L 4 KR 2759/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1201/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2759/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Beschwerdeverfahren, ihr vorläufig Krankengeld (im Folgenden Krg) für die Zeit ab 8. März 2013 i. H. v. netto 40,29 EUR täglich zu zahlen.

Die 1962 geborene, als Exportsachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigte und bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragstellerin erlitt am 16. November 2011 einen Stammganglieninfarkt links mit Hemiparese rechts und Dysarthrie und war deshalb bis 2. Dezember 2011 sowie vom 26. März bis 5. April, vom 23. April bis 30. April und vom 29. Mai bis 6. Juli 2012 arbeitsunfähig. In der Zeit vom 23. bis 30. April 2012 war darüber hinaus eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert worden und am 23. Juli 2012 war die Antragstellerin wegen rezidivierender depressiver Störungen arbeitsunfähig. Sodann erfolgte vom 24. Juli bis 21. August 2012 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, aus der die Antragstellerin unter Nennung der Diagnosen Stammganglieninfarkt links mit Hemiparese rechts bei Carotisdissektion links mit Hornersyndrom links und Dysarthrie am 16. November 2011, reine Hypercholesterinämie, Migräne, Hypothyreose, Radiojodtherapie vor zwei Jahren sowie Nikotinabusus arbeitsfähig entlassen wurde (Entlassungsbericht des Chefarztes der Neurologischen Abteilung, Name nicht lesbar, K.-Klinik in B. W. vom 31. August 2012).

Der Hausarzt der Antragstellerin, Internist Dr. H., teilte der Antragsgegnerin unter dem 10. September 2012 mit, dass die Antragstellerin weiter arbeitsunfähig sei. Der Kurarzt habe nicht alle Aspekte ausreichend berücksichtigt. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei nicht absehbar. Mit Auszahlschein vom 8. Oktober 2012 bescheinigte Dr. H. der Antragstellerin Arbeitsunfähigkeit unter der Nennung der Diagnosen F 33.0 G (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, gesichert) und I 63.4 (Hirninfarkt durch Embolie zerebraler Arterien), mit einem Auszahlschein ohne Datum aufgrund einer Vorstellung am 5. November 2012 wegen I 63.4, mit Auszahlschein vom 22. November 2012 bis 14. Dezember 2012 und mit Auszahlschein vom 11. Dezember 2012 jeweils wegen der "bekannten" Diagnose, mit Auszahlschein vom 9. Januar 2013 unter Nennung der Diagnose I 63.4, mit Auszahlscheinen vom 28. Januar, 18. Februar und 18. März 2013 jeweils unter Nennung der "bekannten" Diagnose, mit Auszahlschein vom 4. April 2013 wegen I 63.4 und mit Auszahlschein vom 25. April 2013 bis voraussichtlich 27. Mai 2013 wegen I 63.4 G. Darüber hinaus wurden der Antragsgegnerin nach deren telefonischer Auskunft weitere Auszahlscheine des Dr. H. vorgelegt, zuletzt vom 22. Juli 2013. Eine Diagnose sei nicht benannt worden.

Vom 12. Juni 2012 bis 6. Juli 2012 und erneut ab 22. August 2012 bezog die Antragstellerin Krg i. H. v. EUR 40,29 kalendertäglich (Bescheide vom 2., 4. und 15. Oktober 2012, Bescheinigung über Entgeltersatzleistungen für 2012 vom 14. Februar 2013).

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2012 verfügte die Antragsgegnerin sinngemäß, Krg werde bis zum 14. Dezember 2012 gewährt. Der die Antragstellerin behandelnde Arzt habe mitgeteilt, dass sie ab dem 15. Dezember 2012 wieder arbeitsfähig sei

Nach Einholung einer sozialmedizinischen Fallberatung der Gynäkologin und Sozialmedizinerin Dr. U., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 4. März 2013 verfügte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 5. März 2012, der Anspruch auf Krg ende am 8. März 2013. Die beratenden Ärzte des MDK seien zu dem Ergebnis gekommen, dass sie, die Antragstellerin, ab 9. März 2013 in der Lage sei, ihre bisherige Tätigkeit wieder aufzunehmen. Über diese Entscheidung unterrichtete die Antragstellerin mit Schreiben vom selben Tag Dr. S., den Partner des Dr. H ...

Dagegen erhob die Antragstellerin unter Vorlage einer Bescheinigung des Dr. H. vom 12. März 2013 Widerspruch. Dr. H. führte in dem Attest aus, dass die Antragstellerin nach Rücksprache mit dem Betriebsarzt und bei allen ihm, Dr. H., vorliegenden Befunden derzeit weiter arbeitsunfähig sei. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei nicht absehbar. Vom MDK seien nicht alle Aspekte ausreichend berücksichtigt. Insbesondere die Depression, wegen der sie sich in psychotherapeutischer Behandlung befinde, sei schwerwiegend. Über den Widerspruch hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.

Die Antragstellerin beantragte am 24. April 2013 beim Sozialgericht Ulm (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie beantragte, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab 24. April 2013 Krg zu zahlen. Sie trug unter Beifügung der Arztbriefe des Radiologen Dr. G. vom 30. November 2012, des Dr. D. vom 9. Januar und 12. März 2013, des Prof. Dr. S., Chefarzt der Neurologischen Klinik des C. G. vom 9. Januar 2013 sowie des Entlassungsberichts des Chefarztes der Neurologischen Abteilung der K.-Klinik in B. W. vom 31. August 2012 vor, sie sei weiter arbeitsunfähig. Sie leide an einer Anpassungsstörung/Depression und sei aufgrund derer seit November 2012 in fachärztlicher Behandlung bei Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. und seit Januar 2013 wöchentlich in Behandlung bei Psychologin J ... Zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts sei sie auf das Krg angewiesen, da sie ansonsten schwerwiegende unzumutbare Vermögensdispositionen treffen müsse, die nach Abschluss des Rechtsstreits nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Ein Verweis an die Arbeitsagentur sei unsinnig, da sie bereits seit Monaten dauerhaft arbeitsunfähig sei. Die Tatsache, dass ihr das Medikament Aponal verordnet worden sei, zeige, dass sich ihr Zustand gerade nicht gebessert habe. Die Behandlungsinterwalle zeigten die üblichen fachärztlichen vierteljährlichen Vorstellungen. Mit dem Schlaganfall habe die streitgegenständliche Arbeitsunfähigkeit nichts mehr zu tun, bei der jetzt vorliegenden depressiven Erkrankung handele es sich um etwas anderes. Mit Blick auf ihre berufliche Tätigkeit sei entscheidend, dass sie fünf Sprachen fließend spreche und geistig und hinsichtlich der Sozialkompetenz gefordert sei.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Gutachters des MDK (gemeint wohl Dr. U.), der davon ausgehe, dass die Antragstellerin ab 8. März 2013 wieder arbeitsfähig sei, entgegen. Aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. H. vom 7. Mai 2013 (hierzu im Folgenden) ergäben sich keinen neuen Erkenntnisse. Bei der Tätigkeit der Antragstellerin handele es sich um eine ganz normale Sachbearbeitertätigkeit, daher sei die Einschätzung der Gutachter des MDK, dass sie ab dem 8. März 2013 für ihre bisherige Tätigkeit trotz der leichten depressiven Stimmungsstörung wieder arbeitsfähig sei, durchaus als richtig anzusehen. Zur Unterstützung ihres Vorbringens legte die Antragsgegnerin ein nach Aktenlage erstattetes sozialmedizinisches Gutachten des Dr. B. vom 16. Mai 2013 und dessen sozialmedizinische Fallberatung vom 29. Mai 2013 vor, der dabei verblieb, dass sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten lasse, dass die Antragstellerin nach dem 7. März 2013 ein eingeschränktes oder gar aufgehobenes Leistungsvermögen gehabt habe. In der nervenärztlichen Untersuchung am 13. (richtig: 12.) März 2013 und in der Untersuchung in der Neurologischen Klinikambulanz am 19. März 2012 seien keine Fähigkeiten und Funktionsstörungen feststellbar gewesen, die eine Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit für verunmöglicht hätten. Eine persönliche Begutachtung der Antragstellerin sei nicht erforderlich. Die Verordnung eines sedierenden Antidepressivums niedrig dosiert, bedinge tatsächlich keine Arbeitsunfähigkeit. Die Antragsgegnerin reichte das Vorerkrankungsverzeichnis der Antragstellerin nach.

Das SG hörte die die Antragstellerin behandelnden Ärzte und die Psychologin als sachverständige Zeugen. Psychologin J. teilte - Eingang beim SG am 13. Mai 2013 - mit, dass sie die Antragstellerin nach dem 15. April 2013 im Februar zweimal, im März einmal, im April dreimal und zuletzt am 6. Mai 2013 wegen einer Anpassungsstörung behandelt habe. Unterbrechungen zwischen dem 28. Februar und 18. März sowie zwischen dem 22. April und 6. Mai 2013 seien durch ihren, der Psychologin, Urlaub vom 1. bis 12. März bzw. ihre, der Psychologin, Erkrankung vom 15. bis 19. April 2013 bedingt gewesen. Arbeitsunfähigkeit habe sie nicht attestiert. Der psychische Zustand der Antragstellerin sei gleichbleibend, sie sei als Bürokauffrau weiter arbeitsunfähig. Dr. H. führte unter dem 7. Mai 2013 aus, er habe die Antragstellerin nach dem 15. Februar 2013 am 8. März und dreimal im April 2013 behandelt und die Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, Anpassungsstörung, Zustand nach Carotisdissektion links mit konsekutivem Stammganglieninsult, Spannungskopfschmerzen gestellt. Die Antragstellerin sei durchgehend arbeitsunfähig. Ihr Gesundheitszustand habe sich tendenziell verbessert, sie sei aber weiterhin kaum belastbar. Einfache Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wären eventuell verrichtbar gewesen, bzw. wären mittlerweile verrichtbar. Er fügte sein Tagesprotokoll vom 15. Februar bis 7. Mai 2013 bei. Dr. D. bekundete unter dem 15. Mai 2013, dass er die Antragstellerin zuletzt am 8. März 2013 wegen Angst und Depression, Kleinhirninfarkt links mit Aponal 20 mg 0-0-1 behandelt und ihr empfohlen habe, die ambulante Psychotherapie fortzusetzen. Arbeitsunfähigkeit habe er nicht attestiert, er wisse nicht, ob unter Aponal eine Besserung eines psychischen Zustands eingetreten sei. Wegen anhaltender Angst und depressiver Symptome bei bekanntem Kleinhirninfarkt links könne er sich nicht vorstellen, dass die Antragstellerin Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.

Für den Arbeitgeber der Antragstellerin, die Firma G. Service GmbH G., teilte G. C., Assistentin der Geschäftsleitung, auf Anfrage des SG unter dem 6. Juni 2013 mit, dass die Antragstellerin dort seit 18. Dezember 1989 als Sachbearbeiterin im Export beschäftigt sei und keine Vorgesetztenfunktion habe. Sie arbeite ständig sitzend, wobei ständige Konzentration nötig sei, gelegentlich sei eine Reisetätigkeit erforderlich. Beigefügt wurde eine Stellungnahme des Dr. Y., B. Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH G., vom 25. Juni 2012, wonach dieser empfahl, die Antragstellerin für die Dauer von drei Monaten von ihrer Tätigkeit zu befreien.

Das SG lehnte mit Beschluss vom 17. Juni 2013 den Antrag ab. Der zeitliche Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung von Krg sei zwar noch nicht erschöpft, sie habe aber derzeit keinen Anspruch auf Erhalt weiteren Krg für den begehrten Zeitraum. Es, das Gericht, könne eine weitere Arbeitsunfähigkeit für ihre Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin nicht erkennen. Aus den vorliegenden Befunden ergebe sich keine Einschränkung dahingehend, dass sie diese Tätigkeit ab dem 9. März 2013 nicht wieder hätte verrichten können. Nach derzeitiger Sachlage sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht alleine aus medizinischen Gründen ihre Arbeitstätigkeit nicht aufnehmen wolle, sondern dass ein unerheblicher Arbeitsplatzkonflikt mit eine Rolle spiele. Die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sei nicht indiziert. Die Antragstellerin habe die Möglichkeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen über die Arbeitsagentur ersatzweise zu erlangen.

Gegen den am 24. Juni 2013 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 5. Juli 2013 Beschwerde eingelegt und die Gewährung weiteren Krg ab 8. März 2013 begehrt. Die Befundunterlagen ließen keine Besserung erkennen. Da sie beabsichtige nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeit wieder aufzunehmen, sei die Stellung eines Antrags bei der Arbeitsagentur in arbeitsunfähigem Zustand nicht zielführend, da er zum Wegfall des Leistungsanspruchs führe. Sie stehe der Vermittlung gerade nicht zur Verfügung. Die durch die Erkrankung der Therapeutin bedingte Behandlungsunterbrechung könne ihr nicht zur Last gelegt werden, in diesem Zeitraum habe im Übrigen eine hausärztliche Behandlung und Konsultation stattgefunden. Verfehlt sei es, davon auszugehen, dass sie nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren wolle. Zu der dort erforderlichen geistigen Anspannung sei sie aufgrund der noch nicht ausbehandelten psychischen Erkrankung noch nicht in der Lage.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 17. Juni 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr vorläufig Krankengeld auch ab 8. März 2013 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihre bisherigen Ausführungen. Der Beschluss des SG weise keine Fehler auf.

Auf telefonische Nachfrage hat die Antragsgegnerin der Berichterstatterin unter dem 2. August 2013 bestätigt, dass noch kein Widerspruchsbescheid ergangen sei und Auszahlscheine über den 27. Mai 2013, jeweils von Dr. H. ausgestellt, zuletzt vom 22. Juli 2013, ohne Diagnose vorgelegt worden seien.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Zahlung von Krg zu Recht abgelehnt.

1. Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Bei kalendertäglich zu zahlendem Nettobetrag von EUR 40,29 ergibt sich für den ab 24. April 2013 vergangenen, erst Recht für den ab 8. März 2013 vergangenen Zeitraum ein Betrag von deutlich mehr als EUR 750,00.

2. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

a) Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nunmehr auch Ansprüche für die Zeit vom 8. März bis 23. April 2013, also für die Zeit vor Beantragung der einstweiligen Anordnung beim SG geltend macht, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin für den 8. März 2013 noch Krg erhielt, fehlt ein Anordnungsgrund grundsätzlich, soweit in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen für die Vergangenheit begehrt werden. Abzustellen ist hierbei auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit des Antrags bei Gericht. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. z.B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B - veröffentlicht in Juris). Dass in der Zeit vom 8. März bis 23 April 2013 eine existenzielle Notlage bestanden hat, die bis in die Zeit nach Antragstellung beim SG am 24. April 2013 hinein wirkt, ist nicht ersichtlich. Die Antragstellerin lebt zusammen mit ihren Eltern in einer Mietwohnung. Dass sie in dieser Zeit die laufenden Kosten ihres Lebensunterhalts und für die Wohnung nicht bestreiten konnte, hat sie nicht vorgetragen.

b) Für die Zeit ab 24. April 2013 besteht aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes kein Anspruch auf Krg und damit kein Anordnungsanspruch.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn - abgesehen von den im vorliegenden Fall in der Zeit seit 24. April 2013 nicht gegebenen Fällen stationärer Behandlung - die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das bei Entstehen des streitigen Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" einen Anspruch auf Krg hat (ständige Rechtsprechung, zuletzt Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R - m.w.N., in Juris).

Arbeitsunfähigkeit bestand zunächst wegen der Folgen des am 16. November 2011 erlittenen Schlaganfalls und im April und Juli 2012 sowie ab 8. Oktober 2012 auch wegen einer akuten Belastungsreaktion bzw. einer depressiver Störung. Über den 8. März 2013 hinaus besteht bei der Antragstellerin aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes wegen der Folgen des Schlaganfalls keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Auch die Antragstellerin beruft sich hierauf nicht mehr. Sie trägt vielmehr explizit vor, dass die Arbeitsunfähigkeit nichts mehr mit dem Schlaganfall zu tun habe, es sich bei der depressiven Erkrankung um etwas ganz anderes handele (Schriftsatz vom 14. Juni 2013). Arbeitsunfähigkeit lässt sich über den 8. März 2013 hinaus aber auch nicht auf eine depressive Erkrankung stützen. Die von den gehörten Ärzten mitgeteilten Befunde belegen auch unter diesem Gesichtspunkt keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Wegen der depressiven Erkrankung befindet sich die Antragstellerin seit November 2012 in Behandlung des Dr. D., der ihr am 12. März 2013 wegen anhaltender Angst und depressiver Symptome Aponal verordnete und ihr nahelegte, die ambulante Psychotherapie fortzusetzen. Die Antragstellerin gab ihm gegenüber an, dass ihre Stimmung seit Juni 2012 gedrückt sei, sie habe Angst davor, in die Arbeit zu gehen, fühle sich aber weder lustlos noch antriebslos und habe keine Schlafstörungen, sie fühle sich am Arbeitsplatz schlecht behandelt (Arztbrief vom 9. Januar 2013). Bei der Untersuchung am 8. März 2013 fand Dr. D. die Antragstellerin wach, allseits orientiert mit einer leichten Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen und mit einer leicht gedrückten Stimmung ohne Anhalt für formale und inhaltliche Denkstörungen. Die Antragstellerin selbst gab an, dass sie sich innerlich angespannt fühle und sie nach wie vor die Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit fürchte. Psychologin J. diagnostizierte eine Anpassungsstörung bei einem gleichbleibenden psychischen Zustand und gab Angstzustände und eine depressive Symptomatik an, ohne dies weiter zu erläutern (sachverständige Zeugenauskunft, eingegangen beim SG am 13. Mai 2013). Nach dem dem SG vorgelegten Tagesprotokoll des Dr. H. war die Antragstellerin nach der Anamnese am 8. März 2013 weiter sehr depressiv, am 2. April 2013 diagnostizierte er eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, am 25. April 2013 gab er an, dass sich die Situation der Antragstellerin wieder verschlechtert habe. Kodiert hat Dr. H. in den Auszahlscheinen nur F 33.0 G, mithin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode. Anlässlich der Rehabilitationsmaßnahme vom 24. Juli bis 21. August 2012 wurde eine psychische Erkrankung der Antragstellerin nicht diagnostiziert, die Antragstellerin wurde als wach, bewusstseinsklar, allseits orientiert, etwas verängstigt und mit Hinweisen auf Einschränkungen der konzentrativen Belastbarkeit beschrieben, sie wurde als arbeitsfähig für ihre letzte Tätigkeit entlassen. Nach der Epikrise über die ambulanten Untersuchungen der Antragstellerin in der Neurologischen Klinik im C. am 9. Januar und 19. März 2012 war die Antragstellerin wach, klar, zu allen Qualitäten vollständig orientiert, freundlich und zugewandt, ohne Hinweise auf inhaltliche und formale Denkstörungen.

Hieraus ergibt sich für den Senat - wie für das SG -, dass die Antragstellerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin seit 9. März 2013 wieder arbeitsfähig ist. Die allenfalls leichte rezidivierende Störung steht dem nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Tätigkeit ständige Konzentration, gelegentlich eine Reisetätigkeit und - nach dem Vortrag der Antragstellerin - ein großes Sprachvermögen erfordert. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin die Tätigkeit bereits seit 1989 verrichtet, sodass keine neuen und unbekannten Anforderungen, die sie überfordern könnten, an sie gestellt werden dürften, wurden Hinweise auf Einschränkungen der konzentrativen Belastbarkeit nur im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 31. August 2012 beschrieben, die Antragstellerin aber dennoch für im Stande erachtet, die bisherige Tätigkeit zu verrichten. Dieser Einschätzung hat die Antragstellerin auch zugestimmt. Im Übrigen gehen aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen Einschränkungen mit Blick auf das Konzentrationsvermögen nicht hervor. Nur Dr. D. erwähnt zusätzlich noch eine leichte Beeinträchtigung der kognitiven Funktion, aber auch keine Denkstörung. Damit im Einklang steht auch, dass Dr. H. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 7. Mai 2013 die Auffassung vertrat, die Antragstellerin könne einfache Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eventuell verrichten. Dr. D. vermag diese Einschätzung nicht zu erschüttern. Er hat die Antragstellerin nach dem 8. März 2013 nicht mehr gesehen. Er kann seine Angabe, dass er sich nicht vorstellen könne, dass die Antragstellerin Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne, damit nicht auf eine nach dem 8. März 2013 erfolgte Untersuchung stützen, im Übrigen ist diese Einschätzung mit dem von ihm selbst am 8. März 2013 und im Januar 2013 erhobenen Befunden nicht in Einklang zu bringen. Auch Psychologin J. hat in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft nicht weiter begründet, weshalb die Antragstellerin in ihrem Beruf als Bürokauffrau weiterhin arbeitsunfähig krank sei. Weitere Erkenntnisse ergeben sich aus dieser Beurteilung daher nicht. Auch die Tatsache, dass der Antragstellerin Aponal verordnet wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn hierbei handelt es sich um eine niedrige Dosierung, die einer Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin in ihrem bisherigen Beruf nicht entgegen steht.

Der Senat war auch nicht gehalten, von Amts wegen ein Gutachten über die Arbeitsfähigkeit der Antragstellerin einzuholen, nachdem es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt und aus den eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften und dem vorliegenden Befundberichten der Gesundheitszustand der Antragstellerin mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit - wenn auch nicht abschließend, dies bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten - beurteilt werden kann.

Da ein Anordnungsanspruch nicht gegeben ist, kann offen bleiben, ob ein Anordnungsgrund besteht. Dies ist allerdings ebenfalls zweifelhaft. Die Antragstellerin hat lediglich pauschal behauptet, auf die Zahlung von Krg angewiesen zu sein. Glaubhaft gemacht hat sie dies allerdings nicht. Insbesondere hat sie nicht weiter belegt, inwieweit es ansonsten zu schwerwiegenden unzumutbaren Vermögensdispositionen komme.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved