Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 VG 480/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VG 2195/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Widerspruchs (S 10 VG 2332/02) durch Rücknahme vom 14. Oktober 2002 erledigt worden ist.
Der 1944 geborene Kläger französischer Staatsangehörigkeit stand mit Beschluss des Amtsgerichts K. - Vormundschaftsgericht - vom 10. Januar 1996 (Geschäftsnummer: XVII 4/92) und Verlängerungsbeschlüssen vom 29. März 2001 und 17. Januar 2007 unter Betreuung durch das Landratsamt Ortenaukreis. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasste die Vertretung des Betroffenen in sämtlichen bei Gericht anhängigen oder anhängig werdenden Verfahren, unabhängig davon, in welcher Form der Betroffene an diesen Verfahren beteiligt ist. Mit Beschluss vom 29. Januar 2013 wurde die Betreuung aufgrund des aktuellen Berichts der Betreuungsbehörde Kommunaler Sozialer Dienst aufgehoben.
Am 8. Februar 2002 hatte der Kläger bei dem Beklagten Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen vorsätzlicher Angriffe auf "seine persönliche Freiheit im Zusammenhang mit Rechtspflege und staatlichen Aufgaben in den letzten 22 Jahren durch politische Straftaten, zwecks Vermögensverschiebung" und "Beseitigung der Freiheit des Individuums hier im Vermögensbereich" gestellt. Als Gesundheitsstörungen machte er eine Schilddrüsenunterfunktion sowie eine psychosomatische Erkrankung geltend. Mit Bescheid vom 5. April 2002 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden, eine derartige Angriffshandlung sei nicht erwiesen. Mit seinem Antrag habe sich der Kläger auf Vorwürfe gegen unzählige Personen und Institutionen bezogen und in seinen dazu beigefügten Unterlagen sich auf zahllose Vorgänge überwiegend zivilrechtlicher und vormundschaftsrechtlicher Natur, insbesondere in Verbindung mit einer Wohnungseigentumssache, bezogen. Hieraus ließen sich ausreichende Hinweise auf das Vorliegen eines schädigenden Ereignisses nicht einmal im Ansatz erkennen. Somit bestünden keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen. Reine Vermögensschäden, wie sie durch Betrug, Untreue und ähnliche Straftaten häufig entstünden, seien von staatlicher Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) ausgenommen, auch die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen solcher Straftaten. Selbst wenn der Kläger somit Opfer vermögensrechtlicher Straftaten geworden wäre, könnte hieraus keine Anerkennung nach dem OEG für daraus resultierende Gesundheitsschäden erfolgen.
Hiergegen legte der Kläger am 8. Mai 2002 Widerspruch ein, mit welchem er geltend machte, die Begründung könne nur als "arglistige Täuschung zur unlauterer Beeinflußung" seines "rechtsgeschäftlichen Willens" bzw. als "Betrugsversuch" verstanden werden. Hierauf wandte sich der Beklagte an das Kreissozialamt - Außenstelle K ... Das Landratsamt Ortenaukreis nahm mit Schreiben vom 18. Juni 2002 den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. August 2002 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, seinen Widerspruch zu bescheiden, über den der Beklagte seit nunmehr 3 Monaten noch nicht entschieden habe.
Der Beklagte trat der Klage unter Hinweis darauf entgegen, dass der Bescheid vom 5. April 2002 in Bestandskraft erwachsen sei, nachdem der gesetzliche Betreuer den Widerspruch zurückgenommen habe.
Das Landratsamt Ortenaukreis nahm hierauf auch die Klage mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 zurück. Darüber wurde der Kläger unterrichtet, der sich mit vielen Schriftsätzen dagegen wehrte, seine Betreuer genehmigten eine Verfahrensfortsetzung jedoch nicht.
Am 24. Januar 2013 hat sich der Kläger erneut an das SG gewandt und die Fortsetzung des Rechtsstreits S 10 VG 2332/02 verlangt. Er sei in Wirklichkeit noch nie unter Betreuung gestanden.
Nachdem die bis Januar 2013 bestellte Betreuerin mitgeteilt hat, dass die Betreuung zum 29. Januar 2013 beendet worden sei, hat das SG nach vorangegangener Anhörung den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens S 10 VG 2332/02 mit Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2013 abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die erklärte Rücknahme erledige den Rechtsstreit in der Hauptsache, binde sowohl das Gericht als auch die Prozessbeteiligten und könne weder direkt noch in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Nichtigkeit oder Anfechtung von Willenserklärungen angefochten bzw. widerrufen werden. Die Klagerücknahme sei vorliegend mit Schriftsatz des Betreuers wirksam erklärt worden. Das Landratsamt Ortenaukreis als Betreuungsbehörde sei gesetzlicher Vertreter des Klägers im Zeitpunkt der Klagerücknahme gewesen und somit berechtigt, in dessen Namen die Rücknahme der Klage gegenüber dem SG zu erklären. Sonstige der Wirksamkeit der Klagerücknahme entgegenstehende Gesichtspunkte seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Restitutionsgründe lägen nicht vor. Der Kläger könne der Wirksamkeit der vom Betreuer erklärten Klagerücknahme insbesondere nicht entgegenhalten, dass diese ohne seine Vorabinformation oder nach Absprache mit ihm erfolgt sei. Denn derartige Mängel, deren Vorliegen der Kläger sinngemäß mit seinen Schriftsätzen geltend mache und diese sinngemäß als interessen- und weisungswidrig einstufe, beträfen allein das Innenverhältnis zwischen dem Betreuten und dem Betreuer; sie hätten keinen Einfluss auf die Wirksamkeit im Außenverhältnis gegenüber Dritten. Es bestehe auch kein Wiederaufnahmegrund, dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Weder lägen eine vorschriftswidrige Besetzung der Richterbank noch eine Befangenheit, eine Verletzung der Eidespflicht, eine gefälschte Urkunde, eine Falschaussage eines Zeugen oder Sachverständigen, eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat oder ein ähnlicher Restitutionsgrund vor. Insbesondere scheide ein Wiederaufnahmegrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) aus, weil der der Kläger in dem Rechtsstreit aufgrund der durch das Amtsgericht Kehl angeordneten Betreuer-Bestellung wirksam vertreten gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Mai 2013 Berufung mit der Begründung eingelegt, sein Klageantrag sei keinesfalls rechtswirksam zurückgenommen worden, vielmehr sei er seinen gesetzlichen Rechten entzogen worden. Der Beschluss des Vormundschaftsgerichts Kehl vom 10. Januar 1996 sei schon deswegen nicht echt, weil er nicht vom Betreuungs- sondern vom Vormundschaftsgericht erlassen worden sei, was erkennen lasse, dass es sich in Wirklichkeit um eine Vormundschaft nach dem früheren, reformbedürftigen Recht der Vormundschaft für Volljährige handle. Deswegen sei er in Wirklichkeit entmündigt und entrechtet worden.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Mai 2013 aufzuheben und festzustellen, dass das beim Sozialgericht Freiburg geführte Klageverfahren S 10 VG 2332/02 nicht durch Klagerücknahme vom 14. Oktober 2002 erledigt ist sowie den Beklagten zu verurteilen, seinen Widerspruch vom 8. Mai 2002 zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Mai 2013 als unbegründet zurückzuweisen, die Beschwerde des Klägers in dem Verfahren L 6 VG 1974/13 B als unzulässig zu verwerfen.
Er ist der Auffassung, dass das SG zu Recht den Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens S 10 VG 2332/02 abgelehnt habe, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Klagerücknahme vom 15. Oktober 2002 noch unter Betreuung gestanden und die Klage deshalb von der Betreuungsbehörde (Landratsamt Ortenaukreis) wirksam hätte zurückgenommen werden können. Dass inzwischen mit Beschluss des Amtsgerichts Kehl vom 29. Januar 2013 die Betreuung aufgehoben worden sei, ändere daran nichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die beigezogene Akte S 10 VG 2332/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht abgelehnt, das Verfahren S 10 VG 2332/02 fortzusetzen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortführung seiner Untätigkeitsklage, denn das eingestellte Verfahren ist durch die vom 15. Oktober 2002 wirksam erklärte Rücknahme der Klage erledigt worden. Die Wirkung der Klagerücknahme kann auch nicht durch einen gesetzlichen Restitutionsgrund beseitigt werden, was das SG ebenfalls zutreffend und ausführlich begründet dargelegt hat.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 102 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach die erklärte Rücknahme der Klage den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Zum Zeitpunkt der Klagerücknahme vom 14. Oktober 2002 stand der Kläger aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - Kehl vom 10. Januar 1996 und Verlängerungsbeschluss vom 29. März 2001 unter gesetzlicher Betreuung, da er nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig und mithin nach § 71 Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 ZPO prozessunfähig war. Das ist auch in dem sozialgerichtlichen Verfahren nach § 71 Abs. 6 SGG i.V.m. § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu beachten. Das hat zur Folge, dass die von ihm selbst vorgenommenen Prozesshandlungen, also auch die Klageerhebung, nichtig waren (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 71 Rn. 6). Deswegen war es folgerichtig, dass die Betreuungsbehörde als sein gesetzlicher Vertreter die Klage zurückgenommen hat. Das für ihn bestellte Landratsamt Ortenaukreis war auch zur Rücknahme von Klagen gegenüber Gerichten befugt. Dass die Betreuung zum 29. Januar 2013 beendet wurde, steht der Wirksamkeit der Klagerücknahme nicht entgegen. Denn es sind aufgrund des aktuellen Berichts der Betreuungsbehörde nur die Voraussetzungen für die Betreuung weggefallen. Das entnimmt der Senat dem Beschluss des Amtsgerichts Kehl vom 29. Januar 2013. Maßgebend für die Prüfung der Prozessfähigkeit ist aber allein, ob diese im Zeitpunkt der Klagerücknahme bestand.
Anhaltspunkte dafür, dass der Betreuungsbeschluss unwirksam gewesen ist, hat der Senat nicht. Soweit sich der Kläger auf ein gegen ihn ergangenes Versäumnisurteil vom 29. Oktober 1996 bezieht, erschließt sich dem Senat bereits der Zusammenhang nicht.
Die Wirkung der Klagerücknahme kann allenfalls dann wieder beseitigt werden, wenn ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 579 oder 580 ZPO) gegeben wäre oder ein erkennbarer Verstoß gegen Treu und Glauben vorläge. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, was das SG ausführlich begründet dargelegt hat. Der Senat schließt sich den Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Beim Kläger kommt ohnehin allenfalls § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in Betracht, also dass er in dem Verfahren S 10 VG 2332/02 nicht ordnungsgemäß vertreten war. Eine auf diesen Wiederaufnahmegrund gestützte Nichtigkeitsklage in Bezug auf das vorausgegangene Verfahren S 10 VG 2332/02 kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Kläger im Ausgangsverfahren S 10 VG 2332/02 (unerkannt) prozessunfähig war und somit auch die zu diesem Zeitpunkt für ihn tätige Prozessbevollmächtigte nicht hätte wirksam bevollmächtigen können (VG Augsburg, Urteil vom 13. August 2012 - Au 5 K 12.30215 - Juris). Gerade diese Fallkonstellation liegt beim Kläger aber nicht vor.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Untätigkeitsklage auf Bescheidung eines Widerspruchs (S 10 VG 2332/02) durch Rücknahme vom 14. Oktober 2002 erledigt worden ist.
Der 1944 geborene Kläger französischer Staatsangehörigkeit stand mit Beschluss des Amtsgerichts K. - Vormundschaftsgericht - vom 10. Januar 1996 (Geschäftsnummer: XVII 4/92) und Verlängerungsbeschlüssen vom 29. März 2001 und 17. Januar 2007 unter Betreuung durch das Landratsamt Ortenaukreis. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasste die Vertretung des Betroffenen in sämtlichen bei Gericht anhängigen oder anhängig werdenden Verfahren, unabhängig davon, in welcher Form der Betroffene an diesen Verfahren beteiligt ist. Mit Beschluss vom 29. Januar 2013 wurde die Betreuung aufgrund des aktuellen Berichts der Betreuungsbehörde Kommunaler Sozialer Dienst aufgehoben.
Am 8. Februar 2002 hatte der Kläger bei dem Beklagten Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen vorsätzlicher Angriffe auf "seine persönliche Freiheit im Zusammenhang mit Rechtspflege und staatlichen Aufgaben in den letzten 22 Jahren durch politische Straftaten, zwecks Vermögensverschiebung" und "Beseitigung der Freiheit des Individuums hier im Vermögensbereich" gestellt. Als Gesundheitsstörungen machte er eine Schilddrüsenunterfunktion sowie eine psychosomatische Erkrankung geltend. Mit Bescheid vom 5. April 2002 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden, eine derartige Angriffshandlung sei nicht erwiesen. Mit seinem Antrag habe sich der Kläger auf Vorwürfe gegen unzählige Personen und Institutionen bezogen und in seinen dazu beigefügten Unterlagen sich auf zahllose Vorgänge überwiegend zivilrechtlicher und vormundschaftsrechtlicher Natur, insbesondere in Verbindung mit einer Wohnungseigentumssache, bezogen. Hieraus ließen sich ausreichende Hinweise auf das Vorliegen eines schädigenden Ereignisses nicht einmal im Ansatz erkennen. Somit bestünden keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen. Reine Vermögensschäden, wie sie durch Betrug, Untreue und ähnliche Straftaten häufig entstünden, seien von staatlicher Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) ausgenommen, auch die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen solcher Straftaten. Selbst wenn der Kläger somit Opfer vermögensrechtlicher Straftaten geworden wäre, könnte hieraus keine Anerkennung nach dem OEG für daraus resultierende Gesundheitsschäden erfolgen.
Hiergegen legte der Kläger am 8. Mai 2002 Widerspruch ein, mit welchem er geltend machte, die Begründung könne nur als "arglistige Täuschung zur unlauterer Beeinflußung" seines "rechtsgeschäftlichen Willens" bzw. als "Betrugsversuch" verstanden werden. Hierauf wandte sich der Beklagte an das Kreissozialamt - Außenstelle K ... Das Landratsamt Ortenaukreis nahm mit Schreiben vom 18. Juni 2002 den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 9. August 2002 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Begehren, seinen Widerspruch zu bescheiden, über den der Beklagte seit nunmehr 3 Monaten noch nicht entschieden habe.
Der Beklagte trat der Klage unter Hinweis darauf entgegen, dass der Bescheid vom 5. April 2002 in Bestandskraft erwachsen sei, nachdem der gesetzliche Betreuer den Widerspruch zurückgenommen habe.
Das Landratsamt Ortenaukreis nahm hierauf auch die Klage mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 zurück. Darüber wurde der Kläger unterrichtet, der sich mit vielen Schriftsätzen dagegen wehrte, seine Betreuer genehmigten eine Verfahrensfortsetzung jedoch nicht.
Am 24. Januar 2013 hat sich der Kläger erneut an das SG gewandt und die Fortsetzung des Rechtsstreits S 10 VG 2332/02 verlangt. Er sei in Wirklichkeit noch nie unter Betreuung gestanden.
Nachdem die bis Januar 2013 bestellte Betreuerin mitgeteilt hat, dass die Betreuung zum 29. Januar 2013 beendet worden sei, hat das SG nach vorangegangener Anhörung den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens S 10 VG 2332/02 mit Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2013 abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die erklärte Rücknahme erledige den Rechtsstreit in der Hauptsache, binde sowohl das Gericht als auch die Prozessbeteiligten und könne weder direkt noch in entsprechender Anwendung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Nichtigkeit oder Anfechtung von Willenserklärungen angefochten bzw. widerrufen werden. Die Klagerücknahme sei vorliegend mit Schriftsatz des Betreuers wirksam erklärt worden. Das Landratsamt Ortenaukreis als Betreuungsbehörde sei gesetzlicher Vertreter des Klägers im Zeitpunkt der Klagerücknahme gewesen und somit berechtigt, in dessen Namen die Rücknahme der Klage gegenüber dem SG zu erklären. Sonstige der Wirksamkeit der Klagerücknahme entgegenstehende Gesichtspunkte seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Restitutionsgründe lägen nicht vor. Der Kläger könne der Wirksamkeit der vom Betreuer erklärten Klagerücknahme insbesondere nicht entgegenhalten, dass diese ohne seine Vorabinformation oder nach Absprache mit ihm erfolgt sei. Denn derartige Mängel, deren Vorliegen der Kläger sinngemäß mit seinen Schriftsätzen geltend mache und diese sinngemäß als interessen- und weisungswidrig einstufe, beträfen allein das Innenverhältnis zwischen dem Betreuten und dem Betreuer; sie hätten keinen Einfluss auf die Wirksamkeit im Außenverhältnis gegenüber Dritten. Es bestehe auch kein Wiederaufnahmegrund, dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Weder lägen eine vorschriftswidrige Besetzung der Richterbank noch eine Befangenheit, eine Verletzung der Eidespflicht, eine gefälschte Urkunde, eine Falschaussage eines Zeugen oder Sachverständigen, eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat oder ein ähnlicher Restitutionsgrund vor. Insbesondere scheide ein Wiederaufnahmegrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) aus, weil der der Kläger in dem Rechtsstreit aufgrund der durch das Amtsgericht Kehl angeordneten Betreuer-Bestellung wirksam vertreten gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Mai 2013 Berufung mit der Begründung eingelegt, sein Klageantrag sei keinesfalls rechtswirksam zurückgenommen worden, vielmehr sei er seinen gesetzlichen Rechten entzogen worden. Der Beschluss des Vormundschaftsgerichts Kehl vom 10. Januar 1996 sei schon deswegen nicht echt, weil er nicht vom Betreuungs- sondern vom Vormundschaftsgericht erlassen worden sei, was erkennen lasse, dass es sich in Wirklichkeit um eine Vormundschaft nach dem früheren, reformbedürftigen Recht der Vormundschaft für Volljährige handle. Deswegen sei er in Wirklichkeit entmündigt und entrechtet worden.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Mai 2013 aufzuheben und festzustellen, dass das beim Sozialgericht Freiburg geführte Klageverfahren S 10 VG 2332/02 nicht durch Klagerücknahme vom 14. Oktober 2002 erledigt ist sowie den Beklagten zu verurteilen, seinen Widerspruch vom 8. Mai 2002 zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Mai 2013 als unbegründet zurückzuweisen, die Beschwerde des Klägers in dem Verfahren L 6 VG 1974/13 B als unzulässig zu verwerfen.
Er ist der Auffassung, dass das SG zu Recht den Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens S 10 VG 2332/02 abgelehnt habe, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Klagerücknahme vom 15. Oktober 2002 noch unter Betreuung gestanden und die Klage deshalb von der Betreuungsbehörde (Landratsamt Ortenaukreis) wirksam hätte zurückgenommen werden können. Dass inzwischen mit Beschluss des Amtsgerichts Kehl vom 29. Januar 2013 die Betreuung aufgehoben worden sei, ändere daran nichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die beigezogene Akte S 10 VG 2332/02 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht abgelehnt, das Verfahren S 10 VG 2332/02 fortzusetzen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortführung seiner Untätigkeitsklage, denn das eingestellte Verfahren ist durch die vom 15. Oktober 2002 wirksam erklärte Rücknahme der Klage erledigt worden. Die Wirkung der Klagerücknahme kann auch nicht durch einen gesetzlichen Restitutionsgrund beseitigt werden, was das SG ebenfalls zutreffend und ausführlich begründet dargelegt hat.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 102 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach die erklärte Rücknahme der Klage den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Zum Zeitpunkt der Klagerücknahme vom 14. Oktober 2002 stand der Kläger aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - Kehl vom 10. Januar 1996 und Verlängerungsbeschluss vom 29. März 2001 unter gesetzlicher Betreuung, da er nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig und mithin nach § 71 Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 ZPO prozessunfähig war. Das ist auch in dem sozialgerichtlichen Verfahren nach § 71 Abs. 6 SGG i.V.m. § 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu beachten. Das hat zur Folge, dass die von ihm selbst vorgenommenen Prozesshandlungen, also auch die Klageerhebung, nichtig waren (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 71 Rn. 6). Deswegen war es folgerichtig, dass die Betreuungsbehörde als sein gesetzlicher Vertreter die Klage zurückgenommen hat. Das für ihn bestellte Landratsamt Ortenaukreis war auch zur Rücknahme von Klagen gegenüber Gerichten befugt. Dass die Betreuung zum 29. Januar 2013 beendet wurde, steht der Wirksamkeit der Klagerücknahme nicht entgegen. Denn es sind aufgrund des aktuellen Berichts der Betreuungsbehörde nur die Voraussetzungen für die Betreuung weggefallen. Das entnimmt der Senat dem Beschluss des Amtsgerichts Kehl vom 29. Januar 2013. Maßgebend für die Prüfung der Prozessfähigkeit ist aber allein, ob diese im Zeitpunkt der Klagerücknahme bestand.
Anhaltspunkte dafür, dass der Betreuungsbeschluss unwirksam gewesen ist, hat der Senat nicht. Soweit sich der Kläger auf ein gegen ihn ergangenes Versäumnisurteil vom 29. Oktober 1996 bezieht, erschließt sich dem Senat bereits der Zusammenhang nicht.
Die Wirkung der Klagerücknahme kann allenfalls dann wieder beseitigt werden, wenn ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 579 oder 580 ZPO) gegeben wäre oder ein erkennbarer Verstoß gegen Treu und Glauben vorläge. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, was das SG ausführlich begründet dargelegt hat. Der Senat schließt sich den Ausführungen in vollem Umfang an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Beim Kläger kommt ohnehin allenfalls § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in Betracht, also dass er in dem Verfahren S 10 VG 2332/02 nicht ordnungsgemäß vertreten war. Eine auf diesen Wiederaufnahmegrund gestützte Nichtigkeitsklage in Bezug auf das vorausgegangene Verfahren S 10 VG 2332/02 kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Kläger im Ausgangsverfahren S 10 VG 2332/02 (unerkannt) prozessunfähig war und somit auch die zu diesem Zeitpunkt für ihn tätige Prozessbevollmächtigte nicht hätte wirksam bevollmächtigen können (VG Augsburg, Urteil vom 13. August 2012 - Au 5 K 12.30215 - Juris). Gerade diese Fallkonstellation liegt beim Kläger aber nicht vor.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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