L 9 R 1081/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 5610/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1081/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger einen Anspruch auf einen Zuschuss für den Einbau eines Personenaufzuges in das von ihm 2005/2006 erbaute Einfamilienhaus, welches er gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Sohn bewohnt, hat.

Der 1965 geborene Kläger leidet an multipler Sklerose. Er ist schwerbehindert; der Grad der Behinderung beträgt 90 seit dem 19.10.2004 (Bl. 25 Verwaltungsakten der Beklagten – VA). Seit diesem Zeitpunkt ist beim Kläger auch der Nachteilsausgleich "aG" festgestellt. Der Kläger arbeitet als Senior Communications Manager North & West Europe bei dem internationalen Pharmakonzern G. am Standort B. (zuvor bis 31.12.2011 als Senior Manager Communications bzw. davor als PR-Manager).

Am 03.01.2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten erstmals die Übernahme der Kosten für den Einbau eines Personenaufzuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Verweis auf seine starke Gehbehinderung wegen seiner Erkrankung. Da absehbar sei, dass er die Treppen in seiner bisherigen Wohnung im ersten Obergeschoss bald nicht mehr bewältigen könne, habe er sich entschlossen, behindertengerecht zu bauen. Da es bei seiner Firma eine Betriebsvereinbarung gebe, die Heimarbeitsplätze ermögliche, werde er in das Haus einen Büroraum einbauen lassen. Aufgrund der Beschaffenheit des Geländes müsse dieser eine Etage unter den sich sonst auf einer Ebene befindlichen behindertengerechten Wohnräumen liegen. Um barrierefrei zu seinem Büro gelangen zu können – mithin zur dauerhaften Erhaltung seiner Arbeitsfähigkeit – sei der Einbau eines behindertengerechten Aufzuges erforderlich. Ausweislich des dem Antrag beigefügten Attests des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 03.11.2004 (Bl. 14 VA) habe der Kläger erkrankungsbedingt zunehmende Schwierigkeiten, Treppen zu steigen, weshalb ihm empfohlen worden sei, sich um eine barrierefreie Wohnung möglichst auf einer Ebene zu bemühen. Der Kläger habe ihm mitgeteilt, dass er sich mangels vorhandenen entsprechenden Wohnraums in der Region entschlossen habe, ein behindertengerechtes Haus zu bauen. Aufgrund der Topographie des vorhandenen Grundstücks sei es nicht möglich, alles auf einer Ebene zu bauen. Sein Büro und das Zimmer für seinen Sohn würden auf einer anderen Etage liegen. Um von seiner Wohnung in sein Büro zu gelangen, sei der Einbau eines Aufzuges erforderlich. Unter dem 10.01.2005 leitete die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung an die Beigeladene Ziff. 2 weiter, der Kläger erfülle die für die beantragte Leistung erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Die mit der Bearbeitung befasste Agentur für Arbeit R. holte eine gutachterliche Äußerung bei ihrem ärztlichen Dienst ein (Frau Dr. F. vom 10.05.2005, Bl. 24 VA). Hiernach habe der Kläger eindeutig ein beeinträchtigtes Gangbild, so dass ihm schon jetzt nicht mehr zumutbar sei, Treppen zu steigen. Er könne kurze Strecken zu ebener Erde gehen und versuche dies auch so lange wie möglich im Rahmen seiner Möglichkeiten. Der Arbeitsplatz müsse behindertengerecht, d.h. barrierefrei, sein. Mit Bescheid vom 20.05.2005 (Bl. 40 VA) lehnte die Beigeladene Ziff. 2 den Antrag des Klägers ab, da nach dem vorliegenden Gutachten ein Heimarbeitsplatz nicht erforderlich sei. Die barrierefreie Erschließung innerhalb des Hauses sei nicht Sache des Reha-Kostenträgers. Hierfür sei der örtliche Sozialhilfeträger zuständig. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beigeladene Ziff. 2 mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2005 (Bl. 37 VA) zurück. Die Notwendigkeit eines Aufzuges werde nicht entscheidend durch die berufliche Tätigkeit des Klägers bestimmt. Dessen Betrieb stelle einen behindertengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung. Der Zugang zu dem Einfamilienhaus des Klägers in Hanglage erfolge nach den Einlassungen des Klägers und ausweislich der beigezogenen Pläne ausschließlich über das Kellergeschoss, in welchem sich neben einem Heimarbeitsplatz auch die Garage befinde. Die Wohnung des Klägers befinde sich im Erdgeschoss und könne ausschließlich über eine Treppe oder den geplanten Aufzug erreicht werden. Sie habe keinen eigenen von außen erreichbaren Zugang. Der Kläger müsse für jedes Verlassen der Wohnung und jedes Zurückkehren in seine Wohnung eine Etage überwinden. Die Notwendigkeit des Einbaus eines Aufzuges ergebe sich daher nicht aus der irgendwann beabsichtigten Nutzung eines Heimarbeitsplatzes im Kellergeschoss, sondern aus der Nutzung der Wohnung selbst.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.07.2005 Klage (S 5 AL 2646/05) beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und verfolgte sein Begehren auf Gewährung eines Zuschusses zum Einbau eines Aufzugs unter Berufung auf § 33 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) weiter. Das SG holte eine schriftliche Auskunft des Arbeitgebers des Klägers ein (Auskunft vom 30.09.2005, Bl. 19 SG-Akte). Hiernach lasse es der Gesundheitszustand des Klägers erfreulicherweise zu, dass dieser seine Tätigkeit als PR-Manager in der Verwaltung ausüben könne. Er sei von Dienstreisen abgesehen ca. 8-10 Stunden pro Arbeitstag im Betrieb tätig. Für eine anderslautende Arbeitszeitregelung bestehe kein Bedarf. Bei einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes kämen im Falle von "Heimarbeit" auch für ihn ausschließlich wechselnde Einsatzorte (also im Home Office und in der Firma) in Betracht. Unabhängig von der jeweiligen Funktion gelte konzernweit der Grundsatz, dass zur Sicherstellung in- und externer Abstimmungsprozesse die überwiegende Arbeitszeit in der Firma zu erbringen sei.

Nachdem das SG in einem Erörterungstermin vom 21.11.2005 darauf hingewiesen hatte, dass Leistungen durch die Beigeladene Ziff. 2 wohl nicht in Betracht kämen und ein Antrag bei der Beklagten als erfolgversprechender angesehen werde, stellte der Kläger am 07.12.2005 erneut einen Antrag bei der Beklagten auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Bl. 1 VA). Ausweislich des beigefügten Angebots über den Einbau eines Aufzuges (Bl. 10 VA) hätten die Kosten dafür zum damaligen Zeitpunkt 26.300,00 EUR betragen. Unter dem 20.12.2005 (Bl. 30 f. VA) leitete die Beklagte diesen an die Beigeladene Ziff. 2 weiter, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen nicht erfüllt seien. Gegen das in diesem Zusammenhang an den Kläger gerichtete Schreiben der Beklagten vom 20.12.2005 (Bl. 30a VA) erhob der Kläger mit Schreiben vom 19.01.2006 (Bl. 31 VA) Widerspruch und beantragte die Einholung eines ärztlichen Gutachtens bei dem behandelnden Neurologen Dr. S. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, das Schreiben im Rahmen der Weiterleitung des Vorganges an die Beigeladene Ziff. 2 stelle keinen Verwaltungsakt dar. Vielmehr habe es sich um schlichtes Verwaltungshandeln gehandelt. Im Übrigen bestehe die Zuständigkeit der Beklagten nach § 11 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nur, wenn bei Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt seien (Wartezeit von 180 Kalendermonaten). Dies sei bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung beim Kläger nicht der Fall gewesen. Da dieser ebenfalls die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2a SGB VI nicht erfülle, sei die Weiterleitung erfolgt. Hiergegen erhob der Kläger am 24.05.2006 Klage beim SG (S 5 R 2391/06), welche mit Beschluss vom 21.02.2007 zum Ruhen gebracht wurde.

Im Verfahren gegen die Beigeladene Ziff. 2 (S 5 AL 2646/05) wies das SG die Klage durch Urteil vom 11.12.2006 ab. Der Einbau eines Aufzuges gehöre nicht zu den Leistungen zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach den §§ 97-115 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Auch aus § 16 SGB VI in Verbindung mit § 33 Abs. 7 S. 1 Nr. 6 SGB IX resultiere kein entsprechender Anspruch. Es handele sich bei dem Aufzug um keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in diesem Sinne, sondern dieser diene schwerpunktmäßig der allgemeinen Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft. Auf § 55 Abs. 1, 2 Nr. 5 SGB IX könne der Anspruch nicht gestützt werden, denn die dort genannten Leistungen würden nur vom Sozialhilfeträger erbracht. Die hiergegen am 16.01.2007 eingelegte Berufung (L 8 AL 278/07) zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wies dieses mit Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 26.06.2009 zurück. Vorliegend fehle es an dem für einen Anspruch auf besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Wohnungshilfe gemäß §§ 97 Abs. 1, 102 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 6, Abs. 8 Satz 1 Nr. 6 SGB IX stets erforderlichen Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Das Erreichen des Kellergeschosses vom Wohngeschoss aus und umgekehrt gehöre zur alltäglichen Nutzung des Wohnhauses und geschehe nicht nur auf dem Arbeitsweg und zurück, sondern auch im Rahmen der persönlichen Lebensführung. Zudem sei die Begründung des Klägers, er benötige den Personenaufzug um sicherzustellen, seinen im Kellergeschoss vorgesehenen Heimarbeitsplatz vom Wohngeschoss aus erreichen zu können, nicht stichhaltig. Weder habe zum Zeitpunkt der Antragstellung noch später eine Vereinbarung über die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin bestanden, noch sei dargetan, dass der Kläger zu einem wesentlichen Teil daheim arbeite. Dieser habe im Berufungsverfahren nur noch von einem Teil-Heimarbeitsplatz gesprochen. Darüber hinaus gehe aus den Angaben seiner Arbeitgeberin gegenüber dem SG hervor, dass auch im Falle der Ermöglichung von Heimarbeit die Arbeit hauptsächlich im Betrieb zu erbringen sei. Einem Anspruch des Klägers gegen die im dortigen Verfahren beigeladene Beklagte stehe entgegen, dass dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung erst 145 auf die Wartezeit von 15 Jahren anrechenbare Beitragsmonate zurückgelegt habe. Ein sozialhilferechtlicher Anspruch gegenüber dem Träger der Sozialhilfe nach § 53 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) scheide mangels Bedürftigkeit aus. Zudem sei nicht erkennbar, dass derselbe Zweck nicht mit einem weniger kostenaufwändigen Mittel wie dem Einbau eines Treppenlifts erreicht werden könne. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 24.06.2008, bei der Beklagten eingegangen am 26.06.2008, beantragte der Kläger erneut die Gewährung eines Zuschusses für die Kosten des Einbaus eines behindertengerechten Personenaufzuges von der Eingangsebene in die ein Geschoss höhere bereits behindertengerecht ausgebaute Wohnebene des Wohnhauses des Klägers verbunden mit dem Hinweis, dass er per 30.6.2008 Pflichtbeiträge im Umfang von 195,5 Monaten entrichtet habe. Nach einer am 11.07.2008 von der Beklagten durchgeführten Wartezeitberechnung (Bl. 113 VA) erfüllte der Kläger mit 187 Monaten Pflichtbeitragszeiten die Wartezeit von 180 Monaten.

Mit Bescheid vom 06.08.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für einen behindertengerechten Personenaufzug ab, da dieser nicht ausschließlich für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit benötigt werde, sondern auch, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Es handele sich um eine Leistung, die zuständigkeitshalber vom Sozialhilfeträger zu erbringen sei.

Zur Begründung des hiergegen mit Schreiben vom 08.08.2008 erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf die Berufungsbegründung im zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen Verfahren L 8 AL 278/07 vor dem LSG. Hiernach benötige er einen Aufzug, um seinen Teil-Heimarbeitsplatz in seinem Wohnhaus zu erreichen und um von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber und vom Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber in seine Wohnung zu kommen. Die Maßnahme diene nicht schwerpunktmäßig der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, denn sein Bewegungsradius sei wegen der Behinderung stark eingeschränkt, so dass der Kläger, mit Ausnahme aus Anlass beruflicher Notwendigkeiten, nur sehr selten die Wohnebene seines Hauses verlasse. Während der Arbeitswoche verlasse er die Wohnebene nur, um sich zu seinem Arbeitsplatz zu begeben. An Wochenenden verlasse er allenfalls ein bis maximal zweimal die Wohnebene seines Hauses aus privaten Gründen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger benötige den Personenaufzug in erster Linie, um vom Kellergeschoss (Eingangsbereich) in den Wohnbereich seines Hauses zu gelangen, also zur persönlichen Lebensführung und nicht nur zu seiner Berufsausübung.

Hiergegen hat der Kläger am 19.12.2008 Klage beim SG erhoben und zur Begründung über seinen bisherigen Vortrag im Widerspruchsverfahren hinaus ausgeführt, der von der Eingangsebene, in der sich auch das häusliche Büro befinde, zu der ein Geschoss höheren Wohnebene des Wohnhauses führende Personenaufzug sei erforderlich, um dem sehr stark gehbehinderten Kläger eine weitere Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Eine bei seiner Arbeitgeberin bestehende Betriebsvereinbarung ermögliche Heimarbeitsplätze. Der Kläger benötige den Aufzug, um seinen Teil-Heimarbeitsplatz in seinem Wohnhaus zu erreichen und von seiner Wohnung aus seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Das häusliche Leben des Klägers beschränke sich auf die Wohnebene. Einkäufe, Besorgungen und Versorgungsleistungen würden von Ehefrau und Sohn erbracht. Seine Arbeitgeberin habe einen behindertengerechten Zugang zu seinem Arbeitsplatz geschaffen, so dass er von seinem Pkw barriere- und treppenfrei zum Arbeitsplatz im zweiten Obergeschoss des Bürogebäudes seiner Arbeitgeberin gelangen könne.

Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, der Aufzug diene nicht unmittelbar dem Erreichen des Arbeitsplatzes, sondern solle die besondere Beschaffenheit der persönlichen Wohnverhältnisse des Klägers verändern. Es handele sich um eine Hilfe zur Ausstattung eines den besonderen Bedürfnissen entsprechenden Wohnraumes und eine Maßnahme, welche ausschließlich dem privaten Lebensbereich zuzuordnen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.02.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger benötige, sobald ihm die zur Zeit noch mögliche Treppenbenutzung krankheitsbedingt verschlossen sei, nicht nur für den Weg vom Wohnbereich seines Hauses zum Arbeitsplatz, sondern für jegliches Verlassen des Wohnbereiches des Hauses einen Aufzug. Für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstständige Lebensführung sei die umfassende Möglichkeit, die Wohnräume nach draußen zu verlassen und wieder hinein zu gelangen, von wesentlicher Bedeutung. Bei wertender Betrachtung komme dieser Möglichkeit für das Selbstbestimmungsrecht des Klägers ein höheres Gewicht zu als die durch einen Aufzug zugleich eröffnete Möglichkeit, den Arbeitsplatz im Unternehmen zu erreichen. Die bloße Möglichkeit, das Haus zu privaten Zwecken zu verlassen, sei elementar. Nicht ausschlaggebend sei, wie oft der Kläger von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch mache. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass nach unterstelltem Einbau eines Aufzuges der Kläger häufiger als bisher das Untergeschoss aufsuchen oder zu privaten Zwecken verlassen würde. Zuletzt beruhe der Umstand, dass sich das Büro im Untergeschoss befinde, auf der individuellen Entscheidung des Klägers, dem auch möglich gewesen wäre, das jetzige Büro als Schlafzimmer zu nutzen und stattdessen das Schlafzimmer im Untergeschoss unterzubringen. Dann würde der Kläger den Aufzug nur nutzen müssen, um von der restlichen Wohnung ins Schlafzimmer und außer Haus zu gelangen; ein Zusammenhang zwischen Aufzug und Heimarbeitsplatz bestünde dann nicht. Die Einstufung einer Maßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben könne jedoch nicht von der zufälligen Entscheidung des Klägers abhängen, wie er die Räume in seinem Haus belege. Die dargestellte Abgrenzung gelte auch im Rahmen des SGB III, weshalb der Kläger keinen Anspruch nach § 102 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III habe. Ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger nach §§ 53 ff. SGB XII bestehe vorliegend deshalb nicht, weil nicht ersichtlich sei, dass dem Kläger die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen oder Vermögen nicht zuzumuten sei (§ 53 Abs. 4 S. 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 SGB XII).

Gegen den ihm am 18.02.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.03.2010 Berufung eingelegt und über den bisherigen Vortrag hinaus ausgeführt, der Hauseingang des Wohngebäudes befinde sich, ebenso wie der Heimarbeitsplatz, im Untergeschoss. Die behindertengerecht ausgestattete Wohnebene befinde sich im Obergeschoss. Das Grundstück habe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur wie beschrieben bebaut werden können. Schon jetzt sei es dem Kläger wegen des fehlenden Aufzugs an einzelnen Tagen nicht möglich, seinen Heimarbeitsplatz und seinen Arbeitsplatz bei der Arbeitgeberin zu erreichen. Sobald der Aufzug eingebaut sei (der Aufzugschacht sei bereits vorhanden), könne der Kläger auch bei dem zu erwartenden Fortschreiten seiner Erkrankung sowohl seinen Heimarbeitsplatz als auch seinen Arbeitsplatz bei seiner Arbeitgeberin erreichen. Der Kläger verlasse die Wohnebene seines Hauses nur selten zu anderen Zwecken als zur Ausübung seines Berufes, woran der Einbau eines Aufzuges nichts ändern würde. Allen Kosten der Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung sei immanent, dass damit auch die private Lebensführung berührt werde. Einer Verlegung des Schlafzimmers in das Untergeschoss stehe entgegen, dass sich das behindertengerechte Bad im Obergeschoss befinde und dieses nicht verlegt werden könne.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für den Einbau eines Personenaufzuges in sein Wohnhaus in der K. in B. einen Zuschuss zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend und bezieht sich ergänzend auf ihren Vortrag im SG-Verfahren.

Der Senat hat den Landkreis R. als zuständigen Sozialhilfeträger (Beigeladener Ziff. 1) und die Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene Ziff. 2) zum Verfahren beigeladen (Beschlüsse vom 06.03.2013 und vom 19.08.2013). Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzende Angaben zu seinen derzeitigen Arbeits- und Lebensverhältnissen gemacht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und Beigeladenen Ziff. 2, die Vorakten des SG und LSG (Verfahren S 5 AL 2646/05, S 5 R 2391/06 und L 8 AL 279/07), die SG-Akte und die Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Prozessual handelt es sich vorliegend - als Ausnahmefall (grundsätzlich ist in Fällen wie dem vorliegenden richtige Klageart die sog. Verpflichtungsbescheidungsklage, vgl. Kater in: Kasseler Kommentar, Stand 77. Ergänzungslieferung März 2013, § 13 Rn. 14) - um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, denn das Begehren des Klägers geht ausschließlich auf Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung eines Zuschusses für den Einbau eines Personenaufzuges in den bereits vorhandenen Schacht seines Wohnhauses in Form eines Grundurteils (§ 130 Abs. 1 SGG); an möglichen anderen Leistungen hat sich der rechtskundig vertretene Kläger im Verfahren zu keinem Zeitpunkt interessiert gezeigt.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu den Kosten für den Einbau eines Personenaufzuges in den in seinem Haus bereits vorhandenen Aufzugsschacht, welcher die im Obergeschoss (künftig: OG) gelegene Wohnebene, die keinen eigenen Zugang hat, mit dem Erdgeschoss (künftig: EG) des in Hanglage erbauten Hauses verbindet, in welchem sich sowohl der Zugang zum Gebäude, die Garage, das Zimmer des Sohnes des Klägers, der sog. Hauswirtschaftsraum, als auch das ein- bis zweimal monatlich als Heimarbeitsplatz genutzte häusliche Arbeitszimmer befinden.

1. Die Beklagte hat zu Recht ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag des Klägers vom 26.06.2008 angenommen, von einer Weiterleitung abgesehen und diesen mit Bescheid vom 06.08.2008 in der Sache verbeschieden. Die Beklagte, und nicht die Beigeladene Ziff. 2, ist für die Entscheidung über den neuerlichen Antrag des Klägers zuständig gewesen. Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei Anträgen auf Leistungen zur Teilhabe im Sinne von §§ 1, 4 und 5 SGB IX, und um einen solchen handelt es sich im vorliegenden Fall, im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller derjenige Leistungsträger (§ 6 SGB IX) zuständig, dessen Zuständigkeit nach den Regeln des § 14 SGB IX begründet worden ist. Ein im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller zuständig gewordener Rehabilitationsträger bleibt selbst dann zuständig, wenn er das Verwaltungsverfahren mit Erlass eines bindenden Bescheides (vgl. § 8 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) abschließt (vgl. Urteile des BSG vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R -, BSGE 93, 283-289, juris, dort Rn. 17, vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R -, BSGE 101, 207-217 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7, juris, Rn. 30 f.). Er bleibt mithin auch für ein Verfahren nach § 44 SGB X die im Sinne von § 44 Abs. 3 SGB X zuständige Behörde, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift (nur) darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (vgl. Urteil des BSG vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R - a.a.O. Rn. 31, ferner Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R -, SozR 4-3250 § 14 Nr. 8, juris, Rn. 21). Dies würde, nachdem die Beklagte den erstmaligen Antrag des Klägers vom 03.01.2005 bereits am 10.01.2005, und damit binnen der Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, an die Beigeladene Ziff. 2 weitergeleitet hatte, vordergründig für deren Zuständigkeit auch im vorliegenden Verfahren sprechen, denn ebenso wie das Unterlassen einer Weiterleitung binnen der in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX normierten Zweiwochenfrist die Zuständigkeit eines "erstangegangenen" Rehabilitationsträgers begründet, gilt dies auch für den Rehabilitationsträger, an welchen der erstangegangene Rehabilitationsträger, welcher sich für unzuständig hält, einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe weitergeleitet hat. Auch dessen Zuständigkeit ist im Außenverhältnis zum Antragsteller zunächst endgültig, nachdem eine erneute Weiterleitung an einen dritten oder eine Rückgabe an den erstangegangenen Rehabilitationsträger grundsätzlich nicht in Betracht kommen (§ 14 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 und Abs. 2 Satz 5 SGB IX, vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R - a.a.O., Rn. 15 f., ebenfalls Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R -, SozR 4-3250 § 14 Nr. 3, juris, dort Rn. 30 f.). Die so begründete "endgültige" Zuständigkeit eines nach § 14 SGB IX im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträgers (vgl. insbesondere Urteil des BSG vom 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, SozR 4-3500 § 54 Nr. 6, juris, Rn. 12) wirkt jedoch nicht für alle Zeiten fort. Bei jedem Folgeantrag ist vielmehr kritisch zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R -, a.a.O. Rn. 21), ob es sich tatsächlich um einen Antrag auf Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheides (hier: des Bescheides der Agentur für Arbeit R. vom 20.05.2005) nach § 44 SGB X handelt, welcher dann vom angegangenen Rehabilitationsträger ggf. gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I - an den Träger, welcher den bestandskräftigen Bescheid erlassen hat (hier also von der Beklagten an die Beigeladene Ziff. 2) weiterzuleiten gewesen wäre, oder um ein sog. "Neuverfahren" (zum Begriff vgl. Urteil des BSG vom 26.10.2004 - B 7 AL 16/04 R -, a.a.O. Rn. 19). Erfolgt eine neue Antragstellung im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erstantrag bei im Übrigen unveränderter Bedarfssituation und ohne dass auch hinsichtlich sonstiger rechtlicher Voraussetzungen (etwa Erfüllung besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen gegenüber einem Träger) eine wesentliche Änderung eingetreten ist (wie im vom BSG am 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R - entschiedenen Fall), wird der Antrag regelmäßig als Überprüfungsantrag auszulegen sein. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn ein weiterer Antrag Jahre nach dem Erstantrag gestellt wird und sich entweder in der Bedarfssituation wesentliche Änderungen ergeben haben oder - wie im vorliegenden Fall - die materiell-rechtliche Zuständigkeit (d.h. nicht die nach § 14 SGB IX begründete "formelle" Zuständigkeit) eines anderen Trägers durch zwischenzeitliche Erfüllung versicherungsrechtlicher Voraussetzungen begründet worden ist und dort unter ausdrücklicher Berufung darauf ein neuer Antrag gestellt wird; in derartigen Fällen liegt eher nahe, dass kein Überprüfungsantrag gestellt werden, sondern ein Neuverfahren eingeleitet werden soll. Maßgeblich sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Vorliegend hat der Kläger mit seinem Antrag vom 26.06.2008 nicht die Überprüfung des von der Beigeladenen Ziff. 2 erteilten Bescheides vom 20.05.2005 begehrt, welcher zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung noch nicht bestandskräftig geworden war, da er noch Gegenstand des im Jahr 2008 noch anhängigen Verfahrens vor dem Landessozialgericht L 8 AL 278/07 gewesen ist, zu welchem die Beklagte des vorliegenden Verfahrens mit Beschluss vom 04.07.2007 bereits beigeladen gewesen war, und zwar auf ausdrückliche Anregung des Klägers. Eine günstigere Rechtsposition hätte der Kläger mithin durch einen Überprüfungsantrag zum damaligen Zeitpunkt nicht erlangen können. Deshalb und weil sich der Kläger in seinem durch seinen rechtskundigen Vertreter formulierten Antragsschreiben ausdrücklich auf die seiner Auffassung nach nun erfüllte Wartezeit als versicherungsrechtliche Voraussetzungen nach § 11 SGB VI für eine Leistung zur Teilhabe berufen hat, und die Wartezeit mit 187 Pflichtbeitragsmonaten im Gegensatz zum Erstantrag im Januar 2005, wo er nur 145 auf die Wartezeit anrechenbare Beitragsmonate gehabt hatte (vgl. die Gründe des Urteils des 8. Senats des LSG vom 26.06.2009 - L 8 AL 278/07 -, Bl. 10 des Urteils), erfüllt hat, legt der Senat den Antrag vom 26.06.2008 nicht als Überprüfungsantrag in Bezug auf den Bescheid vom 20.05.2005 aus, sondern als neuen Antrag, mit welchem ein neues Verwaltungsverfahren eingeleitet worden ist, und für welchen die ursprünglich nach § 14 Abs. 1, 2 SGB IX begründete Zuständigkeit der Beigeladenen Ziff. 2 keine Bindungswirkung mehr zu entfalten vermocht hat. Wird durch eine zwischen beiden Anträgen eingetretene Erfüllung versicherungsrechtlicher Voraussetzungen (hier: Wartezeit von 15 Jahren) für Leistungen des Trägers, an welchen sich der Kläger mit seinem Antrag ausdrücklich gewandt hat (hier der Beklagten) eine materiell-rechtliche Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe begründet, macht es keinen Sinn, auf ein dann eingeleitetes neues Antragsverfahren die im Rahmen des ersten Antragsverfahrens nach § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit im Außenverhältnis fortdauern zu lassen, jedenfalls wenn wie im vorliegenden Fall sowohl der Antragsteller als auch die nunmehr in Anspruch genommene Beklagte (vgl. insoweit deren Schriftsatz vom 19.12.2011, Bl. 35 Senatsakte) übereinstimmend von der Leistungszuständigkeit der Beklagten ausgehen. Auch Gründe der Rechtssicherheit (vgl. Urteil des BSG vom 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, a.a.O. Rn. 12) vermögen nach einer wesentlichen Änderung, wie sie vorliegend eingetreten ist, für eine Fortdauer der Zuständigkeit einer in der Vergangenheit nach § 14 SGB IX begründeten Zuständigkeit eines zuvor angegangenen Rehabilitationsträgers nicht zu streiten.

Nachdem vorliegend die Beklagte sowohl materiell-rechtlich als auch im Außenverhältnis gegenüber dem Kläger für die Entscheidung über den neuerlichen Antrag vom 26.06.2008 zuständig gewesen ist und diese Zuständigkeit selbst auch ausdrücklich eingeräumt hat (vgl. Schriftsatz vom 19.12.2011), ist eine Zuständigkeit der Beigeladenen Ziff. 2 sowohl im Außenverhältnis gegenüber dem Kläger als auch materiell-rechtlich (wegen § 22 Abs. 2 SGB III, welcher die Nachrangigkeit der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die Arbeitsverwaltung gegenüber anderen Rehabilitationsträgern festschreibt, vgl. Kater in: Kasseler Kommentar, Stand 77. Ergänzungslieferung 2013, § 12 Rn. 7) ohnehin nicht gegeben, weshalb der vorliegende Fall keine Veranlassung zur Entscheidung der Frage bietet, ob die nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens L 8 AL 278/07 eingetretene Bestandskraft des Bescheides vom 20.05.2005 einer Verurteilung der Beigeladenen Ziff. 2 entgegen steht (dies annehmend die ältere Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa Urteil vom 19.05.1982 – 11 RA 37/81 -, SozR 2200 § 1239 Nr. 2, juris, Rn. 38; nunmehr ausdrücklich offengelassen im Urteil vom 02.02.2012 – B 8 SO 9/10 R –, juris, Rn. 15).

2. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 26.06.2008 auf Gewährung eines Zuschusses für den Einbau eines behindertengerechten Personenaufzuges in sein Wohnhaus in B. zu Recht abgelehnt. Dabei hatte die Beklagte wie auch der Senat alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für Teilhabeleistungen unter Beachtung der besonderen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der jeweiligen Leistungsgesetze (Urteil des BSG vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - a.a.O., Rn. 22) zu prüfen.

a) Der Kläger erfüllt die versicherungsrechtlichen wie auch die besonderen persönlichen Voraussetzungen nach §§ 11, 10 SGB VI. Er hat bei Antragstellung am 26.06.2008 mehr als 180 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt und damit die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt (§ 11 SGB Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Der Senat legt dieser Feststellung die Wartezeitberechnung der Beklagten vom 11.07.2008 zugrunde; an diesem Tag hatte er insgesamt 187 Monate Pflichtbeiträge zurückgelegt. Der Kläger erfüllt auch die besonderen persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI. Zwar ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht eingetreten - nach seinem eigenen Vortrag geht der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit weiterhin regelmäßig nach -, jedoch sieht der Senat ausgehend vom glaubhaften Vortrag des Klägers und gestützt auf die gutachterliche Äußerung der Ärztin Dr. F. für die Agentur für Arbeit R. vom 10.05.2005, welche er im Urkundsbeweis verwertet hat, seine Erwerbsfähigkeit als erheblich gefährdet im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2a SGB VI an. Beim Kläger besteht, was für den Senat auch aufgrund des ebenfalls im Urkundsbeweis verwerteten ärztlichen Attests des Dr. S. feststeht, eine multiple Sklerose, aufgrund der sein Gehvermögen so reduziert ist, dass ihm nicht mehr zumutbar ist, Treppen zu steigen. Dem steht nicht entgegen, dass er ausweislich seines glaubhaften Vorbringens in der mündlichen Verhandlung unter Überwindung der bestehenden erheblichen Funktionseinschränkungen seiner unteren Extremitäten durch überobligatorische Willensanspannung derzeit die Treppe in seinem Haus noch regelmäßig steigt. Es ist prognostisch auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch medizinische Leistungen zur Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben die Erwerbsfähigkeit des Klägers soweit positiv beeinflusst werden kann, dass eine Erwerbsminderung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt ohne solche Leistungen eintritt. Einen der in § 12 SGB VI normierten Ausschlusstatbestände erfüllt der Kläger nicht.

b) Einen Anspruch auf Bewilligung des von ihm im vorliegenden Verfahren allein begehrten Zuschusses zum Einbau eines Personenaufzuges, welcher den Eingangsbereich des Hauses, die Garage, das häusliche Arbeitszimmer und das Zimmer des Sohnes im EG mit der im OG gelegenen Wohnung des Klägers verbindet, hat er nach den Vorschriften des SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 6, Abs. 8 Nr. 6 SGB IX jedoch dennoch nicht, ungeachtet des Umstandes, dass §§ 9 Abs. 2, 13 SGB VI der Beklagten bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für Teilhabeleistungen ohnehin ein Auswahlermessen einräumen und ein Anspruch auf Bewilligung des hier im Streit stehenden Zuschusses eine Ermessensreduzierung auf Null voraussetzen würde. Das der Beklagten eröffnete Auswahlermessen bezieht sich nur auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die hier nicht im Streit stehen, sowie auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI i.V.m. § 33 SGB IX) und diese ergänzende Leistungen. Von vornherein davon nicht umfasst sind demgegenüber Leistungen zur Teilhabe an der Gemeinschaft, welche nicht zum Leistungskatalog der §§ 9 ff. SGB VI gehören. Einem Anspruch des Klägers nach dem SGB VI steht somit von vornherein entgegen, dass es sich bei der baulichen Umgestaltung des Wohnhauses des Klägers durch Einbau eines Personenaufzuges nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben handelt, sondern um eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Dies schließt zugleich eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Bewilligung des begehrten Zuschusses als rechtliche Voraussetzung für den hier geltend gemachten Anspruch aus.

Nach § 33 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 33 Abs. 3 Nrn. 1 und 6 SGB IX umfassen die Leistungen neben anderen, hier nicht einschlägigen, Alternativen insbesondere (Nr. 1) Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bzw. (Nr. 6) sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten. Nach § 33 Abs. 8 SGB IX umfassen Leistungen nach Abs. 3 Nrn. 1 und 6 auch – unter anderem – (Nr. 6) Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang.

Diese Leistungen überschneiden sich mit den – im Verhältnis zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nachrangigen – Wohnungshilfen, die als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in § 55 Abs. 1, 2 Nr. 5 SGB IX geregelt sind. Nach § 55 Abs. 1 SGB IX werden als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Nach § 55 Abs. 2 sind Leistungen nach Abs. 1 insbesondere (neben anderen Alternativen) Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht (Nr. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 26.10.2004 – B 7 AL 16/04 R, a.a.O. Ziff. 21, ausdrücklich bestätigt im Urteil vom 20.09.2012 – B 8 SO 15/07 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-3500 § 92 Nr. 1, juris, Rn. 19 ff.) hat die Wohnungshilfe im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zum Ziel, die Folgen behinderungsbedingter Erschwernisse auszugleichen, die sich im Leben des behinderten Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben auswirken, weshalb sich der Fördererrahmen auf die durch die Berufsausübung bzw. Erreichung des Arbeitsplatzes ausgelöste Bedarfslage beschränkt. Die Maßnahmen müssen final auf das gesetzlich vorgegebene Ziel (vgl. § 33 Abs. 1 SGB IX) der positiven Entwicklung der Erwerbsfähigkeit ausgerichtet sein, damit sie als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angesehen werden können. Demgegenüber handelt es sich bei Maßnahmen, die ohne unmittelbaren Bezug zur Berufsausübung zum Bestandteil der persönlichen Lebensführung gehören, die Verbesserung der Lebensqualität bewirken und elementare Grundbedürfnisse befriedigen und sich nur mittelbar bei der Berufsausübung auswirken, um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Sind beide Bereiche berührt, ist entscheidend, welchem Lebensbereich die begehrte Leistung schwerpunktmäßig zuzuordnen ist. Der Senat ist unter Zugrundelegung dieser Grundsätze und Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls davon überzeugt, dass ein das EG und OG verbindender Personenaufzug in aller erster Linie die basale Funktion befriedigt, trotz bestehender erheblicher körperlicher Behinderung von der im OG liegenden behindertengerecht ausgebauten Wohnung die Eingangsebene des Wohnhauses erreichen und das Haus verlassen zu können, um überhaupt am über das (enge) Familienleben hinausgehenden gesellschaftlichen Leben durch den Kontakt mit anderen Menschen teilnehmen zu können (vgl. Urteil des BSG vom 20.09.2012, a.a.O. Rn. 21). Selbst wenn auf diese Weise dem Kläger auch nach einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit ermöglicht würde, indem er sowohl das häusliche Arbeitszimmer, welches er nach seinem Vortrag ein- bis zweimal monatlich als "Teil-Heimarbeitsplatz" nutzt, als auch seinen Pkw in der ebenfalls im EG neben dem Zugangsbereich des Hauses vorhandenen Garage - und mit diesem seinen behindertengerecht ausgestatteten Arbeitsplatz im Bürogebäude seiner Arbeitgeberin in B. - weiterhin erreichen könnte, vermag der Senat eine finale Ausrichtung der Maßnahme auf die Fortführung der beruflichen Tätigkeit ebenso wie das SG nicht zu erkennen. Der Kläger muss aufgrund der Art der Bebauung seines Grundstücks in Hanglage entweder mittels einer Treppe, eines Treppenlifts oder eben mittels eines Aufzugs den Weg zwischen der im OG gelegenen Wohnebene und dem im EG gelegenen Eingangsbereich stets überwinden, wenn er die behindertengerecht ausgebaute Wohnebene im OG seines Hauses verlassen möchte. Dies gilt eben nicht nur für den Weg von der Wohnebene zur Arbeit oder - an Heimarbeitstagen - zu dem im Eingangsbereich liegenden und ausweislich der Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung privat eingerichteten Arbeitszimmer, welches überwiegend privat und nur ein- bis zweimal monatlich als Heimarbeitsplatz genutzt wird, sondern auch für den Weg zum Einkaufen, zum Besuch kultureller Veranstaltungen, von Freunden und Verwandten, von Hochzeiten, Beerdigungen, Geburtstagen, auch für Arztbesuche, physiotherapeutische Behandlungen, für das Aufsuchen von Behörden und sämtliche weiteren Anlässe, welche zum Verlassen der eigenen Wohnung nötigen und sich in vielen Fällen nicht oder nur eingeschränkt auf Dritte (Ehefrau, Sohn) delegieren lassen. Ebenfalls ist der Weg zwischen OG und EG zwangsläufig auch dann zu überwinden, wenn der Kläger das im EG befindliche Zimmer seines Sohnes, den Hauswirtschaftsraum oder das überwiegend privat genutzte Arbeitszimmer zu privaten Zwecken aufsucht. Der Einbau eines Aufzugs ist somit schwerpunktmäßig nicht auf die Berufsausübung bzw. die Erreichung des Arbeitsplatzes bezogen, sondern der privaten Lebensführung zugeordnet. Ein Zuschussanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe am Arbeitsleben besteht daher nicht.

c) Wie bereits dargelegt, scheidet ein Anspruch nach §§ 112, 113 Abs. 1 Nr. 2, 117 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 6, Abs. 8 Nr. 6 SGB IX bereits aufgrund des Nachrangs derartiger Leistungen gegenüber den Leistungen des Rentenversicherungsträgers aus. Nur ergänzend ist hiernach auszuführen, dass die oben gemachten Ausführungen, wie bereits im Urteil des 8. Senats des LSG vom 26.06.2009 dargelegt, dessen Gründe sich der erkennende Senat vorliegend nach eigener Prüfung zueigen macht, insoweit ebenfalls Geltung beanspruchen.

d) Auch ein sozialhilferechtlicher Anspruch des Klägers besteht nicht. Anspruchsgrundlage sind §§ 53, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX. Zunächst ist bereits die erforderliche sozialhilferechtliche Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Es handelt sich nicht um eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben (s.o.), weshalb eine Einkommens- und Vermögensprivilegierung nach § 92 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII nicht besteht. Hiernach verbleibt es bei dem Grundsatz des § 19 Abs. 3 SGB XII, dass Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nur zu leisten ist, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern [ ] die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach §§ 82 ff. SGB XII nicht zuzumuten ist. Mithin muss mit Ausnahme der in §§ 82 ff. SGB XII formulierten Privilegierungstatbestände (vgl. etwa § 82 Abs. 2 SGB XII zu den vom Einkommen abzusetzenden Beträgen und § 90 Abs. 2, 3 SGB XII zu von der Anrechnung ausgenommenen Vermögensgegenständen) sozialhilferechtliche Bedürftigkeit nachgewiesen sein. Hierzu hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten auf entsprechende Nachfrage ausdrücklich vortragen lassen (Schriftsatz vom 05.01.2012), dass keine Bedürftigkeit i.S.d. SGB XII besteht, ohne hierzu weitere substantiierte Angaben zu machen. Aufgrund dieser Erklärung und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger in leitender Funktion eines großen Unternehmens beschäftigt ist, sieht der Senat nicht als nachgewiesen an, dass die Aufbringung der Mittel für den Einbau des Aufzuges, welcher ausweislich des letzten aktenkundigen Angebots vom 07.06.2005 mit 26.300,00 EUR beziffert worden ist, dem Kläger aus eigenem Einkommen und Vermögen nicht zumutbar sein soll. Zu ergänzenden Ermittlungen hat sich der Senat, nachdem der rechtskundig vertretene Kläger mit der Erklärung vom 05.01.2012 deutlich gemacht hat, die von der Beklagten ausdrücklich angeregte sozialhilferechtliche Prüfung nicht zu wünschen, und dies in der mündlichen Verhandlung auch noch einmal bestätigt hat, nicht verpflichtet gesehen.

Nur ergänzend wird hiernach ausgeführt, dass auch die Notwendigkeit der Maßnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 SGB IX nicht erwiesen ist, nachdem mit dem Einbau eines Treppenlifts in das vorhandene Treppenhaus eine im Vergleich zum Einbau eines Personenaufzuges offensichtlich kostengünstigere Lösung zur Verfügung stünde (vgl. Urteil des BSG vom 20.09.2012, a.a.O., Rn. 14).

Die Berufung des Klägers war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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