Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 832/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1882/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.02.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, streitig.
Die am 1954 geborene, aus dem ehemaligen J. stammende Klägerin erlernte keinen Beruf. Seit 1969 ist sie bei der Firma Siemens bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der Firma N. GmbH & Co. KG als Montiererin beschäftigt. Seit März 2011 ist die Klägerin arbeitsunfähig.
Nach einem ersten stationären Aufenthalt im Psychiatrischen Zentrum N. vom 04.08. bis 13.10.2005 (Diagnosen: Angst- und depressive Störung, gemischt, ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung) wurde die Klägerin vom 24.03. bis 18.05.2011 erneut im Psychiatrischen Zentrum N. stationär behandelt, wobei eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, ohne psychotische Symptome diagnostiziert wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 18.05.2011 beklagte die Klägerin bei Aufnahme starke Ängste im Hinblick auf den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Im Juli 2011 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. , der aufgrund seiner im August 2011 erfolgten Untersuchung ein regressives (pseudo-)kindlich bis (pseudo-)dementes Verhalten sowie eine wahrscheinlich vorbestehende dependente Persönlichkeitsakzentuierung beschrieb und sich aufgrund des psychopathologischen Befundes, der Eigenanamnese mit unzureichender Mitarbeit sowie den aktuellen Behandlungsunterlagen nicht in der Lage sah, mit der erforderlichen Sicherheit eine psychische Störung zu diagnostizieren und eine Aussage zur beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin zu treffen.
Mit Bescheid vom 20.09.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte den Befundbericht des behandelnden Nervenarztes Dr. U. ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2012 zurück.
Am 28.02.2012 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, aufgrund der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der Depressionen, derentwegen sie im Jahr 2011 stationär behandelt worden sei, auch einfachste Arbeiten nicht mehr als drei Stunden täglich verrichten zu können. Selbst alltägliche Verrichtungen oder normale Alltagsabläufe seien ihr unmöglich.
Das SG hat eine Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin eingeholt und Dr. U. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von 14 in gleichmäßigen Abständen erfolgten Konsultationen innerhalb des letzten Jahres berichtet, wobei die Klägerin durchgängig desorganisiert und unselbstständig mit Rückzug von jedweder Belastung gewesen sei. Die Belastbarkeit hat er lediglich noch auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Das SG hat darüber hinaus ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der die Klägerin im Oktober 2012 untersucht hat. Diagnostisch ist der Sachverständige von einem regressiven Verhalten bei prädisponierender Persönlichkeitsstruktur (ängstlich-abhängige Persönlichkeitszüge) ausgegangen; aufgrund der Inkonsistenzen im Verhalten der Klägerin, wodurch sich kein authentisches Beschwerdebild ergeben habe, hat er sich nicht in der Lage gesehen, mit der notwendigen Sicherheit ein Leistungsbild zu beschreiben. Ausgegangen ist er von einer erheblichen Aggravation bzw. Simulation mit dem Ziel der Entpflichtung im privaten und beruflichen Bereich, ohne dass ein Anteil authentischer Psychopathologie bestimmbar sei.
Mit Urteil vom 22.02.2013 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. B. und des Dr. S. abgewiesen. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat es schon deshalb verneint, weil die Klägerin nach dem Mehrstufenschema als angelernte Arbeiterin im unteren Bereich anzusehen sei und damit keinen Berufsschutz genieße.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 27.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.04.2013, einem Montag, beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe die Einschätzung ihres behandelnden Arztes Dr. U. , der lediglich noch eine Belastbarkeit von weniger als drei Stunden täglich gesehen habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt. Dr. U. kenne ihre familiären Verhältnisse; auch sei ihm bekannt, dass sie den Alltag lediglich noch durch die aktive Hilfe ihres Mannes bewältigen könne. Zu Unrecht habe Dr. S. unterstellt, sie verhalte sich mehr oder minder zielgerichtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2012 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 13.07.2011 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Der Klägerin steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und ist zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt und ihr die beanspruchte Rente daher nicht zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Ebenso wie das SG vermag auch der Senat nicht festzustellen, dass die Klägerin durch Gesundheitsstörungen von nervenärztlicher Seite in ihrem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt ist, mithin selbst leichte berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht wenigstens sechs Stunden täglich zumutbar verrichten kann. Weder der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten hinzugezogene Gutachter Dr. B. noch der vom SG mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Dr. S. haben sich aufgrund ihrer jeweiligen gutachtlichen Untersuchung der Klägerin in der Lage gesehen, ein authentisches Beschwerdebild zu beschreiben, um den erhobenen psychopathologischen Befund einer psychiatrischen Diagnose zuordnen zu können. Übereinstimmend haben sich Dr. B. und Dr. S. lediglich in der Lage gesehen, ein agitiert regressives kindliches bzw. pseudodementes Verhalten zu beschrieben, ohne dass sich gleichzeitig Anhaltspunkte für das Vorliegen einer hirnorganischen Symptomatik ergeben hätten. Dr. S. hat dieses Verhalten im Rahmen eines angestrebten sekundären Krankheitsgewinns mit einer Entpflichtung im privaten und beruflichen Bereich interpretiert, was für den Senat nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen ohne Weiteres nachvollziehbar ist. So wird insbesondere der deutliche "Crescendo-Charakter" der psychischen Symptomatik der Klägerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren deutlich, nachdem die von Dr. B. und Dr. S. beschriebenen kindlichen Verhaltensweisen im Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N. vom 18.05.2011 keinerlei Niederschlag finden, was auf eine Zweckgerichtetheit in der Gutachtenssituation hinweist. Auch die Inkonsistenz der Angaben der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. im Hinblick auf die eingenommenen Psychopharmaka weist auf eine fehlende Authentizität der Klägerin hin. Denn während die Klägerin gegenüber Dr. S. angegeben hat, regelmäßig - letztmals am Vortag - die Psychopharmaka Trimipramin, Risperidon und Sertralin einzunehmen, war das Medikament Trimipramin im Blutserum nicht nachweisbar, woraus - so der Sachverständige Dr. S. - abzuleiten ist, dass dieses Medikament in den letzten Tagen nicht eingenommen worden ist. Darüber hinaus waren die Substanzen Resperidon und Sertralin nicht im therapeutischen Bereich nachzuweisen, was darauf hinweist, dass auch diese Medikamente an den Vortagen nicht eingenommen worden waren. Für den Senat überzeugend hat Dr. S. in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die eingeschränkte Compliance hinsichtlich der Psychopharmakotherapie gerade auch Rückschlüsse auf den Leidensdruck der Klägerin zulässt. Denn auch für den Senat ist insoweit wenig nachvollziehbar, dass die Klägerin trotz der behaupteten weitreichenden Beeinträchtigungen bereits im Alltag eine gezielte medikamentöse Therapie, die eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes erwarten lässt, nicht durchführt.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Gesichtspunkte vermag sich der Senat ebenso wenig wie zuvor schon das SG von der Richtigkeit der Einschätzung des behandelnden Nervenarztes Dr. U. überzeugen, der seine Leistungsbeurteilung ohne konkrete psychopathologische Befunde mitzuteilen ersichtlich im Wesentlichen auf die anamnestischen Angaben der Klägerin, wonach sie nichts mehr selbstständig mache und sich von jedweder Belastung zurückziehe, sowie auf das von ihr gezeigte Verhalten ("wie ein Häufchen Elend weinend dasitzt") gestützt hat, ohne diese Angaben und das Verhalten der Klägerin einer Konsistenzprüfung zu unterziehen. Ohnehin ist für den Senat schon nicht erkennbar, von welchem psychiatrischen Krankheitsbild Dr. U. diagnostisch ausgeht und welche konkreten, der freien Willensentschließung entzogenen krankheitsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen sollen, die der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen könnten.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, streitig.
Die am 1954 geborene, aus dem ehemaligen J. stammende Klägerin erlernte keinen Beruf. Seit 1969 ist sie bei der Firma Siemens bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der Firma N. GmbH & Co. KG als Montiererin beschäftigt. Seit März 2011 ist die Klägerin arbeitsunfähig.
Nach einem ersten stationären Aufenthalt im Psychiatrischen Zentrum N. vom 04.08. bis 13.10.2005 (Diagnosen: Angst- und depressive Störung, gemischt, ängstliche vermeidende Persönlichkeitsstörung) wurde die Klägerin vom 24.03. bis 18.05.2011 erneut im Psychiatrischen Zentrum N. stationär behandelt, wobei eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode, ohne psychotische Symptome diagnostiziert wurde. Ausweislich des Entlassungsberichts vom 18.05.2011 beklagte die Klägerin bei Aufnahme starke Ängste im Hinblick auf den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Im Juli 2011 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. , der aufgrund seiner im August 2011 erfolgten Untersuchung ein regressives (pseudo-)kindlich bis (pseudo-)dementes Verhalten sowie eine wahrscheinlich vorbestehende dependente Persönlichkeitsakzentuierung beschrieb und sich aufgrund des psychopathologischen Befundes, der Eigenanamnese mit unzureichender Mitarbeit sowie den aktuellen Behandlungsunterlagen nicht in der Lage sah, mit der erforderlichen Sicherheit eine psychische Störung zu diagnostizieren und eine Aussage zur beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin zu treffen.
Mit Bescheid vom 20.09.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte den Befundbericht des behandelnden Nervenarztes Dr. U. ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2012 zurück.
Am 28.02.2012 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, aufgrund der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der Depressionen, derentwegen sie im Jahr 2011 stationär behandelt worden sei, auch einfachste Arbeiten nicht mehr als drei Stunden täglich verrichten zu können. Selbst alltägliche Verrichtungen oder normale Alltagsabläufe seien ihr unmöglich.
Das SG hat eine Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin eingeholt und Dr. U. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von 14 in gleichmäßigen Abständen erfolgten Konsultationen innerhalb des letzten Jahres berichtet, wobei die Klägerin durchgängig desorganisiert und unselbstständig mit Rückzug von jedweder Belastung gewesen sei. Die Belastbarkeit hat er lediglich noch auf weniger als drei Stunden täglich eingeschätzt. Das SG hat darüber hinaus ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der die Klägerin im Oktober 2012 untersucht hat. Diagnostisch ist der Sachverständige von einem regressiven Verhalten bei prädisponierender Persönlichkeitsstruktur (ängstlich-abhängige Persönlichkeitszüge) ausgegangen; aufgrund der Inkonsistenzen im Verhalten der Klägerin, wodurch sich kein authentisches Beschwerdebild ergeben habe, hat er sich nicht in der Lage gesehen, mit der notwendigen Sicherheit ein Leistungsbild zu beschreiben. Ausgegangen ist er von einer erheblichen Aggravation bzw. Simulation mit dem Ziel der Entpflichtung im privaten und beruflichen Bereich, ohne dass ein Anteil authentischer Psychopathologie bestimmbar sei.
Mit Urteil vom 22.02.2013 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. B. und des Dr. S. abgewiesen. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat es schon deshalb verneint, weil die Klägerin nach dem Mehrstufenschema als angelernte Arbeiterin im unteren Bereich anzusehen sei und damit keinen Berufsschutz genieße.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 27.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.04.2013, einem Montag, beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, das SG habe die Einschätzung ihres behandelnden Arztes Dr. U. , der lediglich noch eine Belastbarkeit von weniger als drei Stunden täglich gesehen habe, zu Unrecht nicht berücksichtigt. Dr. U. kenne ihre familiären Verhältnisse; auch sei ihm bekannt, dass sie den Alltag lediglich noch durch die aktive Hilfe ihres Mannes bewältigen könne. Zu Unrecht habe Dr. S. unterstellt, sie verhalte sich mehr oder minder zielgerichtet.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.02.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2012 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 13.07.2011 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 20.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Der Klägerin steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 43, 240 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und ist zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt und ihr die beanspruchte Rente daher nicht zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.
Ebenso wie das SG vermag auch der Senat nicht festzustellen, dass die Klägerin durch Gesundheitsstörungen von nervenärztlicher Seite in ihrem beruflichen Leistungsvermögen in einem rentenrelevanten Ausmaß eingeschränkt ist, mithin selbst leichte berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht wenigstens sechs Stunden täglich zumutbar verrichten kann. Weder der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten hinzugezogene Gutachter Dr. B. noch der vom SG mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Dr. S. haben sich aufgrund ihrer jeweiligen gutachtlichen Untersuchung der Klägerin in der Lage gesehen, ein authentisches Beschwerdebild zu beschreiben, um den erhobenen psychopathologischen Befund einer psychiatrischen Diagnose zuordnen zu können. Übereinstimmend haben sich Dr. B. und Dr. S. lediglich in der Lage gesehen, ein agitiert regressives kindliches bzw. pseudodementes Verhalten zu beschrieben, ohne dass sich gleichzeitig Anhaltspunkte für das Vorliegen einer hirnorganischen Symptomatik ergeben hätten. Dr. S. hat dieses Verhalten im Rahmen eines angestrebten sekundären Krankheitsgewinns mit einer Entpflichtung im privaten und beruflichen Bereich interpretiert, was für den Senat nach Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen ohne Weiteres nachvollziehbar ist. So wird insbesondere der deutliche "Crescendo-Charakter" der psychischen Symptomatik der Klägerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren deutlich, nachdem die von Dr. B. und Dr. S. beschriebenen kindlichen Verhaltensweisen im Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N. vom 18.05.2011 keinerlei Niederschlag finden, was auf eine Zweckgerichtetheit in der Gutachtenssituation hinweist. Auch die Inkonsistenz der Angaben der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. im Hinblick auf die eingenommenen Psychopharmaka weist auf eine fehlende Authentizität der Klägerin hin. Denn während die Klägerin gegenüber Dr. S. angegeben hat, regelmäßig - letztmals am Vortag - die Psychopharmaka Trimipramin, Risperidon und Sertralin einzunehmen, war das Medikament Trimipramin im Blutserum nicht nachweisbar, woraus - so der Sachverständige Dr. S. - abzuleiten ist, dass dieses Medikament in den letzten Tagen nicht eingenommen worden ist. Darüber hinaus waren die Substanzen Resperidon und Sertralin nicht im therapeutischen Bereich nachzuweisen, was darauf hinweist, dass auch diese Medikamente an den Vortagen nicht eingenommen worden waren. Für den Senat überzeugend hat Dr. S. in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die eingeschränkte Compliance hinsichtlich der Psychopharmakotherapie gerade auch Rückschlüsse auf den Leidensdruck der Klägerin zulässt. Denn auch für den Senat ist insoweit wenig nachvollziehbar, dass die Klägerin trotz der behaupteten weitreichenden Beeinträchtigungen bereits im Alltag eine gezielte medikamentöse Therapie, die eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes erwarten lässt, nicht durchführt.
Vor dem Hintergrund der dargelegten Gesichtspunkte vermag sich der Senat ebenso wenig wie zuvor schon das SG von der Richtigkeit der Einschätzung des behandelnden Nervenarztes Dr. U. überzeugen, der seine Leistungsbeurteilung ohne konkrete psychopathologische Befunde mitzuteilen ersichtlich im Wesentlichen auf die anamnestischen Angaben der Klägerin, wonach sie nichts mehr selbstständig mache und sich von jedweder Belastung zurückziehe, sowie auf das von ihr gezeigte Verhalten ("wie ein Häufchen Elend weinend dasitzt") gestützt hat, ohne diese Angaben und das Verhalten der Klägerin einer Konsistenzprüfung zu unterziehen. Ohnehin ist für den Senat schon nicht erkennbar, von welchem psychiatrischen Krankheitsbild Dr. U. diagnostisch ausgeht und welche konkreten, der freien Willensentschließung entzogenen krankheitsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen sollen, die der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen könnten.
Nach alledem kann die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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