L 5 R 2277/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 25 R 7472/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2277/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Aussetzung der Rentenanpassung im Jahre 2010.

Der 1943 geborene Kläger bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Gegen die Mitteilung der Beklagten, der aktuelle Rentenwert betrage ab dem 01.07.2010 unverändert 27,20 EUR ("Rentenanpassungsmitteilung 2010"), legte der Kläger am 30.07.2010 Widerspruch ein. Die Nullrunde sei unsozial und verstoße gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da die Pensionen stiegen, während die Renten sänken. Er fordere eine Anhebung um mindestens 1,2 Prozent. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies zur Begründung auf die Rentenwertbestimmungsverordnung 2010 (RWBestV 2010) vom 22.06.2010, wonach es in den alten Bundesländern bei dem aktuellen Rentenwert von 27,20 EUR bliebe. Die Bestimmung des aktuellen Rentenwertes berücksichtige die Veränderung der Bruttolöhne und Bruttogehälter je Arbeitnehmer im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 um minus 0,96 Prozent in den alten Bundesländern, die Veränderungen bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 um 0,5 Prozent und den Nachhaltigkeitsfaktor in Höhe von 0,9949. Der durchschnittliche Beitragssatz von 19,9 Prozent habe sich gegenüber 2008 nicht verändert. Der Nachhaltigkeitsfaktor bestehe aus der Veränderung des Rentnerquotienten, der das Verhältnis der Anzahl der Rentner zur Anzahl der Beitragszahler abbilde, und einem Parameter, der auf den Wert 0,25 festgelegt worden sei. Auf der Grundlage dieser Faktoren habe sich zum 01.07.2010 der bisherige aktuelle Rentenwert von 27,20 EUR auf 26,63 EUR verringert. Da eine Minderung der aktuellen Rentenwerte durch die Anwendung der Rentenanpassungsformel ausgeschlossen sei, verbleibe es bei dem bislang geltenden Betrag des aktuellen Rentenwerts. Eine Rentenerhöhung habe somit zum 01.07.2010 nicht vorgenommen werden können.

Am 30.11.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, seit 1957 gebe es versicherungsfremde Leistungen der Rentenversicherung, die eigentlich von der gesamten Gesellschaft, also auch den Politikern, Selbständigen und Beamten, getragen werden müssten. Der Bundeszuschuss, der tatsächlich eine Ersatzleistungen des Bundes darstelle, sei zu gering, um diese Leistungen zu finanzieren. Die Rentenkasse müsse vom Bund Ersatz verlangen. Die beitragsfremden Leistungen müssten genau erfasst und im Jahresbericht der Rentenversicherung veröffentlicht werden. Insgesamt 700 Mrd. EUR seien dadurch seit 1957 zweckentfremdet worden. Es handele sich um grobe Verletzungen der Sorgfaltspflicht und Veruntreuung von Versicherungsgeldern. Die Rentenkasse müsse von neutralen und unabhängigen Wirtschaftsprüfern geprüft werden. Dieser "Diebstahl" der Beitragszahlungen habe zu einer drastischen Senkung des Rentenniveaus geführt. Ohne versicherungsfremde Leistungen könne der Beitragssatz gesenkt und die Rentenempfänger könnten an der Einkommensentwicklung teilnehmen. Nullrunden seien dann nicht erforderlich. Das Argument, die langfristige demographische Entwicklung habe zu Finanzierungsproblemen der Rentenversicherung geführt, sei eine Lüge. Nach 46,5 Jahren Zwangseinzahlungen in die Rentenkasse erwarte er eine lebensstandardsicherende Rente. Die Möglichkeit zum Ausgleich durch eine privat finanzierte Rente habe er als Rentenempfänger im Unterschied zur jüngeren Generation nicht mehr. Der Riester-Faktor müsse ersatzlos gestrichen werden. Schließlich seien die Zahlen zur Ermittlung des Rentenwertes falsch. Die Rentenanpassung richte sich nach der Entwicklung der Bruttoverdienste ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten. Bei der Ermittlung der Durchschnittsverdienste würden jedoch auch Beschäftige in Arbeitsgelegenheiten einbezogen. Die Durchschnittsverdienste würden zum Zwecke der Rentenanpassung unzulässig herunter manipuliert.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, streitgegenständlich sei nur die Rentenanpassung des Jahres 2010, nicht auch die Rentenanpassungen der Vorjahre oder folgender Jahre. Die Klage sei als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig, jedoch unbegründet. Bedenken gegen die Ermittlung und Bestimmung des aktuellen Rentenwertes für das Jahr 2010 bestünden nicht. Der Verordnungsgeber sei zum 01.07.2010 nicht verpflichtet gewesen, einen höheren Rentenwert als 27,20 EUR festzusetzen. Die Festsetzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben des § 68 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Auf Grundlage der einzelnen Berechnungsfaktoren sei der aktuelle Rentenwert zu Recht beibehalten worden. Ein Verstoß gegen das GG liege nicht vor. Art. 3 GG sei nicht verletzt. Ein Gebot einer jährlichen erhöhenden Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Anpassung der Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten und die Anpassung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise und in derselben Höhe sei aus Art. 3 GG nicht abzuleiten. Es bestünden – unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG), Urt. v. 20.12.2007 – B 4 RA 51/05 R) – zwischen den Systemen Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie die unterschiedliche Ausgestaltung beider Bereiche rechtfertigten. Für eine nur punktuelle Gleichstellung sei bei Unterschieden im Grundsätzlichen kein Raum (unter Verweis auf LSG Niedersachsen-Bremen Urt. v. 18.05.2011 – L 2 KN 8/ 11 und LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Unterschiedliche Ausgestaltungen der Alterssicherungssysteme seien gerechtfertigt. Auch eine Verletzung von Art. 14 GG liege nicht vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob ein subjektives vermögenswertes Recht auf eine jährliche Rentenanpassung bestünde, denn jedenfalls verpflichte Art. 14 GG den Gesetzgeber nicht dazu, bei der Rentenanpassung zum 01.07.2010 zwingend einen Inflationsausgleich bzw. eine Erhöhung vorzunehmen. Der gesetzgeberische Bewertungsspielraum sei nicht überschritten worden (unter Verweis auf LSG Niedersachsen-Bremen Urt. v. 18.05.2011 – L 2 KN 8/ 11 und LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inhalts- und Schrankenbestimmung seien nicht überschritten. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei beachtet worden. Die Aussetzung der Rentenanpassung habe dem bedeutsamen öffentlichen Interesse an der Sicherung der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung, der Sicherung des Vertrauens der jüngeren Generation in die Zukunftsfestigkeit der Rentenversicherung und einem gerechten Ausgleich der finanziellen Belastungen zwischen den Generationen gedient. Die Aussetzung der Rentenerhöhung sei auch geeignet und erforderlich, die Ziele des Gesetzgebers zu erreichen, sowie zumutbar und verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine substantielle Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften – wie sie das BVerfG fordere (Beschl. v. 10.05.1983 – 1 BvR 820/79) – trete durch die ausgebliebene Rentenanpassung zum 01.07.2010 nicht ein. Soweit sich der Kläger gegen den Riester-Faktor wende, teile das SG seine verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Das BSG und das LSG Baden-Württemberg hätten bereits entschieden, dass die Einführung des Altersvorsorgefaktors und des Nachhaltigkeitsfaktors nicht gegen Art. 14 GG verstoße (BSG Urt. v. 21.01.2009 – B 12 R 1/07 R; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Das SG schließe sich den Ausführungen nach eigener Überzeugung an. Gleiches gelte für die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.05.2011 – L 2 KN 8/11, in der ausgeführt werde, dass die Einwände zu den sog. versicherungsfremden Leistungen keine Verletzung des Art. 14 GG begründeten. Die gesetzlichen Maßnahmen zur Rentenanpassung 2010 verstießen auch nicht gegen ein schützenswertes Vertrauen auf die Kontinuität steigender Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und damit gegen das Rechts- oder Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 GG (unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip folge kein gegenüber Art. 14 GG höheres Schutzniveau (unter Verweis auf BSG Urt. v. 21.01.2009 – B 12 R 1/07 R). Es bestünde schließlich auch kein Verstoß gegen Art. 2 GG. Der Gesetzgeber sei im Rahmen der Schrankenbestimmungen des Grundrechts grundsätzlich befugt, auch in das Leistungsgefüge der Sozialversicherung ordnend einzugreifen, wenn die Eingriffsnorm formell und materiell verfassungsgemäß sei, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzprinzips entsprechen (unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Die Grenze der substantiellen Entwertung im Sinne einer nicht mehr adäquaten Leistung sei nicht überschritten. Trotz einer nach § 68 SGB VI erforderlichen Absenkung, sei der Rentenwert nicht geschmälert worden und damit über den dem Kläger zustehenden Wert hinaus geschützt. Aus diesem Grund führe auch unter Beachtung eines additiven Grundrechtseingriffs die unterbliebene Rentenanpassung 2010 nicht zur Verfassungswidrigkeit (unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11). Soweit der Kläger darüber hinaus begehre, den Wortlaut "Bundeszuschuss an die Rentenversicherung" in "Ersatzleistung des Bundes" abzuändern, die beitragsfremden Leistungen ab sofort genau zu erfassen und im Jahresbericht der Rentenversicherung zu veröffentlichen, die Rentenkasse ab sofort durch einen neutralen und unabhängigen Wirtschaftsprüfer zu prüfen, den aktuellen Rentenwert ohne Berücksichtigung von Personen in Arbeitsangelegenheiten zu ermitteln und den Riester-Faktor ersatzlos zu streichen, zielten die Anträge des Klägers auf eine unmittelbare Änderung von Gesetzen ab. Die Klageanträge seien unzulässig, da eine statthafte und zulässige Klageart insoweit nicht zur Verfügung stünde. Deshalb könne auch offen bleiben, ob überhaupt eine zulässige Klageerweiterung vorliege.

Am 30.05.2012 hat der Kläger gegen den ihm am 04.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Das Urteil des SG missachte die Entscheidung des BVerfG vom 26.07.2007 (1 BvR 824/03 und 1 BvR 1247/07). Es verstoße außerdem gegen rechtsstaatliche Grundsätze, unter anderem gegen Art. 3 GG und Art. 14 iVm Art. 19 GG sowie gegen Art. 20 GG. Das SG sei nicht umfassend auf seinen Vortrag eingegangen, wonach die Zahlen zur Ermittlung des Rentenwertes falsch seien, da nicht beachtet worden sei, dass die Bruttoverdienste ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten zugrundezulegen seien. Das SG sei auch nicht darauf eingegangen, dass ihm eine private Altersvorsorge anders als den jüngeren Generationen nicht mehr möglich sei und damit ein weiterer Betrug am Rentensystem verbunden sei. Der Riester-Faktor sei ersatzlos zu streichen. Die Ungleichbehandlung gegenüber Pensionären sowie die Umverteilung zu Lasten der gesetzlich Versicherten und zu Gunsten unter anderem von Selbständigen, Beamten und Richtern verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte. Da die Justiz an Entscheidungen mitwirke, die sie selbst in erheblichem Umfang begünstigten, stelle sich die Frage nach der möglichen Befangenheit des feststellenden Gerichts. Es bestünden zwischen Rentnern und Pensionären keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass die Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen gerechtfertigt sei. Dies habe auch schon das BVerfG in seiner Entscheidung vom 06.03.2002 (2 BvL 17/99) festgestellt. Zudem habe das BVerfG in seiner Entscheidung vom 26.07.2007 (1 BvR 824/03 und 1 BvR 1247/07) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass mit der Rentennullrunde im Jahr 2004 die Grenze der verfassungsgemäßen Eingriffe erreicht sei. Das habe zur Folge, dass auch die Nullrunde im Jahr 2010 gegen die Verfassung verstoße.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.04.2012 aufzuheben und die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, seine Rente rückwirkend zum 01.07.2010 um wenigstens 1,2 % anzuheben,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG mit der Frage vorzulegen, ob durch die erneute Nichtanpassung der Rente rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden und damit Verstöße unter anderem gegen Art. 3 GG, Art. 14 GG, Art. 19 Abs. 1 und 2 GG und Art. 20 GG vorliegen, oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit der Frage vorzulegen, ob das deutsche Rentenrecht gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt, insbesondere gegen Art. 17 und Art. 20,

hilfsweise, das Verfahren auszusetzen bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Rechtssachen mit Az. 47505/10 und 62071/10 und bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in den Rechtssachen mit Az. 1 BvR 79/09, 1 BvR 1298/09 und 1 BvR 3148/10.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen. Die Berufungsbegründung des Klägers enthalte keinen relevanten neuen Vortrag.

Mit Schreiben vom 17.08.2012, dem Kläger am 20.08.2012 zugestellt, hat der Senatsvorsitzende auf die Rechtslage hingewiesen. Das SG habe ausführlich und zutreffend dargelegt, warum die Klagen abzuweisen waren. Dem werde auch unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung nichts hinzuzufügen sein. Es sei beabsichtigt von der Möglichkeit, Verschuldenskosten nach § 192 SGG aufzuerlegen, Gebrauch zu machen. Als verursachter Kostenbetrag gelte mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG (für die zweite Instanz 225 EUR). Der Kläger hat daraufhin ausgeführt, es sei eine dringliche Aufgabe der Justiz, als eine der tragenden Säulen des Rechtsstaates, den Gesetzgeber auf das Rentenunrecht hinzuweisen. Es sei jedoch zu vermuten, dass die Richter der Sozialgerichte weisungsgebunden seien. Eine Hilfe von den Sozialgerichten könne er offensichtlich nicht erwarten. Er wiederhole nochmals seinen Antrag auf Verfahrensaussetzung und wolle nochmals hervorheben, dass sich die Beklagte der Veruntreuung von Versicherungsgeldern schuldig mache und die Rentenwertberechnungen der letzten Jahre falsch seien. Darauf sei im Gerichtsbescheid nicht eingegangen worden.

Der Kläger hat sich mit Schriftsatz vom 26.08.2013, die Beklagte mit Fax vom 29.08.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet, ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in Form der Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dies hat das SG zutreffend dargelegt. Auf die Ausführungen des SG und die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten (§ 136 Abs. 3 SGG) nimmt der Senat Bezug und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer Begründung ab.

Zum Vortrag im Berufungsverfahren ist ergänzend auszuführen, dass sich die zulässige und statthafte Anfechtungs- und unechte Leistungsklage (vgl. BSG Urt. v. 20.12.2007 – B 4 RA 48/05 R, SozR 4-2600 § 65 Nr. 2) ausweislich der Anträge des Klägers allein gegen die Rentenanpassungsmitteilung des Jahres 2010 richtet. Die Frage der Rechtmäßigkeit von früheren Rentenanpassungen ist nicht Streitgegenstand. Auch eventuell in der Zwischenzeit ergangene weitere Bescheide über die Anpassung der Rente (zB Rentenanpassung 2011 um 0,99 %) sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11, juris; LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 14.06.2012 – L 17 R 448/11, juris).

Soweit der Kläger meint, der Rentenwertberechnung für das Jahr 2010 lägen fehlerhaft ermittelte Zahlen zugrunde, weil Beschäftigte mit Arbeitsgelegenheiten einbezogen worden seien, ist dies nicht zutreffend. Die Bundesregierung hat gegenüber dem Bundesrat (BR-Drs 236/10 S. 3) ausgeführt, welche Gesichtspunkte bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts berücksichtigt wurden. Danach hat sie unter anderem die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen nach der Systematik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in den alten Ländern im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 berücksichtigt. Auch im Übrigen bietet der Vortrag des Klägers keinen Anlass, an der Richtigkeit der Berechnung zu zweifeln (zur Richtigkeit der Berechnung eingehend LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 - L 11 R 267/11 - , juris-Rn. 26 ff. mit ausführlicher Berechnung des zum 01.07.2010 maßgeblichen aktuellen Rentenwerts).

Entgegen der Auffassung des Klägers stützt die Entscheidung des BVerfG vom 26.07.2007 (1 BvR 824/03 und 1 BvR 1247/07) seinen Standpunkt nicht. In dieser Entscheidung hat das BVerfG ausgeführt, dass der Gesetzgeber für die zwangsweise erbrachten Beiträge im Versicherungsfall adäquate Versicherungsleistungen erbringen und verhindern muss, dass es zu einer substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche kommt. Eine derartige Beeinträchtigung liegt jedoch nicht vor, denn mit § 68a Abs. 1 Satz 1 SGB VI hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass eine Entwertung von erworbenen Rechten nur in geringem Umfang eintritt. Die ausbleibende Rentenanpassung 2010 hat durch die steigenden Lebenshaltungskosten nur zu einer eher geringen Entwertung der Rentenansprüche geführt. Damit ist offensichtlich, dass die Rente ihre Funktion als substanzielle Alterssicherung nicht verloren hat (so ausdrücklich das BVerfG in der Entscheidung vom 26.07.2007, 1 BvR 824/03 und 1 BvR 1247/07, juris-Rn. 59, zur Rentenanpassung 2004; ebenso zur Rentenanpassung 2010 LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11, juris-Rn. 69). Auch die vom Kläger gerügte Einführung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors verletzt Art 14 Abs. 1 GG nicht (BSG Urt. v. 21.01.2009 – B 12 R 1/07 R, juris-Rn. 26 ff). Beides dient der Sicherung des Vertrauens der jüngeren Generation in die Zukunftsfestigkeit der Rentenversicherung und gewährleistet einen gerechten Ausgleich der finanziellen Belastungen zwischen den Generationen, beides ist erforderlich, geeignet und verhältnismäßig (BSG aaO). Dieser Rechtsprechung, die sich auch mit den Argumenten des Klägers auseinandergesetzt hat, schießt sich der Senat an.

Soweit der Kläger meint, das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 06.03.2002 (2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73) zur unterschiedlichen Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeführt, systematische Unterschiede bestünden nicht, kann ihm der Senat nicht folgen. Aus den Ausführungen des BVerfG in der genannten Entscheidung ist nicht abzuleiten, dass hinsichtlich der Berechnung der jeweiligen Einkunftshöhe (Wert des Rechts auf Rente bzw. Wert der Beamtenpension) keine systematischen Unterschiede bestünden, die bei einer Betrachtung aus dem Blick des Art. 3 GG dazu führen müssen, beide Systeme gleich zu behandeln (ebenso LSG Baden-Württemberg Urt. v. 15.11.2011 - L 11 R 267/11 - , juris-Rn. 61). Denn insoweit betrachtet das BVerfG eben beide Altersbezüge nur aus einem steuerrechtlichen Blick. Nur im Hinblick auf die Ertragsanteilsbesteuerung weisen Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Beamtenpension Ähnlichkeiten auf. Diese vom BVerfG dargestellte wirtschaftliche Ähnlichkeit beim Zufluss der Renten- bzw. Pensionsleistungen beim Rentner bzw. Pensionär führt aber nicht dazu, auch hinsichtlich der Voraussetzungen und der Berechnung der Altersbezüge von wesentlich gleichen Leistungen sprechen zu können.

Das Verfahren war nicht nach Art. 100 GG auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen, da der Senat zu der Überzeugung gelangt ist, dass ein Verfassungsverstoß schon gar nicht vorliegt. Der hilfsweise gestellte Antrag war daher abzulehnen.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Konvention Nr. 005 des Europarats; BGBl. II 1952 S 685, 953 (ursprüngliche Fassung); BGBl. II 2002 S 1054; BGBl. II 2010 S 1198) sei verletzt, kann der Senat dem nicht näher treten; insbesondere geht der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20.03.1952 (BGBl. II 1956 S. 1879 (ursprüngliche Fassung); BGBl. II 2002 S. 1054) enthaltene Eigentumsschutz nicht über den Schutz des Art. 14 GG hinaus. Verfahrensrechtlich gibt es darüber hinaus auch keine Rechtsgrundlage für eine Vorlage des Rechtsstreits an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und eine diesbezügliche Aussetzung des vorliegenden Verfahrens (LSG Baden-Württemberg im Urt. v. 15.11.2011 – L 11 R 267/11, juris-Rn. 75). Auch der diesbezügliche Hilfsantrag war daher abzulehnen.

Auch ein Ruhen des Verfahrens wegen der vom Kläger genannten Verfahren hält der Senat nicht für zweckdienlich. Vor dem Hintergrund der geschilderten Rechtslage ist nicht mit einer Annahme der (mutmaßlichen) Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung durch das BVerfG zu rechnen.

Die Berufung des Klägers bleibt deshalb erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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