L 3 AS 966/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 4150/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 966/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger wendet sich gegen ein Schreiben des Beklagten, mit dem dieser dem Kläger mitgeteilt hat, dass dessen Antrag auf Erstattung von Bewerbungskosten abgelehnt werden wird, wenn er nicht bis zum 31.10.2012 als Nachweis für die geltend gemachten Bewerbungen die schriftlichen Absagen der Firmen vorlegen werde. Ferner begehrt der Kläger die Erstattung von Kosten für einen Friseurbesuch i.H.v. 9,- EUR.

Der am 18.10.1972 geborene Kläger zog im Dezember 2007 in den örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten und bezog ab dem 27.12.2007 von diesem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zuletzt bewilligte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04. - 30.09.2013 i.H.v. insg. 692,- EUR monatlich. Die - meist elektronischen - Eingaben des Klägers während des laufenden Leistungsbezuges, die, soweit sie Anknüpfungspunkte zum Leistungsbezug aufweisen, vornehmlich die Erstattung von Bewerbungskosten und die Form, in der Bewerbungsbemühungen nachzuweisen sind, zum Inhalt hatten, die zu einem Aktenumfang von mehr als 5.500 Seiten (Stand Juni 2013) geführt haben und die den Beklagten dazu veranlasst haben, den Kläger mehrfach dazu aufzufordern, selbige auf das notwendige Maß zu reduzieren, haben mehrfach die Grenzen des Akzeptablen massiv überschritten (vgl. bspw. die e-Mails vom 05.06., vom 21.08, vom 26.09. und vom 01.10.2012).

Am 08.05.2012 erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, in dem u.a. niedergelegt ist, dass der Kläger den e-Mail Verkehr mit dem Beklagten auf das notwendige Maß beschränkt und lediglich sachdienliche Informationen - in deutscher Sprache und emotionsfrei - übermittelt. Bewerbungskosten würden, so der Beklagte, nur für schriftliche Bewerbungen pauschal i.H.v. 5,- EUR pro Bewerbung erstattet. Als Nachweise würden nur Absageschreiben von Firmen als Reaktion auf eine Bewerbung per Post anerkannt. Einen hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012 als unbegründet zurück. Ein hiergegen vom Kläger eingeleitetes Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (SG, S 14 AS 1837/12 -) endete mit einem klageabweisenden Urteil vom 27.02.2013. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung - L 3 AS 1433/12 - ist beim erkennenden Senat anhängig.

Am 03.08.2012 beantragte der Kläger beim Beklagten per e-Mail die Erstattung von Kosten für 16 Bewerbungen. Mit Schreiben vom 17.10.2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass hinsichtlich der Erstattung von Bewerbungskosten lediglich ein schriftlicher Antrag vom 03.08.2012 als Originalantrag mit Unterschrift vorliege. Er sei bereits mehrmals darauf hingewiesen worden, dass nur nachgewiesene Bewerbungskosten erstattet werden könnten. Sollten bis zum 31.10.2012 die schriftlichen Nachweise nicht vorliegen, werde der zuständige Sachbearbeiter die Anträge ablehnen.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2012 als unzulässig. Bei dem Schreiben vom 17.10.2012 handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), da Rechte des Klägers weder begründet noch geändert, entzogen oder festgestellt würden. Der Kläger sei lediglich gebeten worden, Nachweise einzureichen.

Hiergegen hat der Kläger am 13.11.2012 Klage zum SG erhoben.

Mit Bescheid vom 28.11.2012 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers auf Erstattung von Friseurkosten i.H.v. 9,- EUR vom 21.11.2012 ab. Unter dem 29.11.2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch und gleichzeitig Klage zum SG. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. In der Eingliederungsvereinbarung vom 08.05.2012 sei mit dem Kläger vereinbart worden, dass bei nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen pauschal 5,- EUR übernahmefähig seien und Kosten, die nicht mit der Pauschale abgegolten seien, gesondert vor Entstehung schriftlich mit ausführlicher Begründung zu beantragen seien. Der Kläger habe die Kosten erst nach dem Friseurbesuch geltend gemacht, so dass weder die Notwendigkeit noch die Angemessenheit des Friseurbesuchs habe überprüft werden können.

Der Kläger hat zur Begründung der Klage vorgetragen, seinem Antrag auf Kostenübernahme seien die jeweiligen Anschreiben beigefügt gewesen. Da er die von ihm angekündigte Vorsprache beim Beklagten wegen eines Vorstellungstermins in Aachen nicht habe wahrnehmen können, habe er den Friseur aufgesucht, ohne dies zuvor mit dem Beklagten abzuklären.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides vom 29.10.2012 verwiesen. Unter den 15.01.2013 hat der Beklagte sein Einverständnis mit der Klageerweiterung hinsichtlich der Kosten des Friseurbesuchs erteilt.

Mit Urteil vom 16.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es werte das Schreiben des Klägers vom 29.11.2012 als Klageerweiterung i.S.d. § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinsichtlich der Kostenerstattung i.H.v. 9,- EUR für den Friseurbesuch. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 15.01.2013 in die Klageerweiterung eingewilligt. Mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2012 sei die Klage auch insofern zulässig. Die Klage sei jedoch insgesamt, so das SG unter Verweis auf die Widerspruchsbescheide des Beklagten (§ 136 Abs. 3 SGG), unbegründet. Ergänzend hat das SG ausgeführt, dass im Schreiben vom 17.10.2012 ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass eine Entscheidung noch ergehen werde. Somit sei auch für den Kläger ersichtlich gewesen, dass mit dem streitgegenständlichen Schreiben keine Regelung getroffen worden sei. Dem Kläger sei zudem aus diversen Schreiben bekannt gewesen, dass der Beklagte lediglich Kosten für schriftliche Bewerbungen erstatte, so dass auch die Aufforderung zur Vorlage der Nachweise über schriftliche Bewerbungen nicht zu beanstanden sei. Aus den vom Kläger vorgelegten Anschreiben sei nicht ersichtlich, ob die Bewerbungen online oder schriftlich erfolgt seien.

Gegen das am 23.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.02.2013 Berufung eingelegt. Hierzu bringt er vor, der Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt sei ohne vorherige Besprechung ungültig. Auch die Kosten für online- Bewerbungen seien zu erstatten. Am 24.06.2013 hat der Kläger dem Senat einen Bescheid des Beklagten vom 17.06.2013, mit dem der Beklagte seinen Bescheid vom 27.03.2013, mit dem Reisekosten für ein Vorstellungsgespräch i.H.v. 167,- EUR bewilligt wurden, widerrufen hat, vorgelegt und sinngemäß dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Kläger beantragt - zweckdienlich gefasst -,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2013 und das Schreiben des Beklagten vom 17. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. November 2012 aufzuheben, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. Dezember 2012 zu verurteilen, ihm die Kosten für einen Friseurbesuch in Höhe von 9,- EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Beklagte hat der Einbeziehung des Bescheides vom 17.06.2013 widersprochen.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 08.07.2013 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 02.08.2013 zu äußern.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insb. ist sie in Ansehung des Streitgegenstandes, dem Hinweisschreiben des Beklagten vom 17.10.2012, nicht der Zulassungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unterworfen und deswegen, entsprechend der Grundsatzregelung des § 143 SGG, statthaft.

Die Berufung führt jedoch in der Sache für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte die Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich. Gegenstand des Verfahrens bilden das Schreiben des Beklagten vom 17.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2012, sowie nach der erstinstanzlichen Klageerweiterung auch der Bescheid vom 28.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2012. Der Bescheid vom 17.06.2013 ist nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da er die angefochtenen Bescheide nicht abgeändert hat. Auch ist der Bescheid, da der Beklagte eine Einwilligung nicht erteilt und eine Klageänderung auch nicht sachdienlich ist - der Bescheid steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den angefochtenen Bescheiden - nicht im Wege eine Klageänderung nach §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG Inhalt des Berufungsverfahrens geworden.

Im Hinblick auf das Vorbringen zur Begründung der Berufung ist ferner anzumerken, dass der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 08.05.2012 (Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012) im vorliegenden Verfahren nicht gegenständlich ist, weswegen das diesbezügliche Vorbringen des Klägers, der Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt sei ohne vorherige Besprechung ungültig, vorliegend nicht relevant ist. Der Eingliederungsverwaltungsakt wurde vielmehr im Verfahren vor dem SG - S 14 AS 1837/12 - angefochten und ist nach dem klageabweisenden Urteil des SG vom 27.02.2013, das gleichfalls mit der Berufung angefochten wurde, Gegenstand des beim erkennenden Senat anhängigen Verfahrens L 3 AS 1433/12.

Die Berufung ist unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Widerspruchsbescheid vom 29.11.2012, mit dem der Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben der Beklagten vom 17.10.2012 als unzulässig verworfen wurde, in dessen Gestalt des Schreiben vom 17.10.2012 Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung geworden ist (vgl. § 95 SGG), ist rechtmäßig. Ein Widerspruch ist nur gegen Verwaltungsakte möglich (vgl. § 78 Abs. 1 SGG). Dies ist gemäß § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Da indes im Schreiben vom 17.10.2012 gerade keine Entscheidung getroffen, eine solche vielmehr erst angekündigt wurde, stellt das Schreiben keinen Verwaltungsakt dar und konnte daher zulässigerweise nicht mit einem Widerspruch angefochten werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen, ist daher rechtmäßig.

Auch soweit sich der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 28.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2012 wendet und die Erstattung von Kosten für einen Friseurbesuch i.H.v. 9,- EUR begehrt, hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen, da der Beklagte den Antrag des Klägers in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.

Gemäß § 16 Abs. 1 SGB II erbringt der Beklagte zur Eingliederung in Arbeit Leistungen nach dem Drittem Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2917) konnten Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Unabhängig davon, ob ein Friseurbesuch zur beruflichen Eingliederung notwendig ist, ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus dem Vermittlungsbudget ausgeschlossen (§ 45 Abs. 3 Satz 2 SGB III); die entsprechenden Leistungen werden vielmehr - bedürftigkeitsabhängig - von der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts abgedeckt (vgl. § 20 Abs. 1 SGB II). Da indes Maßnahmen der Körperpflege zum Regelbedarf nach dem SGB II rechnen, ist eine Förderung im Wege der Erstattung von Kosten für getätigte Aufwendungen ausgeschlossen.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.01.2013 ist zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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