Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 451/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4751/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.10.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Der 1981 geborene Kläger ist gelernter Diplom Kaufmann und war (unstreitig) bis einschließlich März 2009 bei der Beigeladenen zu 1), einer Steuerberatersozietät, sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 überschritt das Arbeitsentgelt des Klägers die jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V – in der Fassung des GKV-WSG vom 26.03.2007) nicht (Schriftsatz der Beklagten vom 13.03.2013).
Mit Wirkung zum 27.04.2009 wurde der Kläger zum Steuerberater bestellt. Zeitgleich schloss er mit der Beigeladenen zu 1) einen "Vertrag über freie Mitarbeit". In § 1 des "Vertrags über freie Mitarbeit" war vereinbart, dass der Kläger zum 27.04.2009 für die Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Steuerberater übernimmt und dabei keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegt. Auf besondere betriebliche Belange hatte er Rücksicht zu nehmen. An Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit war er nicht gebunden. Sofern die Verrichtung der Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Auftraggebers zweckmäßig war, war sie vom Kläger dort auszuüben. Projektbezogene und fachliche Vorgaben waren einzuhalten, soweit dies zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich war. Weiter war vereinbart, dass der Kläger Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen konnte. Gegenüber Angestellten der Beigeladenen zu 1) hatte er keine Weisungsbefugnis. In § 2 des Vertrages war u.a. vereinbart, dass der Kläger verpflichtet war, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung Dritter bedurfte der Zustimmung der Beigeladenen zu 1). Der Auftraggeber stellte die betrieblichen Einrichtungen sowie alle zur Ausübung seiner Tätigkeiten erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen dem Kläger zur Verfügung. Der Kläger verpflichtete sich zu einer Gesamtleistung von 2.000 Stunden im Kalenderjahr. Als Vergütung war in § 3 ein Nettostundenhonorar von 30,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart, wobei das Stundenhonorar für maximal 2.000 Stunden im Kalenderjahr gezahlt werden sollte. Desweiteren erhielt der Kläger ein umsatzbezogenes Honorar von 50 % des auf seine Leistungserbringung entfallenden vom Auftraggeber gegenüber Dritten abgerechneten Nettoumsatzes eines Kalenderjahres, soweit dieses den Betrag von 120.000,00 EUR überstieg. Der Kläger erhielt eine monatliche "Abschlagszahlung" in Höhe von 5.950,00 EUR brutto. In § 5 war vereinbart, dass der Auftraggeber im Haftungsfall nicht beim Kläger Rückgriff nehmen konnte. § 6 des Vertrages enthielt eine Vereinbarung zur Fortbildungspflicht des Klägers. § 7 enthielt die Abrede, dass der Kläger für andere Auftraggeber und auch für einen eigenen Mandantenstamm tätig sein durfte, wobei ein gegenseitiger Mandantenschutz vereinbart wurde.
Am 09.06.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Aufgrund seiner Bestellung zum Steuerberater habe er eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen. Den Antrag auf Statusfeststellung stelle er, da er zu Beginn seiner Tätigkeit überwiegend für seinen bisherigen Arbeitgeber im Rahmen einer freien Mitarbeit tätig sei. Die Bundesagentur für Arbeit habe ihm einen Gründungszuschuss vom 06.04.2009 bis 05.01.2010 bewilligt. Auf ergänzende Befragung der Beklagten teilte der Kläger mit, seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) erstrecke sich auf sämtliche Tätigkeiten eines Steuerberaters. Die Tätigkeit werde in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ausgeübt, da sich dort sämtliche für die Leistungserbringung erforderlichen Unterlagen und Informationen befänden. Die betrieblichen Einrichtungen würden ihm ohne Kostenbeteiligung von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt. Manche Tätigkeiten könne er in seinen Räumen durchführen. Dort sei er mit dem Intranet der Beigeladenen zu 1) verbunden. Insoweit trage er die Kosten für seine Räume, den PC, Drucker und Bürobedarf. Seine eigene Einrichtung komme auch für die Leistungserbringung gegenüber seinem eigenen Mandantenstamm zum Einsatz. Aus Gründen der Qualitätssicherung unterlägen seine Leistungen dem "Vier-Augen-Prinzip". Die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen, die er für die Beigeladene zu 1) fertige, würden regelmäßig vor der endgültigen Fertigstellung von der Beigeladenen zu 1) kontrolliert. Andere Leistungen verließen in der Regel ohne weitere Kontrolle das Haus. Seine Abrechnung erfolge direkt mit seinem Auftraggeber. Die Unterschiede zu seiner vorherigen Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) lägen darin, dass die Tätigkeit auf den Kompetenzbereich eines Steuerberaters ausgedehnt sei, er keiner Genehmigung der Beigeladenen zu 1) für Nebentätigkeiten mehr benötige, er nicht mehr Weisungen unterliege, er nicht mehr Vorgaben zum Arbeitsort und zur Arbeitszeit unterliege, er einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen könne und keine arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften mehr zu beachten seien.
Die Beklagte hörte daraufhin mit Schreiben vom 14.07.2009 sowohl den Kläger als auch die Beigeladene zu 1) zur beabsichtigten Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses an. Die Beigeladene zu 1) verwies in ihrem Schreiben vom 05.08.2009 auf die gesetzlichen Pflichten eines Steuerberaters (ua zur Fortbildung, höchstpersönlichen Leistungserbringung), die nicht zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status herangezogen werden könnten. Der Kläger sei nicht an den Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) gebunden. Es würden allein die Daten und Informationen der Mandanten sowie ein Netzwerkzugang benötigt. Der Kläger könne weltweit auf das interne Netzwerk der Beigeladenen zu 1) zugreifen. Maßgeblich gegen ein Beschäftigungsverhältnis spreche, dass der Kläger im Falle von Krankheit und Urlaub keine Entgeltfortzahlung erhalte. Er trage insoweit das unternehmerische Risiko. Außerdem könne er jederzeit ohne Angabe von Gründen Aufträge ablehnen. Er sei nicht an Arbeitszeiten gebunden. Sämtliche dem Kläger entstehenden Kosten seien mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Insgesamt überwiegten die Merkmale eines unabhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Mit Bescheiden vom 18.08.2009 (gerichtet an den Kläger und an die Beigeladene zu 1) stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Steuerberater bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 27.04.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, aus den vertraglichen und dargestellten tatsächlichen Verhältnissen ergäben sich die folgenden wesentlichen Tätigkeitsmerkmale, die bei der Beurteilung des Gesamtbildes berücksichtigt worden seien. Danach spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Umstand, dass, obwohl keine vertragliche Regelung zum Tätigkeitsort getroffen worden sei, der Kläger hinsichtlich seines Tätigkeitsortes gebunden sei, da er auf die Nutzung der am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel angewiesen sei. Außerdem spreche die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen für eine abhängige Beschäftigung wie auch die Verpflichtung, die Leistungen höchstpersönlich zu erbringen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen nur, dass eigenes Kapital in Form eines PC, Druckers und Bürobedarf eingesetzt werde. Dies schließe jedoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Ein erhebliches wirtschaftliches Risiko sei damit nicht verbunden. Aufgrund des festen Stundenhonorars trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Die Gewinnbeteiligung sei einem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungsbestandteils.
Am 08.09.2009 legten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 1) Widerspruch ein. Zur Begründung wurde nochmals auf die Berufspflichten eines Steuerberaters verwiesen. An den Tätigkeitsort sei der Kläger nicht gebunden. Aufgrund des Netzwerkzugangs sei er in der Lage von zuhause aus zu arbeiten. Den Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) sei dies untersagt. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche die fehlende Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall, die Möglichkeit Aufträge abzulehnen, die fehlende Bindung an Arbeitszeiten, das Risiko des Klägers zusätzlich entstehende Kosten für die Leistungserbringung selbst tragen zu müssen und die Erlaubnis nebenher als Steuerberater zu arbeiten und einen eigenen Mandantenstamm aufzubauen. Mit Widerspruchsbescheiden vom 05.01.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Am 05.02.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, die Gesamtumstände sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Im Rahmen seiner Zugehörigkeit zur Steuerberaterkammer sei der Kläger in den Steuerberatersuchdienst eingestellt worden. Er trete unter eigenem Briefkopf auf, wie den Schreiben des Klägers an die Beklagte zu entnehmen sei. Die darin ersichtliche Adresse sei der Betriebssitz des Klägers. Er unterhalte ein ausgestattetes Büro. Im Außenbereich sei ein Kanzleischild angebracht. Der Kläger stelle für seine Tätigkeiten Honorare in Rechnung. Darin seien die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Umsatzsteuer ausgewiesen. Er führe eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, deren Kosten er selbst zu tragen habe. Außerdem sei er Mitglied des Versorgungswerks für Steuerberater. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger einen Gründungszuschuss erhalten habe, der von der Bundesagentur nicht bewilligt worden wäre, wenn von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Der Kläger sei Berufungsanfänger. Als solcher komme er nicht sofort zu einem eigenen Mandantenstamm. Es bedürfe einer Anlaufphase bis eine Grundlage für eine weitergehende gesicherte selbständige Tätigkeit für mehrere Auftraggeber möglich sei. Dies sei Voraussetzung für eine Ausweitung der beruflichen Tätigkeit und einer Vergrößerung des Betriebs. Von einem Berufsanfänger könne dies noch nicht verlangt werden. Zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit erbringe der Kläger ca. 5/6 seines Tätigkeitvolumens für die Beigeladene zu 1). Davon unberührt sei seine tatsächlich selbständige Tätigkeit in Form des weisungsunabhängigen Tätigwerdens. In diesem Sinne sei auch der "Vertrag über freie Mitarbeit" abgefasst. Die Vereinbarungen sprächen für eine selbständige Tätigkeit.
Während des Gerichtsverfahrens wurde der Kläger mit Wirkung zum 01.05.2010 in die Sozietät der Beigeladenen zu 1) aufgenommen. Der Vertrag über die freie Mitarbeit wurde zum 31.03.2010 gekündigt. In der Folge einigten sich die Beteiligten, den streitigen Zeitraum auf die Zeit bis zum 30.04.2010 zu beschränken. Die Beklagte erklärte, dass für April 2010 keine Beurteilung zu erfolgen habe, da der Kläger in dieser Zeit nicht für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei (Schreiben vom 04.05.2011).
Außerdem ergingen die Bescheide vom 28.10.2010. Damit änderte die Beklagte die Bescheide vom 18.08.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 05.01.2010 dahingehend ab, dass in der seit dem 27.04.2009 ausgeübten Tätigkeit als Steuerberater bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der GKV, Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit weiteren Bescheiden vom 06.01.2011 änderte die Beklagte die Bescheide vom 28.10.2010 dahingehend ab, dass in der Tätigkeit als Steuerberater seit dem 27.04.2009 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestehe, da der Kläger mit Bescheid vom 05.02.2010 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden sei.
Das SG hat den Rechtsstreit am 20.01.2011 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl. 45 f. der SG-Akte).
Mit Urteil vom 04.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) der Versicherungspflicht in der GKV, der sozialen Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung unterlag. Für die Annahme eine abhängigen Beschäftigung sprächen folgende Argumente: Der Kläger habe selbst angegeben, dass er im Wesentlichen nur für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit habe bei tatsächlicher und wirtschaftlicher Betrachtung die Beigeladene zu 1) betroffen. Er habe außerdem zugestanden, dass er seine Tätigkeit im Wesentlichen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtet habe. Er habe die Einrichtungen und Materialien kostenfrei nutzen können und habe über einen Zugang zum Intranet verfügt. Damit sei der Kläger in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingebunden gewesen. Hierfür spreche auch die automatische Zeiterfassung. Der Kläger habe zudem im Erörterungstermin angegeben, seinerzeit über keinerlei Mitspracherechte in der Kanzlei verfügt zu haben. Er sei außerdem der "Firmenphilosophie" unterworfen gewesen. Dies drücke sich vor allem in dem "Vier-Augen-Prinzip" bzw. einer entsprechenden Qualitätskontrolle aus. Für einen Selbständigen sei eine solche Arbeitsweise vollkommen untypisch. Für eine abhängige Beschäftigung spreche weiter, dass der Kläger seine Arbeiten persönlich habe erbringen müssen und einen festen Stundenlohn bezogen habe. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit des Klägers das Haftungsrisiko getragen habe, spreche für eine abhängige Beschäftigung. Den Merkmalen für eine selbständige Tätigkeit käme keine überragende Bedeutung zu. Zwar werde der Gründungszuschuss für eine selbständige Tätigkeit gewährt. Es bleibe jedoch offen, mit welcher Sorgfalt die Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen geprüft habe. Die Beklagte sei an die Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit nicht gebunden. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Steuerberater begründe wie auch die Aufnahme in die Steuerberaterkammer und die Teilnahme am Steuerberatersuchdienst keine selbständige Tätigkeit. Gleiche gelte für den Umstand, dass der Kläger für seine Tätigkeiten Rechnungen ausgestellt und nach Stunden abgerechnet habe. Hierdurch werde lediglich die subjektive Selbsteinschätzung der Vertragspartner widergespiegelt. Zudem spreche der Stundensatz von 30,00 EUR, der deutlich hinter den Sätzen der Steuerberatergebührenordnung zurückbleibe, eher für eine abhängige Beschäftigung. Ebenso unmaßgeblich seien die vertraglich ausgeschlossene Entgeltfortzahlung und die fehlende Unterwerfung unter das Arbeitsschutzrecht. Die entsprechenden Vorschriften stünden den Vertragsparteien nicht zur Disposition. Auch das Fehlen eines Konkurrenzverbotes führe nicht automatisch zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Umstand, dass der Kläger Aufträge habe ablehnen können, spreche für eine gewisse Eigenständigkeit, führe aber ebenfalls nicht zwingend zur Selbständigkeit. Das Vorhalten eigener Büroräume mit Kanzleischild, eigener Briefbogen, einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und einer Betriebshaftpflichtversicherung seien Ausdruck der subjektiven Selbsteinschätzung des Klägers und damit nicht ausschlaggebend. Das Gericht verkenne nicht, dass der Kläger bei Wahrnehmung eigener Mandate keinen Vorgaben bzw. Weisungen der Beigeladenen zu 1) unterlegen habe. Dies reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit insgesamt jedoch nicht aus, da der Kläger weit überwiegend für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Die Einlassung des Klägers, er sei keinerlei Weisungen der Beigeladenen zu 1) ausgesetzt gewesen, müsse in Frage gestellt werden, nachdem er sich der Qualitätskontrolle und dem "Vier-Augenprinzip" habe unterwerfen müssen. Rückblickend könne sich die Vermutung aufdrängen, dass der Kläger probeweise versucht habe, "sich auf eigene Füße zu stellen" bzw. eine "eigene selbständige Tätigkeit" auszuüben und schon damals die Aufnahme in die Sozietät der Beigeladenen zu 1) als Alternative "am Horizont" gestanden habe. In seinem solchen Fall träten die vollen Wirkungen einer selbständigen Tätigkeit aber erst ein, wenn die Aufnahme in die Sozietät rechtsverbindlich abgeschlossen sei. Zusammenfassend überwögen die tatsächlichen Gesichtspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprächen.
Am 28.10.2011 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 07.10.2011 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung die Argumentation aus dem Verfahren vor dem SG vortragen lassen.
Ergänzend wurde ausgeführt, das SG habe nicht alle Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, berücksichtigt. Der Umfang der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) sei lediglich ein Teilaspekt. Der Kläger habe als Berufsanfänger zunächst einen eigenen Mandantenstamm aufbauen müssen. Zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit habe er ca. 5/6 seines Tätigkeitsvolumens für die Beigeladene zu 1) erbracht, wobei davon unberührt seine tatsächlich selbständige Tätigkeit in Form des weisungsunabhängigen Tätigwerdens geblieben sei. In diesem Sinne sei der "Vertrag über freie Mitarbeit" abgefasst worden. Die darin getroffenen Vereinbarungen sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Die Parteien hätten von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht. Die Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften sei nicht beabsichtigt oder gewollt gewesen. Die Räumlichkeiten und die Arbeitsmaterialien der Beigeladenen zu 1) könnten nicht als Kriterium herangezogen werden, da die Übertragung der für die Bearbeitung der Steuererklärungen notwendigen Daten auf das eigene EDV-System des Klägers sowohl aus Gründen der Verschwiegenheit als auch aus Gründen des Datenschutzes nicht zulässig gewesen sei. Die Zurverfügungstellung eines Zugangs zum Intranet der Beigeladenen zu 1) stütze gerade die Orts- und Zeitungebundenheit des Klägers, die für eine selbständige Tätigkeit spreche. Der Kläger habe auch nicht ausschließlich die Räumlichkeiten und Arbeitsmaterialien der Beigeladenen zu 1) genutzt. Er habe sein eigenes Büro und eine zur Berufsausübung notwendige "Logistik" vorgehalten. Er sei auch unter eigenem Briefpapier nach außen hin aufgetreten. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt und in welchem konkreten Fall welche Räumlichkeit und Arbeitsmaterialien zum Einsatz gekommen seien, sei allein aus Praktikabilitätsgründen getroffen worden. Auch die Erfassung der Arbeitszeit über das Programm "DATEV" sei für die Vertragsparteien am einfachsten umsetzbar gewesen. Das fehlende Mitspracherecht in der Sozietät der Beigeladenen zu 1) könne ebenfalls nicht herangezogen werden, da kein freier Mitarbeiter oder Subunternehmer irgendwelche Mitspracherechte bei seinem Auftraggeber habe. Die Notwendigkeit einer Qualitätsprüfung ergebe sich aus § 57 Abs. 1 Steuerberatergesetz (StBerG). Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung folge aus §§ 2 bis 4 StBerG bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 2 der Berufsordnung der Steuerberater (BOStB), wonach nicht zur Steuerberatung befugte Personen nicht mit der Durchführung sog. Vorbehaltsaufgaben betraut werden dürften. Die Stundensätze der Steuerberatergebührenverordnung seien nicht anwendbar, da der Kläger nicht für die Beigeladenen zu 1) selbst steuerlich beratend tätig ist, sondern für Mandanten. Eine Orientierung an den dort geregelten Stundensätzen verbiete sich daher. Zudem habe der Kläger eine Chance auf Umsatzbeteiligung. Diese Chance könne nicht deshalb ausgeblendet werden, weil sie sich rückblickend nicht realisiert habe. Das Haftungsrisiko, das die Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit des Klägers trage, könne ebenfalls nicht herangezogen werden, da nach § 42 BOStB sowohl der Auftraggeber seine freien Mitarbeiter als auch der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit in die eigene Versicherung einbeziehen müsse. Hinsichtlich des Gründungszuschusses sei davon auszugehen, dass die Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen zutreffend geprüft habe. Hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und der Teilnahme am Steuerberatersuchdienst sowie der Altersvorsorge im Versorgungswerk der Steuerberater lasse das Urteil des SG eine nachvollziehbare Argumentation vermissen. Die Teilnahme am Suchdienst belege die selbständige Tätigkeit des Klägers. Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, neue Mandanten und Umsätze zu akquirieren. Die Umstände der Vergütung und Rechnungsstellung habe das SG zu Unrecht als unwesentlich gewertet. Es handele sich hierbei jedoch um Kernaspekte der selbständigen Tätigkeit. Auch die übrigen Merkmale, die das SG als Ausfluss einer "subjektiven Selbsteinschätzung" gewertet habe, belegten eine selbständige Tätigkeit. Die eigene Berufshaftpflichtversicherung und die eigenen Investitionen in Arbeitsmittel zeigten das eigene wirtschaftliche Risiko. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass keine Weisungsgebundenheit bestanden habe. Es sei zwischen Leistungserbringung und Abnahme der Leistung zu unterscheiden. Das "Vier-Augen-Prinzip" sei lediglich eine Qualitätsmaßnahme im Rahmen der Abnahme der Leistung. Schließlich sei das SG über das Ziel hinaus gegangen, wenn es annehme, die Aufnahme in die Sozietät habe von Anfang an "am Horizont" gestanden. Dies habe damals nicht zur Disposition gestanden und sei von den Beteiligten auch nicht in Erwägung gezogen worden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich ausgelegt),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.10.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2010 in der Fassung der Bescheide vom 28.10.2010 und 06.01.2011 zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf ihren bisherigen Vortrag und die Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie hier zur Überprüfung standen, formell und materiell rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist allein die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beteiligten haben den streitgegenständlichen Zeitraum einvernehmlich auf die Zeit bis zum 31.03.2010 beschränkt, wobei sich die Beteiligten einig sind, dass der Kläger nach Kündigung seines Vertrages zum 31.03.2010 im April 2010 nicht für die Beigeladene zu 1) tätig war und damit in dieser Zeit nicht wegen einer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) versicherungspflichtig war. Der Beginn des streitigen Zeitraums richtet sich nach dem Beginn des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) am 27.04.2009. Inhaltlich ist lediglich die Versicherungspflicht in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung streitig. Hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide abgeändert und mit Bescheid vom 06.01.2011, der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, festgestellt, dass in der Tätigkeit des Klägers als Steuerberater seit dem 27.04.2009 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht, da der Kläger mit Bescheid vom 05.02.2010 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden ist.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Kläger hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile vom 08.06.2011 – L 5 KR 4009/10 und L 5 R 4078/10).
Der angefochtene Bescheid ist auch hinreichend bestimmt und enthält keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung. Gem. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG Urt. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R; Urt. v. 04.06.2009 – B 12 R 6/08 R). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG Urt. v. 11.3.2009 – B 12 R 11/07 R). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (vgl. Senatsurteile vom 08.06.2011 – L 5 KR 4078/10 und v. 24.11.2010 – L 5 KR 357/10). Die Beklagte hat diese Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt. Sie hat die vom Kläger für die Beigeladene zu 1) ausgeübte Tätigkeit mit "Steuerberater" hinreichend bestimmt bezeichnet und sich nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Vielmehr ist im Ergänzungsbescheid vom 28.10.2010 ausdrücklich festgestellt worden, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Versicherungspflicht zur GKV, sozialen Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung besteht.
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Der Kläger übte die Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und nicht als selbständige Tätigkeit aus. Er war deshalb in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch), wobei hier die gesetzliche Rentenversicherung nicht von Belang ist. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG Urt. v. 19.6.2001 – B 12 KR 44/00 R). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG Beschl. v. 16.8.2010 – B 12 KR 100/09 B). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 24/10 R).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R).
Diese allgemeinen Abgrenzungsmaßstäbe gelten auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Steuerberater, unbeschadet dessen, dass der Steuerberater ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege und Angehöriger eines freien Berufs ist (§ 1 Abs. 1 BOStB). Die Tätigkeit des Steuerberaters kann sowohl in selbständiger Form als auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung (als angestellter Steuerberater) ausgeübt werden (vgl. § 58 StBerG).
Zur Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die dem Grunde nach mit der eines Steuerberaters vergleichbar ist, hat das BSG die allgemeinen Abgrenzungsmerkmale für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung näher konkretisiert (BSG Urt. v. 14.05.1981 – 12 RK 11/80, juris; auch Urt. v. 17.10.1969 – 3 RK 67/66, juris; außerdem Urt. d. Senats vom 20.03.2013 – L 5 R 1978/12). Nach der Rechtsprechung des BSG bringt es die Eigenart der Anwaltstätigkeit als Dienstleistung höherer Art mit einer aus dem Status eines Organs der Rechtspflege fließenden und von der Form der Ausübung nicht berührten sachlichen Weisungsfreiheit einerseits und einem weitgehend durch Sachzwänge (Gerichtstermine, mit dem Mandanten abzusprechende Beratungstermine, Umfang der Praxis) bestimmten zeitlichen und örtlichen Arbeitsablauf andererseits mit sich, dass sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren kann, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt. Um den Arbeitseinsatz als eine abhängige Beschäftigung zu charakterisieren, muss deshalb die Weisungsgebundenheit eines Rechtsanwalts hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der Beschäftigung im Einzelfall deutlich über das sich aus den genannten Sachzwängen ergebende Maß hinausgehen. Was die Eingliederung in die Kanzlei als die betriebliche Organisation anbetrifft, gilt auch hier, dass diese wegen der Eigenart der Berufsausübung eines Rechtsanwalts sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheiten bedingt wird. Auch der freie Mitarbeiter muss sich der sachlichen und personellen Ausstattung der Kanzlei bedienen. Dagegen können aus der Art der Vergütung deutlichere Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem ob sie mit einem – ggf. pauschalierten – Verlustrisiko belastet ist und deshalb einer Gewinnbeteiligung gleichkommt oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung (bzw. Arbeitsbereitschaft) anzusehen ist. Wenn die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen der Anwälte etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt, ist darauf abzustellen, was die Vertragsschließenden gewollt haben (so BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris).
Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Kläger als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 ausgeübt hat, als eine versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen. Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Klägers. Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des SG und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Allein streitgegenständlich ist die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1). Nicht relevant ist deshalb die Tätigkeit des Klägers für seine eigenen Mandanten in seinen eigenen Räumlichkeiten unter Verwendung eigener Materialien. Es ist daher auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger insoweit einen Gründungszuschuss von der Arbeitsagentur erhalten und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Gleiches gilt für die Teilnahme am Steuerberatersuchdienst, die darauf angelegt war eigene Mandate zu akquirieren. Der Kläger ist wegen der Tätigkeit für seine eigenen Mandaten auch nicht über § 5 Abs. 5 SGB V in der GKV versicherungsfrei, da die Tätigkeit nach seinem eigenen Vortrag in einem nur sehr geringen Umfang und deshalb nicht hauptberuflich ausgeübt wurde.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kann auch nicht maßgeblich darauf abgestellt werden, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht gewollt war. Dies ist nur dann möglich, wenn die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt (vgl. BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris). Vorliegend überwiegen jedoch die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Einer abhängigen Beschäftigung eines Steuerberaters steht grundsätzlich nicht seine weitestgehende Weisungsungebundenheit entgegen. Denn er ist nach § 57 Abs. 1 StBerG verpflichtet, seinen Beruf eigenverantwortlich auszuüben. Selbständiges Arbeiten ist der Tätigkeit mithin immanent, ohne dass deshalb die Ausübung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen wäre (s. o.). Allerdings kann auch die von der Beigeladenen zu 1) vorgenommene Qualitätskontrolle nicht als Kriterium für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden, da die Beigeladene zu 1) hierzu nach § 57 Abs. 1 StBerG verpflichtet ist, wenn sie nach außen gegenüber ihren Mandanten als Steuerberaterin auftritt und zwar unabhängig davon, ob die eigentliche Arbeit von einem Arbeitnehmer oder freien Mitarbeiter durchgeführt worden ist. Das Kriterium der Weisungsgebundenheit ist vorliegend insgesamt kein taugliches Abgrenzungskriterium, auch deshalb, weil es nach der Rechtsprechung des BSG bei Diensten (wie der vorliegenden) höherer Art eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein kann (BSG Urt. v. 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R; BSG Urt. v. 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.; jeweils juris).
Die Eingliederung in den Betrieb stellt grundsätzlich ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses von einer selbständigen Tätigkeit dar. Ausdruck der Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) ist die Nutzung der zur Verfügung gestellten Ressourcen. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren hat er ganz überwiegend in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) die hier streitgegenständliche Tätigkeit ausgeübt. Dass er darüber hinaus die Möglichkeit hatte, auch zuhause zu arbeiten und hiervon zeitweise Gebrauch gemacht hat, steht einer Eingliederung nicht entgegen. Auch Arbeitnehmern kann die Nutzung eines "Home Office" erlaubt sein. Für eine Eingliederung spricht außerdem die elektronische Arbeitszeiterfassung. Auch wenn Praktikabilitätserwägungen zum Einsatz von "DATEV" geführt haben mögen, der selbständigen Tätigkeit ist die Unterwerfung unter eine solche Kontrolle fremd.
Soweit die Rechtsprechung bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts nicht entscheidend auf die Eingliederung in einen fremden Betrieb abstellt, da dies wegen der Eigenart der Berufsausübung sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheiten bedingt wird (BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris), kann hier offen bleiben, ob dieser Grundsatz uneingeschränkt auf die Tätigkeit als Steuerberater übertragbar ist. Denn maßgebliches Kriterium ist dann das Unternehmerrisiko, das der Kläger vorliegend nicht in relevantem Umfang zu tragen hatte (vgl. BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris). Die Vergütung des Klägers war nicht mit einem – auch nur pauschalierten – Verlustrisiko belastet. An den Kosten der ihm zur Verfügung gestellten Ressourcen war er nicht beteiligt. Der Kläger hat eine nach festen Stundensätzen berechnete Vergütung erhalten. Dabei stand die Anzahl der vergüteten Stunden von vornherein fest, da er sich zur Erbringung von 2.000 Stunden im Kalenderjahr verpflichtet hatte und zugleich für maximal 2.000 Stunden im Kalenderjahr das Stundenhonorar beanspruchen konnte. Seine Vergütung entsprach damit einem festen Arbeitsentgelt. Sein einziges Verlustrisiko bestand darin, dass er seine Arbeitskraft nicht in vereinbartem Umfang einsetzen konnte. Dieses Risiko trifft auch Arbeitnehmer außerhalb arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen (insb. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Ein Verlustrisiko im Hinblick auf die sächlichen Arbeitsmittel trug der Kläger nicht, da ihm in jedem Fall die Einrichtungen der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung standen. Die Vorhaltung eines eigenen Büros und eigener Arbeitsmittel war nicht erforderlich. Im Übrigen wäre in der Vorhaltung eines eigenen PCs und eigener Fachliteratur ohnehin kein entscheidendes Unternehmerrisiko zu sehen, zumal der Kläger beides für die Beratung seiner eigenen Mandanten benötigte. Soweit der Kläger neben der festen Vergütung ein umsatzbezogenes Honorar beanspruchen konnte (für den Fall, dass der von der Beigeladenen gegenüber Dritten abgerechnete Nettoumsatz einen bestimmten Betrag überstieg), ist hierin eine leistungsorientierte Vergütung zu sehen, die auch in Beschäftigungsverhältnissen zB in Form von Gratifikationen nicht ungewöhnlich ist. Ein unternehmerisches Risiko, das zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit führt, ergibt sich daraus nicht.
Schließlich ist auch die Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und im Versorgungswerk der Steuerberater kein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit als Steuerberater. Die Mitgliedschaften werden allein aufgrund der Berufszugehörigkeit und nicht deshalb begründet, weil der Beruf in selbständiger Form ausgeübt wird. Auch die Umstände, dass die vereinbarte Vergütung vom Kläger in Rechnung gestellt wurde und keine Entgeltfortzahlung vereinbart war, stehen der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Hierin kommt allein der Wille der Vertragspartner zum Ausdruck, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Das von den Vertragsschließenden Gewollte ist vorliegend jedoch – wie gezeigt – nicht maßgeblich.
Bei einer Gesamtschau aller für und gegen eine abhängige Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte überwiegen die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 sprechen. Er war daher versicherungspflichtig in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Eine Versicherungsfreiheit in der GKV nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (in der Fassung des GKV-WSG vom 26.03.2007) bestand nicht, da das Entgelt des Klägers nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten in den Jahren 2006, 2007 und 2008 nicht die jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen überschritten hat. Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war der Kläger dagegen befreit (Bescheid vom 05.02.2010).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Der 1981 geborene Kläger ist gelernter Diplom Kaufmann und war (unstreitig) bis einschließlich März 2009 bei der Beigeladenen zu 1), einer Steuerberatersozietät, sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 überschritt das Arbeitsentgelt des Klägers die jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V – in der Fassung des GKV-WSG vom 26.03.2007) nicht (Schriftsatz der Beklagten vom 13.03.2013).
Mit Wirkung zum 27.04.2009 wurde der Kläger zum Steuerberater bestellt. Zeitgleich schloss er mit der Beigeladenen zu 1) einen "Vertrag über freie Mitarbeit". In § 1 des "Vertrags über freie Mitarbeit" war vereinbart, dass der Kläger zum 27.04.2009 für die Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Steuerberater übernimmt und dabei keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegt. Auf besondere betriebliche Belange hatte er Rücksicht zu nehmen. An Vorgaben zum Arbeitsort oder zur Arbeitszeit war er nicht gebunden. Sofern die Verrichtung der Tätigkeit in den Räumlichkeiten des Auftraggebers zweckmäßig war, war sie vom Kläger dort auszuüben. Projektbezogene und fachliche Vorgaben waren einzuhalten, soweit dies zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung erforderlich war. Weiter war vereinbart, dass der Kläger Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen konnte. Gegenüber Angestellten der Beigeladenen zu 1) hatte er keine Weisungsbefugnis. In § 2 des Vertrages war u.a. vereinbart, dass der Kläger verpflichtet war, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung Dritter bedurfte der Zustimmung der Beigeladenen zu 1). Der Auftraggeber stellte die betrieblichen Einrichtungen sowie alle zur Ausübung seiner Tätigkeiten erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen dem Kläger zur Verfügung. Der Kläger verpflichtete sich zu einer Gesamtleistung von 2.000 Stunden im Kalenderjahr. Als Vergütung war in § 3 ein Nettostundenhonorar von 30,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart, wobei das Stundenhonorar für maximal 2.000 Stunden im Kalenderjahr gezahlt werden sollte. Desweiteren erhielt der Kläger ein umsatzbezogenes Honorar von 50 % des auf seine Leistungserbringung entfallenden vom Auftraggeber gegenüber Dritten abgerechneten Nettoumsatzes eines Kalenderjahres, soweit dieses den Betrag von 120.000,00 EUR überstieg. Der Kläger erhielt eine monatliche "Abschlagszahlung" in Höhe von 5.950,00 EUR brutto. In § 5 war vereinbart, dass der Auftraggeber im Haftungsfall nicht beim Kläger Rückgriff nehmen konnte. § 6 des Vertrages enthielt eine Vereinbarung zur Fortbildungspflicht des Klägers. § 7 enthielt die Abrede, dass der Kläger für andere Auftraggeber und auch für einen eigenen Mandantenstamm tätig sein durfte, wobei ein gegenseitiger Mandantenschutz vereinbart wurde.
Am 09.06.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Aufgrund seiner Bestellung zum Steuerberater habe er eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen. Den Antrag auf Statusfeststellung stelle er, da er zu Beginn seiner Tätigkeit überwiegend für seinen bisherigen Arbeitgeber im Rahmen einer freien Mitarbeit tätig sei. Die Bundesagentur für Arbeit habe ihm einen Gründungszuschuss vom 06.04.2009 bis 05.01.2010 bewilligt. Auf ergänzende Befragung der Beklagten teilte der Kläger mit, seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) erstrecke sich auf sämtliche Tätigkeiten eines Steuerberaters. Die Tätigkeit werde in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) ausgeübt, da sich dort sämtliche für die Leistungserbringung erforderlichen Unterlagen und Informationen befänden. Die betrieblichen Einrichtungen würden ihm ohne Kostenbeteiligung von der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt. Manche Tätigkeiten könne er in seinen Räumen durchführen. Dort sei er mit dem Intranet der Beigeladenen zu 1) verbunden. Insoweit trage er die Kosten für seine Räume, den PC, Drucker und Bürobedarf. Seine eigene Einrichtung komme auch für die Leistungserbringung gegenüber seinem eigenen Mandantenstamm zum Einsatz. Aus Gründen der Qualitätssicherung unterlägen seine Leistungen dem "Vier-Augen-Prinzip". Die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen, die er für die Beigeladene zu 1) fertige, würden regelmäßig vor der endgültigen Fertigstellung von der Beigeladenen zu 1) kontrolliert. Andere Leistungen verließen in der Regel ohne weitere Kontrolle das Haus. Seine Abrechnung erfolge direkt mit seinem Auftraggeber. Die Unterschiede zu seiner vorherigen Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) lägen darin, dass die Tätigkeit auf den Kompetenzbereich eines Steuerberaters ausgedehnt sei, er keiner Genehmigung der Beigeladenen zu 1) für Nebentätigkeiten mehr benötige, er nicht mehr Weisungen unterliege, er nicht mehr Vorgaben zum Arbeitsort und zur Arbeitszeit unterliege, er einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen ablehnen könne und keine arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften mehr zu beachten seien.
Die Beklagte hörte daraufhin mit Schreiben vom 14.07.2009 sowohl den Kläger als auch die Beigeladene zu 1) zur beabsichtigten Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses an. Die Beigeladene zu 1) verwies in ihrem Schreiben vom 05.08.2009 auf die gesetzlichen Pflichten eines Steuerberaters (ua zur Fortbildung, höchstpersönlichen Leistungserbringung), die nicht zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status herangezogen werden könnten. Der Kläger sei nicht an den Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) gebunden. Es würden allein die Daten und Informationen der Mandanten sowie ein Netzwerkzugang benötigt. Der Kläger könne weltweit auf das interne Netzwerk der Beigeladenen zu 1) zugreifen. Maßgeblich gegen ein Beschäftigungsverhältnis spreche, dass der Kläger im Falle von Krankheit und Urlaub keine Entgeltfortzahlung erhalte. Er trage insoweit das unternehmerische Risiko. Außerdem könne er jederzeit ohne Angabe von Gründen Aufträge ablehnen. Er sei nicht an Arbeitszeiten gebunden. Sämtliche dem Kläger entstehenden Kosten seien mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Insgesamt überwiegten die Merkmale eines unabhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Mit Bescheiden vom 18.08.2009 (gerichtet an den Kläger und an die Beigeladene zu 1) stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Steuerberater bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 27.04.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, aus den vertraglichen und dargestellten tatsächlichen Verhältnissen ergäben sich die folgenden wesentlichen Tätigkeitsmerkmale, die bei der Beurteilung des Gesamtbildes berücksichtigt worden seien. Danach spreche für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Umstand, dass, obwohl keine vertragliche Regelung zum Tätigkeitsort getroffen worden sei, der Kläger hinsichtlich seines Tätigkeitsortes gebunden sei, da er auf die Nutzung der am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel angewiesen sei. Außerdem spreche die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen für eine abhängige Beschäftigung wie auch die Verpflichtung, die Leistungen höchstpersönlich zu erbringen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche dagegen nur, dass eigenes Kapital in Form eines PC, Druckers und Bürobedarf eingesetzt werde. Dies schließe jedoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht aus. Ein erhebliches wirtschaftliches Risiko sei damit nicht verbunden. Aufgrund des festen Stundenhonorars trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Die Gewinnbeteiligung sei einem Wagniskapital nicht gleichzusetzen, sondern Ausdruck eines leistungsorientierten Vergütungsbestandteils.
Am 08.09.2009 legten sowohl der Kläger als auch die Beigeladene zu 1) Widerspruch ein. Zur Begründung wurde nochmals auf die Berufspflichten eines Steuerberaters verwiesen. An den Tätigkeitsort sei der Kläger nicht gebunden. Aufgrund des Netzwerkzugangs sei er in der Lage von zuhause aus zu arbeiten. Den Arbeitnehmern der Beigeladenen zu 1) sei dies untersagt. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche die fehlende Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall, die Möglichkeit Aufträge abzulehnen, die fehlende Bindung an Arbeitszeiten, das Risiko des Klägers zusätzlich entstehende Kosten für die Leistungserbringung selbst tragen zu müssen und die Erlaubnis nebenher als Steuerberater zu arbeiten und einen eigenen Mandantenstamm aufzubauen. Mit Widerspruchsbescheiden vom 05.01.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Am 05.02.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, die Gesamtumstände sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Im Rahmen seiner Zugehörigkeit zur Steuerberaterkammer sei der Kläger in den Steuerberatersuchdienst eingestellt worden. Er trete unter eigenem Briefkopf auf, wie den Schreiben des Klägers an die Beklagte zu entnehmen sei. Die darin ersichtliche Adresse sei der Betriebssitz des Klägers. Er unterhalte ein ausgestattetes Büro. Im Außenbereich sei ein Kanzleischild angebracht. Der Kläger stelle für seine Tätigkeiten Honorare in Rechnung. Darin seien die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Umsatzsteuer ausgewiesen. Er führe eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, deren Kosten er selbst zu tragen habe. Außerdem sei er Mitglied des Versorgungswerks für Steuerberater. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger einen Gründungszuschuss erhalten habe, der von der Bundesagentur nicht bewilligt worden wäre, wenn von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei. Der Kläger sei Berufungsanfänger. Als solcher komme er nicht sofort zu einem eigenen Mandantenstamm. Es bedürfe einer Anlaufphase bis eine Grundlage für eine weitergehende gesicherte selbständige Tätigkeit für mehrere Auftraggeber möglich sei. Dies sei Voraussetzung für eine Ausweitung der beruflichen Tätigkeit und einer Vergrößerung des Betriebs. Von einem Berufsanfänger könne dies noch nicht verlangt werden. Zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit erbringe der Kläger ca. 5/6 seines Tätigkeitvolumens für die Beigeladene zu 1). Davon unberührt sei seine tatsächlich selbständige Tätigkeit in Form des weisungsunabhängigen Tätigwerdens. In diesem Sinne sei auch der "Vertrag über freie Mitarbeit" abgefasst. Die Vereinbarungen sprächen für eine selbständige Tätigkeit.
Während des Gerichtsverfahrens wurde der Kläger mit Wirkung zum 01.05.2010 in die Sozietät der Beigeladenen zu 1) aufgenommen. Der Vertrag über die freie Mitarbeit wurde zum 31.03.2010 gekündigt. In der Folge einigten sich die Beteiligten, den streitigen Zeitraum auf die Zeit bis zum 30.04.2010 zu beschränken. Die Beklagte erklärte, dass für April 2010 keine Beurteilung zu erfolgen habe, da der Kläger in dieser Zeit nicht für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei (Schreiben vom 04.05.2011).
Außerdem ergingen die Bescheide vom 28.10.2010. Damit änderte die Beklagte die Bescheide vom 18.08.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 05.01.2010 dahingehend ab, dass in der seit dem 27.04.2009 ausgeübten Tätigkeit als Steuerberater bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der GKV, Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit weiteren Bescheiden vom 06.01.2011 änderte die Beklagte die Bescheide vom 28.10.2010 dahingehend ab, dass in der Tätigkeit als Steuerberater seit dem 27.04.2009 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestehe, da der Kläger mit Bescheid vom 05.02.2010 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden sei.
Das SG hat den Rechtsstreit am 20.01.2011 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl. 45 f. der SG-Akte).
Mit Urteil vom 04.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) der Versicherungspflicht in der GKV, der sozialen Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung unterlag. Für die Annahme eine abhängigen Beschäftigung sprächen folgende Argumente: Der Kläger habe selbst angegeben, dass er im Wesentlichen nur für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit habe bei tatsächlicher und wirtschaftlicher Betrachtung die Beigeladene zu 1) betroffen. Er habe außerdem zugestanden, dass er seine Tätigkeit im Wesentlichen in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) verrichtet habe. Er habe die Einrichtungen und Materialien kostenfrei nutzen können und habe über einen Zugang zum Intranet verfügt. Damit sei der Kläger in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingebunden gewesen. Hierfür spreche auch die automatische Zeiterfassung. Der Kläger habe zudem im Erörterungstermin angegeben, seinerzeit über keinerlei Mitspracherechte in der Kanzlei verfügt zu haben. Er sei außerdem der "Firmenphilosophie" unterworfen gewesen. Dies drücke sich vor allem in dem "Vier-Augen-Prinzip" bzw. einer entsprechenden Qualitätskontrolle aus. Für einen Selbständigen sei eine solche Arbeitsweise vollkommen untypisch. Für eine abhängige Beschäftigung spreche weiter, dass der Kläger seine Arbeiten persönlich habe erbringen müssen und einen festen Stundenlohn bezogen habe. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit des Klägers das Haftungsrisiko getragen habe, spreche für eine abhängige Beschäftigung. Den Merkmalen für eine selbständige Tätigkeit käme keine überragende Bedeutung zu. Zwar werde der Gründungszuschuss für eine selbständige Tätigkeit gewährt. Es bleibe jedoch offen, mit welcher Sorgfalt die Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen geprüft habe. Die Beklagte sei an die Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit nicht gebunden. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Steuerberater begründe wie auch die Aufnahme in die Steuerberaterkammer und die Teilnahme am Steuerberatersuchdienst keine selbständige Tätigkeit. Gleiche gelte für den Umstand, dass der Kläger für seine Tätigkeiten Rechnungen ausgestellt und nach Stunden abgerechnet habe. Hierdurch werde lediglich die subjektive Selbsteinschätzung der Vertragspartner widergespiegelt. Zudem spreche der Stundensatz von 30,00 EUR, der deutlich hinter den Sätzen der Steuerberatergebührenordnung zurückbleibe, eher für eine abhängige Beschäftigung. Ebenso unmaßgeblich seien die vertraglich ausgeschlossene Entgeltfortzahlung und die fehlende Unterwerfung unter das Arbeitsschutzrecht. Die entsprechenden Vorschriften stünden den Vertragsparteien nicht zur Disposition. Auch das Fehlen eines Konkurrenzverbotes führe nicht automatisch zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Umstand, dass der Kläger Aufträge habe ablehnen können, spreche für eine gewisse Eigenständigkeit, führe aber ebenfalls nicht zwingend zur Selbständigkeit. Das Vorhalten eigener Büroräume mit Kanzleischild, eigener Briefbogen, einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und einer Betriebshaftpflichtversicherung seien Ausdruck der subjektiven Selbsteinschätzung des Klägers und damit nicht ausschlaggebend. Das Gericht verkenne nicht, dass der Kläger bei Wahrnehmung eigener Mandate keinen Vorgaben bzw. Weisungen der Beigeladenen zu 1) unterlegen habe. Dies reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit insgesamt jedoch nicht aus, da der Kläger weit überwiegend für die Beigeladene zu 1) tätig gewesen sei. Die Einlassung des Klägers, er sei keinerlei Weisungen der Beigeladenen zu 1) ausgesetzt gewesen, müsse in Frage gestellt werden, nachdem er sich der Qualitätskontrolle und dem "Vier-Augenprinzip" habe unterwerfen müssen. Rückblickend könne sich die Vermutung aufdrängen, dass der Kläger probeweise versucht habe, "sich auf eigene Füße zu stellen" bzw. eine "eigene selbständige Tätigkeit" auszuüben und schon damals die Aufnahme in die Sozietät der Beigeladenen zu 1) als Alternative "am Horizont" gestanden habe. In seinem solchen Fall träten die vollen Wirkungen einer selbständigen Tätigkeit aber erst ein, wenn die Aufnahme in die Sozietät rechtsverbindlich abgeschlossen sei. Zusammenfassend überwögen die tatsächlichen Gesichtspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprächen.
Am 28.10.2011 hat der Kläger gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 07.10.2011 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung die Argumentation aus dem Verfahren vor dem SG vortragen lassen.
Ergänzend wurde ausgeführt, das SG habe nicht alle Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen, berücksichtigt. Der Umfang der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) sei lediglich ein Teilaspekt. Der Kläger habe als Berufsanfänger zunächst einen eigenen Mandantenstamm aufbauen müssen. Zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit habe er ca. 5/6 seines Tätigkeitsvolumens für die Beigeladene zu 1) erbracht, wobei davon unberührt seine tatsächlich selbständige Tätigkeit in Form des weisungsunabhängigen Tätigwerdens geblieben sei. In diesem Sinne sei der "Vertrag über freie Mitarbeit" abgefasst worden. Die darin getroffenen Vereinbarungen sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Die Parteien hätten von der Möglichkeit des Abschlusses eines Anstellungsvertrages in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst keinen Gebrauch gemacht. Die Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften sei nicht beabsichtigt oder gewollt gewesen. Die Räumlichkeiten und die Arbeitsmaterialien der Beigeladenen zu 1) könnten nicht als Kriterium herangezogen werden, da die Übertragung der für die Bearbeitung der Steuererklärungen notwendigen Daten auf das eigene EDV-System des Klägers sowohl aus Gründen der Verschwiegenheit als auch aus Gründen des Datenschutzes nicht zulässig gewesen sei. Die Zurverfügungstellung eines Zugangs zum Intranet der Beigeladenen zu 1) stütze gerade die Orts- und Zeitungebundenheit des Klägers, die für eine selbständige Tätigkeit spreche. Der Kläger habe auch nicht ausschließlich die Räumlichkeiten und Arbeitsmaterialien der Beigeladenen zu 1) genutzt. Er habe sein eigenes Büro und eine zur Berufsausübung notwendige "Logistik" vorgehalten. Er sei auch unter eigenem Briefpapier nach außen hin aufgetreten. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt und in welchem konkreten Fall welche Räumlichkeit und Arbeitsmaterialien zum Einsatz gekommen seien, sei allein aus Praktikabilitätsgründen getroffen worden. Auch die Erfassung der Arbeitszeit über das Programm "DATEV" sei für die Vertragsparteien am einfachsten umsetzbar gewesen. Das fehlende Mitspracherecht in der Sozietät der Beigeladenen zu 1) könne ebenfalls nicht herangezogen werden, da kein freier Mitarbeiter oder Subunternehmer irgendwelche Mitspracherechte bei seinem Auftraggeber habe. Die Notwendigkeit einer Qualitätsprüfung ergebe sich aus § 57 Abs. 1 Steuerberatergesetz (StBerG). Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung folge aus §§ 2 bis 4 StBerG bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 2 der Berufsordnung der Steuerberater (BOStB), wonach nicht zur Steuerberatung befugte Personen nicht mit der Durchführung sog. Vorbehaltsaufgaben betraut werden dürften. Die Stundensätze der Steuerberatergebührenverordnung seien nicht anwendbar, da der Kläger nicht für die Beigeladenen zu 1) selbst steuerlich beratend tätig ist, sondern für Mandanten. Eine Orientierung an den dort geregelten Stundensätzen verbiete sich daher. Zudem habe der Kläger eine Chance auf Umsatzbeteiligung. Diese Chance könne nicht deshalb ausgeblendet werden, weil sie sich rückblickend nicht realisiert habe. Das Haftungsrisiko, das die Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit des Klägers trage, könne ebenfalls nicht herangezogen werden, da nach § 42 BOStB sowohl der Auftraggeber seine freien Mitarbeiter als auch der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit in die eigene Versicherung einbeziehen müsse. Hinsichtlich des Gründungszuschusses sei davon auszugehen, dass die Bundesagentur für Arbeit die Voraussetzungen zutreffend geprüft habe. Hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und der Teilnahme am Steuerberatersuchdienst sowie der Altersvorsorge im Versorgungswerk der Steuerberater lasse das Urteil des SG eine nachvollziehbare Argumentation vermissen. Die Teilnahme am Suchdienst belege die selbständige Tätigkeit des Klägers. Dadurch soll die Möglichkeit geschaffen werden, neue Mandanten und Umsätze zu akquirieren. Die Umstände der Vergütung und Rechnungsstellung habe das SG zu Unrecht als unwesentlich gewertet. Es handele sich hierbei jedoch um Kernaspekte der selbständigen Tätigkeit. Auch die übrigen Merkmale, die das SG als Ausfluss einer "subjektiven Selbsteinschätzung" gewertet habe, belegten eine selbständige Tätigkeit. Die eigene Berufshaftpflichtversicherung und die eigenen Investitionen in Arbeitsmittel zeigten das eigene wirtschaftliche Risiko. Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass keine Weisungsgebundenheit bestanden habe. Es sei zwischen Leistungserbringung und Abnahme der Leistung zu unterscheiden. Das "Vier-Augen-Prinzip" sei lediglich eine Qualitätsmaßnahme im Rahmen der Abnahme der Leistung. Schließlich sei das SG über das Ziel hinaus gegangen, wenn es annehme, die Aufnahme in die Sozietät habe von Anfang an "am Horizont" gestanden. Dies habe damals nicht zur Disposition gestanden und sei von den Beteiligten auch nicht in Erwägung gezogen worden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich ausgelegt),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.10.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2010 in der Fassung der Bescheide vom 28.10.2010 und 06.01.2011 zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf ihren bisherigen Vortrag und die Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie hier zur Überprüfung standen, formell und materiell rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist allein die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beteiligten haben den streitgegenständlichen Zeitraum einvernehmlich auf die Zeit bis zum 31.03.2010 beschränkt, wobei sich die Beteiligten einig sind, dass der Kläger nach Kündigung seines Vertrages zum 31.03.2010 im April 2010 nicht für die Beigeladene zu 1) tätig war und damit in dieser Zeit nicht wegen einer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) versicherungspflichtig war. Der Beginn des streitigen Zeitraums richtet sich nach dem Beginn des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) am 27.04.2009. Inhaltlich ist lediglich die Versicherungspflicht in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung streitig. Hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide abgeändert und mit Bescheid vom 06.01.2011, der nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, festgestellt, dass in der Tätigkeit des Klägers als Steuerberater seit dem 27.04.2009 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung besteht, da der Kläger mit Bescheid vom 05.02.2010 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden ist.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte war zu ihrem Erlass gem. § 7a Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sachlich zuständig und die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt und beschränken sich nicht auf eine unzulässige Feststellung von Elementen eines Rechtsverhältnisses.
Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Kläger hat sich für das (fakultative) Anfrageverfahren bei der Beklagten nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz etwa Senatsurteile vom 08.06.2011 – L 5 KR 4009/10 und L 5 R 4078/10).
Der angefochtene Bescheid ist auch hinreichend bestimmt und enthält keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung. Gem. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG Urt. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R; Urt. v. 04.06.2009 – B 12 R 6/08 R). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§ 28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG Urt. v. 11.3.2009 – B 12 R 11/07 R). Ein ggf. rechtswidriger Elementenfeststellungsbescheid kann jedoch auch noch im Klageverfahren durch einen den Anforderungen an eine rechtmäßige Statusfeststellung genügenden Bescheid nach § 96 SGG ergänzt bzw. ersetzt werden (vgl. Senatsurteile vom 08.06.2011 – L 5 KR 4078/10 und v. 24.11.2010 – L 5 KR 357/10). Die Beklagte hat diese Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt. Sie hat die vom Kläger für die Beigeladene zu 1) ausgeübte Tätigkeit mit "Steuerberater" hinreichend bestimmt bezeichnet und sich nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Vielmehr ist im Ergänzungsbescheid vom 28.10.2010 ausdrücklich festgestellt worden, dass für die in abhängiger Beschäftigung verrichtete Tätigkeit des Klägers Versicherungspflicht zur GKV, sozialen Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung besteht.
Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Der Kläger übte die Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und nicht als selbständige Tätigkeit aus. Er war deshalb in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch), wobei hier die gesetzliche Rentenversicherung nicht von Belang ist. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG Urt. v. 19.6.2001 – B 12 KR 44/00 R). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R). Letzteres besteht meist in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.
Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung indessen nicht wesentlich bestimmen (BSG Beschl. v. 16.8.2010 – B 12 KR 100/09 B). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 24/10 R).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R).
Diese allgemeinen Abgrenzungsmaßstäbe gelten auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit als Steuerberater, unbeschadet dessen, dass der Steuerberater ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege und Angehöriger eines freien Berufs ist (§ 1 Abs. 1 BOStB). Die Tätigkeit des Steuerberaters kann sowohl in selbständiger Form als auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung (als angestellter Steuerberater) ausgeübt werden (vgl. § 58 StBerG).
Zur Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die dem Grunde nach mit der eines Steuerberaters vergleichbar ist, hat das BSG die allgemeinen Abgrenzungsmerkmale für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung näher konkretisiert (BSG Urt. v. 14.05.1981 – 12 RK 11/80, juris; auch Urt. v. 17.10.1969 – 3 RK 67/66, juris; außerdem Urt. d. Senats vom 20.03.2013 – L 5 R 1978/12). Nach der Rechtsprechung des BSG bringt es die Eigenart der Anwaltstätigkeit als Dienstleistung höherer Art mit einer aus dem Status eines Organs der Rechtspflege fließenden und von der Form der Ausübung nicht berührten sachlichen Weisungsfreiheit einerseits und einem weitgehend durch Sachzwänge (Gerichtstermine, mit dem Mandanten abzusprechende Beratungstermine, Umfang der Praxis) bestimmten zeitlichen und örtlichen Arbeitsablauf andererseits mit sich, dass sich das Abgrenzungsmerkmal der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes so reduzieren kann, dass es eine sichere Unterscheidung zwischen abhängiger und selbstständiger Ausübung nicht mehr erlaubt. Um den Arbeitseinsatz als eine abhängige Beschäftigung zu charakterisieren, muss deshalb die Weisungsgebundenheit eines Rechtsanwalts hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer der Beschäftigung im Einzelfall deutlich über das sich aus den genannten Sachzwängen ergebende Maß hinausgehen. Was die Eingliederung in die Kanzlei als die betriebliche Organisation anbetrifft, gilt auch hier, dass diese wegen der Eigenart der Berufsausübung eines Rechtsanwalts sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheiten bedingt wird. Auch der freie Mitarbeiter muss sich der sachlichen und personellen Ausstattung der Kanzlei bedienen. Dagegen können aus der Art der Vergütung deutlichere Rückschlüsse auf die rechtliche Natur des Arbeitseinsatzes gezogen werden, je nachdem ob sie mit einem – ggf. pauschalierten – Verlustrisiko belastet ist und deshalb einer Gewinnbeteiligung gleichkommt oder ob sie lediglich als Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung (bzw. Arbeitsbereitschaft) anzusehen ist. Wenn die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen der Anwälte etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt, ist darauf abzustellen, was die Vertragsschließenden gewollt haben (so BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris).
Davon ausgehend ist die Tätigkeit, die der Kläger als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 ausgeübt hat, als eine versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen. Auch für den Senat ergibt sich das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung des Klägers. Der Senat teilt die Einschätzung der Beklagten und des SG und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Allein streitgegenständlich ist die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1). Nicht relevant ist deshalb die Tätigkeit des Klägers für seine eigenen Mandanten in seinen eigenen Räumlichkeiten unter Verwendung eigener Materialien. Es ist daher auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger insoweit einen Gründungszuschuss von der Arbeitsagentur erhalten und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Gleiches gilt für die Teilnahme am Steuerberatersuchdienst, die darauf angelegt war eigene Mandate zu akquirieren. Der Kläger ist wegen der Tätigkeit für seine eigenen Mandaten auch nicht über § 5 Abs. 5 SGB V in der GKV versicherungsfrei, da die Tätigkeit nach seinem eigenen Vortrag in einem nur sehr geringen Umfang und deshalb nicht hauptberuflich ausgeübt wurde.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kann auch nicht maßgeblich darauf abgestellt werden, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht gewollt war. Dies ist nur dann möglich, wenn die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen etwa gleichermaßen die Deutung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wie auch als selbständiges freies Mitarbeiterverhältnis zulässt (vgl. BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris). Vorliegend überwiegen jedoch die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Einer abhängigen Beschäftigung eines Steuerberaters steht grundsätzlich nicht seine weitestgehende Weisungsungebundenheit entgegen. Denn er ist nach § 57 Abs. 1 StBerG verpflichtet, seinen Beruf eigenverantwortlich auszuüben. Selbständiges Arbeiten ist der Tätigkeit mithin immanent, ohne dass deshalb die Ausübung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen wäre (s. o.). Allerdings kann auch die von der Beigeladenen zu 1) vorgenommene Qualitätskontrolle nicht als Kriterium für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden, da die Beigeladene zu 1) hierzu nach § 57 Abs. 1 StBerG verpflichtet ist, wenn sie nach außen gegenüber ihren Mandanten als Steuerberaterin auftritt und zwar unabhängig davon, ob die eigentliche Arbeit von einem Arbeitnehmer oder freien Mitarbeiter durchgeführt worden ist. Das Kriterium der Weisungsgebundenheit ist vorliegend insgesamt kein taugliches Abgrenzungskriterium, auch deshalb, weil es nach der Rechtsprechung des BSG bei Diensten (wie der vorliegenden) höherer Art eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein kann (BSG Urt. v. 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R; BSG Urt. v. 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R m.w.N.; jeweils juris).
Die Eingliederung in den Betrieb stellt grundsätzlich ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses von einer selbständigen Tätigkeit dar. Ausdruck der Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) ist die Nutzung der zur Verfügung gestellten Ressourcen. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren hat er ganz überwiegend in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) die hier streitgegenständliche Tätigkeit ausgeübt. Dass er darüber hinaus die Möglichkeit hatte, auch zuhause zu arbeiten und hiervon zeitweise Gebrauch gemacht hat, steht einer Eingliederung nicht entgegen. Auch Arbeitnehmern kann die Nutzung eines "Home Office" erlaubt sein. Für eine Eingliederung spricht außerdem die elektronische Arbeitszeiterfassung. Auch wenn Praktikabilitätserwägungen zum Einsatz von "DATEV" geführt haben mögen, der selbständigen Tätigkeit ist die Unterwerfung unter eine solche Kontrolle fremd.
Soweit die Rechtsprechung bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts nicht entscheidend auf die Eingliederung in einen fremden Betrieb abstellt, da dies wegen der Eigenart der Berufsausübung sowohl bei abhängiger Beschäftigung als auch bei freier Mitarbeit in erster Linie durch die Sachgegebenheiten bedingt wird (BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris), kann hier offen bleiben, ob dieser Grundsatz uneingeschränkt auf die Tätigkeit als Steuerberater übertragbar ist. Denn maßgebliches Kriterium ist dann das Unternehmerrisiko, das der Kläger vorliegend nicht in relevantem Umfang zu tragen hatte (vgl. BSG Urt. v. 14.5.1981 – 12 RK 11/80, juris). Die Vergütung des Klägers war nicht mit einem – auch nur pauschalierten – Verlustrisiko belastet. An den Kosten der ihm zur Verfügung gestellten Ressourcen war er nicht beteiligt. Der Kläger hat eine nach festen Stundensätzen berechnete Vergütung erhalten. Dabei stand die Anzahl der vergüteten Stunden von vornherein fest, da er sich zur Erbringung von 2.000 Stunden im Kalenderjahr verpflichtet hatte und zugleich für maximal 2.000 Stunden im Kalenderjahr das Stundenhonorar beanspruchen konnte. Seine Vergütung entsprach damit einem festen Arbeitsentgelt. Sein einziges Verlustrisiko bestand darin, dass er seine Arbeitskraft nicht in vereinbartem Umfang einsetzen konnte. Dieses Risiko trifft auch Arbeitnehmer außerhalb arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen (insb. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Ein Verlustrisiko im Hinblick auf die sächlichen Arbeitsmittel trug der Kläger nicht, da ihm in jedem Fall die Einrichtungen der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung standen. Die Vorhaltung eines eigenen Büros und eigener Arbeitsmittel war nicht erforderlich. Im Übrigen wäre in der Vorhaltung eines eigenen PCs und eigener Fachliteratur ohnehin kein entscheidendes Unternehmerrisiko zu sehen, zumal der Kläger beides für die Beratung seiner eigenen Mandanten benötigte. Soweit der Kläger neben der festen Vergütung ein umsatzbezogenes Honorar beanspruchen konnte (für den Fall, dass der von der Beigeladenen gegenüber Dritten abgerechnete Nettoumsatz einen bestimmten Betrag überstieg), ist hierin eine leistungsorientierte Vergütung zu sehen, die auch in Beschäftigungsverhältnissen zB in Form von Gratifikationen nicht ungewöhnlich ist. Ein unternehmerisches Risiko, das zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit führt, ergibt sich daraus nicht.
Schließlich ist auch die Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und im Versorgungswerk der Steuerberater kein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit als Steuerberater. Die Mitgliedschaften werden allein aufgrund der Berufszugehörigkeit und nicht deshalb begründet, weil der Beruf in selbständiger Form ausgeübt wird. Auch die Umstände, dass die vereinbarte Vergütung vom Kläger in Rechnung gestellt wurde und keine Entgeltfortzahlung vereinbart war, stehen der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Hierin kommt allein der Wille der Vertragspartner zum Ausdruck, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Das von den Vertragsschließenden Gewollte ist vorliegend jedoch – wie gezeigt – nicht maßgeblich.
Bei einer Gesamtschau aller für und gegen eine abhängige Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte überwiegen die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung des Klägers in seiner Tätigkeit als Steuerberater für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 27.04.2009 bis 31.03.2010 sprechen. Er war daher versicherungspflichtig in der GKV, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Eine Versicherungsfreiheit in der GKV nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (in der Fassung des GKV-WSG vom 26.03.2007) bestand nicht, da das Entgelt des Klägers nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten in den Jahren 2006, 2007 und 2008 nicht die jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenzen überschritten hat. Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war der Kläger dagegen befreit (Bescheid vom 05.02.2010).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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