L 6 VJ 4884/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 VJ 1718/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 4884/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen als Folge einer Polio-Schluckimpfung und deswegen als Impfschaden anzuerkennen sind.

Der 1942 geborene Kläger ist gelernter Schlosser und hat 1960 eine Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei aufgenommen. Er wurde am 27.03.1962 durch eine Schluckimpfung gegen Poliomyelitis geimpft. Eine zweite Impfung fand am 15.01.1963 statt. Im April 1970 begab er sich in ärztliche Behandlung, weil bei ihm zunächst Doppelbilder und im Verlauf des Jahres weitere Störungen in Form von Kraftlosigkeit der Hände und Schwäche des rechten Augenlids auftraten.

Im März 1963 schied er auf eigenen Wunsch aus dem Polizeidienst aus und machte am Abendgymnasium Abitur, studierte Mathematik ohne Abschluss und war nach Weiterbildung zum IT-Fachmann als EDV-Programmierer berufstätig. 1975 erhielt er zunächst eine Erwerbsunfähigkeitsrente durch die Deutsche Rentenversicherung. Ab 1976 studierte er Medizin, schloss das Studium 1982 mit dem dritten Staatsexamen ab und arbeitete bis Ende 1984 in der Chirurgie und Inneren Medizin. Zwischen 1984 und 1991 baute er in Paraguay eine Rinderfarm auf und war danach nicht mehr erwerbstätig (Gutachten Prof. Dr. H.).

Am 12.07.2007 beantragte der Kläger die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zur Begründung gab er unter anderem an, unter Lähmungen der gesamten Muskulatur, schwerer Adipositas, Grauem Star, Steroiddiabetes (nach jahrelanger hochdosierter Kortisontherapie) sowie unter Doppelbildern zu leiden. 14 Tage bis vier Wochen nach der Impfung sei bei einem 400-Meter-Lauf in allen vier Extremitäten ein starkes Schwächegefühl aufgetreten und er habe nur mit viel Mühe und Willenskraft die Ziellinie erreicht. Erst der Schweizer Arzt Prof. Dr. M. habe seiner Vermutung zugestimmt, dass die Erkrankung ihren Ursprung Anfang der sechziger Jahre habe. Bei Aufräumarbeiten 2007 habe seine Frau seinen Impfausweis gefunden und da er zu diesem Zeitpunkt zufällig damit beschäftigt gewesen sei, die Ursache für seine Beschwerden zu suchen, sei ihm der Zusammenhang sofort aufgefallen.

Der Kläger legte hierzu Befund- und Behandlungsberichte vor. Während bei der Untersuchung in der Universitäts-Nervenklinik in K. am 20.01.1971 ein Tensilon-Test zur Diagnostik bestimmter Muskelerkrankungen (Prüfung der Überleitung zwischen Nerven und Muskeln durch Gabe von Tensilon) positiv war und die Diagnose Myasthenia gravis (Muskelschwäche) getroffen wurde, stellte Priv.-Doz. Dr. H. ausweislich eines Berichtes vom 27.01.1971 bei dem Kläger einen elektromyographisch unauffälligen Befund fest. Er verneinte eine Myositis (entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur) und konnte eine myasthenische Reaktion nicht nachweisen. Dr. M. wiederum stellte in seinem Rentengutachten im Jahr 1975 die Diagnose einer Myasthenie. Ebenso diagnostizierte Prof. Dr. H. am 16.12.1976 bei dem Kläger eine Myasthenia gravis. Nach einer im Januar 1977 vorgenommenen Thymektomie, welche nur kurzzeitig zu einer Besserung führte, wurde der Kläger mit einer immunsupressiven Therapie behandelt, welche nach 8 Tagen zu einer deutlichen Besserung des klinischen Bildes führte (Bericht Dr. F. vom 14.10.1977). Im Universitätsklinikum H. stellte Prof. Dr. K. nach einer Muskelbiopsie am 23.03.1987 ebenfalls die Diagnose eines myasthenischen Syndroms und unternahm einen Behandlungsversuch mit Plasmaaustausch und Kortison. Im Universitätsklinikum F. wurde durch Prof. Dr. Dr. L. im November 2001 die Diagnose einer Myopathie ungeklärter Ätiologie und als Differentialdiagnose Residualzustand nach Myasthenia gravis getroffen. Bereits seit 1980 nahm der Kläger 40 mg Kortison, da sich dies als wirksamste Therapie herausgestellt hatte. Im Jahr 2002 stellte Prof. Dr. Dr. L. u.a. die Diagnosen eines Residualzustandes nach Myasthenia gravis, einer Myopathie mit Differentialdiagnose Steroidmyopathie und chronische Alkoholmyopathie. Der Facharzt für Neurologie Prof. Dr. H. schrieb in seinem Bericht vom 14.12.2002, der Kläger leide zweifellos an einer organischen Muskelkrankheit. Diese entspreche keineswegs einer typischen Myasthenie, habe jedoch gewisse myastheniforme Komponenten. Es sei durch verschiedene Untersuchungen auch eine klassische Myopathie oder eine Myositis ausgeschlossen wO.n. Am ehesten glaube er an eine Kanalkrankheit mit Beeinträchtigung der Funktionen der Muskelfasermembran. Dies könne er jedoch nicht näher präzisieren. Durch Prof. Dr. Z. wurde ausweislich des Berichtes vom 28.03.2003 an der M.-L.-Universität H.-W., Neurologische Klinik und Poliklinik, der Verdacht auf ein kongenitales myastehnisches Syndrom geäußert. In einem weiteren Bericht vom 18.05.2007 schrieb Prof. Dr. Z., die bei der elektrophysiologischen Untersuchung vom 23.03.2007 festgestellten neurogenen Veränderungen seien an sich ein vieldeutiger Befund, der z.B. durch eine Wurzelkompression oder eine Polyneuropathie erklärbar sei. Hinsichtlich der Frage, inwieweit ursächlich auch ein Zusammenhang zu den zwei oralen Polioimpfungen zu sehen sei, sei eine zweite Meinung bei Prof. Dr. D. einzuholen.

Nach Vorlage dieser Unterlagen führte Dr. R. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.08.2007 aus, ein genauer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Polioimpfung und dem Auftreten der ersten Gesundheitsstörungen bestehe nicht, denn erst 1970 seien Doppelbilder bekannt gewO.n. Die Schwäche beim Dauerlauf kurz nach der Polioimpfung, die der Kläger jetzt anamnestisch angebe, sei nicht ausreichend als Gesundheitsstörung nachgewiesen. Fest stünden bei dem Kläger nur die neurologischen Behinderungen. Weder ein kongenitales Syndrom, noch eine Myasthenia gravis noch eine myopathische Erkrankung seien aber letztendlich bewiesen. Als Impfschaden nach einer Polioimpfung sei in den AHP (Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht) eine poliomyelitisähnliche Erkrankung mit schlaffen Lähmungen von wenigstens 6 Wochen Dauer genannt. Die Inkubationszeit müsse 3 bis 6 Tage dauern, Lähmungen dürften nicht vor dem sechsten Tage nach der Impfung auftreten. Ein Guillain-Barré-Syndrom sei wahrscheinlich durch die Impfung verursacht, wenn es innerhalb von 10 Wochen nach der Impfung auftrete. Bei einer Meningoenzephalitis und/oder der Manifestation eines hirnorganischen Anfallsleidens ohne die Symptome einer Impfpoliomyelitis müsse die Erkrankung zwischen dem 3. und 14. Tag nach der Impfung auftreten und müssten Impfviren oder Antikörperbildung nachgewiesen sein. Ein Impfschaden komme deswegen beim Kläger schon allein aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs überhaupt nicht in Betracht. Denn es seien in der Inkubationszeit zwischen 3 und 30 Tagen weder poliomyelitisähnliche Erkrankungen, noch ein Guillain-Barré-Syndrom, noch eine Meningoenzephalitis oder hirnorganische Anfälle aufgetreten.

Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2007 den Antrag des Klägers auf Beschädigtenversorgung ab. Zur Begründung führte er aus, ein Impfschaden komme allein aufgrund des fehlenden zeitlichen Zusammenhanges nicht in Betracht. Die Gesundheitsstörungen an sich, die als Impfschaden geltend gemacht würden, seien nicht korrekt einzuordnen. Die in den AHP aufgeführten Gesundheitsstörungen, die als Impfschaden nach einer Polioimpfung in Frage kämen, lägen jedoch offensichtlich nicht vor.

Zur Begründung seines am 08.11.2007 erhobenen Widerspruches führte der Kläger im Wesentlichen aus, zeitlich vor der verabreichten Schluckimpfung habe er nie Schwächegefühle der Art und Intensität wie bei dem 400-Meter-Lauf an sich beobachtet.

Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. S. vom 28.01.2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2008 den Widerspruch auch unter Berücksichtigung einer "Kann-Versorgung" gemäß § 61 IfSG als unbegründet zurück. Zur weiteren Begründung wurde ausgeführt, die Polioschutzimpfung werde als nachgewiesen angesehen. Nach dem Vortrag des Klägers könnten allenfalls die etwa 14 Tage bis 4 Wochen nach der ersten Impfung angefallenen Probleme anlässlich eines 400-Meter-Laufs als Impfreaktion angesehen werden. Nach der Beschreibung des Klägers und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte sei jedoch eine unübliche Impfreaktion und damit ein Impfschaden nicht nachgewiesen. Es handele sich um eine kurzfristige Abgeschlagenheit, nicht jedoch um eine poliomyelitisähnliche Erkrankung mit schlaffen Lähmungen von wenigstens 6 Wochen Dauer, denn ansonsten hätte es nahegelegen, sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Auch die sonstigen, nach den AHP möglichen Impfschäden einer Polioimpfung könne man nach den vorliegenden Unterlagen nicht feststellen. Da somit eine gesundheitliche Schädigung nicht nachzuweisen sei, könnten die ab 1970 diagnostizierten Erkrankungen nicht Schädigungsfolgen der Impfungen sein, wobei es dahinstehen könne, welche Erkrankung vorliege.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 06.04.2008 Klage beim Sozialgericht FreiB.g (SG) erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Bei der Schwäche im Rahmen des 400-Meter-Laufes habe es sich um eine unübliche Impfreaktion gehandelt und er leide angesichts der 1970 aufgetretenen Beschwerden unter einem Postpoliomyelitis-Syndrom. Ergänzend hat er ausgeführt, kurz nach der Impfung seien ihm bei der Arbeit hölzerne Karteikästen aus der Hand gefallen. Er sei von einem Polizeiarzt untersucht wO.n, welcher den genannten 400-Meter-Lauf angeordnet habe. Daraufhin sei er vom Sport bis Herbst 1962 befreit wO.n. Zunächst habe er gedacht, seine Schwäche sei auf einen Trainingsmangel zurückzuführen, erst bei der Untersuchung 1971 in der Universitätsklinik in K. habe er erfahren, dass es sich dabei um Lähmungen handele.

Das SG hat medizinische Ermittlungen dahingehend angestellt, dass es zunächst von Amts wegen ein Gutachten bei Prof. Dr. L. von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universitätsklinik M und sodann auf Antrag und Kosten des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gutachten bei Dr. H. und Prof. Dr. H., Facharzt für Neurologie, eingeholt hat.

In seinem Gutachten nach Aktenlage vom 19.01.2009 hat Prof. Dr. L. ausgeführt, aus der Fachinformation zum oralen Polioimpfstoff Oral Virelon® gehe hervor, dass im Rahmen der normalen Impfreaktion kurz andauernde Allgemeinreaktionen wie Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen, Kreislaufreaktionen sowie Magen-Darm-Beschwerden auftreten könnten. Das geschilderte Ereignis beim 400-Meter-Lauf, dem weder eine medizinische Untersuchung oder Behandlung oder gar Krankschreibung gefolgt sei, könne daher zweifelsfrei unter die nicht über das übliche Maß hinausgehenden Impfreaktionen gerechnet werden. Solche über das übliche Maß hinausgehende Impfreaktionen wie Fieberkrämpfe, hirnentzündliche Krankheitsbilder, allergische Reaktionen oder neurologische Schädigungen in Form von Paresen und Paralysen seien bei dem Kläger nicht innerhalb der Inkubationsfrist von 6 Wochen nach der Impfung aufgetreten. Es habe sich bei dem Ereignis beim 400-Meter-Lauf weder um eine unübliche Impfreaktion gehandelt, noch stehe dies ursächlich mit den seit 1970 aufgetretenen neurologischen Erkrankungen in Zusammenhang. Die einschlägige Fachliteratur stütze die Behauptung, dass ein ursächlicher Zusammenhang nach sieben Jahren ohne zwischenzeitliche Befunde oder Brückensymptome allein schon aufgrund des zeitlichen Abstandes nicht anzunehmen sei. Mit Sicherheit handele es sich nicht um eine Poliomyelitis oder ein Post-Poliomyelitis-Syndrom, eine Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs sei nicht gegeben. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.03.2009 hat Prof. Dr. L. weiter ausgeführt, eine sogenannte Vakzine-assoziierte paralytische Poliomyelitis könne nach den vorgelegten Befunden ausgeschlossen werden. Auch die nach einem zeitlichen Abstand von mindestens sieben Jahren aufgetretenen neurologischen Symptome könnten trotz aller diagnostischen Unklarheiten nicht als Postpoliomyelitis-Syndrom gewertet werden, da dazu eine früher durchgemachte Poliomyelitis vorhanden gewesen sein müsste.

In seinem daraufhin beantragten Gutachten nach Aktenlage vom 30.09.2009 hat Dr. H. ausgeführt, das vom Kläger beschriebene Ereignis mit Auftreten einer plötzlichen Muskelschwäche im Rahmen eines 400-Meter-Laufes, bei der weitere Krankheitszeichen nicht dokumentiert seien und die erneute Impfung reaktionslos verlaufen sei, stelle keine bisher bekannte unerwünschte Impfreaktion der Poliolebendimpfung dar und entspreche nicht dem bekannten klinischen Verlauf einer impfassoziierten Poliomyelitis. Eine unübliche Impfreaktion liege daher nicht vor. Über die Abläufe einer impfassoziierten Poliomyelitis bestehe keine Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft. Eine solche Erkrankung sei bei dem Kläger nicht nachgewiesen wO.n. Ungewissheit bestehe letztlich nur über die Ursache seiner schweren Erkrankung, die allerdings nach derzeitigem Kenntnisstand nicht als Impfkomplikation der Polio-Lebend-Impfung betrachtet werden könne. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12.11.2009 hat Dr. H. weiter ausgeführt, dass schlaffe Lähmungen im Sinne einer Poliomyelitis in zeitlichem Zusammenhang mit der Polioschluckimpfung nicht festgestellt wO.n seien. Es könne zwar infolge einer Poliolebendimpfung zu flüchtigen und nur sehr schwach ausgeprägten Lähmungen kommen, die allerdings auch nicht zu einer dauerhaften Schädigung führen und sicher nicht mit einem Postpoliosyndrom in Verbindung gebracht werden könnten. Trotz des vom Kläger im Rahmen des 400-Meter-Laufes geschilderten sehr schlechten Zustandes sei von niemandem, einschließlich dem Kläger selbst, der Verdacht auf eine Lähmung ausgesprochen wO.n. Zwischen dem vom Kläger geäußerten Vorkommnis im Rahmen des 400-Meter-Laufes und weiteren geschilderten Beeinträchtigungen bei sportlichen Aktivitäten hätten anscheinend relativ beschwerdefreie Intervalle gelegen, in denen auch keine Zeichen einer schlaffen Lähmung vorgelegen hätten. Die Diagnose einer impfassoziierten Poliomyelitis sei bei dem Kläger niemals gestellt wO.n. Die Definition dieser Erkrankung beim Impfling sei ein Ausbruch der Krankheit 7 bis 30 Tage nach der Impfung und ein Fortdauern der erkennbaren Lähmungen (Paresen) für mindestens sechs Wochen Dauer. Um eine spätere Erkrankung an einem sogenannten Postpoliosyndrom anzunehmen, müssten deutlich erkennbare schlaffe Lähmungen durch Zerstörung von motorischen Steuerungszellen im Rückenmark vorgelegen haben. Das Postpoliosyndrom werde überwiegend als Jahre später nach der Impfpoliomyelitis zutage getretene Überlastungszeichen der verbliebenen Steuerungszellen betrachtet. Vom Verlauf her sei eine impfassoziierte Poliomyelitis nicht wahrscheinlich. Die schlaffen Lähmungen nach der Impfung müssten als solche erkennbar sein. Es komme durch den Verlust von VO.rhornzellen im Rückenmark zu mindestens sechs Wochen anhaltenden Lähmungen. Dann beginne allmählich und langsam der Prozess der Neustrukturierung der nervenversorgenden Muskulatur. Ein Postpoliosyndrom, ohne dass man die Poliomyelitis (oder Impfpoliomyelitis) als solche erkannt hätte, erscheine schwer vorstellbar.

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 24.02.2011 hat die Leitende Landesmedizinaldirektorin Dr. B. am O.-O. darauf hingewiesen, dass zeitnah zur Polioimpfung weder eine Dienstbefreiung im Rahmen der Polizeiausbildung, wenn auch nach Angaben des Klägers eine mehrmonatige Sportbefreiung, noch eine stationäre Behandlung erfolgt sei. Eindeutige Lähmungserscheinungen seien dem Arzt, welcher den Kläger damals untersucht habe nicht aufgefallen. Im März 1963 sei der Kläger weiterhin Bereitschaftspolizist gewesen und habe danach zeitweise als Schlosser gearbeitet. Dass eine Impfpolio mit einem paralytischen Stadium nach der Impfung 1962 übersehen wO.n sei, sei kaum vorstellbar. Im Übrigen spreche auch der wechselhafte Verlauf der Erkrankung über die Jahre, der zu unterschiedlichen diagnostischen Einordnungen ohne eindeutige Diagnose bis heute geführt habe, gegen einen Zustand nach paralytisch verlaufender Impfpolio. Bei dieser seien nämlich nach Abschluss der Reparationsphasen zunächst einmal konstante Defekte zu erwarten. Insgesamt sei hier am ehesten von einer schicksalhaften muskulären bzw. neuromuskulären Erkrankung auszugehen. Ein wahrscheinlich wesentlicher Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit der Polioimpfung liege aber nicht vor.

Der Kläger ist dem Gutachten von Dr. H. entgegengetreten und hat ein weiteres Gutachten auf eigenes Kostenrisiko beantragt. Der Gutachter Prof. Dr. H., Facharzt für Neurologie, hat den Kläger am 07.12.2011 untersucht und begutachtet. In seinem Gutachten vom 20.03.2012 hat Prof. Dr. H. ausgeführt, es finde sich elektrophysiologisch kein Hinweis auf ein myasthenisches Syndrom, sondern klininisch-neurologisch nur eine leichte Blickparese nach links sowie eine vertikale Blickparese nach oben und eine milde motorische Tetrasymptomatik. Eine unübliche Impfreaktion sei möglich, wenn die ca. 7 - 14 Tage nach der oralen Schluckimpfung geklagten Beschwerden als Paresen zu deuten seien. Dann bestehe auch ein zeitlicher Zusammenhang, der biologisch plausibel sei und sich mit dem epidemiologischen Beobachtungen decke. Gegen eine impfassoziierte Poliomyelitis spreche jedoch, dass die nach der Falldefinition des Robert-Koch-Instituts (Ausgabe 2007) aufgeführten Kriterien nicht erfüllt seien. Weder sei eine akut eingetretene schlaffe Lähmung einer oder mehrerer Extremitäten, noch seien verminderte oder fehlende Sehnenreflexe in der betroffenen Extremität oder sensorische oder kognitive Defizite festgestellt wO.n. Diese Kriterien müssten aber sämtlich erfüllt sein. Auch die ab 1971 durchgeführte intensive Ursachenforschung bis Ende der 70er Jahre klinisch manifester Erkrankung spreche eindeutig gegen eine solche impfassoziierte Poliomyelitis. Insgesamt spreche mehr gegen als für eine unübliche Impfreaktion. Weder eine Poliomyelitis noch ein Postpoliosyndrom (auch nicht die durch eine Impfung verursachte Poliomyelitis, eine sogenannten Vakzine-assoziierte paralytische Poliomyelitis bzw. ein Postpoliosyndrom) seien durch die anhand der ärztlichen Dokumentation und der Anamnese des Klägers belegten, ausgeprägte Fluktuation der Symptome gekennzeichnet. Dies mache eine Erkrankung aus dem myasthenen Formenkreis wahrscheinlicher. Die ab den 70er Jahren nachgewiesene neurologische Erkrankung stelle jedenfalls keine unübliche Impfreaktion, sondern eine von der Impfung unabhängige Erkrankung dar. Diese sei die wahrscheinlichste Ursache für die seither im VO.rgrund stehenden Beschwerden.

Der Kläger ist auch diesem Gutachten entgegengetreten, hat weitere Ermittlungen angeregt und hierzu die fachneurologische Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 22.08.2011 vorgelegt.

Mit Urteil vom 18.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, die bei dem Kläger vorliegenden neurologischen Erkrankungen könnten nicht als dauerhafte Gesundheitsstörungen infolge eines schädigenden Ereignisses im Sinne des IfSG festgestellt werden. Das SG war nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon überzeugt, dass bei dem Kläger eine Impfkomplikation im Sinne einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung gemäß § 2 Nr. 11 IfSG vorlag. Aufgrund der Beweiserleichterung des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KoVVwfG) müssten die Angaben des Klägers, soweit diese glaubhaft seien, der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Jedoch kämen die Sachverständigen auf dieser Basis einheitlich zu dem Ergebnis, dass eine impfassoziierte Poliomyelitis im Sinne einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung nicht habe nachgewiesen werden können. Denn diese erfO.re das akute Auftreten schlaffer Lähmungen über die Dauer von 6 Wochen. Prof. Dr. L. habe dargelegt, dass die von dem Kläger geschilderte Schwäche bei dem 400-Meter-Lauf keine unübliche Impfreaktion sei. Dr. H. habe darüber hinaus erläutert, dass es auch zu flüchtigen und schwach ausgeprägten Lähmungen kommen könne, die aber keine unübliche Impfreaktion darstellten. Auch Prof. Dr. H. habe keine Anzeichen für eine Impfreaktion entnehmen können, die alle drei Kriterien erfülle. Ob das Postpoliosyndrom noch Jahrzehnte nach der Impfung auftreten könne, sei insoweit nicht relevant, da es sich um eine gesundheitliche Folge handle, nicht aber den Primärschaden (im Sinne einer Impfkomplikation). Selbst wenn eine Lähmung in Form von Schwäche bei dem 400-Meter-Lauf und insoweit eine unübliche Impfreaktion unterstellt werde, so wäre die Gesundheitsstörung nicht mit der erfO.rlichen Wahrscheinlichkeit auf die Impfkomplikation zurückzuführen. Denn aufgrund des Zeitablaufes fehle es am ursächlichen Zusammenhang, was Prof. Dr. L. in Anbetracht der beschwerdefreien Intervalle von 7 Jahren ohne Brückensymptome dargelegt habe. Auch nach den Ausführungen von Dr. H. spreche deutlich mehr gegen als für einen kausalen Zusammenhang. Prof. Dr. H. gehe davon aus, dass eine zweite, von der Polioimpfung unabhängige Erkrankung die wahrscheinlichste Ursache für die bei dem Kläger bestehenden Beschwerden sei. Der Kläger könne auch mit seinem Hilfsantrag auf eine sogenannte Kann-Versorgung gemäß § 60 Abs. 1 IfSG i.V.m. § 61 Satz 2 IfSG nicht durchdringen. Zwar erleichtere die genannte Vorschrift das Feststellen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Impfung, Impfkomplikation und Impfschaden, entbinde jedoch nicht davon, dass die drei genannten Glieder der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssten. Da eine Impfkomplikation nicht hinreichend sicher festgestellt werden könne, scheide bereits deswegen die Kann-Versorgung aus. Selbst wenn man eine Impfkomplikation annähme, so wäre es Voraussetzung, dass über die Ätiologie und Pathogenese des als Schädigungsfolge geltend gemachten Leidens keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Auffassung herrsche und dementsprechend die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen für die Entstehung oder den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden könnten. Es bedürfe nicht nur der theoretischen Möglichkeit des Zusammenhangs, sondern es müsse sich vielmehr um eine "gute Möglichkeit" des Zusammenhangs zwischen Impfung und Erkrankung handeln, die sich in der wissenschaftlichen Medizin nur noch nicht so zur allgemeinen Lehrmeinung verdichtet habe, dass von gesicherten Erkenntnissen gesprochen werden könne. Zwar bestehe Ungewissheit über die Ursachen der Erkrankung des Klägers, die Kammer habe sich jedoch nicht davon überzeugen können, dass insoweit eine gute Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Erkrankung des Klägers mit der in den Jahren 1962 und 1963 stattgefundenen Impfung bestehe. Wie Prof. Dr. L. ausgeführt habe, handele es sich bei der Erkrankung des Klägers mit Sicherheit nicht um ein Postpoliomyelitis-Syndrom. Auch Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass die Erkrankung des Klägers nach derzeitigem Kenntnisstand nicht als Folge der Poliolebendimpfung betrachtet werden könne. Prof. Dr. H. habe mitgeteilt, dass eine zweite von der Polioimpfung unabhängige Erkrankung die wahrscheinlichste Ursache der bestehenden Beschwerden sei. Damit sei die Möglichkeit lediglich theoretisch.

Gegen das am 02.11.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.11.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass es entgegen der Auffassung der Gutachter für die Annahme eines impfassoziierten Postpoliosyndroms nicht zwingend auf die primäre Diagnose einer impfassoziierten Poliomyelitis ankomme. Prof. Dr. H. habe in seinem Bericht vom 14.12.2002 die Muskelschwäche des Klägers im Rahmen des 400-Meter-Laufes als Erstmanifestation seiner Gesundheitsstörung klar qualifiziert. Wenn man die Schwäche bei dem 400-Meter-Lauf als unübliche Impfreaktion unterstelle, könne man den Zusammenhang mit den seit 1970 dokumentierten Erkrankungen nicht wegen Zeitablaufes verneinen. Die Fachliteratur belege, dass Inkubationszeiten von Jahrzehnten auftreten könnten. Folglich dürften die benannten sieben Jahre kein Ausschlusskriterium sein.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Oktober 2012 und den Bescheid vom 16. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2008 aufzuheben und eine Poliomyelitis oder eine Myastenia gravis als Folge der am 27. März 1962 und 15. Januar 1963 durchgeführten Polioimpfung festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Ermittlungen des Senats beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten Nordrhein-Westfalen haben ergeben, dass die Personalakten des Klägers vernichtet wO.n sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 und 144 SGG statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Seine Beweisanträge hat der Kläger nicht aufrechterhalten.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) geltend gemachten Anspruch auf Feststellung seiner Beschwerden als Folge einer Polio-Schluckimpfung vom 27.03.1962 ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG, da der Antrag im Jahr 2007 gestellt wurde. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt wO.n ist, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), wer durch diese Maßnahme eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.

Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die von dem Kläger begehrte Feststellung somit der folgenden Voraussetzungen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Urteil vom 20.06.2013 - L 6 VJ 599/13).

Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem Bundesseuchengesetz, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59).

Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausa-litätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erfO.rlich ist.

Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erfO.rlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erfO.rlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.

Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).

Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden AHP anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des Sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt wO.n:

"Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Standard der Wissenschaft dar.

Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 IfSG durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte."

Die seit dem 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011, a. a. O.).

Die STIKO hat im Jahr 1998 die Empfehlung des Einsatzes von oralen Poliovirus-Lebend-Vakzinen (OPV) aufgehoben und stattdessen den generellen Einsatz von inaktiviertem Polioimpfstoff empfohlen (vgl. Mitteilung der STIKO, Epidemiologisches Bulletin Nr. 4 von 1998, Seite 21). Aktuelle Arbeitsergebnisse zu neuen medizinischen Erkenntnissen zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer Impfkomplikation enthalten die epidemiologischen Bulletins der STIKO ab 2005 zu solchen Impfstoffen nicht mehr. Daher kann auf die aktuellen medizinischen Ausführungen des Robert-Koch-Institutes bzw. der STIKO nicht zurückgegriffen werden.

Danach sind die für den hier maßgeblichen Zeitraum grundsätzlich anzuwendenden AHP 2005 als aktueller Stand der Wissenschaft heranzuziehen. In Teil C Nr. 57.2a der AHP 2005, Seite 194 f. sind als übliche Impfreaktionen einer Poliomyelitis-Schutzimpfung mit Lebendimpfstoff aufgeführt: Einige Tage nach der Schluckimpfung gelegentlich - nur wenige Tage - anhaltend - Durchfälle, Erbrechen, erhöhte Temperaturen, Exanteme, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit. Als Impfkomplikationen nach einer solchen Schutzimpfung sind genannt: • Poliomyelitisähnliche Erkrankungen mit schlaffen Lähmungen von wenigstens sechs Wochen Dauer (Impfpoliomyelitis): Inkubationszeit beim Impfling 3 bis 30 Tage, Auftreten von Lähmungen nicht vor dem 6. Tag nach der Impfung. Bei Immundefekten sind längere Inkubationszeiten zu beachten (bis zu mehreren Monaten). • Beim Guillain-Barré-Syndrom ist ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung dann wahrscheinlich, wenn die Erkrankung innerhalb von 10 Wochen nach der Impfung aufgetreten ist, außerdem Impfviren und/oder eine Antikörperbildung nachzuweisen waren und andere Ursachen der Erkrankung ausscheiden. • Die sehr selten beobachtete Meningoenzephalitis und/oder die Manifestation eines hirnorganischen Anfallsleidens ohne die Symptome einer Impfpoliomyelitis bedürfen stets einer besonders sorgfältigen diagnostischen Klärung. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung ist dann wahrscheinlich, wenn die Erkrankung zwischen dem 3. und 14. Tag nach der Impfung nachgewiesen wurde und außerdem Impfviren und/oder eine Antikörperbildung nachzuweisen waren und andere Ursachen der Erkrankung ausscheiden. Einzelne hirnorganische Anfälle nach der Impfung (z.B. Fieberkrämpfe) mit einer mehrmonatigen Latenz zur Entwicklung eines Anfallsleidens können nicht als Erstmanifestation des Anfallsleidens gewertet werden.

Der Kläger ist am 27.03.1962 und 15.01.1963 gegen Poliomyelitis geimpft wO.n, was der Senat der vorgelegten Kopie des Impfbuches entnimmt. Nachdem eine Angabe zum verwendeten Impfstoff fehlt, erübrigen sich Ausführungen zur Herstellerinformation wie von Prof. Dr. L ...

Somit liegt zwar eine Schutzimpfung als erstes Kriterium vor, indessen fehlt es zur Überzeugung des Senats am Nachweis einer Impfkomplikation. Nach den Angaben des Klägers ist es allenfalls nach der ersten Impfung 1962 zu einer sportlichen Schwäche bei einem 400-Meter-Lauf gekommen, die er selbst als Trainingsmangel aufgefasst hat, aber noch nicht einmal eine ärztliche Untersuchung, geschweige denn eine Behandlung oder gar eine Arbeitsunfähigkeitszeit nach sich zog. Die unspezifische einmalige Schwäche bei diesem Lauf kann aus Sicht des Senats bereits allein aufgrund des Umstandes erklärt werden, dass diese Distanz in der Regel gesprintet wird und es deswegen zu entsprechenden Erschöpfungsreaktionen kommen kann, die der Kläger selbst auch so eingeordnet hat. Dessen ungeachtet sind die Sachverständigen überwiegend zu der Einschätzung gelangt, dass darin keine Impfkomplikation zu sehen ist. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Prof. Dr. L., Dr. H. und Prof. Dr. H ... Denn selbst wenn die akute Symptomatik der Schwäche beim 400-Meter-Lauf etwa 2 bis 4 Wochen nach der ersten Impfung, also in einem zeitlichen Zusammenhang aufgetreten ist, ist dieses Ereignis nicht nur zeitlich limitiert gewesen, sondern stellt eben gerade keine unerwünschte Impfreaktion der Poliolebendimpfung dar, wie sie nach den AHP 2005 als schlaffe Lähmungen beschrieben werden. Diese schlaffen Lähmungen sind deutlich erkennbar durch Zerstörung von motorischen Steuerungszellen im Rückenmark, der damit einhergehende Verlust von VO.rhornzellen im Rückenmark lässt die Lähmungen bis zu mindestens sechs Wochen anhalten, erst dann beginnt allmählich und langsam der Prozess der Neustrukturierung der nervenversorgenden Muskulatur, wie dies insbesondere der Sachverständige Dr. H. beschrieben hat. Dass eine Schwäche nicht gleichbedeutend mit einer Lähmung ist und letztlich eine Lähmung bei einem so jungen Mann wie dem Kläger damals ohne Weiteres ärztliche Maßnahmen nach sich gezogen hätte, liegt auf der Hand. Die abweichenden Darlegungen von Prof. Dr. H., der eine Deutung der Beschwerden als Paresen für möglich erachtet, ist deswegen für den Senat nicht ansatzweise nachvollziehbar gewesen. Vielmehr ist die Einschätzung von Prof. Dr. L. und Dr. H., die unter Zugrundlegung des neuesten medizinischen Sachstandes bereits eine unübliche Impfreaktion verneint haben, überzeugend, da eben die dafür nach den AHP erfO.rliche neurologische Schädigung nicht festgestellt wurde.

Für die Annahme einer sogenannten impfassoziierten Poliomyelitis fehlt es somit an jeglichem Anknüpfungspunkt. Eine wenigstens 6 Wochen anhaltende schlaffe Lähmung hat der Kläger gerade nicht geschildert. Prof. Dr. L. hat vielmehr die vom Kläger geschilderten Beschwerden als übliche Impfreaktion im Sinne von Schwäche und Abgeschlagenheit eingeordnet, was seine Bestätigung sowohl in der Fachinformation zu Oral-Virelon®, worin von Myalgien und Arthralgien die Rede ist, sowie in den AHP, worin als übliche Impfreaktion Abgeschlagenheit genannt wird, findet. Das Vorliegen einer impfassoziierten Poliomyelitis hat er verneint. Soweit Prof. Dr. H. ausgeführt hat, die Beschwerden des Klägers könnten als unübliche Impfreaktion gewertet werden, hat er das relativiert, indem er darauf hinweist, dass sich das weder durch die Akte belegen lässt noch die Diagnose einer impfassoziierten Poliomyelitis nach der Falldefinition des Robert-Koch-Instituts aufgrund des fehlenden Befundes gestellt werden kann. Außerdem spricht die ab 1971 durchgeführte intensive Ursachenabklärung ebenso eindeutig gegen eine solche impfassoziierte Poliomyelitis wie die durch die Fluktuation der Symptome insgesamt geprägte Erkrankung. Im Ergebnis kommt der Gutachter folgerichtig zu dem Schluss, dass eine unübliche Impfreaktion nicht vorliegt.

Soweit der Kläger dennoch meint, die Diagnose einer impfassoziierten Poliomyelitis wäre manifestiert, erschließt sich das dem Senat angesichts der Aktenlage nicht. Weder in der von Prof. Dr. H. angesprochenen intensiven Ursachenabklärung ab 1971 noch in irgendeinem Befundbericht davor findet sich diese Diagnose. Zu Recht weist die Versorgungsärztin Dr. B. am O.-O. in ihrer Stellungnahme vom 24.02.2011 darauf hin, dass noch nicht einmal eine Dienstbefreiung erfolgt ist, was bei einer Polio-Symptomatik mit den erforderlichen schlaffen Lähmungen von wenigstens sechs Wochen Dauer zu erwarten gewesen wäre, zumal 1975 sofort von einer Erwerbsminderung ausgegangen wurde.

Neben einer Impfkomplikation fehlt es an einer gesundheitlichen Schädigung im Sinne eines Impfschadens. Zu Recht hat bereits der Sachverständige Prof. Dr. L. und ihm folgend Dr. H. in Auswertung der Befunde aus der Zeit nach 1971 festgestellt, dass trotz wiederholter Krankenhausaufenthalte und ausgiebiger sowie spezialisierter Diagnostik eine genaue ursächliche Zuordnung der Krankheitsbilder nicht möglich war und es sich mit Sicherheit nicht um eine durch die Impfung verursachte Poliomyelitis handelt. Dafür fehlt es auch an dem nach den AHP erforderrlichen zeitlichen Intervall von 7 bis 30 Tagen nach der Impfung und einem Fortdauern der Paresen für mindestens 6 Wochen, wie bereits eingangs dargelegt. Deswegen hat Dr. H. zutreffend die Faktoren der plausiblen zeitlichen Intervalle und der pathophysiologischen Erklärbarkeit des Geschehens für die Bewertung als wichtig erachtet und ist richtigerweise zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger der klinische Verlauf einer impfassoziierten Poliomyelitis nicht vorliegt. Wenn Dr. H. ausgeführt hat, dass infolge einer Polio-Lebend-Impfung auch zu flüchtigen und nur sehr schwach ausgeprägten Lähmungen kommen kann, führen solche aber nicht zu dauerhaften Schädigungen und können sicher nicht mit einem Postpolio-Syndrom in Verbindung gebracht werden.

Soweit der Kläger meint, dass ein Postpolio-Syndrom sich gerade durch lange Latenzzeiten auszeichnet, daher der zeitliche Abstand zwischen seiner Impfung und den erstmals 1971 dokumentierten neurologischen Beschwerden keinen Hinderungsgrund für die Annahme eines Postpolio-Syndroms darstellt, so fehlt es dafür an einer impfassoziierten Poliomyelitis. Die Annahme eines Postpolio-Syndroms erfordert - wie von allen Gutachtern dargestellt - diese aber zunächst. Soweit Prof. Dr. H. in seiner vom Kläger vorgelegten vor Erstattung des Gutachtens abgefaßten fachneurologischen Stellungnahme vom 22.08.2011 meint, dass der Kläger an einer atypischen paralytischen Poliomyelitis leidet, erschließt sich dies dem Senat nicht, zumal er eine Tetrasymptomatik ohne vollständige Rückbildung beschreibt, was der Kläger selbst nie berichtet hat und die bis 1971 weder untersucht oder behandelt wurde. Seine Hypothese, die Tetrasymptomatik sei durch die athletische Ausgangssituation kaschiert worden, wird durch nichts belegt. Es ist schlicht nicht bekannt, welchen Trainingszustand der Kläger damals hatte und insbesondere nicht, ob dieser athletisch war. Die Sicherheit der von ihm damals gestellten Diagnose eines Post-Polio-Syndroms sieht er durch - nicht benannte - externe Biopsie- und EMG-Befunde erhöht, stellt die Diagnose aber gerade nicht, sondern hält sie nur für möglich, was den Anforderungen an den Vollbeweis der gesundheitlichen Schädigung nicht genügt. Dabei lässt er unberücksichtigt, dass es gerade an Brückensymptomen fehlt, die einen ursächlichen Zusammenhang aufgrund des zusätzlichen Abstandes aber wahrscheinlich machen müssen. Darauf hat insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. L. in Auswertung der einschlägigen Fachliteratur zutreffend hingewiesen. Nachdem der Kläger selbst das Auftreten neurologischer Erscheinungen erst 1975 beschreibt, kann es solche Brückensymptome nicht geben. Prof. Dr. H. hat diese Ansicht in seinem später erstellten Gutachten vom März 2012 dann auch nicht mehr aufrechterhalten.

Soweit der Kläger bemängelt, die Ausführungen der Gutachter würden nicht dem neuesten Stand der Wissenschaft entsprechen, hat er nicht dargetan, weshalb dies nicht der Fall sein soll.

Auch die Voraussetzungen der Kann-Versorgung des § 61 Satz 2 IfSG liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Danach kann, wenn die nach § 61 Satz 1 IfSG erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden (vgl. zum Folgenden Urteil des Senats vom 21.02.2013 - L 6 VJ 4771/12).

Die Regelung entspricht der des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG, so dass die dafür entwickelten Grundsätze auch für § 61 Satz 2 IfSG gelten (so Meßling in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 61 IfSG Rdnr. 21). Die wesentlichen rechtlichen Maßstäbe zur richtigen Anwendung der Kann-Bestimmung ergeben sich seit dem 01.01.2009 aus Teil C Nr. 4b der Anlage zu § 2 VersMedV (siehe oben). Danach ist eine Kann-Versorgung zu prüfen, wenn über die Ätiologie und Pathogenese des als Schädigungsfolge geltend gemachten Leidens keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Auffassung herrscht und entsprechend die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen für die Entstehung oder den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden kann. In diesen Fällen ist die Kann-Versorgung zu gewähren, wenn ein ursächlicher Einfluss des geltend gemachten schädigenden Tatbestandes in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen wird (Teil C Nr. 4b bb).

Dabei reicht die allein theoretische Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht aus (vgl. zum Folgenden LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.11.2011 - L 4 VJ 2/10 - Juris). Denn die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs - die so gut wie nie widerlegt werden kann - ausreichen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.1993 - 9/9a RV 41/92 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 9 m.w.N.). Es genügt nicht, wenn ein Arzt oder auch mehrere Ärzte einen Ursachenzusammenhang nur behaupten. Vielmehr ist es erforderlich, dass diese Behauptung medizinisch-biologisch nachvollziehbar begründet und durch wissenschaftliche Fakten, in der Regel statistische Erhebungen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RV 17/94 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13), untermauert ist. Die Fakten müssen - in Abgrenzung zu den Voraussetzungen der Pflichtversorgung - zwar (noch) nicht so beschaffen sein, dass sie bereits die überwiegende medizinische Fachwelt überzeugen. Die niedrigere Schwelle zur Kann-Versorgung ist daher bereits dann überschritten, wenn die vorgelegte Begründung einschließlich der diese belegenden Fakten mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs belegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13, sowie Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) und damit zumindest einen eingeschränkten Personenkreis der Fachmediziner überzeugt ("Mindermeinung"). In seiner ständigen Rechtsprechung hat das BSG diesen Maßstab auf die "gute Möglichkeit" eingeschränkt (BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4 - 3200 § 81 Nr. 5).

Ausgehend hiervon scheidet eine Kann-Versorgung schon deswegen aus, weil es an einer Impfkomplikation fehlt. Selbst wenn man diese unterstellt, führt das nicht zu einem anderen Ergebnis. Das hat das SG ausführlich begründet dargelegt, da keine "gute Möglichkeit" eines Ursachenzusammenhangs besteht. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Würdigung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Eine "gute Möglichkeit", dass ein Post-Polio-Syndrom, das im Übrigen ebenfalls nie diagnostiziert wurde, auf die stattgehabte Impfung zurückzuführen ist, ist somit nicht dargetan.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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