L 11 R 3983/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2454/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3983/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.08.2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.765,51 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese nach Durchführung einer Arbeitgeberprüfung Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 35.062,02 EUR nebst Säumniszuschlägen fordert.

Die Antragsstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in L., die sich mit der Planung, Beratung und Ausführung elektrischer Anlagen befasst. Einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern (Anteil an der GmbH je 47,5%) war seit 1978 Herr J. W. (W). Mit Gesellschafterbeschluss vom 31.12.2004 wurde W zum 10.01.2005 als Geschäftsführer der Gesellschaft abberufen und durch seinen Sohn ersetzt (Bl. 23 Verwaltungsakte); die Gesellschafteranteile übertrug er auf seine Ehefrau (Bl. 26 Verwaltungsakte). Mit Bescheid vom 22.01.2007 wurde ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2006 gewährt. Seit dem 01.04.2007 ist W geringfügig bei der Antragsstellerin beschäftigt.

Im Bericht des Finanzamtes L. vom 31.07.2008 (Bl. 6 Verwaltungsakte, sub 3) über eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 2003 bis 2007 ist festgehalten, dass W ein firmeneigenes KFZ zur privaten Nutzung zur Verfügung stehe, jedoch der entsprechende geldwerte Vorteil nicht richtig versteuert worden sei. Es sei ein falscher Listenpreis zugrunde gelegt worden. In dem folgenden Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 11.07.2012 für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2011 (Bl. 17 Verwaltungsakte) wurde festgestellt, dass für W für das Jahr 2008 noch kein geldwerter Vorteil für die private PKW-Nutzung versteuert worden sei. Zugrundezulegen sei der W zur Verfügung stehende VW-Touareg (Listenpreis 77.700 EUR).

Die Antragsgegnerin führte vom 06.03.2012 bis zum 26.10.2012 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2011 bei der Antragstellerin durch. Mit Schreiben vom 26.10.2012 (Bl. 16 Verwaltungsakte) hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Feststellung einer Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 37.387,14 EUR an, da für die Kfz-Nutzung des W Sozialversicherungsbeiträge nachzuerheben seien.

Die Antragstellerin führte daraufhin mit Schreiben vom 26.11.2012 durch ihren Steuerberater aus, dass W ab dem Jahr 2003 häufig krank gewesen sei und das Fahrzeug faktisch gar nicht genutzt habe. Insbesondere habe er sich seit dem 21.09.2004 in psychiatrischer Behandlung im Klinikum S. befunden und sei nicht mehr arbeitsfähig gewesen. In der Folge habe er eine Erwerbsminderungsrente beantragt, die ihm ab dem 29.08.2006 auch bewilligt worden sei. Zum 31.12.2004 sei er als Geschäftsführer der Firma abberufen worden. Er habe zu diesem Zeitpunkt der Firma praktisch nicht mehr als Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden. Aufgrund der ihm verordneten Medikamente habe er gar nicht am Straßenverkehr teilnehmen können, weshalb eine private Kfz-Nutzung nicht berücksichtigt werden könne. Auch aufgrund der angeführten Krankheitsgeschichte und aufgrund der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft scheide die Erfassung eines geldwerten Vorteils aus. Der VW-Touareg habe einen früher vorhandenen LKW ersetzt und sei ein für die Kabelzugfirma notwendiges Arbeitsauto gewesen. Es sei eines der wenigen Fahrzeuge (abgesehen von LKWs), das für eine Zuglast von 3,5 t ausgelegt sei und genau dies sei die Anforderung, die an das Fahrzeug gestellt werde, da für die tägliche Arbeit ein Hänger mit den entsprechenden Kabeleinheiten erforderlich sei. Es handele sich nicht um ein alltägliches Fahrzeug, eine Privatnutzung scheide auch deshalb aus, da die ständige Beladung mit den notwendigen Arbeitsutensilien im Weg stehe.

Mit Bescheid vom 31.01.2013 (Bl. 34 Verwaltungsakte) forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2011 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 35.062,02 EUR inklusive Säumniszuschlägen von 10.907,00 EUR nach. Das Fahrzeug habe zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden; es sei nicht nachgewiesen, dass W das Fahrzeug nicht genutzt habe. Das Klinikum S. habe ausweislich der vorliegenden ärztlichen Befunde lediglich eine Empfehlung ausgesprochen, kein KFZ zu fahren, aber kein Verbot. Im Übrigen sei W sei auch nach Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer weiterhin als Arbeitnehmer bei der Antragstellerin tätig und sozialversicherungspflichtig gemeldet gewesen. Ab dem 01.04.2007 sei das Beschäftigungsverhältnis in eine geringfügige Beschäftigung umgewandelt worden. Die Prüfung habe ergeben, dass W durch die Nachberechnung des geldwerten Vorteils die geltende Geringfügigkeitsgrenze überschreite. Der Beschäftigte unterliege daher in vollem Umfang der Versicherungs- und Beitragspflicht. Könne ein Arbeitnehmer ein firmeneigenes Kraftfahrzeug privat nutzen, entstehe ein geldwerter Vorteil, der dem Arbeitslohn hinzuzurechnen und dessen Wert in der Höhe anzusetzen sei, in der dem Arbeitnehmer durch die Haltung eines eigenen Kraftwagens des gleichen Typs Kosten entstanden wären. Unerheblich sei, an wie vielen Tagen das Fahrzeug im Monat genutzt worden sei. Sobald es einen Tag zur Verfügung gestanden habe, sei der geldwerte Vorteil für den gesamten Monat anzusetzen. Im Rahmen der Prüfung würden auch Beiträge für die Jahre 2004 bis 2007 nacherhoben. Ein vorsätzliches Vorenthalten im Sinne von § 20 Abs 1 S 2 SGB IV liege nach der Rechtsprechung des BSG auch bei sogenanntem bedingten Vorsatz vor. Dieser sei gegeben, wenn der Beitragsschuldner die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe.

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 13.02.2013 durch ihren Steuerberater Widerspruch (Bl. 35 Verwaltungsakte) und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Entscheidungserheblich sei die Tatsache sei, dass W aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme ab 2004 nicht mehr aktiv am Straßenverkehr habe teilnehmen können. Die steuerrechtliche Behandlung sei fehlerhaft erfolgt, da die Krankheitshistorie des W den Mitarbeitern der die Steuerunterlagen bearbeitenden Steuerkanzlei nicht oder nicht vollständig bekannt gewesen. In der irrigen Annahme, es hätte sich nichts geändert, seien fehlerhafte Lohnabrechnungen vorgenommen und die Kfz-Nutzung dort erfasst worden.

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 02.04.2013 (Bl. 41 Verwaltungsakte) ab. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides würden nicht vorliegen. Im Rahmen der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass sich anlässlich der Lohnsteueraußenprüfung (Bescheid des Finanzamts L. vom 31.07.2008 für den Prüfzeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2007) Steuernachforderungen ergeben hätten, die auch beitragsrechtliche Konsequenzen auf dem Gebiet der Sozialversicherung nach sich ziehen würden. Das Finanzamt L. habe im genannten Bescheid ausgeführt, dass für W ein geldwerter Vorteil wegen privater Nutzung eines Firmenwagens anzusetzen sei. Es sei ein falscher Listenpreis zu Grunde gelegt worden. Der Prüfbericht/Bescheid der Finanzbehörde über das Ergebnis der letzten Lohnsteuerprüfung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt sei von der Antragstellerin nicht ausgewertet und umgesetzt worden. Ein Nichtauswerten der Prüfberichte/Bescheide des Betriebsstättenfinanzamts führe zur Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist. Nach § 14 Absatz 1 SGB IV seien Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Überlasse der Arbeitgeber oder aufgrund des Dienstverhältnisses ein Dritter dem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug unentgeltlich zu Privatfahrten, sei der Nutzungsvorteil dem Arbeitslohn zuzurechnen. Der so genannte Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung komme nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erst dann zur Anwendung, wenn dem Arbeitnehmer ein Firmenwagen tatsächlich auch zur privaten Nutzung überlassen worden sei. In diesem Fall spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass der Arbeitnehmer von dieser privaten Nutzungsmöglichkeit auch Gebrauch gemacht hat. Bereits im Bescheid des Finanzamts L. vom 31.07.2008 sei festgestellt worden war, dass der Betrieb der Antragstellerin den Beschäftigten firmeneigene Kraftfahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung stelle. Hierbei sei W konkret ein Fahrzeug (VW-Touareg) zugewiesen worden. Die vorgetragenen Erkrankungen des W würden nicht zu dem Schluss führen, dass hierdurch die Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen gewesen sei. Die genannten orthopädischen und internistischen Indikationen seien verbunden mit einer zeitlich befristeten Einschränkung. Die psychiatrische Behandlung mit entsprechender Medikation habe zwar zu der Empfehlung des Klinikum S.s geführt, dass W nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen solle. Gleichwohl sei W von der Antragstellerin weiter beschäftigt worden, ab 01.04.2007 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung. Ob W tatsächlich nicht aktiv am Straßenverkehr teilgenommen habe, sei nicht belegt. Der VW-Touareg, der in der Firma einen zuvor vorhandenen LKW ersetzt habe, sei für den privaten Gebrauch bestens geeignet. Ein ausschließlicher Gebrauch quasi als Baustellen-/Service Fahrzeug sei weder nachgewiesen noch wahrscheinlich. Auch die Ausführung, im Fahrzeug würden sich Werkzeuge etc. befinden, schließe einen privaten Gebrauch nicht aus. Arbeitnehmer in leitender Stellung hätten bei der Nutzung des Firmenwagens freie Hand. Um eine private Nutzung des Firmenwagens durch W auszuschließen, hätte die Antragstellerin ein schriftliches Nutzungsverbot aussprechen und dessen Einhaltung überwachen müssen. Am 02.05.2013 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Stuttgart den Antrag gestellt, die Vollziehung der Beitragsforderung auszusetzen. Zur Begründung wurde auf die Widerspruchsbegründung Bezug genommen und ausgeführt, dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides in jedem Fall eine unbillige Härte für die Antragsstellerin darstelle, da sie gerade einmal so viel erwirtschafte, wie für das Überleben der Gesellschaft notwendig sei.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten, hat aber der Antragstellerin auch ein Angebot unterbreitet: Es sollten die Lohnabrechnungen des Jahres 2004 im Einzelnen vorgelegt werden, so dass geprüft werden könne, ob bereits ein geldwerter Vorteil sozialversicherungsrechtlich angesetzt worden sei. Insofern sei der Bevollmächtigte der Antragstellerin bereits im Rahmen eines Gesprächs am 19.06.2013 gebeten worden, entsprechende Nachweise einzureichen. Dass W in laufender ärztlicher Behandlung gewesen sei, hindere ihn nicht an der Möglichkeit, das Fahrzeug privat zu nutzen. Ggf. könnten für die Zeit der stationären Klinikaufenthalte (vgl. Bl. 48 Verwaltungsakte) im Zeitraum vom 09.02.2004 bis 21.09.2004 für sechs volle Monate, für den Zeitraum vom 08.12.2004 bis 04.03.2005 für zwei volle Monate, für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 17.08.2005 für einen vollen Monat und für den Zeitraum vom 02.08.2006 bis 26.09.2006, 26.09.2006 bis 06.10.2006 und 12.10.2006 bis 20.10.2006 für einen vollen Monat, gegebenenfalls aus Kulanz für zwei volle Monate, abgeholfen werden. Unerheblich sei, dass der VW-Touareg auch im Rahmen der Geschäftstätigkeit genutzt worden sei, ohne dass es auf die Häufigkeit bzw den Umfang der Nutzung ankommen, denn eine Privatnutzung am Wochenende bzw in den Ferien/auftragsfreien Zeiten sei ohnehin möglich. Unklar sei allerdings, warum ein Touareg mit einem Bruttolistenpreis von 77.740,00 EUR angeschafft worden sei. Die Einstiegsneupreise lägen ab 40.000 EUR.

Die Antragstellerin hat die Lohnabrechnungen des Jahres 2004 nicht vorgelegt und erklärt, das Angebot der Antragsgegnerin komme für sie nicht in Frage.

Mit Beschluss vom 13.08.2013 hat das SG den Antrag abgelehnt.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 10.09.2013 Beschwerde beim SG erhoben, die am 12.09.2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg einging. Zur Begründung hat die Antragstellerin vorgebracht, dass die Vollziehung der Beitragsforderung eine unbillige Härte darstellen würde und existenzgefährdend sei. Die notwendige Liquidität zur Zahlung der Beitragsschulden sei nicht vorhanden, der Geschäftsbetrieb könne im Fall der Vollziehung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Der strittige VW-Touareg sei oft von morgens bis abends im Einsatz gewesen und daher dem W faktisch nicht zur Verfügung gestanden. W wiederum sei aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung gar nicht in der Lage gewesen, das Fahrzeug zu nutzen. Seine Ehefrau habe die notwendigen Fahrten mit ihrem Fahrzeug getätigt.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.08.2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31.01.2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Beitragsforderung rechtmäßig ist und die Vollziehung auch keine unbillige Härte für die Antragstellerin bedeuten würde. Für eine Stundung der Forderung sei die Einzugsstelle zuständig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig aber nicht begründet.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts auch in der Hauptsache die Berufung zulässig wäre. Die Beschwerde ist zudem form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).

Nach § 86a Abs 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86a Abs 2 Nr 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Zu den Entscheidungen, die unter § 86a Abs 2 Nr 1 SGG fallen, gehören auch Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen (Beschlüsse des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, mwN und vom 29.07.2010, L 11 R 2595/10 ER-B, alle veröffentlicht in juris).

Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (st Rspr des Senats; vgl Beschlüsse vom 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B, und 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, veröffentlicht in juris). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl Beschluss des Senats vom 28.06.2010, L 11 R 1903/10 ER-B, nv). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Aussetzung der Vollziehung häufig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann (Beschluss des Senats vom 19.07.2012, L 11 R 1789/12 ER-B, juris). Die Wirkung der gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs tritt rückwirkend ab Erlass des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides ein und endet in den Fällen, in denen Klage erhoben wird, erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit der Hauptsacheentscheidung (Beschlüsse des Senats vom 03.08.2012, L 11 KR 2566/12 ER-B, juris; 11.05.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B, juris; LSG Baden-Württemberg 20.03.2006, L 8 AS 369/06 ER-B, juris).

Nach dem gegenwärtigen Stand ist es für den Senat nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 31.01.2013 Erfolg haben wird.

Rechtsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen ist § 28p Abs 1 S 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung [SGB V], § 20 Abs 1 S 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung [SGB XI], § 1 S 1 Nr 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Rentenversicherung [SGB VI], § 24 Abs 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung [SGB III]).

Nach dem bisherigen Sachstand ergeben sich keine Zweifel an der Beschäftigten- bzw Versicherteneigenschaft des W, dies wird auch von der Antragstellerin nicht vorgebracht. Bei Gründung der GmbH 1978 standen neben zwei Gesellschafter-Geschäftsführern mit je 47,5% Geschäfts- und Stimmenanteil jeweils deren Ehefrauen mit je 2,5% Geschäfts- und Stimmenanteil als weitere Gesellschafter. Keiner der Gesellschafter-Geschäftsführer hatte eine beherrschende Stellung inne (vgl zum Ganzen etwa BSG 09.11.1989, 11 RAr 39/89, BSGE 66, 69, SozR 4100 § 104 Nr 19; Senatsurteil vom 26.06.2012, L 11 KR 2769/11, ZIP 2013, 381).

Grundlage der Beitragsbemessung ist das Arbeitsentgelt (§§ 223 Abs 2 S 1, 226 Abs 1 Nr 1 SGB V, §§ 161 Abs 1, 162 Nr 1 SGB VI, §§ 341 Abs 3 S 1, 342 SGB III, §§ 54 Abs 2 S 1, 57 Abs 1 SGB XI, i. V. m. § 226 Abs 1 Nr 1 SGB V). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 Abs 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Ausgangspunkt für die Höhe des der Beitragsbemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sind insbesondere die im jeweiligen Arbeitsvertrag rechtswirksam getroffenen Entgeltvereinbarungen. Zum Arbeitsentgelt zählen auch Sachbezüge, die wie Geldbezüge im Sinne des § 14 Abs 1 SGB IV zu bewerten sind.

Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich ein Kraftfahrzeug zur privaten Nutzung, so liegt in Höhe der Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer für Unterhalt und Betrieb eines eigenen Kraftfahrzeugs des gleichen Typs entstanden wären, ein steuerpflichtiger Sachbezug vor (vgl bereits Bundesfinanzhof [BFH] 21.06.1963, VI 306/61 U, BStBl III 63, 387) Bei der vom Arbeitgeber gewährten ständigen Überlassung eines PKW zur privaten Nutzung handelt es sich um die Gewährung geldwerter Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen, mithin um laufenden Arbeitslohn (vgl BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, juris RdNr 54 mit Verweis auf BFH 16.12.2010, VI R 27/10, BFHE 232, 174; BFH 17.6.2010, VI R 50/09, BFHE 230, 150). Der darin liegende Sachbezug ist als geldwerter Vorteil beitragspflichtig. § 3 Abs 1 S 3 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) verweist dabei auf § 8 Abs 2 S 2 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Gemäß § 8 Abs 2 S 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen (vgl dazu Senatsurteil vom 19.02.2008, L 11 KR 2367/04 = juris RdNr 36 f).

Diese durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 eingefügten Regelungen des § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 und 3 EStG bezwecken die vereinfachte Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge und enthalten deshalb mit der in § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG geregelten sog 1%-Methode eine grundsätzlich zwingende, grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Deren Anwendung kann der Steuerpflichtige nur durch substanziierten Nachweis der privat veranlassten Kraftfahrzeugkosten, dh grundsätzlich nur durch Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Nr 4 S 3 EStG vermeiden. Rechtliche Bedenken, diesen Regelungen zu folgen, bestehen für den Senat nicht. Denn aus § 17 Abs 1 SGB IV folgt, dass die Bundesregierung befugt ist, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Wahrung der Belange der Sozialversicherung Bestimmungen darüber zu treffen, was zum Arbeitsentgelt zu rechnen ist und insbesondere auch den Wert von Sachbezügen nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus für jedes Kalenderjahr festzusetzen. Dem ist die Bundesregierung durch Erlass der jährlich verlängerten ArEV und von jährlichen Sachbezugsverordnungen auch im hier maßgeblichen Zeitraum nachgekommen. Nach § 17 Abs 1 S 2 SGB IV muss in solchen Verordnungen eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sichergestellt werden. Da dies hier grundsätzlich geschehen ist, können die steuerrechtlichen Regelungen grundsätzlich auch für die Bestimmung des Arbeitsentgelts nach § 14 SGB IV herangezogen werden und insbesondere auch die dazu ergangene steuerrechtliche Rechtsprechung.

Die genannten Bestimmungen kommen nicht zur Anwendung, wenn die Privatnutzung ausscheidet (Senatsurteil vom 19.02.2008, L 11 KR 2367/04 = juris RdNr 39 unter Hinweis auf BFH 13.04.2005 - VI B 59/04). Die Privatnutzung ist deshalb in jedem einzelnen Fall vor Anwendung der Bewertungsregel des § 8 Abs 2 S 2 iVm § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 und 3 EStG konkret festzustellen. Insofern gelten nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder Prima-facie-Beweis; vgl BFH 27.10.2005, VI B 43/05; 21.03.2013, VI R 26/10, BFH/NV 2013, 1396). Denn die Vorschrift beruht auf dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Pkw auch tatsächlich privat genutzt wird, wenn eine derartige Mitbenutzung möglich ist (BFH 13.02.2002, X R 23/01; 19.09.1999, VI B 258/98). Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu bedarf es allerdings nicht des Beweises des Gegenteils. Es genügt vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt wird, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (BFH 07.11.2006, VI R 19/05; 04.06.2004, VI B 256/01). Daran ändert sich nichts, wenn die private Nutzung arbeitsvertraglich untersagt ist, aber das Verbot weder vom Arbeitgeber überwacht wurde noch Fahrtenbücher geführt worden sind (BFH 19.12.2003, VI B 281/01).

Der BFH, dem sich der Senat anschließt, hat jüngst zwei Dinge klar gestellt:

Die Behauptung, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt zu haben, genügt nicht, um die Besteuerung des Nutzungsvorteils auszuschließen. Davon kann nur abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige zur privaten Nutzung des betrieblichen PKW nicht länger befugt ist (BFH 21.03.2013, VI 26/10, BFH/NV 2013, 1396 = juris RdNr 15).

Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einem als Arbeitslohn zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil, denn selbst wenn der Arbeitnehmer den ihm überlassenen PKW tatsächlich nicht privat nutzen sollte, erspart er sich zumindest die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kraftfahrzeugs verausgaben müsste (BFH 18.04.2013, VI R 23/12, BFH/NV 2013, 1316 = juris RdNr 17).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Vortrag des Antragsstellers nicht geeignet, den Anscheinsbeweis der Privatnutzung zu widerlegen. Der Senat schließt sich insoweit in vollem Umfang den Ausführungen des SG an. Vorliegend hat die Antragsstellerin gegenüber W weder ein Verbot für Privatfahrten ausgesprochen noch überwacht. Darüber hinaus ist in den vorliegenden Lohnabrechnungen der Jahre 2009 und 2010 die private Kfz-Nutzung als geldwerter Vorteil explizit aufgeführt und steuerlich, aber nicht sozialversicherungsrechtlich berücksichtigt worden. In dem Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 31.07.2008 (Zeitraum 01.01.2003 - 31.12.2007) wurde festgestellt, dass den Arbeitnehmern der Antragsstellerin firmeneigene Kraftfahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung stehen und für den W noch die in der beigefügten Berechnung des geldwerten Vorteils der Kfz-Nutzung (VW-Touareg) ausgewiesenen Beträge zu versteuern sind, da ein falscher Listenpreis zugrundegelegt wurde. Auch in dem nachfolgenden Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 11.07.2012 (Zeitraum 01.01.2008 - 31.12.2011) wurde festgestellt, dass für den W für das Jahr 2008 noch kein geldwerter Vorteil für private PKW-Nutzung versteuert wurde. Wenn W tatsächlich seit dem Jahr 2004 keinen Firmenwagen mehr privat genutzt haben soll, ist unbegreiflich, warum dies dann steuerlich jedenfalls bis 2011 als geldwerter Vorteil berücksichtigt und nicht geändert wurde.

Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass gelegentliche Ausfallzeiten während stationärer Krankenhausaufenthalte die private Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich nicht beschränken. Das insoweit vorliegende Angebot der Antragsgegnerin, eine Teilabhilfe für 10 oder 11 Monate zu prüfen, rechtfertigt angesichts des insgesamt in Frage stehenden Zeitraums von acht Jahren nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beitragsforderung ist auch für die Jahre 2004 bis 2007 nicht verjährt. Nach § 25 Abs 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs 1 SGB IV, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen und der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt entstanden ist. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs 1 S 2 SGB IV). Ein vorsätzliches Vorenthalten im Sinne von § 25 Abs 1 Satz 2 SGB IV liegt nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, auch bei sogenanntem bedingtem Vorsatz vor (BSG 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr 7). Dieser ist gegeben, wenn der Beitragsschuldner die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Ansprüche auf Beiträge verjähren gemäß § 25 Abs 1 S 2 SGB IV auch dann in 30 Jahren, wenn der Vorsatz zu ihrer Vorenthaltung bei Fälligkeit der Beiträge noch nicht vorlag, er aber noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG 30.03.2000 aaO). Zutreffend weist die Antragsgegnerin in der Begründung des angefochtenen Bescheids darauf hin, dass seitens der Antragstellerin nach dem Bericht des Finanzamtes L. vom 31.07.2008 (Bl. 6 Verwaltungsakte, sub 3) über die Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 2003 bis 2007 Handlungsbedarf bestanden habe. Jedenfalls ab dem Zugang des Prüfberichts/Lohnsteuerhaftungsbescheids ist die Antragstellerin bösgläubig geworden und hat bedingt vorsätzlich gehandelt. Vorliegend dürfte daher die 30jährige Verjährungsfrist gelten.

Danach fällt die Interessenabwägung vorliegend zu Gunsten der Antragsgegnerin aus. Der Gesetzgeber hat in den Fällen des § 86 a Absatz 2 Nr. 1 SGG durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Interesse des Betroffenen an der Nichtzahlung von Beiträgen, um die Finanzierungsgrundlage und damit die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger sicherzustellen. Diese gesetzliche Risikoverteilung würde unterlaufen, wenn bereits bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die Vollziehung ohne weiteres ausgesetzt würde.

Die Vollziehung des Beitragsbescheides über eine Forderung von 35.062,02 EUR bedeutet für die Antragstellerin keine unbillige Härte. Zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs schließt sich der Senat in ständiger Rechtsprechung der vom LSG Nordrhein-Westfalen für die Vollziehung von Beitragsbescheiden vertretenen Rechtsauffassung an (LSG Nordrhein-Westfalen 10.01.2012, L 8 R 774/11 ER-B, juris; Senatsbeschlüsse vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER und vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B). Danach führen allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für die Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Aus demselben Grund begründet auch die Höhe einer Beitragsforderung allein keine unbillige Härte. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile durch eine Zahlung müssen vom Antragsteller substantiiert dargelegt werden. Diese müssen darüber hinaus auch noch das Interesse an der aktuellen Einziehung der Forderung überwiegen. Das Interesse an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung kann oft gerade dann hoch sein, wenn der Antragsteller behauptet, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. Gerade in einer solchen Situation sind die Versicherungsträger gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen (vgl Senatsbeschluss vom 04.09.2013, L 11 R 2315/13 ER-B).

Soweit die Antragstellerin eine eingetretene oder drohende Überschuldung geltend macht, lässt sich damit bei einem nach § 238 Handelsgesetzbuch (HGB) buchführungspflichtigen Handelsgewerbe eine unbillige Härte nicht begründen. Denn die Aussetzung der Vollziehung würde an einer Überschuldung nichts ändern. Sofern die nicht abgeführten Sozialabgaben als gewisse Verbindlichkeiten betrachtet werden, müssen sie in dem Wirtschaftsjahr berücksichtigt werden, in dem sie entstanden sind. Sind sie als ungewisse Verbindlichkeiten zu werten, da der Beitragsbescheid noch nicht bestandskräftig ist, müssten sie entweder im Jahr 2012 (Beginn der Betriebsprüfung) oder im Jahr 2013 (Erlass des Beitragsbescheides) in Form von Rückstellungen in der Buchführung berücksichtigt (passiviert) werden (vgl BFH 16.02.1996, I R 73/95, BFHE 180, 110). Bilanzierende Gewerbetreibende haben für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs 1 Satz 1 iVm § 252 Abs 1 Nr 4 HGB handelsrechtlich und in derselben Höhe nach § 5 Abs 1 EStG auch steuerrechtlich eine Rückstellung zu bilden. Ungewiss ist eine Verbindlichkeit in diesem Sinne, wenn entweder eine Verbindlichkeit bereits besteht, deren Höhe aber noch nicht feststeht, oder wenn eine Verbindlichkeit zwar noch nicht begründet wurde, ihr Entstehen dem Grunde und/oder der Höhe nach aber hinreichend wahrscheinlich ist (BFH 27.06.2001, I R 45/97, BFHE 196,216; FG Berlin 17.12.2004, 8 B 8279/02, juris). Mit dem Beitragsbescheid vom 31.01.2013 wurde eine derartige ungewisse Verbindlichkeit festgestellt. Die Antragstellerin muss bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits ernstlich mit dem Bestehen der Beitragsforderung rechnen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Vollziehung würde die Passivierungspflicht jedoch nicht beseitigen, sondern hätte nur zur Folge, dass die Antragsgegnerin an einer Vollziehung des Bescheides durch hoheitliches Handeln (zB Zwangsvollstreckung) gehindert ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde noch nicht einmal die Fälligkeit der Beitragsforderung verschieben (vgl BVerwG 20.11.2008, 3 C 13/08, BVerwGE 132, 250). Die Fälligkeit der Beitragsforderung beruht auf dem Gesetz und wurde nicht erst durch den Beitragsbescheid herbeigeführt. Anders wäre dies im Falle einer - nur über § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB IV erreichbaren - Stundung. Die Stundung führt zu einer Verschiebung der Fälligkeit (BSG 21.07.2005, B 11a/11 AL 53/04 R, SozR 4-4300 § 183 Nr 5; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 76 SGB IV Rz 7).

Der Senat ist ferner der Auffassung, dass im vorliegenden Fall eine durch die Vollziehung der Beitragsschuld in Höhe von 35.062,02 EUR drohende Zahlungsunfähigkeit nicht glaubhaft gemacht ist (allgemein zum Begriff der Zahlungsunfähigkeit nach der Insolvenzordnung BGH 24.05.2005, IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134). Die zuletzt vorgelegte Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2011 weist zB einen Jahresüberschuss von 57.106,82 EUR aus. Daraus folgt keine mangelnde Liquidität.

Die Antragstellerin hat bislang auch keine ausreichenden Bemühungen unternommen, bei der Einzugsstelle eine Stundung der Forderung zu erreichen. Dabei hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren erfolgt nach § 197a SGG iVm §§ 47 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 3, 53 Abs 2 Nr 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Es entspricht der Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz einen geringeren Streitwert anzunehmen als im Hauptsacheverfahren. In Beitragsstreitigkeiten der vorliegenden Art bemisst der Senat inzwischen den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (vgl Beschluss vom 16.08.2013, L 11 R 3031/13 ER), dies sind hier ein Viertel von 35.062,02 EUR, also 8.765,51 EUR.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved