Tagesbetreuung erstattet zu bekommen, bleibt insoweit außer Betracht (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Februar 1997 - 14/10 BKg 14/96 -; in juris). Schließlich hat das SG die Berufung im Urteil auch nicht zugelassen. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Tenor des Urteils und der beigefügten Rechtsmittelbelehrung.
2. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Gründe ist gegeben.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine grundsätzliche Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) oder deren Klärung durch eine höherinstanzliche Entscheidung zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 - 5 BJ 118/87 - , Beschluss vom 16. Dezember 1993 - 7 BAr 126/93 - jeweils in juris). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 7. April 2012 - B 13 R 347/10 B - in juris). Eine solche Bedeutung hat die Rechtssache nicht.
Mit der Beschwerdebegründung rügt die Beklagte, die Tagesbetreuung der S. sei kein sonstiger geeigneter Ort im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB V. Die Leistung der häuslichen Krankenpflege könne durch vor Ort vorhandenes geeignetes (Fach)personal erbracht werden. Die parallele Erbringung und Abrechnung der häuslichen Krankenpflege während des Aufenthaltes des Klägers in der Tagesbetreuung durch dort vorhandenes (Fach-)Personal beinhalte aus der Sicht der Beklagten eine Doppelfinanzierung von Leistungen und widerspreche insofern auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2, 12 SGB V. Damit wird der Sache nach eine unrichtige Rechtsanwendung im Urteil des SG gerügt.
Die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege hat, ist eine Tatsachenfrage, die keine grundsätzliche Bedeutung entfaltet. Die Entscheidung darüber, ob beim Kläger die Anspruchsvoraussetzungen vorlagen, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf Dritte in vergleichbaren Situationen. Bei inhaltlicher Befassung mit der Rechtssache könnte der Senat nur eine Einzelfallentscheidung durch Anwendung geltenden Rechts auf den Kläger treffen, auf Dritte wäre diese Entscheidung nicht übertragbar. Eine Rechtsfrage, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand der Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt, und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf, stellt sich nicht.
Eine grundsätzliche Bedeutung liegt auch nicht darin, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenübernahme für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V klärungsbedürftig wären. Dies ist nicht der Fall, denn die Voraussetzungen ergeben sich aus § 37 Abs. 2 SGB V i.V.m. den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Krankenpflege-Richtlinien). Nach § 37 Abs. 2 Satz SGB V - in der seit 1. April 2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) - erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Durch das GKV-WSG wurden m.W.v. 1. April 2007 neben Haushalt und Familie weitere Orte der Leistungserbringung eingefügt. Ziel ist das Schließen von Lücken zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und die Verhinderung stationärer Einweisungen (Krauskopf-Wagner, SozKV, § 37 SGB V, Rdnr. 9). Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Orte zu wahren, wurde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die Definition dem GBA übertragen. Gemäß § 37 Abs. 6 SGB V hat der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V festgelegt, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Nach Abschnitt I Nr. 2 Satz der Krankenpflege-Richtlinien besteht Anspruch auf häusliche Krankenpflege danach an solchen Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, an denen die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und die für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeigneten räumlichen Verhältnisse vorliegen, wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthalts notwendig ist. Orte i.S.v. Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder bei besonders hohem Pflegebedarf auch Werkstätten für behinderte Menschen sein. Die Aufzählung ist nicht abschließend (Krauskopf-Wagner a.a.O.). Eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht im Hinblick auf die Möglichkeit anderweitiger Leistungserbringung sieht das Gesetz nur in Absatz 3 im Sinne einer vorrangigen Leistungspflicht im Haushalt lebender Personen, soweit diese pflegen und versorgen können und in Absatz 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 in bestimmtem Umfang in Werkstätten für behinderte Menschen vor (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1. März 2013 - L 4 KR 3797/11 -; in juris). Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Zur Entscheidung, ob der Ort, an welchem die häusliche Krankenpflege zur Sicherung der ärztlichen Behandlung erbracht wird oder erbracht werden soll, ein geeigneter Ort im Sinne des Gesetzes ist, kann auf bereits ergangene Rechtsprechung zu dem bis 1. April 2007 geltenden Recht zurückgegriffen werden. Bereits zu diesem Recht entwickelte sich eine Kasuistik, mit der die Rechtsprechung auch andere Orte als Haushalt oder Familie ausnahmsweise als zulässige Leistungsorte der häuslichen Krankenpflege ansah. Das BSG hat bereits für das vor dem 1. April 2007 geltenden Recht entschieden, dass maßgeblich auch die vertragliche Beziehung des Versicherten mit der Einrichtung, in der er sich aufhält, ist, insbesondere ob diese Leistungen der Behandlungspflege umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 32/02 R -, in juris).
b) Es liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 weicht nicht von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Von einer Entscheidung des LSG weicht das Urteil des SG vom 23. Januar 2012 ebenfalls nicht ab. Das LSG hat über die Frage der Kostenerstattung oder Kostenübernahme für häusliche Krankenpflege in einer Tagesbetreuungseinrichtung soweit ersichtlich - noch nicht entschieden. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass das genannte Urteil des erkennenden Senats vom 1. März 2013 einen anderen Sachverhalt betrifft.
c) Einen Verfahrensmangel hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 (S 2 KR 257/10) rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten stritten in dem vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) anhängig gewesenen Verfahren um die Kostenerstattung für häusliche Krankenpflege in der Tagesbetreuung der Sozialstation S. e.V. (im Folgenden: S. e.V.) in der Zeit vom 8. August bis 29. Dezember 2009 (50mal) in Höhe von EUR 431,00.
Der am 1932 geborene Kläger leidet seit Jahren unter insulinpflichtigem Diabetes, einer Hemiparese nach mehreren Schlaganfällen, einer Sehbeeinträchtigung, einer erheblichen Hörminderung und Demenz. Er ist am rechten Unterschenkel oberhalb des Kniegelenks amputiert und prothetisch versorgt. Er benötigt viermal täglich subkutane Insulininjektionen und Medikamentengaben. Diese werden viermal wöchentlich einmal täglich und dreimal wöchentlich zweimal täglich von den Angehörigen vorgenommen, siebenmal wöchentlich zweimal täglich von einem ambulanten Pflegedienst, deren Träger ebenfalls S. e.V. ist, und dreimal wöchentlich einmal täglich in der Tagesbetreuung, in der sich der Kläger Dienstag bis Donnerstag aufhält, entweder durch deren fachliche Leistung oder eine Fachkraft des ambulanten Pflegedienstes. Die vom S. e.V. durchgeführte Tagesbetreuung ist vom Landratsamt B. als niedrigschwelliges Betreuungsangebot gemäß § 45b Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) anerkannt und berechtigt, zusätzliche Betreuungsleistungen gemäß § 45 Abs. 1 SGB XI zu erbringen und abzurechnen. Seit August 2009 erhält der Kläger aufgrund des Bescheides vom 3. November 2009 Pflegesachleistungen der Pflegekasse nach der Pflegestufe III in Höhe von bis zu (damals) EUR 1.470,00, die von der Pflegekasse unmittelbar mit dem Pflegedienst abgerechnet werden. Darüber hinaus bewilligte die Pflegekasse bis zu EUR 100,00 für zusätzliche Betreuungsleistungen, die zweckgebunden zu verwenden seien, u. a. für sogenannte niedrigschwellige Betreuungsangebote, z.B. Betreuungsgruppen für Demenzkranke oder Tagesbetreuung in Kleinstgruppen. Der Betrag könne nicht für hauswirtschaftliche Versorgung oder für die Grundpflege verwendet werden. Das der Einstufung in Pflegestufe III zugrunde liegende MDK-Gutachten vom 7. Oktober 2009 schätzte den Hilfebedarf für Wasserlassen von sechsmal täglich bei Teilübernahme und Unterstützung mit insgesamt zwölf Minuten, für Stuhlgang zweimal täglich bei Teilübernahme und Unterstützung sechs Minuten, Richten der Bekleidung achtmal täglich bei voller Übernahme 16 Minuten. Für Ernährung wurde ein Hilfebedarf für die mundgerechte Zubereitung der Nahrung von fünfmal täglich bei voller Übernahme mit neun Minuten, für die Aufnahme der Nahrung zehnmal täglich insgesamt 50 Minuten bei Teilübernahme, Beaufsichtigung, Unterstützung und Anleitung geschätzt. Der Kläger wohnt mit Tochter und Schwiegersohn in deren Haus, in dem er ein Wohnrecht hat, in einem Haushalt.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 17. August 2009 unter Vorlage der Verordnung der Gemeinschaftspraxis Dres. H. und M.-A. vom 11. August 2009 über dreimal täglich Injektionen und Medikamentengabe für die Zeit vom 11. August bis 30. September 2009 die Kostenübernahme. Am 23. September 2009 beantragte er unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung derselben Gemeinschaftspraxis in demselben Umfang für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2009, die ebenfalls vom 11. August 2009 datierte, Kostenübernahme. Die Pflege werde von dem bereits beauftragten Pflegedienst S. e.V. durchgeführt. Die Beklagte lehnte den ersten Antrag zunächst mit Bescheid vom 20. August 2009 ab, da die Leistungen von einer nahestehenden Person im Lebensumfeld erbracht werden könnten. Auf den Einwand, die Angehörigen erbrächten die Leistungen in der Regel zweimal täglich mittags und abends, die morgendliche und spätabendliche Leistung müsse durch den Pflegedienst erfolgen, da zu diesen Zeitpunkten die Angehörigen nicht zur Verfügung stünden, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2009 die Injektionen zweimal täglich, siebenmal wöchentlich, die Medikamentengabe einmal täglich siebenmal wöchentlich für die Zeit vom 11. August bis 30. September 2009. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 bewilligte sie die Leistungen in demselben Umfang für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2009. Kosten für Injektionen und Medikamentengabe in der Tagesbetreuung würden nicht übernommen. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage lehnte sie die Kostenübernahme für Leistungen in der Tagesbetreuung des S. e.V. ab, da diese in einer nicht zugelassenen Tagesbetreuung stattfänden. Unter dem 30. August und 9. November 2009 legte der Kläger Widerspruch ein. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch vom 9. November 2009 gegen den Bescheid vom 28. Oktober 2009 mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2010 zurück. Eine Kostenübernahme erfolge nur für Leistungen der häuslichen Krankenpflege im eigenen Haushalt des Klägers, nicht in der Tagesbetreuung, da diese weder in § 37 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), noch in dem hierzu ergangenen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) als sonstiger geeigneter Ort aufgeführt sei.
Der Kläger erhob gegen den am 15. Januar 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid am 8. Februar 2010 Klage zum SG und legte Rechnungen des Pflegedienstes vom 2. Februar 2010 über "Privatleistungen" über Leistungen der häuslichen Krankenpflege in der Zeit vom 8. August bis 29. Dezember 2009 über insgesamt EUR 431,00 vor, denen zufolge der Rechnungsbetrag vom Konto abgebucht werde. Der Kläger trug vor, die Einrichtung der Tagesbetreuung sei ein geeigneter Ort im Sinne von § 37 SGB V. Gegenstand des Vertrages mit der S. e.V. sei nur die Betreuung, nicht Grundpflege oder hauswirtschaftliche Versorgung. In diesem Umfang sei die Einrichtung zugelassen, daher übernehme die Pflegekasse einen Kostenanteil.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ausweislich des Pflegegutachtens, in dem ein Grundpflegebedarf nach der Pflegestufgfe III festgestellt sei, bestehe beim Kläger Hilfebedarf bei der Ernährung und bei Toilettengängen. Tatsächlich würde die Tagespflegeeinrichtung somit Grundpflegeleistungen erbringen und ähnele damit einer teilstationären Einrichtung, bei der die Behandlungspflege von der Pflegekasse übernommen werde. Der Satz für die Tagesbetreuung von beinahe EUR 70,00 sei ähnlich hoch wie der für teilstationäre Pflege. Angesichts von Sachleistungen der Pflegeversicherung von beinahe EUR 1.500,00 monatlich sei kein Platz mehr, zusätzlich häusliche Krankenpflege bei ihr (der Beklagten) geltend zu machen.
Mit Urteil vom 14. Februar 2013 hob das SG die Bescheide vom 20. August, 28. August und 28. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2010 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger EUR 431,00 zu erstatten. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung bestehe, da die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Leistungen bis zum Bescheid vom 20. August 2009 seien unaufschiebbar gewesen, die nach dem 20. August 2009 seien durch die rechtswidrige Ablehnung seitens der Beklagten entstanden. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die häusliche Krankenpflege in Form von Insulininjektionen und Medikamentengaben während des Aufenthalts des Klägers in der Tagesbetreuung in der Zeit vom 11. August bis 31. Dezember 2009 als Sachleistung zu erbringen. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass die Leistungen nicht zuhause, sondern in der Tagesbetreuung der S. e.V. erbracht worden seien. § 37 Abs. 2 SGB V begrenze die Leistungspflicht nicht auf den Haushalt des Versicherten, sondern schließe medizinisch erforderliche Maßnahme, die bei vorübergehenden Aufenthalten außerhalb der Wohnung anfielen, nicht aus, wenn sich der Versicherte ansonsten ständig in seinem Haushalt aufhalte und dort seinen Lebensmittelpunkt habe. Der Kläger habe auch gegenüber der Tagesbetreuungseinrichtung keinen Anspruch auf Behandlungspflege gehabt. Deren Leistungen umfassten nur das niedrigschwellige Betreuungsangebot. Ein Anspruch folge auch nicht daraus, dass Pflegefachpersonal vorhanden sei. Dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege zulasten der Beklagten in der Tagesbetreuung stehe nicht entgegen, dass diese von der Pflegekasse mit EUR 100,00 monatlich bezuschusst werde, da dieser Betrag nur den Betreuungsbedarf bezuschusse und gerade nicht Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Pflegesachleistungen seitens der Pflegekasse stünden dem Anspruch nicht entgegen, weil die Pflegesachleistung zu einer anderen Zeit von einer anderen Pflegefachkraft erbracht werde. Dann bestehe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen Pflegesachleistung und häuslicher Krankenpflege. Die Ansprüche aus § 37 Abs. 2 SGB V und § 36 SGB XI stünden dann nebeneinander, da sie nicht nur der Zuständigkeit, sondern auch der Leistungserbringung nach zu trennen seien. Unerheblich sei, ob das Angebot der Tagesbetreuung dem einer Tagespflege nach § 41 SGB XI ähnele oder entspreche oder ähnlich viel koste. Maßgeblich sei allein, dass hier keine teilstationäre Tagespflege vorliege, der Kläger einen Vertrag über eine Tagespflege, der auch Medikamentengabe und Insulininjektionen beinhalte, nicht abgeschlossen habe.
Gegen das der Beklagten am 4. März 2013 zugestellte Urteil hat diese am 20. März 2013 Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, denn die Tagesbetreuung sei kein sonstiger geeigneter Ort im Sinne von § 37 Abs. 2 SGB V. Eine Leistung der häuslichen Krankenpflege könne durch in der Tagesbetreuung vorhandenes Fachpersonal erbracht werden. Die parallele Erbringung der häuslichen Krankenpflege während des Aufenthalts des Klägers in der Tagesbetreuung durch dort vorhandenes Fachpersonal sei daher aus Sicht der Beklagten eine Doppelfinanzierung und widerspreche dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2, 12 SGB V. Das Urteil des erkennenden Senats vom 1. März 2013 (L 4 KR 3797/11, in juris) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Februar 2013 zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. Februar 2013 zurückzuweisen.
Der Rechtsstreit habe keine grundsätzliche Bedeutung, weil keine klärungsbedürftige Rechtsfrage vorliege. Die bewusst offene gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Leistungsorte für häusliche Krankenpflege und der Gesetzeszweck, stationäre und teilstationäre Aufenthalte zu vermeiden, ergebe ebenso wenig eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage wie der Hinweis der Beklagten, dass die Leistungen durch vorhandenes Fachpersonal hätten erbracht werden können, der im SG-Urteil bereits berücksichtigt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 14. Februar 2013 ist zulässig. Die Beschwerde der Beklagten ist jedoch nicht begründet, weil keine Gründe für eine Zulassung der Berufung gegeben sind.
1. Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, EUR 750,00 oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden EUR 10.000,00 nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 bedarf der Zulassung, denn der Beschwerdewert von mehr als EUR 750,00 ist hier nicht erreicht. Die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung, dem Kläger Kosten in Höhe von EUR 431,00 zu erstatten. Maßgeblich ist insoweit der konkrete Streitgegenstand, der sich aus der ärztlichen Verordnung für einen bestimmtem Zeitraum, den ablehnenden Bescheiden und dem Umfang der vom Kläger selbst beschafften Leistungen ergibt. Die gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 8 SGB V erforderliche vertragsärztliche Verordnung konkretisiert den allgemeinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16. Dezember 1993 - 4 RK 5/92 -; in juris). Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr. Denn die Kosten sind im Zeitraum von August bis Dezember 2009 entstanden. Das Interesse des Klägers, auch künftig die Kosten für die häusliche Krankenpflege in der Tagesbetreuung erstattet zu bekommen, bleibt insoweit außer Betracht (vgl. BSG, Beschluss vom 6. Februar 1997 - 14/10 BKg 14/96 -; in juris). Schließlich hat das SG die Berufung im Urteil auch nicht zugelassen. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Tenor des Urteils und der beigefügten Rechtsmittelbelehrung.
2. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Gründe ist gegeben.
a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine grundsätzliche Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) oder deren Klärung durch eine höherinstanzliche Entscheidung zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 - 5 BJ 118/87 - , Beschluss vom 16. Dezember 1993 - 7 BAr 126/93 - jeweils in juris). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt (vgl. z. B. BSG, Beschluss vom 7. April 2012 - B 13 R 347/10 B - in juris). Eine solche Bedeutung hat die Rechtssache nicht.
Mit der Beschwerdebegründung rügt die Beklagte, die Tagesbetreuung der S. sei kein sonstiger geeigneter Ort im Sinne des § 37 Abs. 2 SGB V. Die Leistung der häuslichen Krankenpflege könne durch vor Ort vorhandenes geeignetes (Fach)personal erbracht werden. Die parallele Erbringung und Abrechnung der häuslichen Krankenpflege während des Aufenthaltes des Klägers in der Tagesbetreuung durch dort vorhandenes (Fach-)Personal beinhalte aus der Sicht der Beklagten eine Doppelfinanzierung von Leistungen und widerspreche insofern auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2, 12 SGB V. Damit wird der Sache nach eine unrichtige Rechtsanwendung im Urteil des SG gerügt.
Die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege hat, ist eine Tatsachenfrage, die keine grundsätzliche Bedeutung entfaltet. Die Entscheidung darüber, ob beim Kläger die Anspruchsvoraussetzungen vorlagen, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf Dritte in vergleichbaren Situationen. Bei inhaltlicher Befassung mit der Rechtssache könnte der Senat nur eine Einzelfallentscheidung durch Anwendung geltenden Rechts auf den Kläger treffen, auf Dritte wäre diese Entscheidung nicht übertragbar. Eine Rechtsfrage, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand der Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt, und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf, stellt sich nicht.
Eine grundsätzliche Bedeutung liegt auch nicht darin, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kostenübernahme für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V klärungsbedürftig wären. Dies ist nicht der Fall, denn die Voraussetzungen ergeben sich aus § 37 Abs. 2 SGB V i.V.m. den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Krankenpflege-Richtlinien). Nach § 37 Abs. 2 Satz SGB V - in der seit 1. April 2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) - erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Durch das GKV-WSG wurden m.W.v. 1. April 2007 neben Haushalt und Familie weitere Orte der Leistungserbringung eingefügt. Ziel ist das Schließen von Lücken zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und die Verhinderung stationärer Einweisungen (Krauskopf-Wagner, SozKV, § 37 SGB V, Rdnr. 9). Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Orte zu wahren, wurde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die Definition dem GBA übertragen. Gemäß § 37 Abs. 6 SGB V hat der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V festgelegt, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Nach Abschnitt I Nr. 2 Satz der Krankenpflege-Richtlinien besteht Anspruch auf häusliche Krankenpflege danach an solchen Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, an denen die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und die für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeigneten räumlichen Verhältnisse vorliegen, wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthalts notwendig ist. Orte i.S.v. Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder bei besonders hohem Pflegebedarf auch Werkstätten für behinderte Menschen sein. Die Aufzählung ist nicht abschließend (Krauskopf-Wagner a.a.O.). Eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht im Hinblick auf die Möglichkeit anderweitiger Leistungserbringung sieht das Gesetz nur in Absatz 3 im Sinne einer vorrangigen Leistungspflicht im Haushalt lebender Personen, soweit diese pflegen und versorgen können und in Absatz 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 in bestimmtem Umfang in Werkstätten für behinderte Menschen vor (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1. März 2013 - L 4 KR 3797/11 -; in juris). Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Zur Entscheidung, ob der Ort, an welchem die häusliche Krankenpflege zur Sicherung der ärztlichen Behandlung erbracht wird oder erbracht werden soll, ein geeigneter Ort im Sinne des Gesetzes ist, kann auf bereits ergangene Rechtsprechung zu dem bis 1. April 2007 geltenden Recht zurückgegriffen werden. Bereits zu diesem Recht entwickelte sich eine Kasuistik, mit der die Rechtsprechung auch andere Orte als Haushalt oder Familie ausnahmsweise als zulässige Leistungsorte der häuslichen Krankenpflege ansah. Das BSG hat bereits für das vor dem 1. April 2007 geltenden Recht entschieden, dass maßgeblich auch die vertragliche Beziehung des Versicherten mit der Einrichtung, in der er sich aufhält, ist, insbesondere ob diese Leistungen der Behandlungspflege umfasst (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 KR 32/02 R -, in juris).
b) Es liegt auch keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor.
Das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 weicht nicht von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Von einer Entscheidung des LSG weicht das Urteil des SG vom 23. Januar 2012 ebenfalls nicht ab. Das LSG hat über die Frage der Kostenerstattung oder Kostenübernahme für häusliche Krankenpflege in einer Tagesbetreuungseinrichtung soweit ersichtlich - noch nicht entschieden. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass das genannte Urteil des erkennenden Senats vom 1. März 2013 einen anderen Sachverhalt betrifft.
c) Einen Verfahrensmangel hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG vom 14. Februar 2013 (S 2 KR 257/10) rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
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