L 3 SB 321/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 2222/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 321/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.

Am 26.11.2009 beantragte die am 05.02.1949 geborene, in Deutschland wohnhafte Klägerin die Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht. Unter Berücksichtigung verschiedener ärztlicher Befundberichte stellte das Landratsamt Zollernalbkreis (LRA) als Versorgungsamt bei der Klägerin mit Bescheid vom 23.02.2010 einen GdB von 40 ab dem 30.11.2009 fest. Zugrunde lagen ein Teil-GdB von 30 für eine "Depression" und ein weiterer Teil-GdB von 20 für eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule."

Die Klägerin erhob am 26.02.2010 Widerspruch. Sie machte geltend, dass der GdB 50 betragen solle. Sie legte den Entlassungsbericht der Schlossklinik A. vom 11.02.2010 über eine psychosomatisch/psychotherapeutische stationäre Heilbehandlung vom 04.01. bis 01.02.2010 vor (Diagnosen nach der ICD-10, der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, hrsg. von der Weltgesundheitsorganisation WHO: F43.2, Z73, M43.9), in dem u. a. von Arbeitsplatzkonflikten berichtet wurde. Nach einer versorgungsärztlichen Auswertung dieses Berichts wies das Landesversorgungsamt des beklagten Landes den Widerspruch mit Bescheid vom 27.05.2010 als unbegründet zurück.

Die Klägerin erhob am 10.06.2010 mit Hilfe ihres behandelnden Arztes Dr. B. Klage beim Beklagten, der diese an das Sozialgericht Reutlingen (SG) weiterleitete (Eingang dort am 07.07.2010). Sie trug vor, dass die vorliegenden Befundunterlagen nicht ausreichend gewürdigt worden seien. Die bestehende psychische Erkrankung als nur stärker belastende Störung einzuordnen, berücksichtige die geltenden Bestimmungen nicht. Es bestehe mehr als eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Auch eine anhaltende Nerven- und Muskelreizerscheinung als Folge der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung sei mit einem GdB von 20 nicht angemessen berücksichtigt. Die Depression habe sich verschlechtert. Es handele sich nicht lediglich um eine Konfliktsituation im privaten Umfeld. Desweiteren treffe es nicht zu, dass die Klägerin im privaten und gesellschaftlichen Leben gut zurechtkomme.

Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG zunächst Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat unter dem 06.09.2010 bekundet, es beständen ein inzwischen chronifiziertes depressives Syndrom und Funktionsstörungen der Wirbelsäule mit sekundären Folgen an den Hüft- und Kniegelenken. Die eingeschränkten Funktionen seien deutlich schlechter geworden.

Das SG hat sodann das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. C. vom 05.10.2011 erhoben. Dieser hat für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, Fehlhaltung und Bandscheibenschaden einen Teil-GdB von 30 vorgeschlagen. Es handele sich um mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei bis drei Wirbelsäulenabschnitten mit Verformung, endgradigen Bewegungseinschränkungen und wiederkehrenden Beschwerden ohne dauerhafte sicher nachweisbare Wurzelreizzeichen und/oder motorische Ausfallerscheinungen. Ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom lasse sich nicht darstellen. Unter Berücksichtigung der Depression bestehe insgesamt ein GdB von 40.

Des Weiteren hat das SG das Gutachten des Neurologen und Psychiaters/Psychotherapeuten Dr. D. vom 04.05.2012 eingeholt. Dieser hat die Diagnose einer Dysthymia (ICD-10: F34.1) gestellt und hierfür einen Teil-GdB von 30 vorgeschlagen. Es handle sich um eine chronische, mindestens über zwei Jahre anhaltende, eher missmutige Herabgestimmtheit, die ebenso wie eine Anpassungsstörung leichter sei als die depressive Verstimmung bei einer mittelgradigen oder schweren depressiven Episode. Die Stimmungsstörung halte über die meiste Zeit des Jahres an und könne vorübergehend auch einmal den Schweregrad einer leichten depressiven Episode erreichen. Es könne nicht von einer tieferen Deprimiertheit gesprochen werden. Die Klägerin sei auch in der Stimmungsabsenkung nicht erstarrt, wie es bei einer depressiven Episode zu erleben sei. Es zeigten sich weiter eine Neigung zum Weinen sowie Verzweiflungsgefühle. Es habe nie eine professionelle psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung stattgefunden. Die Klägerin lasse sich nur von Dr. B. ein antidepressiv wirksames Medikaments (Citalopram) verordnen. Die Dysthymia bestehe vor dem Hintergrund einer schon zeitlebens ängstlich-vermeidenden, eher zurückhaltenden und selbstunsicheren Frau. Insgesamt hat Dr. D. einen GdB von 50 als angemessen erachtet. Die orthopädischen wie die psychiatrischen Beeinträchtigungen hätten nur eine vergleichsweise geringe Schnittmenge, weshalb der von Dr. C. vorgeschlagene Gesamt-GdB von 40 sicher den sich eher ergänzenden als überschneidenden Gesamtbeeinträchtigungen nicht gerecht werde.

Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 10.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei der Klägerin liege kein GdB höher als 40 vor. Für die Beeinträchtigung an der Wirbelsäule sei nach den Feststellungen und Vorschlägen Dr. C.s ein Teil-GdB von 30 angemessen. Es lägen mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei bis drei Wirbelsäulenabschnitten mit Verformung, endgradigen Bewegungseinschränkungen ohne dauerhafte sicher nachweisbare Nervenwurzelreizzeichen und/oder motorische Ausfallerscheinungen vor. Ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom lasse sich nicht darstellen. Zwar habe Dr. B. Nervenwurzelreizzeichen und Bandscheibenvorfälle geschildert, genauere chronologische Abläufe ebenso wie detaillierte Erläuterungen fänden sich jedoch nicht. Auch Dr. D. habe in seinem Gutachten keine neurologischen Ausfallerscheinungen feststellen können. Die übrigen Beschwerden auf orthopädischem Gebiet bedingten keinen GdB. Erst bei maximaler Hüftgelenksbeugung träten Schmerzen auf. Es lägen lediglich beginnende degenerative Veränderungen vor. An den Knien seien nur leichtgradige Lockerungen des Kniebandapparats feststellbar gewesen. Die kniegelenksumgebende Muskulatur sei seitengleich und kräftig ausgeprägt. Eine Komplexinstabilität sei nicht feststellbar. Für die psychische Komponente hat das SG übereinstimmend mit dem Gutachten des Dr. D. ebenfalls einen GdB von 30 angenommen. Der Sachverständige habe eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfreiheit feststellen können. Jedoch finde keine fachärztliche Behandlung statt, ebensowenig wie eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung. Diese Umstände sprächen gegen einen erheblichen Leidensdruck. Immerhin sei die Klägerin auch in der Lage, soziale Kontakte zu pflegen. Ausweislich des Entlassungsberichts der Schlossklinik A. gestalte sie zudem einen strukturierten Tagesablauf. Als Gesamt-GdB sei ein Wert von 40 anzunehmen. Eine Erhöhung auf 50 sei nicht begründet. Es seien unter Berücksichtigung sozialmedizinischer Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitszuständen anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben seien, z. B. bei Verlust einer Hand oder eines Beines im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung oder bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung. Eine derartig schwerwiegende Beeinträchtigung sei bei der Klägerin nicht gegeben.

Gegen dieses Urteil, das ihrem Prozessbevollmächtigten am 09.01.2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 18.01.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. An ihrer Wirbelsäule seien "zwei bis drei" Abschnitte betroffen. Allein dies rechtfertige bereits einen GdB von 40. Kombiniert mit dem Teil-GdB von 30 auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, den sie insoweit akzeptiere, könne nur ein Gesamt-GdB von 50 gebildet werden. Das gelte im Übrigen auch, wenn man auf orthopädischem Gebiet nur einen GdB von 30 zu Grunde lege. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das SG insoweit von Dr. D.s Vorschlag zum Gesamt-GdB abweiche. Die Gerichte seien grundsätzlich an die Feststellungen von Sachverständigen gebunden. Jedenfalls habe das SG nicht dargelegt, welche Kompetenz ihm auf medizinischem Gebiet zukomme und worauf seine medizinische Sachkunde beruhe. Ebenfalls seien die sonstigen Beeinträchtigungen bei der Klägerin unberücksichtigt gelieben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Dezember 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 23. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Mai 2010 zu verurteilen, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 26.11.2009 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule könne nur bei wohlwollender Betrachtung mit einem Teil-GdB von 30 belegt werden. Weitere Funktionsbehinderungen außer den orthopädischen und psychiatrischen seien nicht belegt.

Der Senat hat die Beteiligten unter dem 22.05.2013 darüber unterrichtet, dass er durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden wolle, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14.06.2013 gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

1. Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

2. Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen (§ 151 Abs. 1 SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung des begehrten GdB von 50 oder mehr. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig.

a) Das SG hat in dem angegriffenen Urteil umfassend die Rechtslage, insbesondere die Anforderungen an die Feststellung eines GdB nach §§ 2 Abs. 1 S. 1, 69 Abs. 1, Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und die Voraussetzungen einzelner GdB-Bewertungen sowie der Bildung eines Gesamt-GdB nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), der Anlage zu der nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

b) Auch der Senat ist der Ansicht, dass bei der Klägerin nur ein Gesamt-GdB von 40 festzustellen ist.

Für das WS-Leiden kann kein höherer GdB als der zurzeit zu Grunde gelegte Wert von 30 angenommen werden, der bereits einen Teil der Schmerzsymptomatik abgilt. Die Beweglichkeitseinschränkungen allein sind nach den Messungen Dr. C.s, wie sie in dem Gutachten vom 05.10.2011 wiedergegeben werden, an allen drei Hauptabschnitten der Wirbelsäule nur gerring¬gra¬dig, an der Halswirbelsäule (HWS) sogar kaum messbar. So hat Dr. C. (S. 7 f. des Gutachtens) nach der anerkannten Neutral-Null-Methode folgende Werte gemessen: An der HWS: Drehung 70/0/75° (Normwer¬te: 60-80/0/60-80°), Neigung 35/0/35° (45/0/45°); an der Brust- und Lendenwirbelsäule (BWS/LWS): Drehung 20/0/20° (30-¬40/0/30-40°), Neigung 20/0/20° (30-40/0/30-40°). Das Schober’sche Zeichen (Beweglichkeit der LWS) war mit 10:13 (Norm: 10:15) etwas eingeschränkt, das Ott’sche Zeichen (Beweglichkeit der BWS) dagegen mit 30:32 genau normgerecht. Hinzu kam ein Muskelhartspann, aber kein Schmerz an der HWS, auch keine radikulären Ausstrahlungen in die oberen Gliedmaßen. An der LWS lagen Verspannungen bei Schmerzfreiheit vor, die wohl noch Folgen des Bandscheibenvorfalls waren, der medikamentös behan¬delt worden war. Es waren daher an der HWS geringgradige, an der BWS keine und an der LWS allen¬falls mittel¬gradige funktionelle Auswirkungen festzustellen. Nachdem nach Teil B 18.9 VG ein GdB von 30 erst bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Abschnitt oder bei mittelgradigen Auswirkungen in zwei WS-Abschnitten zuzuerkennen ist, kann der Ansicht des Beklagten gefolgt werden, der von Dr. C. vorgeschlagene GdB von 30 sei nicht vollständig ausgeschöpft.

Auch für die depressive Erkrankung, die auch Dr. D. in dem Gutachten vom 04.05.2012 festgestellt hat, kommt kein höherer GdB als 30 in Betracht. Auch dieser ist nicht vollständig ausgeschöpft, sondern nur unter Einbeziehung der Schmerzen zu rechtfertigen. Dr. D. hat lediglich eine Dysthymia (ICD-10: F34.1) diagnos¬tiziert, also eine psychische Beeinträchtigung, die allenfalls gerade eben echten Krankheitswert hat, aber nicht einmal den Grad einer leichten (ggfs. rezidivierenden) depressiven Episode (F32.0, F33.0) er¬reicht. Diese Beeinträchtigung besteht nach seinen Feststellungen auf dem Boden einer zeitlebens vorbestehenden ängstlich-vermeidenden Persönlichkeit. Dies deckt sich mit den Diagnosen aus dem Entlassungsbericht der Schlossklinik A. vom 11.02.2010, der ebenfalls keine depressive Erkrankung, sondern lediglich eine wiederholte Anpassungsstörung auf Grund Arbeitsplatzkonflikts (ICD-10: F43.2) diagnostiziert und auch auf die vorbestehende Persönlichkeitsstruktur der Klägerin (ICD-10: Z73 "Akzentuierung von Persönlichkeitszügen") hingewiesen hat. Die Persönlichkeitsstruktur der Klägerin hat aber für sich keinen Krankheitswert, sie hält sich noch im Rahmen des Üblichen. Diese Struktur selbst kann daher keine Behinderung darstellen und bei der GdB-Bewertung nicht berücksichtigt werden. Die bei der Klägerin bestehende Dysthymia wird nicht fachärztlich behandelt, die psychischen und sozialen Leidensdimensionen erscheinen nicht übermäßig ausgeprägt, hier sind lediglich Einzelbelas¬tungen (wegen der Kündigung und später der Scheidungen der Kinder) zu erkennen, aber kei¬ne durchgehende erhebliche Herabgestimmtheit (S. 5 f. des Gutachtens Dr. D.). Es kann daher mehr als eine bereits stärker behindernde Störung mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die ja bereits eine "ausgeprägtere depressive ... Störung ( ...) mit Krankheitswert" voraussetzt (Teil B Nr. 3.7 VG), nicht angenommen werden.

Weitere Behinderungen, die einen für die Gesamt-GdB-Bildung relevanten GdB von wenigstens 20 bedingen, sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Da die beiden hiernach relevanten Teil-GdB von je 30 nicht voll ausgeschöpft sind und jeweils nur unter Einbeziehung der Schmerzsymptomatik zu rechtfertigen sind, bleibt es bei der Grundregel aus Teil A Nr. 3 Buchstabe c VG, wonach einem Teil-GdB bei Hinzutreten einer weiteren Behinderung, auch wenn diese ihrerseits einen Teil-GdB von 30 bedingt, zunächst nur zehn Punkte hinzuzufügen sind. Hierbei ist auch zu berücksichtigen (Teil A Nr. 3 Buchstabe d Doppelbuchstabe ee S. 2 VG), dass selbst ein GdB von 20 oftmals nicht zu einer Erhöhung führt.

Die Sozialgerichte sind befugt, bei der Bewertung einer Behinderung mit einem GdB nach den VG und auch bei der Bildung eines Gesamt-GdB bei mehreren relevanten Behinderungen von Gutachten medizinischer Sachverständiger abzuweichen. Aufgaben des Sachverständigen sind die Feststellung des Gesundheitszustandes und ggfs. die Erläuterung der medizinischen Voraussetzungen einer Regelung der VG. Die Bewertung mit einem GdB und vor allem die Bildung des Gesamt-GdB nach Teil A Nr. 3 VG ist dagegen nach ständiger Rechtsprechung des BSG tatrichterliche Aufgabe (BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R, juris Rn. 30), da die VG Rechtsnormen sind und die Entscheidungen auch von wertenden Entscheidungen abhängen.
Rechtskraft
Aus
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